Gäste oder Gefangene?

Ein großer Turm ragt hervor. Man nennt ihn auch das Auge der Stadt, denn hier wohnt der Magierrat. Sie sind wohl die mächtigsten Magier dieser Stadt und verwalten diese auch in aller Strenge.
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Sarin Kasani
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Montag 25. Juli 2022, 08:40

Clems Drogenrausch verhinderte weitere illustre Erfahrungen und insbesondere jegliche Versuche, tatsächlich etwas sinnvolles in seinen benebelten Schädel hinein zu bekommen. So konnte Sarin in Ruhe essen und sich umziehen. Nur auf ihre Unterwäsche mit den niedlichen Käfern musste die Nachtelfe endgültig verzichten. Die luftige Elfe hatte ihr Andenken an die frivole Bardin einfach mit sich genommen und Sarin war nicht mutig genug um es zurück zu fordern. Unter ihrem Reisekleid würde ohnehin niemand vermuten, das sie nackt wäre. Sie musste nur aufpassen, dass das so blieb. Da sie auch ihre einstige Hose als Schal eingebüßt hatte, war es also besser die Beine geschlossen und es mit dem Mantel genauso zu halten. Als von Haus aus haarlose Nachtelfe fühlte es sich ein wenig flutschig in ihrem Schritt an, vor allem wenn sie ging, nicht unangenehm oder schmerzhaft, aber merkwürdig. Sarin war es nicht gewohnt 'unten ohne' herum zu laufen und allein das eigene Wissen darum machte die Situation ein wenig 'schlüpfrig'....so ganz ohne Schlüpfer. Vielmehr reizte jede Bewegung ihre empfindlichsten Stellen, so dass erneut und ganz von selbst der Gedanke aufkam, ob sie Clem nicht doch noch auf das Bett schubsen sollte um sich seiner Potenz zu bedienen.
Sicher würde er es nicht einmal bemerken oder sogar für einen Traum halten...
Als sie Clem so betrachtete, sein halb geöffnetes Hemd und die Beule in seiner Hose, wankte ihr Wille schon ein wenig. Die Vorstellung sich einfach rittlings noch einmal ohne 'Käferschutz' auf ihn zu setzen, seinen wachsenden Stängel in sich hinein zu geleiten, war wirklich aufreizend. Unwillkürlich wanderte eine Hand zwischen ihre Beine. Ehe sie sich dieser Idee jedoch vollends hingeben konnte, klopfte es an der Tür.
"Darius, sag dem Professor, ich bin krank"
, murmelte Clem. Sarin zuckte sogar ein wenig zusammen und riss sich von seinem Anblick los.
Außerdem.... in diesem Zustand käme jede Annäherung einer Vergewaltigung gleich.
Er hing vollends in seinem Drogenrausch. Selbst ihre Bemühungen, die Runden auf seine Haut zu zeichnen, hatte er nur mit Reaktionslosigkeit quittiert. Es war enttäuschend, für Sarin aber eine weitere Bestätigung, besser die Finger von allen berauschenden Substanzen zu lassen und somit auch von der Lust, die er ihr hätte vielleicht spenden können. Auch jetzt reichte es bei Clem nicht einmal aus, dass er sich in irgendeine Richtung drehte. Er blieb weiterhin entspannt in der alten Position. Aber auch Lirdalia ließ sich nicht mehr blicken, so dass es an Sarin war, den Klopfenden zu empfangen. Sie musste nicht einmal nachfragen, wer da vor der Tür stand.
"Lirdalia Aeroquätus? Ich bin es, Runenmeisterin Synapse. Habt Ihr einen Moment Zeit?"
Es war die Zwergin. Sarin öffnete.
"Müsst Ihr nun schon die Besucher unseres geschätzten Ratsmitglieds empfangen?"
„Scheint wohl so. Das Ratsmitglied ist ein hinteres Zimmer verschwunden und ...“
Sie sah zu dem friedlich da sitzenden Clem.
„...mit ihm ist grad nichts anzufangen.“
Sarin zuckte nur etwas hilflos die Schultern. Roch man die Rauschmittel im Raum? Jolanta spähte mit suchendem Blick an Sarin vorbei. Dann hob sie ebenfalls die Schultern an und winkte ab. Sie kannte wohl auch die körperliche Abwesenheit der Elfenkollegin schon, da sie nun auch nicht weiter nach Details fragte. Stattdessen musterte sie die Nachtelfe nun und nickte.
"Ihr habt die Robe getauscht. Wunderbar. Der Stoff Eurer Kleidung sieht allerdings interessant aus."
Sie betrachtete sich den Nachtelfenstoff etwas länger, allerdings erkannte Sarin schnell, dass Jolanta nicht das wache Auge einer kundigen Schneiderin besaß. Nun, sie war Runenmeisterin, nicht Schneidermeisterin.
"Hier, das habe ich Euch mitgebracht."
Sie streckte Sarin ihre offene Handfläche entgegen. In einer Fassung aus echtem Gold oder einer Mischlegierung schimmerte ein Stein, den die Nachtelfe niemals zuvor gesehen hatte. Er war rötlich bis schwarz, die Oberfläche glatt.
"Es ist keine Medaille der offiziell experimentierenden Forscher der Ebene, die wir aufsuchen werden, sondern nur ein Besucherstein, aber er wird Euch trotzdem die Befugnis geben, Euch dort aufzuhalten - zumindest solange Ihr in Begleitung eines Medaillenträgers seid."
Jolanta wies an ihre üppige Brust. Dort fand sich eine goldene Plakette, die schlichter nicht hätte sein können.
"Steckt Euch den Besucherstein an die Kleidung, Sarin. Dann können wir gleich los. Ich habe bereits angekündigt, mir Euren Freund zusammen mit einer ... Schülerin"
, sie zwinkerte,
"anschauen zu wollen."
Also dann auf ins Abenteuer...
So dauerte es nicht lange, dass Sarin in Jolantas Begleitung erneut die Wendeltreppe herab stieg. Sie führte Sarin durch Gänge, die in dieser Form bei einem Turm überhaupt nicht existieren dürften. Es fühlte sich an, als durchquerten sie ein Labyrinth und immer wieder vernahm die Nachtelfe ein leichtes Kribbeln auf der Haut oder meinte, einen kaum vernehmlichen Summton zu hören, der sich in ihren Spitzohren verfing wie eine Mücke im Netz der Spinne.
"Spürt Ihr das leichte Kitzeln, Sarin?"
, fragte die Zwergin vor ihr irgendwann. Sarin nickte.
"Das sind die Schutzmaßnahmen. Ohne Euer Abzeichen würdet Ihr gegen eine unsichtbare Blockade prallen..."
Das hatte Clem auch erwähnt.
Sie nickten einer Magierin zu, die beide passierte. Die Fremde musterte Sarin knapp, entdeckte die Brosche an ihrer Kleidung und ignorierte sie dann. Hier kam wohl wirklich niemand hinein, der nicht befugt war.
Wie soll ich hier bloß mit Castus wieder heraus kommen?
Wenigstens erfüllte sich ihre Hoffnung. Sie bekam ihn zu sehen, wenngleich nicht so wie sie gedacht hatte. Jolanta blieb bei einer von zahlreichen Türen stehen. Auf dem Schild daneben leuchteten Buchstaben in Melongiar:
Foschungsraum: Versuchssubjekt 42, Verdacht auf haraxisches Erbgut. Tests laufen. Kein Zutritt für Unbefugte!
Selbst Sarin konnte die Anspannung sehen, die die Runenmeisterin befiel.
Das bedeutet sicher nichts gutes...
"So wirklich befugt sind wir nicht. Ich habe mich zwar angekündigt, aber noch keine Erklärung abgegeben, warum eine Runenkundige sich mit der Erforschung eines gebürtigen Halbdämons befassen sollte. Das werde ich gleich klären....“
Wie wäre es, wenn wir anböten bei der Eindämmung behilflich zu sein...
„... In dieser Zeit findet Ihr hoffentlich Gelegenheit, mit Eurem Freund zu sprechen."
Dann öffnete sie die Tür und betrat den Forschungsraum. Ein einziges Wort beschrieb ihn perfekt: steril. Der gesamte Raum war weiß. Die Lichter hier sahen ebenfalls wie milchige Halbkugeln aus, aber sie gaben deutlich mehr Helligkeit ab als in den Gängen. An den Wänden standen Tische oder Aktenschränke, sowie seltsame Aufbauten mit blauen und grünen Flammen, mit schwebendem Wasser oder Blitzen in Flaschen. Doch der Fokus lag sofort auf dem Zentrum des Raumes. Dort befand sich ein riesiger Würfel aus Glas. Ein Raum im Raum und darin standen neben einem Bett, einem Holzkasten mit Loch für die Notdurft nur noch ein Tisch und ein Stuhl. Auf dem Tisch fand sich ein leerer Teller, eine Tasse und offensichtlich benutztes Besteck. Der Insasse dieses Glaskäfigs würde wenigstens nicht verhungern. Er hockte in gerader Haltung auf dem Bett, beobachtete das halbe Dutzend Magier in weißen Roben, das unmittelbar um ihn und den Käfig umher wuselte und allerlei Experimente vorbereitete oder Ergebnisse auswertete. Dann wanderte der Blick aus diesen wundervollen Galaxien, in denen sich Sarin so oft verloren hatte, genau zu ihr und auf Castus' Züge trat ein Lächeln. Er wirkte vollkommen unbeschwert, als gäbe es die Verbände nicht, die seine Arme und den nackten Oberkörper zierten.
Bei allen Heiligen! ...nein...
Sarins letzter Gedanke über Eindämmungshilfe, hing wie fest gefroren noch in ihrem Kopf und etwas knirschte... Es waren ihre Zähne, die sie so fest aufeinander gepresst hatte, dass ihr Kiefer anfing zu schmerzen.
Nein, ...sie brauchen keine Hilfe bei der Eindämmung... Wie... Wie soll ich ihn nur hier heraus bekommen??? Wie???
Sarin ertrank in Hilflosigkeit.
Was haben sie ihm nur angetan?
Der Anblick der Verbände auf seiner Haut brachte die schlimmsten Phantasien in ihr hervor. Die fremdartigen Reagenzien, die Kolben mit Blitzen, alles wurde in einem Moment zum Feind, so wie alles was man nicht kannte einem Angst einjagte. Dann schüttelte sich Sarin innerlich.
STOPP!!!!
Nach außen hin blieb sie die immer gewohnt neugierige und sehr höfliche, eher zurückhaltende Angestellte... dienstbeflissen, eben gut passend zu ihrer Rolle als Schülerin. Doch innerlich tobte ein Kampf.
ICH darf so nicht denken! So denken SIE! ER ist das Unbekannte. Sie haben Angst vor ihm und kennen ihn nicht, deswegen testen sie an ihm herum... oh mein Bauch...
Sarin bereute gerade, dass sie etwas gegessen hatte. Nein, ihr wurde nicht schlecht, aber er krampfte unwillkürlich, wie immer, wenn sie unter großen Stress stand und sich Knoten in ihren Gedärmen bildeten. Die nächsten Stunden würde sie keinen Bissen mehr hinunter bekommen und noch lange danach eher hungern. Sarin war der Typ, der bei Belastung nichts mehr zu sich nahm. Sie vergaß sich selbst und konzentrierte sich nur noch auf das Problem, so das andere sie manchmal schon mehr oder weniger 'heimlich' hatten gefüttert, so wie Lariel, der ihr dreist Kekse auf ihre Sitzen stellte, oder die Köchin, die ihr Tee gebracht hatte, wenn sie noch bis tief in die Nacht an einem Kleid genäht hatte, das sonst ein Problem dargestellt hätte. Und hier und jetzt war das Problem Castus. Um ihre Rolle als 'Schülerin' nicht aufzugeben, blieb sie also still, ruhig und neugierig an Jolantas Seite. Die Zwergin hatte angedeutet eine Art Ablenkung zu starten, damit sie wenigstens mit Castus kurz reden konnte. Sarin wartete also auf ihren Moment...
...aber was soll ich dann tun?
Die Hilflosigkeit breitete sich weiter in ihr aus und stach ihr ins Herz.
Was kann ich denn tun?! Verdammt!
Castus sah nicht so aus, als hätte er akute Schmerzen, aber gesund sah er mit den Verbänden auch nicht gerade aus. Was machten diese Magier nur mit ihm?! Was war das für ein Kasten? Wie kam man da rein und vor allem er hinaus? Am liebsten hätte sie sie alle angeschrien, sie geohrfeigt, was sie sich einbilden würden, seiner reinen Seele das hier alles zuzumuten! Und weil sie das nicht dufte, knirschte sie weiter mit den Zähnen, wies auf Castus und ...lächelte... Jolanta offensichtlich neugierig an, als frage sie ihre Lehrerin, ob sie sich das 'Objekt' näher ansehen dürfe. Ihr neugieriger Blick wanderte umher und versuchte Sinn hinter den Apparaturen zu erkennen, aber gab sich schnell geschlagen.
Ich KANN ihn hier nicht alleine heraus holen...
, begriff sie frustriert. So gern sie niemanden in diese Geschichte mit hinein gezogen hätte, sie erkannte in diesem Moment, dass sie alleine vollkommen hilflos war. Das hier war ein Hochsicherheitsgefängnis, wie die tiefsten Höhlen im Reich der Nachtelfen, wo Verräter hinein verschwanden und nie wieder heraus kamen.
Ja, Castus bekam zu essen. Ja, man versorgte seine Wunden, ...die sie ihm vorher beigebracht hatten. Ja, er lächelte sie so unschuldig an, wie es eben nur er konnte und ihr Herz schien wie aus Glas. Ein winziger Schubser genügte und es würde in tausend Teile zerbrechen. Sie litt unter dem Anblick so sehr, dass es körperlich weh tat. Denken tat weh, als liefe sie über scharfe Kanten. Nichts hiervon fühlte sich richtig an. Egal in welche Richtung sie sich wendete, sah sie Sackgassen. Nein, Castus war hier keine Gast!
Castus war ein Gefangener.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 27. Juli 2022, 09:45

Sarins Pläne und alle anderen Gedanken waren wie fortgeweht. Übrig blieb nur der Schock, der die ganze Welt um sie herum wie in Zeitlupe ablaufen lief. Lediglich sie und ihr Gegenüber agierten normal schnell. Leider bewegte Castus sich kaum. Er lächelte sie zunächst nur an, so unbeschwert, als gäbe es die Verbände an seinem Körper gar nicht und als wäre er nicht gefangen hinter Glas wie ein Insekt. Es zerriss Sarin das Herz. Die Eiseskälte des ersten Schrecken verwandelte sich in absolute Hilflosigkeit. Schon zuvor hatte sie panisch überlegt, wie sie Castus nur an den Sicherheitsmaßnahmen vorbei führen sollte. Jetzt schien ihr der winzige Planungsfaden zwischen ihren Fingern zu zerfasern, bis nichts mehr übrig blieb ... obwohl sie aus dem spröden Garn doch ein ganzes Kleid hätte fertigen sollen!
Was in ihrem Inneren vor sich ging, bekam niemand mit. Die Zyraner schienen nicht einmal geschockt. Für sie war es offensichtlich normal, Menschen und andere Celcianer wie Versuchsobjekte zu behandeln. Nicht einmal Jolanta nahm Anstoß daran oder trug auch sie eine Maske wie Sarin, um ihre Panik nicht offen zu zeigen und als Konsequenz einen Rauswurf zu riskieren? Sie unterhielt sich mit zwei der wie Wissenschaftler gekleideten Magier, während alle anderen ihre Arbeit verrichteten. Glücklicherweise kam niemand im Moment Castus zu nahe. man gönnte ihm scheinbar eine Pause und er konnte noch lächeln. Aber er lächelte vieles fort und nahm es in seiner Unschuld einfach hin! Sicherlich hatte er sogar bereitwillig mitgeholfen, sich selbst zu verletzten!
Sarins Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Dennoch wusste sie, dass ein Gang zu den zyranischen Toiletten mit ihrer wassermagischen Abflussmethode überhaupt nichts bringen würde. Der Schmerz kam aus der Situation heraus. Sie musste etwas unternehmen, sonst würde sie noch vovr Castus hier zugrunde gehen.
Mit einem Blick hinüber zu der Zwergin und einem aufgesetzten Lächeln wies sie gleichzeitig in Castus' Richtung. Durfte sie sich dem seltsamen Käfig denn überhaupt nähern? Jolanta erwiderte ihren fragenden Blick, richtete die Aufmerksamkeit dann kurz an die umstehenden Magier und schon nach einem knappen Austausch nickte sie Sarin zu. Es war ihr erlaubt. Sie durfte wenigstens an Castus heran und mit ihm sprechen! Wenigstens das, aber wie bekam sie ihn nur heraus, ehe seine Seele wahrlich Schaden nahm?
Gar nicht, erkannte die Nachtelfe und ihre innere Verzweiflung wuchs, bis sie sich in reine Frustration entfaltete. Das hier konnte doch nicht das Ende sein? War sie denn so machtlos, dass sie nichts ausrichten konnte? Dieses Gefühl bescherte ihr schlimmere Magenkrämpfe als es Mallahalls Lichtmagie oder die reine Sonne je hätten vollbringen können. Schlecht war ihr nicht, aber sie ertrug es kaum, ihren liebsten Blauschopf so eingesperrt zu sehen. Dass ihre Füße sie nun wie von selbst an ihn heran führten, bis nur noch das Glas zwischen ihnen stand, bemerkte Sarin erst, als Castus eine Hand gegen die Scheibe legte. Er lächelte immer noch! Es war unerträglich.
"Du knirschst mit den Zähnen", riss er sie aus ihrer gedanklichen Abwärtsspirale. Er neigte sich sogar etwas tiefer, damit sie wirklich auf Augenhöhe waren. Es hätte nur ein Stück gefehlt, um sich ihrem Ohr zu nähern oder ihr einen sanften Kuss aufzudrücken. Er war ihr so nah und doch würden seine Lippen ihre Perlmutthaut so nicht erreichen können. Die Sehnsucht pochte mit jedem Herzschlag und hinterließ verzweifelte Leere. Wann hatte sich Sarin jemals so machtlos gefühlt?
"Mach dir keine Sorgen", raunte Castus ihr zu. Es drang gedämpft durch die Scheibe, aber ihre Elfenohren nahmen jede Silbe kristallklar in sich auf. "Ich werde nicht hierbleiben. Du weißt ja, ich muss mit meinem Vater sprechen." Noch immer war er so unbekümmert, als wäre es das Leichteste auf Celcia, aus diesem Gefängnis einfach heraus zu spazieren! Und noch immer besaß er genug Empathie, dass es nicht einmal eines Kusses bedurfte, um tief in Sarins Seele zu blicken. Möglicherweise war der Halbdämon bereits auf eine ganz anderen Ebene tiefer mit ihr verbunden als es nach außen hin den Anschein machte.
Seine flache Hand lag an der Scheibe, denn er konnte Sarin weder berühren noch streicheln. Aber das Signal war deutlich. Er wollte, dass sie zur Ruhe käme. Er dachte immer zuerst an andere, ähnlich wie die Nachtelfe. Vielleicht schlug ihr Herz deshalb so stark für ihn. "Sarin..." Ihr Name aus seinem Mund war wie Balsam. "Wie geht es dir? Das mit ... Cadren und Codrin ... du weißt, warum es so gekommen ist, nicht wahr? Ich hab sein Leid gefühlt. Es war der einzig richtige Weg, das verstehst du?" Darüber sorgte er sich mehr als über seine eigene, offenbar unlösbare Situation. "Wirst du für ihn eine Gedenkstunde halten? Mit meinem Tantchen zusammen? Sie hat das immer für die Verstorbenen getan und lysanthorische Gebete gesprochen. Als Nachtelfe kennst du wohl keines, aber ich könnte dir eines beibringen." Er schmunzelte. "Ich habe hier gerade nicht viel zu tun, dabei gibt es so viel zu tun."
Und dann knallte es von draußen, als käme es einer Explosion gleich. Der Raum bebte kurz, man hörte die gedämpften Schreie einer ganzen Stadt, die in Überraschung choral ihren Schrecken kundtat. Castus richtete sich wieder vollends auf, schaute in eine nicht existente Ferne und erstmals schwand das Lächeln aus seinem Gesicht. "Vater", murmelte er, denn er erkannte im Gegensatz zu Zyranus die Gefahr der Lage.
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Freitag 29. Juli 2022, 09:33

Das hier konnte doch nicht das Ende sein? Warum fühlte es sich dann so an? Sarins Bauch stritt sich mit ihrem Herzen. Wo das obere Organ stets Hoffnung hatte, da war das untere der Meinung, dass dies hier durchaus ein Abschied für immer sein könnte. Die ganze Situation erschien ihr gänzlich verfahren. War sie denn so machtlos, dass sie nichts ausrichten konnte? Anscheinend, denn ihr fiel nichts mehr ein, was sie nun tun könnte. Dieses Gefühl bescherte ihr schlimmere Magenkrämpfe als es Mallahalls Lichtmagie oder die reine Sonne je hätten vollbringen können. Schlecht war ihr nicht, aber sie ertrug es kaum, ihren liebsten Blauschopf so eingesperrt zu sehen. Dass ihre Füße sie nun wie von selbst an ihn heran führten, bis nur noch das Glas zwischen ihnen stand, bemerkte Sarin erst, als Castus eine Hand gegen die Scheibe legte. Er lächelte immer noch! Es war unerträglich. Sarin schmulte kurz über ihre Schulter, ob sie beobachtet wurden und wenn dem nicht so war, dann legte sie kurz die Hand von der Gegenseite gegen das Glas. Wo das glatte harte Material sie trennte, da flossen ihre Gefühle ungehindert zu ihm hinüber. Mühsam unterdrückte sie die Tränen und lächelte tapfer.
"Du knirschst mit den Zähnen."
, riss er sie aus ihrer gedanklichen Abwärtsspirale und sie Schlug einen Moment die Augen nieder. Er neigte sich sogar etwas tiefer, damit sie wirklich auf Augenhöhe waren. Es hätte nur ein Stück gefehlt, um sich ihrem Ohr zu nähern oder ihr einen sanften Kuss aufzudrücken. Er war ihr so nah und doch würden seine Lippen ihre Perlmutthaut so nicht erreichen können.
Warum kann ich nicht zu ihm... Warum lassen sie ihn nicht gehen... Warum bin ich so nutzlos...
Die Sehnsucht pochte mit jedem Herzschlag und hinterließ verzweifelte Leere. Wann hatte sich Sarin jemals so machtlos gefühlt?
"Mach dir keine Sorgen.... Ich werde nicht hierbleiben. Du weißt ja, ich muss mit meinem Vater sprechen."
Noch immer war er so unbekümmert, als wäre es das Leichteste auf Celcia, aus diesem Gefängnis einfach heraus zu spazieren! Ein irrwitziger Teil in ihr wollte ihm glauben. Sie kannte ihn und seine Macht ja auch kaum, vielleicht stimmte es ja und es würde genau so kommen. Seine flache Hand lag an der Scheibe wollte, dass sie zur Ruhe käme.
Du denkst immer erst an andere...
Deshalb schlug ihr Herz so stark für ihn.
"Sarin..."
Ihr Name aus seinem Mund war wie Balsam.
"Wie geht es dir? Das mit ... Cadren und Codrin ... du weißt, warum es so gekommen ist, nicht wahr? Ich hab sein Leid gefühlt. Es war der einzig richtige Weg, das verstehst du?"
„Natürlich.“
Ihre Antwort kam ohne Zögern, denn für sie war seine Motivation schon die ganze Zeit klar gewesen.
"Wirst du für ihn eine Gedenkstunde halten? Mit meinem Tantchen zusammen?“
Sarin nickte sofort, denn sie würde ihm nie etwas abschlagen.
„Sie hat das immer für die Verstorbenen getan und lysanthorische Gebete gesprochen. Als Nachtelfe kennst du wohl keines, aber ich könnte dir eines beibringen...“
Eine Nachtelfe die zum Gott des Lichts betet... ach, warum nicht. Ob Manthalas Bruder mir zuhören würde?... Ein Versuch ist es allemal wert.
„Ich habe hier gerade nicht viel zu tun, dabei gibt es so viel zu tun."
„Bring es mir bei... gleich jetzt.“
Und wenn sie sehen, dass du zu ihm betetest, können sie das gleich notieren...
Doch bevor sie damit beginnen konnten knallte es von draußen, als käme es einer Explosion gleich. Der Raum bebte kurz, man hörte die gedämpften Schreie einer ganzen Stadt, die in Überraschung choral ihren Schrecken kundtat. Castus richtete sich wieder vollends auf, schaute in eine nicht existente Ferne und erstmals schwand das Lächeln aus seinem Gesicht.
"Vater."
, murmelte er, denn er erkannte im Gegensatz zu Zyranus die Gefahr der Lage und in diesem Moment wurde Sarin eiskalt. Eine Ahnung kroch wie tausend Käfer unter ihrer Haut entlang, ihren Hals hinauf und schnürte ihr die Kehle zu.
Wenn... wenn ER ihn hier findet... so eingesperrt...als Versuchsobjekt...so wie Asmodes selbst hier einst eingesperrt war...
Sarins Blick verschwamm und die Mauern um sie herum lösten sich auf. Es war nur ihre Vorstellungskraft, aber die war stark ausgeprägt, wie es bei kreativen Wesen nun mal war. Sarin sah den Turm in Schutt und Asche liegen, die Stadt in Flammen und Castus...
Warum auch immer malte ihr Unterbewusstsein seinen schlaffen Leib in die Arme seines Vaters. Ihr liebendes Herz ging einfach davon aus, dass Asmodes leiden würde. Einen Vater, der erst begreifen würde, was er getan hatte, was er tun würde, wenn es zu spät war. Solange Castus hier war, drohte Zyranus nicht nur der Untergang durch den Hass des Vaters auf die Stadt, weil sie ihn hier gefangen gehalten hatten. Solange Castus hier war drohte noch viel schlimmeres! Hier lauerte ein ganz persönliches Drama noch viel größeren Ausmaßes. Asmodes könnte nicht nur die Stadt zerstören, sondern ganz ungewollt sogar seinen eigenen Sohn mit umbringen. War es merkwürdig, dass das Leben von so vielen Unschuldigen dagegen in den Hintergrund rückte?

Sarins Phantasie malte weitere Bilder, denn noch viel größer wäre sein Hass, wenn die Zyraner seinen Sohn als Druckmittel gegen ihn einsetzten würden. Die Gedankenspirale drehte sich weiter und Sarin begann sich zu fragen, ob es nicht der größte Fehler gewesen war, Zyranus überhaupt warnen zu wollen... überhaupt hier her gekommen zu sein. Aber das waren so unnütze Gedankenspiralen.
...
Sie schluckte leer und starrte zu Castus in die Ferne gerichteten Augen hinauf.
„Du darfst nicht hier sein!“
Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
„Du musst ihm entgegen treten und das besser gestern als heute!“
Ihre Hand auf der Glasscheibe, wollte die seine ergreifen und ihn mit sich hinaus bringen, mit ihm diesen Ort verlassen und das drohende Unheil abwenden.
Sie sah zu ihm auf.
„Ich - liebe - dich!“
Jedes einzelne Wort so ernst und wahrhaftig gesprochen, wie es nur ging. Sarin hätte es in die Sterne geschrieben, wenn sie könnte. Abermals bildeten sich Bilder der Phantasie in ihrem Kopf. Sie sah sich mit Castus an der Hand durch Zyranus spazieren, sich selbst wie sie dem Tor die magischen Worte zum öffnen zu raunte und es darauf hin vor einer Armee auf schwang, die bis zum Horizont ihrer Vorstellungskraft reichte. Dann liefen sie durch eine raunende Menge, erst Schaulustige der Stadt, dann Krieger der Armee und alle starrten sie so merkwürdig an. Dann kam der Mann in Sicht, der nur Castus Vater sein konnte. Ein Mann mit blauen Haaren, wild wie Feuer und … Sarin ohrfeigte ihn! Sie brüllte ihn an, dass er sich nicht wie ein schmollendes Kind benehmen solle, dass den Hosenboden voll bekommen hätte, sondern sich lieber um seinen Sohn kümmern sollte!
Dann brach ihre Phantasie zusammen und Sarin senkte den Blick. Da waren einfach zu viele Gedanken in ihrem Kopf, zu viele Möglichkeiten und nirgends tat sich ein realer Ausweg auf. Sie lehnte die Stirn an das kühle Material, was merkwürdig beruhigend wirkte, wie ein kühler Kuss der Realität auf ihrer Stirn,
„Was kann ich tun?!“
Was geschah in ihrer Umgebung nach dem Knall. Was war geschehen?

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Sonntag 31. Juli 2022, 12:51

Wo Sarin mit aller Kraft versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten und wenigstens nach außen hin Ruhe auszustrahlen, da war ihr gegenüber ... ruhig. Castus wirkte gelassen, ohne dabei Hochmut an den Tag zu legen, die mit der Erkenntnis der Selbstüberschätzung schließlich zum Fall führen würde. Er besaß diese Form der Arroganz gar nicht. Er schien einfach nur zu wissen, dass dies noch nicht das Ende war und er hier wieder heraus käme. Nur was ließ ihn da so sicher, so unbekümmert sein?! In Sarin wirbelte ein emotionales Chaos! Nur nach außen hin wusste sie, ihre Maske zu tragen, aber vielleicht ging es ihrem Liebsten ja genau so? Vielleicht war seine seelenleichte Arglosigkeit nichts weiter als eine wunderbar mit Pailetten und Strass verzierte Maske, die er vor die eigenen Sorgen und Ängst hielt. Oh, wenn Sarin nur auch die Fähigkeit besäße, in seine Seele zu schauen. Aber selbst dann hätte sie ihn küssen müssen und sie konnte ihn nicht einmal berühren. Zwischen ihrer Hand und seiner lag eine Schicht Kristallglas, das vielleicht sogar magisch gesichert wäre. Andernfalls wäre es doch ein Leichtes, mit einem entsprechend großen Hammer das Gefängnis zu zerschlagen.
Das Glas musste magisch sein. Sarin fühlte Castus' Körperwärme genau dort, wo ihre Hände sich ohne die Barriere berührt hätten. Selbst jetzt verströmte er auf wundersame Weise eine Ruhe, die wenigstens in ihren Fingerspitzen kribbelte. Auch sein Lächeln schlich sich langsam in ihre eigene geistige Unruhe ein. Er schenkte ihr so viel, ohne auch nur einen Finger zu rühren. Seine Magie, wenn es denn als solche bezeichnet werden konnte, war der der zyranischen nicht zu vergleichen. Die Bewohner dieser Stadt mussten doch sehen, wie herzensgut ihr Blauschopf war! Sarin musste etwas tun, sie irgendwie davon überzeugen. Es durfte mit ihm nicht als Experiment der Forscher enden.
Seine Bitte an sie, eine Gedenkstunde für Cadren vorzubereiten, brachte die Nachtelfe auf eine gänzlich andere Idee. Ein Dämon, ein gebürtiger Halbdämon, würde sich doch niemals dazu herablassen, eine Gottheit anzubeten. Lysanthor war der Lichtgott, so viel hatte Sarin inzwischen über ihn gelernt. Mallahall verehrte ihn sehr. Könnte das heißen, dass er auch bei anderen Magiern so hoch geschätzt wurde? Wenn Castus nun zu eben jenem Gott des Lichtes und der Oberflächenwelt betete, mussten sie doch erkennen, dass er kein schlechtes Wesen war. Sie entschied, dass sie es zumindest versuchen müsste. Selbst wenn es nur dazu führte, dass sein Gebet zu einer Notiz in ihren Forschungsunterlagen würde, wäre dies ein Schritt in die richtige Richtung.
"Bring es mir bei ... gleich jetzt."
Castus nickte. Ohne ihren Plan zu kennen, stimmte er zu. Er nahm jedoch keine komfortablere Haltung ein. Seine Hand verweilte am Glas, ihrer gegenüber. Wenn ihre Vebrindung auch nicht physisch war, so wollte er diese kleine Illusion aufrecht erhalten. Gerade senkte Castus die Augen in ehrfürchtiger Andacht, um sich auf das Gebet vorzubereiten, da erschütterte ein gewaltiger Knall den Boden. Die Forscher und auch Jolanta sahen aufgeschreckt zur Decke. Eine weitere Explosion folgte. Dann noch eine, wenngleich kleiner. Sie reichten allesamt aus, dass der Turm der Magie solidarisch ein paar Krümel seines Baumaterials von der Decke rieseln ließ.
"Es ist Asmodeus! Er greift den Turm der Magie an ... wie damals!" Eine der Forscherinnen erinnerte sich noch an die Szene, die Sarin niemals erzählt worden war. Der Ausbruch des Haraxiers aus seinem eigenen Gefängnis. Er hatte sich den Weg in die Freiheit gesprengt - mit Mallahalls Hilfe. Nun explodierte es in Zyranus wieder und kein üpbereifriger Feuermagier schien Quelle dieser Schläge zu sein. Zumindest die Forscherin geriet rasch in Panik. Sie schrie auf, ließ ihre Phiole fallen und stürzte zur Tür. Einige ihrer Kollegen folgten, wenngleich sie nicht sofort hysterisch los kreischten. Dennoch wollten sie zur Tür, um sich in Sicherheit zu bringen. Neben Jolanta blieben nur die beiden älteren Männer, mit denen sie gesprochen hatte, zurück, sowie eine bebrillte Magierin mit Dutt, aus dem sich nun einige schwarze Strähnen lösten.
"Behalte deine Hand am Glas. Bleib bei mir, Sarin", wisperte Castus in die aufgekommene Panik der anderen hinein. Seine Stimme war sanft, besaß dennoch etwas Eindringliches. Wenn es nun - anders als gedacht - zu Ende ging, wollte er sie wohl so nah wie möglich bei sich haben. Wie sollte sie sich irren! Auch Castus hatte Pläne gemacht und nun schien der Moment gekommen, sie umzusetzen. Dass ausgerechnet Sarin dabei seine Unterstützung werden würde, hatte aber er nicht einmal geahnt. Es war einerlei. Im Grunde begünstigte es die Umsetzung seiner Strategie sogar.
"Sarin", versuchte er, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, während bei allen anderen noch Trubel herrschte. Die Forscher hatten sich inzwischen und sehr rücksichtslos in Sicherheit gebracht. Wen sie zurückließen, war ihnen gleich. Keiner von ihnen schaute nach seinem nächsten. Zumindest keiner von denen, die nun geflohen waren. Jolanta und der offenbar Älteste der Gruppe - ein Magier mit einem stark geflochtenen Bart, der ihm bis zur Brust reichte - versuchten, zu koordinieren. Der andere alte Forscher - ein Glatzkopf mit goldenem Brillengestell, aus dem schon eines der Halbmondgläser gefallen war - redete nämlich wild auf die Zwegin und seinen Kollegen ein. Seine Stimme überschlug sich dabei immer wieder, so dass er im Gegensatz zu seinem Äußeren eine jugendhafte Ähnlichkeit mit Clem erhielt.
"Wir sind verloren! Es ist das Ende. Ich habe vor dem Hohen Rat immer wieder darauf gepocht, dass wir Verteidigungsmaßnahmen jeglicher Art erforschen müssen, aber hat man auf mich gehört? NEIN!" Er war gar nicht mehr aus seinem Redeschwall herauszuholen. Jolanta hatte alle kleinen Hände damit zu tun, ihn zu beruhigen und auch der Flechtbart-Magus wedelte um Aufmerksamkeit heischend vor der Nase seines Kollegen. Die Magierin mit der Brille hingegen sah es rational, sowie mit der typischen Ignoranz der Zyraner. Nichts, nicht einmal Explosionen, würden sie an ihrer Forschung hindern. Mit stoischer Ruhe stellte sie die Reagenzien und Flaschen wieder auf, legte die Stifte in gerader Reihe nebeneinander und sammelte zu Boden gefallene Papiere auf. An ihr haftete nun auch Castus' Blick.
Sarin, die glaubte, er schaue noch immer in eine unsichtbare Ferne, sprach auf ihn ein. Auch ihr Herz hämmerte panisch. "Du darfst nicht hier sein! Du musst ihm entgegen treten und das besser gestern als heute! Ich - liebe - dich!" Endlich richtete sich sein Augenpaar auf sie. Wärme breitete sich darin aus, überflutete die blauen Galaxien und ließ darin Sterne erstrahlen. Dennoch besaß sein Ausdruck etwas Wehmütiges. "Ich liebe dich auch ... und das tut mir so unendlich leid."
"Was kann ich tun?!"
"Lass nicht das Glas los." Eine seltsame Bitte, aber genau das, was Castus wollte. Er behielt nun den Augenkontakt zu Sarin aufrecht. Sie spürte, wie ihre Fingerspitzen und nun auch die Handfläche immer heftiger kribbelte. Sollte sie doch einmal hin schmulen, würde sie ihre eigene Hand in blaue Flammen gehüllt sehen. Sie entstiegen Castus' Fingern und drangen durch das Glas, als wäre es nicht vorhanden. Sie gingen auf Sarin über, ohne heiß zu sein oder ihr Fleisch zu verbrennen. Was bezweckte er? Wollte er ein letztes Mal in ihre Seele schauen?
"Sarin Kasani, wir sollten von hier ... was tut Ihr da?" Jolantas Stimme schob sich wie zähflüssiger Honig über die unebenen Kluften eines geschnittenen Brötchens. Sie erreichte Sarins Spitzohren nur dumpf, denn die Nachtelfe konnte sich dem blauen Feuer ihres liebsten Halbdämonen nicht mehr entziehen. Selbst wenn sie es nun gewollt hätte, ihre Hand ließ sich nicht zurückreißen. Sie klebte am Glas und war nun doch enger mit Castus' Fingern verbunden als sie anfangs glaubte. Das Feuer wanderte nicht weiter. Es sammelte sich um ihre Haut, bis es in den Spitzen violett und gleißend weiß loderte. Dann erst zog Castus seine Finger zurück und Sarin war in der Lage, auch ihre Hand vom Glas zu nehmen. In ihrem Handteller formten sich die Flammen zu einem glühenden Ball Dämonenblau.
"Bitte, Sarin. Die Forscherin mit der Brille." Castus nickte in die Richtung der Magierin, die als einzige nicht auf die Szene starrte. Jolanta und die beiden älteren Magier standen im Hintergrund der Szene. Der Glatzkopf schüttelte eben jenen und knurrte etwas, dass er die Abgesandten rufen würde. Dann wandte auch er sich der Tür zu. Sein Kollege beobachtete Sarin und Castus allerdings mit der Faszination eines Mannes, der direkt und leibhaftig in ein schwarzes Loch blicken durfte. Er tippte Jolanta dabei auf die Schulter, murmelte ihr etwas zu. Seine Frage ging im Tosen einer weiteren Explosion unter.
"Sarin..." Castus erinnerte seine Nachtelfe an die Bitte. Und in ihr wuchs plötzlich das Bedürfnis, ihm mehr denn je zuvor helfen zu wollen. Etwas Unschuldiges formte sich in ihr. Ein Wunsch, der so winzig er auch war, sie mit solcher Intensität darum bat, das blaue Dämonenlicht zur bebrillten Forscherin zu bringen, dass sie es nicht hätte abschlagen können. Das war alles, was sie tun musste: Ihr das Licht übergeben, damit ihr Castus hier heraus käme. So simpel und doch hing so viel davon ab. Und dann?
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Sonntag 31. Juli 2022, 14:53

