Baltos’ Elternhaus

Stein ist zu selten und kostbar in Mantron und Holz wird zu schnell feucht, daher leben die Menschen hier in Hütten, die sie mit gegerbter Tierhaut bespannen. Die ist nicht nur sehr wetterfest, sondern hält auch die Wärme in den Häusern.
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Re: Baltos’ Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Samstag 13. Juli 2013, 10:36

An einem weit entfernten Ort:

Die Tür hatte sich hinter der kleinen Person geschlossen und kaum war sie allein lehnte sie sich gegen den Türrahmen. Die knorrige Hand ging zur Stirn und rieb sich den verwunderten Gesichtsausdruck aus den Falten. Ein Kopfschütteln folgte und dann setzte sich der kleine Körper wieder in Bewegung. Aber wie? Taumelnd, von einer Seite zur anderen schwankend umkreiste sie einen Tisch im Hinterzimmer der Taverne, der ihr bis zu den Schultern reichte. Ein unwillkürliches, knarrendes Kichern ließ die Gestalt kurz zögern. Sich immer wieder am Mobiliar abstützend, erreichte sie die hinterste Ecke des Raumes, fand dort die Luke im Boden und hockte sich hin um nicht umzufallen. Der Riegel war alt und rostig. Er sollte bald erneuert werden, sonst würde der Zahn der Zeit das Schloss aufsperren. Kleine runzlige Hände holten einen Schlüssel hervor und öffneten es. Zum Glück hatte im Schankraum niemand von ihr Notiz genommen, was in dieser Gegend nicht ungewöhnlich war. Gestalten wie sie wurden für Gnome gehalten und bedeuteten für niemanden hier eine Gefahr. Wer zwischen Orks und Dunkelelfen gehen wollte, musste unauffällig sein. Ihre Finger schoben den Riegel auf und drückten die Klappe nach oben. Dem Körper entwich ein Stöhnen unter der Anstrengung. Mit zwei unsicheren Schritten näherte sich der kleine Körper den Stufen die in die Tiefe führten. Die knarrende Stimme sprach leise wimmernd zu sich selbst:
„Ach, Großer. Warum tust du mir das an?“
Die Verbundenheit zu diesem vor Kraft strotzenden Kerl zeigte nun ihre Risiken und Nebenwirkungen. Der erste Schritt fand noch die Stufe, doch der zweite ging schon daneben. Der kleine Körper hatte sich ruckartig umgedreht und verlor dabei das Gleichgewicht. Sie hatten seinen Gedanken vernommen und sich suchend umgesehen. Plötzlich war der Widerstand des Untergrunds verschwunden, ein scharfes Prickeln raste ihre Wirbelsäule hinauf und stach ihr ins Hirn. Sich um die eigene Achse drehend polterte die kleine Frau die Treppe hinunter. Das Getöse wurde durch die zufallende Klappe etwas gemildert. Aus der Ferne betrachtet mochte es anmuten, als rollte ein klobiger Stein, oder etwas unrunder Baumstumpf die Stufen hinab. Keuchend kam sie am unteren Treppenabsatz zum liegen. Schnaufend stemmte sie die Ellenbogen in den staubigen Boden und meckerte wütend:
„Verdammig noch mal, ich such sie doch schon!!!“


