Im Herzen Mantrons

Stein ist zu selten und kostbar in Mantron und Holz wird zu schnell feucht, daher leben die Menschen hier in Hütten, die sie mit gegerbter Tierhaut bespannen. Die ist nicht nur sehr wetterfest, sondern hält auch die Wärme in den Häusern.
Benutzeravatar
Baltos
Gast
Gast

Im Herzen Mantrons

Beitrag von Baltos » Mittwoch 6. März 2013, 14:17

(Baltos kommt von: Der südliche Teil Celcias ‹ Das Eisreich ‹ Die Eisinsel Ersa ‹ Mantron, Heimat der Tapferen ‹ Das Haupthaus ‹ Bei Thure Sturmrufer)
Der kühle Wind war das erste was ihn empfing als er das Langhaus von Thure Sturmschreier verließ. Genießerisch schloss er die Augen und atmete kräftig ein. Im Notfalllazarett roch die Luft nicht ansatzweise so gut wie außerhalb der Hütte. Hier war sie noch frisch und unverbraucht, es roch nicht nach Blut und Exkremente, sondern nach Schnee und Meer. Dieser Duft der ihn an die junge Frau erinnerte zu dessen Mutter er jetzt auf den Weg war. Wie lange war es jetzt her dass er sie gesehen hatte? Baltos wusste es nicht und begutachtete auf seinen Weg eher Beiläufig die Umgebung.

In der Stadt war es nicht so belebt wie sonst. Das Fehlen der Männer zwischen den Hütten der Siedlung würde sogar ein Blinder erkennen. Nur Frauen waren auf den verschneiten Untergrund unterwegs und gingen ihrem täglichen Tageswerk nach.
Die Behausungen der Mantroner waren wie alles der Tapferen an die Witterung der Umgebung angepasst. Es waren Rundhütten dessen Fassaden gespannte Tierhäute waren. Gerne wurde dafür Elch- oder Walrosshaut genommen, es waren aber auch andere Tierarten möglich, das hing vom Jagderfolg der Eisjäger ab. Ein paar Kinder konnte der Mantroner entdecken, die mit einen dressierten Wolf spielten. Der gauhaarige Wolf schnappte dabei spielerisch nach der Hand des kleinen blondgelockten Mädchens. Doch die Kleine lies sich davon nicht abschrecken und ging zum Nahkampf über. Dabei stürzte sie sich mit ihrem ganzen Körpergewicht auf den wesentlich größeren Vierbeiner. Die beiden Jungs nicht älter als fünf oder sechs nickten sich kurz zu und stürzten sich dann ebenfalls auf den Wolf. Das heitere Lachen der Kinder war ein Segen, denn es heiterte die trübe Stimmung, die sich wie ein grauer Dunst auf die Gesichter der Frauen gelegt hatte, auf.

Einer der Gründe warum die Männer Mantrons ihr leben riskierten und ihre Familien zurück ließen waren dies fröhlichen Kinder. Damit diese weiterhin fröhlich spielen konnten und keine Angst haben mussten! Denn die tapfersten Männer in ganz Celcia waren auf den Weg um ihre Väter, die im Eis gefangen waren, zu retten und der gefährlichen Seeschlange zu zeigen mit wenn sie sich angelegt hatte.
Baltos grinste kurz in die Richtung in der der Kampf der Kinder tobte, einer von den Jungs (er hatte braunes und schon ziemlich langes Haar) winkte ihn kurz zu und nahm dann den Wolf wieder fester in den Schwitzkasten.
Die Vier waren ein schöner Anblick und wie gerne hätte er den zahlenmäßig unterlegenen Wolf geholfen, aber er hatte dafür keine Zeit.

Ein paar ältere Frauen die gerade dabei waren die Fische zu entgräten, grüßten den jungen Mann freundlich.
Die drei Damen waren vielleicht um die 45 Jahre alt und saßen auf Holzschemeln, dessen Beine schon tief in den Schnee eingedrückt waren. Sie saßen im Halbkreis um einen großen Holzeimer der wahrscheinlich 40 Liter, wenn nicht sogar mehr, Wasser fassen konnte und in den die Drei die Gräten freie Fische warfen. Es klatschte jedes Mal wenn so eine Fisch in den Eimer viel und als Baltos einen Blick hineinwarf konnte er dort schon zwei dutzend dieser Kameraden liegen sehen. Die Abfälle wurden in kleinere Eimer geworfen, die sich direkt neben jeder Dame befanden.
Man sah dass die Frauen in dieser Arbeit geübt waren und die 30 bis 50cm großen Fische in einer Geschwindigkeit entgräteten die manch Fischerweib erblassen lassen konnte. Der Nachschub an Fisch lag in einen Badezuber der an der Hauswand direkt hinter den Frauen stand. Der Zuber war bis zum Rand mit frischem Fisch gefüllt und durch die Kälte würde er auch noch einige Tage frisch bleiben. In Mantron hatte man weniger sorgen damit das Essen verdarb sondern eher damit das die Nahrung nicht wieder auftaute.
Er erkundigte sich bei den drei Frauen, die nach den aussehen zu urteilen Schwestern waren, ob er sich auf den richtigen weg zur Hütte von Eona Sternentanz befand. Der skeptische Blick den sich das Trio zuwarf entging ihn natürlich nicht, aber er wollte nicht weiter nachfragen und bedankte sich bei den älteren Frauen höflich, als sie ihn versicherten das er auf den richtigen Weg war und das Haus von Eona gar nicht verfehlen konnte wenn er den Weg nur weiterhin folgen würde.
Für Außenstehende musste es seltsam klingen das Menschen mit 40 Jahren hier zum alten Eisen gehörten, aber so war es nun mal in dieser lebensfeindlichen Region. Viele Mantroner starben einen vorzeitigen Tod durch eventuelle Risiken die sie eingegangen waren oder an banalen Krankheiten im fortgeschrittenen Alter. Das Eisreich war ein gefährlicher Ort und trotz guter Anpassung und unvergleichlicher körperlichen Fitness, wurden die wenigstens hier Älter als 50 Jahre.
Vielleicht wollte Ventha auch keinen 80 Jährigen muskelbepackten Opa sehen. Wer konnte schon in den Kopf einer Göttin blicken? Aber dieses Volk beschwerte sich nicht, es lebte einfach jeden Tag so als wäre es der letzte und war froh über die Zeit auf Erden die ihnen die allmächtige Ventha schenkte.

Baltos hatte mittlerweile die Hütte von Eona Sternentanz erreicht und sein Herz schlug ihn fast bis zum Hals, als er vor der Tür, des Elternhauses, der jungen Frau, aus seinen Träumen, stand.
Die Damen hatten wirklich recht, das Haus war nicht zu verkennen. Denn die Wände waren aus Eisbärenhaut, genau wie seine Rüstung und das Schwarz dieser Häute war ein deutlicher Kontrast zu dem reinen weißen Schnee der hier omnipräsent war.

Lange stand er einfach nur still vor dem Haus und betrachtete den Eingang. Irgendwann senkte er den Blick und holte den Anhänger wie das Hemd hervor. Konnte es wirklich sein das dieser Anhänger IHR gehört hatte? Der Jägersmann hielt die Kette in seiner mächtigen Hand und streichelte zärtlich mit den Daum über den angelaufenen silbernen Bärenkopf.
Er schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter und holte noch einmal tief Luft, bevor er sich bemerkbar machte.
„Eona Sternentanz! Mann nennt mich Baltos Sohn von Drago Flinklanze und Lena die Fröhliche. Ich habe etwas für Euch!“
Er verschwieg vorerst dass es sich möglicherweise um die letzten Überreste ihrer Tochter handeln konnte und hielt die Kette, sowie das Unterhemd, wie einen retten Anker in seiner Hand.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 7. März 2013, 11:21

Stille!
Lange geschah gar nichts, so dass der junge Jäger vielleicht sogar glauben mögen, dass Eona gar nicht zu Hause war. Noch etwas anderes ließ diese Vermutung realistisch erscheinen, den aus dem Dachfirst stieg kein Rauch auf. Unsicherheit schlich sich in sein Bewusstsein, wie ein Dieb auf leisen Solen. Irgendetwas stimmte nicht. Das Kleinod in seiner Hand begann sich in das verkrampfte Fleisch zu drücken und die Aufregung wollte seine Beine schon zum Weglaufen bewegen. Baltos war Frauen gegenüber nie gewandt oder charmant gewesen. Nicht mal höflich zu sein, war seine Stärke und oft war es schon zu den unangenehmsten Missverständnissen gekommen! Und jetzt wollte er tatsächlich bei der Mutter der Frau vorsprechen, mit deren Tochter er gestern Nacht noch das Bett geteilt hatte? Es war nur ein Traum gewesen, doch die Bilder einer nackten Schulter unter weichem Fell waren noch frisch in seinen Gedanken, wie der Fisch der in Mantron nie verdarb. Vielleicht war er ja wirklich umsonst gekommen. Er schluckte unwillkürlich schwer. Zur Sicherheit wiederholte er noch einmal seine Worte, denn von drinnen hatte er noch nichts vernommen.
„Eona Sternentanz! Mann nennt mich Baltos Sohn von Drago Flinklanze und Lena die Fröhliche. Ich habe etwas für Euch!“
Nichts. Doch Baltos war nicht jemand der so schnell aufgab. Es kostete einiges an Überwindung die letzten Schritte bis zur Tür zu gehen und einmal anzuklopfen. Beim zweiten kleinen Schlag gegen das Holz öffnete sich die Tür einen Spalt breit. Der Balken zum Verschließen war nicht vorgelegt. Kein Riegel versperrte den Einlass, also siegte die Neugierde und der junge Jäger schob vorsichtig den Spalt ein wenig größer. Im Innern herrschte fahle Dunkelheit. Das Feuer in der Mitte des Hauses war erloschen und nur noch ein paar kleine Stücken Holz glommen vor sich hin. Baltos machte einen Schritt hinein.
„Wenn Elin euch schickt, könnt ihr gleich wieder verschwinden! Ich komme nicht zu ihr! Das könnt ihr ihr getrost ausrichten!“
Der Ton war scharf und kam aus der Dunkelheit des hinteren Teils. Die Stimme war recht tief für eine Frau. Nicht so fistelig wie bei manch jungen Mädchen, die sich wie wiehernde Pferde anhörten, wenn Baltos an ihnen vorbei schritt. Ohne Pause peitschen weiter die Worte Baltos entgegen:
„Wenn ihr aus einem anderen Grund kommt, der nicht meinen Mann betrifft, dann könnt ihr ebenso verschwinden! Ich habe alles was ich brauche, also trollt euch! Ich wünsche keine Gesellschaft und wenn ihr nicht geht, werdet ihr die Zähne meines Wolfes zu spüren bekommen!“
Noch deutlicher konnte man einen Gast wohl kaum verscheuchen! Das einzigste was Baltos nach einigen Sekunden des Eingewöhnens sehen konnte, war eine Bewegung hinter einem Stuhlschemen. Er brauchte mehr Licht und hier war es definitiv zu kalt um auf Dauer zu verweilten. Trotz der Schärfe der Worte, war etwas in ihrer Stimme, das einstige Wärme verströmte, doch mit jeder Silbe klang Verbitterung mit. Baltos kannte diesen Klang nur zu gut von seiner eigenen Mutter, als sie sich so um seine Gesundheit gesorgt hatte. Wie schrecklich musste es sein, wenn eine Mutter ihr Kind verloren glaubte? Irgendwo dort hinten saß Eona, da war er sich sicher, doch durch die Dunkelheit zu ihr zu tapsen, war sicher auch kein guter Plan. Neben der ausgehenden Glut lag fein säuberlich aufgestapeltes Feuerholz, als hätte es jemand schon so bereit gelegt. Warum hatte Eona es nicht benutzt? Warum ließ sie ihr Heim erkalten? Warum saß sie hier im Dunkeln wenn ihr Mann hinaus gefahren war um den Anderen beizustehen? Baltos fühlte instinktiv, dass er hier in eine höchst brenzlige Situation geraten war.
Bild

Benutzeravatar
Baltos
Gast
Gast

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Baltos » Freitag 8. März 2013, 10:00

Als sich auch nach seinen zweiten Rufen niemand zeigte, ging er mit zögerlichen Schritten zur Tür.
Sein Handknöchel schlug einmal kräftig gegen diese, zu einem zweiten Schlag kam es aber nicht. Denn die Tür öffnete sich durch den ersten leichten Schlag des Jägersohns einen winzigen Spalt breit.
Dem geschulten Auge des Jägers war schon bevor er zur Eingangstür gegangen war aufgefallen das kein Rauch aus dem Dachfürst stieg und so etwas war hier mehr als seltsam.
In Mantron glühte immer ein Feuer in den Hütten, auch wenn niemand da war. Denn wenn das wärme spendende Feuer erlosch, brauchte man Tage um die Kälte aus dem Zelt zu vertreiben. Und diese Zeit hatte man, wenn man ausgekühlt war selten! Es war normalerweise üblich, wenn man länger weg war, die Nachbarn darum zu bitten sich um das Feuer zu kümmern.
Baltos konnte sich kaum vorstellen, das die Nachbarn von Eona vergessen haben sollten auf das Lagerfeuer ihrer Nachbarin zu achten. So unachtsam war kein Mantroner, nicht in dieser Welt, die kaum einen Fehler verzieh!
Also musste jemand bewusst gewollt haben dass die Kälte Einzug in die Hütte erhielt!
Der Mantroner drückte die Tür vorsichtig noch ein stück weiter auf. Der nun größere Spalt erlaubte ihn besser in die Behausung von Eona zu spähen und wie er schon vermutet hatte, lag der Raum in dunklen. Es brannte wirklich kein Feuer mehr! Diese Erkenntnis brachte ihn dazu die Tür jetzt völlig aufzustoßen und das nicht gerade leise. Einerseits damit der Jenige der sich in der Dunkelheit verbarg bemerkte das Jemand die Hütte betrat, andererseits aber auch damit das Tageslicht Einzug in die Behausung erhielt. Denn Fenster gab es in diesen Zelten nicht!

Die Angst dass die Wohnung durch die eventuelle sperrangeloffene Tür auskühlen konnte musste man nicht haben. Denn draußen war es nicht wirklich Kälte als drinnen!
Kaum hatte der Jäger den ersten Fuß in das Elternhaus des Mädchens gemacht, dass in seinen Träumen herumspukte, da erklang schon die Stimme einer Frau. Sie war einige Oktaven tiefer als üblich, aber wenn man die Schärfe mit der sie die Worte aussprach außen vor ließ, klang die Stimme trotzdem mehr als attraktiv.
Eona und da war er sich sicher das sie es war, musste sich im hinteren Bereich des Raumes befinden. Denn an seinen Sinnen die er durch die Jahre der Jagd ausgeprägt hatte zweifelte er nicht.
Mit dem Licht im Rücken lief Baltos weiterhin wortlos in die Behausung und ließ die schroffe art der Hausbesitzerin an sich abprallen. Er kam mit Frauen nicht klar, das war kein Geheimnis in Mantron, viel zu oft Verletzte er ihre Gefühle, aber diese Dame war gleich von Anfang an nicht gut auf ihn zu sprechen. Also hatte er bei ihr nichts zu verlieren. Denn noch Abweisender konnte sie kaum noch werden. Denn einen Besucher mit dem Hauswolf zu bedrohen, gehört nun beim besten Willen nicht zur mantronischen Gastfreundschaft. Schlimmer wäre vielleicht nur noch ein direkte angriff mit erhobener Waffe gewesen.
Der Mantroner aber glaubte nicht daran das sie ihre Drohung war werden lies. Denn wenn sie keinen Besuch hätte Empfangen wollte, wäre die Tür verschlossen gewesen. Er warf deswegen das Hemd mit der Kette einfach in die Richtung in der er die Frau vermutete. „Selbst eine räudige Piratenbraut hätte sich nicht schlechter Verhalten können als ihr gerade. Ich glaube kaum dass eure Tochter solch ein Verhalten von ihrer Mutter kannte!“
Er hatte keine Angst davor dass diese Worte die Frau verletzen könnten, denn wer so mit ihn sprach verdiente kein Mitleid. Er ging zu der langsam ausgehenden Glut und stocherte sogleich mit einem Holzstab in ihr herum, den er neben der Feuerstätte liegen gesehen hatte. Baltos wollte das Feuer wieder entfachen um der Wärme wieder ein Platz in dieser Hütte zu schenken.
„Ich glaube dass das Kleidungsstück, sowie die Kette, eurer Tochter gehört haben musste. Denn an Zufälle Glaube ich nicht. Das einzige woran ich glaube ist die Göttin Ventha an die ihr anscheinend nicht mehr glaubt. Denn sie hat uns nicht das leben Geschenkt damit wir es wegwerfen wenn es einmal schwer wird!“
Er legte vorsichtig ein Holzscheit in die frisch entstandene kleine Flamme und sprach weiter in ruhigen Ton, mit wie es schien, den Flammen.
„Sondern das wir Kämpfen und uns der Herausforderungen stellen, die sie uns auferlegt. Doch was habt ihr getan als wir eure Tochter nicht gefunden hatten?“
Baltos ließ eine dramatische Pause entstehen, nicht weil er so ein geübter Rhetoriker war, sondern weil die Erinnerung an die Suche nach IHR wieder in seinen Kopf aufflammte.
Er war mit ihren Vater und noch 50 anderen Männern und Frauen auf der Suche gewesen. Jeder Eisjäger und Schlittenfahrer war auf den Beinen gewesen und hatte die Insel abgesucht. Doch Niemand hatte etwas gefunden, nicht einmal die kleinste Spur. Alle diese Männer und Frauen waren enttäuscht gewesen, aber und das war das Wichtige, niemand glaubte zu diesen Zeitpunkt das die junge Frau tot war. Sonst hätten sie ihre sterblichen Überreste gefunden oder einen anderen Beweis was ihr geschehen war. Doch die Hoffnung schwand je länger sie fort blieb, bis sich die meisten damit abgetan hatten das sie verloren war. Es konnte kein Zufall sein das er seit kurzen wieder an die junge Frau denken musste und dann nicht wesentlich später zwei Fundstücke von ihr in der Hand hielt.
„Ihr sitzt in einer dunklen Hütte die so Kalt ist wie euer Herz und wartet auf den Tod. Ihr solltet euch schämen, das ihr einfach so das Leben was euch geschenkt wurde mit den Füßen tretet. Ich habe in den letzten Tagen mehr Tote gesehen als mir lieb ist und werde nicht weiter mit ansehen wie noch jemand sein Leben verliert.“
Der Jäger warf einem weiteren Scheit in die Feuerstelle, die schon langsam wieder eine wohltuende Wärme ausstrahlte. Dann erhob er sich, dabei bedacht ihr nicht sein Gesicht zu zeigen, sonder die Frau weiterhin auf seinen Rücken blicken zu lassen. Baltos ging wieder zur Tür und schloss diese sogleich.
Er blieb aber weiterhin in der Hütte. Der junge Mann atmete kräftig aus bevor er sich umdrehte und blickte entschlossen die Frau an, die sich in den Schatten versucht hatte zu verstecken.
„Denn ich werde in letzter Zeit ständig an eure Tochter erinnert und will nicht dass wenn sie wiederkommt nur noch den Schatten ihrer Mutter erblickt. Ventha lässt mich nicht umsonst von eurer Tochter Träumen, wenn es nicht eine Bedeutung hätte. Ich werde euch helfen ob ihr es wollt oder nicht!“
Entschlossen ging er auf die Frau, während er sprach, zu und blieb nur weniger Zentimeter vor ihr stehen. In seinen einen verblieben Auge konnte sie ein Feuer brennen sehen dass nicht einmal die Göttin löschen konnte.
Baltos würde ihr helfen und wenn er dafür gegen hundert Eisbestien und Seeschlange zugleich kämpfen müsste.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Samstag 9. März 2013, 17:48