Vielleicht wäre Sarins Idee mit dem Gebet an Lysanthor sogar ein Erfolg geworden, aber es sollte ganz anders kommen. Eben grübelte sie noch:
Wenn Castus nun zu eben jenem Gott des Lichtes und der Oberflächenwelt betet, müssen sie doch erkennen, dass er kein schlechtes Wesen ist.
Sie entschied, dass sie es zumindest versuchen müsste. Selbst wenn es nur dazu führte, dass sein Gebet zu einer Notiz in ihren Forschungsunterlagen würde, wäre dies ein Schritt in die richtige Richtung.
"Bring es mir bei ... gleich jetzt."
Castus nickte. Ohne ihren Plan zu kennen, stimmte er zu. Ein warmes Gefühl sickerte in ihre Brust:
Er vertraut mir.
Es war schön nicht hinterfragt zu werden und einfach jemanden zu haben, den man ohne Zweifel lieben durfte! Seine Hand verweilte am Glas, ihrer gegenüber. Gerade senkte Castus die Augen in ehrfürchtiger Andacht, um sich auf das Gebet vorzubereiten, da erschütterte ein gewaltiger Knall den Boden und hätte Sarin fast von den Füßen gerissen vor lauter Schreck allein. Die Forscher und auch Jolanta sahen aufgeschreckt zur Decke. Eine weitere Explosion folgte. Dann noch eine, wenngleich kleiner und die Nachtelfe drückte sich enger an den Glaskasten, enger an Castus.
"Es ist Asmodeus! Er greift den Turm der Magie an ... wie damals!"
Eine der Forscherinnen erinnerte sich noch an die Szene, die Sarin niemals erzählt worden war. Die Forscherin geriet rasch in Panik. Sie schrie auf, ließ ihre Phiole fallen und stürzte zur Tür. Einige ihrer Kollegen folgten, wenngleich sie nicht sofort hysterisch los kreischten. Dennoch wollten sie zur Tür, um sich in Sicherheit zu bringen. Neben Jolanta blieben nur die beiden älteren Männer, mit denen sie gesprochen hatte, zurück, sowie eine bebrillte Magierin mit Dutt, aus dem sich nun einige schwarze Strähnen lösten.
"Behalte deine Hand am Glas. Bleib bei mir, Sarin"
, wisperte Castus in die aufgekommene Panik der anderen hinein. Sarins Blick wurde von ihm angezogen wie ein magnetischer Pol. Er war ihr Pol – ihr Ruhepol in diesem Chaos. Sie fixierte seine Augen, den Sternenglanz darin und hielt sich dort fest, auch wenn sie Angst hatte. Wenn das Gebäude um sie herum erzitterte, da setzten nun einmal die Überlebensinstinkte ein.
„Ich bleib bei dir!“
Sarin musste es laut aussprechen, damit sie sich selbst damit beruhigen konnte und nicht wie diese komischen Forscher ihr Heil in der Flucht suchte. Sie war gewiss keine glorreiche und mutige Heldin wie in ihren Romanen. Sie war nur eine noch 'recht junge' Elfe, die ihr ganzes Leben unter Felsen verbracht hatte und wusste, wenn die Erde bebte und es Steine regnete, dann sollte man sich in Sicherheit bringen. Doch gleichermaßen wusste sie einfach nicht wohin! Dieser Turm war kein unterirdischer Tunnel. Wo jeder Nachtelf instinktiv wohl einen Ort in den Gängen seiner Heimat aufgesucht hätte, bei solch einer drohenden Gefahr, da bebte vor allem hier an diesem Ort Sarins Herz.
„Ich bleibe bei dir!“
, wiederholte sie noch einmal leiser. Sie brauchte Castus und ihm schien es ähnlich zu gehen. Wenn es nun - anders als gedacht - zu Ende ging, wollte er sie wohl so nah wie möglich bei sich haben.
"Sarin."
, versuchte er, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, während bei allen anderen noch Trubel herrschte. Sie hatte einen Moment die Stirn fest gegen die Scheibe gepresst und die Augen geschlossen. Seine Stimme mit ihrem Namen ließ sie sie wieder aufreißen. Etwas hektisch sah sie sich um. Die Forscher hatten sich inzwischen und sehr rücksichtslos in Sicherheit gebracht. Wen sie zurückließen, war ihnen gleich. Keiner von ihnen schaute nach seinem nächsten. Zumindest keiner von denen, die nun geflohen waren. Jolanta und der offenbar Älteste der Gruppe - ein Magier mit einem stark geflochtenen Bart, der ihm bis zur Brust reichte - versuchten, zu koordinieren. Der andere alte Forscher - ein Glatzkopf mit goldenem Brillengestell, aus dem schon eines der Halbmondgläser gefallen war - redete nämlich wild auf die Zwergin und seinen Kollegen ein. Seine Stimme überschlug sich dabei immer wieder, so dass er im Gegensatz zu seinem Äußeren eine jungenhafte Ähnlichkeit mit Clem erhielt.
"Wir sind verloren! Es ist das Ende. Ich habe vor dem Hohen Rat immer wieder darauf gepocht, dass wir Verteidigungsmaßnahmen jeglicher Art erforschen müssen, aber hat man auf mich gehört? NEIN!"
...und keiner hat auf dich gehört... späte Erkenntnis rettet nicht vor Schaden.
, dachte Sarin entrückt und ließ ihren Blick weiter schweifen. Jolanta hatte alle kleinen Hände damit zu tun, ihn zu beruhigen und auch der Flechtbart-Magus wedelte um Aufmerksamkeit heischend vor der Nase seines Kollegen.
Was geht hier nur vor?
Die Magierin mit der Brille hingegen arbeitete mit der typischen Ignoranz der Zyraner einfach weiter. Nichts, nicht einmal Explosionen, würden sie an ihrer Forschung hindern. Mit stoischer Ruhe stellte sie die Reagenzien und Flaschen wieder auf, legte die Stifte in gerader Reihe nebeneinander und sammelte zu Boden gefallene Papiere auf. An ihr haftete nun auch Castus' Blick.
Sarin, die glaubte, er schaue noch immer in eine unsichtbare Ferne, sprach auf ihn ein. Auch ihr Herz hämmerte panisch.
"Du darfst nicht hier sein! Du musst ihm entgegen treten und das besser gestern als heute! Ich - liebe - dich!"
Endlich richtete sich sein Augenpaar auf sie. Wärme breitete sich darin aus, überflutete die blauen Galaxien und ließ darin Sterne erstrahlen. Dennoch besaß sein Ausdruck etwas Wehmütiges.
"Ich liebe dich auch ... und das tut mir so unendlich leid."
Für einen Herzschlag lang setzte ihr Denken aus. Ein langsames Blinzeln folgte. Das was er da gesagt hatte, ….es tat weh! Es sollte niemals jemandem leid tun zu lieben! Erst recht nicht IHM! Das hier klang nach Reue und die war sowas von fehl am Platz! Ein Castus würde nicht bereuen zu lieben... oder? Ein Funken Wut drohte sich in ihrer Brust zu entzünden, aber erlosch sofort in ihrer Verzweiflung.
"Was kann ich tun?!"
"Lass nicht das Glas los."

Eine seltsame Bitte, aber genau das, was Castus wollte. Er behielt nun den Augenkontakt zu Sarin aufrecht. Sie spürte, wie ihre Fingerspitzen und nun auch die Handfläche immer heftiger kribbelte. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass ihre eigene Hand in blaue Flammen gehüllt war. Das Leuchten lenkte ihren Blick. Sie entstiegen Castus' Fingern und drangen durch das Glas, als wäre es nicht vorhanden. Sie gingen auf Sarin über, ohne heiß zu sein oder ihr Fleisch zu verbrennen. Was bezweckte er? Wollte er ein letztes Mal in ihre Seele schauen?
"Sarin Kasani, wir sollten von hier ... was tut Ihr da?"
Händchenhalten...
Jolantas Stimme schob sich wie zähflüssiger Honig über die unebenen Kluften eines geschnittenen Brötchens. Sie erreichte Sarins Spitzohren nur dumpf, denn die Nachtelfe konnte sich dem blauen Feuer ihres liebsten Halbdämonen nicht mehr entziehen. Selbst wenn sie es nun gewollt hätte, ihre Hand ließ sich nicht zurückziehen. Sie klebte am Glas und war nun doch enger mit Castus' Fingern verbunden als sie anfangs glaubte. Das Feuer wanderte nicht weiter. Es sammelte sich um ihre Haut, bis es in den Spitzen violett und gleißend weiß loderte. Dann erst zog Castus seine Finger zurück und Sarin war in der Lage, auch ihre Hand vom Glas zu nehmen. In ihrem Handteller formten sich die Flammen zu einem glühenden Ball Dämonenblau.
"Bitte, Sarin. Die Forscherin mit der Brille."
Castus nickte in die Richtung der Magierin, die als einzige nicht auf die Szene starrte. Jolanta und die beiden älteren Magier standen im Hintergrund der Szene. Der Glatzkopf schüttelte eben jenen und knurrte etwas, dass er die Abgesandten rufen würde. Dann wandte auch er sich der Tür zu. Sein Kollege beobachtete Sarin und Castus allerdings mit der Faszination eines Mannes, der direkt und leibhaftig in ein schwarzes Loch blicken durfte. Er tippte Jolanta dabei auf die Schulter, murmelte ihr etwas zu. Seine Frage ging im Tosen einer weiteren Explosion unter.
"Sarin..."
Castus erinnerte seine Nachtelfe an die Bitte. Und in ihr wuchs das Bedürfnis, ihm mehr denn je zuvor helfen zu wollen. Sie nickte.
„Natürlich.“
Etwas Unschuldiges formte sich in ihr. Ein Wunsch, der so winzig er auch war, sie mit solcher Intensität darum bat, das blaue Dämonenlicht zur bebrillten Forscherin zu bringen, dass sie es nicht hätte abschlagen können. Das war alles, was sie tun musste: Ihr das Licht übergeben. Also warum nicht. Er wünschte es sich doch. Einen winzigen Moment dachte sie vielleicht daran es für sich zu behalten, gehörte es doch Castus, dem Mann den sie so sehr liebte. Aber er wollte es weiter geben. Nicht an sie, sondern an diese andere Frau. Er würde wissen warum. Sie vertraute ihm!
Also drehte sie sich um und schritt zielsicher auf die Forscherin zu, die noch immer an ihren Studien arbeitete. Als sie dann schon nah bei ihr war, hob sie die in blaues Feuer gehüllte Hand um ihr quasi auf die Schulter zu tippen. Sie räusperte sich sogar höflich, damit sie sich vielleicht noch umdrehte.
„Nimm es bitte an...“
Dann streckte sie den Arm aus.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Samstag 6. August 2022, 10:36

Manchmal geschah ein Phänomen, das so viele erlebten und doch niemand so genau definieren konnte, als dass man eine wissenschaftliche Abhandlung darüber hätte schreiben können. Die Rede war von der Zeit. Als besäßen unterschiedlichste Individuen die Fähigkeit, sie nach Belieben zu manipulieren, erzählten Zeugen oftmals von Erlebnissen, die ihnen wie verlangsamt vorkamen. Inmitten von schrecklichen oder brenzligen Situationen schien die Zeit entweder gänzlich still zu stehen oder dahinzukriechen wie ein altersschwacher Wurm auf dem Weg zum anderen Ende eines Trampelpfades. Wo aller Grund zu eiligem Aufbruch bestand, da besaß man plötzlich alle Zeit der Welt und in diesen Moment schien nicht einmal ein einziger Herzschlag zu vergehen. Die Betroffenen berichteten auch davon, plöptzlich ganz klar sehen zu können oder dass sie die Zeit hatten, subjektiv wichtige Themen zu überdenken. Wenige behaupteten, das eigene Leben noch einmal vor ihrem geistigen Auge ablaufen zu sehen. Wieder andere konnten die Szenerie überhaupt nicht beschreiben, wohl aber die Emotionen, die sie damit verbanden.
Für Sarin glich es dem Aussetzen ihres eigenen Herzens. Etwas stieß seine Faust direkt in ihren Muskel, der doch den ganzen Körper antreiben musste. Es schmerzte. Die Faust hatte sich aus Castus' Worten geformt. "Ich liebe dich auch ... und das tut mir so unendlich leid." Für Sarin stand die Zeit nun ebenfalls still. Sie hörte dumpf die Hintergrundgeräusche der panischen Forscher, der debattierenden Jolanta Synpase und der Schreie, sowie Explosionen von außen. Alles drang wie durch viel zu dicke Watte nur ganz spärlich in ihren Geist. Sie sah Castus' Gesicht: ruhig, liebevoll und doch mit einer Spur Traurigkeit in seinem Blick, der sie um Verzeihung bat. Was sollte sie verzeihen?
Ehe Sarin die Gedanken genauer analysieren und sich über ihre Gefühle klar werden konnte, die sich durch die Überlegungen regten, lenkte ihr Gegenüber ein. Er konnte noch immer nicht fliehen, war nach wie vor hinter dem Kristallglas gefangen. Aber er schickte etwas hinaus: blaues Dämonenfeuer, das auf Sarin überging und sich als brennende Lichtkugel in ihrer Hand formte. Es fühlte sich kein bisschen warm an, kribbelte nur sacht zwischen sich selbst und ihrer Haut. Aber es strahlte etwas aus, das in ihr den Wunsch weckte, dieses Licht an die Forscherin mit den dunklen Haaren und der Brille zu überbringen. Dieser Wunsch mit jedem Atemzug, den sie tat und welcher die Zeit nun endlich wieder antrieb. Vorbei war ihr kleiner Moment der Ewigkeit.
Sarins Schritte führten sie direkt zu der Fremden in weißer Kittelrobe herüber. Jene bemerkte sie zunächst gar nicht. Sie war so darauf konzentriert, die heruntergefallenen Unterlagen aufzuklauben und sofort in ihrem Arm zu sortieren, dass sie nicht einmal eine Explosion direkt neben sich davon hätte abhalten können. Erst als das Licht in Sarins Hand einmal kräftig pulsierte, wagte sie einen Blick über den Rand ihrer Sehhilfe hinweg. Etwas regte sich in ihrer Mimik, ohne dass sie auch nur einen Muskel verzog. Aber ihre Augen blitzten im gleichen Impuls auf, der auch von Castus' Feuerlicht ausging. Die Forscherin richtete sich langsam auf, wandte sich Sarin zu.
"Nimm es bitte an..."
"Gewiss", erwiderte sie, ohne auch nur einmal zu zögern. Sie ließ die Akten, die sie so sorgsam aufgesammelt hatte, einfach fallen. Dutzende Papiere stoben auseinander, wurden teilweise um ihre Füße gewirbelt und fanden erneut Platz auf dem Boden. Die Forscherin reagierte nicht. Sie streckte nur beide Hände nach dem Lichtball aus, um ihn von Sarin anzunehmen. Und als die Nachtelfe ihn übergab, da blieb ein tiefes Gefühl der Glückseligkeit in ihrem Herzen zurück. Es war eine Erkenntnis. Das Wissen, das Richtige getan zu haben und eine damit verbundene, mentale Belohnung. Ihr Herz lächelte. Castus' Wärme legte sich als ein Schulterklopfen über sie. Das Bedürfnis, ihre Aufgabe erfüllen zu wollen, war mit der Lichtkugel auf eine andere übergegangen. Die Forscherin schaute direkt in das helle Weiß, denn nichts von Castus' dämonischem Blau war verblieben. Das Licht war so hell, so rein und vollendet wie der pure Wunsch, der darin ruhte. Ein Wunsch, dessen Erfüllung nun auch alle Bedürfnisse in der bebrillten Frau weckten. Sie nickte dem Lichtball zu. Dann drückte sie ihn eng an ihre Brust und war mit schnellen Schritten am Kristallglaskäfig angelangt.
Aus kürzerer Distanz beobachteten Jolanta und die beiden Magier das Geschehen.
"Kollegin Spannwitz, was tut Ihr denn da?", fragte der Alte mit dem viel zu langen Bart. Er blinzelte mehrfach, da er nicht fassen konnte, dass sie plötzlich eine flache Scheibe aus ihrer Robentasche zückte, um sie gegen das Glas zu pressen.
"Kollegin Spannwitz!", meldete sich nun auch der andere Magier zu Wort. Er klang eindringlicher, aber seine Aufforderung wurde von der Forscherin gänzlich ignoriert. "Wilhelmine Spannwitz!" Es half nicht. Die Gerufene reagierte auf niemanden von außen. Sie stand am Glaskäfig, baute zu Castus Blickkontakt auf und ... dann ...
"Seht Ihr das auch, werter Kollege?"
"Unglaublich! Ist das jemals zuvor geschehen?"
"Nein, das habe ich bei ihr noch nie gesehen. Sie ... sie war doch immer so ein rationaler Mensch!"

Wilhelmine Spannwitz lächelte, so rein und breit wie der junge Morgen, sobald die Sonne das Land zum ersten Mal küsste. Die Scheibe unter ihrer Handfläche drehte sich, bis sie in allen Regenbogenfarben schimmerte und dann löste sich der Glaskäfig in Gänze auf. Castus erwiderte das Lächeln der Forscherin, nickte ihr zur und bot ihr eine offene Hand an. Sie legte die Kugel aus farblosem Dämonenlicht dort hinein. Sie war inzwischen auf die Größe eine Nektarine geschrumpft und verschmolz dann auch wieder mit dem Halbdämon. "Ich danke dir", raunte er Wilhelmine zu. Die Forscherin sank mit einer Seligkeit zu Boden. Castus find sie noch rechtzeitig auf, um sie flach niederzulegen. Sie hatte das Bewusstsein verloren, aber ihre entspannten Züge strahlten. Anschließend erhob er sich wieder und nun war es Sarin, der er eine Hand entgegen hielt. Sie brauchte lediglich zugreifen.
An die verbliebenen alten Magier und die Zwergin gerichtet meinte er: "Ich muss nun gehen. Ihr solltet Wilhelmine in Sicherheit bringen. Und jemand muss ..." Erstmals zögerte er. "Jemand muss meinem Tantchen, Mallahall di Svanwiss, die Nachricht überbringen, dass ich mich um Asmodeus kümmern werde. Sie ... soll in der Stadt bleiben. Sagt ihr, dass es mir unendlich leid tut." Castus rieb sich über das verdorbene Lysanthorsymbol an seiner Stirn. Es war bereits schwarz und die Macht darin vernichtet. Trotzdem schien es zu jucken, denn er kratzte sogar ein wenig daran. Ehe er auf die Tür aus seinem Gefängnis zuhielt, richtete er auch noch einmal an Sarin das Wort: "Dich kann ich wohl nicht bewegen, hierzubleiben. Aufhalten werde ich dich nicht, aber ich möchte dich warnen, dass deine Augen Dinge sehen könnten, die dein Herz für immer zeichnen werden. Bedauerliche Dinge. Möchtest du mich immer noch begleiten oder soll ich dich vorher in Sicherheit bringen? Vielleicht zu Iryan?"
Nicht eine Sekunde ging er davon aus, dass jemand ihn aufhalten könnte. Dabei trat plötzlich die Zwergin an seine Seite. Sie räusperte sich, ehe sie Castus bedacht an der Hüfte anstupste. "Ich werde Mall Bescheid geben, aber bitte tut noch nichts Unüberlegtes. Wartet auf Hilfe."
Der Halbdämon blickte mild auf Jolanta nieder. Er schüttelte leicht den Kopf. "Es ist nicht unüberlegt. Glaubt mir, ich habe es über ein Jahr lang bedacht. Und es ist der einzige Weg. Ich werde jetzt gehen. Vielen Dank für Eure Unterstützung, wer immer Ihr seid."
"Eine Freudin. Bitte..."
"Ich muss gehen. Mein Vater wartet nicht." Unter Jolantas Seufzen wandte Castus sich der Tür zu. Im Hintergrund versuchten die beiden Forschermagier, ihre Kollegin zunächst zu wecken und nach Misserfolg aus dem Raum zu tragen. Die Geräusche der Explosionen ließen nach, aber ihnen war der Lärm einer Stadt gewichen, die erstmals das Geschehen außerhalb ihrer Mauern nicht mehr ignorieren konnte.
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Dienstag 9. August 2022, 20:37

Es war selbstverständlich, dass Sarin half ihren Halbdämonen zu befreien - mit oder ohne seine magische Beeinflussung, hätte sie es getan. Sie übergab das Feuer.
"Nimm es bitte an..."
"Gewiss"

, erwiderte die magische Forscherin, ohne auch nur einmal zu zögern. Sie ließ die Akten, die sie so sorgsam aufgesammelt hatte, einfach fallen. Sie streckte nur beide Hände nach dem Lichtball aus, um ihn von Sarin anzunehmen. Und als die Nachtelfe ihn übergab, da blieb ein tiefes Gefühl der Glückseligkeit in ihrem Herzen zurück. Es war eine Erkenntnis, ein Geschenk von Castus. Das Wissen, das Richtige getan zu haben und eine damit verbundene, mentale Belohnung. Ihr Herz lächelte wie es ihre Lippen gleich taten. Castus' Wärme legte sich um sie.
Es ist vollbracht.
Das Bedürfnis, ihre Aufgabe erfüllen zu wollen, war mit der Lichtkugel auf eine andere übergegangen. Die Forscherin schaute direkt in das helle Weiß, denn nichts von Castus' dämonischem Blau war verblieben. Das Licht war so hell, so rein und vollendet wie der pure Wunsch, der darin ruhte.
Warum hat es die Farbe gewechselt?
, nur ein unbewusster Gedanke in Sarin. Indessen formte sich in ihrem Gegenüber ein Wunsch, dessen Erfüllung nun auch alle Bedürfnisse in der bebrillten Frau weckten. Sie nickte dem Lichtball zu. Dann drückte sie ihn eng an ihre Brust und war mit schnellen Schritten am Kristallglaskäfig angelangt. Aus kürzerer Distanz beobachteten Jolanta und die beiden Magier das Geschehen und Sarin stand dabei und lächelte.
"Kollegin Spannwitz, was tut Ihr denn da?"
, fragte der Alte mit dem viel zu langen Bart.
Sie erfüllt ihm seinen Wunsch.
Der Mann blinzelte mehrfach, da er nicht fassen konnte, dass sie plötzlich eine flache Scheibe aus ihrer Robentasche zückte, um sie gegen das Glas zu pressen.
"Kollegin Spannwitz!"
, meldete sich nun auch der andere Magier zu Wort. Er klang eindringlicher, aber seine Aufforderung wurde von der Forscherin gänzlich ignoriert.
"Wilhelmine Spannwitz!"
Es half nicht.
Wenn... wenn ich nicht ….wenn ich nicht gewollt hätte... hätte ich dann genauso...?
, keimte ein kleiner Gedanke in Sarins Kopf auf und sie beobachtete die Frau eingehender. Die Gerufene reagierte auf niemanden von außen. Sie stand am Glaskäfig, baute zu Castus Blickkontakt auf und ... dann ...
"Seht Ihr das auch, werter Kollege?"
"Unglaublich! Ist das jemals zuvor geschehen?"
"Nein, das habe ich bei ihr noch nie gesehen. Sie ... sie war doch immer so ein rationaler Mensch!"

Wilhelmine Spannwitz lächelte, so rein und breit wie der junge Morgen, sobald die Sonne das Land zum ersten Mal küsste. Die Scheibe unter ihrer Handfläche drehte sich, bis sie in allen Regenbogenfarben schimmerte und dann löste sich der Glaskäfig in Gänze auf. Castus erwiderte das Lächeln der Forscherin, nickte ihr zur und bot ihr eine offene Hand an. Sie legte die Kugel aus farblosem Dämonenlicht dort hinein. Sie war inzwischen auf die Größe eine Nektarine geschrumpft und verschmolz dann auch wieder mit dem Halbdämon.
...es ist gleichgültig. Ich hätte ihm so oder so geholfen...
"Ich danke dir."
, raunte er Wilhelmine zu. Die Forscherin sank mit reiner Seligkeit zu Boden. Castus fing sie noch rechtzeitig auf, um sie flach niederzulegen. Sie hatte das Bewusstsein verloren, aber ihre entspannten Züge strahlten.
Hm... ich bin noch wach... Wo war der Unterschied? Weil bei mir das Feuer noch blau war?
Anschließend erhob er sich wieder und nun war es Sarin, der er eine Hand entgegen hielt. Sie folgte seiner Einladung ohne Zögern. An die verbliebenen alten Magier und die Zwergin gerichtet meinte er:
"Ich muss nun gehen. Ihr solltet Wilhelmine in Sicherheit bringen. Und jemand muss ..."
Erstmals zögerte er.
"Jemand muss meinem Tantchen, Mallahall di Svanwiss, die Nachricht überbringen, dass ich mich um Asmodeus kümmern werde. Sie ... soll in der Stadt bleiben. Sagt ihr, dass es mir unendlich leid tut."
Castus rieb sich über das verdorbene Lysanthorsymbol an seiner Stirn. Es war bereits schwarz und die Macht darin vernichtet. Trotzdem schien es zu jucken, denn er kratzte sogar ein wenig daran. Ehe er auf die Tür aus seinem Gefängnis zuhielt, richtete er auch noch einmal an Sarin das Wort:
"Dich kann ich wohl nicht bewegen, hierzubleiben.“
Sarin lächelte und hauchte:
„Wie gesagt... Ich bleibe bei dir.“
Aber wenn du es dir wirklich mit deiner Magie von mir wünschen würdest, dann könnte ich mich wohl nicht dagegen wehren...
„... Aufhalten werde ich dich nicht, aber ich möchte dich warnen, dass deine Augen Dinge sehen könnten, die dein Herz für immer zeichnen werden. Bedauerliche Dinge. Möchtest du mich immer noch begleiten oder soll ich dich vorher in Sicherheit bringen? Vielleicht zu Iryan?"
Ian...
Ihr Herz sehnte sich nach dem großen dunklen Krieger.
„Er wird vielleicht nahe bei Asmodes sein... lass mich an deiner Seite bleiben, soweit ich kann.“
Nicht eine Sekunde ging er davon aus, dass jemand ihn jetzt noch aufhalten könnte und Sarin glaubte es auch nicht mehr. Sie vertraute ihm, da halfen auch nicht seine Warnungen.
Da trat die Zwergin an seine Seite.
"Ich werde Mall Bescheid geben, aber bitte tut noch nichts Unüberlegtes. Wartet auf Hilfe."
Der Halbdämon blickte mild auf Jolanta nieder.
Nein, er wird nicht auf sie warten. Er will alleine zu seinem Vater gehen, so wie er mir das Versprechen einst abgenommen hat, dass ich Mall aufhalten würde, wenn es soweit ist mit Asmodes zu sprechen. Jetzt ist er wohl da der Moment. Wir müssen uns beeilen.
Er schüttelte leicht den Kopf.
"Es ist nicht unüberlegt. Glaubt mir, ich habe es über ein Jahr lang bedacht. Und es ist der einzige Weg. Ich werde jetzt gehen. Vielen Dank für Eure Unterstützung, wer immer Ihr seid."
"Eine Freudin. Bitte..."
"Ich muss gehen. Mein Vater wartet nicht."

Sarin sah die Zwergin kurz an und ein stilles 'Tut mir leid' lag in ihren Augen. Gern hätte sie diese unglaubliche Frau besser kennen gelernt, aber das hier war wichtiger! Unter Jolantas Seufzen wandte Castus sich der Tür zu und Sarin behielt seine Hand fest in ihrer. Ob sie sich an ihm oder er sich an ihr fest hielt war dabei nebensächlich. Alles war nebensächlich geworden.
„Wenn er versagt...“
, sprach Sarin zu Jolanta im weggehen.
„Dann werden wir uns sehr wahrscheinlich nicht wieder sehen. Dann schützt die Stadt mit allem was ihr aufbringen könnt! Ihr werdet jede Seele brauchen! JEDE!“
Wenigstens hatte sich Sarin den Weg so gut es eben ging eingeprägt. Wie ein Schnittmuster, verliefen die magischen nicht immer linear, sondern schienen sich auch hier und da in der Realität zu überlappen. Ihr Kopf war kreativ genug um vielleicht darin ein Muster zu erkennen um wenigstens so hilfreich zu sein, sie beide hier schnellstmöglich hinaus zu bringen. Ein letzter Blick ging über ihre Schulter zu Jolanta Synapse, der Runenmeisterin und ein flehender Gedanke:
Wünscht uns Glück...
Dann traten Castus und die Nachtelfe hinaus auf den Gang. Die Geräusche der Explosionen ließen bereits nach, aber ihnen war der Lärm einer Stadt gewichen, die erstmals das Geschehen außerhalb ihrer Mauern nicht mehr ignorieren konnte.
Ob schon irgendetwas das Schutzschild durchbrechen konnte?
Sarins Befürchtungen würden sich entweder bewahrheiten oder verblassen, sobald sie den Turm verlassen hätten. Irgendwann wisperte sie leise, um Castus Hand die Finger schlingend:
„Ich wünschte mir...“
Sie lächelte über ihre eigene Formulierung.
„...dass du, Ian und Dhan noch einmal zusammen sein könnten.“
Gewiss war dieser Wunsch nicht zu erfüllen, aber dass sie ihn im Herzen trug, war nun einmal die Wahrheit. Dabei war der Keim dieses Wunsches nicht mal sehr egoistischer Natur. So war Sarin einfach nicht. Sie wünschte sich das Quartett nur wieder zusammen, weil es bedeuten würde, Castus nicht an Asmodes zu verlieren, Ian nicht seiner seelischen Dunkelheit zu überlassen und Dhan aus den Fängen seines Vaters befreit zu haben.
...ein dummer Wunsch.
Still sah sie auf den Boden, während sie voran gingen, einem ungewissen Schicksal entgegen.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Dienstag 16. August 2022, 19:17

Welche Fähigkeiten ruhten noch in dem Blauschopf? Dass Castus mit nur einem Kuss tief in die Seele seines Gegenübers schauen und jedes noch so winzige Geheimnis daraus lesen konnte, wusste Sarin bereits. Ebenfalls war ihr sein Dämonenfeuer bekannt, das so wunderbar blau auflodern konnte wie sein Haar. Es wärmte Herz und Seele, ohne beides zu verbrennen. Wenn etwas brannte, dann war es die Liebe, die die Nachtelfe für ihn empfand. Sie wuchs stetig an und nicht einmal seine Entschuldigung konnte es mildern. Noch immer hatte Sarin nicht herausgefunden, warum es ihm leid tat, was sich zwischen ihnen aufgebaut hatte. Angesichts der aktuellen Lage konnte man durchaus eigene Schlüsse anstellen. Castus schien auch in der Lage, Licht an andere abzugeben. Ein Lichtmagier konnte er jedoch nicht sein. Lysanthor hatte ihm seine Gunst entzogen, das schwarze Hautbild war der Beweis. Trotzdem hatte der Halbdämon soeben seine Flammen an Sarin übergeben, damit diese sie an Wilhelmine Spannwitz weiterreichen konnte. Nur helles Licht war angekommen. Das Feuer ruhte noch in der Nachtelfe. Jedenfalls konnte sie sich das einbilden, denn eine innere Wärme beflügelte sie und gab ihr das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Und hier konnten Grübeleien ansetzen.
Castus war offensichtlich in der Lage, seinen Willen über Wünsche zu äußern und diese an die seltsame Lichtkugel zu binden, welche dazu geführt hatte, dass Wilhelmine Spannwitz den Kristallkäfig öffnete. Er konnte seine Wünsche in andere schleusen und sie zu ihren machen. Sarin hatte es am eigenen Leib gespürt. Sie hatte mit aller Hingabe die Flammenkugel an die Magierin überreichen wollen. Nun, sie hätte es ohnehin getan, für ihren Liebsten. Doch jetzt schlich sich eine Komponente des Zweifels mit hinein. Wenn Castus jedem seine eigenen Wünsche auferlegen konnte, dass sie sich wie die eigenen anfühlten, wie echt mochte dann ihre Liebe zu dem Halbdämon sein? Er hatte ihr unter der Weide im verschneiten Grasland mitgeteilt, dass er nun einmal eogistisch sein und sie lieben wollte. Hatte er ihr dabei einen Stempel aufgedrückt? Liebte sie ihn auch oder wollte sie es nur tun, weil er es sich so sehr wünschte?
Asmodeus' Sohn besaß mehr Macht als die meisten wohl ahnten. Nicht einmal Mallahall schien etwas über diese Fähigkeit zu wissen. Andernfalls hätte sie ihre Mitreisenden doch gewarnt! Oh, der Magierrat würde Castus als nur noch größere Gefahr ansehen, wenn das bekannt würde. Ein gebürtiger Mischlingsharaxier, der in der Lage war, andere nach seinen Wünschen zu leiten. Er könnte ganz Zyranus vor ihm niederknien oder Könige abdanken lassen. Aber er könnte auch einen dämonischen Heerführer daran hindern, seine Armee über eine Stadt herfallen zu lassen, um diese zu vernichten. So lange Castus' Herz rein und unverdorben war, stünden seine Fähigkeiten auf der richtigen Seite. Vielleicht ließ sich mit seiner Hilfe sogar der dunklen Epoche ein Ende setzen. Andererseits barg diese Macht auch das Risiko, manipuliert zu werden. Wenn die dunklen Völker ihn für sich gewinnen würden ... nicht auszudenken, welche Schrecken Celcia erwartete!
Es stimmte: Castus war durchaus ein gefährliches Individuum. Inwieweit Sarin dies ebenfalls so sah, würde sie allein entscheiden müssen. Aber ihr Herz und ihre ohnehin oftmals naive, ja fast schon idealistische Ader standen bereits auf der Seite des Halbdämonen ... und wieder keimte ein Körnchen Zweifel, wieviel davon ihre eigene Entscheidung war und ob ihr liebster Castus nicht einen Wunsch in ihr Herz gepflanzt haben mochte.
Es blieb keine Zeit, sich nun darüber Gedanken zu machen. Wichtig war nur, dass die Zyraner nicht ähnliche Schlüsse zogen. Sie würden Castus nicht länger einsperren wollen. Wenn sie schon ihne dieses Wissen eine Gefahr in ihm sahen, würden sie Celcia nicht riskieren, um ihn zu erforschen. Sie würden ihn vernichten. Er musste unverzüglich aus dem Turm der Magie und aus der Stadt hinaus. Er musste zu seinem Vater, ehe niemand den Dämon mehr aufhalten könnte. Die Nachtelfe würde ihn begleiten.
"Wie gesagt ... ich bleibe bei dir."
Castus lächelte ihr entgegen, wenngleich eine Spur Traurigkeit seinen Augen den Glanz nahm, Aber er akzeptierte, dass er Sarin nicht zum Zurückbleiben bewegen konnte. Und er sah ein, dass die Zeit für Diskussionen nicht gegeben war. Angesichts der anhaltenden Explosionsgeräusche von draußen kam es nun auf jede Minute an. Mit einem letzten Blick der Entschuldigung an Jolanta brach Sarin im Windschatten ihres Liebsten auf. Er zog sie sanft, dennoch bestimmt, an der Hand mit sich.
Die Zwergin schaute beiden nach. Sie lächelte nicht, wartete aber auch nicht mehr lang. Zwar half sie ihren Kollegen noch, Wilhelmine zu bergen und in einen Raum zu bringen, wo sie friedlich aus ihrer Ohnmacht erwachen könnte, dann aber würde die Runenmeisterin Mallahall suchen. Sorge im Herzen begleitete sie. Die Zwergin lebte auch schon einige Jahre auf Celcia. Zwar hatte sie bisher keine Begegnungen mit Haraxwesen erfahren, außer die kurzen Momente mit Asmodeus selbst, aber sie wusste sehr wohl wie jemand drein blickte, der eine Entscheidung getroffen hatte. Ob ihre lichtmagische Freundin überhaupt noch rechtzeitig auftauchen würde, um mitzuerleben, was immer Castus vor hatte? Jolanta würde nicht warten, es herauszufinden.
Der Halbdämon und die Nachtelfe warteten ebenfalls nicht länger. Zügigen Schrittes führte Sarin ihren Liebsten nun die Gänge entlang. Sie hatte den Weg noch gut in Erinnerung, orientierte sich vor allem an Kleinigkeiten im Muster ihrer Erinnerung. Bei der Wand mit dem Spinnennetz unter dem Flurtisch musste sie sich rechts halten. Entgegen aller Logik musste sie an einer Stelle schmale Stufen in die Tiefe steigen, um nach oben zu gelangen und alsbald wieder die Wendeltreppe in der Turm-Mitte zu erreichen. Schon sah sie das Geländer der Treppe vor sich auftauchen. Castus beschleunigte, bis er wieder anführte und hielt auf die Treppe zu. An sie erinnerte auch er sich noch gut.
Gemeinsam eilten sie die Stufen herunter. Trotzdem mussten sie beide auf den einzelnen Etagen immer wieder pausieren, damit ihnen nicht schwindlig wurde. Andere Magier zogen an ihnen vorbei, sowohl nach unten als auch nach oben. Jeder, der sie aufhalten wollte, den lächelte Castus nur milde an. Dann berührte er ihn sacht am Oberarm, an der Hand oder strich sogar mal über die Wange, unabhängig von Alter, Volk oder Geschlecht. "Ich muss gehen. Leb wohl", verabschiedete er sich stets von Zyranern und jedes Mal blitzte bei seinen Worten ein Funke in den Augen seines Gegenübers auf. Erst leuchtete er blau, dann färbte er sich weiß und verblasste in den Seelenspiegeln.
"Gewiss. Leb wohl", antworteten die Zyraner. Manche wünschten ihm eine gute Reise oder baten ihn, ihre Heimat bald wieder zu besuchen. Er lächelte ihnen ein letztes Mal zu und zog mit Sarin im Schlepptau weiter. Niemand hielt ihn auf. Gelegentlich verlangsamte Castus seine Schritte, um sich mit der freien Hand das schwarz verfärbte Lysanthorbild an seiner Stirn zu kratzen.
Dabei richtete er beschwichtigende Worte an die Nachtelfe: "Mach dir keine Sorgen. Es gefällt ihm nur nicht, dass ich meine ... Fähigkeiten einsetze." Er gab es also ungeniert zu. Er nutzte irgendeine Fähigkeit seines halbdämonischen Erbes, um sich einen Weg hinaus aus dem Turm der Magie zu bahnen. Eine Fähigkeit, die sein Vater damals offenbar nicht besessen hatte. Dass dem Lichtgott Lysanthor haraxische Mächte nicht gefielen, war schlüssig. Obgleich doch nicht jeder Dämon böse war. Bewies Castus nicht gerade das Gegenteil? Aber er war auch nur zur Hälfte Dämon, zudem ein gebürtiger Halbcelcianer. Vielleicht machte das den Unterschied aus und vielleicht musste es auch so sein, damit er Celcia vor den Taten seines Vaters retten könnte. Sarin blieb nur zu hoffen, dass es ihm gelang.
"Ich wünschte mir ... dass du, Ian und Dhan noch einmal zusammen sein könnten." Castus schwieg. Irgendwann drückte er Sarins Hand im Gehen, schaute dieses Mal aber nicht zu ihr herüber. "Du wirst sie wiedersehen. Hab Vertrauen." Von sich sprach er nicht. Er wirkte auf seine Aufgabe fokussiert. Da blieb wohl gerade keine Zeit für Träume und Wünsche. Castus konnte so ernst aussehen, wenn er einem Vorhaben nachging. Und traurig, ohne dass er dadurch seinen natürlichen Charme verlor. Wie damals im Grasland, als Sarin ihn auf den Felsen hatte stehen sehen. Geheimnisvoll, schön und irgendwie fern, obwohl er sich doch genau vor ihr befand ... wie der Mond.
Es blieb keine Zeit für Träumereien! Zunächst einmal mussten sie Zyranus verlassen. Das gestaltete sich schwieriger als der Weg hinaus aus dem Turm. Die größte Schwierigkeit hierbei bestand lediglich darin, die vielen Stufen vergab zu nehmen. Kurz bevor es Sarin schwindlig wurde, erreichten sie beide endlich den Fuß der Treppe. Die Tür war weder bewacht noch verschlossen. Sie und Castus traten ins Freie.
Die Explosionen hielten noch immer an und jetzt konnte das Paar sogar sehen, was geschah. Wie auch immer Asmodeus es anstellte, Zyranus wurde attackiert. Gewaltige Kugeln aus einer giftig grünen Leuchtkraft flogen wie ein Meteoritenregen auf die Stadt zu. Sie erreichten nicht einen der kunstvoll gestalteten Türme. Jedes Mal, wenn es so aussah, als schlügen sie gleich in ein Gebäude ein, schimmerte ein Netz aus blauvioletten Oktagonen auf, von denen rötliche Blitze fortzuckten. Der Ball aus giftigem Licht prallte daran ab und explodierte. Aber weder das noch die in höherer Zahl abgefeuerten Salven aus Brandpfeilen erzeugten so heftige Erschütterungen wie die Explosionen, die sie zuvor gehört hatten. Sie hieltn auch immer noch an.
Castus deutete zu einer Rauchsäule, die sich in der Ferne erhob. "Das muss direkt an den Stadtmauern geschehen." Er wies dorthin. Das Tor befand sich in einer anderen Richtung. Der Halbdämon rang sichtlich mit sich. Man sah ihm an, dass er auf den Qualm zugehen wollte, um zu schauen, ob Hilfe nötig wäre. Andererseits hatte er sich selbst eine Aufgabe gestellt, die von höchster Wichtigkeit war. Rettete er nun einige Zyraner oder ganz Celcia, notfalls auf Kosten ihrer Leben? Der innere Konflikt ließ ihn die Augen schließen und einmal schmerzlich seufzen. "Ich muss zu ihm", erinnerte er sich selbst und rechtfertigte seine Entscheidung gleichzeitig vor Sarin. Er drückte ihre Hand. "Später muss alles getan werden, dass Verletzte behandelt werden - auf beiden Seiten." Er klang fast danach, als wollte er Sarin ein zweites Versprechen abringen, erwartete dann aber doch keine Antwort. Stattdessen hielt Castus nun auf das große Stadttor zu. Dort hatten sich viele Zyraner versammelt. Sie alle versuchten, ihr Heim zu verlassen. Ob aus Panik oder weil sie nun doch die Stadt der Magie verteidigen wollten, war nicht ersichtlich. Abgesandte des Hohen Rates fanden sich ebenfalls an den Toren. Wie Stadtwachen bildeten sie eine menschliche Barriere zwischen sich und den Einwohnern von Zyranus.
"Ihr könnt nicht hinaus!", rief jemand und drückte einen Mann von sich, der versuchte, sich vorbei zu drängen.
"Bitte, seid doch vernünftig! Wo ist eure rationale Denkweise geblieben?"
"Es ist zu gefährlich, die Tore jetzt zu öffnen."
"Von außen versuchen Armeen aus Dunkelelfen und Menschen - ich erkannte das grandessarische Wappen - die Stadt einzunehmen. Ihre Angriffe sind lachhaft, aber nur solange wir uns innerhalb der magischen Mauern befinden."
"Mein Kollege hat Recht. Ihr könnt nun nicht hinaus, es ist..."
Der Abgesandte verstummte, als er mit Castus Blickkontakt aufnahm. Der Halbdämon lächelte wieder. Noch war er aber nicht nah genug, um den Abgesandten zu berühren. "Ich muss hinaus", sagte er sanft, während um ihn herum die Meute seine Stimme übertönte. So hatte es keinen Sinn. Das sah auch Castus ein. "Hm." Er wandte sich an Sarin. "Gibt es einen anderen Weg hinaus? Ist dir etwas bekannt? Oder hast du eine Idee, wie ich...?" Er nickte zu den Abgesandten herüber. Wenn Sarin und Castus sich energisch genug durch die Menge schlugen, würde es vielleicht gelingen, einen der Wachmagier zu berühren. Doch reichte das aus? Hier stand gut ein Dutzend von ihnen und wenn nur einer versuchte, das Tor zu öffnen, könnte er von seinen Mitarbeitern aufgehalten werden. Da half vielleicht nicht einmal Castus' Fähigkeit.
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Sarin Kasani
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Mittwoch 24. August 2022, 08:53

