Abreise der Truppe

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Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Montag 1. Oktober 2007, 12:08

Als Sanara in den Hof kam, standen Rodrik und Woron bereits voll angezogen und abreisebereit da. Sie hatten sich gegen die eisigen Böen und den starken Schneefall, der ihre Gesichter umwehte warm angezogen. Zum mindest Rodrik. er trug mindestens ein dutzend Pelze, während Woron eher alte, schmutzige Wolle trug.
Als Rodrik sie sah huschte ein strahlendes Lächeln über sein Gesicht, das von der Pelzmütze eingerahmt wurde.
„Da seid Ihr ja! Schön Euch zu sehen. Und pünktlich wie die Uhr.“
Woron hatte nur einen kurzen Blick für sie übrig, dann wandte er seine Augen wieder dem Stall zu.

„Mirwena holte gerade die fünf Pferde“, erklärte Rodrik.
Wie auf Kommando trat Mirwena in diesem Augenblick aus dem Stall. Sie brachte ein Packpferd, mit vielen Taschen und Kisten beladen heraus. Es hatte eine silbergraue Färbung und war vor allem groß und kräftig.
„Hebt!“, befahl sie Woron. Wortlos griff dieser nach den Zügeln.
Dann ging sie wieder in den Stahl und kam mit einer schlanken, hellbraunen Stute, an der linken Hand und einem kräftigen dunkelbraunen Hengst an der rechten Hand zurück. Beide drückte sie Rodrik in die Hand.
Dann verschwand sie wieder und kehrte mit einem zierlichen, kleinen Schimmelhengst und einer kräftigen Fuchsstute zurück. Diese hielt sie selbst.
„So die Anführerin hat die Wahl“, meinte sie und grinste zum ersten Mal, seit Sanara sie kannte, doch es war kein freundliches Grinsen, eher ein schadenfrohes.
„Ach ja, jedes Pferd hat so seine Eigenarten...“, fügte sie noch hinzu.

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Re: Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Freitag 5. Oktober 2007, 21:32

„Ihr habt Euch für die Zicke entschieden“, kommentierte Mirwena nur trocken.
„Den Dunkelbraunen behalte ich für mich vor, ist zwar etwas faul, aber ein wirklich angenehmes Tier, wenn man die Kraft hat in vorwärts zu treiben hat und hart in der Erziehung des Pferdes bleibt.“
Mirwena sah nicht aus, als würde sie ihrem Pferd viel durchgehen lassen.
Rodrik entschied sich für die Fuchsstute, die zwar schnell war, aber im Gegensatz zu dem Schimmelhengst keinen Abstand zu den restlich Pferden halten brauchte. Woron blieb dann natürlich nur noch der Schimmel, der die ganze Zeit schon die anderen Pferde misstrauisch beäugte. Doch für Woron war es sicherlich nicht weiter schlimm Abstand halten zu müssen.

„Euer Pferd heißt Lanai“, sagte Mirwena als sie die Stute zur Sanara führte. [Sie betonte den Namen: Lana-I].
Über Sanaras Geständnis zu ihrem fehlendem Reitkönnen, konnte Mirwena nur lächeln.
„Das ist egal, Ihr müsste trotzdem sobald wir weiter südlich des Drachengebirges sind an der Spitze reiten, vorher kommen wir noch einmal an einer von Loras’ Behausungen vorbei und haben noch Zeit etwas mit ihm abzusprechen, er ist ja schon gestern abgereist. So lange bin ich die Führerin.“
Elegant schwang sie sich in den Sattel, an dessen Seiten zwei, wie es aussah, sehr schwere Schwerter angebracht waren. Sie führte auch das Packpferd am Zügel. Kein Zweifel: Mirwena konnte reiten.
Ebenso auch Rodrik, der wie es schien, unbewaffnet war. Auch er landete äußerst elegant im Sattel und konnte seine aufgeregte Stute auch locker abbremsen nicht los zu stürmen. Er trug eine gut verschnürte Pergamentrolle am Sattel, welches sicherlich der wichtige Brief war.
Nur Woron sah ebenfalls nicht so geübt aus. Mit viel Anstrengungen zog er sich in den Sattel, er trug einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken. Und – wie Sanara vorhin zu sehen gehabt glaubte – unzählige Dolche an seinem Gürtel. Heftig zog er seinem Pferd im Maul, als dieses die Ohren anlegte, daraufhin rollte es zwar mit den Augen, blieb aber ruhig.