Nein, einen Besucher mit dem Hauswolf zu bedrohen, gehört nun beim besten Willen nicht zur mantronischen Gastfreundschaft! Doch langsam wurde der Jäger sich aber auch gewahr, dass weit und breit kein Wolf zu sehen war. Vermutlich hatte der Mann im Haus jeden Wolf mit hinaus genommen zum Ziehen des Schlitten. Trotzdem verlor die Drohung dabei nicht an Schärfe und er antwortete:
„Selbst eine räudige Piratenbraut hätte sich nicht schlechter Verhalten können als ihr gerade. Ich glaube kaum dass eure Tochter solch ein Verhalten von ihrer Mutter kannte!“
Ein atemloses Japsen, verriet die aufkeimende Wut der Frau, doch Baltos ließ sich nicht einschüchtern. Er ging zur Glut um das Feuer neu zu entfachen. Die Glut in der erkalteten Seele hinter sich hatte er bereits entfacht und es hörte leise, etwas schlurfende Schritte in Richtung des Ortes wo Anhänger mit Hemd gelandet waren.
„Ich glaube dass das Kleidungsstück, sowie die Kette, eurer Tochter gehört haben musste. Denn an Zufälle glaube ich nicht. Das Einzige woran ich glaube, ist die Göttin Ventha an die ihr anscheinend nicht mehr glaubt. Denn sie hat uns nicht das Leben geschenkt damit wir es wegwerfen wenn es einmal schwer wird! Sondern das wir kämpfen und uns der Herausforderungen stellen, die sie uns auferlegt. Doch was habt ihr getan als wir eure Tochter nicht gefunden hatten?“
Die Gedanken an das Mädchen ließen ihn einen Moment schweigen und auch im hinteren Teil des Rundhauses herrschte Stille.
„Ihr sitzt in einer dunklen Hütte die so Kalt ist wie euer Herz und wartet auf den Tod. Ihr solltet euch schämen, das ihr einfach so das Leben was euch geschenkt wurde mit den Füßen tretet. Ich habe in den letzten Tagen mehr Tote gesehen als mir lieb ist und werde nicht weiter mit ansehen wie noch jemand sein Leben verliert.“
Ein leises Rascheln und dann trat eine ausgezehrte Frau Ende dreißig, vielleicht Anfang vierzig aus der Dunkelheit in den Schein des Feuers, während Baltos die Tür schloss. Der junge Mann atmete kräftig aus bevor er sich umdrehte und blickte entschlossen die Frau an. Eona Sternentanz war vielleicht einst eine schöne Frau gewesen, doch nun zehrte die Trauer sie aus. Die cremefarbene Haut lag in tiefen Falten um die überschatteten, trüben Augen. Ihr Milchkaffeebraunes Haar war struppig und strähnig und hing ihr wirr über die Schultern hinab bis zu den Hüften. Sie war in ein fleckiges Eisbärenfell gehüllt, was auch schon mal bessere Tage gesehen hatte. Etwas an den Flecken stimmte nicht so recht, aber dafür hätte Baltos die Decke ausgebreitet sehen müssen. Eonas Finger der einen Hand krallten sich tief hinein, als wäre es das einzigste was ihr noch Halt gab. Die andere hielt zitternd das Hemd mit dem angenähten Anhänger.
„Denn ich werde in letzter Zeit ständig an eure Tochter erinnert und will nicht dass wenn sie wiederkommt nur noch den Schatten ihrer Mutter erblickt. Ventha lässt mich nicht umsonst von eurer Tochter Träumen, wenn es nicht eine Bedeutung hätte. Ich werde euch helfen ob ihr es wollt oder nicht!“
Entschlossen ging er auf die Frau, während er sprach, zu und blieb nur weniger Zentimeter vor ihr stehen. Die großen blauen Augen der Frau öffneten sich zu ihm aufsehend. Ihre Lippen zitterten und ihr Kinn bebte, als sie tonlos flüsterte:
„Ihr erlaubt euch keinen üblen Scherz mit mir, oder? ... Oder? … Wo … wo habt ihr das … ?“
Mehr brachte sie nicht heraus, denn ihre Knie versagten und sie krallte sich in in die Schnallen von Baltos Brustharnisch. Reflexartig hatte der junge Mann sie bei den Schultern gepackt und fühlte nun die blanken spitzen Knochen unter dem Fell. Die Stimme der Frau überschlug sich mehrmals in hohen Spitzen über der sonst so warmen Klängen.
„Wagt es nicht! Wagt es nicht mir falsche Hoffnung zu schenken! Wagt ... es … nicht!“
Was Eona nach so vielen Monden des Weines niemals für möglich gehalten hatte geschah! Tränen füllten die ausgetrockneten Seelenspiegel. Von Baltos starken Armen gehalten senkte sich ihr Blick auf den kleinen Silberbären. Die abgenagten Fingerspitzen führen ungläubig über das harte Material, als glaubte sie nicht das es wirklich war. Als wäre er gar nicht da, lehnte sich ihr Kopf kurz gegen seine Schulter. Der Jäger betrachtete ihr Profil. Die Ähnlichkeit zu dem Mädchen aus seinem Traum war unverkennbar. Baltos Erinnerungen täuschten ihn nicht. Die Wangen, wenn auch eingefallen, ihre Form, das spitze kleine Kinn, die geschwungenen, wenn auch zusammen gepressten Lippen, alles erinnerte ihn an das kleine Mädchen seiner Jugend. Nur die Augenpartie war etwas anders. Die Farbe war eben nicht der leuchtende Bernstein und auch die Stellung waren bei Eona enger zusammen. Das Bild der älteren Variante war in seinen Gedanken immer etwas verschwommen, da er sie lange nicht gesehen hatte. Bevor die junge Frau verschwunden war, war sie seltener in der Stadt gesehen worden und wenn Baltos ihr doch mal über den Weg gelaufen war, hatte sie immer weg gesehen. Er erinnerte sich immernoch gut an die groß angelegte Suche und den hoch motivierten immer freundlichen Vater. Eirik Bärenschädel war überall beliebt und schon deshalb hatten sich damals so viele an der Suche beteiligt. Jetzt lernte Baltos seine Frau kennen, zumindest den Schatten der sie noch war. Der Mann sah sich um und führte dann die ältere Frau nach hinten in das Haus, wo neben einer zweiten erloschenen Kochstelle es Sitzmöglichkeiten gab. Eona folgte ihm willenlos. Nachdem sie sich gesetzt hatte, kehrte etwas Leben in sie zurück und sie sah zu ihm auf, als sehe ihn zum ersten Mal.
„Ihr ...Wer seid ihr? … Bitte … Was wisst ihr von meiner Ruka? Mein Mädchen, meine Maruka, wo ist sie? Wo habt ihr das gefunden?“
Die Augen wurden groß und flehend und die Stimme hatte jede Bitterkeit verloren. Eine Hand strecken Baltos das Hemd als Aufforderung zu erzählen entgegen, während die andere die seine ergiff wie eine Ertrinkende.
Bild

Benutzeravatar
Baltos
Gast
Gast

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Baltos » Montag 11. März 2013, 12:20

Nicht mehr als eine Erinnerung die verblasst! Dachte der Mantroner traurig als er die einst so stolze und schöne Frau in ihrer jetzigen Verfassung erblickte. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst und als seine Hände rettend ihre Schultern ergriffen, erschrak Baltos als er ihren körperlichen Zustand bemerkte. Eona war nur noch Haut und Knochen, sie mussten seit Wochen kaum etwas gegessen haben. In diesen ausgezehrten Zustand war es wirklich ein Wunder das sie noch keine Erkältung dahingerafft hatte. Wie konnte ihr Mann nur zulassen dass sich die Mutter seines Kindes so aushungerte?! Der Jäger konnte und wollte nicht glauben das jemand wie Eirik Bärenschädel einfach tatenlos zusah und seine Frau im stich ließ. In dem Moment wo sie ihn am meisten brauchte.
Doch was wusste er schon von der Ehe und wie schlimm es war sein eigen Fleisch und Blut zu verlieren und nicht einmal die Gewissheit zu haben ob ihr geliebtes Kind noch lebte oder Tot im Schnee lag.

Baltos schluckte kurz einen Kloß der Trauer hinunter als er zeitgleich an den Verlust von Haros denken musste. Die Eltern seines besten Freundes wären auch fast an der Trauer zu Bruch gegangen, doch irgendwie hatten sie sich wieder aufgerafft und sogar weitere Kinder bekommen und genau diesen Antrieb musste Eona wieder finden. Sie musste ja keine weiteren Kinder bekommen, aber ihren Leben musste wieder einen Sinn haben!

Vorsichtig dirigierte er Eona in Richtung Küche, den dort befanden sich zwei Stühle, die zum sitzen einluden. Ein dritter Stuhl stand weiter weg und die Sitzfläche zeigte in Richtung Wand. Die Rückenlehne dieser Sitzgelegenheit war schon deutlich verstaubt.
Wahrscheinlich saß damals auf diesen Stuhl Maruka immer und hatte sich fröhlich mit ihren Eltern unterhalten oder von ihren Sorgen und Ängsten berichtet.
Baltos wurde kurz unbehaglich als er wieder realisierte das er in IHREN Elternhaus war, zusammen mit Rukas Mutter, auf die der Tod schon ein Auge geworfen hatte. Doch das Unbehangen verschwand genauso schnell wie es gekommen war. Es galt jemand zu helfen der seine Hilfe brauchte und vorallen dringend benötigte!
Vorsichtig bugsierte er die ältere Frau auf den einen der beiden Stühle, die öfter benutzt wurden und zog sich dann den anderen heran und nahm ebenfalls Platz.

Der Jägersohn konnte in ihren trüben Augen einen kleinen Funken aufleuchten sehen, als sie ihn fragte ob er etwas über ihre Tochter wüsste. Eona hielt ihn das Hemd entgegen und die andere Hand ergriff die seine. Sie sah zwar nicht danach aus, aber die Mantronerin konnte, obwohl ihrer körperlichen Verfassung, trotzdem kräftig zupacken. So als ob sie versuchen würde ihn die Antworten aus der Hand zu pressen.
Sein Blick glitt noch einmal auf das Hemd, was er von der besorgten Mutter entgegengenommen hatte. Ein kurzes Lächeln entstand auf seinem Gesicht. Der Jäger wusste selber nicht wieso, dann blickte er die Frau an. Die wahrscheinlich jedes Wort das seine Lippen verließ förmlich aufsaugen würde.
„Man nennt mich Baltos Sohn von Drago Flinklanze und Lena die Fröhliche. Ich weiß nicht wo Maruka ist!“ Kurz pausierte der junge Mann.
„Aber ich weiß… glaube… ich kann es nicht mit Worten beschreiben! Aber eure Tochter lebt! eine innere Stimme sagt mir dies und ich glaube euch geht es nicht anders!“
Sein eisblaues Auge blickte entschlossen in die ebenfalls blauen Augen von Eona.
„Als ich mich in der Höhle der Eisbestie befand, begannen die Erinnerung. Die Erinnerung an eure Tochter und mit der Zeit wurden sie immer stärker und verwirrender. Ich weiß nicht warum ich an Maruka denken muss, da die Erinnerungen, auch wenn es mich schmerzt es zu zugeben, nach der Suche nach ihr fast erloschen waren. Doch dafür erscheint das Bild eurer Tochter jetzt immer öfter vor meinen Auge.“
Dabei deutete Baltos auf sein verbleibendes Auge, was nicht von seiner Augenklappe abgedeckt wurde.
„Den Anhänger und das Hemd habe nicht ich gefunden, es war Ulf, Sohn des Olof Eisenherz der dies tat. Wir waren bei der gefangenen Drachenblut im Eiskanal, er hatte die beiden Gegenstände im Eis gefunden und sie vor uns verheimlicht.
Warum weiß ich nicht, aber als der Kampf mit der Seeschlange losbrach wurde er verletzt und ich ließ mir die beiden Gegenstände von Ragan Lebensretter aushändigen. Als ich die Kette bemerkte, die mich sofort an eure Tochter erinnerte sprach ich Elin Meersegen darauf hin an. Und diese sagte mir wo ich euch finden kann.“

Er blickte sie weiterhin fest an und gab ihr das Hemd zurück.
„Ich weiß das es nicht viel ist was ich oder besser gesagt Ulf gefunden hat. Aber all diese Zufälle, mein Kampf mit der Eisbestie, die Erinnerung an eure Tochter und die beiden gefunden Fundstücke sagen mir ich muss mich auf die Suche begeben!
Ich weiß nicht ob ihr mich kennt oder ob eure Tochter einmal meinen Namen erwähnt hat, doch verspreche ich euch, ich werde sie finden! Und sie euch zurück bringen.
Doch müsst ihr mir eins versprechen… ihr müsst euer inneres Feuer wieder entfacht und die Kälte aus euren Herz vertreibt! Ich will sie nicht finden müssen um ihr dann zu sagen das ihre Mutter gestorben ist!“

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Freitag 15. März 2013, 21:53

Riesige glasige Augen hatten an den Lippen des Jägers gehangen und jedes Wort aufgesaugt. Nun brachen alle Dämme und noch während Eona gelauscht hatte, flossen ungehindert dicke Tränen über ihre Wangen, doch es war ein befreiender Strom. Ein Strom der einen kleinen Teil der Verbitterung fort waschen konnte.
„Man nennt mich Baltos Sohn von Drago Flinklanze und Lena die Fröhliche. Ich weiß nicht wo Maruka ist!“
Kurz pausierte der junge Mann und er konnte deutlich das Beben sehen, als die aufkeimende Hoffnung nun zu brechen drohte.
„Aber ich weiß… glaube… ich kann es nicht mit Worten beschreiben! Aber eure Tochter lebt!“
Seine Stimme war voller Überzeugung.
„Eine innere Stimme sagt mir dies und ich glaube euch geht es nicht anders! Als ich mich in der Höhle der Eisbestie befand, begannen die Erinnerungen. Die Erinnerung an eure Tochter und mit der Zeit wurden sie immer stärker und verwirrender. Ich weiß nicht warum ich an Maruka denken muss, da die Erinnerungen, auch wenn es mich schmerzt es zu zugeben, nach der Suche nach ihr fast erloschen waren. Doch dafür erscheint das Bild eurer Tochter jetzt immer öfter vor meinem Auge.“
Dabei deutete Baltos auf sein verbleibendes Auge, was nicht von seiner Augenklappe abgedeckt wurde.
„Den Anhänger und das Hemd habe nicht ich gefunden, es war Ulf, Sohn des Olof Eisenherz der dies tat.“
Leichte Verwirrung lag in Eonas Blick. Sie wirkte nachdenklich.
„Wir waren bei der gefangenen Drachenblut im Eiskanal, er hatte die beiden Gegenstände im Eis gefunden und sie vor uns verheimlicht.“
Sie runzelte die Stirn.
„Warum weiß ich nicht, aber als der Kampf mit der Seeschlange losbrach wurde er verletzt und ich ließ mir die beiden Gegenstände von Ragan Lebensretter aushändigen. Als ich die Kette bemerkte, die mich sofort an eure Tochter erinnerte sprach ich Elin Meersegen darauf hin an. Und diese sagte mir wo ich euch finden kann.“
Er blickte sie weiterhin fest an und gab ihr das Hemd zurück.
„Ich weiß das es nicht viel ist was ich oder besser gesagt Ulf gefunden hat. Aber all diese Zufälle, mein Kampf mit der Eisbestie, die Erinnerung an eure Tochter und die beiden gefunden Fundstücke sagen mir ich muss mich auf die Suche begeben!“
Eona sah schweigend auf das Hemd in ihren Händen und streichelte liebevoll die feinen Stickereien am Kragen. Hinter ihrer Stirn begann es zu arbeiten, das konnte man ihr ansehen. Sie kaute auf ihrer Unterlippe.
„Ich weiß nicht ob ihr mich kennt oder ob eure Tochter einmal meinen Namen erwähnt hat, doch verspreche ich euch, ich werde sie finden! Und sie euch zurück bringen.“
Eona sah auf.
„Doch müsst ihr mir eins versprechen… ihr müsst euer inneres Feuer wieder entfacht und die Kälte aus euren Herz vertreibt! Ich will sie nicht finden müssen um ihr dann zu sagen das ihre Mutter gestorben ist!“
Etwas geistesabwesend antwortete die ältere Frau:
„Nein, das wäre sicher nicht gut.“
Dann versank sie wieder ganz im Streicheln der Borte.
„Hm ...Ulf … und ihr sagtet, Baltos wäre euer Name …?“
Sie wirkte unruhig und stand leicht schwankend auf, wehrte aber sofort jede Hilfe mit der Hand ab. Baltos blieb sitzen und beobachtete wie Eona Sternentanz langsam zu einer verstaubten, alten Kiste taumelte. Etwas hatte ihren Lebenswillen wieder entzündet und sie begann wieder zu kämpfen. Ob es seine Worte oder das Fundstück, oder auch beides gewesen war, war nicht zu erfassen. Eona ließ sich vor der Kiste auf die Knie nieder und holte einen Schlüssel aus ihrem Ausschnitt, der an einem langen Lederband hing. Mit einem Klicken öffnete sich das Schloss und mit einiger Kraftanstrengung hob die ausgemergelte Frau den schweren Deckel an. Baltos konnte sie nur von halb hinten beobachten, aber er erkannte schnell, dass es sich um Kleidungsstücke und die Habseligkeiten einer jungen Frau handelte, die die Mutter da aus der Kiste holte. Dann hatte sie anscheinend gefunden was sie suchte und kam mit einem in Leder gebundenen kleinen Buch zurück. Es war zusätzlich noch in Teertuch eingeschlagen und sie öffnete es erst als sie wieder auf ihrem Platz saß. Mehr zu sich selbst, als zu dem Jäger murmelte sie immer wieder seinen Namen und blätterte in den abgegriffenen Seiten. Das Rascheln des Papiers war eine Zeit lang das einzigste Geräusch weit und breit. Dann plötzlich ging ein Ruck durch die Frau und sie schlug sich eine Hand vor den Mund. Sie hatte das Buch ziemlich weit vorne aufgeschlagen. Ihr Augen wurden weit und ein leiser hoher laut entwich ihrer Kehle, bei zusammen gepressten Lippen.
„Baltos! Natürlich! Ihr … Baltos! … Sie hatte euch hier … Ihr... “
Sie sah ihn mit großen Augen an, musterte ihn ausgiebig, als sei er eine Traumerscheinung und plötzlich war wieder Leben in diesen Augen. Sie schien angestrengt zu überlegen, aber jetzt huschte sogar ein erstes Lächeln über ihre verhärmten Züge.
„Entschuldigt! Ihr wäre sicher nicht recht, wenn ich euch aus ihrem Tagebuch vorlese, aber ich weiß nun wer ihr seid und ich bin unsagbar glücklich darüber, dass ihr den Weg zu mir gefunden habt!“
Sie lächelte breit und ein wissendes Glitzern lag in ihren blauen Augen, dann wurde sie wieder gefasster, aber ein Schmunzeln huschte immer wieder über ihren Mund wenn sie ihn ansah.
„Ihr habt so Recht! Ich weiß nicht … ob mein Kind noch lebt oder nicht, aber sie würde furchtbar mit mir schimpfen, wenn sie mich so sehen würde! Ob es nun Schicksal, Zufall oder Venthas Wille war … Ich bin dankbar, dass ihr hier seid und mir die Hoffnung zurück in mein Haus gebracht habt.“
Sie legte ihre kühle Hand in freundschaftlicher Geste auf seine.
„Danke, Baltos! Es … es ist nicht leicht für eine Mutter ihr Kind verloren zu glauben. Der Schmerz … er lässt einen kalt werden. Die letzten Monde waren nicht gut für meinen Mann und mich. Ich glaub, ich hab es ihm sehr schwer gemacht mich zu lieben. Zu viel Leid kann ein Paar auch auseinander treiben … Aber ich will euch nicht mit meinen Eheproblemen belangen. Ihr sagtet ihr erinnert euch an meine Tochter? Sie war schon ein … besonderes junges Mädchen, nicht wahr?“
Trotz der leichten Beklemmung, als sie von ihrem Mann gesprochen hatte, war da jetzt dieses leichte Schmunzeln um ihre Mundwinkel und Baltos konnte sich sicher dem Eindruck nicht erwehren, dass die Frau vor ihm von einer deutlich ferneren Vergangenheit sprach, als der letzten paar Monate. Doch bevor sie in Erinnerungen zu schwelgen begann kam sie auch schon wieder auf die nähere Zeit zurück.
„Ihr habt damals bei der Suche geholfen, ja … Es kommt mir alles schon so fern vor. Es … es fühlt sich so an, als ob mein Kind nicht weiter von mir fort sein könnte. Ich habe immer geglaubt, wir hätten eine besondere Verbindung zueinander, aber in letzter Zeit … alles fühlt sich so fremd und fern an, wenn ich an meine Ruka denke. Irgendwie anders … falsch und verwirrend.“
Wieder standen ihr die Tränen nahe den Liedern.
„Ich bin dankbar, dass ihr mir helfen wollt, Baltos. Was habt ihr denn genau vor? Mehr als dieses Hemd habt ihr doch nicht. Kann ich euch irgendwie helfen? Wollt ihr irgendetwas von ihr wissen? Sicher wollt ihr das. Ulf hat es gefunden? Ja, das sagtet ihr. Ulf … eigentlich kein Wunder.“
Wieder strich sie gedankenverloren über den Einband des Tagebuches.
„Er hatte schon länger ein Augen auf meine Ruka geworfen.“
Als hätte sie etwas gesagt, das sie nicht sagen hatte wollen, zuckte sie leicht und fügte schnell hinzu:
„Sie hatte aber keine Augen für ihn!“
Der Unterton hatte etwas Seltsames. Ganz als wollte sie Baltos versichern, dass ihre Tochter und Ulf, Sohn von Olof Eisenherz, nichts miteinander verband.
„Er war nur ein paar Mal hier. Eirik mochte ihn nicht. Ich hab vergessen warum. Aber das ist jetzt auch unwichtig. Ich plapper, oder? Ich habe das Gefühl, seit Monaten nicht mehr mich richtig ausgesprochen zu haben. Es ist ja auch so. Ich … mein Mann … Ruka ist unser einziges Kind.“
Ein Schatten huschte über ihre Miene. Der letzte Satz hatte einen zu endgültigen Unterton gehabt. Eona war eine ungewöhnliche Frau. Sie trug ihr Herz offen auf ihren Lippen und plauderte mit dem jungen Jäger, als gehöre er zur Familie. Sie verbarg nichts, beschönigte nichts und entblößte ihre Seele vor dem jungen Mann, der ihr ein Zeichen ihrer Tochter zurück gebracht hatte. Dabei hielt sie seine Hand, als bräuchte sie die Wärme seiner Berührung noch, um wieder Kontakt zu der Welt aufzunehmen. Zögerlich sah sie sich um und sagte dann nach einer kleinen Pause:
„Ich bin eine schlechte Gastgeberin. Es tut mir leid, wie ich euch empfangen habe. Irgendwo müsste ich noch Tee haben ...“
Mit dem Leben kehrte auch die Scham über ihr Verhalten zurück.
„Ich würde euch gern etwas anbieten, nur hab ich wohl ein bisschen den Überblick über meinen Haushalt verloren.“
Ihre Augen suchten nach jenen Dingen um die sie sich seit geraumer Zeit nicht mehr gekümmert hatte. Dass ihr Mann sie nicht versorgt hatte, konnte man nicht sagen, doch waren die Dinge nicht mehr da, wo sie sie hin gestellt hatte. Es herrschte allgemeine Unordnung und Eona wurde sich immer mehr bewusst, wie sehr sie sich hatte gehen lassen. Sie verzettelte sich zusehends in Trivialitäten. Nun war an Baltos das peinliche Schweigen aufzulösen und sie auf andere Gedanken zu bringen. Sicher hatte er noch einige Fragen.
Bild

Benutzeravatar
Baltos
Gast
Gast

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Baltos » Montag 18. März 2013, 11:38

Als Eona sichtliche Schwierigkeiten hatten sich zu erheben, wollte Baltos ihr helfen. Doch die ältere Frau gab ihn mit einem schnellen und zackigen Handzeichen eindeutig zu verstehen, dass sie diesmal seine Hilfe nicht benötigte. Also ließ sich der Mantroner wieder in seinen Sitz sinken und betrachtete die Frau dabei wie sie zu einer staubigen Kiste ging, diese öffnete und nach etwas suchte. Der Jäger sah nur knapp den Inhalt der Truhe. Da die Mutter Marukas einen Großteil davon verdeckte, aber als Baltos erkannte das in dieser Kiste unter anderem Unterwäsche für eine Frau aufbewahrt wurde, wendete er schnell seinen interessierten Blick wieder ab. So etwas gehörte sich schließlich nicht!