"Ich wünschte mir ... dass du, Ian und Dhan noch einmal zusammen sein könnten."
Castus schwieg. Irgendwann drückte er Sarins Hand im Gehen, schaute dieses Mal aber nicht zu ihr herüber.
Er wird mir diesen Wunsch nicht erfüllen können...
"Du wirst sie wiedersehen. Hab Vertrauen."
Castus konnte so ernst aussehen, wenn er einem Vorhaben nachging. Und traurig, ohne dass er dadurch seinen natürlichen Charme verlor. Wie damals im Grasland, als Sarin ihn auf den Felsen hatte stehen sehen. Geheimnisvoll, schön und irgendwie fern, obwohl er sich doch genau vor ihr befand ... wie der Mond.
...und genau da habe ich mich in ihn verliebt. Nicht später, nicht durch seinen Kuss... nicht durch dämonische Mächte!
Sarin lächelte still vor sich hin.
Ja. Ich vertraue ihm.
Doch es blieb keine Zeit für Träumereien!
Aber jetzt müssen wir erst einmal aus Zyranus raus. Das Passwort kenne ich ja...
Doch das sollte sich sehr bald schwieriger als erwartet gestalten. Kaum war das Paar im Freien konnten sie sehen, was geschah. Wie auch immer Asmodeus es anstellte, Zyranus wurde attackiert. Gewaltige Kugeln aus einer giftig grünen Leuchtkraft flogen wie ein Meteoritenregen auf die Stadt zu.
… wäre es nicht so furchtbar, …
Jedes Mal, wenn es so aussah, als schlügen sie gleich in ein Gebäude ein, schimmerte ein Netz aus blauvioletten Oktagonen auf, von denen rötliche Blitze fort zuckten. Der Ball aus giftigem Licht prallte daran ab und explodierte.
... es wäre wunderschön anzusehen.
Aber weder das, noch die in höherer Zahl abgefeuerten Salven aus Brandpfeilen erzeugten so heftige Erschütterungen wie die Explosionen, die sie zuvor gehört hatten. Sie hielten auch immer noch an. Sarin war einen Moment wie erstarrt von diesem Anblick.
Warum bin ich noch gleich gerade an dem gefährlichsten Ort der Welt? ...ach ja, aus Liebe...
Sie hatte über den Krieg gelesen, in Romanen die heldenhaften Taten von Kriegern und Paladinen, Diener der Götter und weisen Magiern bewundert. DAS hier war aber überhaupt nicht bewundernswert. Es machte ihr Angst! Castus deutete zu einer Rauchsäule, die sich in der Ferne erhob.
"Das muss direkt an den Stadtmauern geschehen."
Das Tor befand sich in einer anderen Richtung. Der Halbdämon rang sichtlich mit sich. Man sah ihm an, dass er auf den Qualm zugehen wollte, um zu schauen, ob Hilfe nötig wäre. Andererseits hatte er sich selbst eine Aufgabe gestellt, die von höchster Wichtigkeit war. Rettete er nun einige Zyraner oder ganz Celcia, notfalls auf Kosten ihrer Leben? Der innere Konflikt ließ ihn die Augen schließen und einmal schmerzlich seufzen.
"Ich muss zu ihm"
, erinnerte er sich selbst und rechtfertigte seine Entscheidung gleichzeitig vor Sarin. Er drückte ihre Hand.
"Später muss alles getan werden, dass Verletzte behandelt werden - auf beiden Seiten."
Er klang fast danach, als wollte er Sarin ein zweites Versprechen abringen, erwartete dann aber doch keine Antwort. Sarin nickte nur zustimmend. Sie musste nicht darüber nachdenken, sie würde helfen, wo sie gebraucht wurde.
Castus hielt nun auf das große Stadttor zu. Dort hatten sich viele Zyraner versammelt.
Warum ist hier so ein Auflauf?
Sie alle versuchten anscheinend, ihr Heim zu verlassen.
Aber hier sind sie doch ...sicher?
Ob aus Panik oder weil sie nun doch die Stadt der Magie verteidigen wollten, war nicht ersichtlich. Abgesandte des Hohen Rates fanden sich ebenfalls an den Toren. Wie Stadtwachen bildeten sie eine menschliche Barriere zwischen sich und den Einwohnern von Zyranus. Sarin hörte aufmerksam den Stimmen um sich herum zu:
"Ihr könnt nicht hinaus!"
, rief jemand und drückte einen Mann von sich, der versuchte, sich vorbei zu drängen.
"Bitte, seid doch vernünftig! Wo ist eure rationale Denkweise geblieben?"
"Es ist zu gefährlich, die Tore jetzt zu öffnen."
"Von außen versuchen Armeen aus Dunkelelfen und Menschen - ich erkannte das grandessarische Wappen - die Stadt einzunehmen. Ihre Angriffe sind lachhaft, aber nur solange wir uns innerhalb der magischen Mauern befinden."
"Mein Kollege hat Recht. Ihr könnt nun nicht hinaus, es ist..."

Der Abgesandte verstummte, als er mit Castus Blickkontakt aufnahm. Der Halbdämon lächelte wieder. Noch war er aber nicht nah genug, um den Abgesandten zu berühren.
"Ich muss hinaus"
, sagte er sanft, während um ihn herum die Meute seine Stimme übertönte. So hatte es keinen Sinn. Das sah auch Castus ein.
"Hm."
Er wandte sich an Sarin.
"Gibt es einen anderen Weg hinaus? Ist dir etwas bekannt? Oder hast du eine Idee, wie ich...?"
Er nickte zu den Abgesandten herüber.
...nein... Ich...
Hatte sie eine Idee? Eher nicht. Sie versuchte sich zu erinnern, ob Mall oder sonst wer aus der Gruppe ihr etwas erzählt hatte, aber durch den Tumult um sie herum fand sie gerade keinen klaren Gedanken. Es gab gerade nicht viele Möglichkeiten. Wenn Sarin und Castus sich energisch genug durch die Menge schlugen, würde es vielleicht gelingen, einen der Wachmagier zu berühren. Doch reichte das aus? Hier stand gut ein Dutzend von ihnen und wenn nur einer versuchte, das Tor zu öffnen, könnte er von seinen Mitarbeitern aufgehalten werden. Da half vielleicht nicht einmal Castus' Fähigkeit.
Außerdem... wenn sie jetzt für uns die Tore öffnen, dann kann der Feind auch hinein...
Sarin erkannte die Zwickmühle der Situation recht schnell. Diese Menschen hier hatten Angst. Sie ja auch! Vielleicht wollten manche für ihre Stadt und ihre Liebsten sogar kämpfen, aber es gab auch jene, die einfach nur panisch wirkten und weg wollten, so unvernünftig es auch gerade war. Sarin verstand, warum man das Tor geschlossen hielt. Jetzt gerade, unter der Macht des Angriffs, wäre ein Vorstoß seitens Zyranus fatal. Jetzt hieß es den 'magischen Panzer' dicht zu halten und zu warten, bis der Feind 'Luft holte'.
Trotzdem musste Castus hier raus. Sarin sah sich um. Ihr Blick suchte nach jenen Personen, die etwas abseits der Menge standen und vielleicht gerade die Köpfe zusammen steckten und sich dann davon schlichen. Vielleicht fand sich eine 'Ratte' die ein Schlupfloch kannte. Sarin war schließlich eine Nachtelfe und diese bildeten die besten Spione aus, die Celcia kannten. Auch wenn sie selbst es nie gelernt hatte, dieses Denken war ihr nicht unbekannt. Falls sie jemanden in dieser Art 'auffälligen' erblickte, so konnten sie ihm/ihr vielleicht folgen.
Sie hielt Castus Hand und stellte sich auf die Zehenspitzen um ganz nahe an seinem Ohr zu flüstern:
„Ich weis nichts. Mall hat mir nichts erzählt. Ich kenne die Stadt nicht..., aber warte...“
Ansuz und Thurisaz könnten vielleicht helfen einen eigenen Torweg zu finden.
„Lass uns ein Stück zurück.“
Sarin hatte ihr Leben lang meist für andere ihre Magie gewebt. Nun tat sie es ganz bewusst auch mal für sich... auch wenn ihr Motiv einmal mehr war, damit jemandem zu helfen. Kaum das sie auch der Menge sich ein wenig befreit hatten, suchte sie nach einem weg führenden Weg die Stadtmauer entlang. Mit flinken und geübten Fingern griff sie nach ihrer Farbe und malte sie sich selbst die Runen auf die Handinnenseite. Sarin erwartete nicht, dass sich sogleich ein paar Meter weiter eine kleine Tür in der Mauer auftun würde, aber vielleicht unterstützten die Runen sie, ihren Weg zu finden. Vielleicht waren es die 'Ratten' die sich einen Kellereingang zu nutze machten, oder etwas gänzlich anders, was ihre Aufmerksamkeit erregte. Sarin hoffte einfach, dass das Schicksalsgeflecht ihr einen Hinweis geben würde. Vielleicht erinnertes sie sich auch nur einfach an etwas was Mall erzählt hatte.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Freitag 26. August 2022, 21:42

Castus besaß eine mächtige Gabe. Allerdings half sie nicht gegen eine Übermacht an Personen, die sich ihm und Sarin in den Weg stellten. Selbst wenn er einen von ihnen kontrollieren und ihnen seinen Willen in Form eines Wunsches aufzwingen könnte, so wären alle anderen in der Lage, ihren Kameraden dennoch aufzuhalten. Kam zusätzlich noch eine teils panische Masse an Zyranern hinzu, erschwerte es die Situation nur weiter. Eines stand fest: Aus dem Stadttor kämen beide nicht so spielend leicht heraus wie aus dem Gefängnis im Turm der Magie. Castus suchte bereits nach einer Alternative und wandte sich in seiner Ratlosigkeit sogar an Sarin, aber auch die Nachtelfe wusste sich zunächst nicht zu helfen. Sie waren doch beide fremd hier. Niemand ihrer Freunde befand sich in der Nähe. Clem hätte vielleicht aushelfen können, aber Sarin hatte ihn zuletzt in der Kammer der luftmagischen Zauberin des Hohen Rates gesehen. Außerdem hatte er sich mit seinem Rauschmittelchen selbst ins Aus geschossen. Er war keine Option mehr, aber was sollten sie tun?
Sarin bewahrte einen kühlen Kopf. Sie konnte mit Stress umgehen, es war für sie fast schon Routine. Wie oft hatte sie auf den letzten Drücker noch Änderungsarbeiten durchführen müssen, teilweise sogar direkt am Mann oder der Frau? Einmal war es sogar passiert, dass sie und Meister Londo auf die Tanzfläche des Ballsaales gestürmt waren, um den aufgezwirbelten Rüschensaum einer Adligen zu retten, damit sie nicht in Unterwäsche dastünde. Schon damals hatte sie sich nur auf die Lösung dieser Aufgabe konzentriert und das hatte zum Erfolg geführt. Jetzt ging sie ebenso vor, selbst wenn die Verzweiflung versuchte, sich einen Weg an ihre mentale Oberfläche zu kämpfen. Sarin ignorierte das Gefühl. Stattdessen ließ sie ihren Blick über die versammelte Menge schweifen und sogar noch weiter gleiten. Sie suchte die Ränder der Masse ab. Im Reich der Nachtelfen fand man dort am ehesten jemanden, der ihnen jetzt aus dieser Situation hätte heraushelfen können. Leider musste sie lernen, dass das hier Zyranus und nicht das Reich der Nachtelfen war. Wo in ihrer Heimat die Profession des Diebes, Spions oder Informationen so häufig anzutreffen war wie hier die eines Magiers, so musste sie erkennen, dass sie in Zyranus gar nicht fündig wurde. Selbst mit ihrem geschulten Auge entdeckte sie niemanden, der in das typische Schema eines Zwielichtigen passte. Das erklärte auch, warum es in der Stadt der Magier keine richtigen Wachen gab. Sie schienen nicht nötig zu sein. Es sah nämlich nicht so aus, als fände sich hier viel kriminelles Potenzial. Zu schade! Aber irgendwie mussten Castus und sie doch entkommen können!
Der Halbdämon war bereits drauf und dran, seine Gabe doch noch einzusetzen. Er suchte schon nach einer passenden Person, der er sich zuwenden könnte, da kam Sarin ihm zuvor. Sie hatte die rettende Idee, so hoffte sie jedenfalls. Ihre Runen würden auf's Neue herhalten müssen. Wozu kannte sie denn so viele und die Kombinationen waren doch schier unendlich. Außerdem hatte Jolanta ihr durch ihre eigene Methodik gezeigt, dass man selbst bei der Runenmagie über den Tellerrand schauen konnte. Es gab Mittel und Wege, die Wirkung der magischen Zeichen in eine andere Richtung zu interpretieren.
Sie wisperte Castus zu, ein Stück abseits zu treten. Gemeinsam lösten sie sich vom Rand der Menge und dem Tor. Zwar liefen noch immer gelegentlich Magier an ihnen vorbei, aber ob des Tumults am städtischen Eingang achtete so auch niemand auf sie beide. Gerade in Bezug auf den Halbdämon, der mit seinem blauren Haarkamm doch auffallen konnte, war es von Vorteil.
Sarin konzentrierte sich nun. Sie zückte ihre Farben und zeichnete sich mit ein wenig Mühe die Runen Ansuz und Thuriaz auf die Handinnenflächen. Beide sollten ihr Tür und Tor öffnen, ohne dass sie dabei explizit an einen Durchgang dachte. Sie versuchte es, wie Jolanta zu sehen. Tür und Tor im Sinne von einem Weg in die Freiheit. Ein Weg hinaus aus Zyranus und hin zu Castus' Vater. Schon kurz nachdem sie die Zeichen auf ihre Haut gemalt hatte, spürte sie wie sich ihre arkane Kraft in der Farbe sammelte. Es kribbelte und kitzelte sogar ein bisschen. Dann spürte sie die Magie als Wärme und schließlich als Sog. Etwas zog an ihren Handinnenflächen, auch wenn man hätte erwarten können, dass ein solches Gefühl eher von den Handgelenken ausgehen müsste. Sarin brauchte nur beide Arme auszustrecken und eine lebende Wünschelrute zu mimen. Nur suchte sie jetzt nicht nach Wasser, sondern nach einem Weg aus der Stadt.
"Das ist ja witzig", gluckste Castus neben ihr. In seiner Unschuld fand er sogar in diesem Moment noch die Kraft, die Welt mit kindlicher Naivität wahrzunehmen und das machte ihn so liebenswert. Er legte eine Hand auf Sarins Schulter um ihr zu signalisieren, dass er ihr folgen würde, was immer sie nun vor hatte. Dabei wusste sie es selbst nicht. Die Magie würde sie beide führen und das tat sie. Der Sog war zunächst nicht so leicht zu erkennen. Sarin schlug mehrmals andere Richtungen ein, so dass sie einmal auf dem großen Platz vor dem Tor im Kreis gingen. Dann aber hatte sie den Dreh raus, konzentrierte sich nur auf das Gefühl und folgte in jene Richtung, aus der sie es am stärksten spürte. Die Runen in hren Händen fühlten sich dann immer ein wenig wärmer an, wenn sie glaubte, den richtigen Pfad eingeschlagen zu haben. Trotzdem konnte man am Erfolg zweifeln, als sie vor der langen Leiter zum Stehen kam, die hinauf zur fliegenden Schänke führte. Wie sollte sie von dort oben in die Freiheit gelangen? Aber ihre Magie hatte sie an diesen Punkt geführt, also mussten sie es versuchen. Castus fragte nicht einmal nach. Er gab sich vollsten Vertrauen in ihre Hände und jene legte Sarin dann um die Sprossen der Leiter. Beide stiegen sie hintereinander empor, bis sie wieder im Schankraum der magischen Taverne standen. Diese fanden sie nahezu leer vor. Der Wirt war anwesend, ebenso eine Hilfskraft, welche gerade am Fenster stand und auf die Stadt hinaus blickte.
"Es herrscht Chaos", wandte sie sich gerade an ihren Arbeitgeber, als Sarin und Castus hereinkamen. "Nie zuvor habe ich so sehr gehofft, dass die Magie der Mauern einem Angriff standhält."
"Wir sind hier sicher. Mach dir keine Sor- oh, Kundschaft!"
Der Wirt straffte die Haltung und deutete mit einem Kopfnicken einen Gruß an. Dann erkannte er Castus und Sarin wieder und engte die Augen. "Moment mal", sprach er beide sofort an. "Ihr seid doch die Störenfriede von neulich. Ihr habt den noblen Hyacinthus aus dem Hause Marcaundt bloßgestellt."
"Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt, wenn ich bitten darf." Die nicht ganz vertraute, aber doch bekannte Stimme des Jungmagiers in Ausbildung drang aus einer der Ecken zu ihnen herüber. Im nächsten Moment erhob sich der Namensträger aus seiner Traube von Kommilitonen. Er war immer noch in den purpurnen Frack mit dem schwarzen Saum gekleidet, von dem die goldenen Knöpfe mit Hochglanz abstachen. Und auch den Gehstock mit dem goldenen Knauf hatte er nicht aus der Hand gelegt. Lediglich sein fast gleichfarbiges Haar trug er nicht mehr in einem langen Zopf. Das Seidenband war gewichen und die Haarpracht hing ihm nun wie ein goldener Vorhang über die Schultern. Er wirkte blass und abgeschlagen, bemühte sich aber um eine überhebliche Haltung. Er kam direkt auf Sarin und Castus zu. Mit der Stockspitze deutete er auf Letzteren. "Solltet Ihr nicht in Gewahrsam sein?"
Castus lächelte ihm entgegen. "Ja, aber ich musste gehen." Er drückte Sarins Schulter. "Wir müssen die Stadt verlassen. Kennst du einen Weg?"
Hyacinthus hob eine seiner fein gezupften Brauen. Er blickte abwechselnd von Castus zu Sarin. "Warum sollte ich euch helfen, wo ihr beide mir den Tag ruiniert habt?" Castus sah nun ebenfalls zu Sarin. Er würde ihr das Reden überlassen, sofern sie es mit Worten versuchen wollte. Am Ende blieb ja immer noch seine Gabe, aber Castus schien zu zögern, sie achtlos einsetzen zu wollen. Ob es ihm Schmerzen oder andere Einschränkungen bereitete? Er hatte bereits erwähnt, dass der Gott Lysanthor seine dämonischen Fähigkeiten nicht gut hieß. Somit wäre es besser, sie nicht zu strapazieren. Dass der Halbdämon allerdings Sarin so sehr vertraute, die Situation besser zu erklären als er selbst und den Zyraner vielleicht sogar zu überzeugen, sprach für den Respekt, den er ihr entgegenbrachte.
Ihre Runen hatten offensichtlich geholfen. Hier stand ein Weg vor ihnen, denn Hyacinthus hatte nicht bestritten, keine Lösung zu kennen. Er wollte sie ihnen nur nicht mitteilen. Also war er das Tor, das Sarin gesucht hatte. Jetzt lag es an der Nachtelfe, die Pforten zu öffnen.
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Dienstag 30. August 2022, 10:25

Sarin Kasani zückte ihre Farben und verwandelte sich nach kurzem Versuch und Fehlversuch in eine lebende Wünschelrute. Nur suchte sie jetzt nicht nach Wasser, sondern nach einem Weg aus der Stadt.
"Das ist ja witzig"
, gluckste Castus neben ihr. Allein diese Aussage ließ sie lächeln und machte ihr das Leben gerade deutlich leichter. In seiner Unschuld fand ihr Halbdämon sogar in diesem Moment noch die Kraft, die Welt mit kindlicher Naivität wahrzunehmen und das machte ihn so liebenswert. Gern hätte sie ihn umarmt, aber mit den kribbelnden Runen an ihren Händen hatte sie ein bisschen Sorge, aus Versehen einen 'kreativen Weg' in ihn hinein zu finden. Das unsinnige Bild wollte fast nicht ihren Kopf verlassen und sie sponn den Faden sogar weiter, dass diese Art der Runenkombination vielleicht für Operationen gut wäre.
...wäre es nicht toll, man könnte einfach in einen Kranken hinein greifen um ihm den Schmerz sprichwörtlich zu nehmen...?
Da legte Castus eine Hand auf Sarins Schulter um ihr zu signalisieren, dass er ihr folgen würde, was immer sie nun vor hatte. Dabei wusste sie es selbst nicht. Die Magie würde sie beide führen und das tat sie. Der Sog war zunächst nicht so leicht zu erkennen, aber nach einer Weile hatte sie den Dreh raus, konzentrierte sich nur auf das Gefühl und folgte in jene Richtung, aus der sie es am stärksten spürte. Die Runen in ihren Händen fühlten sich dann immer ein wenig wärmer an, wenn sie glaubte, den richtigen Pfad eingeschlagen zu haben. Trotzdem konnte man am Erfolg zweifeln, als sie vor der langen Leiter zum Stehen kam, die hinauf zur fliegenden Schänke führte. Beide stiegen sie hintereinander empor, bis sie wieder im Schankraum der magischen Taverne standen. Diese fanden sie nahezu leer vor. Der Wirt war anwesend, ebenso eine Hilfskraft, welche gerade am Fenster stand und auf die Stadt hinaus blickte.
"Es herrscht Chaos"
, wandte sie sich gerade an ihren Arbeitgeber, als Sarin und Castus hereinkamen.
"Nie zuvor habe ich so sehr gehofft, dass die Magie der Mauern einem Angriff standhält."
"Wir sind hier sicher. Mach dir keine Sor- oh, Kundschaft!"

Der Wirt straffte die Haltung und deutete mit einem Kopfnicken einen Gruß an. Dann erkannte er Castus und Sarin wieder und engte die Augen.
"Moment mal"
, sprach er beide sofort an.
"Ihr seid doch die Störenfriede von neulich. Ihr habt den noblen Hyacinthus aus dem Hause Marcaundt bloßgestellt."
"Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt, wenn ich bitten darf."

Die nicht ganz vertraute, aber doch bekannte Stimme des Jungmagiers in Ausbildung drang aus einer der Ecken zu ihnen herüber. Im nächsten Moment erhob sich der Namensträger. Er wirkte blass und abgeschlagen, bemühte sich aber um eine überhebliche Haltung. Er kam direkt auf Sarin und Castus zu. Mit der Stockspitze deutete er auf Letzteren.
"Solltet Ihr nicht in Gewahrsam sein?"
Castus lächelte ihm entgegen.
"Ja, aber ich musste gehen."
Er drückte Sarins Schulter.
"Wir müssen die Stadt verlassen. Kennst du einen Weg?"
Hyacinthus hob eine seiner fein gezupften Brauen. Er blickte abwechselnd von Castus zu Sarin. "Warum sollte ich euch helfen, wo ihr beide mir den Tag ruiniert habt?"
Schnösel... womit haben wir ihm denn den Tag ruiniert. Mimose.
Castus sah nun ebenfalls zu Sarin. Hier stand ein Weg vor ihnen, denn Hyacinthus hatte nicht bestritten, keine Lösung zu kennen. Er wollte sie ihnen nur nicht mitteilen. Also war er das Tor, das Sarin gesucht hatte. Sie sah noch kurz in Castus schöne Augen und dachte:
Nun gut, wenn ich ihn nicht überzeugen kann, kann mein Liebster ihn sicher noch beeinflussen, aber vielleicht geht es ja auch ohne dies.
Sie sprach es laut aus:
„Castus, er weis einen Weg hinaus.“
Dann machte sie einen höfischen Knicks vor dem 'Bestockten'.
„Edler Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt, wenn ihr denn es so wollt, dann könntet ihr vermeiden, dass es noch mehr werden. Ich meine, ruinierte Tage. Es wäre Euer purer Eigennutz uns zu helfen.“
Sie hob leicht die Mundwinkel und mischte etwas Verständnis in ihre Mimik aus höflicher Maske und milder Ehrbezeugung. Sie kannte den Hochmut des Adels nur zu gut und die pikierten Gemüter, wenn es um die kleinste Störung ihrer Pläne ging. Doch das hier war doch eine Nummer größer. Hier stand ein Dämon vor der Stadt. Kurz dachte sie an eine Runenkombination die helfen könnte, aber dafür war weder die Zeit noch die Möglichkeit gerade vorhanden.
„Nun, wenn ihr euch überzeugen lasst, dass es besser wäre uns gehen zu lassen, dann könntet ihr gewiss bald wieder jede Menge harmonische Tage verleben. Es ist eine Tatsache, dass Wilhelmine Spannwitz höchst selbst ihn hat gehen lassen, während ihre wehrten Kollegen zusahen. Ich selbst war nach meinem Bad und kleinen Erfrischungen in den Gemächern des Ratsmitliedes Lirdalia Aeroquätus zugegen und auch Runenmeisterin Jolanta Synapse war Zeugin. Abgesehen davon hat Zyranus wohl gerade andere Probleme, wie ihr wisst wenn ihr einen Blick aus dem Fenster geworfen habt.“
Die Erwähnung einiger gewichtiger Namen sollte schlicht beweisen, dass sie als Fremde wohl doch zumindest Kontakt zu diesen Leuten gehabt hatte. Und da kein einziges Wort eine Lüge war, so konnte Sarin jede Silbe mit voller Überzeugung hervor bringen, die keinen Zweifel wecken würde. Trotzdem blieb natürlich die Möglichkeit, dass der Spross der Marcaundts ihnen schlicht nicht wohl gesonnen war.
„Gut und schön... Gehen wir davon einmal theoretisch davon aus, dass ihr uns aus der Stadt schleusen könntet...“
Dabei zog Sarin nun ihrerseits leicht eine Braue in die Höhe um Zweifel anzudeuten und vielleicht in ihrem Gegenüber eine kleine Provokation zu sähen, in dem Sinne, dass er es vielleicht gar nicht könnte und er hier nur flunkernd Macht andeutete, die er gar nicht hatte. Bei vielen hoch adeligen Leuten und solchen die von Ehre sprachen oder sich führ ehrbar hielten wirkte so etwas ganz gut.
„... und was überaus wichtig wäre, dabei nicht eure Mauern für den Feind zu öffnen!“
Abermals folgte eine kleine Pause und ein fragender Blickkontakt, der ihre Sorge um die Menschen hier aber untermalte.
„Im Grunde... Unser gemeinsames Ziel ist es die Kampfhandlungen gegen Zyranus einzustellen und damit sind wir doch gewiss einer Meinung.“
Dann verschränkte sie Hände in höfischer Geste vor ihrem Bauch, eine Hand oben, eine unten und die Finger wie Haken ineinander greifend.
„Ihr könntet es auch einfach so sehen: Ihr werdet uns los. Aber schöner wäre es doch, wenn am Ende alles gut wird, und jemand von euch sagen könnte, dass ihr einen erhebliche Beitrag zur Rettung der Stadt und ihrer Bewohner beigetragen habt.“
Meist war es Anerkennung, die sich jeder auf irgendeine Weise wünschte. Jeder wollte in der Zeit die ihm das Leben schenkte auf die ein oder andere Art seine Spur im Sand der Geschichte hinterlassen. Zu viel und zu dick durfte Sarin auch nicht auftragen und musste auch erst einmal sehen, wie die Worte fruchteten, weshalb sie Hyacinthus erst einmal nun still betrachtete. Ließ er sich darauf ein? Im Zweifelsfall gab es immernoch die 'Keule'. Sarin wusste, dass Castus seinem Weg um jeden Preis weiter folgen würde. Aber vielleicht gab es ja noch Hoffnung in den Gemütern dieser Stadt. Ein wenig Verstand, der begriff, dass selbst die dicksten magischen Mauern seine Bürger nicht bis in alle Ewigkeit schützen konnten und dauerte die Belagerung zu lange, die Bürger hier drinnen sich ebenfalls schnell an die Gurgel gehen könnten. Dazu brauchte es nicht viel und selbst wenn es friedlich blieb, so würde Zyranus irgendwann gewiss aushungern... auf die ein oder andere Weise. Vollkommen abgeschlossen von der Welt, selbst wenn alles drum herum schon unter gegangen war, was wäre das für ein Leben? Schon jetzt wollten viele die Stadt verlassen. Es war abzusehen, das bald das blanke Chaos herrschen würde. Eingesperrt wie unter einer Glaskuppel würde die Vernunft bald ersticken. Stellte sich nur die Frage, war Hyacinthus intelligent genug, die selben Schlussforderungen aus der aktuellen Situation zu ziehen?

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 1. September 2022, 15:52

Sarins Runenkombination hatte sie bis hierher in die Fliegende Schänke geführt. Das Etablissement selbst war aber nicht das Tor in die Freiheit, was ihr zunächst auch verwirrend vorgekommen war. Immerhin schwebte das Gebäude weit über anderen, konnte jedoch nicht einfach seinen Platz verlassen und über die magische Mauer hinweg fliegen, die Zyranus vor Asmodeus' Angriff schützte. Oder etwa doch? Nein, die Nachtelfe war sich sicher, dass ihre Fähigkeiten sie zu einer Person geführt hatten. Hyacinthus Marcaundt stellte diese Person dar. Ihre Handinnenflächen kribbelten, dass es kitzelte, als sie ihm gegenüber stand. Er wusste einen Weg aus der Stadt. Sarin konnte sich vollkommen sicher sein.
Sie und Castus tauschten Blicke aus. Natürlich wäre es für den Halbdämon ein Leichtes, Hyacinthus den Wunsch einzupflanzen, ihm Rede und Antwort zu stehen. Was ihn daran hinderte, seine Gabe erneut einzusetzen, konnte Sarin nur vermuten. Er schien nicht bereit dafür, was eigentlich nur für ihn sprach. Das hätten die Forscher mal ergründen sollen, als Castus in ihrem Glaskäfig gefangen saß! Er war keine Minute darauf auf, anderen zu schaden und setzte seine haraxischen Fähigkeiten offensichtlich nur ein, wenn es wirklich wichtig war. So wichtig wie jetzt, da sie aus der Stadt hinaus mussten, um selbige vor dem Untergang zu bewahren. Asmodeus würde nicht bei ein paar Häusern oder dem Turm der Magie Halt machen. Er wollte komplett Zyranus brennen sehen.
Es war Zeit, etwas zu unternehmen. Kurzerhand teilte Sarin ihrem Begleiter mit, dass Hyacinthus das Tor nach draußen darstellte, ehe sie vor ihm knickste und mit Worten versuchte, den Schlüssel im Schloss seiner Unwilligkeit zu drehen. Sie ging dabei besonder höflich vor, wie sie es in ihrer Heimat und am Hofe gelernt hatte. Die meisten besser Betuchten hörten eher zu, wenn man ihnen nur genug Honig ums Maul schmierte. Sarin packte gleich mehrere Gläser aus.
"Edler Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt, wenn Ihr es denn so wollt, dann könntet Ihr vermeiden, dass es noch mehr werden. Ich meine, ruinierte Tage. Es wäre Euer purer Eigennutz uns zu helfen."
"Höre ich da eine versteckte Drohung heraus, wenn ich mich weigere?" Hyacinthus rümpfte die Nase.
"Niemand möchte dich bedrohen", lächelte Castus ihm entgegen, aber es war wohl wirklich besser, Sarin das Szepter hier zu überlassen. Castus besaß Charme, wusste aber nicht, wie man die nötige Etikette zwischen unterschiedlichen Ständen an den Tag legte. Mit Titeln oder gehobener Anrede kannte er sich nicht aus oder ignorierte sie gänzlich. Wahrscheinlich, weil er jede Seele auf gleicher Ebene sah und keinen Unterschied bei Herkunft oder finanzieller Lage machte. Um auch nur die kleinste Annahme er Drohung aus ihren Worten zu nehmen, formulierte Sarin alles noch einmal um. Sie kannte den Adel und wie ausgesucht er in der Art und Weise pickte, wie man mit ihm sprach. Schon ein einziges Wort konnte das Zünglein an der Waage sein. Der einfache Bürger verkannte das Ränkespiel der Noblen und ahnte nicht einmal, wie oft man mit schwer gerüsteten Metallstiefeln versuchte, eine Pirouette auf dünnem Eis zu drehen. Sarin wusste es. Sie bewegte sich vorsichtig, aber keineswegs zaghaft. Dafür blieb keine Zeit. Es war keine hohe Kunst, einen Edlen einzulullen und sie gab alles, bei Hyacinthus Erfolg zu haben.
Um ihr Recht, hier zu sein, zu unterstreichen, griff sie sogar auf Wilhelmine Spannwitz zurück. Der Name war Hyacinthus offenbar kein Begriff. Woher auch, er war selbst kein Forscher. Offensichtlich spielte er sich einfach nur künstlich auf, weil er sich als Magiestudent wichtiger nahm als ein einfacher, nicht begabter Celcianer und weil er sich auf Einfluss oder Finanzen seiner Eltern ausruhte. Als sie allerdings Lirdalia Aeroquätus erwähnte, konnte Sarin die zweite Braue erkennen, wie sie zu ihrem fein geschwungenen Bruder in die Höhe schnellte.
"Ihr habt die weise Aeroquätus angetroffen? In ihren ... Gemächern?" Sarin erlebte Hyacinthus erstmals offen beeindruckt. Seine Augen nahmen vor Staunen nun einen Großteil seines Gesichts ein, so sehr weitete er sie und dass ihm die Kinnlade nicht herunterklappte, war nur seiner disziplinierten Erziehung zu verdanken. Mit Jolanta Synapse setzte die Elfe noch einen drauf, dass es beinahe unglaubwürdig wirkte. So viele hohe Persönlichkeiten an einem Tag gesehen zu haben, gelang nur den Lieblingen unter den Studenten und das auch nur, wenn die Eltern dem Hohen Rat gegenüber die eine oder andere Gefälligkeit erwiesen. Hyacinthus nahm Sarin jedoch jedes Wort ab.
"Abgesehen davon hat Zyranus wohl gerade andere Probleme", erinnerte sie. Erstmals stimmte der Jungmagier ihr mit einem Nicken zu. Dass auch er den Ernst der Lage als solchen sah, erkannte Sarin an der Wandlung in seinen Zügen. Er war bei ihrem ersten Zusammentreffen schon besorgt gewesen aufgrund des Verlusts eines Freundes außerhalb der Stadt. Er wusste, was auf dem Spiel stand. Es schien ihm nur schwer zu fallen, einem Halbdämon zu vertrauen, wo es doch ein Haraxier - mehr noch: sein Vater - war, der vor den Toren wütete.
"Gehen wir einmal davon aus, dass Ihr uns aus der Stadt schleusen könntet ... und was überaus wichtig wäre, dabei nicht Eure Mauern für den Feind zu öffnen."
Hyacinthus schnaufte echauffiert. Hatte Sarins kleine Provokation geholfen? Er stämmte beide schlanken Hände samt des Gehstocks, den er immer noch halten musste, in die Hüften und warf den Kopf herum, um seine Nase arrogant in die Höhe zu recken. "Für wen haltet Ihr mich eigentlich? Sehe ich so aus, als ...", er senkte plötzlich die Stimme, sah sich verschwörerisch um und neigte dann sogar sein gepudertes Näschen in Sarins Richtung, " ... als wüsste ich es nicht, mich konsequenzlos aus der Stadt zu schleichen? Haltet Ihr mich etwa für dermaßen untalentiert?" Schon richtete er sich wieder gerade auf, breitete die Arme wie zur Verkündung einer besonders gewichtigen Nachricht aus und sprach anschließend auch wieder laut genug, dass Wirt und Hilfskraft kurz von ihrem Posten am Fenster absahen. "Ihr sprecht hier mit Hyacinthus Pomponius Filipekt aus dem Hause Marcaundt, Verehrteste! Ich bin ein geistiger Vorreiter auf allen Gebieten und bester Studiosi meines Jahrgangs. In meinem Kopf steckt mehr als der Sinn für Ästhetik und gehobene Umgangsformen. Ich muss Euch das wohl erst beweisen, damit Ihr Eure Zweifel verliert, hm? Nun denn, Ihr habt mich! Ich werde mich nicht nachsagen lassen, ich halte mich mich Fakten zurück. Auch wenn ich hier unter Zeugen festhalten möchte, dass ich es nicht nötig habe, irgendjemandem etwas zu beweisen. Es geht hier und heute nur darum, meine Überlegenheit Euren Zweifeln gegenüber zu demonstrieren. Vielleicht behandelt Ihr mich anschließend endlich mit dem nötigen Respekt. Und ..." Hyacinthus hob seine Hand vor den Mund, um die fein geschwungenen Lippen dahinter zu verbergen. Das sanfte Räuspern konnte gerade Sarin mit ihren Elfenohren dennoch wahrnehmen. "Vielleicht gewährt Ihr mir als Zeichen Eurer Entschuldigung gegenüber, Euch auszuführen."
Castus grinste auf, ehe er der Nachtelfe einen liebevollen Stoß mit dem Ellenbogen in ihre Rippen verpasste. Er gluckste. "Du verdrehst ja jedem den Kopf. Ich kann es ihm nicht verübeln." Was war nur an der Oberfläche los? Nein, schon im Reich der Nachtelfen hatte es begonnen, als Lariel ihr seine Zuneigung gestanden hatte. Irgendetwas stimmte nicht. Als sei der Fluch ihres Brautkleides von ihr abgefallen, scharten sich willige Männer plötzlich um Sarins Reize wie die Motten um ein kleines Nachtlicht. Es waren inzwischen sogar schon so viele Verehrer, dass Sarin mehr als eine gute Auswahl besaß. Leider würde sie zugeben müssen, dass zwei Drittel jener, die wirklich ihr Herz erobert hatten, gerade unerreichbar waren. Ob Iryan wenigstens draußen irgendwo auf sie wartete? Und Dhansair? Sie konnten ihn unmöglich einfach vergessen.
Hyacinthus wollte ebenfalls nicht vergessen werden. Im Gegenteil, er strebte wohl einen Platz in den Lehrbüchern der Universitäten an. Da traf Sarin mit ihrer verlockenden Möglichkeit, er könne durch einen Beitrag wirklich eine wichtige Figur des heutigen Ereignisses sein, voll ins Schwarze. Der Magus räusperte sich erneut. "Es wäre unterlassene Hilfeleistung, wenn ich nicht mein Bestes gebe, hier und heute ein Held ... ähm, ich meine ... wir alle sollten alles dafür tun, den Angriff aufzuhalten. Ihr habt Recht, wir stehen auf derselben Seite. Nun, als Euer Anführer möchte ich mich dann noch einmal offiziell vorstellen." Er verneigte sich.
"Anführer?", raunte Castus überrascht. Da richtete sich der andere bereits wieder auf. "Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause derer von Marcaundt, Studioso an der Akademie zu Zyranus und Jahrgangsbester in sämtlichen Fächern, von sportlicher Betätigung einmal abgesehen, aber welcher Magier braucht schon körperliche Ertüchtigung, hahaha!" Er lachte gekünstlet mit dem Spott eines jungen Mannes in der Stimme, der sich lieber einer hohen Mauer aus staubigen Wälzern stellte als auch nur eine Runde um die Akademie zu joggen. "Ich kenne wahrlich einen Weg hier heraus. Er befindet sich sogar direkt in diesem Gebäude und ich bin stolzer Besitzer eines von wenigen Schlüsseln, die in die Freiheit führen werden. Genauer gesagt, führt er in ein Hundert-Seelendorf außerhalb der Mauern, das auf seinen Feldern für die Verköstigung der Stadt sorgt. Die kleine Taverne in dem namenlosen Hinterland unterhält inzwischen einige Eleven wie mich, die es Leid sind, mit ihresgleichen zu feiern. Außerdem ..." Er räusperte sich zum dritten Mal und zeigte dann deutlich, dass hinter all dem verblümten Gehabe am Ende doch nur ein junger Mann mit Bedürfnissen steckte. "Die Dorfmädchen haben einige große ... äh ... vervorragende ... leicht bekleidete ... nun ... Talente! Ja, das ist ein treffendest Wort, aber genug davon. Ich bringe Euch und Euren Begleiter au der Stadt. Im Gegenzug will ich mich dem Kampf gegen die Gefahren draußen anschließend und heorisch aus der Schlacht hervorgehen. Nun, brechen wir sofort auf oder habe ich noch Zeit, meine Garderobe zu wechseln?"
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Samstag 3. September 2022, 14:29