Jetzt blickten sie alle zu Sanara. Wie würde sie in den Sattel kommen?
Der Wind wurde stärker und riss an ihren Kleidungen, der Schnee türmte sich, doch trotzdem würden sie jetzt gegen die Kälte anreiten.

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Re: Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Montag 8. Oktober 2007, 14:44

„Natürlich haben wir Karten, nur brauchen wir diese vorerst nicht, da Mirwena den Weg zu Loras’ Haus sehr gut kennt.“
Er grinste etwas seltsam und das nicht so höflich und belustigt wie sonst. Doch noch bevor irgendjemand etwas hinzufügen konnten erschienen Wachen im Hof. Sie waren gepanzert und eilten mit wichtigem Gesichtsausdruck auf die Gruppe zu.
Sanara spürte, wie ihre Stute nervös wurde.
Auch Rodrik schien sich nicht so ganz wohl in seiner Haut zu fühlen.
„Wir sind von nun an Freunde, die in den Süden wollen, um vor dem kalten Schnee hier zu fliehen“, raunte er ihr zu.
Er wendete daraufhin etwas hektisch sein Pferd und trabte zu Woron nach hinten. Scheinbar um ihm dasselbe ins Ohr zu flüstern.

Durch den wirbelnden Schnee sah man die Soldaten nur schlecht, aber stetig näher rücken. Die Spannung in der Atmosphäre schien nun fast greifbar. Mirwena behielt es vor sich vorne zu halten, um mit den Soldaten zu reden.
Auf ihren Brustharnischen thronte das Wappen Pelgars, sie trugen Schwerter an ihren Gürteln und edle Röcke. Dicht vor Mirwena blieben sie stehen.
„Es wurde eine Ausgangssperre für alle Bewohner und Besucher Pelgars verhängt! Darum habt Ihr in der Taverne zu bleiben!
Er sprach es nicht als Bitte aus: Es war ein Befehl.
„Warum bitte das?!“
Mirwenas Stimme klang barsch wie immer; sie ließ sich von ein paar Soldaten nicht beeindrucken.
„Das hat Euch nichts anzugehen, Mischling!“, blaffte einer der Soldaten.

Sanara spürte, wie Rodrik an ihr vorbei, auf die Soldaten zu trabte. Er schickte Miwena weg, welche sich mit wütendem Gesichtsausdruck zu Woron gesellte.
Rodrik redete nicht lange mit den Soldaten, welche sich jetzt auch schon auf in Richtung der Tavernentür machten, um auch dort die Nachricht zu verkünden. Rodriks Gesichtsausdruck war ernst, als er wieder zu Sanara kam.
„Sie suchen gerade einen Mörder, es wird eine Volkszählung durchgeführt und niemand darf die Stadt verlassen. Wir müssen wohl noch für eine Weile in der Stadt bleiben.“
Er seufzte schwer.
„Besonders Mirwena wird einiges blühen.“

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Re: Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 10. Oktober 2007, 19:59

„Kommt, lasst uns die Pferde ein wenig herum führen“, rief Rodrik Mirwena und Woron beiläufig zu. Die beiden kamen daraufhin sofort zu ihnen und bildeten einen Kreis. Der darauf folgende Wortwechsel war schnell.
„Woron, du weißt, wie wir aus der Stadt kommen?“
„Ja.“
„Und wie?“
„Durch das Tor. der Kommandant kenn ein paar von meinen Freunden.“
Und das war es schon. Schneller als Sanara schauen konnte saßen die drei schon wieder auf den Perden.
„Nein Loras mag es nicht, wenn man ihn warten lässt“, sagte Mirwena jetzt zu Sanara.