Es dauerte auch nicht lange und Eona nahm mit einen Notizbuch in der Hand wieder platz. Sie blätterte in den vergilbten Seiten und sprach dabei fortwährend den Namen des jungen Eisjägers. Es hörte sich fast schon wie ein Gebet an und dann, beinah am Anfang des Buches, wurde sie fündig.
Anscheinend stand etwas über ihn in diesem Buch, denn in ihren Augen konnte er sehen dass sie ihn jetzt erkannte oder zumindest wusste woher ihr sein Name so bekannt vorkam.

Baltos wollte eigentlich schon gerne Wissen was dort über ihn stand, aber ein Tagebuch war für Frauen heilig. Das zumindest hatte Haros immer gesagt, bevor er gestorben war. Sein Freund aus Kindheitstagen meinte damals immer, bei diesem Thema, man dürfe nie in diesen Büchern lesen, weil die Mädchen das absolut nicht mochten!
Für Baltos war das Ritual Tagebuch bis heute ein Rätsel, warum sollte man seine Gedanken auch in einen Buch niederschreiben? Wozu hatte man denn ein Gedächtnis? Er verstand den Sinn dahinter einfach nicht und sah eigentlich nur die Gefahr eines Tagebuches. Man gab einen Gegenstand seine tiefsten Gefühle preis, der eventuell von jemand gefunden werden konnte der dies niemals lesen sollte. Für Baltos war das ungefähr so als würde man sich mit blutigem Fleisch am Körper, in einer Höhle mit hungrigen Eisbären begeben, um dort dann ein gemütliches Schläfchen zu halten. Halt absoluter Schwachsinn!

Der Kontakt von Eonas Hand auf der seinen, riss in wieder zurück ins hier und jetzt. Er bemerkte ihre Anspielung, doch verstand er sie nicht. „Natürlich war sie das!“
Lies er die Mutter wissen, als sie ihn fragte ob ihre Tochter etwas besonders war. Auf seiner Stirn bildeten sich ein paar Denkfalten, doch er ging nicht weiter auf diese, in seinen Auge unverständliche und vorallen sinnlose frage ein. Eona schien das auch bemerkt zu haben und fuhr weiter mit ihrer Erzählung fort und kam zum Thema Ulf.

Die Mutter musste wohl bemerkt haben dass sich Baltos’ Muskeln anspannten und seine freie Hand sich zu einer Faust bildete und fügte deswegen an, dass ihre Tochter kein Interesse an Ulf gehabt hätte.
Und auch Keinen Moment später entspannte sich der Körper des jungen Jägers wieder. Baltos war selbst von dieser plötzlich auftretenden Wut überrascht gewesen und wusste dieses Gefühl, was die meisten als Eifersucht kannten, nicht richtig ein zu ordnen. Er beschloss einfach, dass die plötzlich auftretende Wut, wahrscheinlich eine Nebenwirkung des Medikaments des Heilers war und konzentrierte sich wieder auf die Worte Eonas.

Ulf hatte damals also Interesse an Maruka gehabt, doch war er mit ihren Vater nicht zu recht gekommen. Das erkälte zumindest warum er die Fundstücke an sich genommen hatte. Der Jäger kramte in seinen Gedächtnis nach, konnte sich aber nicht entsinnen den anderen Mantroner bei der Suche nach der verschollenen Frau damals gesehen zu haben.
Der Rest der Unterhaltung wurde dann schon sehr vertraut, aber der Mantroner störte sich nicht daran. Doch langsam kam das Gespräch ins Stoppen als Eona sich erst richtig bewusst wurde in welchen zustand ihr Heim war. Baltos störte der Zustand der Behausung eher weniger und er brauchte auch keinen Tee oder sonst solch eine Floskel der Höfflichkeit.
Das Feuer in den Augen der Mutter, was wieder brannte, war Dank genug für ihn. Sie würde ihr leben wieder in vernünftige Bahnen lenken und ihren Mann wieder ein gutes Weib sein. Vielleicht würde Maruka auch bei ihrer Rückkehr ein Geschwisterchen haben. Man konnte ja nie wissen!
Doch musste er sie dafür erst einmal finden!
„Ich brauche nichts, danke!
Das ihr euer inneres Feuer wieder gefunden habt, ist mir dank genug. Ich benötige nur ein paar Hilfestellung eurerseits!“

Kurz wartete er auf eine Reaktion der Mutter und als die Bestätigung kam, das er fortfahren sollte, erhob er wieder das Wort. „Ich benötige ein Kleidungsstück das den Geruch eurer Tochter beinhalte. Dieses Hemd sollte dann in einen Behälter verwahrt werden, der den Duft lange genug erhalten kann.
Außerdem wäre es gut zu wissen ob in den Tagebuch ein Lieblingsort von ihr beschrieben wird, denn nur sie kennt!“

Der Mantroner lehnte sich ein Stück in den Sitz zurück und verschränkte seine mächtigen Arme kurz hinter den Kopf und streckte sich dabei, bevor er weiter fortfuhr. „Meine suche nach Maruka werde ich in der Höhle der Eisbestie beginnen die ich erschlagen habe. Ich will Gewissheit haben das sie nicht unter den dortigen Leichen liegt. Außerdem kann ich auf den Weg dorthin, einen Kampfgefährten aufsuchen, der mir bei der Suche vielleicht helfen kann. Seine Nase ist besser als die meine.“
Jetzt grinste er sie an und in seinen Kopf formte sich langsam ein Plan, wie er die junge Frau finden konnte.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Dienstag 19. März 2013, 09:46

Eifersucht. So etwas kannte Baltos nicht. Woher den auch. Dazu musste man ja wenigstens schon mal verliebt gewesen sein. Sein Interesse für das Mädchen in seinem Traum war sicher nicht daran schuld, oder? So wie jede neue Erfahrung die man in seinem Leben machte, versuchte er sie zu hinterfragen, schob es jedoch erst einmal auf die Nebenwirkungen des Trankes von Ragen Lebensretter, schon allein um sich wieder auf das Gespräch mit Marukas Mutter konzentrieren zu können, das ins stocken geriet.
„Ich brauche nichts, danke! Das ihr euer inneres Feuer wieder gefunden habt, ist mir dank genug. Ich benötige nur ein paar Hilfestellung eurerseits!“
Eona nickte eifrig, das er fortfahren sollte.
„Ich benötige ein Kleidungsstück das den Geruch eurer Tochter beinhalte. Dieses Hemd sollte dann in einen Behälter verwahrt werden, der den Duft lange genug erhalten kann.
Außerdem wäre es gut zu wissen ob in den Tagebuch ein Lieblingsort von ihr beschrieben wird, denn nur sie kennt!“

Der Mantroner lehnte sich ein Stück in den Sitz zurück und verschränkte seine mächtigen Arme kurz hinter den Kopf und streckte sich dabei, bevor er weiter fortfuhr.
„Meine suche nach Maruka werde ich in der Höhle der Eisbestie beginnen die ich erschlagen habe. Ich will Gewissheit haben das sie nicht unter den dortigen Leichen liegt.“
Eonas Augen weiteten sich.
“Außerdem kann ich auf den Weg dorthin, einen Kampfgefährten aufsuchen, der mir bei der Suche vielleicht helfen kann. Seine Nase ist besser als die meine.“
Jetzt grinste er sie an und in seinen Kopf formte sich langsam ein Plan, wie er die junge Frau finden konnte.
„Eine Höhle mit Leichen? … Eine Eisbestie? Ihr hattet es schon erwähnt, ja richtig. Oh, ich denke, wenn die Männer mit den Schlitten zurück sind, werden sich sicher viele von ihnen anschließen wollen um nach ihren vermissten Angehörigen zu suchen. Sind es viele die begraben werden müssen? Meint ihr Maruka könnte …? Ihr werdet sie finden! So oder so!“
Wieder standen Tränen in den großen mandelförmigen Augen, was noch vor Stunden vollkommen unmöglich erschienen war. Eona wischte sich die Augenwinkel und nickte.
„Ich glaube, ich hab da etwas was euch helfen könnte. Sie hat in selbst gemacht. Oh, was hab ich damals geschimpft, als sie sich dafür die Haare abgeschnitten hatte! Einen Moment ...“
Sie stand wieder auf und ging erneut zur Kiste. Als sie zurück kam, hatte sie einen kleinen unförmigen Eisbären in der Hand, der mehr einem spitzen Ei mit Knubbeln dran glich, als dem größten Landraubtier Mantrons, nach der Eisbestie natürlich. Das Fell war an manchen Stellen schon sehr abgegriffen und das schwarze Leder schimmerte schon hindurch. Eona reichte das Stofftier dem Jäger. Schiefe Augen glotzten ihn treudoof an. Die groben Nähte waren mit feineren Stichen durch die Mutter verstärkt worden und der kleine Bär fühlte sich erstaunlich weich an. Er ließ sich bis auf einen Finger dick zusammen drücken, da eben kein Stroh zum Füllen benutzt worden war, sondern Menschenhaar. An einer Pfote war die Naht aufgerissen und ein paar cremefarbene, milchkaffeebraune Zotteln schauten heraus. Als Eona dies sah, nahm sie sich schnell einen Korb und holte ihr Nähzeug heraus um das Loch für die Reise zu flicken.
„Kiowa, so hat sie ihn getauft, ist schon so häufig nass geworden irgendwo vergessen und verloren gegangen, aber unsere verstorbene Hauswölfin hat ihn immer wieder nach Hause gebracht. Ich denke, ihr braucht ihn nicht einzuwickeln. Wenn etwas ein Stück von ihr in sich trägt, dann Kiowa.“
Dann gab sie ihn Baltos zurück und lächelte das erste Mal wieder. Die einfache Tätigkeit, das Nähen für ihre Tochter, hatte ihr noch mal einen auftrieb gegeben. Während der Jäger das kleine Tier in seinen großen Händen hielt griff sie geistesabwesend sogar in eine steinerne Schatulle und kaute kurz darauf auf einer getrockneten Wurzel herum.
„Mein Mann hatte auf der Jagd eine Eisbärin gelegt und leider erst hinterher bemerkt, dass sie Jungen hatte. Eines lief weg und ist sicher auch gestorben. Die Jungen waren noch zu klein um alleine zu überleben. Das Andere hat mein Mann schnell und gnädig getötet. Doch Maruka hatte fürchterlich geweint und um ihr bei der Verarbeitung zu helfen, haben wir aus dem Fell des Jungen dieses Kuscheltier gemacht. Sie war damals noch so klein und hat nicht verstanden, dass es notwendig gewesen war. Er war von diesem Tag an immer ihr bester Freund, also passt gut auf ihn auf!“
Die Frau sah Baltos eindringlich an aber lächelte auch dabei. Es war als vollzöge sich jetzt schon langsam ein Wandel in ihr. Der junge Jäger hatte ihr ihre Hoffnung zurück gebracht und mit jeder Minute die verging, schien Marukas Mutter sich wieder zu verjüngen. Das glänzen in ihren Augen, die Tränen wuschen die dunklen Schatten weg und das Lächeln straffte die eingefallenen Wangen. Sie war eine hübsche Frau für ihr Alter, aber besonders machte sie ihre Ausstrahlung. Das Funkeln kehrte langsam zurück und Baltos begann vielleicht zu ahnen, woher sie ihren Beinahmen Sternentanz hatte. Sie streichelte noch einem den Kopf des Stofftiers und drückte dann Baltos Hand.
„Bringt mir Gewissheit, wenn ihr nicht meine Tochter finden solltet. Allein der Gedanke und dass ihr mir mein Leben zurück bringen wollt, macht euch zu einem wahren Freund. Wenn ich hoffen darf sie lebend wieder zu sehen, so werdet ihr für immer einen Platz in meinem Herzen finden. Ihr werdet sicher bald aufbrechen wollen. Wenn ihr noch irgendetwas braucht … Wir haben noch ihren kleinen, alten Jagdschlitten, aber eben keine Wölfe die ihn ziehen könnten. Die sind alle mit meinem Mann draußen. Für eine Person mit wenig Gepäck würde er reichen. Er ist leicht und wendig, aber er müsste euch tragen können. Er steht hinter dem Haus. Nehmt ihn wenn ihr in braucht. Mein Mann hatte ihn in der Nähe des Eiskanals gefunden, nachdem sie verschwunden war. Ungefähr auf der Höhe der Steilklippen, dort wo drei Felsen eine gemeinsame Spitze bilden. Mein Mann sagte, sie hätte dort viel gejagt.“
Damit stand sie auf und umarmte den deutlich größeren Jäger, der sicher sich auch erhoben hatte und stellte sich dabei auf die Zehenspitzen.
„Wenn ich … mein Leben wieder aufgeräumt habe, werde ich zu Elin Meersegen gehen und für euch beten. Ich wünsche euch alles Glück der Welt. Kommt gesund zurück … mit oder ohne meine Tochter.“
Dann drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange und stellte sich gerade hin. Fast, als wäre er schon gegangen, schaute sie sich um, schüttelte den Kopf und begann aufzuräumen.
Bild

Benutzeravatar
Baltos
Gast
Gast

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Baltos » Dienstag 19. März 2013, 14:52

Als Eona nach der Höhle fragte und ob es vielen Leichen waren, nickte Baltos ihr zu. „Es waren hunderte von Körpern die ich in der Kammer gefunden hatte. Einige liegen dort wahrscheinlich schon seit Jahren! Ich glaube zwar nicht das Maruka unter ihnen ist, aber ich kann diese Möglichkeit leider nicht ausschließen!“ Er sah das seine Worte die besorgte Mutter trafen, als sich Tränen in ihren Augenwinkeln sammelte, aber Eona riss sich zusammen und holte den gewünschten Gegenstand der Baltos bei seiner Suche helfen sollte hervor.
Gleichzeitig erfuhr er auch die Geschichte hinter den Kuscheltier und das er mit den Haaren von Maruka gefüttert war. Das würde seine Suche deutlich erleichtern, wenn er Geri finden konnte und dieser ihn erneut half!
Der Schlitten denn sie im Verlauf des weiteren Gespräches erwähnte, würde Baltos bei seiner Suche ebenfalls gut gebrauchen können. Auch der Ort wo der Schlitten gefunden wurde war ein guter Hinweis und dazu kannte er auch noch die Stelle. Einige Eisbären hielten sich dort auf und es war ja bekannt dass die Familie von Maruka begnadete Eisbärenjäger waren. Er überlegte ob sie damals an diesen Ort nach ihr gesucht hatten, aber er konnte sich nicht mehr Erinnern.
Doch der Vater hatte diesen Fleck vereister Erde bestimmt Gründlich untersucht und unter jeden schneebedeckten Stein nachgeschaut, aber außer den Schlitten hatte er anscheinend nichts weiter gefunden. Vielleicht hatte der Jäger ja mehr glück und außerdem musste er ja irgendwo mit seiner Suche beginnen, wenn er nicht in der Höhle fündig wurde, was er hoffte.

Wieder ein Eisbär! Baltos betrachtete nach dem Wangenkuss das Gesicht des Stofftieres, was viel Ähnlichkeit mit dem hatte was er in der Höhle der Eisbestie gefunden hatte. Vielleicht war dies ein weiteres Zeichen? Das er eventuell auf den richtigen Weg war um seine Suche zu beginnen. Denn warum sonst sollten die Eisbären soviel Ähnlichkeit miteinander haben?
Eona hatte ihn mittlerweile den Rücken zugedreht und schon damit begonnen, die Hütte wieder auf Vordermann zu bringen. Als Baltos in Richtung Ausgang ging und an der Tür kurz anhielt. „Ich werde sie finden!“ Versicherte er ihr noch und dann verließ er das Geburtshaus von Maruka und schloss die Tür.

Sofort vielen ihn die neugierigen Blicke auf die ihn von einigen Frauen zugeworfen wurden. Anscheinend hatte sie den Rauch bemerkt, der aus der Hütte kam und wollten nach den rechten schauen. Aber die Blicke die sie ihn zuwarfen gefielen den Jäger überhaupt nicht. „WAS IST!!!??!!!“ Ließ er die Damenschar in einen wütenden Ton wissen. Doch bekam er keine Antwort, sondern nur erschrockene oder ebenso wütende Blicke.
Mit dem Stofftier in der Hand ging er hinter die Hütte. Er hatte besser zu tun als sich mit Klatschmäulern anzulegen und betrachtet den Einmann-Schlitten, der sich direkt neben der Hauswand befand. Der Schlitten war in einen guten Zustand und wurde eindeutig gepflegt, wahrscheinlich von Eonas Ehemann. Die Kufen waren frisch geschliffen, das Holz war mit einer Wachsschicht überzogen, damit es nicht Faulte und das Leder war ebenfalls gefettet. Baltos blickte kurz in denn Innenraum des Schlittens, der bei der Fahrt den Unterleib vor Schnee und Eis bewahrte und überprüfte ob sich dort ein Tier versteckte.
Nachdem er den Schlitten ordentlich durchgeschüttelt hatte und noch immer kein Tier aus der Fahrerkammer gekrabbelt kam, quetschte Baltos den Eisbären in das Gehäuse. Er wolle das Kuscheltier nicht durch die ganze Stadt tragen. Denn wie sah es denn aus wenn der Bezwinger der Eisbestie mit einen Kinderspielzeug in der Hand durch die Gegend zog!

Also verstaute der Jäger den kleinen Kuschelfreund von Maruka im Schlitten und schob diesen kurz darauf durch Mantron. Sein nächstes Ziel war sein Elternhaus, sein Magen verlangte nach einer guten Speise und seine Eltern wollten bestimmt ihren Sohn wieder sehen.
Baltos schob das Gefährt wieder auf den Weg den er vorhin genommen hatte und bemerkte dass die Frauenversammlung aufgelöst war. Doch der Mantroner kümmerte sich nicht weiter darum. Er schob den Schlitten weiter vor sich hin und passierte wieder die drei Damen, die sich mit dem entgräten der Fische beschäftigten. Der Zuber mit den fertigen Fisch war mittlerweile schon zur hälfte gefüllt und die Damen würde wahrscheinlich noch vor Einbruch der Nacht fertig werden.

Als er das Langhaus von Thure wieder sah, bog er ab und nahm einen Seitenweg der ihn zum Haus seiner Eltern führte. Er brauchte nur ein paar Minuten und hatte die Hütte seiner Eltern erreicht. Baltos stellte den Schlitten in die Nähe der Hauswand ab und betrat sein Heim.
Weiter in: Der südliche Teil Celcias ‹ Das Eisreich ‹ Die Eisinsel Ersa ‹ Mantron, Heimat der Tapferen ‹ Mantrons Wohnhäuser ‹ Baltos’ Elternhaus

Benutzeravatar
Baltos
Gast
Gast

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Baltos » Donnerstag 11. April 2013, 10:54

Kommt von: Der südliche Teil Celcias ‹ Das Eisreich ‹ Die Eisinsel Ersa ‹ Mantron, Heimat der Tapferen ‹ Mantrons Wohnhäuser ‹ Baltos' Elternhaus
Es war noch früh am Morgen und die Sonne war auch gerade erst aufgestanden.
Die ersten ihrer wärmenden Strahlen zogen über die Dächer der Stadt. Das Licht wurde dabei von den Eiszapfen die an den Dachüberhängen hingen reflektiert und der Schnee glitzerte mit jeder weiteren Sonnenstrahl mehr. Der weißen Boden Mantrons sah somit fast aus wie ein Meer aus Diamanten. Für einen Fremden wäre diesen Anblick wahrscheinlich atemberaubend gewesen und hätte in ihn das Verlangen geweckt sich in den Schnee zu schmeißen, um einen Schneeengel zu machen, aber nicht bei Baltos. Er wollte einfach nur an der frischen Luft laufen und das tat er auch!
In einen leichten trab rannte er durch die Stadt und dachte einfach an nichts. Die letzten Tagen und vorallen Nächte hatte seine Psyche schon ziemlich mitgenommen. Der Jäger genoss es einfach einmal sich um nichts Sorgen zu machen oder hinter irgendwelchen seltsamen Träumen einen Sinn zu erkennen.
In diesen Geistigen Stand-by-Modus lief der Einäugige quer durch die ganze Stadt.
Er passierte als erstes das Haus von Norna, das ziemlich verweist wirkte. Da die Zwinger so gut wie leer waren. Als nächstes kam er dann an der Hütte von Marukas Eltern vorbei und umrundete danach Thures Langhaus. Dann sah er die Lagerhäuser und konnte einige Frauen dabei beobachten wie sie Lebensmittel aus den Silos entnahmen. Am Schluss rannte er am Hafen vorbei, an den wieder reges treiben herrschte und folgte dann den Weg zurück denn er genommen hatte.
Wie viele Runden er somit quer durch die Stadt gedreht hatte, hatte der Einäugige nicht mitgezählt. Er blieb einfach irgendwann in der Mitte der Stadt stehen.