Sarin war sich sicher, dass ihre Fähigkeiten sie zu einer Person geführt hatten: Hyacinthus Marcaundt stellte diese Person dar. Ihre Handinnenflächen kribbelten, dass es nur so kitzelte. Er wusste einen Weg aus der Stadt. Sarin konnte sich vollkommen sicher sein.
Sie und Castus tauschten Blicke aus.
Schone dich! Vielleicht brauchen wir deine Mächte noch später... spätestens bei deinem Vater!
, dachte sie still für sich, aber war sich sicher, dass auch Castus wusste, dass er mit seiner Kraft gut haushalten sollte.
Nun zu diesem Fatzke... Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt... Hm...wenn er ein Freund wäre, wie würde ich ihn nennen? Los Sarin! Positiv denken! Verknüpfe ihn mit etwas das du magst! Nennen wir ihn... Cinthus. Ja das ist besser. Wenigstens in Gedanken. Ein wenig Honigbrot für die süßen Lippen zum Lösen, eine kleine Peitsch um die Motivation anzutreiben...
"Edler Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt, wenn Ihr es denn so wollt, dann könntet Ihr vermeiden, dass es noch mehr werden. Ich meine, ruinierte Tage. Es wäre Euer purer Eigennutz uns zu helfen."
"Höre ich da eine versteckte Drohung heraus, wenn ich mich weigere?"
Hyacinthus rümpfte die Nase.
Na bitte. Da ist der Ansatzpunkt den ich brauche. Schmeicheleien und ein bisschen die Arroganz anpicken...
"Niemand möchte dich bedrohen"
, lächelte Castus ihm entgegen, aber es war wohl wirklich besser, Sarin das Zepter hier zu überlassen. Sarin drückte sanft die Hand des Halbdämons neben sich und ließ dann seine Finger los um sich ganz auf ihr „Opfer“ zu stürzen. Castus vertraute ihr und ihren Fähigkeiten, genauso wie sie ihm und den seinen. Castus besaß Charme, wusste aber nicht, wie man die nötige Etikette zwischen unterschiedlichen Ständen an den Tag legte. Um auch nur die kleinste Annahme er Drohung aus ihren Worten zu nehmen, formulierte Sarin alles noch einmal um. Sie kannte den Adel und wie ausgesucht er in der Art und Weise pickte, wie man mit ihm sprach. Schon ein einziges Wort konnte das Zünglein an der Waage sein. Sie bewegte sich vorsichtig auf dem Parkett der Etikette, aber keineswegs zaghaft. Dafür blieb keine Zeit. Es war keine hohe Kunst, einen Edlen einzulullen und sie gab alles, bei Hyacinthus Erfolg zu haben.
"Ihr habt die weise Aeroquätus angetroffen? In ihren ... Gemächern?"
Sarin erlebte Hyacinthus derart beeindruckt, dass es schon fast lustig war. Mit Jolanta Synapse setzte die Elfe noch einen drauf. Hyacinthus nahm Sarin jedoch jedes Wort ab, zumal es ja auch der Wahrheit entsprach. Etwas leister raunte sie in seine Atemlose Pause noch ein paar Worte, die ihre Beziehung zu den beiden noch unterstreichen sollten:
"Lildalia mag ...Orangentee... ja so hieß dieses überaus leckere Getränk, glaube ich ...und Jolanta ist die Freundin einer Freundin..."
, sprach sie, als wäre sie in Gedanken und kurz abgelenkt. Cinthus sollte ruhig ein bisschen auch von ihr beeindruckt sein, dann wären etwaige Verhandlungen leichter.
Aber zurück zum Thema!
"Abgesehen davon hat Zyranus wohl gerade andere Probleme"
, erinnerte sie. Erstmals stimmte der Jungmagier ihr mit einem Nicken zu. Dass auch er den Ernst der Lage als solchen sah, erkannte Sarin an der Wandlung in seinen Zügen. Er war bei ihrem ersten Zusammentreffen schon besorgt gewesen aufgrund des Verlusts eines Freundes außerhalb der Stadt. Somit war er vielleicht einer der Wenige, die schon wussten, was bald die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzen würde.
"Gehen wir einmal davon aus, dass Ihr uns aus der Stadt schleusen könntet ... und was überaus wichtig wäre, dabei nicht Eure Mauern für den Feind zu öffnen."
Hyacinthus schnaufte echauffiert.
Treffer!
Er stemmte beide schlanken Hände in die Hüften und warf den Kopf herum, um seine Nase arrogant in die Höhe zu recken.
"Für wen haltet Ihr mich eigentlich? Sehe ich so aus, als …"
, er senkte plötzlich die Stimme, sah sich verschwörerisch um und neigte dann sogar sein gepudertes Näschen in Sarins Richtung, so dass sie ebenfalls mit leicht gesenktem Haupt ihre Wange ihm zu wandte. Gespiegelte Körperhaltung schafften Vertrauen und vielleicht stieg im sogar etwas von dem exquisiten Rosenduft in die Nase, der Sarin seid ihrem Bad bei der luftigen Elfe anhaftete.
" ... als wüsste ich es nicht, mich konsequenzlos aus der Stadt zu schleichen? Haltet Ihr mich etwa für dermaßen untalentiert?"
Schon richtete er sich wieder gerade auf, breitete die Arme wie zur Verkündung einer besonders gewichtigen Nachricht aus.
"Ihr sprecht hier mit Hyacinthus Pomponius Filipekt aus dem Hause Marcaundt, Verehrteste! Ich bin ein geistiger Vorreiter auf allen Gebieten und bester Studiosi meines Jahrgangs. In meinem Kopf steckt mehr als der Sinn für Ästhetik und gehobene Umgangsformen. Ich muss Euch das wohl erst beweisen, damit Ihr Eure Zweifel verliert, hm? Nun denn, Ihr habt mich!...“
Fast hätte sie geschmunzelt, aber legte nun geziert die Fingerspitzen vor ihre Lippen. Den Kopf leicht gesenkt sah sie ihn von unten her unter ihren dichtem Silberkranz an. Ein eine kleine in 'bestaunende' Geste, die seinem Ego sicher schmeichelte und ihn voran trieb.
„... Ich werde mich nicht nachsagen lassen, ich halte mich mich Fakten zurück. Auch wenn ich hier unter Zeugen festhalten möchte, dass ich es nicht nötig habe, irgendjemandem etwas zu beweisen. Es geht hier und heute nur darum, meine Überlegenheit Euren Zweifeln gegenüber zu demonstrieren. Vielleicht behandelt Ihr mich anschließend endlich mit dem nötigen Respekt. Und ..."
Hyacinthus hob seine Hand nun seinerseits vor den Mund, um die fein geschwungenen Lippen dahinter zu verbergen. Das sanfte Räuspern konnte gerade Sarin mit ihren Elfenohren dennoch wahrnehmen.
"Vielleicht gewährt Ihr mir als Zeichen Eurer Entschuldigung gegenüber, Euch auszuführen."
Castus grinste auf, ehe er der Nachtelfe einen liebevollen Stoß mit dem Ellenbogen in ihre Rippen verpasste, was sie kurz zur Seite blicken ließ. Er gluckste.
"Du verdrehst ja jedem den Kopf. Ich kann es ihm nicht verübeln."
WAS? Moment... äh... oh... OH!... Ach du meine Güte! Hab ich's übertrieben? Das kann doch nicht sein.. Er mag mich doch nicht mal... ….............. ...oder???
Was ist nur an der Oberfläche los? Moment... Nein, schon im Reich der Nachtelfen hat es begonnen, als Lariel mir so unverhofft seine Zuneigung gestanden hat. Irgendetwas stimmt nicht. Manthala? Hast du da deine Finger im Spiel???!!!???
Ein kurzes Gefühl von kribbelnder Wut flammte in Sarin auf. Mischte sich ihre heiß geliebt Göttin ein und schickte ihr nach 88 Jahren Entbehrungen nun einen Verehrer nach dem anderen? Aber das alles geschah nur im Sekundenbruchteil eines Herzschlages. Das sich willige Männer plötzlich um Sarins Reize wie die Motten um ein kleines Nachtlicht scharten, war kein Problem, dass sie jetzt aktuell auch nur bewusst wahrnahm. Es war eine Randerscheinung, kein Problem! Etwas womit man sich später einmal befassen könnte. Aber in ihrem Unterbewusstsein arbeitete es natürlich. Es waren inzwischen sogar schon so viele Verehrer geworden, dass Sarin mehr als eine gute Auswahl besaß. Leider waren zwei Drittel jener, die wirklich ihr Herz im Sturm erobert hatten, gerade unerreichbar. Vor ihrem inneren Auge tauchten Bilder auf: Iran, ihr dunkler Ritter als einer unter vielen, aber doch mit diesem hellen Funken Liebe im Herzen, dieser Treue zu seinem Freund, die sie so beeindruckt hatte. Und die Sorge wegen seiner Magie-Allergie. Dann Dhansair, mit trostlos gesenktem Haupt der Sänfte seines Vaters folgend einem ungewissen Zukunft entgegen, die er vielleicht nicht überleben würde. Sie mussten ihn finden!
Nein, ich werde sie niemals vergessen!
Denn selbst wenn das Schicksal sie niemals wieder ihre Wege kreuzen ließ, so waren sie doch zu einem Teil in Sarins Herzen unsterblich geworden. Und der Mann vor ihr? Hyacinthus wollte ebenfalls nicht vergessen werden, nur auf andere Weise. Er strebte einen Platz in den Lehrbüchern der Universitäten an. Da traf Sarin mit ihrer verlockenden Möglichkeit, er könne durch einen Beitrag wirklich eine wichtige Figur des heutigen Ereignisses sein, voll ins Schwarze.
"Es wäre unterlassene Hilfeleistung, wenn ich nicht mein Bestes gebe, hier und heute ein Held ...“
Aha, also Heldentum ist deine Motivation. Ganz wie ich es mir dachte. Der stille Wunsch nach Anerkennung lebt doch in uns allen. Das macht ihn ja sogar ein bisschen sympathischer... menschlicher. Das kann ich ihm geben...im Austausch für seine Hilfe. Es ist doch immer eine Frage des Handels.
„... ähm, ich meine ... wir alle sollten alles dafür tun, den Angriff aufzuhalten. Ihr habt Recht, wir stehen auf derselben Seite. Nun, als Euer Anführer möchte ich mich dann noch einmal offiziell vorstellen."
Er verneigte sich.
"Anführer?"
, raunte Castus überrascht. Ein schneller Seitenblick seitens der Nachtelfe bat ihn um Schweigen.
Ja, ein Führer der voran geht um einen den Weg zu weisen...ein An-Führer... ein Späher, den man vorschickt...
, hätte sie gern Castus zugeflüstert, aber das war gerade nicht möglich. Da richtete sich der andere bereits wieder auf und Sarin strahlte mit der Sonne um die Wette... nein, sie leuchtete ihn eher mit dem silbernen Licht bei Vollmond an. Der Stahl ihrer Iriden funkelten voller Zuversicht und Hoffnung, als hätte man Diamanten auf grauem Samt ausgebreitet.
"Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause derer von Marcaundt, Studioso an der Akademie zu Zyranus und Jahrgangsbester in sämtlichen Fächern, von sportlicher Betätigung einmal abgesehen, aber welcher Magier braucht schon körperliche Ertüchtigung, hahaha!"
Interessant. Er zeigt sogar von sich aus seine Schwächen auf. Vielleicht sogar aus Furcht vor Zurückweisung?
Sarin lächelte noch ein Stückchen breiter und sah an sich hinunter, als vergleiche sie ihre ebenso sportliche Inaktivität ihrerseits mit seiner. Dann zuckte sie leicht mit den Schultern und hörte weiter aufmerksam zu.
Keine Angst... mach weiter. Hilf und. Du musst dich nur entscheiden ein Held zu sein.
Und dann kamen die ersehnten Worte:
"Ich kenne wahrlich einen Weg hier heraus. Er befindet sich sogar direkt in diesem Gebäude und ich bin stolzer Besitzer eines von wenigen Schlüsseln, die in die Freiheit führen werden. Genauer gesagt, führt er in ein Hundert-Seelendorf außerhalb der Mauern, das auf seinen Feldern für die Verköstigung der Stadt sorgt. Die kleine Taverne in dem namenlosen Hinterland unterhält inzwischen einige Eleven wie mich, die es Leid sind, mit ihresgleichen zu feiern. Außerdem ..."
Er räusperte sich zum dritten Mal und zeigte dann deutlich, dass hinter all dem geblümten Gehabe am Ende doch nur ein junger Mann mit Bedürfnissen steckte.
"Die Dorfmädchen haben einige große ... äh ... vervorragende ... leicht bekleidete ... nun ... Talente!“
Aha... daher weht der Wind. 'Mann' geht hinaus um sich dort die Hörner abzustoßen. Verstehe. Ok. Ich bin von Adel, eine Prinzessin der Nachtfürsten! ... na ja...hab mich nun mal so vorgestellt, also: schamhaft tun! Ist ja nicht gelogen. Das mit dem Adel zumindest nicht... Allerdings... Hihi... Castus du hast wirklich was in mir verändert.
Sarin war von Adel, aber trug schon lange nicht mehr dieses Selbstbild in sich. Sie hatte den Tietel wie das Erbe abgelehnt. Schamhaft war sie ebenfalls nicht mehr... aber sie konnte so tun. Also sah sie schamhaft zu Boden und leicht zur Seite. Die Fächer ihrer Wimpern warfen lange Schatten auf das edle Perlmutt ihrer weißen Wangen. Ihr Gegenüber würde es sich nicht nehmen lassen wollen, sie zu beeindrucken, sie zu umgarnen, sie zu erobern, sah er sie doch in höfischer Unschuld. Also spielte Sarin mit. Das angeschnittene Thema hinterließ bei ihr also ein wenig gespieltes Unbehagen. Das 'gespielte' war sogar recht passend, denn Unsicherheit machte das Schauspiel glaubwürdiger.
„Ja, das ist ein treffendes Wort, aber genug davon.“
Cinthus biss an.
„Ich bringe Euch und Euren Begleiter aus der Stadt. Im Gegenzug will ich mich dem Kampf gegen die Gefahren draußen anschließend und heroisch aus der Schlacht hervorgehen.“
Ein gezielter Augenaufschlag voller Verzückung...
Die Nachtelfe blinzelte langsam zum neu geborenen Helden auf und irgendwo fiel sicherlich ein Reissack um.
„Nun, brechen wir sofort auf oder habe ich noch Zeit, meine Garderobe zu wechseln?“
Sarin wusste das die Zeit dränge, doch man durfte Cinthus jetzt nicht hetzen, sonst zog er sich wie eine verletzte Primel wieder zurück. Sein Ego musste noch ein bisschen gepudert werden:
„Eure Garderobe ist überaus ansehnlich, doch ihr wollt gewiss keine Rüstung anlegen, oder? Ich möchte euch ja nicht in vorderster Front wissen. Da wäre ich viel zu besorgt...“
Persönliche Bindung - abgehakt.
„Hm, wäre etwas unauffälliges nicht passender? Sollten vielleicht 'inkognito' hinaus gegen?“
Immer so formulieren, als wenn es seine Idee gewesen hätte sein können, oder er es zu seiner machen kann.
„Wenn der Feind euch euren Wehrt gleich an der Nasenspitze ansieht, könnte dies gefährlich werden. Vielleicht...“
Sie sah sich 'demonstrativ' suchend nach dem Wirt um und musterte seine Statur. Hoffentlich nahm Cinthus den ausgelegten Köder an, dann würde das Umkleiden wenigstens schnell gehen und er trüge etwas praktischeres auf da draußen, als einen Gehrock, der sagte: Ich bin wichtig, nehmt mich gefangen oder bringt mich um!
„... wenigstens einen Umhang?“
, murmelte sie leise, aber für ihn hörbar. Innerlich ratterten die Zahnräder. Die Frage, was das für ein Weg hinaus aus dieser magischen Taverne sein konnte, brannte ihr immernoch ein Loch in ihre Neugierde. Bei einer Stadt wie Zyranus wusste man nie, wie viel Magie im Spiel war, weswegen sie tatsächlich von Luftbrücken, Zauberwegen durch das Feenreich und anderen unbekannten Variablen phantasierte. Die Realität war oft viel ernüchternder, aber manchmal konnte sie einen doch überraschen. Niemals hätte sich Sarin je geträumt von drei Männern geliebt zu werden. Das war auch so ein 'Ding' das ihre Phantasie bei weitem überflügelt hatte. Aber sie schuldete dem Magus vor sich noch eine 'Kleinigkeit':
„Nun... da ihr uns helft, könnt ihr meiner Dankbarkeit natürlich gewiss sein. Es ist sehr heldenhaft von euch, dieses Wagnis einzugehen. Was... was eure Frage angeht, mich auszuführen...“
...locken mit Locken... und Pirouette von der Entschuldigung hin zum Flirt.
Sarin ergriff eine ihrer silbernen Haarsträhnen und rollte sie um ihren Zeigefinger.
„Ich werde darüber nachdenken.“
Mehr darf ich nicht versprechen, das wäre unglaubwürdig. Aber es ist kein 'Nein', dass wird er wissen.
Sarin musterte ihn noch einen Moment züchtig aus dem Augenwinkel und vermied direkten Augenkontakt. Dann schien ihr wieder die Dringlichkeit in den Sinn zu kommen und sie legte in einer schnellen Bewegung die Handflächen vor dem Herzen glatt aneinander.
„Oh... wir sollten uns sputen.“
Damit sah sie wieder in Richtung des Wirtes, der nun noch um einen halbwegs 'normalen' Mantel erleichtert werden musste. Kurz überlegte sie, ob sie ihn zu ihnen rufen sollte, aber es war besser jetzt Cinthus die 'Führung' zu überlassen, damit er sich mit seiner selbst gewählten Rolle wohl fühlte.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. September 2022, 17:07

Hyacinthus versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber als Sarin nicht nur erwähnte, Lirdalia und Jolanta begegnet zu sein, sondern auch noch kleine Geheimnisse von ihnen zu kennen, da klappte dem Magiestudenten sichtbar die Kinnlade herab. Er kaschierte es, indem er sich gegen das Kinn tippte. "Orangentee also ... ich muss meinen Charme bei der Teehändlerin vom Markt spielen lassen oder meine liebe Mami kontaktieren." Für einen Augenblick war er selbst in Gedanken versunken. Sarin musste erst auf's Neue seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das gelang ihr allerdings recht schnell. Es war so einfach, Personen seines Schlages zu ködern. Schnell entdeckte sie auch, was Hyacinthus so antrieb. Vordergründig wollte er das sein, was in den Köpfen vieler Celcianer steckte: er wollte sich mit Heldentrum hervortun. Wahrscheinlich las er trotz seines Gehabes heimlich unter der Bettdecke die üblichen Groschenromane über heroische Abenteurer, von denen irgendwie immer auch mindestens einer magisch begabt war. Hyacinthus wollte ein solcher Magier sein. So ernannte er sich kurzerhand zum Anführer des nun gegründeten Trios. Dass er urplötzlich den von ihm vorher so verurteilten Halbdämon damit unterstützte, rückte vollkommen in den Hintergrund. Dafür wollte der Jungmagier sich umso mehr im Rampenlicht sehen. Dass er so ganz nebenbei noch Sarin als Trophäe einheimsen und mit ihr ausgehen wollte, stellte nur einen weiteren Punkt auf der Liste seiner Erfolge dar. Er sah in der Nachtelfe bereits eine Persönlichkeit, die es wert war, mit ihr zu prahlen. Gefühle spielten hier offensichtlich weniger eine Rolle. Niemals würde ein Hyacinthus Pomponius Filipekt aus dem Hause Marcaundt sich dazu herablassen, eine simple Schneiderin mit ernsten Absichten zu umwerben. Aber mit ihrem Namen einige Blicke auf sich zu ziehen, ja, das passte ganz in das Bild, das man von ihm gewinnen konnte. Ein Bild, das er selbst nur zu gern durch sein Gebaren unterstrich. Solange es für den Moment half, wiegelte Sarin ihn in Sicherheit - jedenfalls soweit, als dass sie seinen Wunsch nicht ausschlug. Sie sagte allerdings auch noch nicht vollends zu. Etwas pikiert darüber zupfte der Magier seinen schmalen Oberlippenbart.
"Sobald Ihr mich auf dem Schlachtfeld glänzen seht, meine Teuerste, werdet Ihr schnell erkennen, dass es Euch ein Privileg sein wird, eine Einladung von mir - Hyacinthus Pomponius Filipek von Marcaundt - erhalten zu haben. Bis dahin sei es Euch gestattet, mir eine Antwort schuldig zu sein. Ich kann es ja nachempfinden. Ihr seid nervös. Euch müssen Fragen durch den Kopf schwirren." Theatralisch legte Hyacinthus eine Hand an die Stirn und warf sein goldenes Haar in den Nacken. "Warum hat er gerade an mir Interesse? Werde ich simples Gemüt die komplexen Vorgänge eines Fünf-Gänge-Menüs fehlerlos überstehen? Hoffentlich trample ich ungeschicktes Ding ihm bei einer Tanzaufforderung nicht auf die Füße! Und dann erst die schlüpfrigen Fragen." Mit einem Blitzen in den braunen Augen musterte er Sarin nun einmal von Kopf bis Fuß. "Werde ich seinen hohen, sexuellen Ansprüchen gerecht werden können? Bin ich in der Lage, eine Nacht mit einen Magier und seinem übermächtigen, prächtigen, wohlgepflegten Stabe durchzuhalten? Bin ich eine gänzlich Unbegabte oder schlummert in mir die Fähigkeit einer Hexe, die auf ihrem harten Stück Holz zu reiten vermag?" Er kicherte amüsiert und winkte ab. "Keine Sorge, wir werden das alles herausfinden. Doch nun geht es daran, uns mit dem Ernst der Lage zu befassen. Das Vergnügen wird warten müssen."
Hyacinthus richtete sein Haar, um es endlich doch wieder zu einem langen, goldenen Zopf zu binden. Inzwischen neigte Castus sich mit großen Augen zu Sarin herüber. Er raunte ihr leise zu: "Glaubst du, er ist krank? Er spricht so seltsam ... vielleicht ist er auch von einem Dämon besessen. Und will er dich besteigen? Was meinst du, sollten wir Iryan finden? Ich wette, er möchte dich auch noch einmal haben." Unschuldig direkt, das war Castus. Zum Glück hatte der Zyraner ihn nicht gehört. Er war vollauf mit sich beschäftigt. Hyacinthus zückte einen winzigen Handspiegel aus seiner Tasche, um sich zu betrachten. Echauffiert schüttelte er den Kopf.
"Nein, so kann ich unmöglich aus der Stadt gehen. Wie sieht das denn aus? Ich habe Zyranus zu vertreten! Ich muss mich anständig kleiden."
"Hm, wäre etwas Unauffälliges nicht passender? Sollten wir vielleicht inkognito hinausgehen?"
Hyacinthus schüttelte entschieden den Kopf. All seine Arbeit, die goldene Mähne sittsam mit dem Haarband einzuschließen, war dahin. Munter sprangen vereinzelte Strähnen aus der Reihe und umrahmten seine Statur wie goldenes Garn. "Unmöglich! So wird niemand jemals von mir erfahren. Ein unbekannter Held rettet Zyranus nicht. Ich, Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt muss es tun und Freund und Feind müssen davon wissen. Ich werde dem schurkischen Widersacher mit einer Aufmachung begegnen, dass er ob meiner Schönheit geblendet ist. Dann können wir im entscheidenden Moment zuschlagen, haha!"
"Wenn der Feind Euch Euren Wert gleich an der Nasenspitze ansieht, könnte dies gefährlich werden. Vielleicht ... wenigstens einen Umhang?" Nicht nur Sarin erkannte, dass sie hier eine Bestie aus dem Harax gelassen hatte. Hyacinthus würde vielleicht heorisch aussehen, aber so auch untergehen. Niemals zuvor hatte jemand die Legende vom geckenhaften Pfau gehört, der Dämonen in die Flucht schlug. Ein geckenhafter Pfau mit Umhang...
"Ja, ein Umhang muss her, wallend und mit langer Schleppe, der im Angesicht des Feindes stolz und weit hinter meiner auffallenden Statur weht!" Erneut tippte er sich gegen das Kinn. "Vielleicht in rotgold, damit es zu meinem Haar passt? Aber Rot lässt mich zu feurig erscheinen. Ich möchte diesen Asmodeus nicht verführen... hm..."
"Meinen Vater verführen?", platzte es überrascht aus Castus heraus. "Ich fürchte, damit hast du kein Glück, Hyacinthus Pomponius Filipek." Der Genannte wedelte mit einer Hand in Richtung des Blauschopfs. "Ich sagte ja, ich habe es nicht vor. Draußen liegt Schnee, nicht wahr? Dann nichts in Weiß, auch wenn es zu meinem strahlenden Äußeren sicher perfekt passen würde. Oh, ich muss rasch in meine Gemächer. Wartet hier! Bestellt euch etwas auf meine Kosten!"
Sie hatten keine Chance. Hyacinthus ließ sich nicht umstimmen. Ohne passende Garderobe wollte er ihnen nicht preisgeben, wie man aus Zyranus heraus kam. Sarin und Castus mussten sich zwangsläufig auf seine Bedingungen einlassen. So konnten sie wenigstens noch einmal ihren Hunger stillen. Auf Kosten des Magiers servierte der Wirt ihnen eine üppige, aber leichte Mahlzeit. Sie durften nicht träge in die Schlacht ziehen. Besagte Schlacht fand derweil ohne sie statt, aber die Zyraner schlugen sich gut. Die Angriffe ließen irgendwann nach. Der Wirt und seine Hilfskraft sprachen davon, dass Asmodeus wohl seine Kräfte neu sammeln musste. Dann aber ging es von Neuem los. Wieder erschütterten magische Geschosse den Boden, krachten gegen das Schutzschild und hinterließen ein seltsames Gefühl in der Magengegend.
"Meinst du, er braucht noch lange? Ich muss zu meinem Vater." Castus zeigte sich selten dermaßen besorgt. Der Grund dafür schien aber nicht der Umstand zu sein, Asmodeus zu verpassen. Sein Blick zur Tür der Schänke verriet ihn immer wieder. Er fürchtete etwas Anderes und seine Sorge sollte nicht unbegründet bleiben.
"Castus! Liebling, bis du hier?" Mallahall stürmte in die Taverne. Mehr oder weniger, denn Jolanta stützte die Lichtmagierin. Trotzdem erschien sie wie ein wirbelnder Sonnenstrahl, dass man im ersten Moment glauben mochte, ihr goldenes Haar stammte von Hyacinthus, auf den Sarin und Castus ursprünglich warteten. Der Jungmagier trat als Dritter in die Stube. Er hatte sich wirklich umgezogen, aber nicht zu seinem Vorteil. Noch immer bevorzugte er einen kurzen Frack und passende Seidenhosen dazu. Jene waren schwarz gehalten, der Frack hingegen schillerte dem Zuschauer in einem auffälligen Knallpink entgegen und wieder war alles reichlich mit goldenen Knöpfen und Accessoires ausgestattet. Den Gehstock hatte der Magier gegen einen schmalen Degen getauscht, welcher an seiner Hüfte bei jedem Schritt hin und her baumelte. Das Haar war zu einem Kriegerzopf geknotet, so dass ihm nur zwei sorgsam drapierte lange Strähnen seitlich der Schläfe auf die Schultern fielen wie goldene Samtbänder. Er trug einen heroisch anmutenden schwarzen Hut mit langer, pink gefärbter Feder. Wenigstens hatte er sich in bequeme Reiterstiefel gezwängt, so dass man nicht befürchten musste, er würde sich nach zwei Schritten außerhalb von Zyranus über Blasen an den Füßen beklagen.
"Da ist er", verkündete er reichlich spät, denn Mallahall und Jolanta hatten Castus bereits entdeckt. Die Zwergin führte Mall an den Tisch, an dem er mit Sarin wartete. Dass die Lichtmagierin eher in ein Bett gehörte, stand außer Frage. Ohne Jolanta könnte sie sich wohl kaum auf den Beinen halten, aber ein kleines Leuchten auf ihren Stiefelspitzen verriet der kundigen Sarin, dass Runenmagie ihr hier zusätzlich Kraft gab, ihren Weg zu beschreiten. Mit Hilfe ihrer Freundin ließ Mallahall sich auf einen Stuhl gleiten und neigte sich anschließend sofort zu ihrem Zögling herüber. Castus umarmte sie. Er lächelte sogar. "Oh, Tantchen, ich bin froh, dass es dir gut geht."
"Ich bin froh, dass niemand dir ein Leid angetan hat. Dem Angriff ist es zu verdanken, dass noch niemand nach dir sucht. Castus, oder hast du etwa deine Kräfte eingesetzt?"
Er senkte nicht den Kopf. Castus bereute keine seiner Entscheidungen. "Ich musste gehen, Tantchen. Du weißt, dass ich mich meinem Vater stellen muss."
"Warum hast du geglaubt, ohne mich aufbrechen zu müssen? Dennoch, mein lieber Junge, wir finden einen Weg."
"Oh, wenn ich mich einmischen dürfte? Ich weiß den Weg, Verehrteste. Ihr müsst mir nur hoch und heilig versprechen, dass ich mit der Offenbarung keine Konsequenzen zu tragen habe bezüglich .. nun ... unerlaubtem Verlassend des Studierendengeländes." Hyacinthus wechselte einen Blick mit Jolanta. Diese nickte sanft. Es gab nun Wichtigeres als einen Magierlehrling zu bestrafen, weil er nach seinen Vorlesungen heimlich feiern ging. "Wohlan denn", verkündete Hyacinthus erleichtert. "Bitte folgt mir dann in die Vorratsräume der Gaststube. Dort gibt es einen Weg ... guter Wirt, Ihr erweist uns doch die Ehre, nicht wahr?"
Der Wirt brummte, während die Hilfskraft offen mit den Augen rollte. Es war nicht das erste Mal, dass ein Schüler in die Vorratskammer wollte. "Ihr habt nicht umsonst einen Schlüssel", meinte der Gastwirt. Hyacinthus grinste triumphal auf. Er winkte der Gruppe. "Mir nach, mir nach. Folgt Eurem Anführer!" Schon stakte er durch einen unscheinbaren Torbogen in die Küche der Gaststätte und von dort in die Vorratskammer.
Mallahall und Jolanta wechselten Blicke, ehe sie Sarin und Castus anschauten. "Er ist der Anführer? Seid ihr euch sicher?"
"Er kennt den Weg, Tantchen", erwiderte Castus nur. Dann erhob er sich. Wieder bot er Sarin an, seine Hand zu halten. Als aber auch Mall und Jolanta aufstanden, blieb er stehen. "Tantchen, vielleicht solltest du dich noch ausruhen."
"Und dich allein mit Asmodeus sprechen lassen? Das könnte gefährlich werden. Castus..."
Der Halbdämon schaute Sarin an, drückte ihre Hand. Stumm erinnerte er sie an seine Bitte, die Lichtmagierin unter jedem Preis davon abzuhalten, sich einzumischen. Er musste mit seinem Vater sprechen - allein. Warum auch immer er Mallahall nicht dabei haben mochte, Castus verriet seine wahren Gründe nicht. Jetzt konnte er nur hoffen, dass Sarin etwas einfiel und wenn sie Mall nur lang genug ablenkte, dass er entwischen könnte. Vielleicht hatte sie aber auch eine ganz andere Idee. Er wusste nur eines: Wenn es an ihm war, die Lichtmagierin zurückzulassen, würde es ihm definitiv nicht gelingen. Mallahall mochte im Augenblick geschwächt sein, aber ihr klarer Blick haftete mit der sanften Strenge einer selbstsicheren Frau auf dem Blauschopf. Sie hatte nicht vor, ihn allein ziehen zu lassen.
Und aus der Vorratskammer drängte Hyacinthus mit einem überdeutlich gekünsteltem Räuspern schon zum Aufbruch. "Euer Anführer wartet", rief er.
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Sarin Kasani
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Dienstag 6. September 2022, 20:38

Er ist so von sich überzeugt, dass es schon an Narzissmus grenzt. Ich muss nur sein Ego streicheln und dann schnurrt er wie ein Kater für mich, hehe.
Es war schon fast ein wenig lustig, wie gut Cinthus auf die kleinen Brotkrumen ansprang, die Sarin ihm ausgelegt hatte. Er sah in der Nachtelfe bereits eine Persönlichkeit, die es wert war, mit ihr zu prahlen. Gefühle spielten hier offensichtlich weniger eine Rolle. Niemals würde ein Hyacinthus Pomponius Filipekt aus dem Hause Marcaundt sich dazu herablassen, eine simple Schneiderin mit ernsten Absichten zu umwerben.
Gut, dass ich mich als verwöhnte etwas 'unfähige' Prinzessin des Hauses Kasani vorgestellt hatte... Eine Schneiderin mit meisterlichen Fähigkeiten wäre ihm nicht gut genug.
Innerlich war es zum Lachen. Mit ihrem Namen einige Blicke auf sich zu ziehen, ja, das passte ganz in das Bild, das man von ihrem Galan gewinnen konnte. Ein Bild, das er selbst nur zu gern durch sein Gebaren unterstrich. Solange es für den Moment half, wiegelte Sarin ihn in Sicherheit - jedenfalls soweit, als dass sie seinen Wunsch nicht ausschlug. Sie sagte allerdings auch noch nicht vollends zu. Etwas pikiert darüber zupfte der Magier seinen schmalen Oberlippenbart.
Aha.. witterst du eine Schlacht, die du schlagen willst? Eine...Kissenschlacht? Pass auf, ich bin vielleicht schärfer als jede gedachte Klinge, hihi. Komm, gib noch ein bisschen für mich an...
"Sobald Ihr mich auf dem Schlachtfeld glänzen seht, meine Teuerste, werdet Ihr schnell erkennen, dass es Euch ein Privileg sein wird, eine Einladung von mir - Hyacinthus Pomponius Filipek von Marcaundt - erhalten zu haben. Bis dahin sei es Euch gestattet, mir eine Antwort schuldig zu sein. Ich kann es ja nachempfinden. Ihr seid nervös. Euch müssen Fragen durch den Kopf schwirren."
Oh ja, zum Beispiel: Wovon träumst du nachts? Vorstellungen hat der... NICHT LACHEN!
Dabei war es gar nicht so schlimm was er so von sich gab. Dachte man sich das ganze verwöhnte Gebaren weg, dann war er eigentlich sogar ganz anständig. Schließlich half er ihnen ja.
Theatralisch legte Hyacinthus eine Hand an die Stirn und warf sein goldenes Haar in den Nacken.
NICHT! – LACHEN! - Ooohh... das hat Lucil auch immer gemacht, kurz bevor sie eine Ohnmacht vortäuschte...
"Warum hat er gerade an mir Interesse? Werde ich simples Gemüt die komplexen Vorgänge eines ...“
Kurz – ganz kurz flammte ein echter kleiner Funken Zorn in Sarin auf und ließ ihre Augen blitzen. Sofort schlug sie sie nieder.
Hat er eben echt mein Gemüt als 'simpel' bezeichnet? ... Durchatmen...
„... Fünf-Gänge-Menüs fehlerlos überstehen?...“
Zwölf! Zwölf Gänge mein Lieber! Danach wird’s anstrengend. Aber Zwölf schaff ich.
Irgendetwas passierte hier zwischen ihnen... wie eine kleine Herausforderung, die unbewusst akzeptiert wurde. Sarin würde sogar es in Betracht ziehen mit ihm Essen zu gehen, nur um ihm zu beweisen, dass sie sehr wohl die Tücken und Kniffe der gehobenen Etikette beherrschte. Nur mussten sie ein Feld finden, auf dem sie dabei beide tanzen konnten. Zyraner Etikette war nicht unbedingt gleich Nachtelfenetikette, auch wenn sich manche Dinge nie unterschieden. Cinthus hatte aber schon weitere kleine Spitzen für sie:
„... Hoffentlich trample ich ungeschicktes Ding ihm bei einer Tanzaufforderung nicht auf die Füße!“
Oh, da mach dir mal keine Sorgen, ich hatte einen guten Lehrer. Bin nur etwas aus der Übung.
Sofort dachte sie dabei ein Dhan und den traumhaften Tanz in seinen Armen. Wie sehr sie ihn doch vermisste.
„Und dann erst die schlüpfrigen Fragen."
Mit einem Blitzen in den braunen Augen musterte er Sarin nun einmal von Kopf bis Fuß und sie hob nun ehrlich ein wenig erschrocken die Brauen.
Er wird doch nicht...
"Werde ich seinen hohen, sexuellen Ansprüchen gerecht werden können? Bin ich in der Lage, eine Nacht mit einen Magier und seinem übermächtigen, prächtigen, wohlgepflegten Stabe durchzuhalten? Bin ich eine gänzlich Unbegabte oder schlummert in mir die Fähigkeit einer Hexe, die auf ihrem harten Stück Holz zu reiten vermag?"
Sarin war sprachlos und schaffte es noch immer rot zu werden, bei solchen Reden.
Frech! ...Respekt.
Er kicherte amüsiert und winkte ab.
"Keine Sorge, wir werden das alles herausfinden. Doch nun geht es daran, uns mit dem Ernst der Lage zu befassen. Das Vergnügen wird warten müssen."
Hyacinthus richtete sein Haar, um es endlich doch wieder zu einem langen, goldenen Zopf zu binden.
Wow... aber sowas von sich überzeugt! Wenn der wüsste...
Inzwischen neigte Castus sich mit großen Augen zu Sarin herüber. Er raunte ihr leise zu:
"Glaubst du, er ist krank? Er spricht so seltsam.“
Da Cinthus auch gerade nicht hinsah, wirkte der kleine Einwand ihres Liebsten fast wie ein Wellenbrecher und Sarin musste sich arg beherrschen nicht los zu lachen. Sie kniff sich sogar schnell in den Arm und legte den Zeigefinger vor den Mund, während Castus aber schon weiter sprach:
„ ... vielleicht ist er auch von einem Dämon besessen. Und will er dich besteigen? Was meinst du, sollten wir Iryan finden? Ich wette, er möchte dich auch noch einmal haben."
Unschuldig direkt, das war Castus. Am liebsten hätte sie ihn geküsst oder wenigstens den Mund zugehalten. Sie schielte zu Cinthus. Zum Glück hatte der Zyraner ihn nicht gehört. Er war vollauf mit sich beschäftigt. Hyacinthus zückte einen winzigen Handspiegel aus seiner Tasche, um sich zu betrachten. Echauffiert schüttelte er den Kopf.
"Nein, so kann ich unmöglich aus der Stadt gehen. Wie sieht das denn aus? Ich habe Zyranus zu vertreten! Ich muss mich anständig kleiden."
"Hm, wäre etwas Unauffälliges nicht passender? Sollten wir vielleicht inkognito hinausgehen?"