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Re: Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 18. Oktober 2007, 19:33

Mirwena verdrehte entnervt die Augen, während Woron ungeduldig schnaubte – und zum ersten Mal, seit Sanara ihn kannte etwas direkt zu ihr sagte.
„Ja, glaubt Ihr nicht, dass uns die Wachen auf den Fersen sein werden, wenn sie uns davon reiten sehen!?“
Zornig funkelten seine dunklen Augen, während er seinen eh schon sehr aufgedrehten Hengst hart im Maul herum riss.
„Wir sollten jetzt los, ansonsten blüht uns ein viel zu langer Aufenthalt!“
Rodrik blieb wie immer auf Sanaras Seite.
„Jeder hat Stärken und Schwächen. Komm ich hake ein Seil bei deiner Stute ein, damit ich sie zum mindest hier in Pelgar mit führen kann. Dann wird auch Eure Stute auch laufen.“
Schnell saß er ab und zog aus einem Ärmel seines edlen Mantels ein Seil hervor (woher das kam würde wohl für alle ewig ein Rätsel bleiben). Doch bevor es einhakte hielt er inne und sah sie an.
„Vorausgesetzt Ihr wollt das so?“
Sanara sah Mirwena feixen und Woron angestrengt in eine andere Richtung blicken.

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Re: Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Sonntag 21. Oktober 2007, 16:20

„Ihr sied uns kein Klotz am Bein und falls Ihr doch so empfindet... nun, dann könnt Ihr Euch im Eisreich sicher revanchieren“, meinte Rodrik.
Er ritt mit Sanaras Stute am Seil vorne, dann folgte Mirwena und mit etwas Abstand Woron. Die Straßen waren durch den Schnee glatt und rutschig. Es schneite noch immer.
Rodrik drehte sich einmal zu Mirwena um. Diese nickte daraufhin.
Und plötzlich schnalzte der Mann und die Pferde fielen in einen schnellen Galopp. Sanara spürte wie ihr Pferd häufig stolperte, ausrutschte oder sich vertrat. Dennoch wurde das Tempo nie langsamer.
Die meisten Menschen waren in ihren Häusern geblieben, dennoch patrouillierten viele Wachen. Kamen sie an jenen vorbei zügelte Rodrik sein Pferd wieder.
Und Sanara begriff: Sie waren auf der Flucht.

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Re: Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Dienstag 30. Oktober 2007, 12:40

Sobald die Wachen außer Sicht- und Hörweite waren, ritt das Quartett weiter. Vorneweg Rodrik und Mirwena, dahinter kam gleich Sanara, dessen Pferd inzwischen nicht mehr ganz so zickig war und brav folgte. Schlusslicht bildeten Woron und das Packpferd.

Endlich tauchte am Ende der gepflasterten Straße das große, doppelflügelige Stadttor auf, doch welch Jammer! Wachen standen davor, die Hellebarden blitzten im reflektierenden Schneegestöber hell auf. Auf der Wherbrüstung über dem Tor tummelten sich weitere Wächter. Sie alle trugen Laternen an den Gurten, um im Schneetreiben einander wieder zu finden. Und sie alle schienen bis an die Zähne bewaffnet, was ihnen fast den Eindruck von Eisjägern gab, die Sanara noch aus dem Eisreich kannte. Das waren finstere Gesellen, die Robben töteten und verirrte Wanderer ausraubten. Sie waren eben Jäger und im kahlen Eisreich war alles Beute, was einen für ein paar Tage länger am Leben erhielt.

Rodrik bremste sein Reittier und hob eine Hand. Er winkte Woron nach vorne. Dieser ritt mit einem mysteriösen Blick auf Sanara an ihr vorbei. Er schwieg, wie immer. Doch auch bei Rodrik machte er nicht Halt. Er lenkte sein Pferd zielstrebig zu den Wachen am Tor. Wie wollte er sie denn überreden, die Gruppe ausreisen zu lassen? Die Ausgangssperre galt auch für sie, außerdem befanden sie sich offensichtlich auf der Flucht. Sanara entging nicht, wie Mirwena sich immer wieder verstohlen nach allen Seiten umschaute. Für sie würde es wahrlich am schwierigsten werden, die Stadt zu verlassen. Dunkelelfisches Blut war in Zeiten wie diesen noch immer ein Gift in den Augen der Pelgarer. Ein Wunder, dass man die Kriegerin nicht schon vorher eingesperrt hatte.