Als sich sein Körper von der Anstrengung des Laufens wieder beruhigt hatte schätzte Baltos das er ungefähr zwei Stunden unterwegs gewesen sein musste. Denn bei genauer Betrachtung der Umgebung waren jetzt eindeutig mehr Frauen auf den Trampelpfaden zwischen den Häusern unterwegs und auch die Sonne hatte eine wesentlich höhere Position am Firmament eingenommen.
Sein Atem bildete während er sich umblickte weiße Wolken vor seinen Mund. Etwas Frost war in seinen Drei-Tage-Bart entstanden und lies den jungen Mann älter wirken als er eigentlich war. Er wischte sich mit der Hand durchs Gesicht um die gefroren Feuchtigkeit von seiner Gesichtsbehaarung zu entfernen.
Das Lauftraining hatte wirklich gut getan und sein Kopf fühlte sich endlich wieder frei an. Es war an der Zeit seine Pläne in die Tat umzusetzen und dafür war er auch mehr als bereit. Ein inneres Kribbeln breitete sich in seinen Körper aus und schürte die Vorfreude auf die Prüfungen die Ventha noch für ihn vorgesehen hatte.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Freitag 12. April 2013, 16:08

Das eisige Wasser hatte Baltos erhitzten Körper schnell abgekühlt. Dampfend stand er einen Moment vor seinem Bett, das deutlich schmaler war, als das in seinen Träumen. Die Tropfen auf seiner Haut verdunsteten schnell und auch die Nachwirkungen der Nacht verflogen nach dieser Behandlung zügig.
Nach dem Frühstück ging er dann schnell dazu über seinen Geist ebenfalls zu beruhigen und nichts half dabei besser, als ein ordentliches Lauftraining! In der Nacht hatte es geschneit und die Pfade zwischen den Häusern waren perfekt zum Laufen, jetzt da der Himmel für eine Weile einmal aufriss. Mantron war die größte Stadt der Eisinsel, so dass er gut zwei Stunden brauchte um jeden Weg einmal zu durchlaufen. Zwar gab es noch außerhalb ein paar abseits gelegene Außenposten, die oft kaum mehr als vier oder fünf nah zusammenstehende Zelthäuser zählten, aber die meisten Mantroner sammelten sich ohnehin, gesellig wie sie waren, hier an diesem Ort um die Geschichten ihrer Abenteuer zu verbreiten.
So kam es auch, dass Baltos die fehlende Betriebsamkeit auf den Straßen auffiel, aber trotzdem immernoch, wenn auch vorwiegend weiblichen, Mantronern begegnete die ihm freundlich zu grüßten. Ein paar Kinder versuchten ihm eine kurze Stecke hinterher zu rennen, doch er hängte sie schnell ab. Eine alte runzlige Frau kam unvermittelt um eine Ecke gewackelt und Baltos hätte sie fast umgerannt, doch sie lachte nur freundlich. Die kalte Luft klärte seine Gedanken und der Blick auf das gefrorene Meer hinaus, das an manchen Stellen kunstvolle, in der Sonne glitzernde Berge aufgetürmt hatte, ließ Ruhe in seine Seele einkehren. Das schönste jedoch war aber der Anblick von Eona Sternentanz wie sie mit frisch gebürstetem Haar im Morgenwind stand und die Häute ihrer Hütte mit einer dicken Schwarte einfettete. Sie war so beschäftigt dass sie den Läufer gar nicht bemerkte, aber dass sie zu neuen Kräften zurück gefunden hatte und er daran sicher nicht ganz unschuldig war, fühlte sich warm und gut in seiner Seele an.
Baltos Training tat gut und verscheuchte auch die letzten unruhigen Gedanken, doch kamen mit der Klarheit auch die Gedanken an seine Pläne wieder. Noch schwer atmend stand er mitten in der kleinen Stadt und sah sich um. Dies war sein Zuhause. Mehr oder weniger kannte man fast jedes Gesicht vom Sehen her, doch nicht weit von hier, verborgen im Frostwald in der Tiefe einer Höhle, lagen die Überreste von vielen Verstorbenen die endlich den weg zu ihren Ahnen antreten sollten. Das Wissen um sie drückte auf seine Schultern und er war sich sicher, dass ein Krieger auf der suche nach den Lebenden nicht fehlen würde, wenn er den Weg zu den Toten gehen würde. Auch jene Tapfersten hatten ein Recht umsorgt zu werden, jetzt da einer um sie wusste. Ventha hatte ihn nicht umsonst auf diese Reise geschickt. Es gab noch Arbeit zu erledigen!
Für einen kurzen Moment spukte auch der Gedanke in seinem Kopf herum, dass er seinen Namen bei Elin Meersegen einfordern könnte, doch üblicher Weise wurde in diesem Zusammenhang eine größere Feier angesetzt und wenn möglich waren alle Familienmitglieder anwesend. Einen Grund zum Feiern wollte sich kein Mantroner entgegen lassen! Der Tod einer Eisbestie, vor allem einer solch ausgewachsenen und … verfluchten, war etwas Besonderes und solle nicht beiläufig gefeiert werden, wenn die Hälfte der Tapferen unterwegs waren, vor allem weil ihr Tod nicht das einzigste war, was seiner Geschichte Inhalt geben sollte. Der Fluch, der auf dem alten Friedhof gelegen hatte, die Schändung des unterirdischen Tempels durch das Wesen und auch der Fund der vielen vermissten Seelen war ein Teil von Baltos Geschichte die erzählt werden musste.
Also war die Entscheidung klar. Die Bergung der Leichen würde sicher einige Zeit dauern, doch zuvor musste der Weg zu ihnen geebnet werden, die Stollen gesichert und die Höhle vor Tieren verschlossen werden, damit die Folgenden auch ihre Angehörigen fanden und nicht z.B. der ein oder andere wilde Wolf die Knochen schmackhaft fand. Mal ganz davon abgesehen, wollte er wissen, ob die sterblichen Überreste der jungen Frau aus seinen Träumen unter ihnen weilten.
Baltos nahm seinen Lauf wieder auf, schaute noch einmal kurz bei seiner Mutter vorbei um ihr bescheid zu geben, kontrollierte seine Jagdausrüstung, bekam noch etwas Trockenfleisch zugesteckt und einen feuchten Kuss in aller Öffentlichkeit.
Dann zurrte er seine Schulterriemen fester und machte sich auf den Weg Geri zu finden.

(weiter bei: Frostwald – Bergung der Leichen )
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Samstag 5. November 2022, 09:52

Eleyna kommt von Die Hafenanlage


Die Fahrt durch den tiefwinterlichen, verschneiten Wald war einfach nur herrlich und unvergleichlich. Die Schneise selbst war breit genug für zwei Schlitten, die bequem aneinander vorbei fahren konnten.
Der Schnee auf diesem Weg war fest und bot den Hunden guten Halt, während die Kufen des Gefährts sanft rauschend darüber glitten. Nur manchmal gab es einen kleinen Ruckler, wenn sie ein Steinchen überfuhren, jedoch bei weitem nicht so wild und unbequem, wie wenn sie mit einer Pferdekutsche unterwegs waren. Und auch ein Ritt, so befreiend das mitunter sein konnte, bot keinen derartigen Komfort wie dieser Schlitten, in dem man weich wie in einem Bett lag und auch so schön warm.
Dabei war die Luft eisigkalt, das konnte sie an jenen freien Hautstellen im Gesicht spüren, die nicht von ihrer Kopfbedeckung verborgen wurde. Jetzt verstand sie auch, warum Laogh ihr dazu geraten hatte, ihr Antlitz zu verhüllen.
Und die Umgebung erst! Sie war dank des Schnees, der größtenteils unberührt wirkte, hell und trotz der Kälte wirkte es freundlich und lediglich so, als hätte sich die Natur mit dieser weißen Pracht zugedeckt. An den Bäumen indes funkelte stellenweise auch das Eis und fing dadurch das spärliche Sonnenlicht ein.
Alles in allem erschien diese Umgebung wie eine Märchenlandschaft. Die der Schatten jedoch verschlief. Weil er derart erschöpft war? Weil er sie längst kannte? Noch immer hatte sie keine Ahnung davon, was sie hier sollte. Ob sie ihn wecken und zu einer Offenbarung bringen sollte? Oder konnte sie ihre aufkeimende Neugier noch bezähmen?
Andererseits... warum nicht die Aussicht während der Fahrt genießen und ihre Gedanken treiben lassen? Es war so wunderschön hier, das musste man einfach genießen!

Es dauerte etwas mehr als eine Stunde, bis sich der Wald allmählich lichtete und die Häuser der Stadt mit ihren dunkelbraunen Planen als Wände in Sicht kamen. Die Hunde hechelten inzwischen, wirkten allerdings keineswegs so, als hätten sie schon all ihre Kräfte verausgabt.
Das war gut, denn während die Gebäude immer größer wurden, die Rauchfahnen in den Himmel stiegen und sich zeigte, dass das Leben in den Gassen auch von der Kälte nicht gedämmt werden konnte, dauerte es noch eine weitere halbe Stunde, bis sie schließlich anhalten durften. Hechelnd und leicht dampfend blieben die Tiere schließlich stehen.
Der Burschen befestigte die Zügel an der Vorrichtung im Schlitten, sprang ab und stapfte durch den Schnee zu einem Haus rechter Hand von ihnen, um dort anzuklopfen.
Indes würde sie wohl versuchen, auch aufzustehen, doch sobald sie es versuchte, griff der Schatten nach ihrem Handgelenk, um sie aufzuhalten. Langsam hob er seine Augen, an dessen Lidern sich feine Schneekristalle verfangen hatten und dort funkelten. "Warte kurz...", raunte er leise und zog sie näher, als wolle er sie küssen.
Kurz, bevor sich ihrer beider Lippen aber treffen konnten... rieselte etwas Eisigkaltes in ihren Nacken, genau dort in den Spalt zwischen den beiden Stoffen ihrer Kleidung, sodass es ungehindert auf ihre erwärmte Haut treffen konnte. Mit einem leisen, amüsierten Hüsteln ließ er sie los und sich mit diesem Schreck beschäftigen, als auf der anderen Seite die Tür geöffnet wurden.
Sein Blick traf den einer älteren Frau, deren Augen sich weiteten, ehe ihre Miene sich verfinsterte. Sie nickte dem Burschen kurz zu, dann trat sie näher und baute sich neben ihm auf. Die Arme verschränkte sie vor der üppigen Brust und blickte eher ablehnend auf ihn herab. "Du... Was tust du hier? Und mit Verlaub... du siehst furchtbar aus und bist ein Arschloch!", ließ sie eine volltönende und zugleich angenehme Stimme vernehmen. Wobei... sprach sie hier gerade Garmisch? Wie das?!
Der Schatten hüstelte amüsierte und hob einen Arm unter den Fellen hervor, um abzuwinken. "Zu gütig, ich freue mich auch, dich wiederzusehen."
Die Frau seufzte und deutete ein Kopfschütteln an. "Du bist und bleibst ein unverbesserlicher Idiot.", gab sie ungerührt zurück.
Er zwinkerte ihr zu und wies endlich auf die Mischlingselfe. "Celestina, ich habe dir Besuch mitgebracht."
Nun hob sie den Kopf und ihre Augen trafen auf jene der anderen. Sie waren von einem eisigen Blau, eines, das ihr viel zu bekannt vorkam, als dass sie sich von dem etwas dunkleren Blauton hätte beirren lassen können. Die waren beinahe so wie ihre eigenen!
Laogh winkte dem Burschen, der sich an der älteren Bewohnerin vorbei schob und ihm aus dem Schlitten half. "Ich geh mal hinein. Ich nehme an, ich bin hier überflüssig.", spöttelte er, um zu überspielen, wie erschöpft er sich fühlte. Schwer auf den Bengel gestützt, stapfte er den kurzen Weg bis zur Tür und verschwand in der Hütte.
Indes starrte Celestina noch immer die andere an.
Bild

Benutzeravatar
Eleyna d'Yaincre
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 386
Registriert: Sonntag 14. März 2021, 20:01
Moderator des Spielers: Janay
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Mensch/Dunkelelfe)
Sprachen: Garmisch, Lerium
Beruf: Spionin
Fähigkeiten: waffenloser Kampf (überdurchschnittlich)
Wurfmesser (gut)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 51F
Ausrüstung: [br]5 Wurfmesser
Kapuzenumhang
Zunderschwamm
Wasserschlauch
Pökelfleisch für eine Woche[/br]
Tierische Begleiter: schwarzes Pferd
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Samstag 5. November 2022, 13:38

Eleyna sah Laogh von der Seite her an und verengte die Augen. Er brauchte nicht auf die Idee zu kommen, sich an ihr rächen zu wollen! Sie konnte nichts dafür, wenn Mundl nicht zielen konnte. Dem ersten Maat zeigte sie mit einer Geste, dass er sich bloß zurückhalten sollte. Auch wenn das alles im Scherz geschah und nichts dafür sorgte, dass der vorläufige Abschied von Mundl getrübt wurde. Eleyna setzte sich zum Schatten, drückte kurz seine Hand und wandte sich daraufhin der Natur zu. Ihr Blick fiel auf einen kleinen Schneehasen, der sich kurz die Löffel putzte, ehe der dürre Junge sich anschickte, ihren Schlitten fahren zu wollen. Ein wenig fragend, hob sich ihre Augenbraue, denn er sah nicht danach aus, als ob er die schönen Tiere, die allesamt nur so vor Energie strotzten, überhaupt würde führen können! Allerdings lag es nicht in ihrer Natur, andere nach ihrem Aussehen zu verurteilen, etwas nicht zu können. So manches äußere Paket entpuppte sich als wahres Geschenk im Innern. Also zweifelte sie im Stillen, bis der Schlittenführer das Kommando gab und die Meute aufgeregt Fahrt aufnahm. Es dauerte nur einige wenige Augenblicke, bis sie den Hafen und das Gebiet drumherum verlassen hatten. Die Geräuschkulisse wurde weniger, bis Eleyna kaum noch etwas davon wahrnehmen konnte. Sie wandte einmal den Kopf, um einen Eindruck zu bekommen, wie der Hafen in seiner Gänze wirkte und musste feststellen, dass das Land seinen ganz eigenen Charme hatte. Bitterkalt wurde es, je mehr sie in den Wald einfuhren. Die Spionin warf einen prüfenden Blick auf den Schatten, doch jener schien zu schlafen. So hatte sie genug Zeit, sich umzusehen und genoss jedes Bild, welches sich ihr bot. Da waren die feinen Flocken, die sich an die kargen Äste von blattlosen Bäumen hingen und ihre Kronen glitzern ließen. Sie sah, während der Schlitten vorbeisauste, einige Rehe und Rentiere im Dickicht nach Futter suchen, die allesamt die Köpfe hoben, aber nicht auseinanderstoben. Sie kannten das offenbar schon und blieben unbeeindruckt. Eleyna dafür aber umso beeindruckter. Die klirrende Kälte brachte sie dazu, ihre Kapuze, die ihr Wintermantel hatte, ein wenig tiefer ins Gesicht zu ziehen. Zudem hatte sie ein Tuch über ihren Mund und Nase gelegt, sodass nur noch ihre Augen übrig waren. Hier zog der Wind immer mal wieder unangenehm herein, doch die Landschaft lenkte sie davon ab. Zudem war das Gefährt alles andere als ‚lahm‘. Sie warf Laogh noch mal einen Blick zu. Sie erinnerte sich an seine Ehrlichkeit, als er ihr sein Alter verriet. Sie hatte das schon vermutet, dass er um einiges älter war als sie, doch dass er doppelt so alt war… Nun, für Elfen war es nichts Ungewöhnliches. Aber sie war auch zur Hälfte menschlich, weshalb ihr das Alter immer noch manchmal seltsam vorkam. Außerdem würde sie selbst vielleicht nicht so ewig alt werden, als Mischling. Doch sie verbannte ihre Gedanken wieder. Die Landschaft hatte eine beruhigende Wirkung auf sie, auch wenn sie wusste, dass Mantroner durchaus sehr harsch und direkt sein konnten. Ihr Gemüt, so sagte man, käme dem eines wildgewordenen Ebers gleich. Sie war auf jeden Fall gespannt und grinste unter ihrer Vermummung etwas.

Der Weg führte durch den Wald hindurch und nach geraumer Zeit konnte Eleyna die dampfenden Schwaden von Kaminfeuer aufsteigen sehen. Sie reckte etwas den Hals und sah an dem Hundeführer vorbei. Mantron. Es war nicht mehr weit und mit jedem Zug der Hunde, kam es näher. Eleyna hatte in der Zeit der Fahrt nicht einmal daran gedacht, Laogh zu wecken. Sie wusste, dass er Erholung brauchte. Und es war wichtig, dass er die auch bekam. Zudem war sie tatsächlich auch gefangen von der Natur. Und zu sehr damit beschäftigt, alles weitere einfach auszublenden. Denn darüber nachdenken, dass sie früher oder später der Wahrheit die Ehre geben musste… das wollte sie bestimmt nicht! So wartete sie geduldig ab, bis sie die Ausläufer der Stadt erreichten und schlussendlich einfuhren. Die Mischlingselfe streckte sich, als der Schlitten anhielt und sah sich um. Sie hatten vor einem Haus gehalten, zu dem der Bursche auch schon auf dem Weg war. Eleyna wandte sich zu Laogh, um ihn zu wecken, doch er hatte bereits die Augen geöffnet. Sie nickte ihm zu, um sich daraufhin aus dem Schlitten schälen zu wollen, doch er hielt sie auf. Fragend blickte sie ihn an, während sie ihre Kapuze vom Kopf strich und das Tuch hinunterzog. Er zog sie zu sich und die Spionin folgte, immer noch fragend. Wollte er sie jetzt küssen? Jetzt?! Hatte er schlecht geträumt? Eleyna wartete fragend ab, bis sie die Kälte in ihrem Nacken spürte. Sofort japste sie nach Luft und kam äußerst schnell aus dem Schlitten gesprungen. Sie versuchte das nasse und vor allem kalte Gefühl zu beseitigen, kam aber nicht so recht ran. Funkelnd sandte sie ihm düstere Blicke. „Das wirst du noch bereuen!“, zischte sie ihm hinterher, als er sich langsam ebenfalls unter den Fellen hervorschälte. Doch bevor sie sich wieder streiten konnten, öffnete sich die Tür. Eleyna, noch immer damit beschäftigt, sich den Nacken zu wischen, sah auf die ältere Frau. „Du... Was tust du hier? Und mit Verlaub... du siehst furchtbar aus und bist ein Arschloch!" Beide Augenbrauen wanderten in die Höhe und sie sah zwischen den beiden hin und her. "Zu gütig, ich freue mich auch, dich wiederzusehen."
"Du bist und bleibst ein unverbesserlicher Idiot."
Eleyna grinste plötzlich, ließ ihre Hand aus ihrem Nacken sinken und klatschte in die Hände „Ha! Sehr sympathisch!“, rief sie triumphierend und zog die Nase kraus in Richtung Laogh, als er ihren Blick auffing. Sie grinste amüsiert. Dann wandte sie sich allerdings an die Ältere und stutzte, als Laogh sie als „Besuch“ vorstellte. Wie Besuch?! Sie kannte die Frau doch gar nicht, wieso sollte sich die Garmisch-sprechende Mantronerin denn dazu äußern? Laogh jedoch ließ Eleyna mal wieder allein, sodass die Spionin ihm fragend hinterher sah. Erst als er das Hausinnere betreten hatte, wanderten Eleyna’s Augen wieder zu der Frau. Sie hingegen starrte zurück. Die Spionin räusperte sich und kam etwas näher. Sie umrundete den Schlitten, um der Frau die Hand entgegen zu strecken. Wieso starrte sie denn so? „Ich bin Eleyna.“, stellte sie sich höflich vor und musterte ihre Gegenüber. Celestina, das war ihr Name. Doch da klingelte nichts bei ihr. Einzig die hellen, blauen Augen bannten einen Moment ihre Aufmerksamkeit. Doch die Spionin glaubte nicht eine Sekunde daran, dass das etwas zu bedeuten hatte. Wie viele hatten denn blaue Augen? Dass ihre eigene Augenfarbe um einiges prägnanter war und für viele, die sie sahen, ein Blickfang, war Eleyna gar nicht mal wirklich bewusst. Es war halt eine Augenfarbe. Mehr nicht. Für sie war sie bei irgendwelchen Bekannten von Laogh. Weshalb ausgerechnet hier? Nun, vermutlich, weil es tatsächlich am Hintern von Celcia lag und weit genug weg wäre, von ihrer Mutter. Und einer Dummheit, die Eleyna begehen könnte, wenn sie sich zu dicht an Morgeria aufhielte. Ansonsten wüsste sie nicht, wieso die Frau jetzt ausgerechnet auf Eleyna warten würde. Da sie immer noch schwieg, räusperte sich Eleyna noch mal kurz. „Nun… danke, dass wir bei euch… sein dürfen?“, riet sie und zog einen Mundwinkel schief nach oben. Dass er sie aber auch immer in solche Situationen bringen musste! Sie hasste das. Immerhin hatte sie überhaupt keine Ahnung, wer die Person war, warum sie hier war und er verzog sich einfach, ohne jegliches Wort der Erklärung! Typisch.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Samstag 5. November 2022, 21:14