Hyacinthus schüttelte entschieden den Kopf. All seine Arbeit, die goldene Mähne sittsam mit dem Haarband einzuschließen, war dahin. Munter sprangen vereinzelte Strähnen aus der Reihe und umrahmten seine Statur wie goldenes Garn.
Etwas zu viel des Guten... aber hässlich ist er nun nicht. Den komischen Bart könnte ich ihm einer scharfen Rasierklinge von der Kehle kratzen, während ich seinen Zauberstab auf Festigkeit teste... Was denk ich denn da!?! Och Menno... CASTUS! Du bist schuld! ...und Ian... und Dhan... und … ich.
"Unmöglich! So wird niemand jemals von mir erfahren. Ein unbekannter Held rettet Zyranus nicht. Ich, Hyacinthus Pomponius Filipek aus dem Hause Marcaundt muss es tun und Freund und Feind müssen davon wissen. Ich werde dem schurkischen Widersacher mit einer Aufmachung begegnen, dass er ob meiner Schönheit geblendet ist. Dann können wir im entscheidenden Moment zuschlagen, haha!"
"Wenn der Feind Euch Euren Wert gleich an der Nasenspitze ansieht, könnte dies gefährlich werden. Vielleicht ... wenigstens einen Umhang?"

Nicht nur Sarin erkannte, Hyacinthus würde vielleicht heroisch aussehen, aber so auch untergehen.
Niemals zuvor hatte jemand die Legende vom geckenhaften Pfau gehört, der Dämonen in die Flucht schlug. Ein geckenhafter Pfau mit Umhang... oder vielleicht doch? Diese Geschichte müsste Sarin dann halt schreiben, wenn sie das ganze hier überlebten.
Vielleicht sollte in der Fabel der Pfau kein echter Mann sein, sondern halb Tier und der Dämon noch nicht ganz da, sondern noch zu beschwören sein. Ein paar Helden, am besten ein Liebespaar müsste sich den Rätseln und finsterer Magie stellen und es würde gewiss auch die ein oder andere brenzliche Situation oder Nahtod-Erfahrung geben...
Nicht abschweifen...
"Ja, ein Umhang muss her, wallend und mit langer Schleppe, der im Angesicht des Feindes stolz und weit hinter meiner auffallenden Statur weht!"
Erneut tippte er sich gegen das Kinn und Sarin murmelte einen Moment von ihrer eigenen Kreativität vollkommen ergriffen:
„...vielleicht etwas mit gestickten Pfauenfedern... Das gedeckte Gold würde das der Haarpracht...“
Sie biss sich ertappt auf die Lippen und ließ so ihren Fauxpas so aussehen, als hätte sie ihn kurz angehimmelt. Vielleicht hatte er sie ja nicht gehört.
"Vielleicht in rotgold, damit es zu meinem Haar passt? Aber Rot lässt mich zu feurig erscheinen. Ich möchte diesen Asmodeus nicht verführen... hm..."
"Meinen Vater verführen?"

, platzte es überrascht aus Castus heraus.
"Ich fürchte, damit hast du kein Glück, Hyacinthus Pomponius Filipek."
Der Genannte wedelte mit einer Hand in Richtung des Blauschopfs und auch Sarin sah Castus leicht schmunzelnd an, schwieg aber erst einmal.
"Ich sagte ja, ich habe es nicht vor. Draußen liegt Schnee, nicht wahr? Dann nichts in Weiß, auch wenn es zu meinem strahlenden Äußeren sicher perfekt passen würde. Oh, ich muss rasch in meine Gemächer. Wartet hier! Bestellt euch etwas auf meine Kosten!"
„Vielen Dank.“
, säuselte Sarin. Sie hatten keine Chance. Hyacinthus ließ sich nicht umstimmen. Ohne passende Garderobe wollte er ihnen nicht preisgeben, wie man aus Zyranus heraus kam. Sarin und Castus mussten sich zwangsläufig auf seine Bedingungen einlassen. So konnten sie wenigstens noch einmal ihren Hunger stillen, was vielleicht auch nicht schlecht war. Wer wusste schon, was in den nächsten Stunden und Tagen auf sie zu kommen würde. Sarins Phantasie rechnete mit ALLEM. Von einem einfachen Besuch bei Asmodes, bis hin zu einer Jahrzehnte andauernden Gefangenschaft in irgendwelchen Kerkern. Letztere malte sie sich dabei sehr variabel bei den Dunkelelfen oder auch in Zyranus aus, während sie speisten. Das Essen war gut.
„Sag mal, was meintest du damit vorhin, das Cinthus deinen Vater nicht verführen könnte. Ich hab nie wirklich viel über ihn verfahren. Gibt es da noch etwas zu erzählen? Hat Mall mal was erzählt? Wie standen die beiden eigentlich zueinander?“
Vielleicht ergab sich beim Essen noch ein kleines Gespräch, dass später vielleicht hilfreich sein könnte? Auf Kosten des Magiers servierte der Wirt ihnen eine üppige, aber leichte Mahlzeit. Sie durften nicht träge in die Schlacht ziehen. Besagte Schlacht fand derweil ohne sie statt, aber die Zyraner schlugen sich gut. Die Zauberbarrieren hielten. Die Angriffe ließen irgendwann nach. Der Wirt und seine Hilfskraft sprachen davon, dass Asmodeus wohl seine Kräfte neu sammeln musste. Dann aber ging es von Neuem los. Wieder erschütterten magische Geschosse den Boden, krachten gegen das Schutzschild und hinterließen ein seltsames Gefühl in der Magengegend. So richtiger Genuss wollte sich trotz der guten Würzung nicht einstellen.
"Meinst du, er braucht noch lange? Ich muss zu meinem Vater."
Castus zeigte sich selten dermaßen besorgt. Sarin stand kurzerhand auf, umrundete den Tisch und setzte sich neben ihn. Dann nahm sie seine Hand, drückte sie und lehnte sich an ihn. Sie sah zu ihm auf und spitzte die Lippen.
„Küss mich bitte. Einfach nur so...ohne Magie...einfach weil du und ich noch diesen einen Moment haben. Ja?“
Einen kleinen Moment voller Liebe und Hoffnung brauchten sie beide, denn der Grund für Castus Sorge ließ nicht lange auf sich warten.
"Castus! Liebling, bis du hier?"
Mallahall stürmte in die Taverne.
Schluss mit Ruhe... jetzt wird es ernst.
Sarin setzte sich aufrecht hin und winkte Mall zu. Dann bot sie mit Gesten der Maga ihren Sitzplatz neben Castus an, denn sie wirkte schwach. Jolanta stützte die Lichtmagierin. Trotzdem erschien sie wie ein wirbelnder Sonnenstrahl, dass man im ersten Moment glauben mochte, ihr goldenes Haar stammte von Hyacinthus, auf den Sarin und Castus ursprünglich warteten. Der Jungmagier trat als Dritter in die Stube. Er hatte sich wirklich umgezogen, aber nicht zu seinem Vorteil. Noch immer bevorzugte er einen kurzen Frack und passende Seidenhosen dazu. Jene waren schwarz gehalten, der Frack hingegen schillerte dem Zuschauer in einem auffälligen Knallpink entgegen und wieder war alles reichlich mit goldenen Knöpfen und Accessoires ausgestattet.
Autsch... etwas gedeckter... dunkler! Violett vielleicht und ein grüner 'geschlossener' Mantel darüber!
Den Gehstock hatte der Magier gegen einen schmalen Degen getauscht, welcher an seiner Hüfte bei jedem Schritt hin und her baumelte.
Ob er damit umgehen kann?
Zyraner waren zwar Menschen, aber sie wurden teilweise sehr alt, was wohl an der Magie in ihrem Blute lag. Da waren sie Elfen recht ähnlich. Das bedeutete auch, dass sie manchmal unterschätzt wurden in ihren Fähigkeiten. Sarin hatte nicht vor irgendwen zu unterschätzen. Sein Haar war tatsächlich zu einem Kriegerzopf geknotet, so dass ihm nur zwei sorgsam drapierte lange Strähnen seitlich der Schläfe auf die Schultern fielen wie goldene Samtbänder. Er trug einen heroisch anmutenden schwarzen Hut mit langer, pink gefärbter Feder. Wenigstens hatte er sich in bequeme Reiterstiefel gezwängt, so dass man nicht befürchten musste, er würde sich nach zwei Schritten außerhalb von Zyranus über Blasen an den Füßen beklagen. Ein wenig Pragmatismus wohnte also auch diesem Pfau inne.
"Da ist er."
, verkündete er reichlich spät, denn Mallahall und Jolanta hatten Castus bereits entdeckt. Die Zwergin führte Mall an den Tisch, an dem er mit Sarin schon wartete. Dass die Lichtmagierin eher in ein Bett gehörte, stand außer Frage. Ohne Jolanta könnte sie sich wohl kaum auf den Beinen halten, aber ein kleines Leuchten auf ihren Stiefelspitzen verriet der kundigen Sarin, dass Runenmagie ihr hier zusätzlich Kraft gab, ihren Weg zu beschreiten.
Interessant.
Mit Hilfe ihrer Freundin ließ Mallahall sich auf einen Stuhl gleiten und neigte sich anschließend sofort zu ihrem Zögling herüber. Castus umarmte sie. Er lächelte sogar.
"Oh, Tantchen, ich bin froh, dass es dir gut geht."
"Ich bin froh, dass niemand dir ein Leid angetan hat. Dem Angriff ist es zu verdanken, dass noch niemand nach dir sucht. Castus, oder hast du etwa deine Kräfte eingesetzt?"

Er senkte nicht den Kopf. Castus bereute keine seiner Entscheidungen.
"Ich musste gehen, Tantchen. Du weißt, dass ich mich meinem Vater stellen muss."
"Warum hast du geglaubt, ohne mich aufbrechen zu müssen? Dennoch, mein lieber Junge, wir finden einen Weg."

"Oh, wenn ich mich einmischen dürfte? Ich weiß den Weg, Verehrteste. Ihr müsst mir nur hoch und heilig versprechen, dass ich mit der Offenbarung keine Konsequenzen zu tragen habe bezüglich .. nun ... unerlaubtem Verlassend des Studierendengeländes."
Hyacinthus wechselte einen Blick mit Jolanta. Diese nickte sanft. Es gab nun Wichtigeres als einen Magierlehrling zu bestrafen, weil er nach seinen Vorlesungen heimlich feiern ging.
"Wohlan denn."
, verkündete Hyacinthus erleichtert.
"Bitte folgt mir dann in die Vorratsräume der Gaststube. Dort gibt es einen Weg ... guter Wirt, Ihr erweist uns doch die Ehre, nicht wahr?"
Der Wirt brummte, während die Hilfskraft offen mit den Augen rollte. Es war nicht das erste Mal, dass ein Schüler in die Vorratskammer wollte.
"Ihr habt nicht umsonst einen Schlüssel"
, meinte der Gastwirt. Hyacinthus grinste triumphal auf. Er winkte der Gruppe.
"Mir nach, mir nach. Folgt Eurem Anführer!"
Schon stakste er durch einen unscheinbaren Torbogen in die Küche der Gaststätte und von dort in die Vorratskammer. Mallahall und Jolanta wechselten Blicke, ehe sie Sarin und Castus anschauten.
"Er ist der Anführer? Seid ihr euch sicher?"
"Er kennt den Weg, Tantchen"

, erwiderte Castus nur. Sarin fügte leise an:
„Der erworbene Titel war der Preis dafür, dass er uns hilft.“
und zwinkerte kurz. Dann erhoben sie sich. Wieder bot Castus Sarin an, seine Hand zu halten. Dankbar ergriff sie sie. Als aber auch Mall und Jolanta aufstanden, blieb er stehen.
"Tantchen, vielleicht solltest du dich noch ausruhen."
"Und dich allein mit Asmodeus sprechen lassen? Das könnte gefährlich werden. Castus..."

Der Halbdämon schaute Sarin an, drückte ihre Hand. Stumm erinnerte er sie an seine Bitte, die Lichtmagierin unter jedem Preis davon abzuhalten, sich einzumischen. Sarin verstand und nickte schmal, aber so spontan fiel ihr nichts ein.
Hm... was soll ich machen?
Das Problem war nun mal Mall hatte nicht vor, ihn allein ziehen zu lassen. Und aus der Vorratskammer drängte Hyacinthus mit einem überdeutlich gekünsteltem Räuspern schon zum Aufbruch.
"Euer Anführer wartet."
, rief er. Sarin rief etwas lauter zurück:
„Eure Gefolgschaft naht. Habt ein wenig Nachsicht. Wir sind nicht alle gut zu Fuße.“
Dann senkte sie wieder ihre Stimme. Sarin sah zu Mall und versuchte es ersteinmal mit einem Hauch Vernunft:
„Mall... dir geht es nicht gut. Du kannst dich nur mit Hilfe auf den Beinen halten. Bist du sicher, dass es gut ist Asmodes so unter die Augen zu treten? Wird er dein ...Leid nicht...wittern?“
Sie benutzte extra das Wort am Ende so, dass es auf seine Magie abzielen konnte.
„Ich kann nachempfinden, dass du Castus nicht allein gehen lassen willst... Ich will ich ja auch so weit er es mich lässt begleiten. Aber... den letzten Weg sollte er doch vielleicht besser alleine beschreiten. Oder ...gibt es da etwas was ich nicht weis?“
Abgesehen von ihrer grenzenlosen Liebe zu ihrem Neffen, die Sarin durchaus nachfühlen konnte, da konnte es Dinge aus ihrer Vergangenheit geben, die Sarin nicht kannte. Ihr Versprechen Castus gegenüber würde gewiss nicht so schnell wanken, aber wenn die Nachtelfe mehr wusste, dann konnte sie vielleicht auch Mall besser davon überzeugen, dass Castus seinem Vater allein begegnen musste. Für Sarin und ihre Kultur gab es da eine recht einfachen Ansatzpunkt als Erklärung:
Wenn er an ihrer 'Hand' erscheint, könnte er schwach wirken und er würde ihm nicht auf Augenhöhe begegnen. Dann nimmt er ihn schlicht nicht ernst, oder empfindet ihn vielleicht sogar nicht mal als Individuum. Asmodes muss seinen Sohn als erwachsenen Mann kennen lernen, nicht als Neffen, nicht als Geliebten, nicht als Kind. Er kann ihn ihm seinen Spross sehen, aber muss ihn als gleichberechtigt erfahren, als starkes Gegenüber.
So sah Sarin die Situation bisher.
Und wenn Castus sich in Anwesenheit von Mall um sie sorgen musste, dann war das vielleicht auch hinderlich. Sarin sah sich selbst sogar langsam in dieser Gleichung als ein Hindernis, zumal er sie ja auch schon gebeten hatte hier zu bleiben.
„Lass ihn uns so weit begleiten wie wie hilfreich sein können. Danach...“
Sie musste es hoffentlich nicht aussprechen. Aber danach wären sie vielleicht wirklich eher ein 'Druckmittel' eine Schwäche auf der eigenen Argumentationsseite. Sarin gefiel das auch nicht und ihre Neugierde trieb sie an, ebenfalls dabei sein zu wollen. Aber sie und Mall waren in diesem Spiel nur zwei kleine Lichter, Randfiguren. Sie gaben den kleinen Details Tiefe und Spannung, sorgten vielleicht auch für die ein oder andere kleine Wendung, aber die Geschichte wurde von anderen geschrieben. Asmodes hatte seine Spuren tief in Celcias Haut gegraben und Narben hinterlassen. Sarin hatte seinen Sohn kennen lernen dürfen, aber jetzt...
Jetzt musste ein neues Kapitel aufgeschlagen werden und dafür brauchte es Castus. Mall wusste das auch, da war sich die Schneiderin sicher. Sie kannte sich ebenfalls mit den Verschlingungen des Schicksalsgeflechts aus. Sie hatte viel erlebt. Manchmal musste man auch einen Schritt zurück machen können um eine bessere Sicht auf die Dinge zu haben. Sarin bot Mall gerade physisch, verbal und emotional ihre Hand an um dies zu tun.
Wenn dies nicht half, musste sie sich etwas anders überlegen. Der Weg zu besagter 'äußeren' Taverne mit den drallen Bauernmädchen war von hier aus nicht weit – sehr wahrscheinlich magisch. Aber wie weit war dann der Weg noch bis zu Asmodes? Und konnten sie einfach durch ein Heerlager voller Dunkelelfen, Orks, und was sonst noch spazieren? Castus Ähnlichkeit zu seinem Vater würde sicher helfen, aber ganz und gar abwegig, dass sie ihn vielleicht doch nicht erreichten, war es vielleicht trotzdem nicht. Sie würden noch einige Hürden nehmen müssen.
Sarin hielt Castus Hand an der linken und Mall an der rechten Seite. Sie wollte hoffen. Sie wollte ihrer beider Hoffnung sein. Abwechselnd sah sie die beiden an. Eigentlich war es ein 'Ding' zwischen ihnen, aber manchmal brauchte es halt einen Anstoß von außen, damit ungesagtes ausgesprochen wurde. Hatte ihr Schubser gereicht?

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 8. September 2022, 12:21

Angesichts von Hyacinthus' Gehabe und nicht zuletzt seiner neuen Garderobe musste Sarin sich mächtig zusammenreißen, nicht einfach loszuprusten, obgleich ihr auch das Herz ein bisschen blutete. Als Schneiderin fiel es ihr gewiss schwer, die Aufmachung des Magier-Eleven zu akzeptieren. Natürlich zählte es auch in Zyranus zu den Gepflogenheiten, nicht nur mit einem gewagten Schnitt, reichlich Accessoires und schillernden Farben zu protzen - selbst Nachtelfen kleideten sich auf den Bällen gern in strahlende, intensive Töne, denn hier wollten sie gesehen werden - Hysacinthus' Kombination jedoch war eine Spur zu ausgefallen. Das grelle Pink biss sich zwar nicht mit Haut oder Haar und dass er dazu wenigstens dunkle Beinkleider gewählt hatte, konnte man als die richtige Entscheidung ansehen, dennoch hätten ihm tatsächlich gedecktere Farben mehr geschmeichelt. Vermutlich wäre sein Auftritt beeindruckender gewesen, wenn er sich in einem dezenten Taubengrau, einem mattgrauen Blauton und neutralem Weiß präsentiert hätte. Die Knöpfe, kleinen Ketten und Verschlüsse müssten dann natürlich silbern oder maximal mattgolden sein. Ohja, das hätte sogar seine Haare nur noch mehr in Szene gesetzt und zugleich den Oberlippenbart in den Hintergrund gerückt, an dem Sarin sich insgeheim so störte. Dabei stand er einem jungen Mann wie Hyacinthus durchaus zu Gesicht. Er ließ ihn nobler und erwachsener wirken. Ohne die schmale Raupe aus feinen, dunkelblonden Haaren würde sein Gesicht viel zu weich aussehen. Ganz eindeutig verbarg er unter dem Schnäuzerchen seine Unsicherheit, nicht ernst genommen zu werden. Es fiel angesichts seiner Aufmachung aber ohnehin bereits schwer. Da musste man sich nicht einmal fragen, ob er neben der Ausführung magischer Fähigkeiten nicht auch in der Lage wäre, den schlanken Degen zu schwingen. Sarin tat es dennoch, allein weil ihr Blick einmal darauf fiel.
Sie erhielt allerdings nicht viel Gelegenheit, den Sohn der von Marcaundts lange zu mustern. Mallahalls Präsenz war einnehmender, allein schon, weil es sie so viel Mühe kostete, überhaupt hier zu sein. Und doch wollte sie sich nicht einmal davon abbringen lassen, Castus in ihrem Zustand zu begleiten. Jolanta versuchte gar nicht erst eine Argumentation. Die Zwergin kannte ihre Freundin und auch deren Durchsetzungswillen. Außerdem hatte sie ihr ihre Unterstützung zugesichert. So führte sie die geschwächte Magierin lieber zu ihrem Zieh-Neffen als ihre Kräfte in eine Diskussion zu lenken, die Mallahall ohnehin gewinnen würde. Einzig Castus hoffte noch darauf, dass man sein Tantchen würde aufhalten können. Er setzte dabei alles auf Sarin. Sie hatte es schon geschafft, den selbstverliebten Hyacinthus um den Finger zu wickeln. Er vertraute darauf, dass sie es bei Mall ebenfalls schaffen würde. Hier gab es nur ein Problem: Die Lichtmagierin besaß kein pubertäres Alter, bei dem die Hormone wild spielten und zu allem Überfluss war sie eine Frau. Das musste nichts bedeuten. Viele experimentierten gern mit dem gleichen Geschlecht oder fühlten sich generell davon angezogen. Wie es aber bei Mallahall stand, wusste niemand. Ein koketter Versuch könnte direkt nach hinten losgehen, wenn man ihn nicht mit Bedacht einsetzte.
Sarin gab ihr Möglichstes, versuchte es zunächst aber mit den offensichtlichen Argumenten. Sie appellierte an Mallahalls Vernunft. Die Magierin musste doch einsehen, dass ihre Gesundheit gefährdet war und sie in ihrem Zustand unmöglich mit Castus Schritt halten könnte! Ihnen musste schnell etwas einfallen, um Mallahall umzustimmen, denn auch ihr selbsternannter Anführer drängte zum Aufbruch und sogar Castus hatte es im Grunde eilig.
"Mall ... dir geht es nicht gut. Du kannst dich nur mit Hilfe auf den Beinen halten. Bist du sicher, dass es gut ist, Asmodeus so unter die Augen zu treten? Wird er dein ... Leid nicht ... wittern?"
Mallahall seufzte. "Tatsächlich war die magische Rüge durch den Großen Avatar ... geladener als ich erwartet habe. Und es ist nicht das erste Mal, dass meine Mutter und ich unsere Konflikte in der Öffenltichkeit austragen. Er hatte uns schon des Öfteren gewarnt. Dieses Mal hat er seiner Warnung Konsequenzen folgen lassen." Jolanta tätschelte Mallahalls Rücken. Die Magierin nickte ihr dankbar zu. Sie würde versorgt sein, wenn sie nur zurückbliebe. "Ihr habt ja Recht", gestand sie sich endlich ein. "Zumal ... Mutter ... auch noch einmal mit mir reden möchte. Streiten würde ich es eher nennen. Ich kann es kaum erwarten, mich wieder zu Hause blicken zu lassen." Sarkasmus troff aus ihrer Stimme. Woher Malls Abneigung ihrer Mutter gegenüber herrührte, davon hatte Sarin schon eine Kostprobe während der Anhörung erlebt. Die Lichtmaga war ein Freigeist und davon überzeugt, dass selbst in einem Dämon etwas Gutes schlummerte. Ihre Mutter schien da eher konservativer Natur zu sein und mehr daran interessiert, dass die wohlerzogene Tochter entweder einen anständigen Karriereweg beschritt oder sich endlich ehelichen ließ. Mallahall wollte nicht in einen goldenen Käfig gesperrt werden. Auch jetzt nicht.
"Ich kann Castus nicht allein ziehen lassen. Er kennt seinen Vater nicht. Er weiß nicht, wie behutsam man mit ihm umgehen muss."
"Du könntest mir alle wichtigen Informationen jetzt geben, Tantchen."
Mallahall schaute mit sanfter Wehmut zu ihrem blauhaarigen Liebling herüber. Sie streckte eine Hand aus, um die seine zu streicheln. Castus umfasste ihre Finger, küsste sie und schenkte Mall ein lächeln. "Lass mich ziehen", bat er. Der Magierin kamen die Tränen. Sie schüttelte den Kopf. "Liebchen, du hast keine Ahnung." Sie wandte sich an die anderen, vor allem an Sarin. "Natürlich würde er wittern, wie sehr ich unter seinen Taten leide. Es spornt ihn an, zugleich aber wäre ich ein perfekter Köder. Er ist nicht vollends böse ... hoffe ich." Selbst ihr kamen inzwischen Zweifel. "Früher ertrug er nicht eine Träne von mir. Das lockte ihn zu mir und führte sogar dazu, dass er selbst mich zu seiner Herrin ernannte. Seiner Hüterin. Er gehorcht mir, wenn ich ihm befehle. Ich hatte in Grandessa nur keine Gelegenheit, weil ich verletzt und schwach war. Er übernahm die Kontrolle, rückte die verbliebenen Reste der Wirtsseele in den Hintergrund und verschwand, ehe ich eingreifen konnte."
"Und jetzt bist du auch geschwächt, liebe Freundin", versuchte Jolanta nun doch auf sie einzureden. "Glaubst du denn, er würde dir nun gehorchen können? Und wenn ja, was willst du tun?"
"Ihm befehlen, seinem Sohn zuzuhören." Voller Hoffnung schaute sie Castus an. "Wir haben es schon mehrmals besprochen. Mein Liebchen weiß, was zu sagen ist. Er weiß, dass nur er in der Lage wäre, ihn von einem Krieg abzubringen. Blut ist dicker als Wasser. Wenn Castus nur mit ihm sprechen kann, würde er..."
"Ich werde ihn erreichen, Tantchen." Er drückte ihre Hand, ehe er losließ und sich erhob. "Ich schaffe das auch ohne dich. Du musst ihm nichts befehlen."
"Ich kann nachempfinden, dass du Castus nicht allein gehen lassen willst ... Ich will ihn ja auch, so weit er micht lässt, begleiten. Aber ... den letzten Weg sollte er doch vielleicht besser allein beschreiten. Oder ... gibt es da etwas, was ich nicht weiß?" Sarins Blick kreuzte sich mit dem des Halbdämons. Er hatte mit nur einem Kuss in ihre Seele geschaut. Sie musste seine Lippen dafür nicht einmal mit den ihren versiegeln. Etwas lauerte in den Tiefen seiner Galaxien von Seelenspiegel. Irgendetwas glomm darin. Er verschwieg Dinge und lächelte sanft über sie hinweg. "Ich würde wirklich am liebsten allein gehen."
"Nein", schnitt Mall ihm das Wort ab. "Ganz allein kann ich dich nicht zu ihm lassen." Sie atmete durch. Oh, es kostete sie viel, die nächsten Worte auszusprechen. Castus mochte nicht ihr eigen Fleisch und Blut sein, aber sie hatte sich nun Jahre um ihn gekümmert, ihn auf sein Schicksal vorbereitet und vor einer Welt bewahrt, die ihn auf so viele Arten hätte verderben können. Sie war erfolgreich gewesen, all die Zeit. Und stark. Jetzt musste sie erkennen, dass Stärke vergänglich war. Sie besaß hier und jetzt nicht die Kraft, ihn weiter zu beschützen. "Nimm wenigstens einen von uns mit."
"Dann wähle ich Sarin", sagte Castus entschlossen. Seine Finger verflochten sich nun mit den ihren.
"Schön und gut, aber wenn die Damen und Herren noch weiter schwätzen, ist der Krieg vorbei, ehe wir Zyranus verlassen haben und mein heroisches Gewand aus der Mode." Hyacinthus war in die Runde zurückgekehrt. In pikierter Ungeduld tippte er mit zwei Fingern auf den Tisch. "Die Damen di Svanwiss und Synapse, es war uns eine Ehre. Aber nun muss ich die Diplomaten in die Schlacht führen, um ruhmreich daraus hervorzugehen. Verabschiedet euch rasch, die Zeit drängt." Hyacinthus warf Kopf und Haar noch einmal zurück, um in der heldenhaftesten Pose zu glänzen, die ein Maler auf eine Leinwand hätte bringen können. Er bleckte die Zähne für ein strahlendes Lächeln. Dann verneigte er sich und zog sowohl Sarin als auch Castus mit sich, ehe beide auch nur die Möglichkeite erhielten, sich wirklich zu verabschieden.
"Ich liebe dich, Tantchen, vergiss das nie!"
"Oh, Castus. Bitte, pass auf dich auf!"
Er lächelte ihr zu, wandte den Kopf ab und erneut flog ein ernster Schatten über seine Züge. Nur Sarin konnte es sehen. Gemeinsam mit ihr folgte er Hyacinthus in die Vorratsräume der fliegenden Schänke. Dort reihten sich jede Menge Regale an den Wänden auf, allesamt gefüllt mit allerlei Krimskrams, von einzelnen Zutaten über halb zubereiteten Mahlzeiten, getrocknetem Fisch und aufgehängtem Fleisch, das an Haken von der Decke baumelte. Der Magier hielt allerdings auf einen weiteren Nebenraum zu, in dem sich die Weinvorräte des Gasthauses befanden. Gleich sechs Fässer, mannshoch und an der linken Wand aufgereiht, begrüßten sie. Nur eines davon besaß einen Zapfhahn. Hyacinthus blieb allerdings vor dem vierten der Fässer stehen. "Hier ist er, der Weg in die Freiheit. Folgt mir, meine tapferen Recken! Auf in die Schlacht!" Er zückte einen Schlüssel, den er mit dem zackigen Bart voran gegen das Holz des Fasses drückte. Es gab kein Schloss. Trotzdem drehte er den Schlüssel: einmal nach rechts, dann so weit nach links, dass er fast eine ganz Umdrehung machte, und wieder nach rechts, bis er in einem 45-Grad-Winkel plötzlich in etwas Unsichtbares einrastete und halb verschwand. Vor dem kreisrunden Deckel des Fasses tat sich eine wabernde Masse auf, die nur ein magisches Portal sein konnte. Triumphal grinse Hyacinthus auf und schritt in die Masse hinein. Auch er verschwand.
Castus drückte Sarins Hand. Dann folgte er dem noblen Anführer in vollstem Vertrauen. Sarin musste sich anschließen, wollte sie nicht zurückbleiben. Sie fand sich in einem schlichten Tunnel wieder. Er musste sich unterirdisch befinden, denn die Wände waren aus Erde, nirgends abgestützt und somit auch kein nachtelfischer Stollen. Aber sie hielten. Winzige Pilze erhellten die Umgebung nur schwach. Es gegnügte jedoch, um einen Weg auszumachen. Hyacinthus kannte diesen. Trittsicher stolzierte er voran und sinnierte für sich bereits, welche Titel seine Heldensagen haben würden, die man ihm zu Ehren besingen sollte. Castus folgte ihm schweigend. Erst nach einer Weile, als er sicher sein konnte, dass sein Vordermann vollauf in eigene Gedanken versunken war, sprach er leise zu Sarin: "Ich hoffe, du wirst mir verzeihen können, dass ich dich gewählt habe. Aber so ist mein Tantchen sicher. Das war mir wichtig. Dass du dabei sein wirst ... ich sollte allein gehen, aber ich sagte dir bereits, dass ich dich nicht davon abhalten werde, mich zu begleiten. Und vielleicht bin froh, nach allem ein vertrautes Gesicht vor Augen zu haben." Nochmals verfiel er in Schweigen, aber nicht für lang. Er erinnerte sich, dass er Sarins Fragen zu seinem Vater während des Essens nicht beantwortet hatte. Nun, da sie eine Weile würden gehen müssen, besaß er Zeit für Antworten.
"Mein Vater ist ein vollwertiger Dämon. Er kann kein Succubus sein, da er nicht darauf abzielt, seinen Wirten die Lebenskraft durch perfide, sexuelle Spiele auszusaugen. Er strebt nach mehr Macht. Er will Celcia unterjochen. Demanch würde er sich an der Schwelle zum Erfolg von niemandem verführen lassen. Außerdem hat Tantchen erzählt, dass er in Stress-Situationen dazu neigt, seinen eigenen Wirt ... nun ... anzuknabbern. Er verletzt die Hülle, die ihn trägt und ein Krieg bedeutet viel Stress. Weder Tantchen noch ich haben ihn gesehen. Rechne mit einem verstörenden Anblick. Ich kann nur hoffen, dass er nicht den Wirt gewechselt hat. Asmodeus ... das ist eigentlich der Medicus, in dem er lebt und er war damals schon im Herbst seines Lebens, soweit ich weiß. Mall hatte schon zuvor Angst, dass die Besessenheit ihn sein Leben kosten könnte. Sie hofft, dass der Mensch noch nicht verloren ist. Sie ... liebt ihn. Nicht wie wir uns lieben, aber er bedeutet ihr unheimlich viel. Mehr vielleicht als der Dämon, der ihn befallen hat. Sag es Tantchen nicht, aber ich habe den Eindruck, dass sie trotz allem, was sie sagt, die Liebe zu meinem Vater verloren hat. Er hat ihr so viel angetan. Ich ... fürchte, sie hat ihn hassen gelernt. Und das kann ich ihm niemals verzeihen."
Wieder wurden die Tunnel von Schweigen erfüllt. Nur ihre steten Schritte über Gestein und Erdreich waren es, die sie nicht in absoluter Stille zurückließen. Gelegentlich verzweigte sich der Gang. Manchmal hingen dicke Wurzeln über einigen der Wege, aber nicht vor jenen, die Hyacinthus einschlug. Er kannte die Strecke und gab sogar den Reiseführer, nur um mit seinem Wissen zu glänzen: "Die Gänge sollen koboldischer Natur sein. Die kleinen Schelme haben angeblich eine Heimat tief unter Celcia. Urks, welch absurder Name! So absurd wie sie, aber sie haben diesen geheimnisvollen Wohnort mit vielen Teilen unserer Welt verbunden. Man munkelt, ein Kobold könne von Urks aus in jegliche celcianische Ecke reisen. Ob das stimmt, weiß ich nicht, aber dieser Weg hier hat definitiv schon einige aus Zyranus geführt und die wenigsten waren Kobolde. Auf, auf, es ist nicht mehr weit!" Er beschleunigte seinen Gang. Castus schenkte ihm ein paar Schritte Vorsprung.
"Sarin... Ich bete zu allen Göttern, dass du mich nicht hassen wirst, wenn das alles vorbei ist. Bitte, erinnere dich daran."
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Sarin Kasani » Donnerstag 8. September 2022, 19:30

Der Schubs in Richtung Vernunft schien der Richtige gewesen zu sein und gewirkt zu haben, denn Mall ließ sich tatsächlich überzeugen in Zyranus zu bleiben.
"Ihr habt ja Recht."
, gestand sie sich endlich ein.
"Zumal ... Mutter ... auch noch einmal mit mir reden möchte. Streiten würde ich es eher nennen. Ich kann es kaum erwarten, mich wieder zu Hause blicken zu lassen."
Sarkasmus troff aus ihrer Stimme.
Vermeidung ist auch eine starke Triebfeder. ...alles andere, nur nicht nach Hause...
Sarin konnte es Mall nachfühlen, den sie hatte nach dem Tod ihrer Eltern ähnlich 'getickt'. Sie war vor allem geflohen. Die Abneigung eines Familienmitglieds konnte einen weit fort treiben. Ganz kurz huschte das Gesicht ihres Onkels durch dir Gedanken der Nachtelfe. Noch immer wusste sie nicht, warum er sie so hasste. Aber sie hinterfragte diesen Umstand schon lange nicht mehr. Woher Malls Abneigung ihrer Mutter gegenüber herrührte, davon hatte Sarin schon eine Kostprobe während der Anhörung erlebt. Die Lichtmaga war ein Freigeist und davon überzeugt, dass selbst in einem Dämon etwas Gutes schlummerte. Ihre Mutter war das ganze Gegenteil und...
...eiskalt!
"Ich kann Castus nicht allein ziehen lassen. Er kennt seinen Vater nicht. Er weiß nicht, wie behutsam man mit ihm umgehen muss."
"Du könntest mir alle wichtigen Informationen jetzt geben, Tantchen."
Mallahall schaute mit sanfter Wehmut zu ihrem blauhaarigen Liebling herüber. Sie streckte eine Hand aus, um die seine zu streicheln. Castus umfasste ihre Finger, küsste sie und schenkte Mall ein lächeln.
"Lass mich ziehen"
, bat er. Der Magierin kamen die Tränen. Sie schüttelte den Kopf.
"Liebchen, du hast keine Ahnung."
Keine Ahnung wovon?
Sie wandte sich an die anderen, vor allem an Sarin.
"Natürlich würde er wittern, wie sehr ich unter seinen Taten leide. Es spornt ihn an, zugleich aber wäre ich ein perfekter Köder. Er ist nicht vollends böse ... hoffe ich."
Selbst ihr kamen inzwischen Zweifel.
"Früher ertrug er nicht eine Träne von mir. Das lockte ihn zu mir und führte sogar dazu, dass er selbst mich zu seiner Herrin ernannte...“
Herrin? ...Wie bei Herrin und Sklave?
Dieses Konzept war unter Nachtelfen durchaus bekannt. Manche der großen Familien hielten sich Sklaven, sogar aus der eigenen Rasse. Es war in vielerlei Hinsicht ein schwieriges Verhältnis, aber in Malls und Asmodes Fall vielleicht ein kleiner aber wichtiger Hinweis. Sarin hörte aufmerksam weiter zu.
„... Seiner Hüterin. Er gehorcht mir, wenn ich ihm befehle.“
Hm, dann könnte sie auch …
Eine Idee nahm Form an.
„Ich hatte in Grandessa nur keine Gelegenheit, weil ich verletzt und schwach war. Er übernahm die Kontrolle, rückte die verbliebenen Reste der Wirtsseele in den Hintergrund und verschwand, ehe ich eingreifen konnte."
"Und jetzt bist du auch geschwächt, liebe Freundin"
, versuchte Jolanta nun doch auf sie einzureden. Ihre Unterstützung war sehr willkommen.
"Glaubst du denn, er würde dir nun gehorchen können? Und wenn ja, was willst du tun?"
"Ihm befehlen, seinem Sohn zuzuhören."

Voller Hoffnung schaute sie Castus an.
"Wir haben es schon mehrmals besprochen. Mein Liebchen weiß, was zu sagen ist. Er weiß, dass nur er in der Lage wäre, ihn von einem Krieg abzubringen. Blut ist dicker als Wasser. Wenn Castus nur mit ihm sprechen kann, würde er..."
"Ich werde ihn erreichen, Tantchen."
Er drückte ihre Hand, ehe er losließ und sich erhob.
"Ich schaffe das auch ohne dich. Du musst ihm nichts befehlen."
Vielleicht muss man ihm auch nichts befehlen, sondern ihn nur dazu bringen... sich zu erinnern, dass es einst eine Herrin gab, die er liebte, die nun in Zyranus ist und die er zerstört, wenn er so weiter macht...
Es fühlte sich kalt an so zu denken, aber taktisch war es vielleicht sogar von Vorteil, dass sie hier blieb. Das Band zwischen Sklave und Herr konnte sehr dick sein und selbst wenn er jetzt wirklich Abgrund tief böse sein sollte, so war eine Mall 'IN' Zyranus ein Vorteil, wenn er sie persönlich bestrafen wollte. Sarin glaubte aber nicht, dass dieses besondere Verhältnis, dass die beiden gehabt hatten darin gipfeln würde, dass Asmodes sie tot sehen wollte. Sarin war jemand er an die Hoffnung in allem Glaubte. Jedes Wesen hatte einen Traum, trug einen Wunsch in sich, etwas zu dem man hin strebte. Vielleicht verstand sie sich deshalb auch so gut mit Castus. Er wollte ja auch Wünsche erfüllen.
"Ich kann nachempfinden, dass du Castus nicht allein gehen lassen willst ... Ich will ihn ja auch, so weit er mich lässt, begleiten. Aber ... den letzten Weg sollte er doch vielleicht besser allein beschreiten. Oder ... gibt es da etwas, was ich nicht weiß?"
Sarins Blick kreuzte sich mit dem des Halbdämons. Etwas lauerte in den Tiefen seiner Galaxien von Seelenspiegel. Irgendetwas glomm darin. Er verschwieg Dinge und lächelte sanft über sie hinweg,was ein flaues Gefühl in Sarins Magengegend zurück ließ. Aber sie akzeptierte es.
"Ich würde wirklich am liebsten allein gehen."
"Nein."