Worons Gespräch mit einem der Wächter endete und er kehrte zur Gruppe zurück. Anschließend sprach er wohl wie ein Wasserfall, wenn man bedachte, wie wenig er bisher gesagt hatte.
"Wir dürfen Pelgar verlassen, doch nur, wenn eine große Kontrolle vorgenommen worden ist."
"Das heißt, wir werden von oben bis unten gefilzt", knurrte Mirwena, schaute auf den Schriftrollenbehälter, der an Rodriks Sattel befestigt war. Woron bestätigte ihre Vermutung mit einem Nicken. Rodrik stieß zischend die Luft aus.
"Ihr wisst, was das heißt, Freunde. Dann werden wir Pelgar wohl erst einmal meiden müssen."
"Wir reisen ins Eisreich, Rodrik. Das ist weit genug weg. Bald werden sie uns vergessen haben."

Was hatten die drei vor? Niemand schien Sanara einweihen zu wollen. Doch dann schaute Rodrik sie an, dieses Mal recht ernst. Die drei planten etwas Gefährliches, das stand außer Frage. "Wenn ich Euch ein Zeichen gebe, dann haltet Euch gut fest. Solltet Ihr vom Sattel fallen, müssen wir Euch zurücklassen."
Zurücklassen? Wovon sprach er da?! Was hatten sie nur vor!
"Bereit?", fragte Rodrik in die Runde. Woron und Mirwena nickten.

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Re: Abreise der Truppe

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 31. Oktober 2007, 20:10

Sie waren bereit – aber wofür?
Das würde sich gleich zeigen. Woron ritt voraus und auf den Wächter zu, mit dem er eben noch gesprochen hatte. Dort stieg er ab und streckte die Arme aus. Also eine Kontrolle. Gut, aber warum sollte Sanara sich dann festhalten?

Mirwena ritt auf die andere Seite zu. Dort standen insgesamt drei weitere Wächter. Sie jedoch stieg nicht ab, starrte vielmehr auf die Wachen herunter.
Rodrik ritt dich bei Sanara. Er griff bereits nach den Zügeln ihres Pferdes, zwinkerte ihr schließlich zu. War dies das Zeichen?

Auf einmal brüllte Woron, sehr laut, was schon verwunderlich genug war bei seinem sonst so stillen Charakter. Aber dass er auch noch ausholte und den Wächter niederschlug, war mehr als überraschend – auch für die Wachen am Tor. "Ich sagte doch, ihr solltet es euch überlegen, ob ihr uns gleich durchlasst! Euer Problem!"
Mirwena zog ihre Schwerter. In tanzenden Wirbeln flogen sie links und rechts von ihre herum und keilten so die übrigen Wachen ein. "Öffnet das Tor!", brüllte sie den Soldaten auf der Brüstung zu. Diese wollten lieber nach unten und ihren Gefährten zu Hilfe eilen, aber Mirwena hatte das vorhergesehen. "Öffnet das Tor oder einer verliert einen Arm!" um ihre Drohung zu untermalen, streifte eine Klinge die Schulter eines Wächters, der keuchend zurückwich.

Die Wachen auf der Brüstung öffneten die Tore. "Jetzt!", rief Rodrik, gab seinem Pferd einen leichten Tritt mit den Stiefelhacken und schon preschten er und Sanara aus Pelgar hinaus. Hinterdrein folgte Woron, der sich schon wieder in den Sattel geworfen hatte. Würde Mirwena es schaffen?
Der Rest ritt inzwischen in schnellem Galopp den steinigen Pfad entlang und hinunter in die Stille Ebene.


<i>[weiter in Die Stille Ebene]</i>

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