Mantron

MARUKA!!!!
Baltos hatte sich umgedreht und suchte den Verursacher dieses Ausrufs. Er hatte dabei fast die willige Frau zu Boden geschleudert, die sich an seine Seite schmiegte. Jenna hing gerade so noch mit einer Pobacke auf der Bank und krallte sich mit vor Überraschung geweiteten Augen an Die Tischplatte. Hätte sie sie nicht noch schnell zu greifen bekommen, wäre sie von der heftigen Bewegung nicht nur vom sprichwörtlichen Hocker gefallen.
„Der Alkohol spricht aus dir, nicht du!“
Baltos Stimme klang härter als er vielleicht gewollt hatte, denn zum Einfluss des Rums kam auch noch seine Verwirrung über die Heftigkeit seiner eigenen Gedanken. Es waren nicht die Worte, mehr der Ton der zusammen mit der Reaktion seines Körpers, sie so heftig zurück gestoßen hatte, als wäre sie eine giftige Schlange. Er brauchte einen klaren Kopf und hörte kaum noch das Keifen hinter sich, als er los stapfte.
„Verdammt, was hat dich den gestochen?“
Jenna rappelte sich gerade wieder hoch und griff nach ihrem Krug Met um ihn wütend hinunter zu stürzen. Es kam selten vor, dass sie zurück gewiesen worden war … eigentlich noch nie. Bisher hatte sie immer ein gutes Händchen mit Männern gehabt und die meisten Mantroner waren, sofern nicht verheiratet, auch keine Kinder von Traurigkeit. Bisher hatte noch niemand ihre üppigen Rundungen verschmäht, aber selbst Baltos einzigartiger Ruf der Frauenwelt gegenüber, konnte sie in diesem Augenblick nicht besänftigen. Sie starrte auf Baltos breiten Rücken, der von ihrem funkelnden Blick nichts mehr mitbekam. Als die Tür hinter ihm zuklappte und Mantrons Winde ihn umarmten war für ihn der Vorfall schon fast vergessen.
Jenna schnaubte immernoch und sah sich suchend nach einem Opfer für ihren Frust um. Einer der wenigen jüngeren Männer die noch anwesend waren, war einer der weniger Verletzten, die mit Baltos und Kjartan draußen im Eis gewesen waren. Finn Eisläufer wurde unfreiwillig nun jener, der Jennas Leidenschaft zu spüren bekam. Kaum einer hatte bemerkt, dass Baltos gegangen war, denn alle waren schon mit der fortgeschrittenen Stunde vom Schlaf oder vom Rum trunken. Nur Lena sah ihrem Sohn verstehend hinterher.

Baltos sank an die warme Flanke des Bären. Der Rum, die Wärme seines Freundes und die Aufregung des Tages hatten ihn schläfrig gemacht. In seinem Kopf drehte sich alles. Das Geräusch der mahlenden Kiefer, die die Hirschkeule zerbersten ließen und das Gemurmel seines Freundes:
„Lecker, mampf, lecker, kau, lecker, schluck.“
begleitete ihn ins Reich der Träume.

Er öffnete die Augen und befand sich anscheinend mal ausnahmsweise nicht in seinem Zimmer. Wieso kroch er auf allen Vieren? Äh, nein, er lief aufrecht, aber war so unendlich… klein! Die Dunkelheit um ihn war undurchdringlich, doch trotzdem fanden seine … ihre Füße irgendwie halbwegs sicher den Weg vor sich. Halbwegs sicher nur, weil der kleine Körper, in dem man sofort Platzangst bekam, sich an der Wand entlang hangelte. Leises Quieken von Ratten drang in seine Ohren und ein Geruch in seine Nase, der an Fäulnis noch die schimmelnden, tranigen Reste des Walfangs übertraf. Hier Roch es nach Tod, Pest und Blut. Ein schrecklicher Ort! Mantron war so viel reiner, sauberer und ehrlicher! Wo war er nur? Wo war Rukulla?
Plötzlich fühlte er ihre Presence und dann hörte er auch schon ihre knarrende Stimme:
„Was? … Heee, raus mit dir! Ich muss mich konzentrieren!“