, schnitt Mall ihm das Wort ab.
"Ganz allein kann ich dich nicht zu ihm lassen."
Sie atmete durch. Oh, es kostete sie viel, die nächsten Worte auszusprechen.
"Nimm wenigstens einen von uns mit."
"Dann wähle ich Sarin."

, sagte Castus entschlossen. Seine Finger verflochten sich nun mit den ihren.
Tja, jetzt ist es also entschieden.
Sarin drückte seine Hand zur Antwort.
"Schön und gut, aber wenn die Damen und Herren noch weiter schwätzen, ist der Krieg vorbei, ehe wir Zyranus verlassen haben und mein heroisches Gewand aus der Mode."
Hyacinthus war in die Runde zurückgekehrt. In pikierter Ungeduld tippte er mit zwei Fingern auf den Tisch.
"Die Damen di Svanwiss und Synapse, es war uns eine Ehre. Aber nun muss ich die Diplomaten in die Schlacht führen, um ruhmreich daraus hervorzugehen. Verabschiedet euch rasch, die Zeit drängt."
Hyacinthus warf Kopf und Haar noch einmal zurück, um in der heldenhaftesten Pose zu glänzen, die ein Maler auf eine Leinwand hätte bringen können. Er bleckte die Zähne für ein strahlendes Lächeln. Dann verneigte er sich und zog sowohl Sarin als auch Castus mit sich, ehe beide auch nur die Möglichkeit erhielten, sich wirklich zu verabschieden.
"Ich liebe dich, Tantchen, vergiss das nie!"
"Oh, Castus. Bitte, pass auf dich auf!"

Er lächelte ihr zu, wandte den Kopf ab und erneut flog ein ernster Schatten über seine Züge. Nur Sarin konnte es sehen. Gemeinsam mit ihr folgte er Hyacinthus in die Vorratsräume der fliegenden Schänke. Der Magier hielt allerdings auf einen weiteren Nebenraum zu, in dem sich die Weinvorräte des Gasthauses befanden. Hyacinthus blieb vor dem vierten der Fässer stehen.
"Hier ist er, der Weg in die Freiheit. Folgt mir, meine tapferen Recken! Auf in die Schlacht!"
Er zückte einen Schlüssel, den er mit dem zackigen Bart voran gegen das Holz des Fasses drückte. Es gab kein Schloss. Sarin beobachtete fasziniert sein Tun um das magische Schloss. Vor dem kreisrunden Deckel des Fasses tat sich eine wabernde Masse auf, die nur ein magisches Portal sein konnte. Triumphal grinse Hyacinthus auf und schritt in die Masse hinein. Castus drückte Sarins Hand. Dann folgten sie dem noblen Anführer in vollstem Vertrauen. Sie fand sich in einem schlichten Tunnel wieder. Trittsicher stolzierte ihr Führer voran und sinnierte für sich bereits, welche Titel seine Heldensagen haben würden, die man ihm zu Ehren besingen sollte. Castus folgte ihm schweigend. Erst nach einer Weile, als er sicher sein konnte, dass sein Vordermann vollauf in eigene Gedanken versunken war, sprach er leise zu Sarin:
"Ich hoffe, du wirst mir verzeihen können, dass ich dich gewählt habe. Aber so ist mein Tantchen sicher. Das war mir wichtig. Dass du dabei sein wirst ... ich sollte allein gehen, aber ich sagte dir bereits, dass ich dich nicht davon abhalten werde, mich zu begleiten. Und vielleicht bin froh, nach allem ein vertrautes Gesicht vor Augen zu haben."
Sarin lächelte ihn an und erinnerte ihn an eine Gelegenheit in der er schon einmal sehr 'egoistisch' gewesen war.
„Du darfst mich gern dafür benutzen dich gut zu fühlen. Hinterher...vorher...wann immer du willst. Wenn es hilft bin ich da.“
, flüsterte sie mit leicht erotischem Unterton. Ein bisschen Necken und Ablenken von der Ernsthaftigkeit der Situation war gewiss nicht falsch. Dann fügte sie ernster an:
„Du musst jetzt auch mal 'egoistisch' sein, auch wenn du es nicht willst. Es hängt viel von dir ab und wenn ich kann, teile ich die Last mit dir.“
Nochmals verfiel er in Schweigen, aber nicht für lang. Er erinnerte sich, dass er Sarins Fragen zu seinem Vater während des Essens nicht beantwortet hatte. Nun, da sie eine Weile würden gehen müssen, besaß er Zeit für Antworten.
"Mein Vater ist ein vollwertiger Dämon. Er kann kein Succubus sein, da er nicht darauf abzielt, seinen Wirten die Lebenskraft durch perfide, sexuelle Spiele auszusaugen. Er strebt nach mehr Macht. Er will Celcia unterjochen. Demnach würde er sich an der Schwelle zum Erfolg von niemandem verführen lassen...“
Sarins Blick fiel kurz auf Cinthus Rücken, der diese Formulierung so lapidar dahin gesagt hatte.
„... Außerdem hat Tantchen erzählt, dass er in Stress-Situationen dazu neigt, seinen eigenen Wirt ... nun ... anzuknabbern. Er verletzt die Hülle, die ihn trägt und ein Krieg bedeutet viel Stress.“
Das bereitete Sarin nun doch etwas Sorge. Persönlichkeiten die sich selbst verletzten neigten auch zu extremer Unsicherheit, Impulsivität, manchmal sogar zu Suizid, oder unkontrollierten Gefühlsausbrüchen - Ganz davon abgesehen, dass sie seltenen stabile Beziehungen aufbauen konnten. Sie selbst hatte einige solcher 'Persönlichkeiten' unter dem Adel des Nachtelfenreiches kenne gelernt. Sie waren als Kunden wirklich schwierig zu händeln. Wie schwer musste es dann bei seinem eigenen Vater sein? Das alles würde ein ganz schöner Balance-Akt werden. Castus berichtete weiter:
„Weder Tantchen noch ich haben ihn gesehen. Rechne mit einem verstörenden Anblick. Ich kann nur hoffen, dass er nicht den Wirt gewechselt hat. Asmodeus ... das ist eigentlich der Medicus, in dem er lebt und er war damals schon im Herbst seines Lebens, soweit ich weiß. Mall hatte schon zuvor Angst, dass die Besessenheit ihn sein Leben kosten könnte. Sie hofft, dass der Mensch noch nicht verloren ist. Sie ... liebt ihn. Nicht wie wir uns lieben, aber er bedeutet ihr unheimlich viel. Mehr vielleicht als der Dämon, der ihn befallen hat. Sag es Tantchen nicht, aber ich habe den Eindruck, dass sie trotz allem, was sie sagt, die Liebe zu meinem Vater verloren hat. Er hat ihr so viel angetan. Ich ... fürchte, sie hat ihn hassen gelernt. Und das kann ich ihm niemals verzeihen."
Sarin blieb kurz stehen und zwang damit auch Castus zu verharren:
„Nein, du musst ihm verzeihen! Wenn Mall sagt, sie liebt ihn, dann glaube ihr. Sie wird ihn auf ihre Weise lieben, auch wenn du oder ich das nicht verstehen können. Selbst wenn es nur noch der Traum von ihrer Liebe ist... oder nur noch eine Erinnerung. Aber du musst an ihre Liebe zu ihm glauben!“
Wieder wurden die Tunnel von Schweigen erfüllt. Dann ging Sarin wieder weiter und zog auch Castus zurück in die Bewegung. Nur ihre steten Schritte über Gestein und Erdreich waren es, die sie nicht in absoluter Stille zurückließen. Hyacinthus kannte die Strecke und gab sogar den Reiseführer als sie wieder aufschlossen:
"Die Gänge sollen koboldischer Natur sein. Die kleinen Schelme haben angeblich eine Heimat tief unter Celcia. Urks, welch absurder Name! So absurd wie sie, aber sie haben diesen geheimnisvollen Wohnort mit vielen Teilen unserer Welt verbunden. Man munkelt, ein Kobold könne von Urks aus in jegliche celcianische Ecke reisen. Ob das stimmt, weiß ich nicht, aber dieser Weg hier hat definitiv schon einige aus Zyranus geführt und die wenigsten waren Kobolde. Auf, auf, es ist nicht mehr weit!"
Hm... villeicht ist er selbst ein zu groß geratener Kobold... Der bunte Kleidungsgeschmack würde passen...
, sinnierte Sarin. Cinthus beschleunigte seinen Gang, Sarin schenkte ihm ein Lächeln und Castus schenkte ihm ein paar Schritte Vorsprung.
"Sarin... Ich bete zu allen Göttern, dass du mich nicht hassen wirst, wenn das alles vorbei ist. Bitte, erinnere dich daran."
Das Lächeln schwenkte zu ihrem liebsten Halbdämonen.
„Und ich wünsche mir, dass wenn alles vorbei ist, du dich daran erinnerst, dass ich dich geliebt habe!“
Sie hielt ihn noch einmal kurz an der Hand fest, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Dann lief sie eilig weiter, damit Cinthus nicht von dem kleinen Liebesbeweis mitbekam.
Nichts endet je wirklich. Alles lebt ewig.
Ein Auszug aus einem Gebet ihrer Mutter an Manthala, denn in den Traumlanden, im Schoß der Göttin verging nichts je wirklich.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Freitag 9. September 2022, 23:47

Sarin hielt sich in den Gesprächen eher zurück. Sie fiel in alte Muster, in denen sie zwar präsent blieb, aber dennoch Teil der Kulisse wurde. Sie war eben nur die Schneiderin, die das Ballkleid herstellte, aber niemals jene, die es trug. Hier und heute empfand sie das aber ohne jegliches Bedauern. Sie akzeptierte, dass sie nur ein kleiner Faden im Gewebe des Schicksals war und das große Bild des Wandteppichs eine Szenerie zwischen Castus und seinem Vater Asmodeus zeigte. Nicht einmal Mallahall würde dort Platz finden, außer zusammen mit ihr am Rand, als dünnes Goldgarn. Und doch würde sie ihren Teil beitragen, wie sie alle. Jeder einzelne Faden war wichtig, um das Gesamtbild zusammenzuhalten.
Sarin hielt Castus' Hand. Wenn sie das Gefühl hatte, dass er stille Unterstützung brauchte, drückte sie seine Finger. Und er drückte zurück. Es war ein gegenseities Symbol, dass sie füreinander da wären, was auch immer kommen würde. Trotzdem hegte der Halbdämon offenbar erste Zweifel. Schon vorhin im Turm der Magie hatte er sich entschuldig. Es tat ihm leid, dass er sich in Sarin verliebt hatte. Jetzt, im erdigen Gang unter Zyranus - waren sie wirklich unterirdisch, wo sie doch durch ein Portal in einer schwebenen Schänke entkommen waren! - da bat er sie darum, ihn nicht zu hassen. Er wusste mehr als sie alle zusammen, nur woher? Mallahall hatte vor wenigen Momenten erst erklärt, dass der Sohn seinen Dämonenvater gar nicht wirklich kannte. Aber er wüsste, was er ihm zu sagen hätte. Darauf musste Sarin vertrauen und einfach an Castus' Seite bleiben. Das war ihre Entscheidung und er akzeptierte es bedingungslos.
Darüber hinaus versuchte sie aber auch, ihm in jeglicher anderen Form Unterstützung anzubieten. Als Hyacinthus mit leichtem Vorsprung den Tunnel entlang ... anführte, da hielt Sarin ihren Begleiter ein wenig zurück und raunte ihm zu: "Du darfst mich gern dafür benutzen, dich gut zu fühlen. Hinterher ... vorher ... wann immer du willst. Wenn es hilft, bin ich da." Castus blieb stehen. Ein Stelldichein vor der schweren Aufgabe war ihm wohl lieber, aber es sollte anders kommen. Er wandte sich Sarin zu, hob eine Hand zu ihrem Haar und strich einige der silbrigen Strähnen beiseite. "Ich möchte niemanden benutzen, am wenigsten dich. Es fiel mir vorhin schon schwer, aber es war der einzige Weg, aus dem Kristallraum zu gelangen." Er sah ihn nicht einmal als Käfig an. Für Castus war es wirklich nur ein Aufenthaltsraum für ihn als Gast gewesen, aus dem man ihn einfach nicht rechtzeitig hatte gehen lassen.
"Du musst jetzt auch mal egoistisch sein, auch wenn du es nicht willst. Es hängt viel von dir ab und wenn ich kann, teile ich die Last mit dir." Er neigte sich vor, um Sarins Stirn zu küssen. "Ich empfinde sehr viel für dich. Wirklich - zu viel. Aber ich darf gerade jetzt nicht egoistisch sein. Es tut mir leid, du wunderschöne Liebenswerte. Sarin." Ein bisschen sprach Bedauern aus ihm. Sein Herz schlug für sie wie für kein andere Geschöpft Celcias und das innerhalb kürzester Zeit, aber er erlaubte sich nicht, darauf einen Donnerhall zu formen. Es fühlte sich fast ein bisschen an, als dröselte er sogar das bisher geknüpfte Band auf, da er eindeutig nicht alle Geheimnisse seiner Seele ansprach. Aber er teilte ihr wenigstens mit, dass sein Vater auch das einzige Wesen zu sein schien, bei dem er etwas nicht verzeihen konnte. Das erschreckte die Nachtelfe, dass sie es nun war, die im Gehen stoppte. Castus bremste ebenfalls ab. Er würde Sarin niemals zwingen, mit ihm Schritt zu halten, wenn es noch etwas zu besprechen gab.
"Nein, du musst ihm verzeihen!" Rasch führte sie auf, dass Liebe nicht immer von allen verstanden wurde und er die Liebe seiner Tante zu Asmodeus nicht verstehen brauchte, aber ihr glauben und vertrauen sollte. Das brachte ihren Blauschopf tatsächlich wieder zum Lächeln. Er nickte sanft. "Du hast Recht. Dhan, Ian und ich lieben dich auch zu gleichen Teilen und das wird ebenfalls nicht jeder verstehen. Aber ich vertraue dir und glaube daran, dass du keinen von uns dem anderen jemals vorziehen würdest. Das macht dich nur noch liebenswerter, Sarin." Er drückte ihre Hand. "Ich will versuchen, ihm zu verzeihen. Es wird aber nichts an meinen Plänen ändern, wenn ich ihm gegenüberstehe. Ich bitte dich nur ... mir ebenfalls zu verzeihen."
Er sprach es immer noch nicht an. Er wagte es nicht, vielleicht aus Sorge, Sarin könnte es nicht akzeptieren. Was immer er sich ausgedacht hatte, würde Konsequenzen für jemanden bedeuten - zum Wohle von Zyranus. Zum Wohle Celcias. Castus war zumindest bereit, diesen Schritt zu gehen, wie auch immer er aussah. Das war er schon gewesen, als Sarin ihn mit diesem unendlich mystischen Blick auf einem Felsen im verschneiten Grasland gesehen hatte, als Mondlicht seine nachdenkliche Miene in ein melancholisches Spiel aus Sehnsucht, Traurigkeit und wundersamen Zauber tauchte.
Schweigend nun setzten sie ihren Weg fort. Der Einzige, der hin und wieder sprach, war Hyacinthus. Er erzählte von den Tunneln, ihrer Erschaffung und den Gerüchten, dass Kobolde hinter diesem gehiemen Weg steckten. Ob er hier nicht auch übertrieb wie bei so vielem ließ sich nicht sagen. Was man aber mit Fug und Recht behaupten konnte, war, dass er Sarin und Castus wirklich aus Zyranus hinaus in das Grasland führte. Irgendwann endete der Tunnel nämlich vor einer Holzluke. Jemand hatte eine Leiter an das Erdreich gelehnt, damit man leichter durch den geheimen Durchgang nach oben gelangte.
Hyacinthus kicherte bis eben noch über einen belanglosen Witz seinerseits, als er plötzlich stehen blieb und den Finger an die Lippen legte. Sarin hätte dieses Zeichen nicht gebraucht. Ihre fein Elfensinne verrieten ihr deutlich früher, dass jenseits der Luke etwas vor sich ging. Sie hörte ... Stöhnen. Das Wimmern von Leuten, aber nicht in leidenschaflticher Ekstase, kurz vor dem erlösenden Höhepunkt. Hier waren Schmerzen und Leid im Spiel. Dann krachte es, entfernt, aber das Geräusch war ihr bereits vertraut.
"Sie greifen auch von hier aus an?", entkam es Hyacinthus mit Entsetzen. Er hatte Recht. Unter die Leidenslaute mischten sich Wortfetzen, deren Bedeutung Sarin nur bedingt klar war, aber den Klang erkannte sie. So hatten Dhansair und Iryan sich unterhalten. So hatten die Besucher des Reiches der Nachtelfen gesprochen. Hinter der Bodenluke waren Dunkelelfen.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Samstag 27. Juli 2024, 15:08

Maruka kommt von Das Studentendorf

Angekommen musste sie die Stelle erst einmal wiederfinden. Das Efeu hatte sich wie ein natürliches Netz davor gespannt und einige Ranken musste sie lockerreißen, um sich einen Weg zu erschaffen, doch schlussendlich gelang es ihr mit etwas Mühen und neuem Dreck an sich, auf die andere Seite zu gelangen.
Der Turm der Magie ragte sichtbar und imposant auf einem großen Platz in die Höhe. Dort arbeiteten die fähigsten Magier und gleichzeitig Führungsriegen der Stadt. Wenn sie jemanden hierherbrachten, musste die Angelegenheit besonders sein! Gleichzeitig erschwerte es ihr den Zutritt. Hier kam nicht jeder rein. Aber sie konnte dem Zug auflauern und dann… nun das lag an ihr. Ihr Plan sich an Jolanta zu hängen besaß eine kleine Erfolgschance. Und wenn sie Paras auch Zugang gewährten, wer sagte denn, dass eine zweite Freundin nicht auch dieses Privileg erhalten könnte?
Zwei große Schmuckbrunnenanlagen umrahmten das Turmgelände. Dort plätscherte das Wasser nicht nur friedlich, sondern wurde dank etablierter Magie zu immer neuen und magischen Figuren geformt. Das war etwas, was es wirklich nur in Zyranus zu bestaunen gab!
Doch nun musste sich Maruka beeilen. Am entfernten Osttor konnte man bereits die ersten Kutten erkennen, was bedeutete, dass die Gruppe gerade den Park betrat!
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Maruka » Sonntag 28. Juli 2024, 08:53

Die Formation um Roan und seinen Freund Paras herum bewegte sich zum Glück so langsam, dass Maruka einen anderen Weg nehmen konnte. Kaum außer Sichtweite rannte sie los zu dem ihr bekannten Loch in der Mauer. Als sie in Sichtweite der Stelle war, wallte eine kleine Welle Frustration in ihr auf.
...verflixt!
Sie war länger nicht mehr hier gewesen und die Natur hatte sich ihren Platz zurück erobert. Dichte Ranken verdeckten den Durchgang und einmal mehr beneidete sie die großen Magier der Natur, vor der solch ein Vorhang sich einfach gehoben hätte. Maruka war mit Magie in Zyranus aufgewachsen und hatte viel gesehen und miterlebt was andere für selbstverständlich hielten. Sie selbst hatte nie diesen Grad an Kontrolle über ihre Fähigkeiten erreicht und wurde des öfteren deswegen belächelt. Aber wo gerade kurz der Wunsch aufflammte das Hindernis durch Magie zu heben, oder durch magische Flammen einfach weg zu brennen, da siegte in ihr einmal mehr der Pragmatismus.
Hilft ja nix zu jammern, also durch!
Und das tat sie dann auch. Mit Händen und Füßen grub und strampelte sie sich durch das Dickicht und hatte sicher schnell einmal mehr einige Blätter im Haar und Erde an den Knien. Die Ranken waren kräftig, aber Maruka zu hartnäckig und sie siegte. Sie schob sich bodennah einfach unter ihnen hindurch und kaum hatte sie es geschafft, klopfte sie sich nur schnell auf der anderen Seite ein bisschen Dreck ab und flitze dann weiter.
Ich darf den Anschluss nicht verlieren.
Zum Glück war sie hier schon oft gewesen. Der Garten des Magierturms benötigte viel Pflege und die Erde aufzubereiten war mal um mal ihre Aufgabe gewesen die sie gerne machte. Sie kannte die Staturen, hinter denen sie sich nun verstecken konnte und die Höhe der Hecken, hinter der sie sich verbarg. Aber es gab ein Problem. Auch wenn Jolanta zum Tross gehörte, sagte ihr das Schicksal, dass der Plan sich als ihre Assistentin einzuschleichen, kein Erfolg haben würde. Aber was war mit Paras? Als Freund hatten sie ihn mitgenommen. Warum ihn? Es half nichts darüber nachzugrübeln, denn die Gruppe bewegte sich nun zielstrebig auf den Turm zu und Maruka sah ihre Möglichkeiten schwinden. Entweder es gelang ihr heimlich hinter ihnen mit hinein zu schlüpfen, was allein schon schwierig war, denn der Turm besaß nicht nur Wächter, sondern auch seine ganz eigenen magischen Abwehrmaßnahmen gegen unerlaubten Zutritt. Außerdem würde sie als heimliche Verfolgerin zu einfach abgehängt werden können, ohne dass Roan sie gesehen hätte. Irgendwie wollte sie vor allem, dass er wusste, dass sie da war. Für ihn! Sie waren doch Freunde... oder? Sie kannten sich vom sehen schon sehr länger, aber hatten erst wenig Worte gewechselt. Oder hatte er sie schon länger 'gesehen' als sie ihn? Maruka war oft mit ihren Gedanken und ihrer Aufmerksamkeit ganz bei sich und nahm ihre Umwelt nicht wirklich wahr. Hatte sie etwas nicht bemerkt, dass andere gesehen hatten? Oder war sie eigentlich unwichtig? Hätte er sich dann so um sie gesorgt? Durfte sie sich überhaupt einmischen? Waren sie denn wirtlich Freunde? Sie war nicht laut und aufdringlich wie Paras, aber...
Was soll ich nur machen? Er hat sich um mich gesorgt. Ich muss ihm wenigstens zeigen, dass ich da bin!
Sie musste etwas tun. Also... ging sie in die Offensive und stellte sich einfach vor den Eingang, als würde sie die Gäste erwarten. Manchmal war Selbstverständlichkeit gepaart mit einem Schuss Mut auch ein Weg um Erfolg zu haben. Sie hatte es bis zum Turm geschafft und mit ihrer Abkürzung einen kleinen Vorteil. Wenn sie nun wartete, bis der Tross an ihr vorbei zog und dann doch nicht mit hinein kam, dann war dieser verloren und Roan wüsste nicht, dass sie wieder da war... wenn es denn hier darum überhaupt ging.
Er muss mich wenigstens sehen und vielleicht...
Eine winziger Hoffnung, dass Ehrlichkeit in dieser Welt noch etwas zählte war fest in ihr verankert. Also wischte sich Maruka noch einmal ein wenig Dreck von der Kleidung, richtete sich auf und strich sich ein paar Locken aus dem Gesicht. Mit festen Schritten ging sie auf das Haupttor zu um sich dort vor der ankommenden Gruppe zu platzieren. Hier würde sie Roan in jedem Fall sehen und wissen dass sie für ihn da war, mit all dem wenigen, was sie aufzubieten hatte. Mit heißen Ohren und vor Aufregung geröteten Wangen stand sie fest im Weg und erwartete das Unvermeidliche.
Vermutlich schieben sie mich einfach zur Seite, oder verbieten mir einfach mit hinein zu gehen... Was kann ich schon ausrichten?
Marukas Selbstbewusstsein wackelte, doch sie blieb stehen. Die Gruppe näherte sich den unteren Stufen.
Was mach ich hier nur?
Sie hob die Hände und suchte Roans Blick. Ihre Stimme klang in den ersten Silben etwas krächzend, als die Formation um ihn, die Lehrkräfte und seinen Freund sich scheinbar unaufhaltsam auf sie zu bewegte.
„Bi..Bitte...“
Sie räusperte sich schnell und sprach dann lauter in der Gemeinsprache, damit auch die Gäste mit einbezogen wurden:
„BITTE! Ich bin Maruka, auch eine Freundin von Roan und wir waren heute morgen verabredet, nur konnte ich nicht... ...Da...darf ich bitte mit hinein?“
Sie schluckte schwer, denn viel zu viele Augen waren nun auf sie gerichtet. Wenigstens waren es hier vor dem Magierturm 'NUR' die Lehrkräfte und diese merkwürdigen bekutteten Gäste und nicht mehr der volle Vorplatz vor der Kantine, wo die ganze Schule ihren peinlichen Auftritt mitbekommen hätte. Es gab aber auch keinen offensichtlichen Grund sie mit hinein zu lassen, aber wenn Roan etwas schlimmes getan hatte, was auch nur im entferntesten mit ihr zu tun hatte, dann könnte ihr offenes Erscheinen zumindest eine Reaktion bei IHM hervor rufen. Wenn nicht... Nun, dann war sie hier sowieso fehl am Platz und würde ganz schnell beiseite gedrängt werden. Mit zitternden Knien stand sie da und wartete auf eine Reaktion. In ihrem Kopf hörte sie schon die Worte des Dekan: 'Geh weg Kind!' oder 'Beachtet sie nicht.' Das wäre passend. Wenn das alles hier so gar nichts mit ihr zu tun hatte, dann würde sie auch gehen, dann war dies nicht ihre Geschichte. So richtig glauben konnte sie das aber nicht, deswegen stand sie auch hier vor all diesen wichtigen und mächtigen Persönlichkeiten... und schämte sich in Grund und Boden!
Aber was war ein bisschen Scham und ein peinliches Auftreten, wenn es vielleicht doch eine winzige Chance gab, dass sie irgendwie helfen konnte?!? Dann hätte sich ihr Mut doch ausgezahlt. An diesen kleinen Hoffnungsfaden klammerte sie sich. Sie hatte den heimlichen Weg verlassen und den der Ehrlichkeit gewählt. Jetzt blieb ihr nur noch abzuwarten, was geschehen würde.

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Sonntag 28. Juli 2024, 15:34

Maruka bewies, dass sie für ihre Freunde da war, wenn diese sie brauchten. Sie hätte auch den einfachen Weg gehen und mit den anderen Studenten zurück in die Wohnheime kehren können. Doch sie ignorierte nicht die Not von Roan und versuchte eine Möglichkeit zu finden für ihn da zu sein – oder zumindest herauszufinden, was diese ominöse Verhaftung zu bedeuten hatte.
Ihr Pragmatismus brachte Maruka mit ein wenig Mühen auf die andere Seite der Mauer. Der zugewucherte Spalt, durch den sie sich hindurchquetschte war glücklicherweise kein unüberwindbares Hindernis und so war das Schlimmste, was sie sich zuzog, ein wenig Dreck an den Knien, Handflächen und Blätter, die sich in den Haaren verirrten.
Der Park der Magie war ihr wohlbekannt. Und so hielt sich die junge Frau auch nicht lange mit Staunen oder anderen Ablenkungen ab. In ihrem Fokus lag Roan, der von der Gruppe fremder Kuttenträger durch das Tor und zu den großen Treppen des Vorplatzes, auf dem der Turm stand, geführt wurde.
Glücklicherweise war Maruka schon vor ihnen dort. Und so war das Einzige, was sie nun tun musste, ihr Glück herausfordern, sich Worte und Handlungsmöglichkeiten zurechtlegen und… ja warten. Doch Letzteres musste sie nicht lange tun. Die Gruppe war nach ein paar Minuten bei ihr angekommen und blieb plötzlich stehen, was den gefangenen Luftmagier dazu brachte, den Kopf zu heben. Als er Maruka entdeckte, weitete sich sein Blick.
„Maruka…?“, flüsterte er ihren Namen und schien wirklich nicht damit gerechnet zu haben, dass sie plötzlich hier stand und die Abführung unterbrach. Auch alle anderen Blicke richteten sich nun auf die Erdmagierin und besonders Professorin Synapse gab einen merkwürdigen Laut von sich, als sie ihre Studentin erblickte.
„Was … will das Murmeltier hier?“, konnte man Paras Stimme hören, der noch immer versuchte die festen Griffe um seine Arme zu lockern, mit denen er von zwei anderen Professoren festgehalten wurde. Andernfalls hätte sich der Schwarzhaarige vermutlich auf Roans Angreifer gestürzt.
3…2…1… Maru ignorierte die Blicke, auch wenn sie sie nervös machten und holte tief Luft um klar verständlich zu äußern, was sie hier wollte:
„BITTE! Ich bin Maruka, auch eine Freundin von Roan und wir waren heute morgen verabredet, nur konnte ich nicht... ...Da...darf ich bitte mit hinein?“
Auf ihre Worte herrschte im ersten Moment Schweigen. Der Dekan und auch die fremde Frau, die ganz offensichtlich die Kuttenmänner anführte, betrachteten die junge Frau mit einer Mischung aus Überraschung, wie auch Skepsis. Es war Synapse, die sich nun in Bewegung setzte und eiligen Zwergenschrittes auf Maruka zulief.
„Bei den sieben… Maruka, wo kommst du her? Als ich dich heute Morgen nicht im Zimmer vorfand, habe ich mir die schlimmsten Szenarien ausgemalt? Was ist passiert? Wo warst du?“, fragte sie mit hastigen, aber auch gedämpften Worten. Ihr besorgter Blick suchte ihre Studentin nach Verletzungen ab, doch glücklicherweise schien diese unversehrt.
Ein Räuspern lenkte die Aufmerksamkeit der Runenmeisterin zurück zu ihrem aktuellsten Problem und so wandte sie sich um und sah den Dekan auf sie zukommen.
„Jolanta, gibt es ein Problem?“, fragte er und ließ langsam seinen Blick von seiner Kollegin zu Maruka schweifen.
„Ist das nicht…? Zatreya Quathearkes Ziehtochter … ich glaube Fachbereich Erdmagie?“ Er musterte das, etwas naturangegriffene Äußere der Studentin und sah dann wieder zu Jolanta, die der Jüngeren eine Hand auf den Unterarm legte.
„Das stimmt. Das ist Maruka und…“, Jolantas Blick huschte zwischen den verschiedenen Parteien hin und her, doch bevor sie wieder zu Wort kam, ergriff dieses wieder Äskulaptus, der sich nun an den kleinen Eindringling wandte.
„Du sagst du bist mit Roan Wayfeld befreundet?“, fragte er nach und warf einen Blick zu dem Gefangenen, der immer unruhiger zu werden schien.
„Maruka… was tust du hier?“, fragte Roan und schien hin und hergerissen, ob er sich nun freuen oder schämen sollte, dass sie ihn so sah.
„Nun, ich kann mir denken, dass es dich sorgt, mitanzusehen, wie ein Freund von dir auf diese Weise in Gewahrsam genommen wurde. Allerdings muss ich dich bitten dich nicht weiter einzumischen. Wie ich bereits sagte werdet ihr eine Erklärung bekommen und…“
„Verzeih mir Hippokratoles, aber ich möchte dich bitten, dass sie dabei sein darf. Ich weiß, dass diese Situation besonders ist, aber ich muss darauf bestehen, dass Maruka an meiner Seite bleibt. Ich habe dich über ihren Fall in Kenntnis gesetzt und die Sicherheit unserer Studenten hat oberste Priorität!“, insistierte die Zwergin, was für deutlich mehr Unruhe sorgte, als erwartet. Die Kuttenmänner tauschten leise Worte miteinander aus, die jedoch kaum einer hier verstehen würde, da sie in Hymlikor sprachen.
Eine paar Sekunden betrachtete der Dekan seine Kollegin, schien sich Marukas Fall in Erinnerung zu rufen, ehe er ein kleines Seufzen von sich gab und sich straffte.
„Es tut mir leid Jolanta, doch diese Angelegenheit hat eine höhere Prio-…!“
Wieder wurde er unterbrochen. Doch dieses Mal von besagter Karvin, die die Treppen zu ihnen empor schritt und vor Synapse und Maruka stehen blieb. Die braunen Augen der älteren Frau waren aufmerksam und musternd auf unsere Heldin gerichtet. Dann, mit einer erstaunlichen Schnelligkeit, griff die Weißhaarige Marukas Hand und befühlte sie auf eigenartige Weise. Jolanta schnappte empört nach Luft und drängte sich zwischen die beiden deutlich größeren Parteien. Doch sie gehörte zu den Lehrkräften, die ihre Schutzbefohlenen beschützten.
„Was erlauben Sie sich, Sie…?“ Karvin ließ die Zwergin sich dazwischendrängen und ließ Marukas Hand los. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein merkwürdiges und sehr ruhiges Lächeln aus.
„Lasst das Mädchen ruhig dabei sein. Das wird an unserem Vorhaben nichts ändern!“, äußerte sie ruhig und mit einer Stimmlage, die jedem klarmachte, dass diese Frau sehr viel Lebenserfahrung besaß. Mit einem alten, amüsierten Kichern stieg sie weiter die Treppen hinauf und übernahm somit die Führung – als wäre der Turm der Magie ein Ort, an dem sie häufiger Ein- und Ausgehen würde.
Äskulaptus holte etwas tiefer Luft als gewöhnlich und deutete dann allen anderen an mitzukommen. Zwar erhielt Maruka keine Erklärung dafür, wieso ihre Anwesenheit nun doch akzeptiert wurde, doch da sie ihr Ziel erreicht hatte, konnte es ihr egal sein.
„Bleib an meiner Seite Maruka!“, bat Jolanta ihre Studentin, um die sie sich sichtlich auch sorgte.
Die Gruppe setzte sich in Bewegung und betrat so den Turm der Magie. Die unterste Halle war riesig, bestand aus poliertem grauweißen Marmor, in den man verschiedenste magieverwandte Symbole eingraviert hatte, die allesamt in Silber, Kupfer oder Goldtönen schimmerten. Einige Stelen waren mit Runenschriften übersäht, doch die auffälligste Schrift war vermutlich ein riesiger, kreisrunter Ritualkreis, der sich in der Mitte des Turmes auf dem Boden abmalte. Genau dort versammelten sich alle.
Es war das erste Mal, dass Maruka und so wie es aussah auch Roan oder Paras hier waren, denn sie alle sahen sich staunend um. Der gefangene Luftmagier sah dabei jedoch weniger beeindruckt, als verängstigt aus. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass er derzeit als Gefangener festgehalten wurde und nur hierhergebracht wurde, damit über sein Schicksal bestimmt wurde.
„Hey… Wühlmaus!“, konnte Maruka plötzlich Paras hören, der sie mit seinem typisch, stets etwas harten Gesichtsausdruck betrachtete. „Was machst du bitte hier? Weißt du was hier vor sich geht?“
Ein lautes Geräusch ließ alle Unterhaltungen stoppen. Der Ritualkreis um sie herum leuchtete in einem blauweißen Licht auf und schwebte auf magische Weise auf etwa 70cm Höhe in die Luft, bildete eine Art Geländer. Das kreisrunde Plateau, auf dem sie standen begann sich zu heben und transportierte sie, wie ein Aufzug auf die höheren Ebenen.
Von den Erwachsenen schien sich darüber keiner zu wundern. Niemand verzog eine Miene, während die Mauern senkrecht an ihnen vorbeizogen, bis das Plateau langsamer wurde und anhielt. Der Dekan schritt zur linken Seite und betrat einen Flurbereich, der zu einer großen Türe führte, hinter dem sich ein großer Raum verbarg. Genau dort wurden sie alle hineingeführt. Eine runde Sitztafel war vorzufinden und verriet, dass in diesem Raum vermutlich einige Besprechungen stattfanden.
„Setzt euch bitte.“, bot der Leiter der Akademie an und zumindest Karvin nahm das Angebot an, gefolgt von den Professoren, die auch Paras auf einen Stuhl drückten. Roan wurde von den Männern ebenfalls losgelassen, doch war er noch immer von magischen Fesseln umgeben, die seine Bewegungen einschränkten.
„Lasst ihn sich auch setzen!“, befahl Karvin, die ihre Arme der Tischplatte abstützte. Jolanta führte Maruka zu einem Platz neben sich und neben Paras. Ihr Blick war noch immer fest und unruhig.