Der Schatten ignorierte jene Anzeichen von ihr, die ihn hätten warnen können. Stattdessen tat er so, als hätte es sie nie gegeben, während er sich in den warmen Fellen einkuschelte und die Fahrt über vor sich hin döste. Die Strecke kannte er gut genug und ohnehin war er zu schwach, als dass er lange wach bleiben wollte. Er würde seine verbliebene Kraft sowieso viel zu bald brauchen, das wusste er.
Wobei... wenn er so tat, als wäre das Gegenteil der Fall, vielleicht würde sie ihn ja in Ruhe lassen. Nein, eher nicht, dafür kannte er die Person am Ziel zu gut. Also zog er es vor, die Zeit zum Erholen zu nutzen, jetzt, wo er endlich nicht mehr auf dem vermaledeiten Kahn ausharren musste.
Die Mischlingselfe hingegen durfte diese für sie unbekannte Landschaft staunend bewundern, die an ihr vorbei zog, während die Hunde brav alle an einem Strang zogen. Und selbst wenn einer einmal ein wenig ausscheren wollte, der Bengel schaffte es scheinbar mühelos, die Kontrolle zurück zu gewinnen. Oder die Tiere waren einfach zu gut erzogen und wussten, wofür sie diese Arbeit verrichteten.
Wie auch immer, sie gelangten gleitend und unfallfrei bis ins Herzen der Stadt Mantron, inmitten des schneebedeckten Winterwaldes, dass man sich kaum vorstellen konnte, wie nahe der Hafen und die Küste lagen. Nichts war davon noch wahrzunehmen, stattdessen schien die gesamte Welt nur aus Bäumen, Schnee und Eis zu bestehen. Wobei sie vermutlich von Glück reden konnte, dass es beinahe windstill war und die Sonne blass vom Himmel schien. Die Ankunft hätte wahrlich unangenehmer sein können!
Nur... was sollte sie hier? Wenn er einmal, wenigstens dieses eine Mal den Mund davor aufmachen würde! Aber nein, stattdessen lockte er sie zu sich, um... um... ihr Schnee in den Nacken zu schmieren! Pah, was für ein hinterhältiger Hund!
Mit einem kleinen, zufriedenen Hüsteln lehnte er sich zurück und betrachtete einen Moment lang sein Werk, ehe es für ihn Zeit wurde, sich einer anderen Frau zu zuwenden. Diese war schon älter, ihr Gesicht war wettergegerbt, wirkte jedoch trotz der Falten noch straff. Wie alt sie wohl sein mochte? Es war schwer einzuschätzen.
Ihr langes Haar war schlohweiß, sodass sich die ursprüngliche Farbe nicht mehr erhalten hatte, nicht einmal in ihren dünnen Augenbrauen. Dafür hatte sie die Strähnen zu dünnen Zöpfen geflochten, die eng an ihrem Kopf anlagen und sich an ihrem Hinterkopf trafen, um dort offen in ihrer restlichen Länge bis zur Höhe ihrer einst wohl schmalen Taille zu fallen. Ihre Figur war nicht mehr schlank, aber auch nicht füllig. Stämmig würde es eher treffen, sofern der Fellumhang überhaupt eine Einschätzung zuließ.
Sie wirkte wie eine Einheimische mit ihrer hellen Haut, die bis auf ihr Gesicht mit der schmalen, geraden Nase und dem spitz zulaufenden Kinn verdeckt wurde, und lediglich im direkten Vergleich mit den anderen Erwachsenen einen Unterschied erkennbar werden lassen würde. Ebenso ihre Größe, denn sie war gerade einmal knapp über einen Meter und sechzig Zentimeter groß, wobei sie im Alter vermutlich noch etwas geschrumpft war. Den Jungen überragte sie noch, das stand einmal fest und lag nicht an den kleinen Absätzen ihrer mit Fell gefütterten Lederstiefel.
Nun alledings kam sie zu dem Schlitten und sah direkt den Dunklen an, ohne jegliche Spur von Angst vor seinesgleichen. Im Gegenteil! Kaum, dass sie den Mund aufmachte und eine Stimme erklingen ließ, bei der man gerne das Enkelkind am warmen Feuer am Abend wäre, um den Geschichten zu lauschen, die sie zu erzählen wüsste, wurde offensichtlich, dass sie den Schatten kannte. Mehr noch, ihre Worte klangen nicht sonderlich danach, als würde sie sich freuen, ihn wieder zu sehen.
Obwohl er es anders behauptete und ebenfalls sich nicht überrascht zeigte. Hinzu kam der Umstand, dass sie ihn wie selbstverständlich auf Garmisch begrüßte. Moment... sprach man in Mantron nicht Es... Es... Esera oder wie das hieß? Konnte er das womöglich nicht? Laogh... und etwas nicht können? Undenkbar! Und trotzdem...
Indes ging die unfreundliche Begrüßung weiter, dass sie sich das Grinsen nicht mehr verbeißen wollte. Der Schatten seufzte theatralisch und warf ihr einen War-ja-klar-Blick zu, ehe er sie kurz vorstellte und sich dann von dem Jungen auf sowie ins Haus hinein helfen ließ. Seltsam, dass er das nicht sie machen ließ, sondern lieber... Halt, der flüchtete doch nicht etwa gerade?!
Doch schon war sie allein und stand dieser fremden Frau gegenüber, die sie ungläubig anstarrte mit Augen, die den ihren so ähnlich waren, dass es jedem zufälligen Betrachter sofort auffallen würde. Der Mischlingselfe hingegen nicht, sodass sie weiterhin keine Ahnung hatte, was sie hier sollte. Also versuchte sie, das Beste daraus zu machen, kam um den Schlitten herum und stellte sich vor, hielt auch ihre Hand zur Begrüßung hin.
Die Bewegungen der anderen kamen nur zögernd, irgendwie mechanisch, während sie weiter starrte. Bis... sie endlich etwas sagte, oder eher hauchte, während es schien, als würden ihr gleich die Tränen in die Augen steigen. "Du hast seinen Blick..."
Dann aber blinzelte sie und schüttelte leicht den Kopf, bevor sie sich ein Lächeln abrang und die Hand ergriff. Ihre eigene steckte in warmen Handschuhen und wusste offensichtlich zu zupacken. Es fiel leicht, sich vorzustellen, dass man selbst gefangen wäre, wenn diese kräftigen Finger nicht wollen würden, dass man wieder los käme. "Entschuldige bitte, Kind, wo sind nur meine Manieren! Da sehe ich diesen verlogenen Harlunken ein paar Momente lang und schon färbt er auf mich ab."
Sie schüttelte den Kopf über sich selbst, entließ endlich die Hand der Spionin und machte eine einladende Geste zu jenem Haus, aus dem sie getreten war. "Komm herein. Zwar ist heute ein warmer Tag, aber die Sonne geht bald unter und ich vermute, eine heiße Tasse Tee wird auch dir willkommen sein.", sprach sie viel herzlicher mit ihr als mit dem Schatten, sodass sich erneut der Eindruck einer geliebten Großmutter aufdrängen wollte, zu der man gerne zu Besuch kam.
"Wenn du Hunger hast, sehe ich nach, ob ich noch etwas von dem Räucherschinken habe und ein Stück Brot. Bis der Eintopf fertig ist, dauert es noch.", ging es sogleich einladend weiter, als wäre sie nicht irgendeine Fremde, die hier abgeliefert worden war wie ein Paket, sondern eine Bekannte... oder Verwandte.
Nur... sie hatte doch keine Verwandten in Mantron, zumindest keine, von denen sie wusste! Oder...? Was wusste Laogh jetzt schon wieder, was ihr niemand erzählt hatte?! Wenn sie diesen Saukerl in die Finger bekäme!
Bild

Benutzeravatar
Eleyna d'Yaincre
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 386
Registriert: Sonntag 14. März 2021, 20:01
Moderator des Spielers: Janay
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Mensch/Dunkelelfe)
Sprachen: Garmisch, Lerium
Beruf: Spionin
Fähigkeiten: waffenloser Kampf (überdurchschnittlich)
Wurfmesser (gut)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 51F
Ausrüstung: [br]5 Wurfmesser
Kapuzenumhang
Zunderschwamm
Wasserschlauch
Pökelfleisch für eine Woche[/br]
Tierische Begleiter: schwarzes Pferd
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Sonntag 6. November 2022, 01:25

Eleyna hätte sich unzählige Fragen stellen müssen. Sie hätte sich nicht einfach in seine Obhut begeben und wich führen lassen sollen. Doch die letzten Wochen waren intensiv gewesen. Und sie hatte so vieles erfahren, was sie verdauen und verarbeiten musste, dass sie in diesem Moment einfach nur die Landschaft zu genießen wusste. Sie lenkte ihren ohnehin stets beschäftigten Kopf mit vollster Absicht auf das grelle Weiß ihrer Umgebung. Auf die Schönheit der eisigen Kälte, die auch gleichzeitig einen schnellen Tod zu versprechen wusste. Laogh rührte sich neben ihr nicht er hatte sich zurückgezogen, das hatte sie gespürt und gleichwohl akzeptiert. Die Schiffsreise war vorbei, die aufgekommene Zweisamkeit würde nicht ewig Bestand haben. Das wusste auch sie. Denn was auch immer sie hier erwartete: Es würde gewiss nur zu neuen Konflikten führen, ihr wieder vor Augen halten, dass sie ihm im Grunde nicht vertrauen durfte und er sie weiterhin behandelte als wäre sie es nicht wert, dass er sie respektierte. Allerdings musste Eleyna sich das einreden. Denn ihre Gefühle waren da und hatten sich nicht einfach verflüchtigt. Sie hatte gemeint, was sie sich in seiner Bewusstlosigkeit eingestanden hatte. Er war ihr wichtig geworden. Einzig ihr Sturkopf würde vermutlich zu verhindern wissen, dass sie sich nach ihm verzehrte. Eleyna wartete, die Aussicht genießend, ab, bis sich der Hundeschlitten aus dem Wald schälte und vor ihnen die Stadt Mantron auftauchte. Kurz warf sie Laogh einen Blick zu, doch er ruhte noch immer – oder ignorierte sie. Wie auch immer, in der Stadt angekommen, fanden sie zügig das Ziel ihres kleinen ‚Ausflugs‘. Von über 3 Wochen! Eleyna sah sich um und musterte das Haus, vor dem sie standen. Bis sie sich erheben wollte, und Laogh sich die Frechheit herausnahm, ihr den Schneeball für Mundl zu vergelten. Fluchend zischte sie ihm Rache entgegen, als ihre aufkommende Tirade jäh von einer älteren Frau mit weißen Haaren unterbrochen wurde.

Die Spionin beobachtete die Alte und musterte sie während sie an den Schlitten trat und Laogh auf eine… interessante Weise begrüßte. Eleyna konnte sich das Grinsen nicht verkneifen und ihren Ausspruch dazu, doch der Schatten warf ihr nur einen beleidigten Blick zu. Sie grinste noch breiter. Eleyna wusste zwar nicht, warum die Frau ihn auf Garmisch anpöbelte, doch das machte sie nur noch sympathischer. Natürlich wusste die Halbelfe, dass man hier Esera sprach, doch die Frau schien entweder nicht aus Mantron direkt zu stammen oder aber wusste, dass es mal etwas gab, was der Schatten nicht beherrschte. Wie auch immer – sie jedenfalls beherrschte Garmisch und verstand also auch, was gesprochen wurde. Endlich hatte sich Laogh aus dem Schlitten gehievt und ließ sich plötzlich reichlich eilig von dem Bengel ins Haus bringen. Eleyna verfolgte ihn mit ihrem Blick. Floh er gerade etwa?! Immerhin schien die schroffe Begrüßung nicht zu bedeuten, dass er nicht das Haus betreten durfte. Eleyna seufzte innerlich, bis ihr auffiel, dass die Alte sie anstarrte. Unangenehm… Eleyna kam in Bewegung und um den Schlitten herum, als sie sich vorstellte. Es dauerte, bis die andere sich bewegte und Eleyna betrachtete sie stirnrunzelnd. Weinte sie etwa?! "Du hast seinen Blick...", kam es in warmer Stimme und ließ die Elfe verwirrt in die Augen der anderen blicken. "Wessen Blick?" Was meinte sie? Doch sie schien sich zu besinnen und begrüßte Eleyna freundlich und mit einem äußerst kräftigen Händedruck. Sie selbst erwiderte und lächelte ihr leicht entgegen. „Schon in Ordnung. Ich reise nicht erst seit gestern mit ihm und bin einiges gewohnt“, versuchte sie andere zu beruhigen und winkte leicht ab, nachdem ihre Hand wieder befreit worden war. "Komm herein. Zwar ist heute ein warmer Tag, aber die Sonne geht bald unter und ich vermute, eine heiße Tasse Tee wird auch dir willkommen sein. Wenn du Hunger hast, sehe ich nach, ob ich noch etwas von dem Räucherschinken habe und ein Stück Brot. Bis der Eintopf fertig ist, dauert es noch." Eleyna folgte der Geste mit dem Blick und schaute auf das Haus, in dem Laogh so selbstverständlich verschwunden war. Dann wandte sie sich der Frau zu und nickte knapp. „Vielen Dank, das ist sehr nett.. Ich schätze, ich kann durchaus warten. Ich bin nicht hungrig!“, meinte sie und blieb noch mal neugierig an dem Profil der anderen hängen. "Darf ich etwas fragen, bevor wir hereingehen?“, wollte sie wissen, schob die Frage allerdings gleich hinterher: „Wieso sind wir hier? Er hat mir nichts gesagt und… ihr scheint ihn zu kennen also… vielleicht auch seine Beweggründe?“, hakte sie nach, bevor sie der Älteren folgte. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Doch ihre Gastgeberin wirkte äußerst nett, zumindest ihr gegenüber und Eleyna wunderte sich darüber. Sie kannte jedenfalls niemanden aus Mantron. Einzig die hellen, blauen Augen waren etwas, was ihr immer wieder ins Bewusstsein sickerte. Vielleicht schätzte sie ihre eigene Farbe als zu gering ein, doch wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie sagen, dass sie den ihren ähnelten. Auch die Gesichtsform war, wenn sie näher darüber nachdachte, ähnlich. Doch Eleyna hatte keine Verwandten in Mantron. Das war für sie ein Fakt und dementsprechend nichts, was sie tatsächlich in Betracht zog. Ihre einzige Verwandte war ihre Mutter. Und das, was in Morgeria noch eventuell lauerte, wovon sie aber nichts wusste und wissen wollte.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Sonntag 6. November 2022, 21:20

Die erzwungene Ruhepause gepaart mit der Märchenlandschaft unter all dem Schnee und Eis waren eine Wohltat für ihre Seele. Sie hatte schließlich vieles, mit dem sie sich eingehender hätte beschäftigen müssen, sodass sie kaum wissen konnte, mit was sie am besten anfangen sollte. Hinzu kam ihr veränderter, körperlicher Zustand, der allmählich konkreter wurde, je mehr Zeit verstrich.
Ob sie sich jemals so viel mit der weiblichen Anatomie beschäftigt hatte, um zu wissen... oder wenigstens zu ahnen, dass sie bald aus jener Phase herausgewachsen wäre, im wahrsten Sinne des Wortes, die als die unsicherste galt? Oder war dies für sie stets ein Bereich gewesen, mit dem sie sich wohlweislich nicht beschäftigt hatte?
Und was war eigentlich mit dem Schatten und seinen scheinbar zufälligen Berührungen ihres Bauches? Was, bei den Göttern, wusste er denn?!
Doch all das berührte sie gerade weniger als der Anblick des verschneiten Waldes, durch den der Schlitten wie auf einer Decke aus Wolken zu gleiten schien. Der Junge erwies sich jedenfalls als erfahrener, kundiger und durchsetzungsfähiger Lenker der kräftigen, ausdauernden Tiere und sie gelangten unfallfrei bis ins Zentrum der Stadt Mantron. Vor einer Hütte hielten sie an und sie könnte die Ruhe dazu nutzen, sich umzusehen. Wodurch die Frage auftauchen würde, wie dieser Bengel einen Unterschied erkennen und sie zur richtigen Hütte führen könnte!
Alles sah, auf den ersten Blick, gleich aus, Wände sowie Dach aus dunkelbraunen Tierhäuten, gestützt von dünnen, biegsamen und dennoch stabilen Zweigen. Womöglich gab es verschiedene Größen, je nach Reichtum oder Ansehen, doch erst einmal war das für sie nicht ersichtlich. Genauso wenig der Umstand, dass bei manchen Hütten Rauch durch die Öffnung in der Mitte des Dachs aufstieg und bei manchen nicht. Straßen in der Hinsicht gab es nicht wirklich und die Wege zwischen den Behausungen waren verschlungen, obwohl sie davon ausgehen konnte, dass sich Einheimische hier spielerisch zurecht finden würden. Für sie als Fremde hingegen wäre es schwierig, solange sie keine Fixpunkte ausmachen könnte, an denen sie sich orientieren können würde.
Laogh stattdessen schien vollstes Vertrauen in den Jungen zu haben und widmete sich bei ihrer Ankunft erst einmal ihr. Bis eine andere Frau auftauchte und seine Aufmerksamkeit einforderte, die er ihr tatsächlich sofort gewährte. Wobei die Begrüßung auf eine Art ausfiel, die sie der Mischlingselfe nur sympathisch sein lassen konnte.
Dass sich der Schatten davon nicht beeindrucken ließ, war vorherzusehen gewesen. Dass er aber, auf den Bengel gestützt, einfach in die Hütte entschwand... Das war eine bodenlose Frechheit! Sie einfach so hier stehen zu lassen, bei Celestina, wie er sie genannt hatte, die sie anstarrte, als hätte sie einen Geist gesehen!
Tatsächlich trat so etwas wie Rührung in ihren Blick... oder war es irgendetwas aus der Vergangenheit, an das sie sich lediglich mit Schmerz erinnern konnte? Es war nicht eindeutig und dauerte auch seine Zeit, bis die Alte, die wohl einst eine recht hübsche Frau gewesen sein musste, denn noch jetzt ließen sich Spuren davon in ihrem Gesicht erkennen, wenn man dafür bereit war, sich allmählich zu fassen schien.
Zuerst kam ihr jedoch eine Bemerkung über die Lippen, mit der die Spionin nichts anfangen konnte. Bei dem Dunklen hätte es keinen Sinn gehabt, nachzufragen, was gemeint wäre. Hier allerdings tat sie es sofort... und erhielt auch eine Antwort!
Celestinas Lippen kräuselten sich zu einem kleinen, wehmütigen Lächeln, als sie leise seufzte. "Deines Vaters.", eröffnete sie der anderen, ehe sie sich ein Herz fasste und sie verspätet begrüßte sowie gastfreundlich aufzunehmen gedachte.
Der Händedruck wurde erwiderte und bei der Bemerkung musste sie lachen, ein warmer, wohliger Laut, der sie noch sympathischer wirken ließ. "Ja, er ist und bleibt ein Unikat.", meinte sie mit einem Kopfschütteln und Nachsicht in der Stimme, als hätte sie selbst schon so einige seiner Launen erlebt.
Doch dann wurde sie ernst und warf einen Blick in Richtung ihrer Hütte. "Er sieht beschissen aus, wenn du mir diese Offenheit verzeihst, wie die Kotze eines Rentiers mit Magenvergiftung. Wie lange wart ihr auf dem Schiff?" Oha, da kannte aber jemand wirklich etwas mehr von dem Meisterspion!
Daraufhin sprach sie ihre Einladung aus und nickte verstehend bei der Antwort, mit einem nachsichtigen Lächeln auf den Lippen. "Was heißes zu trinken nimmst du aber an, ja? Dir sitzt sicher die Kälte in den Gliedern und das ist das Beste hier, um sich von innen zu wärmen. Vielleicht schaffe ich es ja, auch ihm etwas einzuflößen, dem alten Sturschädel!" Letzteren Satz murmelte sie eher zu sich selbst, denn zu ihrem unverhofften Gast, und wollte sich schon daran machen, hinein zu gehen, als die Worte sie zurück hielten.
Fragend sah sie zu der Mischlingselfe. "Natürlich, Kind.", erwiderte sie schlicht und in einer Selbstverständlichkeit, dass sie einfach eine Großmutter sein musste!
Ob vielleicht der Bengel zu ihr gehörte? Herausgekommen war er noch nicht, obwohl die Hunde sicherlich versorgt werden müssten.
Schon folgte die wichtigste Frage, die der Spionin auf der Seele brannte. Celestina blinzelte und wirkte einen Moment lang ehrlich verdattert, bevor sie sich wieder fing. "Hat er nicht? Hm... mal wieder typisch, immer muss man ihm alles aus der Nase ziehen! Ich hab wirklich das Gefühl, als würde er mit jedem Jahr verbohrter und sturer werden!", schimpfte sie und schüttelte den Kopf mit einem gequälten Seufzen.
Um daraufhin die andere erneut anzusehen und mit einem entschuldigenden Lächeln die Schultern zu zucken. "Es tut mir leid, Kind, warum genau er es jetzt getan hat, kann ich dir auch nicht sagen. Aber es war längst an der Zeit, dass er es tut! Und bitte!" Sie hob mahnend den Zeigefinger, wenngleich es in ihren blauen Augen schalkhaft funkelte, was sie ein wenig jünger wirken ließ. "Lass das Förmliche, ja? Wir sind schließlich vom selben Blut! Und jetzt komm endlich rein, diese alten Knochen vertragen die Kälte nicht mehr wie früher!" Damit ergriff sie das Handgelenk der anderen, ohne ihr Gelegenheit zum Verdauen sowie Sortieren all dieser Neuigkeiten zu geben, und zog sie mit erstaunlich viel Kraft für ihren Lebensabschnitt bis in die Hütte.
Erst, als sie über der Schwelle waren, ließ sie wieder los und machte noch ein paar Schritte, ehe sie die Hände in die Seite stemmte. Ihr Blick ging in Richtung des Herdfeuers, das in der Mitte der Hütte munter vor sich hin brannte und mit Steinen zum Schutz umrundet worden war. Dort saß der Bengel und löffelte irgendetwas aus einer irdenen Schüssel. "Cebrail, du kleiner, verlauster Nichtsnutz, was hast du hier drin noch verloren?! Scher dich raus, bevor ich dir Beine mach, und kümmere dich um die Tiere und den Schlitten! Wehe, wenn sich der Alpha wieder verkühlt!", schimpfte sie plötzlich stimmgewaltig los.
Der Bengel zuckte zusammen und ließ die Schüssel fallen, um hastig dem Befehl nachzukommen. Dabei konnte sie endlich einmal einen Blick auf dessen vorpubertäres Gesicht werfen und wenngleich das Licht nicht das Beste war, wirkte es fast so, als hätte er eine sehr ähnliche Augenfarbe wie Celestina.
Diese schnaufte und verpasste ihm erstaunlich behände, als er vorbeihuschen wollte, eine Kopfnuss. "Und schließ die Tür, ehe hier alles einfriert!", fügte sie energisch hinzu. Schon war der Bursche weg und hatte gehorsam hinter sich die Tür geschlossen, sodass das Licht noch schlechter wurde.
Während sich ihre Augen erst an die neuen Verhältnisse gewöhnen mussten, hörte sie ihre Gastgeberin wieder mit sanfterem Tonfall sagen:"Entschuldige bitte diese kleine Kröte. Er ist ein ganz Lieber, aber wie sein Vater denkt er zuerst immer mit seinem Magen." Sie lachte leise und nachsichtig. "Na ja, als Jüngster meines Sohnes bleibt ihm da wohl nichts anderes übrig, um satt zu werden.", brummelte sie und ging zur Feuerstelle, um die Schüssel und den Löffel einzusammeln. Ganz gleich, wie groß die Portion darin gewesen sein mochte, übrig geblieben war nichts.
Sobald Eleyna soweit war, ihre Umgebung erkennen zu können, würde sie feststellen, dass der Raum innerhalb der Hütte riesig anmutete. Das Zentrum bildete das Feuer als Licht- wie Wärmequelle, drum herum waren zusätzliche Felle auf den Tierhautboden ausgelegt worden, wahrscheinlich, um die Plätze bequemer und wärmer zu machen. Auf einem davon lag Laogh in eine Decke eingerollt und wirkte, als würde er schon wieder schlafen. Jedenfalls drehte er ihnen den Rücken zu.
Links der Tür befand sich ein kleiner, mit Häuten abgetrennter Bereich, der keinen Blick auf das Dahinter erlaubte, wenn man nicht direkt nachsah. Auf der anderen Seite gab es wiederum ein winzig zu nennendes Fenster, das aber optimal das Tageslicht herein ließ und es ermöglichte, an dem Spinnrad zu arbeiten oder auf dem Stuhl daneben die Ergebnisse zu verarbeiten.
In dem mittleren Bereich der Hütte schien sich indes das Leben hauptsächlich abzuspielen, denn hier konnte sie allerhand Hausrat ausmachen, auch ein paar Holzspielzeuge und einen Bottich mit dampfendem Wasser, in dem schmutzige Kleidung für die Reinigung eingeweicht wurde. Wahrscheinlich diente er daneben auch als Badezuber, von der Größe her würde es passen.
Der hintere Bereich war ebenfalls abtrennbar, doch hier waren die Tierhäute an der Seite zusammen gerafft, sodass sie am Feuer vorbei auf den kleinen Verschlag mit der Handvoll Schafe und Ziegen sehen konnte, die für Fleisch, Milch, Bekleidung als auch zusätzlicher Wärme sorgen konnten. Sogar ein Zicklein gab es, das gerade schmatzend am Euter seiner Mutter hing, die empört blökte, als der auffordernde Stoß beim Trinken zu unangenehm ausfiel.
Alles in allem wirkte es zwar recht dunkel, aber behaglich und auch der Geruch war bei weitem nicht so schlimm, wie es im ersten Moment gewirkt hatte. Natürlich roch man die Tiere und das Feuer, jedoch war die Luft nicht abgestanden und der Eintopf hatte sowieso einen Duft an sich, der einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen konnte. Wenn man gerade keinen überempfindlichen Magen aufgrund anderer Umstände hatte! Wie es ihr bei diesem Gemisch wohl ergehen würde?
Celestina indes hatte einen Becher mit dampfender Flüssigkeit gefüllt und kam nun lächelnd zu ihr hin, um ihn ihr anzubieten. Noch ein Duft mehr, obwohl dieses Mal ein angenehmer nach frischen Kräutern. "Willkommen in meinem Heim, Kind. Es ist bescheiden, aber heimelig und steht dir immer offen!", sprach sie und wirkte dabei dermaßen ehrlich, dass sie ihre Worte vermutlich tatsächlich auch genau so meinte.
Bild