Baltos öffnete sein Auge, er befand sich immernoch in seinem Zimmer. Er richtete sich in seinem Bett auf, schlug das helle Bärenfell beiseite und fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht. Dabei rieb er sich kurz die Augen und lies seine Hände in Form eines Spitzdaches an der Nase verharren. Ein leises Rascheln und ein warmer weicher Körper richtete sich hinter ihm auf und drückte sich Haut auf Haut an seinen breiten Rücken. Seine Schulterblätter brannten dort, wo zwei weiche Kissen sich fest an ihn drückten und eine Spur aus Feuer hinterließen. Ein warmer Atem, gefolgt von suchenden Lippen wühlten sich durch seine Haare zu seiner Haut im Nacken. Während die Lippen sich seinem Ohr näherten, wanderten suchende Hände an seiner Seite zu seinem Bauch und tiefer in verwirrende Regionen hinab. Küsse bedeckten seinen Hals und ein paar weich fallende helle blonde Locken fielen über seine Schulter auf seine Brust.
„Guten Morgen. Oh … da scheint jemand schon vor dir aufgestanden zu sein. Darf ich …?“
Das leise Kichern war definitiv nicht das von Maruka.
Jenna!

In Baltos Kopf hallte noch der Nachklang seines Traumes nach in der er eben noch entsprechend reagiert hatte. Sein Hirn drehte noch eine Runde durch seinen Kopf, bevor es endlich zum Stillstand kam und sich dumpf und leicht dröhnend zu Ruhe setzte. Nanuq war aufgewacht und gähnte laut brummend, was Schmerzen in Baltos Ohren verursachte. Er hatte einen Kater, einen kleinen aber gemeinen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel und langsam sortierten sich seine Gedanken wieder. Baltos Bestientod lag warmgehalten von seinem Eisbären Nanuq vor seinem Elternhaus und sah neuen Abenteuern entgegen.
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Re: Baltos’ Elternhaus

Beitrag von Baltos » Montag 15. Juli 2013, 10:31

Was für eine Nacht! Baltos erhob sich schwermütig und blickte gedankenversunken Nanuq an. Konnte er mal eine Nacht schlafen, ohne irgendwelche Träume zu haben? Der Mantroner knetete seinen Nasenrücken. Während kleine mentale Messerstiche sein Gehirn malträtierten. Wann hatte das eigentlich mit den Träumen angefangen? Früher hatte er höchstens einen Traum im Monat gehabt und nicht wie jetzt täglich!
Baltos machte eine verscheuchende Bewegung mit der Hand, um diesen mentalen Dialog zu beenden, er hatte jetzt Wichtigeres zu tun. Denn heute war der Tag des Aufbruchs gekommen. Er würde Mantron für ungewisse Zeit den Rücken zu drehen. Wahrscheinlich würde seine Suche in weit über das Eisreich hinaus führen und irgendwie freute er sich schon darauf.
Der baldige Reisende ging erst mal zurück in sein Elternhaus, um nach den Rechten zu sehen. Kaum hatte er in das Innere betreten viel ihn auch sofort auf das alles wieder so aussah wie immer. Seine Mutter hatte wohl die ganze Nacht aufgeräumt. Baltos hatte leichte Gewissensbisse, dass er Lena nicht geholfen hatte.
Seine Mutter tauchte plötzlich aus der Küche auf und ließ ihn wissen, dass noch Reste zu essen bereitstanden. Ihn viel sofort auf das sie leichte Augenringe hatte aber ihr lächelndes Gesicht gab einen sofort zu verstehen, dass alles in Ordnung war. Sie ging mit einem Eimer voller Fischköpfe nach draußen. Wahrscheinlich das Frühstück für Nanuq.
Baltos selbst wollte auch noch etwas vor seiner Reise essen und ging in die Küche und bediente sich kräftig an den dargebotenen Speisen.
Diesmal aß er mit Absicht soviel biss er fast platzte und spülte die Reste von Fisch und Fleisch, in seinen Mund, mit einen großen Schluck Lebertran herunter. Nach einem kräftigen Aufstoßen ging er in sein Zimmer und packte die Sachen zusammen.
Seine Mutter hatte schon einige Kleidungsstücke zusammengepackt, so das Baltos sich darum nicht mehr kümmern musste. Er selbst holte noch ein kleines Einmannzelt aus der Abstellkammer, das sein Vater oder Baltos ab und an bei längeren Jagden benutzten.
Dann steckte er noch zwei Feuersteine und etwas trockenes Holz in einen Beutel, den man am Rücken befestigen konnte. Denn ersten Teil seines Marschgepäcks verstaute er draußen im Schlitten, dann ging er noch einmal rein, um noch einige Kleinigkeiten an seiner Rüstung zu befestigen und seine Notdurft zu verrichten.
Nachdem alles fertig verpackt war, ging er zu seiner Mutter um sich zu verabschieden. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt und auch in Baltos Kehle bildete sich ein Kloß.
Schließlich war es ungewiss, ob er sein Heim jemals wieder sah.
Zusammen gingen sie zum Schlitten und spannten Nanuq vor diesen. Dann ging seiner Mutter noch mal nach drinnen und kam mit einem Speer in der Hand wieder heraus.
Sie gab ihm die Waffe seines Vaters und drückte ihn noch einmal innig.
Baltos blickte danach in seinen Schlitten, ob er noch etwas vergessen hatte.
Marschgepäck Baltos:

• Einmannzelt aus Hirschfell und zugeschnitten Knochen
• Proviant für drei Tage (Trockenfleisch und 1 Liter Trinkwasser in einer Feldflasche aus der Blase eines Rehs)
• Speer, zwei Messer zum Häuten und auseinandernehmen von Wild
• Zwei Feuersteine
• Wechselkleidung und eine Felldecke
• Brennholz
Baltos Blick schweifte noch einmal über das verschneite Mantron, bevor er aufbrach in eine ungewisse Zukunft voller Gefahren und Prüfungen.

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Re: Baltos’ Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Montag 15. Juli 2013, 20:22

Baltos leichter Kater war nach dem reichlichen Frühstück wieder komplett verflogen. Das er sich noch einmal richtig den Magen voll geschlagen hatte, spürte er schon wenige Augenblicke später nicht mehr. Egal wo die irre Geisteroma gerade rum krauchen tat, die Verbindung zu ihr schien noch da zu sein.
Nach dem Frühstück begann es Baltos auch schon in die Ferne zu treiben, wenn gleich die vor Tränen feuchten Augen seiner Mutter seine Kehle anschwellen ließen. Sie umarmte ihn wie nur eine Mutter es konnte und vergrub ihr Gesicht an seinem Hals.
„Pass gut auf dich auf, ja? Hast du alles was du brauchst? Willst du nicht noch ...“
Baltos stilles Nicken ließ sie einmal heftig schlucken und ihren Satz verstummen, mit dem sie nur Zeit hatte schinden wollen. Sie deutete auf einen ledernen Rucksack, den sie ihm auf den Schlitten gelegt hatte. Natürlich hatte sie ihm noch ein paar Dinge mehr eingepackt. Einzig die Götter wussten wann oder ob sie ihren Sohn wieder sehen würde. Er hatte seinen Weg gewählt und kein Wort von ihr würde ihn abhalten. Lena wischte die Tränen weg und zwang sich zu einem Lächeln. Ihre Fröhlichkeit sollte ihm mehr helfen als ihr. Sie wandte sich an Nanuq und sagte ernst:
„Pass gut auf meinen Jungen auf!“
Der Bär schaute Baltos kurz mit schräg gelegtem Kopf an, aber fühlte durch ihre Verbindung, die Sorge dieser beiden Menschen. Lena drückte erst den Bären und dann ihn noch einmal an sich und wandte sich dann ab um mit ein paar schnellen Schritten außer Reichweite seiner Arme zu kommen. Sie wusste ganz genau, wenn er sie jetzt noch einmal berühren würde, würde sie ihn nicht mehr weg lassen können. Baltos tat seine letzten Handgriffe und sah noch einmal zu ihr, als er auf den Kufen des Schlittens stand.
„Ventha möge dich schützen und leiten, mein Sohn.“
Ihre Augen glitzerten gefährlich und Baltos gab Nanuq das Zeichen zum Aufbruch.

(Marschgepäck: Ok + x)

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