Als alle saßen ergriff Äskulaptus das Wort. „Nun… Karvin ich wäre dir äußerst verbunden, wenn du die ganze Angelegenheit nun aufklärst. Euer Eindringen hat für Unruhen gesorgt, die ich scharf kritisieren muss!“
Die ältere Frau, die gleichzeitig die Anführerin der Kuttengesellschaft war, blickte äußerst schuldlos drein, was Synapse ziemlich zu provozieren schien, denn die Zwergin staute in ihren Wangen die Luft, die sie offenbar aus unterdrückter Wut anhielt.
„Uns blieb keine andere Möglichkeit. Der Junge lehnt seit über einer Woche jeglichen unserer Kontaktversuche ab und uns läuft die Zeit davon!“, rechtfertigte sie ihr Handeln und stützte in einer recht lässigen Pose ihr Kinn in ihre Handfläche.
Roans und Karvins Blicke trafen sich und die Züge des Luftmagiers verengten sich.
„Weil meine Großeltern mich vor euch gewarnt haben! Ich werde keiner verrückten Sekte beitreten, die mit Dunkelelfen zusammenarbeitet!“, erwiderte Roan eisern, der endlich zwischen zwei der Wachmännern auch Platz nehmen konnte.
Die Stimmung im Raum war angespannt. Zumindest bis Karvin in ein gackerndes Gelächter ausbrach. „Das sieht den beiden alten Sturköpfen ähnlich, dir solche Märchen aufzubinden!“, lachte die alte Frau, was sowohl Roan, als auch Paras sichtlich wütend machte. Der Schwarzhaarige sprang erbost von seinem Stuhl auf.
„Halt den Schnabel du alte Hexe! Der Scheiß, den ihr hier gerade abzieht bestätigt doch jedes ihrer Worte!“, keifte er, bis der Dekan die Hand hob und ihn so zum Schweigen gebot. Das alles hier war äußerst verwirrend und vermutlich verstand Maruka kaum ein Wort. Zumindest schien es nicht vorrangig um sie zu gehen, sondern wirklich um Roan?!
„Fidelio, ich muss dich bitten dich zu beherrschen.“, schalt Äskulaptus, was Paras nur mit einem abfälligen Schnauben kommentierte. Offenbar wusste der Dekan mehr – auch hatte er den Namen der alten Frau mit den weißen Haaren gekannt.
„Ist schon gut Hippokratoles! Es freut mich ja, dass Roan so treue Freunde hat.“, merkte Karvin plötzlich an, die von ihrem Lachen Abstand genommen hatte. Die mysteriöse Dame erhob sich und ging auf den blonden Luftmagiestudenten zu.
„Roan, es tut mir leid, dass es so kommen musste, aber wir müssen darauf bestehen, dass du uns begleitest. Du bist der letzte noch lebende Nachkomme der Wayfields und damit der letzte Wächter des heiligen Windsteins, der fähig ist, seine Magie zu beherrschen!“
Eine drückende Stille breitete sich aus. Diese Nachricht schien niemand erwartet zu haben und warf mit Sicherheit hunderte neue Fragen auf. Roan zumindest sah Karvin völlig verunsichert und gleichzeitig so an, als wäre sie übergeschnappt.
„Was … soll der Mist?“, fragte er und sah hilfesuchend zu den Professoren, wodurch sich auch sein und Marukas Blick kurz trafen.
„Ich befürchte ich muss die Worte von Karvin bestätigen junger Wayfield.“, begann der Dekan, der sich dem Blondschopf etwas zuwandte.
„Diese Leute hier gehören einer der ältesten Geheimgesellschaft Celcias an, die die Aufgabe haben die magischen Elementsteine zu beschützen. Diese Steine, beinhalten große Macht und gelten als heilige Reliquien, die uns die Götter schenkten. Gleichzeitig bewahren uns die Steine vor einer dunklen Kraft, die eins über Celcia wütete“, erklärte Äskulaptus den Anwesenden und Karvin nickte nur.
„Wir gehören den Wächtern des Luftsteins an, zu dem auch deine Familie gehört, Roan! Zumindest die Seite deines Vaters, der bisher der Hohewächter des Steins war. Leider muss ich…“, sie seufzte mit einem traurigen Ausdruck, „…dir auf diesem Wege mitteilen, dass dein Vater nicht mehr unter uns weilt. Er, wie auch dein älterer Bruder wurden im Kampf um den Schutz des Steins umgebracht. Ich weiß, dass das viel zu verarbeiten ist, mein Junge. Du wurdest weit weg von alldem aufgezogen. Doch nun… müssen wir dich als letzten Nachkommen der Hochwächterlinie unter allen Umständen beschützen. Denn ein uns unbekannter Feind ist aufgetaucht, der droht die dunkle Plage zurück nach Celcia zu bringen. Nicht nur die Luftwächter wurden angegriffen. Auch die anderen Elementwächter klagen über Angriffe und Verluste. Ohne die Hohewächter oder ihre Nachkommen wird die Magie der Steine erlöschen und die dunkle Bedrohung wird sich zurück über ganz Celcia ausbreiten. Diese Bedrohung betrifft uns alle und muss doch geheim bleiben!“
Neben Maruka bekam Professorin Synapse einen nervösen Schluckauf. Auch die sonst so ruhige Zwergin schien das Gesagte zu schockieren. Paras starrte mit geöffnetem Mund in die Menge und schien das alles für einen schlechten Scherz zu halten, gleichzeitig entging ihm die Ernsthaftigkeit nicht. Roan schüttelte nur mit dem Kopf.
„So ein Unsinn… was soll das? Mein Vater verließ meine Mutter, als sie bei meiner Geburt starb. Meine Großeltern meinten er wäre schon lange tot!“, warf der junge Mann aufgewühlt ein, dem gerade sein komplettes Leben entglitt.
„Ich … verstehe deine Verwirrung nur, wird das nichts daran ändern, dass wir dich brauchen. Diese Bedrohung sucht uns nun schon über 20 Jahre heim und bisher konnten wir ihr die Stirn bieten. Doch vor 6 Jahren entglitt uns sie Kontrolle. Die Erdwächter waren die Ersten, die es traf und scheinen nahezu ausgelöscht. Der Erdstein gilt seither als verschwunden. Das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten wird immer schwieriger. Wir brauchen dich Roan!“
Der junge Mann schüttelte immer heftiger mit dem Kopf.
Jolanta sah von ihrem Studenten zu Maruka, die mit all dem eigentlich nicht zu tun haben schien.
„Das heißt es ist unbekannt, wer die Wächter angreift und die Steine zum Ziel hat?“, fragte die Runenmeisterin nach und erhielt von der gesamten Wächterschaft ein Nicken.
„Und was passiert, wenn das Gleichgewicht zerbricht? Was ist diese dunkle Plage, von der hier die Rede ist? Ich habe noch nie davon gehört!“ Der Dekan seufzte leise und schüttelte mit dem Kopf.
„Doch Jolanta. Das hast du! Die Plage von der hier gesprochen wird hat viele Namen, doch am bekanntesten ist sie als die steinerne Pest.“ Synapse sprang von ihrem Stuhl auf, der quietschend über den Boden schabte.
„Aber die brach das letzte Mal vor über tausend Jahren aus!“, echauffierte sich die Zwergin, doch auch in ihrem Gesicht zeichnete sich Entsetzen ab. Was sie alle hier erfuhren, klang wie ein übles Schauermärchen.
Karvin beäugte die Runenmagierin kurz, ehe ihr Blick auf Maruka fiel. „Du bist ein Kind der Erde, nicht wahr?“, fragte die ältere Dame und kehrte auf ihren Platz zurück, der genau gegenüber der jungen Frau war.
„Wer sind deine Eltern?“, fragte sie interessiert, was Roan kurzweilig aus seinem Dilemma holte. „Lasst Maruka da raus! Sie hat nichts damit zu tun!“
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Maruka » Montag 29. Juli 2024, 12:38

Die Gruppe war nach ein paar bangen Minuten bei ihr angekommen und blieb stehen. Die junge Erdmage zitterte.
„Maruka…?“
Endlich sah Roan sie auch und Maruka schenkte ihm ihr wärmstes Lächeln. Obwohl sie sich erst so kurz kannten, hatte er doch für sie gekämpft. Da war es nur fair, dass sie ihm diesen Gefallen erwiderte, auch wenn sie unter der Last der vielen Blicken fast zusammen knickte. Auch Professorin Synapse gab einen merkwürdigen Laut von sich, als sie ihre Studentin erblickte und Maruka winkelte kurz ihre rechte Hand auf Höhe ihrer Tailie an um mit einem winzigen Winken zu antworten. Dann erklang Paras aufgebrachte Stimme:
„Was … will das Murmeltier hier?“
Aber die Wut in seiner Stimme galt nicht ihr, dass wusste sie. Er war ein treuer Freund und kämpfte ebenfalls für jene, die ihm wichtig waren. Sein aufbrausendes Gemüt hatte sie schon kennen gelernt, aber es störte sie nicht. Er zeigte offen und ehrlich seine Gefühle, da störten sie auch nicht die Spitznamen, die er ihr gab und Murmeltiere waren doch nun wirklich süß!
3…2…1…
Unter der Last der Blicke versuchte sie sich wieder zu konzentrieren, auch wenn sie sie nervös machten. Maruka trug ihr Anliegen vor und wartete. Auf ihre Worte herrschte im ersten Moment Schweigen. Schweigen und Skepsis schlug ihr entgegen. Es war Synapse, die sich nun in Bewegung setzte und auf Maruka zulief.
„Bei den sieben… Maruka, wo kommst du her? Als ich dich heute Morgen nicht im Zimmer vorfand, habe ich mir die schlimmsten Szenarien ausgemalt? Was ist passiert? Wo warst du?“
Am liebsten hätte Maru sie sofort umarmt, doch eine derartig herzliche Geste erschien ihr gerade in dieser angespannten Situation doch unangemessen. Also blinzelte sie nur verlegen, wie sie es immer tat, wenn ihre Magie einmal mehr sich verselbständigt hatte und flüsterte nur kurz:
„Da wo ich letztes Mal war.“
Damit wusste zumindest die Zwergin schon mal bescheid. Ein Räuspern lenkte jedoch die Aufmerksamkeit der beiden zurück zu ihrem aktuellsten Problem und so wandte sie sich um und sah den Dekan auf sie zukommen.
„Jolanta, gibt es ein Problem?“
, fragte er und ließ langsam seinen Blick von seiner Kollegin zu Maruka schweifen.
Kann ich hier und jetzt bitte im Boden versinken?
„Ist das nicht…? Zatreya Quathearke's Ziehtochter … ich glaube Fachbereich Erdmagie?“
Er kennt mich???
Er musterte die verschüchtere Studentin, während Jolanta Maruka eine Hand auf den Unterarm legte.
„Das stimmt. Das ist Maruka und…“
„Du sagst du bist mit Roan Wayfeld befreundet?“

Maruka nickte schnell.
Noch nicht lange, aber ja.
„Maruka… was tust du hier?“
, fragte Roan hinter ihnen.
„Nun, ich kann mir denken, dass es dich sorgt, mitanzusehen, wie ein Freund von dir auf diese Weise in Gewahrsam genommen wurde. Allerdings muss ich dich bitten dich nicht weiter einzumischen. Wie ich bereits sagte werdet ihr eine Erklärung bekommen und…“
„Verzeih mir Hippokratoles, aber ich möchte dich bitten, dass sie dabei sein darf. Ich weiß, dass diese Situation besonders ist, aber ich muss darauf bestehen, dass Maruka an meiner Seite bleibt. Ich habe dich über ihren Fall in Kenntnis gesetzt und die Sicherheit unserer Studenten hat oberste Priorität!“

Dass Jolanta insistierte überraschte Maruka auf der einen Seite, da sich das selbst nie getraut hätte, aber gab ihr auch ein warmes Gefühl, dass sie hier nicht allein standen. Die Zwergin kümmerte sich sowohl um Roan als auch um sie. DAS sie es tat, sorgte auch bei den anderen Beobachtern für Unruhe.
„Es tut mir leid Jolanta, doch diese Angelegenheit hat eine höhere Prio-…!“
Wieder wurde er unterbrochen, was an sich schon eine Verbannung aus Zyranus zur Folge haben sollte, doch dieses Mal von besagter Karvin, die die Treppen zu ihnen empor schritt und vor ihen stehen blieb. Die braunen Augen der älteren Frau waren aufmerksam und musternd auf unsere Heldin gerichtet, die sich so ganz und garnicht heldenhaft fühlte! Am liebsten hätte sie sich hinter der Zwergin versteckt und machte tatsächlich einen halben Schritt nach hinten. Jedoch zu langsam, denn mit einem Mal hielt die Ältere ihre Hand. Ihre Daumenkuppen wanderten über ihre Handfläche und duften dort Schwielen und ein paar kleine Narben ertasten, sowie einige Krümel Dreck und Erde. Maruka schämte sich spontan, aber die Frau schien es nicht zu stören.
„Was erlauben Sie sich, Sie…?“
Karvin ließ die Zwergin sich dazwischen drängen und ließ Marukas Hand los. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein merkwürdiges und sehr ruhiges Lächeln aus.
Was???
„Lasst das Mädchen ruhig dabei sein. Das wird an unserem Vorhaben nichts ändern!“
, äußerte sie ruhig. Mit einem alten, amüsierten Kichern stieg sie weiter die Treppen hinauf und übernahm somit die Führung. Maruka starrte ihr verdattert hinterher.
Sogar der Dekan Äskulaptus holte etwas tiefer Luft, aber deutete dann allen anderen an mitzukommen.
„Bleib an meiner Seite Maruka!“
, bat Jolanta ihre Studentin.
Auf jeden Fall!
Maruka hatte es geschafft. Sie durfte mit rein. Ihr Mut war belohnt worden, doch jetzt hatte sie auch ein bisschen Angst. Sie mochte es nicht, wenn die Aufmerksamkeit auf ihr lag, aber zum Glück wanderte diese nun wieder schnell zu anderen Akteuren der Geschichte.

Es war das erste Mal, dass Maruka diesen Bereich der Akademie betrat. So vertraut die Gärten und selbst versorgenden Felder und Gewächshäuser ihr waren, so fremd waren ihr die hoch magischen Räume der mächtigen Magier von Zyranus. Andere mochten hier ein und ausgehen und wirkten somit sicher deutlich entspannter als die junge Studentin. Maruka kam aus dem Schauen nicht mehr raus und erfasste alles mit leicht vor Erstaunen offen stehendem Munde.
„Hey… Wühlmaus!“
Sprach Paras sie plötzlich an und sie zuckte leicht. Wieder ein niedliches Tier...
„Was machst du bitte hier? Weißt du was hier vor sich geht?“
Maruka zuckte leicht mit den Schultern und schüttelte leicht verneinend den Kopf. Sie hatte keine Ahnung. Ein lautes Geräusch ließ sie abermals zusammen zucken und alle Unterhaltungen stoppen. Der Boden samt Ritualkreis begann sich zu heben und transportierte die Gruppe in die Höhe. Maruka war ein bisschen erschrocken und auch erstaunt, aber nicht ängstlich. Solange sie festen Boden unter den Füßen hatte, ging es ihr halbwegs gut.
Als das Plateau langsamer wurde und anhielt, schritt der Dekan voran und führte sie in eine Art Besprechungsraum.
„Setzt euch bitte.“
, bot der Leiter der Akademie an und nach und nach folgten alle seinem Beispiel.
Als alle saßen ergriff Äskulaptus das Wort.
„Nun… Karvin ich wäre dir äußerst verbunden, wenn du die ganze Angelegenheit nun aufklärst. Euer Eindringen hat für Unruhen gesorgt, die ich scharf kritisieren muss!“
Jetzt geht’s also los...
Maruka war äußerst gespannt, was sie nun hören würde und ihre Finger hielten den Stoff ihres Mantels fest umspannt.
„Uns blieb keine andere Möglichkeit. Der Junge lehnt seit über einer Woche jeglichen unserer Kontaktversuche ab und uns läuft die Zeit davon!“
Roans und Karvins Blicke trafen sich und die Züge des Luftmagiers verengten sich.
„Weil meine Großeltern mich vor euch gewarnt haben! Ich werde keiner verrückten Sekte beitreten, die mit Dunkelelfen zusammenarbeitet!“
Bitte, was??? Dunkelelfen? Eine Sekte??
Karvin brach in Gelächter aus, aber verteidigte sich auch nicht gegen den Vorwurf, wie Maruka am Rande bemerkte.
„Das sieht den beiden alten Sturköpfen ähnlich, dir solche Märchen aufzubinden!“
Paras schien das ganze hier garnicht zu gefallen und wurde ausfallend:
„Halt den Schnabel du alte Hexe! Der Scheiß, den ihr hier gerade abzieht bestätigt doch jedes ihrer Worte!“
„Fidelio, ich muss dich bitten dich zu beherrschen.“

, schalt Äskulaptus.
„Ist schon gut Hippokratoles! Es freut mich ja, dass Roan so treue Freunde hat.“
, merkte Karvin ruhig an, erhob sich und ging auf den blonden Luftmagiestudenten zu.
„Roan, es tut mir leid, dass es so kommen musste, aber wir müssen darauf bestehen, dass du uns begleitest. Du bist der letzte noch lebende Nachkomme der Wayfields und damit der letzte Wächter des heiligen Windsteins, der fähig ist, seine Magie zu beherrschen!“
Windstein...
, hallte das Wort in ihr nach. Ein merkwürdiges Kribbeln begann in Marukas Bauch zu erwachen. Steine waren nun mal ihr Fachgebiet. Ihre Neugierde nahm fast fanatische Formen an, wurde greifbar, schmeckbar und zerrte an ihrer Geduld. Mit großen Augen und nach oben gerissenen Brauen hörte sie weiter zu. Das bisherige Gespräch hatte schon viel über das Verhältnis von Roan, seinen Großeltern und dieser Gruppe um die Dame Karvin verraten. Sie kannten sich schon länger, aber Roans Oma und Opa schienen nicht viel von ihnen zu halten. Außerdem gab es da wohl ein 'Erbe' das er wohl antreten solle.
„Was … soll der Mist?“
, fragte er und sah hilfesuchend zu den Professoren, wodurch sich auch sein und Marukas Blick kurz trafen. Hier konnte sie jedoch nicht helfen. Der Dekan half dafür aus:
„Ich befürchte ich muss die Worte von Karvin bestätigen junger Wayfield. Diese Leute hier gehören einer der ältesten Geheimgesellschaft Celcias an, die die Aufgabe haben die magischen Elementsteine zu beschützen. Diese Steine, beinhalten große Macht und gelten als heilige Reliquien, die uns die Götter schenkten. Gleichzeitig bewahren uns die Steine vor einer dunklen Kraft, die eins über Celcia wütete“
, erklärte Äskulaptus den Anwesenden und Karvin führte seine Rede fort und erklärte weiter:
„Wir gehören den Wächtern des Luftsteins an, zu dem auch deine Familie gehört, Roan! Zumindest die Seite deines Vaters, der bisher der Hohewächter des Steins war. Leider muss ich…dir auf diesem Wege mitteilen, dass dein Vater nicht mehr unter uns weilt. Er, wie auch dein älterer Bruder wurden im Kampf um den Schutz des Steins umgebracht. Ich weiß, dass das viel zu verarbeiten ist, mein Junge. Du wurdest weit weg von alldem aufgezogen. Doch nun… müssen wir dich als letzten Nachkommen der Hochwächterlinie unter allen Umständen beschützen. Denn ein uns unbekannter Feind ist aufgetaucht, der droht die dunkle Plage zurück nach Celcia zu bringen. Nicht nur die Luftwächter wurden angegriffen. Auch die anderen Elementwächter klagen über Angriffe und Verluste. Ohne die Hohewächter oder ihre Nachkommen wird die Magie der Steine erlöschen und die dunkle Bedrohung wird sich zurück über ganz Celcia ausbreiten. Diese Bedrohung betrifft uns alle und muss doch geheim bleiben!“
Marukas Ohren klingelten und Jolanta bekam einen nervösen Schluckauf. Paras starrte mit geöffnetem Mund in die Menge und schien das alles für einen schlechten Scherz zu halten. Roan schüttelte nur mit dem Kopf.
„So ein Unsinn… was soll das? Mein Vater verließ meine Mutter, als sie bei meiner Geburt starb. Meine Großeltern meinten er wäre schon lange tot!“
Maru sah, dass Roan aufgewühlt war. Wie musste er sich nur fühlen, wenn plötzlich jemand behauptete, dass sein tot geglaubter Vater ...und ein Bruder?... jetzt doch wirklich tot waren und er ein Erbe antreten sollte, von dem er bisher nichts geahnt hatte. Roan tat ihr wirklich leid, aber sie konnte gerade nichts für ihn tun, auch wenn sie ihn gern einfach mal in den Arm genommen hätte. Das alles, die ganzen Informationen schwirrten ihr wie Staubpartikel durch den Kopf und es kam noch mehr:
„Ich … verstehe deine Verwirrung nur, wird das nichts daran ändern, dass wir dich brauchen. Diese Bedrohung sucht uns nun schon über 20 Jahre heim und bisher konnten wir ihr die Stirn bieten. Doch vor 6 Jahren entglitt uns sie Kontrolle. Die Erdwächter waren die Ersten, die es traf und scheinen nahezu ausgelöscht. Der Erdstein gilt seither als verschwunden. Das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten wird immer schwieriger. Wir brauchen dich Roan!“
Etwas kribbelte in ihr und Maruka drückte auf ihren unruhgen Magen. Ihr würde doch jetzt nicht schlecht werden? Sie beobachtete angestrengt das Treiben weiter und ihre Haut fühlte sich kalt und heiß zu gleich an. Sie versuchte sich weiter zu konzentrieren und nebenbei fiel ihr ein, dass sie noch immer nichts gegessen hatte. Roan schüttelte gerade den Kopf und Jolanta sah von ihrem Studenten etwas besorgt zu Maruka. So dunkelhäutig sie war, so blass wirkte sie sicher gerade etwas grau. Dann sah sie aber wieder nach vorne und fragte:
„Das heißt es ist unbekannt, wer die Wächter angreift und die Steine zum Ziel hat?“
Sie erhielt von der Wächterschaft ein Nicken.
„Und was passiert, wenn das Gleichgewicht zerbricht? Was ist diese dunkle Plage, von der hier die Rede ist? Ich habe noch nie davon gehört!“

Der Dekan seufzte leise und schüttelte mit dem Kopf.
„Doch Jolanta. Das hast du! Die Plage von der hier gesprochen wird hat viele Namen, doch am bekanntesten ist sie als die steinerne Pest.“
Synapse sprang von ihrem Stuhl auf, der quietschend über den Boden schabte. Die heftige Reaktion ließ auch Maruka zusammen zucken, aber sie blieb sitzen.
Steine bekommen doch keine Pest... oder?
Sie verstand es nicht, aber das Entsetzen in Jolantas Augen war echt.
„Aber die brach das letzte Mal vor über tausend Jahren aus!“
, echauffierte sich die Zwergin. Statt das man nun weiter über diese ominöse Krankheit redete, da wandte sich Karvin plötzlich an Maruka, die allein durch das Ansprechen abermals zusammen zuckte. Langsam fing auch ihre Haut an kalt zu kribbeln. Seit dem kargen letzten Frühstück in der Wildnis gestern hatte sie nichts mehr zu sich genommen. Sie hatte keine Zeit gehabt etwas zu essen und auch nichts getrunken. In der ganzen Aufregung war es ihr entgangen und nun rebellierte ihr Körper unter der Last des zusätzlichen Stresses.
„Du bist ein Kind der Erde, nicht wahr?“
, fragte die ältere Dame und Maruka nickte mechanisch.
„Wer sind deine Eltern?“
, fragte sie interessiert, was Roan dazu brachte sie zu unterbrechen:
„Lasst Maruka da raus! Sie hat nichts damit zu tun!“
Sein Beschützerinstinkt war ebenso ausgeprägt wie der von Eren, was kurz das unangenehme Kribbeln in ihrem Bauch etwas besänftigte. Sie war schon weit über den Zustand von Hunger hinaus und nun begann ihr Magen die Leere darin zu verdauen. Ein bisschen würde sie aber noch durchhalten müssen, also ballte sie die Fäuste, deren Finger sich merkwürdig kalt anfühlten. Sie bewegte sie kurz und wischte sich einmal über die etwas feuchte Stirn. Etwas geschwitzt hatte sie und rieb dann verstohlen ihre Hand am Mantel ab. Dafür zierte nun ein breiter Schmutzstreifen ihre Stirn.
„Ist schon gut, Roan.“
Sie lächelte ihm zu, aber es wirkte etwas schwächelnd.
Ist ja kein Geheimnis.
„Ich antworte. Ich... Ich bin die Ziehtochter von Zatreya Quathearke.“
Wieder einmal war ihre 'Mutter' nicht da, wenn etwas wichtiges in ihrem Leben passierte. Aber wie immer, und da war Maru sehr glücklich darüber, war Jolanta an ihrer Seite. Auf sie konnte sie sich verlassen. Ihr Blick huschte kurz zu der Zwergin fand aber gleich den Weg zurück in diese alten braunen Augen vor ihr.
„Ich bin ein Findelkind, unwichtig. Zatreya fand mich und zog mich auf, bis ich alt genug war die Akademie zu besuchen.“
Wo sie genau gefunden worden war, daran erinnerte sie sich auch gerade nicht und gehörte auch sicher nicht hier her. Wollte die geheimnisvolle Dame mehr erfahren, so müsste sie wohl Zatreya befragen.
Der Magen der jungen Erdmaga knurrte leise leer und die Aufregung machte es nicht besser. Nervös puhlte sie an ihren Fingernägeln, während sie hoffte, dass damit alle Fragen beantwortet und man sich wieder anderen Dingen als ihr zuwenden würde. Gleichzeitig nagte aber noch etwas an ihr. Fragen und ein hohles Gefühl, dass nicht aus ihrem Magen stammte, krabbelte wie Käfer unter ihrer Haut. Es musste raus... Also räusperte sie sich noch mal und fragte schnell, bevor man sich wieder anderen Dingen widmete:
„Ähm... s...sollten nicht Roans Großeltern angehört werden?“
… Schließlich steht da noch eine Anschuldigung zu Kollaboration mit Dunkelelfen im Raum. Oder haben das alle überhört? Vielleicht haben sie auch noch etwas dazu zu sagen, sind sie doch auch der Blutlinie nach Hohewächter der Luftsteine.
, schlussfolgerte Maruka leise für sich, aber hatte zumindest mit ihrer Frage den Anstoß gegeben in diese Richtung zu denken. Roans Reaktion hatte nahe gelegt, dass er verständlicher Weise eher seinen Großeltern Glauben schenkte, als dieser fremden Geheim-Gruppierung. Wenn die beiden also etwa zu sagen hatten, dann war es wichtig für ihn, selbst wenn sie vielleicht die Geschichte von Karvin am Ende doch bestätigten. Wenn er wichtig war, dann doch seine Großeltern auch, selbst wenn sie schon alt waren. Vielleicht konnten sie mit ihrem Wissen etwas Licht ins Dunkel dieser Geheimgesellschaft bringen. Das Maruka diesen kleinen Einwurf gebracht hatte, dürfte zumindest zeigen, dass sie sehr aufmerksam war und mit dachte. Dumm war sie nicht, wenn auch manchmal etwas seltsam und dem Äußeren nach nicht jeder Manns Geschmack. Maruka senkte ihren Blick wieder eilig und ihre Locken verdeckten fast ihr ganzes Gesicht, sowie die Schultern und den Oberkörper. Blätter hingen in den weichen großen Wellen und einige Stellen bedürften bald mal wieder einer intensiven Zuwendung, sollten sie nicht verfilzen. Ein Bad stand mal wieder an und auch die Kleidung müsste mal wieder gewaschen werden. Maruka machte ganz sicher nicht den besten äußeren Eindruck, aber schaute man unter ihre Schmutzschicht, konnte der ein oder andere das kleine funkelnde Juwel erblicken, dass sich darunter verbarg. Maruka ging davon aus, dass ihre Befragung nun ein Ende hatte und neigte sich ein wenig zu der Zwergin neben ihr. Sie ging nicht davon aus, für dieses ganze Unterfangen wichtig zu sein, also verbarg sie sich wieder unter ihrer Schüchternheit. Flüsternd fragte sie aber trotzdem noch ihre Mentorin, denn dieser vertraute sie:
„Was genau ist eine steinerne Pest?“
Ihr erster Gedanke, dass Steine krank werden könnten, war einfach zu absurd und ängstigte sie zu sehr. Sie brauchte mehr Informationen um diesen furchtbaren Gedanken los zu werden. Sollte sie noch die Möglichkeit bekommen weitere Fragen zu stellen, dann folgte:
„Und wie funktioniert das mit den Elementsteinen? Dämmen sie die Pest irgendwie ein? Wie viele Steine gibt es insgesamt?“
Letztere Frage war nicht uninteressant, denn bezogen sie sich auf die vier Grundelemente, oder gab es noch mehr? Wie zum Beispiel einen...
… Gibt es einen Geisterstein?
Maruka hatte so ein unbestimmtes Gefühl... nervöse Finger, die in ihre Tasche glitten und den Splitter von Erens Geschenk betasteten. Es war nicht DER Stein, aber es festigte die Erinnerung an alles was sie mit ihm erlebt und gelernt hatte, verband sie und ihn. War vielleicht noch mehr als nur ein Träger der Elementsteine gerade in Zyranus? Natürlich war der Gedanke zu weit her geholt, aber wenn eine dubiose Geheim-Gruppierung so plötzlich auftauchte, dann war etwas großes im Gange und Marukas Phantasie rollte immer schon schnell in alle möglichen Richtungen, fand ungewöhnliche Wege. Eren hätte sie der Herkunft nach am ehesten dem Element Feuer zugeordnet, aber seiner Magie nach eben den Geistern. Wo war sie da nur hinein geschlittert? Ein Hohewächter der Luft, der nicht wusste, dass er einer war, ein Bandit aus Sarma, der einen Stein nach Zyranus brachte auf der Suche nach Hilfe, eine Geheim-Gesellschaft, deren Hintergründe noch geklärt werden müssten...
Kein Wunder, dass Maruka der Kopf schwirrte und das alles auf den leeren Magen schlug. Die mentale Frage nach dem Geisterstein, bzw. ihrer fiktiven Vermutung, was Eren hier in Zyranus wollte, die blieb jedoch erst ungestellt, denn sie hatte Eren und Kilian versprochen ihre Belange vorerst auch geheim zu halten. Ihrer Meinung nach war es immer besser, dass alle Parteien sich gemeinsam an einen Tisch setzten, wenn es darum ging dem Bösen Einhalt zu gebieten. Aber es war auch nicht ihre Aufgabe ihre wilden Vermutungen heraus zu plaudern und ihre neu gewonnenen Freunde damit zu übergehen.
Andererseits könnte es gewiss auch nicht schaden die ein oder andere unspezifische Frage mal Eren zu stellen.
Nur vermutete sie, dass er wie immer nicht antworten würde. Vielleicht konnte sie aber doch eine Reaktion provozieren? So unangenehm diese Situation ihr HIER auch war, so redeten die Leute hier wenigstens miteinander, was deutlich zielführender war als Erens penetrantes Schweigen. Dann erwischte sich Maru dabei, dass sie schon wieder an Eren dachte, wo ihre Gedanken gerade doch im Hier und Jetzt gefordert wurden. Sie versuchte noch einmal ein paar Schlüsselworte im Kopf zusammen zu setzen:
...heilige Reliquien, die uns die Götter schenkten, Wächter des Luftsteins, Hohewächter, Elementwächter, Luftwächter, ...so viele klangvolle Titel für was genau? Welches Ziel verfolgen sie? Und dann... Angriffe und Verluste. Die Erdwächter waren die Ersten, sie sind ausgelöscht. Der Erdstein verschwunden. Die dunkle Plage, die steinerne Pest...
Die Last war erdrückend, dachte man zu lange darüber nach.
Armer Roan! Du musst vollkommen fertig mit der Welt sein.
Sie sah zu ihm voller Mitgefühl hinüber. Seine Eltern zu verlieren musste schlimm sein. Schlimmer als nie welche gehabt zu haben! Aber sie tot zu glauben, dann zu erfahren, dass der Vater doch lebte und ihn noch mal zu verlieren? Maruka konnte sich die Verwirrung und das Leid nicht mal vorstellen. Zu gern hätte sie seine Hand gehalten. Was musste ihm nun alles durch den Kopf gehen?! Fühlte er sich womöglich verraten? Seine Großelten könnten sicher etwas Klarheit bringen, so sie denn wollten und Marukas Einwand gehört worden war. Sie wünschte es Roan, sowie sie ihm Zeit zum Nachdenken wünschte. Leider klang das alles was hier besprochen worden war jedoch ganz schön übel und Jolanta hatte Panik in den Augen gehabt. Die alte Frau namens Karvin hatte aber auch erzählt, dass sie vor sechs Jahren 'die Kontrolle' verloren hatten.
Sechs Jahre... Was ist da genau geschehen? Und was haben sie all die lange Zeit bis jetzt gemacht? Seit 20 Jahren wissen sie davon... Ich versteh es nicht. Warum jetzt? Was hat sich verändert?
Neugierig verfolgte sie den weiteren Verlauf des Treffens. Hier kamen mächtige und schlaue Köpfe zusammen und wenn nicht jeder sein Geheimnis für sich behielt und man die Fakten offen legte, dann hatte dieser Tag die Chance echte Ergebnisse zu liefern. Und dann knackte es plötzlich in ihrem Kopf, als hätte sich ein Knochen eingerenkt.
Steine... Ich kann Steine finden...
Ihr wurde heiß und kalt. Sie bemerkte, dass sie kurz die Luft angehalten hatte und stieß den Atem kurz und heftig aus.
Oh Mist.
Die Erkenntnis, dass sie womöglich das Schicksal aus einem ganz bestimmten Grund hier her geführt hatte, rieselte wie heißer Sand ihr den Rücken hinunter. Am liebsten wäre sie weg gelaufen, aber gleichermaßen klebte die Neugierde ihren Hintern auf den Stuhl fest. Unsicher sah sie automatisch zu Jolanta und versuchte gleichermaßen den Schreck in sich einzuschließen und zu verbergen, …was ihr nie gut gelang. Die Zwergin war die einzige, neben Eren und Kilian, die aktuell um ihre neue Fähigkeit wusste. Marukas Selbstzweifel schlugen mit voller Härte zu:
Ich kann das nicht!!! Unmöglich! Ich bin...unwichtig...unfähig und unkontrolliert! Jeder weiß das! Jolanta, bitte sag nichts. Ich bin noch nicht so weit!
, flehte sie still und fühlte sich in keinster Weise bereit für das, was sich hier womöglich für eine großartige Möglichkeit auftat. Jeder andere hätte darin eine Möglichkeit, eine Chance darin gesehen zu glänzen, aber Maru? Ihr Leben lang hatte sie 'versagt' – in den Augen ihrer Lehrer, in denen ihrer Ziehmutter, der der Klassenkameraden und Mitstudenten... auch in den eigenen, was am schlimmsten war. Erst der unfreiwillige Ausflug und das Aufeinandertreffen mit Eren und Kilian hatten in ihr die Lust auf Abenteuer und ganz allgemein das 'Neue' geweckt. Vorher war sie mit ihrem einfachen Leben zu Frieden gewesen. Jetzt hatte sie Lust neue Dinge zu lernen, aber JETZT gerade drohte sie die Furcht vor ihren eigenen Fähigkeiten schlicht umzuwerfen und das im wortwörtlichen Sinne. Sie spürte ein kaltes Kribbeln im Nacken und kleine dunkle Punkte zogen tanzend von den Rändern ihres Sichtfeldes zur Mitte hin. Fühlte sich so eine drohende Ohnmacht an? Maruka rieb sich plötzlich kräftig über das Gesicht und klopfte sich auf die kribbelnden Arme und Oberschenkel. Suchend sah sie sich verstohlen nach einem Schluck Wasser um. Sie wollte nicht unangenehm auffallen, aber ihr Körper war von dem angenehmen Leben in der Akademie verwöhnt und hatte seine Bedürfnisse, die sich zu den unpassendsten Momenten zeigten. Auf Jolantas besorgten Blick hin raunte sie sehr leise:
„Entschuldigung. Ich hab durch die ganze Aufregung schon wieder vergessen zu essen.“

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Sonntag 4. August 2024, 14:02

Maruka erfuhr, dass sie in etwas Großes hineingestolpert war. Eigentlich schien es sie nicht direkt zu betreffen – nur ihren Freund Roan und doch hatte man ihr gestattet dabei zu sein.
Die Wächter besagter Elementsteine schienen eine sehr alte und geheime Gruppierung zu sein. Über 1000 Jahre musste es sie schon geben, wenn man den Erklärungen und Synapses Ausruf zur steinernen Pest Glauben schenkte.
Für die junge Frau gab es eine Palette an neuen Informationen, die wiederum viele neue Fragen aufwarfen. Ihr Blick wanderte besorgt zu ihrem Freund, der in all das Chaos verwickelt wurde, weil man seinen Vater und älteren Bruder, von denen er offenbar nicht wirklich viel gewusst oder sie für lebend gehalten hatte. Wie musste er sich nur fühlen? Sein Leben wurde gerade von einem Moment auf den Nächsten vollkommen umgekrempelt. Diese Fremden stellten Erwartungen an ihn und erzählten ihm Geschichten, die gegen das, was seine Großeltern ihm erzählt hatten, sprachen.
Auch Paras schien zu erkennen, wie elend sich der andere Windmagier fühlte. Er ballte seine Hände zu Fäusten und sprang von seinem Stuhl auf.
„Und für all das… der ganze Zirkus? Musstet ihr ihn vor der ganzen Fakultät ergreifen? Ihr habt sogar Bannkreise eingesetzt! Wisst ihr eigentlich wie schwer es für ihn wird, hier wieder in einen normalen Alltag zu finden? Er hat nichts getan und ihr habt ihn als Kriminellen dargestellt!“, brauste der temperamentvolle Dunkelhaarige auf und warf Karvin giftige Blicke zu.
Die blieb äußerlich weiter ruhig und schien von seiner aufbrausenden Art eher amüsiert zu sein.
„Wie du mitbekommen hast – weil du immer dabei warst – versuchen wir schon seit über einer Woche mit Roan zu sprechen. Doch er lehnte jeden Kontaktversuch ab, so dass uns nichts Anderes übrigblieb. Wir sind nicht stolz auf unser Handeln, doch wir müssen Roan in Sicherheit bringen. Sein Studium hier in Zyranus wird er so oder so nicht mehr fortführen können!“ Paras Fäuste schlugen neben Maruka auf dem Tisch auf und um den Schwarzhaarigen begann unkontrollierter Wind zu brausen. Nur so stark, dass ihre Haare in Unordnung gerieten und doch…
„Das könnt ihr nicht entscheiden!“, schrie er wütend und sah mit seinem aus Wut und Sorge gemischten Blick zwischen Karvin und Roan hin und her, der immer elender dreinblickte.
„Es ist Roans Bestimmung! Er ist der letzte und einzige Anwärter, der ein Hohewächter werden kann. Ich selbst hätte es mir anders für ihn gewünscht, aber im Leben läuft nicht immer alles so, wie wir es uns vorstellen! Es geht hier um das Wohl aller – nicht nur um das seine!“ Karvins Stimme war ein wenig ernster geworden, doch die alte Dame verlor nie den Ausdruck von Entspanntheit.
Hippokratoles schien solche Unruhen im Turm der Magie nicht gewohnt zu sein. Er kniff sich in einer angestrengten Geste in die Nasenwurzel, ehe er aufsah und Roans Verfechter zur Ordnung rief.
„Fidelio! Dass du anwesend sein darfst ist ein Privileg. Aber, wenn du dich weiterhin so aufführst werde ich veranlassen, dass du ausgeschlossen wirst! Wenn du deinen Kommilitonen wirklich unterstützen möchtest, beherrsche dich und halte den Mund!“ Es waren harte Worte, die Paras trafen, der den Dekan mit großen Augen ansah. Seine Hände zitterten und er biss sich auf die Unterlippe, dass die rote Farbe aus ihr wich. Doch dann setzte er sich wieder – verkrampft und starr.
Für einen Moment herrschte Stille. Roan warf Paras einen verzweifelten Blick zu. Sein Elend wuchs immer weiter, denn er wollte nicht, dass seine Freunde wegen ihm in Schwierigkeiten gerieten. Doch gleichzeitig – wie könnte man es ihm verdenken, war er dankbar, dass sie für ihn da waren.
Maruka konnte sehen, wie dem jungen Mann immer wieder zitternde Schauder über den Körper liefen. Er wirkte, als wäre ihm eiskalt.
Auch ihr ging es nicht besonders gut. Langsam aber sicher machte es sich bemerkbar, dass sie viel zu lange nichts Anständiges mehr gegessen hatte. Ihr Magen blubberte und krampfte unangenehm und ihr Kreislauf schien sich auch gegen sie auflehnen zu wollen.
Dann plötzlich lag der Fokus auf ihr! Ganz unangekündigt wandte sich Karvin an sie und fragte sie, ob sie ein Kind der Erde sei und wer ihre Eltern waren. Natürlich überraschte sie das, denn bisher war sie nur stiller Zuhörer gewesen.
Roan brauste auf, als die mysteriöse alte Frau seine Freundin betrachtete, doch Maruka machten diese Fragen nichts aus:
„Ist schon gut, Roan. Ich antworte. Ich... Ich bin die Ziehtochter von Zatreya Quathearke.“, berichtete Maru, während sie den kalten Schweiß auf ihrer Stirn fortstrich. Wieso konnte hier nicht eine Kleinigkeit zu Essen stehen? Die ganze Situation war verzwickt. Sollte sie vielleicht danach fragen? Die Situation gab es irgendwie nicht her…
„Ich bin ein Findelkind, unwichtig. Zatreya fand mich und zog mich auf, bis ich alt genug war die Akademie zu besuchen.“ Synapse griff nach Marukas Hand und sah sie mit einem Blick an, der sagte: Du bist nicht unwichtig! Offenbar gefiel es auch der Zwergin nicht, dass diese Karvin Interesse an ihrer anderen Studentin zeigte.
Diese wiederum wog sinnierend den Kopf hin und her.
„Zatreya… wie lange habe ich sie schon nicht mehr gesehen? Nun, die Geselligste war sie nie, doch was soll ihr da einen Vorwurf machen!?“, meinte sie und lachte mit ihrer alten Stimme, als hätte sie einen kleinen Scherz gemacht. Vermutlich verglich sie sich mit ihr und da Karvin einer Geheimgesellschaft angehörte, war sie vermutlich ebenfalls nicht häufig unter normalen Leuten.
Zu allem anderen kommentierte sie unerwarteter Weise nichts mehr. Sie bedachte Maruka lediglich mit einem unergründbaren Blick, ehe sie ihr Kinn wieder auf die Handfläche abstützte und zum Dekan sah.
Der Magen der jungen Erdmaga knurrte leise leer und ließ Synapse neben ihr aufmerken. Doch bevor sie weiter reagieren, oder ihre Studentin etwas fragen konnte, äußerte diese eine Frage an die Oberste der Windsteinhüter.
„Ähm... s...sollten nicht Roans Großeltern angehört werden?“, fragte sie und warf Roan dabei verstohlen einen Blick zu. Vielleicht würde es ihm besser gehen, wenn diese anwesend waren. Immerhin waren sie die Familie des Windmagiers und hatten ein Recht zu erfahren, was mit ihrem Enkel passierte!
Karvins blauer Blick wandte sich ihr wieder zu.
„Ich weiß, dass ihr das alles nicht nachvollziehen könnt, doch nein! Die Meinung von Roans Großeltern ist uns hinlänglich bekannt und obwohl ich ihnen zugestehe, dass sie ihn mit viel Herzlichkeit und Wärme großzogen, haben sie nichts mit uns – den Wächtern zu tun, da sie die Eltern von Roans Mutter sind, die eingeheiratet wurde. Es wäre ihnen möglich gewesen, doch sie billigten von Anfang an nicht die Verbindung und arbeiteten konstant gegen uns, so dass wir die Bande kappten.“ Nun wandte sich ihr Blick dem geplagten Mittelpunkt des Ganzen zu.
„Eigentlich hätte Roan mit alldem nicht in Berührung kommen sollen. Doch mit dem Tod meines Sohnes und Roans Bruder…“, die braunen Augen des Windmagiers weiteten sich und er sah geschickt die weißhaarige alte Frau an, „…geriet alles außer Kontrolle. Ich kann ihn nicht aus der Verantwortung nehmen, so sehr ich es ihm wünschen würde.“
Maruka konnte in ihren Augenwinkeln die angespannt zittrigen Hände von Paras sehen. Sie wusste noch nicht viel über die Freundschaft der beiden, doch der burschikose Schwarzhaarige schien das Leid seines Freundes zu sehen und stark mitzuempfinden.
„Reicht… es nicht langsam…?“, hörte man Roans Stimme nun leise, der seinen blonden Schopf immer weiter senkte. „Ich… kann das nicht mehr! Ich will nichts mehr hören oder über den ganzen Mist erfahren!“ Er vergrub sein Gesicht in den Händen und das erste Mal konnte man in Karvins Blick eine wahre Gefühlsregung erkennen, die nicht von ihrem weisen Lächeln überdeckt wurde.
Wieder brach Stille aus. Synapse warf Hippokratoles einen eindringlichen Blick zu. Dann stand sie auf und ging mit ihren kurzen Schritten eilig zu Roan. Die beiden Wachmänner um sie herum wollten sie anfangs aufhalten, doch Karvin verhinderte dies mit einer einfachen Geste. Die Runenmeisterin drängte den einen Wachmann mit seinem Stuhl etwas zur Seite und quetschte sich dann in die Lücke. Sie legte Roan ihre Hände auf die Schultern und brachte den Blondschopf dazu ihn anzusehen. Sie warf ihm einen mitfühlenden und zugleich aufbauenden Blick zu.
„Komm…!“, meinte sie mit sanfter Stimme und zog ihren Studenten am Arm auf die Beine. Wieder wollten die Wachmänner eingreifen, doch wieder hielt Karvin sie auf. Die alte Dame beobachtete das Geschehen ruhig und ließ zu, dass Jolanta Roan zu ihrem Platz brachte, Paras einen Platz zur Seite rutschte, so dass der Windmagier sich genau zwischen seine beiden Freunde setzen konnte. Wie Maruka reagieren würde, würde sich noch zeigen – Paras legte seinem Freund sofort einen Arm um und versuchte ihm Trost zu spenden, den er offenbar bitternötig hatte.