Benutzeravatar
Eleyna d'Yaincre
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 386
Registriert: Sonntag 14. März 2021, 20:01
Moderator des Spielers: Janay
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Mensch/Dunkelelfe)
Sprachen: Garmisch, Lerium
Beruf: Spionin
Fähigkeiten: waffenloser Kampf (überdurchschnittlich)
Wurfmesser (gut)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 51F
Ausrüstung: [br]5 Wurfmesser
Kapuzenumhang
Zunderschwamm
Wasserschlauch
Pökelfleisch für eine Woche[/br]
Tierische Begleiter: schwarzes Pferd
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Montag 7. November 2022, 09:19

Nur kurz gönnte sich Eleyna einen Rundumblick, in dem sie die gleichförmigen, runden Häuser entdeckte. Die hellen Rauchschwaden von brennenden Feuerstellen, die teilweise aus den Öffnungen am Dach emporstiegen, die Hunde, die hier herumliefen, wenn sie nicht gerade vor einen Schlitten gespannt waren. Sie nahm die Stimmung der Stadt auf, das durchaus herzliche Miteinander, wenn sich die Menschen begegneten. Trotz der Kälte wirkte niemand verbissen oder verkniffen. Eleyna kam um den Schlitten herum, um sich bei Celestina vorzustellen. Diese aber musterte sie mit einem Blick, der sie stutzen ließ. Woher kam dieser Ausbruch von Gefühlen? Sie selbst war noch nie in Mantron gewesen, hatte keinen Bezug dazu und hätte es wohl auch in den nächsten Jahren nicht aufgesucht, wenn nicht ein Auftrag an sie herangetreten worden wäre. Mantron lag so weit ab von allem, dass es kaum Beachtung im großen Gefüge findet. Zu Unrecht, wie Eleyna glaubte. Denn die Menschen hier waren tapfer, mutig und schlagfertig. Kräftige Männer und Frauen, mit schnellen Booten und Schiffen. Wertvoll an Land und auf See. Die Spionin wusste nur noch, dass sie hier Esera sprachen, beherrschte es aber weder rudimentär noch verstand sie ein Wort. Damals in ihrer Ausbildung, erachtete das dunkle Volk diese Sprachform als unwichtig – überhaupt jede Sprache, außer Lerium. Einzig ihrem Eigenstudium war es zu verdanken, dass sie zusätzlich Garmisch sprach. Wenigstens das! Wobei Eleyna gern mehr Sprachen sprechen würde, denn es erleichterte erheblich ihre Arbeit. Jetzt aber fokussierte sie ihren Blick zurück auf die ältere Frau. Ihr Gesicht wies hübsche Züge auf, die hinter den teilweise vorhandenen Fältchen tatsächlich mehr versprachen. Ihre Haut hatte die Eissonne mehrfach gesehen, auch wenn sie eine Nuance anders wirkte, als das typische Landsbild vermuten ließe. Eleyna’s Verdacht, dass sie keine gebürtige Mantronerin war, erhärtete sich. Celestina ließ sich zu einem Ausspruch verleiten, den Eleyna verwirrt hinterfragte. Die Antwort allerdings, ließ die Spionin regelrecht zusammenzucken: "Deines Vaters."
Die Spionin schluckte und ergriff eher schwerfällig die Hand der anderen. Ihres Vaters?! Woher kannte sie ihren Vater? Wie… Er war doch schon so lange tot, wie… Eleyna wandte den Kopf und sah auf die Tür zum Haus, in das Laogh verschwunden war. Was hatte er nun wieder für Wissen gehamstert, das er ihr jetzt schonungslos vorsetzte? Hatte es ihm nicht gereicht, dass sie erschüttert, genug war, als sie alles andere erfuhr? Ratlos sah sie Celestina an, während sie sich bereits für andere Dinge interessierte. "Er sieht beschissen aus, wenn du mir diese Offenheit verzeihst, wie die Kotze eines Rentiers mit Magenvergiftung. Wie lange wart ihr auf dem Schiff?" Blinzelnd musste Eleyna ihre Gedanken beiseiteschieben, ansonsten hätte sie sich in den Erinnerungen an ihren Vater verloren. Er war ihr das Wichtigste gewesen, sein Tod nach wie vor das schlimmste, das ihr passiert war und noch immer saß der Schmerz tief. Es brauchte nur Kleinigkeiten, Kleinigkeiten wie diese Bemerkung, um den Nerv freizulegen und ihr den Schmerz ins Gedächtnis zu holen. Die Spionin blinzelte wortkarg und lächelte halbherzig. „Etwas mehr als 3 Wochen… Er ist eben stur.“, meinte sie schulterzuckend und sah abermals zurück, als würde Laogh da noch stehen. „Wir erfuhren es erst, als er zusammenbrach. Hätte er den Mund früher aufgemacht, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.“, erwiderte sie und lächelte dann wieder etwas mehr. „Er ist ein großer Junge. Er schafft das schon.“, meinte sie noch, denn wenn er nicht wollte, dann musste man das wohl akzeptieren.

"Was heißes zu trinken nimmst du aber an, ja? Dir sitzt sicher die Kälte in den Gliedern und das ist das Beste hier, um sich von innen zu wärmen. Vielleicht schaffe ich es ja, auch ihm etwas einzuflößen, dem alten Sturschädel!" „Danke, das wäre toll!“, nickte sie und lachte leise. „Und nur zu – ich gebe den Posten der Krankenschwester gerne eine Weile ab!“, frotzelte sie mit spitzbübischen Zügen, ehe sie sich dankbar von dieser Plänkelei ablenken ließ. Celestina hatte Eleyna mit ihrer Aussage erschüttert. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen, hier mit ihrem Vater konfrontiert zu werden. Nachdenklich hielt die Spionin inne und wollte, bevor sie sich in die wärmere Hütte begaben, noch einmal versichern, warum sie eigentlich hier war. Doch Celestina seufzte und konnte ihr auch keine rechte Antwort geben. Eher weniger noch – sie vergrößerte das Geheimnis noch: "Hat er nicht? Hm... mal wieder typisch, immer muss man ihm alles aus der Nase ziehen! Ich hab wirklich das Gefühl, als würde er mit jedem Jahr verbohrter und sturer werden! Es tut mir leid, Kind, warum genau er es jetzt getan hat, kann ich dir auch nicht sagen. Aber es war längst an der Zeit, dass er es tut! Und bitte! Lass das Förmliche, ja? Wir sind schließlich vom selben Blut! Und jetzt komm endlich rein, diese alten Knochen vertragen die Kälte nicht mehr wie früher! Kurz grinste die Spionin bei ihren Worten über Laogh. Sie kannte ihn offenbar sehr gut und das bereits sehr viel länger als Eleyna. So wie sie miteinander umgingen, war das nur folgerichtig. Doch bei ihrem letzten Satz starrte die Halbelfe die Frau an. Vom selben Blut?! Eleyna runzelte die Stirn, bekam aber keine Gelegenheit dumpf brütend in der Kälte festzufrieren, denn Celestina ergriff ihr Handgelenk und zog sie mit sich, in Richtung Haus.
Schweigsam folgte sie der Alten und betrat nach ihr die Hütte. Hier gewöhnten sich die hellen Augen an die dunklere Umgebung erst, sodass ihr Blick als erstes auf die einzige Lichtquelle fiel. Dort saß der Junge, der sie hergebracht hatte und schien sich an einer Schüssel Essbarem gütlich zu tun. Und während Eleyna noch die Hütte mit ihren Augen abtastete, schimpfte Celestina in Esera. Sie beobachtete das Geschehen neugierig, verstand sie doch die Worte nicht, sehr wohl aber die Geste und die Mimik. Ein feines Schmunzeln legte sich auf Eleyna’s Züge, ehe sie dem Jungen Platz machte, damit er dem Zorn seiner… vielleicht Mutter? … entgehen konnte. "Entschuldige bitte diese kleine Kröte. Er ist ein ganz Lieber, aber wie sein Vater denkt er zuerst immer mit seinem Magen. Na ja, als Jüngster meines Sohnes bleibt ihm da wohl nichts anderes übrig, um satt zu werden.", räumte sie mit Eleyna’s Missverständnis auf und diese nickte verstehend. „Wie viele Kinder habt ihr? Und... Enkel?“, fragte die Elfe und hob entschuldigend die Hände. „Hast du?“, korrigierte sie und musste sich erst daran gewöhnen. So ganz wohl fühlte sich Eleyna nicht, obwohl es weder an der Hütte noch an Celestina lag. Doch etwas hielt die Spionin davon ab, sich zu entspannen. Stets huschte ihr Blick umher, wirkte unruhig, weil sie nicht wusste, auf was sie gefasst sein musste. Die letzten Wochen waren so niederschmetternd gewesen, dass sie auf der Hut war. Laogh lag am Feuer und ruhte, so wie es aussah, er war überhaupt keine Hilfe. Mehr noch, sie wusste, dass er es genoss, dass sie absolut keine Ahnung hatte. Und sie hasste ihn dafür. Immer wieder tasteten die eisblauen Augen die Umgebung ab, erkannten die Tiere, rochen das Essen und spürten… den Magen. Eleyna verzog kurz das Gesicht, bis Celestina ihr einen Becher reichte. Warm wurden ihre kalten Finger, als sie ihn entgegennahm. „Danke“, meinte sie lächelnd und stand dennoch reichlich verloren in der Hütte. "Willkommen in meinem Heim, Kind. Es ist bescheiden, aber heimelig und steht dir immer offen!" Eleyna sah von dem würzigen Inhalt ihres Bechers auf und betrachtete die Weißhaarige einen Moment. „Warum?“, fragte sie plötzlich und konnte nicht anders. Sie verstand es nicht. Auch wenn sich eine Ahnung regelrecht aufdrängen wollte, wollte sie es einfach nicht zulassen, daran zu denken. Die Spionin senkte den Becher in ihrer Hand, ohne daraus zu trinken und seufzte leicht. „Erklär es mir bitte. Wieso sagst du, dass wir vom selben Blut seien? Ich… ich kenne dich nicht. Und ich habe mit Mantron nichts zu tun. Und… woher kennst du meinen Vater?!“, wollte sie wissen, auch wenn der Nerv dadurch noch ein Stück freier dalag. Bereit sie in ein tiefes Loch zu stoßen, in dem sie als Kind viel Zeit verbrachte. Doch sie musste es erfahren.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Montag 7. November 2022, 10:32

Die Stadt in Schnee und Eis hatte ihren ganz eigenen Charme, in den man sich verlieben konnte, wenn es einem hier nicht zu kalt war. Der Umgangston selbst war vielleicht etwas ruppiger und vor allem ziemlich direkt, denn man wollte sie wenig Zeit wie möglich unnütz draußen verbringen. Dennoch ging man freundlich miteinander um und auch relativ gleichberechtigt, wie es auf den ersten Blick schien.
Wobei sie ja nur einen kleinen Ausschnitt der Stadt zu sehen bekam, schließlich führte sie der Schlitten zu einem bestimmten Haus und machte mit ihr keine Rundfahrt. Für Erkundungen des Lebens hier würde sie vielleicht anderweitig noch Gelegenheit bekommen.
Jetzt hingegen lernte sie erst einmal Celestina kennen, eine ältere Frau mit einer scharfen Zunge, die sich scheinbar von dem Dunklen absolut nicht beeindrucken ließ. Im Gegensatz zu dem Anblick des Gesichts der Mischlingselfe, der sie beinahe zu Tränen zu rühren schien. Dass sie dabei in Rätseln sprach, machte die Frage des Gastes deutlich, die jedoch dieses Mal eine Antwort bekam. Wenngleich eine, die zu erschüttern wusste, während die Ältere davon ausging, dass längst mehr offenbart worden war.
Deswegen auch blieb sie nicht bei diesem Thema, sondern blieb pragmatisch und machte aus ihrer Meinung zur optischen Erscheinung des Meisterspions keinen Hehl. "Über drei Wochen?! Was habt ihr getan? Eine Rundreise zur See?!", keuchte sie beinahe schon entsetzt und schüttelte den Kopf. "Dabei weiß er doch haargenau, was passiert, wenn... Ist er nicht mit Mundl gefahren?"
Aha, also kannte sie sogar seinen Ersten Maat! Was sie wohl noch alles über den Schatten wusste? So bereitwillig und unbedarft, wie sie gerade Informationen preisgab, könnten sich durchaus sehr interessante Gespräche ergeben.
Dann seufzte sie jedoch und begann zu grinsen. "Oh, keine Sorge, ich kenne da ein paar Methoden, bei denen er freiwillig wieder auf die Beine kommt." Es hätte nur noch das hämische Kichern und ein voller Schadenfreude ausgeführtes Händereiben gebraucht und sie hätte einen Moment lang eine wahre Dunkelelfe abgeben können. Ob Eleyna vielleicht Mitleid mit dem Mann haben sollte? Ein kleines Bisschen? Hm... mal sehen!
Schon aber fand sie wieder zu freundlichen großmütterlichen Art zurück und erweiterte ihr gastfreundliches Angebot. Bei dem Lachen hingegen blinzelte sie kurz, ehe sie spitzbübisch zu grinsen anfing, was ihr sehr gut stand. "Das wird ihm gar nicht gefallen. Umso besser!", kicherte sie beinahe schon mädchenhaft.
Bis es wieder ernster wurde, denn ihr Gast hatte eine konkrete Frage, die sie auch zu beantworten gedachte, soweit es ihr möglich war. Um sie darauf am Handgelenk mit hinein zu ziehen, da ihr die Kälte in die Knochen zu kriechen begonnen hatte. Und weil sie diesen Zustand kannte, schließlich lebte sie schon lange hier, und um die Folgen wusste, tat sie etwas dagegen, ehe es zu spät war.
Drinnen im Haus allerdings musste sie erst einmal wieder für Ordnung sorgen, indem sie ihren Enkel herum scheuchte und aus der Wärme verbannte, damit dieser seinen Aufgaben nachkam. Als ob sie es dulden würde, dass die Hunde vernachlässigt würden wegen eines einzelnen, hungrigen Magens, das wäre ja noch schöner! Alles musste ordentlich gemacht werden, davon hing schließlich auch der Verdienst der Familie ab!
So schnell ihr Zornesausbruch gekommen war, so rasch verflog er erneut, sodass ihr nichts mehr anzumerken war, bis auf die Wortwahl, als sie sich erklärend an die Jüngere wandte. "Hm?", machte sie fragend, einen Moment lang aus dem Konzept gebracht, sodass die andere Zeit hatte sich zu verbessern. "Ach so, das sind gar nicht so viele. Meine beiden Töchter haben je ein Kind und mein Ältester hat stramme fünf Bälger geschafft, wobei mir seine Gunni leid tut, die das alles brav mitgemacht hat. Mein Mittlerer hat zwei Kinder und mein Jüngster drei, dessen Bengel hast du ja jetzt kennen gelernt.", plauderte sie mit einem gewissen Stolz in der Stimme, den man wohl bekam, wenn man es geschafft hatte, in dieser Umgebung für diese Anzahl an nächster Generation zu sorgen.
Dann lachte sie gutmütig bei den großen Augen, die sie ansahen. "Keine Sorge, die müssen wir nicht alle hier unterbringen. Nur Jonte, mein Ältester lebt mit seiner Familie hier, wobei zwei seiner Kinder schon eigene Hütten haben." Was so viel bedeutete, wie, dass sie eigene Familien gegründet hatten... oder gerade dabei waren.
Ob sie auch schon Urgroßmutter war? Wenn, dann vermutlich noch nicht lange. Obwohl... wie alt Celestina wohl war? Ihre fruchtbaren Jahre hatte sie definitiv bereits hinter sich, aber wie lange genau, ließ sich nicht wirklich sagen. Aber sie wusste einen Haushalt zu führen, im Inneren der Hütte war alles aufgeräumt und wirkte sauber, einladend und freundlich, trotz des wenigen Lichts. Und wahrscheinlich hatte sie auch ihre erwachsenen Söhne noch in der Hand, so eilig, wie ihr Enkel es gehabt hatte, ihrer Anweisung zu folgen.
"Setz dich ruhig und wärm dich auf, ich bringe dir gleich deinen Becher!", kam es auch schon geschäftig von ihr, während sie die kleine Unordnung, die der Junge hinterlassen hatte, beseitigte und bei einem kleinen Kessel auf einem Gestell mit Deckel hantierte. Bald darauf kehrte sie mit dem gefüllten Becher zurück, aus dem es wohlig duftete, und reichte ihn mit der offiziellen Begrüßung weiter, während die Spionin noch immer stand.
Im nächsten Moment aber verblasste ihr Lächeln und sie blinzelte fragend. "Wie, warum?", entkam es ihr in ehrlichem Nichtverstehen. "Wie, du kennst mich ni...?, begann sie zögernd, ehe ihr die Erkenntnis kam. Sie schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und grinste entschuldigend. "Aber ja, natürlich, du kannst dich ja sicher nicht an mich erinnern. Du warst damals noch zu klein, zwei... höchstens drei Jahre alt, als ich Andunie mit meinem Verlobten verlassen habe. Nur... hat er dir nicht gesagt...?"
Ihr Kopf drehte sich plötzlich zu dem scheinbar Schlafenden und ihre Miene verdüsterte sich. Ohne weitere Erklärungen stampfte sie zu ihm hin und verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, der ihn zu keiner einzigen Reaktion verleitete. Was für erfahrene Spione deutlich machen würde, dass er keineswegs schlief, sondern nur so tat. "Du alter Saftsack, hast du ihr denn gar nichts erzählt und sie vorbereitet?! Hast dich wieder mal wichtig machen wollen mit deiner Geheimnistuerei, wie? Hast du ihr wenigstens gesagt, dass er hier ist?!", schimpfte sie und packte ihn plötzlich, ganz die durchsetzungsfähige Mutter und Großmutter von Jungen am Ohr, um ihn schmerzhaft daran zu ziehen.
Das konnte selbst ein Schatten nicht ignorieren und mit gequältem Gesichtsausdruck folgte er der Bewegung zwangsläufig. "Sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede!", zeterte sie weiter.
"Ist ja gut, ist ja gut, ich bin ja wach!", maulte Laogh. "Blöde Bissgurke!", brummelte er und rieb sich das schmerzende Ohr, nachdem sie ihn endlich losgelassen hatte.
Mit in die Seite gestemmte Hände funkelte sie ihn von oben herab böse an. "WIe oft hab ich dir schon gesagt, du sollst dich mehr öffnen und mit dieser Geheimnistuerei aufhören! Erst recht bei meiner Nichte, die du jetzt endlich mal hergebracht hast! Muss ich dir etwa noch immer alles hinterher räumen? Reicht es nicht, dass du so blöd warst, über drei Wochen auf einem Schiff zu verbringen, du dunkelelfischer Idiot?!"
Laogh rieb sich in seiner sitzenden Position das Gesicht und seufzte übertrieben laut. Mit einer absolut mitleiderregenden Miene sah er zu ihr hoch. "Gnade, sei gnädig mit mir! Ich bin noch ganz mitgenommen und nicht in der Lage, mich dir zu stellen, oh große Schlächterin!", säuselte er beinahe schon liebenswürdig, sodass sie die Augen verdrehte und ihm einen erneuten Klaps auf den Hinterkopf gab. "Aua! Na gut... war vielleicht verdient. Aber ich wollte dir nichts vorweg nehmen, drum hab ich nichts erzählt.", rechtfertigte er sich mit einem Lausbubengrinsen, das sie schon eher zu erweichen schien.
Mit einem undefinierbaren Brummen wandte sie sich ab und ihrem Gast zu, den sie in den letzten Momenten beinahe vergessen hätte in ihrem Zorn. Schnell war sie bei ihr und führte sie behutsam zu den Fellen, wo sie die andere mit sanfter Bestimmtheit in eine sitzende Position nötigte. "Langsam, Kind, langsam. Ich glaube, das war gerade etwas zu viel auf einmal.", sprach sie begütigend auf sie ein, um im Anschluss daran Laogh einen bitterbösen Blick zu zuwerfen.
Der hatte plötzlich allerdings ein sehr großes Interesse an der Betrachtung des Zickleins entwickelt.
Bild