Nachdem sich die neue Sitzordnung etwas gefestigt hatte und die beiden Freunde ein paar Momente für Roan da sein konnten, fanden sie zurück zu diesem unangenehmen Thema.
„Was genau ist eine steinerne Pest?“, fragte Maruka, die versuchte etwas Ordnung und Verstehen in das ganze Chaos zu bringen. Es brachte ja nichts, diese Fragen aufzuschieben – obwohl sie vielleicht doch nach einem Brot fragen sollte? Doch obwohl ihr Hunger sie schier auffraß schob die diese Frage weiter von sich, da es offenbar Wichtigeres gab.
„Und wie funktioniert das mit den Elementsteinen? Dämmen sie die Pest irgendwie ein? Wie viele Steine gibt es insgesamt?“ Aus irgendeinem Grund musste Maruka in diesem Moment an Eren und seinen Stein denken. Ob es Geistersteine gab? Geistermagie gehörte nicht zu den elementaren Magien und doch… hatte sie irgendwie das Gefühl, als wären auch ihre reisenden Freunde in das alles verwickelt.
Es war Hippokratoles, der zuerst das Wort ergriff.
„Die steinerne Pest ist eine magische Seuche, die vor über 1000 Jahren auf Celcia wütete. Ihr Ursprung ist meinem Wissenstands nicht gänzlich bekannt, aber die meisten Vermutungen belegen den Harax als Quelle.“, erklärte er mit der Stimme eines Gelehrten, der schon viele Studenten gelehrt hatte.
„Die Opfer der Seuche… versteinerten! Den Auslöser hierfür konnte man in all der Zeit nicht sicher feststellen. Es gibt zwar verschiedene Theorien, doch selbst die Wächter können nicht mit Sicherheit sagen, wie sie sich verbreitete, oder wer gefährdet war, an ihr ein Ende zu finden.“ Nun war es Karvin, die sich einklinkte:
„Wir wissen nur, dass sich der Befall ausschließlich nachts, oder bei großer Dunkelheit ausbreitete. Laut den Überlieferungen besteht die steinerne Pest aus einer dunklen magischen Masse, die ihre Opfer einhüllt und sie versteinern lässt. Einige sofort – doch in manchen Fällen wuchs die Krankheit über einen längeren Zeitpunkt und versteinerte nur Stück für Stück Gliedmaßen um Gliedmaßen. Der Sage nach schenkten uns die Götter die Elementsteine, um die Plage zu bekämpfen. Unseren Vorfahren gelang es, durch die Kraft dieser Steine, die steinerne Pest zu versiegeln, doch nun… mit den Ermordungen der Hohewächter und den entwendeten Steinen, bekam das Siegel immer stärkere Risse. So dass… erneut die ersten Fälle der steinernen Pest auftauchten.“
Die Nachricht schockierte alle und selbst der Dekan verlor für einen Moment die Kontrolle über seine Mimik.
„Sie breitet sich nicht schnell aus. Bisher sind es 32 registrierte Fälle über die letzten 6 Jahre. Doch… je schwächer die Wächter werden, je mehr Fälle werden hinzukommen. Aus diesem Grund müssen wir dich mitnehmen Roan! Du bist die letzte Hoffnung unserer Wächterschaft und ein nicht wegzudenkendes Bindeglied für die Stabilisierung dieser Gefahr! Der Verlust der Erdsteinwächter war ein harter Schlag! Nur die Götter wissen, ob wir den Stein jemals wiederbekommen und dann jemanden finden können, der die Lücke füllt und in der Lage ist ihn zu kontrollieren! Noch dazu haben sich die verschiedenen Wächterschaften der Elementsteine über die letzten Jahrhunderte … immer mehr voneinander entfernt, da es nicht wirklich nötig gewesen war, dass sie zusammenarbeiten, solange die Steine beschützt werden. Die Beziehungen sind teils angespannt und…“ Karvin verschränkte die Hände ineinander und lehnte ihre Stirn gegen diese. Nun wirkte auch sie von Problemen geplagt.
„… ich will euch nichts vormachen: Die Lage ist heikel und wir stehen vor einem Berg von Problemen! Deshalb müssen wir nun handeln. Unsere größte Aufgabe ist es Roan zu schützen und zu dem Hohewächter zu machen, der er werden muss! Doch darüber hinaus… müssen wir die Wächterschaften wieder einen. Und das… wird vermutlich die größte Herausforderung werden…!“
Maruka schwirrte von der Masse an Informationen und neuen Rätseln der Kopf. Sie sah mitleidig zu Roan, der in all diesem Chaos festzustecken schien. Wie musste man sich fühlen, wenn man erklärt bekam, dass man sein Leben für alle anderen aufgeben musste, weil er der Einzige war, der einen bestimmten Posten ausfüllen konnte?
Weiter ging es nicht nur darum ihn zum Wächter zu machen. Karvins Erklärungen zeigten auf, dass es noch viel mehr Probleme gab. Steine waren verschwunden, Wächterschaften voneinander getrennt… erste Opfer der steinernen Pest wieder aufgetaucht. Vermutlich durfte man das alles wirklich nicht ignorieren! Und Celcia durfte nichts davon erfahren – sonst würden die Wächter vermutlich wirklich nicht mehr agieren können und… ja, das Land könnte in Panik und Chaos versinken.
All diese Nachrichten begannen ihren Zustand zusätzlich zu verschlechtern. Sie war übernüchtert – hungrig und energielos. Und ihr wurde klar, dass sie diesen Leuten mit ihrer Fähigkeit Steine zu finden helfen könnte! Doch dieser Gedanke versetzte Maruka in Panik. Sie wollte mit alldem eigentlich nichts zu tun haben! Ihr Plan war es mit Eren und Kílían auf Reisen zu gehen und all diese Probleme hier… hinter sich zu lassen…!
Verzweifelt sah sie Jolanta an, die jedoch mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war. Offenbar erkannte sie nun auch das Ausmaß der Gefahr. Blass sah sie auf den Tisch und brachte kein Wort heraus.
Maruka spürte ein kaltes Kribbeln im Nacken und kleine dunkle Punkte zogen tanzend von den Rändern ihres Sichtfeldes zur Mitte hin. Wurde sie gleich ohnmächtig? Ihr Blick suchte nach etwas zu trinken. Wenigstens Wasser… vielleicht würde das ihren Magen beruhigen.
Nun sah Jolanta endlich zu ihr. Und Maruka konnte ihr leise erklären, was mit ihr los war:
„Entschuldigung. Ich hab durch die ganze Aufregung schon wieder vergessen zu essen.“
„Ach du lieber Himmel, Kind!“, flüsterte sie und stand auf. „Ich besorge etwas zu essen. Vermutlich hat keiner von ihnen bereits etwas im Magen, da der Essenssaal erst geöffnet hatte, als das alles geschah!“ Und damit verschwand die Zwergin, ohne dass sie jemand aufhielt.
Roan hatte die ganze Zeit den Kopf gesenkt, so dass seine welligen Haare seine Augen verdeckten. Auf seine geballten Hände tropfe klare Flüssigkeit, so dass man meinen könnte, dass er weinte, doch als Paras nachsah, erkannte dieser, dass bei seinem Freund kalter Schweiß ausgebrochen war. Ob nun wegen des Schocks, oder weil auch er hungrig war, war unklar.
„… ich werde mit euch gehen…!“, erklang fast nicht hörbar seine Stimme. Sie klang resigniert und kraftlos und irgendwie … herzzerreißend. Paras sog die Luft ein und drückte den Blonden etwas mehr an sich. Er schien etwas sagen zu wollen – zu widersprechen – doch offenbar hatte auch er das Dilemma der Situation erkannt.
„Ich begleite dich!!!“, platzte es dann aus dem anderen Windmagier heraus – weitaus kraftvoller und entschlossener, als von seinem Freund. „Scheiße, als würde ich dich im Stich lassen!“ Die dunkelblauen Augen des Schwarzhaarigen wandten sich den weisen Obrigkeiten zu, die über sie alle dieses Ausmaß an Chaos gebracht hatten.
„Versucht erst gar nicht mich davon abzuhalten! Ich lasse Roan nicht alleine!“ Hippokratoles bedachte den Studenten nur und seufzte. „Was willst du erreichen? Was ist mit deinem Studium?“ – „Egal!“, konterte Paras, wie aus der Pistole geschossen, als plötzlich die Türe geöffnet wurde und Synapse mit einem anderen Professor reinkam, die für sie alle eine Brotmahlzeit und Getränke brachten.
Klappernd wurde das Essen verteilt, doch außer Maruka rührte kaum einer das Essen an. Ein paar der Wächter griffen zu und der Dekan griff nach einer Tasse Tee, doch sonst…
Jolanta sah sich fragend um, da sie Roans Entscheidung verpasst hatte.
„Ich habe nichts dagegen!“, meinte Karvin dann plötzlich und warf dem jungen Fidelio einen Blick zu. „Roans Freunde können sich uns anschließen, soweit sie es möchten und einen Ritualeid ablegen!“
Der Blondschopf selbst schien hin und hergerissen. Endlich hob sich sein Blick und er sah Paras an, als würde er sein Lebensretter sein. Gleichzeitig sah man, dass er ihn nicht in all das mit hineinziehen wollte.
„Versuchs erst gar nicht!“, meinte Paras, wesentlich ruhiger und verzog den Mund zu einem entschlossenen Lächeln. Dann huschte nicht nur sein Blick zu Maruka. Karvin hatte von Freunden gesprochen – Mehrzahl also! Doch würde Maruka überhaupt fähig sein sich gerade zu entscheiden? In ihr wallte noch immer Sorge und Angst umher – sie wollte das eigentlich nicht – oder doch?
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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Maruka » Montag 5. August 2024, 17:45

Paras Fäuste schlugen neben Maruka auf den Tisch, als dieser sich aufregte und sich 'Luft' machen musste. Maruka kannte grundsätzlich das aufbrausende Temperament der Windmagier und zuckte trotzdem zusammen. Heute tat sie das insgesamt sehr häufig. Es passierte einfach gerade sehr viel in ihrem Leben.
Noch vor kurzem hatte sie gerade mal den vagen Verdacht, die Idee gehabt, dass Roan vielleicht wegen ihrem erneuten Verschwinden 'aufgebraust' war und in der Kantine für Aufregung gesorgt hatte, vielleicht dass er dabei jemand versehentlich verletz hätte... ein kleiner Kriminalfall vielleicht... aber das hier???
Alles was sie bis jetzt gehört hatte, war so viel größer als sie es sich auch nur hatte vorstellen können! Roan tat ihr ehrlich leid.
„Das könnt ihr nicht entscheiden!“
, schrie neben ihr Paras wütend auf und Maruka kam nicht umhin ihn von der Seite her genauer zu betrachten. Sein Mut, seine ungestüme Art war zwar manchmal etwas erschreckend, aber auch ehrlich und insgeheim bewunderte sie ihn dafür ein bisschen. Mit seinen kurzen schwarzen Haaren und den im Kontrast stehenden hellblauen Augen sah er nun auch wirklich nicht schlecht aus. Typen wie er hatten aber ganz sicher schon eine Freundin... Wie kam sie nur auf diesen Gedanken? Paras und Roan waren echte Hingucker der Schule und Maruka entdeckte jetzt erst etwas verspätet ihr Interesse am anderen Geschlecht. Die alte Dame der Gegenseite antwortete gelassen dem stürmischen Schüler und unterbrach damit ihre Ausflüge in mögliche Fantasien:
„Es ist Roans Bestimmung! Er ist der letzte und einzige Anwärter, der ein Hohewächter werden kann. Ich selbst hätte es mir anders für ihn gewünscht, aber im Leben läuft nicht immer alles so, wie wir es uns vorstellen! Es geht hier um das Wohl aller – nicht nur um das seine!“
Karvins Worte hatten etwas in Maruka leicht angeschlagen und es klang in ihr nach. Sie hatte sich ein anderes Leben für ihn gewünscht, was sie nicht hätte sagen müssen. Das zeugte zumindest von echtem Mitgefühl. Auch wenn Paras neben ihr, der Frau mit den weißen Haaren wohl nichts abgewinnen konnte, so konnte Maruka ihr einfach nicht böse sein. Ihr Bauch, auch wenn dieser unendlich hungrig war, der sagte ihr, dass sie Roan nichts böses wollte. Sie versuchte ihn zu beschützen... vor was auch immer. Dann griff aber der Schulleiter ein und maßregelte das stürmische Gemüt, so dass sich ihr Sitznachbar wieder setzte und verkrampft und vor sich hin starrte.
Für einen Moment herrschte Stille.
Roan warf Paras einen verzweifelten Blick zu. Maruka konnte sehen, wie dem jungen Mann immer wieder zitternde Schauder über den Körper liefen. Er wirkte, als wäre ihm eiskalt.
Steht er unter Schock? Würde ich auch, wenn ich so im Zentrum stehen würde...
Sie war keine Heilerin, aber ein paar Grundfähigkeiten hatte man ihr sicher hier beigebracht. Zum Beispiel, dass man jemand die Beine hoch legen sollte, sollte er einen Schock erleiden. Aber sicher würde im Ernstfall schon jemand von den Lehrkräften ihm helfen. Auch ihr ging es nicht besonders gut, auch wenn sie es weg zu drücken versuchte. Langsam aber sicher machte es sich bemerkbar, dass sie viel zu lange nichts Anständiges mehr gegessen hatte. Ihr Magen krampfte und ihr Kreislauf schien sich auch gegen sie auflehnen zu wollen.
Dann plötzlich lag der Fokus auf ihr! Sofort wähnte sie sich im Schockzustand, aber versuchte die Fragen zu beantworten die Karvin ihr stellte...
„Zatreya… wie lange habe ich sie schon nicht mehr gesehen? Nun, die Geselligste war sie nie, doch was soll ihr da einen Vorwurf machen!?“
, meinte sie und lachte mit ihrer alten Stimme, als hätte sie einen kleinen Scherz gemacht.
...???...
Maruka verstand gar nichts. Kannten sich Zatreya und Karvin? Auf ihre Frage, ob nicht Roans Großelten gehört werden sollten, reagierte sie:
„Ich weiß, dass ihr das alles nicht nachvollziehen könnt, doch nein! Die Meinung von Roans Großeltern ist uns hinlänglich bekannt und obwohl ich ihnen zugestehe, dass sie ihn mit viel Herzlichkeit und Wärme großzogen, haben sie nichts mit uns – den Wächtern zu tun, da sie die Eltern von Roans Mutter sind, die eingeheiratet wurde. Es wäre ihnen möglich gewesen, doch sie billigten von Anfang an nicht die Verbindung und arbeiteten konstant gegen uns, so dass wir die Bande kappten....Eigentlich hätte Roan mit alldem nicht in Berührung kommen sollen. Doch mit dem Tod meines Sohnes und Roans Bruder…geriet alles außer Kontrolle. Ich kann ihn nicht aus der Verantwortung nehmen, so sehr ich es ihm wünschen würde.“
Moment... Verwandtschaftsgrade... da war ich nie gut drin. Also ist sie... seine Tante? Und seine Großelten sind die Mütterlicherseits. Keine Hohewächter. Ok. Das erklärt einiges.
„Reicht… es nicht langsam…?Ich… kann das nicht mehr! Ich will nichts mehr hören oder über den ganzen Mist erfahren!“
, raunte Roan stockend. Er vergrub sein Gesicht in den Händen und das erste Mal konnte man in Karvins Blick eine wahre Gefühlsregung erkennen, die nicht von ihrem weisen Lächeln überdeckt wurde. Es tat ihr leid. Er tat ihr leid. Es war aber Synapse die handelte und eilig zu Roan ging und mit sanfter Stimme aus dem Mittelpunkt der Befragung, dem Zentrum all dieser Aufmerksamkeit holte und zwischen seine Freunde setzte.
Und dafür hab ich dich auch immer lieb gehabt. Nicht lange reden, einfach tun...
, dachte Maruka liebevoll und schenkte Jolanta ein dankbares Lächeln. Paras legte seinem Freund sofort einen Arm um und versuchte ihm Trost zu spenden, den er offenbar bitter nötig hatte. Auch Maruka hatte keine Berührungsängste und tat es ihm auf ihrer Seite gleich. Um noch weiter von ihm abzulenken, stellte sie weiter ihre Fragen. Es war der Dekan, der dann antwortete:
„Die steinerne Pest ist eine magische Seuche, die vor über 1000 Jahren auf Celcia wütete. Ihr Ursprung ist meinem Wissensstandes nicht gänzlich bekannt, aber die meisten Vermutungen belegen den Harax als Quelle. Die Opfer der Seuche… versteinerten!“
Versteinern? Also werden nicht die Steine krank, sondern die Menschen, ich Dummerchen, oh Mann! Nur Kiesel im Kopf! ...Das erklärt, warum vielleicht die Wächter der Steine als erstes ausgemerzt wurden... sie könnten am ehesten die Krankheit verstehen.
Es war ein gruseliger Gedanke, aber vielleicht lag sie dieses mal nicht ganz so falsch.
„Den Auslöser hierfür konnte man in all der Zeit nicht sicher feststellen. Es gibt zwar verschiedene Theorien, doch selbst die Wächter können nicht mit Sicherheit sagen, wie sie sich verbreitete, oder wer gefährdet war, an ihr ein Ende zu finden.“
Gab es denn welche die NICHT gefährdet waren? Also immun?
Karvin klinkte sich ein:
„Wir wissen nur, dass sich der Befall ausschließlich nachts, oder bei großer Dunkelheit ausbreitete.“
Dann mag es kein Licht.
„Laut den Überlieferungen besteht die steinerne Pest aus einer dunklen magischen Masse, die ihre Opfer einhüllt und sie versteinern lässt.“
Bäh...
„Einige sofort – doch in manchen Fällen wuchs die Krankheit über einen längeren Zeitpunkt und versteinerte nur Stück für Stück Gliedmaßen um Gliedmaßen. Der Sage nach schenkten uns die Götter die Elementsteine, um die Plage zu bekämpfen. Unseren Vorfahren gelang es, durch die Kraft dieser Steine, die steinerne Pest zu versiegeln, doch nun… mit den Ermordungen der Hohewächter und den entwendeten Steinen, bekam das Siegel immer stärkere Risse, so dass erneut die ersten Fälle der steinernen Pest auftauchten. ...Sie breitet sich nicht schnell aus. Bisher sind es 32 registrierte Fälle über die letzten 6 Jahre.“
Wo genau sind sie aufgetreten? Alle an einem Ort oder verstreut?
„Doch… je schwächer die Wächter werden, je mehr Fälle werden hinzukommen. Aus diesem Grund müssen wir dich mitnehmen Roan! Du bist die letzte Hoffnung unserer Wächterschaft und ein nicht wegzudenkendes Bindeglied für die Stabilisierung dieser Gefahr! Der Verlust der Erdsteinwächter war ein harter Schlag!“
Irgendwie fühlte sich Maruka ehrlich betroffen, bei diesem letzten Satz. Sicher lag es daran, dass sie ihren Mitmagiern nachtrauerte und auch ihr Schicksal an sich einfach schrecklich fand. Es fühlte sich an, als hätte sie selbst gerade einen schweren Stein im Magen. Sie hielt den Blick gesenkt und ihre Augen schimmerten leicht glasig, während Karvin weiter sprach:
„Nur die Götter wissen, ob wir den Stein jemals wiederbekommen und dann jemanden finden können, der die Lücke füllt und in der Lage ist ihn zu kontrollieren!“
Ähm... Habt ihr denn nicht...???
Maruka hörte weiter zu und schaffte den Gedanken nicht zu Ende zu bringen.
„Noch dazu haben sich die verschiedenen Wächterschaften der Elementsteine über die letzten Jahrhunderte … immer mehr voneinander entfernt, da es nicht wirklich nötig gewesen war, dass sie zusammenarbeiten, solange die Steine beschützt werden.“
Hm, kann nicht jeder in einer Stadt leben, in der sich alle Magie-Richtungen 'halbwegs' gut vertragen und sogar zusammen arbeiten. Zyranus ist da schon was besonderes.
„Die Beziehungen sind teils angespannt und ich will euch nichts vormachen: Die Lage ist heikel und wir stehen vor einem Berg von Problemen! Deshalb müssen wir nun handeln. Unsere größte Aufgabe ist es Roan zu schützen und zu dem Hohewächter zu machen, der er werden muss!“
Was er dafür wohl tun muss?
„Doch darüber hinaus… müssen wir die Wächterschaften wieder einen. Und das… wird vermutlich die größte Herausforderung werden…!“
Holt sie alle nach Zyranus.
, war ihre schlichte und vollkommen sinnfreie Meinung zu jeglicher Politik. So wie sie sich im zwischenmenschlichen Bereich nicht sonderlich gut auskannte, so waren die Ränkespiele der oberen Machthaber ihr immer ein Rätsel geblieben. Marukas Kopf schwirrte aber auch von der Masse an Informationen, die sie hier zu hören bekommen hatte. Sie sah mitleidig zu Roan, der in all diesem Chaos auch noch als Hauptperson festzustecken schien. Es gab so viel zu bedenken, so viele Probleme.
Die Steine sind verschwunden. Alle? Die Wächterschaften sind voneinander getrennt. Es gibt erste Opfer der steinernen Pest, beginnend vor sechs Jahren. Und ja, sollte das alls bekannt werden, könnte das Land in Panik und Chaos versinken. Alles sehr... SEHR ...schwierig!!!
So wie langsam etwas Panik in Maru aufstieg. All diese schlechten Nachrichten begannen ihren Zustand zusätzlich zu verschlechtern. Sie war übernüchtert – hungrig und energielos. Und dann wurde ihr auch noch klar, dass sie diesen Leuten mit ihrer Fähigkeit Steine zu finden helfen könnte!
Dieser Gedanke versetzte Maruka in Panik. Verzweifelt sah sie Jolanta an, die jedoch mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war. Offenbar erkannte sie nun auch das Ausmaß der Gefahr. Blass sah sie auf den Tisch und brachte kein Wort heraus.
Maruka spürte ein kaltes Kribbeln im Nacken und kleine dunkle Punkte zogen tanzend von den Rändern ihres Sichtfeldes zur Mitte hin. Ihr leises Geständnis an Jolanta folgte, diese handelte abermals sofort und verschwand um etwas zu Essen zu holen. Roan neben ihr hatte die ganze Zeit den Kopf gesenkt, so dass seine welligen Haare seine Augen verdeckten. Auf seine geballten Hände tropfe klare Flüssigkeit.
Himmel hilf ihm, weit er?
Paras hatte es auch bemerkt und sah nach. Seinem Freund war kalter Schweiß ausgebrochen. Auch sie war nicht merk weit davon.
… Verdammt! ... Ich hab so Hunger...
Da erhob Roan seine Stimme:
„… Ich werde mit euch gehen…!“
Was?
„Ich begleite dich!!!“
, platzte es aus Paras heraus. Dann ging es Schlag auf Schlag weiter und Marukas Ohren begannen zu summen.
„Scheiße, als würde ich dich im Stich lassen!“
„Versucht erst gar nicht mich davon abzuhalten! Ich lasse Roan nicht alleine!“
Der Dekan betrachtete den Studenten nur und seufzte.
„Was willst du erreichen? Was ist mit deinem Studium?“
„Egal!“
, konterte Paras, wie aus der Pistole geschossen, als plötzlich die Türe geöffnet wurde und Synapse mit einem anderen Professor reinkam, die für sie alle eine Brotmahlzeit und Getränke brachten.
DANKE!!!
Klappernd wurde das Essen verteilt, doch außer Maruka rührte kaum einer das Essen an. Die hungrige Erdmaga war schon am Stadium von hungrig vorbei und ihr Magen tat einfach nur noch weh. Die Gerüche machten sie leicht schwummrig und der erste Happen wollte fast nicht hinunter rutschen. Kurz wurde ihr sogar leicht übel, aber dann nahm sie einen Schluck Tee und ihr Magen dankte es ihr sofort. Es wurde besser und dann kam der Hunger mit Macht zurück! Maruka konzentrierte sich jetzt ganz auf das Essen.
„Ich habe nichts dagegen!“
, meinte Karvin. Maruka schaute ein paar süße Marmeladenbrötchen an, als sei sie verliebt.
„Roans Freunde können sich uns anschließen, soweit sie es möchten und einen Ritualeid ablegen!“
„Versuchs erst gar nicht!“
, meinte Paras und sein Blick huschte zu Maruka. Die Erdmaga sah aufgeschreckt durch die Bewegung auf. Was sie im Rausch der Kalorien nicht mitbekommen hatte... Karvin hatte von Freunden gesprochen – Mehrzahl also! Doch würde Maruka überhaupt fähig sein sich gerade zu entscheiden? In ihr ihrem Mund rollten Reisebällchen umher... und überdeckten die rollenden Steine aus Sorge und Angst in ihrem Kopf.
Ups... er schaut so fragend. Hab ich was nicht mitbekommen? Einfach mal nicken.
Den Mund hatte sie voll, also tat sie das. Sie nickte. Mit vollem Mund sprach man ja auch nicht.
Erst mal abwarten was sie jetzt sagen. Vielleicht bekomme ich ja dann mit worum es eben ging.
Maruka hatte sich wohl gerade bereit erklärt die Reise mitzumachen, ohne es wirklich bewusst entschieden zu haben, oder auch nur wirklich gefragt worden zu sein, was... typisch für sie war. Sie dachte manchmal etwas langsam und rollte die Probleme von einer Ecke in die andere, bevor sie sich entschied, bis sie von der Lawine einfach mitgerissen wurde, was in ihrem Fall sogar manchmal ganz gut war. Sonst käme sie wohl nie vom Fleck. Mit großen fragenden Augen sah sie also etwas verunsichert in die Runde und hoffte, dass die nächsten Ausführungen sie aufklären würden, was gerade passiert war.
Eigentlich ging sie das alles ja auch nun nicht wirklich etwas an und es gab sicher genügend mächtige Leute, die sich fortan um Roan kümmerten. Wer war sie da schon? Dabei kam ihr eine andere Idee, sie schluckte die Krümel in ihrem Mund herunter und fragte dann leise:
„Habt ihr vielleicht vor Zatreya zu fragen ob sie nicht Hohewächter werden kann? Sie ist doch sehr mächtig. Gibt es keinen Ersatz für die Erdmagier ...ähm... Hohewächter der Erde die ihr verloren habt? Oder gibt es da nur eben diese speziellen Blutlinien, die dafür in Frage kommen?“
Ihr Bauch fühlte sich inzwischen nicht mehr ganz so flau an und die Brote halfen. Den Tee süßte sie mit vier Löffeln Honig, damit es ihr schneller wieder richtig gut ging.

Sobald sie erkannte, dass sie quasi 'Ja' zu dieser Unternehmung gesagt hatte, da fiel ihr auch wieder der Traum ein, indem ein junger Mann zu ihr gesagt hatte, sie solle Zyranus verlassen. Auch Eren hatte sie gefragt warum sie ihren Träumen so viel Gewicht bei maß. Das tat sie, weil sie noch nie zuvor geträumt hatte... immer nur um unkontrolliert zu reisen.
Die junge Erdmagierin war sichtbar verstört und ihr Kopf arbeitete langsam, aber wieder in geordneten Bahnen und ihr Gesicht gewann auch wieder an Farbe. Auch wenn sie ein bisschen Angst vor der Zukunft hatte, so fühlte sie sich doch das erste Mal zu etwas nütze. WENN das alles so richtig war, dann könnte sie ein kleines, aber wichtiges Rädchen in diesem Gefüge sein, eine kleine Rolle, die ihre Erfolgschancen steigerte. Mit etwas im Magen, da nahm die Panik auch wieder etwas ab, denn wie sagte die Großmutter im Märchen zu dem Mädchen: „Sorgen sind vergessen, gibt’s nur was zu essen.“ So war sie mit ihrer eher unbeabsichtigte Entscheidung im Nachhinein doch ganz zufrieden.
Ich muss aber erst Nudd Erdnudel den Dritten in die Freiheit entlassen!
, war eine ihrer Sorgen.
...und Eren und Kilian vorher noch mal treffen! Oh Mist! Was wenn ich einfach immer wieder weg springe... Ich... Ich bin garnicht fähig diese Reise zu machen, oder?
Unwillkürlich wanderte ihr Blick fragend zu Jolanta die um ihre Sorgen wissen könnte. Maru schluckte schwer.
Beruhige dich!
, beschwor sie sich selbst und redete sich gut zu:
Du hast jetzt dieses Armband!!! Das wird helfen ...und nur wenn du es wirklich willst könnte es eventuell klappen, dass ich reise... also alles gut... hoffe ich.
Dann fragte sie noch unbestimmt in die Runde der Mächtigen:
„Wo hin soll es eigentlich gehen?“

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Re: Gäste oder Gefangene?

Beitrag von Erzähler » Sonntag 11. August 2024, 22:34

Es geschah wirklich viel auf einmal. Maruka, die auch noch übernüchtert war, fiel es immer schwer ihre Konzentration beizubehalten. Eine Information jagte die Nächste und eine Entscheidung fiel, auf die eine andere folgte.
Roan war der Erste, der sich in sein Schicksal fügte. Wie sollte er auch eine andere Wahl haben? Ihm war buchstäblich erklärt worden, dass er sich seinen zukünftigen Weg nicht mehr aussuchen konnte, ohne dass dieses Leben Opfer erfordern würde. Jemand, der auf die Kosten anderer lebte, war er einfach nicht. Dennoch fiel diese Entscheidung unwahrscheinlich schwer. Sein sonst so sonniges Gemüt schien vollkommen verschwunden. Normal sah es so aus, als würde Roan im Leben dunklen Wolken entdecken können. Doch dieses Weltbild hatte man nun gewaltsam zerbrochen.
Paras sah besorgt, wie klein sich sein sonst so groß gewachsener Freund machte, dessen Blick sich auf seine Hände geheftet hatte, die immer wieder leicht zitterten. Die beiden Luftmagier waren kindheitsfreund, die bisher durch dick und dünn gegangen waren. Und so war es für Paras keine Frage, dass er sich dazu entschloss Roan auf seinem neuen Weg zu begleiten.
In diesem Moment, erhielt der Roan wenigstens einen kleinen Teil seines bisherigen Lebens zurück! Sein Blick musterte Paras unsicher, erschrocken und doch… auch dankbar!
Der Schwarzhaarige hingegen sah zu Maruka, die gerade damit beschäftigt war ihren Magen mit dem gebrachten Essen zu beruhigen! Darüber schien sie Karvins Aussage gar nicht mitbekommen zu haben. Da Paras sie jedoch so erwartungsvoll ansah und auch Roans brauner Blick durch seine blonden Zotteln zu ihr hinübersah, fühlte sich die junge Frau ein wenig in Zugzwang gesetzt. Und da sie nicht vermutete, dass sie mit einem einfachen Nicken einer abenteuerlichen und völlig ungeplanten Reise zustimmte, stimmte sie, ohne es wirklich zu merken zu.
In Roans Blick mischte sich Überraschung, während sich Karvin zufrieden lächelnd in ihrem Stuhl zurücklehnte und Paras ein zufriedenes, schiefes Grinsen zeigte.
„Hast ja doch mehr Mumm, als gedacht Wühlmaus! Hab dich wohl verkannt!“, gab er anerkennend von sich und strubbelte Maruka tatsächlich freundschaftlich durch das lockige Haar. Jolanta hingehen… sah die Jüngere an, als hätte sie ihr gerade eröffnet, dass sie nie wieder einen Stein anfassen wollte!
„Bei den Göttern…“, gab sie stöhnend von sich und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Mit einem Streich schien sie drei ihrer Studenten… verloren zu haben! Das nicht wahrhaben wollend schüttelte sie immer weiter mit dem Kopf, bis sich Maruka plötzlich zu Wort meldete.
„Habt ihr vielleicht vor Zatreya zu fragen ob sie nicht Hohewächter werden kann? Sie ist doch sehr mächtig. Gibt es keinen Ersatz für die Erdmagier ...ähm... Hohewächter der Erde die ihr verloren habt? Oder gibt es da nur eben diese speziellen Blutlinien, die dafür in Frage kommen?“, fragte sie, vermutlich noch immer nicht ganz verstehend, worin sie eingewilligt hatte.
Karvin beugte sich wieder ein wenig vor und maß Maruka mit ihrem Blick. „Dein Gedanke ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, wie mächtig sie ist, doch kommt sie dennoch nicht in Frage. Wie du bereits erwähnt hast, kommen dafür tatsächlich nur Personen einer speziellen Blutlinie in Frage und Zatreya ist bewiesener Maßen nicht Teil dieser Linie. Wir können nur hoffen, dass wir einen letzten Abkömmling noch finden können. Doch da auch der Erdstein verschwunden ist, ist dieses Vorhaben derzeit kaum umzusetzen! Noch dazu… gehörten die Erdwächter nie zu den besonders… vermehrungsfreudigen Gesellen.“, geckerte die Alte am Schluss, was Jolanta leicht errötend und empört nach Luft schnappen ließ.
„Nicht vor meinen Studenten!“, rief sie aus und sah zu Maruka, in der Hoffnung, dass sie diese Anspielung nicht verstanden hatte.
„Ach, was soll das denn? Diese jungen Leute hier sind doch keine Kinder mehr! Vermutlich gründen sie bald alle selbst ihre Familien!“, stichelte Karvin, wobei vermutlich ein Quäntchen Erwartung und Wahrheit in ihren Worten steckte, dachte man einen Schritt weiter und bedachte, dass Roan der letzte noch lebende Hohewächter der Blutlinie sein sollte.
Glücklicherweise schien der blonde Luftmagier auf diesen Gedanken noch nicht zu kommen.
Karvin schob nun ihren Stuhl zurück und erhob sich.
„Nun denn, ich denke wir haben das Wichtigste besprochen! Paras und Maruka, wir werden euch einen magischen Schwur abverlangen müssen, bevor wir euch gestatten mit uns zu kommen. Dieser Schwur wird sicherstellen, dass ihr über all das, was ihr hier gehört habt stillschweigen wahrt! Ihr versteht sicher, wie ernst die Lage ist!
Paras zuckte auf die Worte nur mit den Schultern und ging auf die ältere Dame zu.
„Ist mir gleich! Ich würde so oder so nicht reden!“, meinte er nur und sah ziemlich gelassen dabei zu, wie Karvin ein merkwürdiges Band um seine rechte Hand wickelte. Danach drückte sie seine linke Hand auf die Stelle seines Herzens. Um die beiden herum malten die anderen Wächter mit einer kreideähnlichen Substanz weiße Symbole auf den Boden.
Als das alles fertig war, trat Karvin aus dem Kreis und Roan stand besorgt auf. „Ist das ungefährlich?“, fragte er und sah seinen Freund besorgt an. Seine Großmutter nickte nur und winkte sorgenfrei mit der Hand.
„Keine Sorge! Aber nun – fangen wir an! Paras Fidelio – schwöre, dass du die Geheimnisse der Wächter wahren und nie einer unbefugten Seele darüber berichten wirst. Schwöre, dass du aufrichtigen Herzens und Entschlusses Roan folgen und ihm niemals mit Worten, oder Taten Leid zufügen wirst, solange auch seine Handlungen und Ziele dem Schutz unserer Welt gelten! Schwöre ein Teil der Wächterschaft des Luftsteins zu werden und diese, wie auch unsere Ziele niemals zu verraten!“
Sobald Karvin anfing zu sprechen, leuchten die magischen Symbole in einem weißlichen Licht auf und um den jungen Luftmagier begann der Wind zu wehen. Das Band um sein rechtes Handgelenk leuchtete ebenfalls auf und dunkle Symbole wurden erkennbar, die sich auf magische Weise von ihrem Untergrund lösten und begannen sich über Paras Haut zu schlängeln.
„Bei Ventha, was ein Aufriss – aber gut! Ich schwöre! Als würde ich meinen besten Freund jemals verraten!“ Paras behielt die ganze Zeit sein schiefes und selbstbewusstes Grinsen bei. Für ihn war es offenbar wirklich keine Frage – er hatte sich längst entschieden! Und mit seinem Schwur, festigten sich die feinen schwarzen Linien aus Symbolen über seiner Haut.
Danach, erlosch der Symbolkreis und Paras konnte daraus hervortreten. Das Band floss von seiner Haut zu Boden, doch der Schwur war in einer uralten Symbolschrift auf seiner Haut verewigt. Der Dunkelhaarige besah sich seine Tätowierung von allen Seiten, strich mit dem Finger darüber, doch nichts würde die Farbe verwischen oder verschwinden lassen. Dann hob er den Blick und sah … zu Maruka!
„Und jetzt du Wühlmaus!“, meinte er, doch bevor die junge Magierin in Panik verfallen und Jolante erbost einer weiteren Empörung Luft machen konnte, mischte sich Karvin wieder ein.
„Bei Maruka wird es anders ablaufen! Sie wird ein Schweigegelübde ablegen, doch sie wird kein Mitglied der Wächterschaft werden! Als Erdmagierin ist ihr dies bei uns nicht möglich, außer sie heiratet ein! Das wiederum ist allerdings ein anderes Ritual!“ Wieder geckerte die Alte und Synapse entließ die angestaute Luft aus ihren Lungen.
„Keine Sorge Mädchen, bei dir wird es keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Solltest du den Schwur jedoch versuchen zu brechen, wirst du dadurch ohnmächtig. Du erholst dich allerdings schnell wieder! Aber der Schwur wird verhindern, dass du einer anderen Seele davon berichten kannst – egal auf welchem Wege!“
Der Dekan erhob sich ebenfalls und ging um den Tisch herum. „Es ist ungefährlich!“, bestätigte er und beruhigte so nicht nur Maruka, sondern auch Roan, der nun besorgt neben seine Freundin trat.
„Maru… ich weiß nicht was ich sagen soll…! Ich danke dir, dass du… das für mich tust!“, meinte er ehrlich betroffen und noch immer mit einem Ausdruck der Schuld, dass er seinen Freunden so viele Probleme bereitete.
Ihren Sorgen bezüglich Eren und Nudd würde sie erst im Anschluss nach alldem nachkommen können.
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