Benutzeravatar
Eleyna d'Yaincre
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 386
Registriert: Sonntag 14. März 2021, 20:01
Moderator des Spielers: Janay
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Mensch/Dunkelelfe)
Sprachen: Garmisch, Lerium
Beruf: Spionin
Fähigkeiten: waffenloser Kampf (überdurchschnittlich)
Wurfmesser (gut)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 51F
Ausrüstung: [br]5 Wurfmesser
Kapuzenumhang
Zunderschwamm
Wasserschlauch
Pökelfleisch für eine Woche[/br]
Tierische Begleiter: schwarzes Pferd
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Montag 7. November 2022, 12:45

Die Weißhaarige war ganz offenkundig bestens informiert, wenn es um den Schatten ging. Sie erwähnte sogar Mundl, was Eleyna lediglich mit einem Schulterzucken und Nicken bestätigte. Sie konnte sich kaum einen Reim darauf machen, was hier vor sich ging. Wie auch? Dafür hätte es an Informationen bedurft, die sie eben nicht hatte. Einzig eine leise Stimme säuselte ihr etwas ins Halbelfenohr, von der sie aber nichts wissen wollte. Der bezeichnende Blick, der von der Älteren ausging, schuf ein vages Bild einer Vorstellung, die Eleyna jedoch nicht wagte zu Ende zu denken. Gleichwohl ihre fragenden Augen, während die Spionin nachhaken musste, warum sie eigentlich hier waren. Sie hätte erwartet, dass Celestina ihr bestätigte, dass Laogh ein alter Bekannter sei, der sich ab und an mal hier aufhielt. Vermutlich hätte sie es nicht mal für unwahrscheinlich gehalten, wenn er hier eine Hütte und mehrere Hundeschlitten besessen hätte. Quasi wie beim Schiff, das ihm ja auch gehörte. Offenbar trieb er Handel mit Mantron, sonst hätte die Route nicht gestimmt. Doch das alles war nicht die Antwort, die sie erhielt. Sondern weitaus verwirrender: Sie waren vom selben Blut?! Nichtverstehend, was die andere denn damit meinte, folgte sie ihr dennoch gezwungener Maßen freiwillig und musste sich vorerst an das Dunkle im Innern der Hütte gewöhnen. Fakt war jedenfalls, dass sie Celestina durchaus mögen könnte, so wie sie über Laogh sprach und gleichzeitig ihren Enkel ankeifte. Sie war resolut und warmherzig. Eine echte Mutter und Großmutter, wie sie erfuhr. Eleyna lächelte leicht und fragte nach der Größe der Familie. Celestina aber wiegelte quasi ab, dass sie nicht so groß sei. "Ach so, das sind gar nicht so viele. Meine beiden Töchter haben je ein Kind und mein Ältester hat stramme fünf Bälger geschafft, wobei mir seine Gunni leidtut, die das alles brav mitgemacht hat. Mein Mittlerer hat zwei Kinder und mein Jüngster drei, dessen Bengel hast du ja jetzt kennen gelernt.", Die Spionin blinzelte und erfasste im Kopf noch die ganzen Zahlen. 5 Kinder… 2 Mädchen und 3 Jungen… und 11 Enkelkinder?! Eleyna pfiff leise durch die Zähne bei der Anzahl und nickte nach ihrer weiteren Antwort, wonach nicht alle hier lebten. „Fleißig...“, kommentierte sie dann kurz grinsend und sah sich weiter um.
Sie wirkte verloren, denn die Herzlichkeit verhieß tatsächlich ein wenig Seelenfrieden, während sie allerdings nicht verstehen konnte, wieso ihr dieser zuteilwurde. Jonte… Gunni.. Eleyna sog die Namen auf, auch wenn sie nicht wusste wozu. Einen prüfenden Blick später, überlegte sie, ob die Kinder von Jonte ebenfalls bereits Kinder hatten. Damit wäre Celestina wohl auch schon Urgroßmutter. Eleyna spürte, dass die schiere Größe der Familie sie berührte. Schon immer war sie eher der Familienmensch gewesen, das hatte sie von ihrem Vater, wie ihre Mutter ihr stets um die Ohren fegte, wenn sie wieder sauer auf sie gewesen war. Es machte sie weich und schwach. Eleyna hörte die Stimme ihrer Mutter, als stünde sie neben ihr. Dennoch rührte sich die Elfe nicht und ließ sich von der Wärme und Gemütlichkeit davontragen. Irgendwie fühlte sie sich nicht am rechten Platz.

Dankbar nahm sie die dampfende Erfrischung an, die ihr sogleich die kalten Finger wärmte, ehe sie an dem Gebräu roch. Die einladenden Worte der Weißhaarigen veranlassten Eleyna dann aber doch aufzusehen. Ihre brannte eine Frage unter den Nägeln und diese stellte sie dann auch. Sie musste erfahren, weshalb sie so nett war. Offenbar hatte sie weitaus mehr Interesse an ihr, anstelle dem Spion zu helfen, auf die Beine zu kommen. Warum also? Mit der folgenden Reaktion, hatte Eleyna indes nicht gerechnet. Klar, es hätte durchaus als unhöflich angesehen werden können, dass sie die nette Einladung hinterfragte, doch das war gar nicht das Problem. Celestina schien überrascht davon zu sein, dass sie sie nicht kannte. "Aber ja, natürlich, du kannst dich ja sicher nicht an mich erinnern. Du warst damals noch zu klein, zwei... höchstens drei Jahre alt, als ich Andunie mit meinem Verlobten verlassen habe. Nur... hat er dir nicht gesagt...?" Eleyna runzelte die Stirn. Andunie… Es war so lange her und sie spürte, wie die Erinnerungen sie einzuholen versuchten. Die Mischlingselfe schluckte leer, immer noch den Becher in der Hand und blickte die Ältere schweigend an. Stumm schüttelte sie langsam den Kopf. Verständnislosigkeit zeigte sich auf ihren Zügen, die einer zuckenden Überraschung wichen, als die Alte plötzlich lospolterte, da sie wohl etwas verstand. "Du alter Saftsack, hast du ihr denn gar nichts erzählt und sie vorbereitet?! Hast dich wieder mal wichtig machen wollen mit deiner Geheimnistuerei, wie? Hast du ihr wenigstens gesagt, dass er hier ist?!", herrschte sie den Schatten an und bei ihrem Klaps, zuckte selbst Eleyna. Doch Laogh nicht, weshalb sie wusste, dass er nur aushielt, aber nicht schlief.
Eleyna blinzelte zwischen den beiden hin und her und starrte dem folgenden Treiben entgegen. All die Informationen, die Worte und die Gesten, Mimiken… Sie verstand die Welt nicht mehr und wich sogar einen halben Schritt zurück. Ein kleiner Satz aber hallte durch all das Geschimpfe hindurch… Hast du ihr wenigstens gesagt, dass er hier ist?! Wer? Was zum Harax bedeutete das alles?! Doch das Geschimpfe ging weiter, sodass sie keine Zeit hatte, näher darauf einzugehen. Eleyna hielt den Becher festumklammert, als Celestina weitersprach, nachdem sich der Schatten endlich bequemte, zu reagieren. "Wie oft hab ich dir schon gesagt, du sollst dich mehr öffnen und mit dieser Geheimnistuerei aufhören! Erst recht bei meiner Nichte, die du jetzt endlich mal hergebracht hast! Muss ich dir etwa noch immer alles hinterher räumen? Reicht es nicht, dass du so blöd warst, über drei Wochen auf einem Schiff zu verbringen, du dunkelelfischer Idiot?!"
Bei ihrer…. Nichte?!?! Eleyna starrte die weißhaarige Furie an. Dann glitt ihr Blick zu Laogh, der gerade spitzbübisch grinste und es schaffte, dass sie von ihm abließ. Eleyna aber stand wie angewurzelt da. Sie war blass geworden und der Becher in ihrer Hand hielt nur dem Druck ihrer Finger stand, weil er getöpfert war. Sie biss sich auf den Kiefer und ihre verschlossene Miene galt dem Schatten. Er hatte sie wieder mal auflaufen lassen. Hatte sie nicht darauf vorbereitet, was sie hier finden könnte. Dass es ihr - wieder! – den Boden unter den Füßen wegriss, wenn sie erfuhr, dass… "Langsam, Kind, langsam. Ich glaube, das war gerade etwas zu viel auf einmal.", hörte sie die Stimme der Frau, die offenbar zu ihrer... Familie gehörte.

Eleyna starrte Celestina mit einem undurchsichtigen Ausdruck an. Sie rührte sich nicht. Wie angewurzelt stand die Spionin in der Hütte und klammerte sich an dem einzigen fest, dass sie hatte: Dem Becher. Mit Nachdruck musste Celestina die Elfe dazu bewegen, sich hinzusetzen, denn Eleyna verarbeitete immer noch die ganzen Informationen. SIE war also die Nichte von ihr? Und… und all die Kinder… Enkelkinder, eventuellen Urenkel… sie alle gehörten…zu... ihrer „Familie...“, flüsterte Eleyna und schluckte mehrfach den aufkommenden Kloß hinunter. Die Halbelfe starrte für gefühlte Ewigkeiten in die Flammen. Bis sich ihr Blick zum Schatten hob, der ihn demonstrativ abgewandt hatte. „Ich… habe noch mehr Familie?“, flüsterte sie messerscharf und ihr Gesicht ließ keinen Zweifel darüber, dass sie seine Lausbubenart überhaupt nicht schätzte. Er hatte sie im Dunkel gelassen. Obwohl er wusste, wie sehr sie unter der Einsamkeit gelitten hatte. Er hätte ihr helfen können. Eleyna presste die Lippen aufeinander und wandte enttäuscht den Blick von ihm ab. Sie traf das Gesicht ihrer Tante – so unwirklich es klang – und musterte dieses. Blass war sie selbst geworden und in ihren blauen Augen schimmerte der Anflug von Tränen. Doch sie hielt sich zurück. Wagte keinen emotionalen Ausbruch. „Ich hatte keine Ahnung…“, murmelte sie niedergeschmettert und sah zurück ins Feuer. Eleyna stellte den Becher unangetastet beiseite, denn die Wärme des Inhalts konnte sie jetzt auch nicht mehr wärmen. Sie hatte all die Jahre eine Familie… eine große dazu ! und wusste nichts. Sie war stets am Mahnmal ihres Verlust vorbeigeritten, als einzige Möglichkeit, sich an ihre menschlichen Wurzeln zu erinnern… dabei lebte ein Teil dieser Wurzeln hier… Eleyna verbarg ihr Gesicht in ihren Händen und holte zitternd Luft. Sie wischte sich über das fahle Gesicht und sah zurück zu Laogh. Stumm glitt ihr Blick über seine Züge. War er zufrieden mit sich? War er zufrieden damit, wie es lief? Bitterkeit mischte sich ihrem Ausdruck bei. Doch sie ging ihn nicht an, wie die Ältere. Obwohl es Eleyna nicht unähnlich war und sie normalerweise durchaus lachend applaudiert hätte, weil sie so herrlich resolut war, schaffte sie es nach den Offenbarungen nicht. Dann kam ihr die Aussage von Celestina in den Sinn und sie sah zu ihr hoch. „…dass wer hier ist?“, wollte sie plötzlich wissen und sah sie fragend an. „Ich wusste nicht, dass… dass es euch gibt. Ich dachte…“, sie schluckte und konnte es immer noch nicht fassen. Sie war sichtlich erschüttert über die Neuigkeiten und enttäuscht davon, dass Laogh sie so unvorbereitet gelassen hatte. „… ich dachte immer, ich hätte nach dem Tod meines Vaters nur den… morgerianischen Teil noch.“, meinte sie etwas nuschelnd, denn ihre Mutter mitsamt ihrer missratenen Familie war gewiss nicht die Familie, die sie so bezeichnen würde. Eleyna’s Gedanken wollten sich verselbstständigen, denn sie musste sich unweigerlich vorstellen, wie es hätte sein können, wenn sie hier gewesen wäre, anstatt in Morgeria aufzuwachsen. Wie anders hätte ihr Leben sein können… Die Tränen schoben sich weiter, bis sie über den Rand ihrer Lider flossen und stumme Bahnen auf der nussbraunen Haut hinterließen. Resigniert seufzte Eleyna und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. Das konnte nicht wahr sein! Noch war sie nicht in der Lage, sich über die eigentliche Bedeutung zu freuen. Zu viel, es war einfach zu viel.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Dienstag 8. November 2022, 21:15

Auch die Ältere verfügte offenbar nicht über alle Informationen, die notwendig gewesen wären, um sie aufzuklären. Obendrein ging sie von einem Wissen aus, das die andere nicht besaß, sodass sie sich durchaus über deren Fragen wunderte. Aber erst einmal war es wichtig, ihr bei der Ankunft hier zu helfen und ihr zu verdeutlichen, dass sie willkommen war, auch wenn sie sich eigentlich noch nicht kannten.
Doch Celestina war eine warmherzige Person und für sie stand Familie immer an allererster Stelle und bekam auch einen gewissen Vertrauensvorschuss. Wenngleich das besser niemanden dazu verleiten sollte, ihren Langmut und ihre Herzlichkeit zu sehr auf die Probe stellen zu wollen. So resolut, wie sie mit dem Bengel umging, obwohl dies ihr eigener Enkelsohn war, zeugte davon, dass sie sich durchzusetzen wusste. Und das sehr erfolgreich, ohne Widerworte, wie sich zeigte.
Daraufhin konnte die Ältere aufzählen, wie erfolgreich sie ihre Blutlinie weitergegen hatte. Sie konnte ihrem Gegenüber ansehen, wie diese zu rechnen begann und dann eine Bemerkung machte, die Celestina mit den Schultern zucken ließ. Allerdings grinste sie dabei auch auf eine frech-freundliche Art, die ihrem Antlitz einen Hauch von Jugendlichkeit zu bescheren vermochte. "Die Winter sind hier lang und hart, die Sommer kurz.", meinte sie schlicht, ehe sie wieder ernst wurde.
"Jedoch danke ich Ventha jeden Tag dafür, dass sie ihre Hand schützend über uns gehalten hat. Alle sind gesund und wohl auf.", fügte sie hinzu und machte eine kleine Handbewegung, die als Dankesgeste an die Göttin interpretiert werden konnte, wer es zu deuten vermochte. Es war gut vorstellbar, dass vielen Mantronern dieses Glück nicht beschieden war.
Wie sie schon gesagt hatte, die Winter waren lang. Eine Verkühlung war unter diesen Umständen schnell da und konnte in einem kleinen Körper verheerend wirken. Sollten aber alle Kinder von ihr so sein wie der junge Hundeschlittenführer, wären sie vermutlich wirklich kräftig genug gewesen, um alles überstehen zu können.
Oder sie hatten fähige Kräuterkundige und Hebamme. Gerade letzteres wäre für die Mischlingselfe durchaus von Interesse. Ob sie sich womöglich der Älteren anvertrauen sollte? Nein, diese Gedanken hatten noch Zeit!
Erst einmal musste sie anderes in ihrem Kopf sortieren. Indes dufte sie den wärmenden Becher zwischen ihren Fingern fühlen, doch konnte sie all diese Freundlichkeit nicht einfach annehmen, sondern musste dem näher auf den Grund gehen.
Die Ältere plauderte jovial los, bis ihr selbst auffiel, dass hier etwas nicht stimmen konnte. Ohne Rücksicht darauf, dass sie ihre Gesprächspartnerin einfach mit ihrer Verwirrung stehen ließ, wandte sie sich an den Schatten und begann ernsthaft damit, ihn anzukeifen. Entweder war sie absolut todesmutig, obwohl er im Moment vermutlich niemandem ein Haar krümmen könnte, oder sie wusste nicht, zu was er alles fähig war. Sie wurde sogar übergriffig, trotz seines desolaten Zustandes!
So entging ihr ein wenig das Zuviel an Informationen für ihren Gast, der noch immer wie regungslos dastand und blass geworden war. Als es ihr endlich auffiel, kehrte sie rasch zu ihr zurück und wurde wieder ganz die fürsorgliche Frau, als die sie sich ihr gegenüber bislang verhalten hatte. Mit mehr Kraft als erwartet, musste sie die Jüngere dazu bringen, sich zum Feuer zu setzen, damit sie ihr nicht noch zusammen klappte vor Schreck. Dabei entkam der anderen ein Flüstern.
"Sch, sch, schon gut, alles ist gut. Setz dich, trink etwas und dann machen wir alles ganz langsam, ja?", sprach sie begütigend auf sie ein, um dem Meisterspion dann einen bitterbösen Blick zuwarf. Ganz so, als hätte sie geahnt, dass er sich verstohlen das pochende Ohr rieb, während er zu den Ziegen starrte. Dann konzentrierte sie sich wieder auf die Jüngere, zu der sie sich setzte und ihr wärmend einen Arm um die Schultern und die andere Hand auf den freien Oberarm legte.
Indes übte sich Laogh mal wieder darin, wie es war, andere zu ignorieren, indem er auf ihre Worte nicht einmal mit einem flüchtigen Blick reagierte. Allerdings war auch seine Miene absolut nichtssagend, was für gewöhnlich ein Zeichen dafür war, dass es in ihm gärte. Was ihm wohl zu schaffen machen könnte? Nun, ihre Not schien ihn jedenfalls nicht wirklich zu kümmern!
Nicht so Celestina, deren Hand langsam ihren Oberarm streichelte und ihr Halt zu vermitteln versuchte in einem Moment, in dem sie diesen verloren zu glauben schien. Schließlich entdeckte sie das verräterische Schimmern in den eisblauen Augen und hörte das Gemurmel. "Sch, sch, das macht nichts. Woher solltest du es auch wissen?", machte die Ältere weiter in diesem wamen Tonfall und strich ihr mit den Fingerknöcheln liebevoll über die Wange. Nun zeigte sich nicht nur ihre Erfahrung als Mutter und Großmutter, sondern auch ihre mitfühlende Herzlichkeit, als sie derart selbstverständlich alles daran setzte, die Mischlingselfe zu trösten, die gerade sichtlich überfordert war.
Da kam die nächste Frage, voller Verzweiflung und dennoch drängender Neugier. Sanft lächelnd strich sie ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. "Darüber sprechen wir morgen, ja? Es war schon jetzt viel zu viel für dich und ich mache mir Sorgen, dass es das Maß übervoll macht. Auf ein paar Stunden mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an, meinst du nicht auch?", wiegelte sie ungewöhnlicherweise ab, wenngleich auch ihre Miene einen Moment lang einen Anflug von Traurigkeit aufwies.
Doch das könnte auch das Spiel der Flammen gewesen sein, denn im nächsten Atemzug lächelte sie schon wieder mütterlich warm. "Ja, und es werden wohl noch mehr Mitglieder werden, wenn sie weiter so fleißig sind.", versuchte sie mit sanfter Stimme und einer kleinen Anspielung auf vorhin zu beruhigen und auch abzulenken.
Dann allerdings seufzte sie. "Ich habe ihn immer vor deiner Mutter gewarnt. Aber der Sturschädel war so voller Flausen im Kopf!", murrte sie unwillig und schnaubte leise. Daraufhin jedoch hatte sie ihre Freundlichkeit zurück gewonnen, wenn auch mit einem Hauch von Verlegenheit in ihrem Lächeln. "Andererseits gäbe es dich dann nicht und das wäre natürlich schade.", fügte sie hinzu und drückte ihre Nichte an sich, als wären sie schon immer sehr vertraut miteinander umgegangen.
Das schien die Barriere endgültig zu zerstören, denn plötzlich begannen die Tränen zu fließen. Celestina zog sie enger an sich und begann sogar, sie leicht zu wiegen. "Sch, sch, alles gut, es ist alles gut. Lass es raus und dann schau nach vorn.", raunte sie ihr zu.
Ehe sie mit einem bösen Blick erneut zu dem Meisterspion sah. "Bist du jetzt zufrieden, du elender Quälgeist?! Schau sie dir an!", schimpfte sie schon wieder, wenngleich dieses Mal mit gedämpfterer Stimme, als solle die Leidende das nicht in ihrem Tränenfluss stören.
Laogh schnaubte leise und kämpfte sich mit einem kaum hörbaren Ächzen auf die Beine. "Das reicht jetzt! Ich kann auch wieder gehen!", beschwerte er sich und machte Anstalten, einen Schritt zu tun, was ihn offensichtlich immense Kraft kostete.
"Du setzt dich gefälligst wieder hin, du wandelndes Gerippe!", fuhr sie ihn sofort an, sodass er die Arme vor der Brust verschränkte und eine beleidigte Miene machte.
"Vorsicht, Celestina, ich bin keins von deinen Bälgern, das du so rumkommandieren kannst!", grollte er mit einem gefährlichen Unterton, der bei besserer körperlicher Verfassung Angst hätte einjagen können.
Ihre Augen verengten sich leicht und ihre Mimik bekam einen harten Zug. "Nein, denn keins davon benimmt sich so kindisch wie du! Und jetzt noch einmal, langsam, für dich. Setz... dich... hin... sofort!" Den letzten Satz sprach sie betont langsam, vor allem das letzte Wort.
Der Schatten hielt sich noch einen Moment lang demonstrativ auf den Beinen, dann setzte er sich tatsächlich zurück aufs Fell, wandte ihnen aber demonstrativ den Rücken zu. Weil er schmollte und weil er vermeiden wollte, dass eine der beiden Frauen erkennen könnte, wie erleichtert er darüber war, nicht länger stehen zu müssen.
Die Alte hingegen deutete ein Kopfschütteln an. "Verbohrter Lausebengel. Man könnte meinen, er wäre erst zehn.", brummelte sie in sich hinein, ehe sie sich wieder auf ihren Gast konzentrierte.
"Geht es wieder, Kind? Trink etwas, das wird dir gut tun. Und später ein bisschen etwas Essen, dann ist dir richtig warm und du wirst gut schlafen können. Morgen ist ein neuer Tag.", sprach sie sanft zu der Jüngeren.
Bild

Benutzeravatar
Eleyna d'Yaincre
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 386
Registriert: Sonntag 14. März 2021, 20:01
Moderator des Spielers: Janay
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Mensch/Dunkelelfe)
Sprachen: Garmisch, Lerium
Beruf: Spionin
Fähigkeiten: waffenloser Kampf (überdurchschnittlich)
Wurfmesser (gut)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 51F
Ausrüstung: [br]5 Wurfmesser
Kapuzenumhang
Zunderschwamm
Wasserschlauch
Pökelfleisch für eine Woche[/br]
Tierische Begleiter: schwarzes Pferd
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Mittwoch 9. November 2022, 09:51

Niemand hätte Eleyna darauf vorbereiten können, was sie in Mantron finden würde. Der Schatten hatte sich offenbar nicht getraut oder aus Boshaftigkeit nichts erwähnt. Sie wusste es nicht, was ihn dazu bewogen hatte. Sie wollte Rache an ihrer Mutter nehmen. Sie wollte den Kampf gegen die Spinne aufnehmen und sich nützlich machen. Eleyna hätte etwas wahrlich großes bewirken können, wenn er sie gelassen hätte. Vielleicht wäre sie etwas übereilt losgestürzt, doch schon immer improvisierte sie. Es war eine ihrer Stärken, dass sie sich auf neue Situationen einstellen konnte. Allerdings hieß das nicht, dass sie das auch bei den persönlichen Angelegenheiten schaffen würde. Bereits nachdem sie Arrond wiedergefunden hatte, war sie in einer vulnerablen Phase gewesen. Zudem kam der Umstand, dass er sie verstieß. Ihr einziger Halt… Und während sie entkräftet dem Schatten die Meinung geigte, hatte dieser nichts besseres zu tun, sie bewusstlos auf ein Schiff zu verschleppen. Um sie wieder mal vor vollendete Tatsachen zu stellen und sie arglos in die nächste Katastrophe schlittern zu lassen. Warum tat er es? Warum sprach er nicht offen mit ihr, bereitete sie darauf vor, was hier im Land des Eises auf sie warten würde? Erleichterte ihr Herz ein wenig, befreite sie von der Sorge, sich vollkommen allein wiederzufinden? Eleyna ergründete das nicht. Sie ließ sich reichlich steif von der anderen auf die Felle am Feuer führen, damit sie nicht einfach umkippte. Allerdings hätte Eleyna dafür so etwas wie Schwäche empfinden müssen. Doch dann wäre sie zu etwas fähig gewesen. Zu mehr als zu starren und festzuwachsen an Ort und Stelle. Die Erkenntnis, dass sie eine Familie abseits der dunklen Schergen hatte, hatte ihr sämtliche Gedanken und Gefühle geraubt. Bis Celestina sich ihrer annahm und sie bemutterte, wie sie es von ihrer echten Mutter nie gewohnt gewesen war. Wohl aber von ihrem Vater… Eleyna spürte die liebevolle Art und fühlte sich in einen Tagtraum zurückversetzt. Sie war übermütig gewesen, hatte nicht hören wollen und als Vierjährige eine Mauer erklommen, die sie balancieren wollte. Es kam, wie es kommen musste und sie fiel, die Knie wund, der Arm gebrochen… Mit tränennassen Wangen hatte sie vor ihrem Vater gesessen und geschluchzt, während er sie ebenso herzlich und warm im Arm gewogen hatte. Ihre Mutter hatte nie auch nur ansatzweise die Falschheit an den Tag gelegt, die sie ihr heute nachsagen würde, doch recht herzlich war sie mit ihr nie umgegangen. Auch nicht schroff oder ungnädig, aber eben nicht… so… Eleyna schloss die Augen, während Celestina weiter beruhigend wirkte.

Bis sie dem Schatten erneut einen Rüffel verpasste. Eleyna hatte ihn schon angefaucht, er war das gewohnt. Und sie war gewohnt, dass er sich nicht erklärte. Die Mischlingselfe sah auf, während ihre Wangen nass schimmerten im Feuerschein. "Bist du jetzt zufrieden, du elender Quälgeist?! Schau sie dir an!“ "Das reicht jetzt! Ich kann auch wieder gehen!" "Du setzt dich gefälligst wieder hin, du wandelndes Gerippe!" "Vorsicht, Celestina, ich bin keins von deinen Bälgern, dass du so rumkommandieren kannst!" "Nein, denn keins davon benimmt sich so kindisch wie du! Und jetzt noch einmal, langsam, für dich. Setz... dich... hin... sofort!", plänkelten sie hin und her und Eleyna musterte Laogh mit ausdrucksloser Miene, wie er sich standhaft gegen das donnernde Gemüt der Mantronerin wehrte. Bis er sich demonstrativ abwandte und schmollte. Eleyna seufzte tonlos und wandte den Blick wieder ab. Ihre Augen blickten in das Feuer, welches immer wieder hin und her zuckte, bei jedem Windhauch. "Geht es wieder, Kind? Trink etwas, das wird dir gut tun. Und später ein bisschen etwas Essen, dann ist dir richtig warm und du wirst gut schlafen können. Morgen ist ein neuer Tag.", hörte sie die Frage der anderen, doch sie brauchte einen Moment, bis sie überhaupt die Augen wieder öffnete und sich dazu hinreißen ließ, Celestina anzusehen. „Ich schätze… schon.“, meinte sie reichlich wortkarg und wandte den Blick wieder ab. Sie hatte also eine ziemlich große Familie. Und das seit… Generationen. Und es folgten stetig mehr, wenn man der Älteren Glauben schenken durfte. Es gab also einen ganzen Familienzweig, der die Gene ihres Vaters in sich trug. Ihres Vaters und seiner Eltern, die sie nie kennengelernt hatte. Sie erinnerte sich ja nicht mal an die Schwester. Ob er noch mehr Geschwister hatte? Plötzlich gab es da so viele Möglichkeiten, die sie allesamt fluteten. Wie hätte ihr Leben aussehen können? Wäre sie eine Jägerin geworden? Oder doch viel mehr eine heimelige Hausfrau an einem großen Topf, hundert Mäuler stopfend? Eleyna schnaubte bei dem Gedanken, den sie nicht laut aussprach und wischte sich den etwas losen Zopf über die Schulter. Die Elfe richtete sich auf und streckte ihren Rücken durch. Sie rieb ihre Hände aneinander und blieb weiter schweigsam. Celestina war sehr freundlich, versuchte ihr zu helfen, doch Eleyna war es eben auch nicht gewohnt. Also wandte sie sich zu ihr und lächelte leicht. „Danke, Celestina. Ich… schätze, ich werde mir noch einen Moment die Beine vertreten.“, meinte sie und erhob sich bereits. Sie musste weg. Laogh kannte das bereits von ihr. Sie war bisher noch immer unruhig und rastlos geworden, wenn sie etwas zu verarbeiten hatte. Sie brauchte Abstand und sie wollte in Ruhe ihren Gedanken nachhängen. Jetzt schlafen, wäre ohnehin utopisch. Ihre gut verschütteten, dunklen Gedanken krochen wieder an die Oberfläche. Das, was sie die letzten Tage so sehr verdrängt hatte, war auf einmal wieder da. Ein Leben in Schutt und Asche. Und ein Leben unter dem Herzen, das bald schon sichtbar sein könnte. Essen war keine Option – eher würde sie sich erbrechen! Doch Eleyna floh dieses Mal nicht regelrecht aus der gemütlichen Hütte. Sie wandte den Kopf zum Schatten, der noch immer abgewandt saß. Ihre Augen strichen über seinen Hinterkopf. Sie wusste, trotz der Nachricht, was er für sie auf sich genommen hatte. Er hätte sie nicht begleiten müssen. Warum er es genau getan hatte, wusste sie nicht, doch dass es purer Eigennutz gewesen war, bezweifelte sie stark. Außerdem waren da diese elendigen Gefühle... Also ging sie auf ihn zu, hockte sich hinter ihn und ließ ihre Lippen nahe seiner Wange, neben seinem Ohr, innehalten: „Danke…“, flüsterte sie so leise, dass man hätte denken können, es wäre nur ein Windhauch, wenn man menschliche Ohren hatte. Daraufhin hauchte sie ihm einen leichten Kuss auf die fahle Haut. Ein Dank.. Und dennoch klang in diesem Wort, so ehrlich es gemeint gewesen war, auch die Enttäuschung darüber mit, dass er ihr Leid ausgekostet und die Medizin für sich behalten hatte. Sie honorierte seinen Einsatz. Inzwischen waren sie einander näher und sie glaubte nicht mehr nur daran, dass er ihr Schlechtes wollte. Nein… aber das Wie war enttäuschend gewesen und das wog ebenso schwer, wie die sonstige Wut, die sie an den Tag legen konnte. Eleyna erhob sich wieder und wandte sich ab. Die Mischlingselfe strich sich mit den Handflächen über die Oberschenkel und sah zu Celestina. „Ich bin bald zurück.“, meinte sie schlicht und würde die Hütte verlassen, um allein zu sein.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 9. November 2022, 14:27

War es tatsächlich Mutlosigkeit oder Boshaftigkeit gewesen, die ihn hatten schweigen lassen? Oder hatte ihm die Kraft gefehlt, wohl wissend, wie gut er auf dieser langen Reise damit haushalten musste? Oder hatte all die Zeit als Spion, worin er es zu einzigartiger Meisterschaft gebracht hatte, ihn so sehr geprägt, dass er es ihr gar nicht hatte sagen können? Dass er schlichtweg die Fähigkeit, sich jemandem zu öffnen verlernt hatte?
Wobei... was sprang für ihn denn eigentlich dabei raus, dass er sie hierher gebracht hatte, um sie mehr oder weniger zu ihrem Glück zu zwingen? Bei Arrond war es noch ein Auftrag... oder eine Vereinbarung gewesen, auf jeden Fall etwas, womit sie umgehen konnte. Wenn auch im Nachhinein betrachtet, er in diesem Fall ebenso früher den Mund hätte aufmachen können. Doch da hatten sie sich kaum gekannt und einander noch weniger einschätzen können als jetzt.
Warum also dieser Weg? Warum gemeinsam? Und außerdem... Celestina hatte erwähnt, dass er sie endlich nach Mantron gebracht hatte. Was bedeutete denn das nun schon wieder?
Und was, wenn sie mit ihm nach Zyranus aufgebrochen wäre, die Stadt der Magier? Was hätten sie dort dann getan und was danach? Hätte er sie, wenn sie sich nicht selbstmörderisch zu ihrer Mutter hätte begeben wollen, womöglich gar nicht zu diesem offensichtlich gut gehüteten, lebendigen Geheimnis gebracht? Oder hätte er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, einerseits die Dunkle Armee etwas geärgert und andererseits mit magischer Hilfe den Weg beschritten? Machte es Sinn, ihn jemals nach all diesen Möglichkeiten zu fragen, wenn sich die Gedanken in ihrem Kopf nicht mehr in verzweifelter Selbstzerfleischung jagten?
Indes schmollte der Schatten und hüllte sich in Schweigen, während die Alte genau das tat, wonach sich die Mischlingselfe stets gesehnt hatte. Sie kümmerte sich um sie! Zuerst, indem sie dafür sorgte, dass sie sich hinsetzte und zwar in die Nähe des Feuers, um noch besser von dessen Wärme partizipieren zu können. Und dann, als sie die Jüngere in den Arm nahm und zu trösten versuchte, weil sie ihr ansehen konnte, dass es zu viel gewesen war.
Ein Umstand, der sie allerdings auch wütend machte auf denjenigen, der das hätte verhindern können. Oder es schonender machen können, denn ein Schock wäre es vermutlich so oder so für die Spionin gewesen. Entsprechend stutzte sie ihn, in gewohnter resoluter Art, zurecht, bis er sich schmollend abwandte. Zugleich aber auch erleichtert, trotz allem noch in der Wärme sitzen bleiben zu können.
Es hatte Zeiten gegeben, da hätte sie weniger Rücksicht auf seine Schwäche genommen und ihn kurzerhand vor die Tür gesetzt, bis er kleinlaut um Einlass gebeten hätte. Das war zwar nur ein... na gut, zweimal seit ihrer Bekanntschaft vorgekommen, allerdings war sie auch noch niemals derart aufgebracht über sein Verhalten gewesen.
Und obwohl sie an Jahren jünger war als er und sie schon einiges miteinander erlebt hatten, waren sie tatsächlich irgendwann in diese Mutter-Sohn-ähnliche Rollenverteilung geraten. Was ihn jetzt, da er so vor der möglichen Mutter seines möglichen Kindes runter geputzt wurde, erst recht wurmte.
Celestina beschloss in der Zwischenzeit für sich, dass sie ihn bis zum Abendessen ignorieren wollte, und kümmerte sich lieber um ihre leibliche Nichte. Woher auch immer sie das weiche Tuch hatte, sie wischte ihr damit in einer Selbstverständlichkeit die Tränen weg, als wäre das ihr täglich Brot.
Als die andere schließlich die Augen wieder öffnete und eine Antwort gab, traf sie ein mehr als skeptischer Blick. Nein, diesem Erfahrungsschatz entging so leicht nichts! Trotzdem ließ die Alte es gut sein und sagte ihr nicht auf den Kopf zu, dass sie ihr nicht sonderlich viel Glauben schenken konnte. Stattdessen tupfte sie auch die letzten Tränenspuren weg und ließ daraufhin das Tuch ebenfalls wieder in ihrer mit Fell gefütterten Lederbekleidung verschwinden.
Wann hatte sie eigentlich ihren Fellmantel abgelegt? Irgendwie hatte das niemand so recht mitbekommen, kein Wunder, bei all diesen neuen Informationen, die es hier gab. Und mehr werden würden, sobald sie zu einer weiteren Aufnahme fähig wäre! Denn im Gegensatz zu dem Schatten hatte Celestina offensichtlich keinerlei Hemmungen, ihr zu erzählen, was sie wusste.
Als die Jüngere sich zu regen begann, entließ sie diese aus der tröstlichen Umarmung, blieb jedoch weiterhin nahe sitzen und beobachtete sie aufmerksam. Bei dem Dank nickte sie noch, ehe sich ihre Stirn in tiefe Falten legte. "Um diese Uhrzeit? Kind, das ist überhaupt keine gute Idee. Draußen wird es bald dunkel und glaube mir, dann will keiner freiwillig noch vor die Tür gehen, wenn er nicht muss!", widersprach sie kopfschüttelnd, hielt Eleyna allerdings auch nicht fest, um sie zum Bleiben zu zwingen.
Mit einem leisen Seufzen sah sie ihr zu, wie sie sich erhob und zu dem Schatten ging, der so tat, als bemerke er davon nichts, weil es bei den Ziegen gerade so spannend wurde, wie sie vor sich hinkäuten. Schließlich stand auch sie auf und ging in einen anderen Bereich des Hauses, um nach der Unterbrechung durch die Ankunft, das Abendessen weiter vorbereiten zu können. Scheinbar wurde sie ja am großen Feuer direkt gerade nicht gebraucht.
Laogh hingegen rührte sich weiterhin nicht. Dass er sie jedoch hörte, bewies sein leises Schnauben auf ihr Flüstern hin. "Später kannst du dann lynchen, was die Bissgurke von mir übrig lässt.", brummte er, noch immer ganz eingeschnappt, und ohne den Blick von den Tieren abzuwenden. Das änderte sich auch nicht, als er flüchtig ihre Lippen zu spüren bekam.
Erst, als er hören konnte, wie sie sich entfernte, drehte er den Kopf soweit, dass er sie über die Schulter hinweg sehen konnte, wie sie tatsächlich zur Tür ging. Ob er sie aufhalten sollte? Folgen wäre nicht wirklich möglich für ihn. Warum ließ die Alte das eigentlich zu?!
Doch in jenem Moment, indem sich die Mischlingselfe verabschiedete und die Tür öffnen wollte, wurde diese von außen aufgezogen und mit einer Welle aus kleinen Schneeflocken wehte ein kalter Wind herein, sodass vermutlich jeder, bis auf den Meisterspion, instinktiv zurück weichen würde. Und wenn nicht aus diesem Grund, dann aus jenem Bedürfnis heraus, dem massigen, dicht in Felle eingepackten Körper auszuweichen, der sich durch die Öffnung schob und rasch die Tür hinter sich wieder schloss.
"Sauwetter! Absolutes Sauwetter da draußen! Wenn ich den erwisch', der Ventha so erzürnt hat, dann dreh ich ihm den Ha..." Plötzlich verstummte die tiefe, an einen mürrischen Bären erinnernde Stimme und blinzelnd blickte der Mann von Anfang bis Mitte Vierzig auf die zierliche Weibsperson vor sich.
Während die Wärme die hereingewehten Schneekristalle auf dem Boden und an seinen Augenbrauen, der Rest seines Gesichtes war von Tuch verdeckt, zum Schmelzen brachte, sah sie sich Augen gegenüber, die sie aus ihrem eigenen Spiegelbild nur zu gut kannte. Während es bei Celestina lediglich eine gewisse Ähnlichkeit gegeben hatte, könnte man sie bei diesem großen Mann mit der blassen und leicht bläulich wirkenden Haut als ihr Ebenbild bezeichnen.
"Äh... hallo?", meinte er und zog das Tuch herunter. Zum Vorschein kam ein Gesicht mit einem wuchtigen, rotblonden Bart, der bereits von einigen silbernen Fäden geziert wurde. Wäre dieser nicht, wäre offensichtlicher, was sich im Moment lediglich andeutete. Ein Gesicht, ähnlich dem ihren, als wären sie Zwillinge, wenngleich sie der männlich ausgeprägten Form davon gegenüber stand.
Nun allerdings wandte er den Blick ab. "Mutter?", rief er fragend in das Rund der Hütte hinein, da sich diese erstaunlicherweise noch nicht gemeldet hatte.
Was verständlich war, wenn man wüsste, dass sie gerade zu verhindern versuchte, dass ihr der Inhalt des Eintopfes anbrannte. So kam es nur geschäftigt von weiter hinten:"Das ist Eleyna. Sie ist unser Gast!"
"Äh...?" Dem Mann schienen die Kälte und die Überraschung offensichtlich sehr zugesetzt zu haben, denn noch immer wirkte er schlichtweg überrumpelt.
Bild

Benutzeravatar
Eleyna d'Yaincre
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 386
Registriert: Sonntag 14. März 2021, 20:01
Moderator des Spielers: Janay
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Mensch/Dunkelelfe)
Sprachen: Garmisch, Lerium
Beruf: Spionin
Fähigkeiten: waffenloser Kampf (überdurchschnittlich)
Wurfmesser (gut)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 51F
Ausrüstung: [br]5 Wurfmesser
Kapuzenumhang
Zunderschwamm
Wasserschlauch
Pökelfleisch für eine Woche[/br]
Tierische Begleiter: schwarzes Pferd
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Mittwoch 9. November 2022, 23:30

So bemuttert zu werden, was seltsam. Eleyna hatte seit Jahrzehnten keine derartige Behandlung mehr erfahren und vermutlich war das auch ein Grund, weshalb sie nicht einfach stillsitzen und aushalten konnte. Die Spionin fühlte sich überrollt von den Geschehnissen. Nicht nur, dass sie eine Familie hatte, die hier lebte – nein, Celestina kümmerte sich um sie, als wäre sie endlich mal wieder zu Besuch. Als hätte sie endlich den weiten Weg vom Festland hergewagt, um mal wieder ihre… Tante… zu besuchen. Aber dem war nicht so. Eleyna hatte bis eben keine Ahnung davon gehabt, überhaupt noch eine andere Familie zu haben, als jene zweifelhafte in Morgeria. Dort kannte sie sich auch kaum aus. Sie wusste, dass ihre Mutter einen Bruder hatte. Doch was der trieb wusste Eleyna nicht. War ihr auch nie wichtig gewesen. Lediglich ein oder zwei Mal waren sie sich begegnet… vielleicht einmal öfter, doch nichts, worüber sie sich hatte langfristig Gedanken machen müssen. Jetzt allein 11 Mitglieder dazuzugewinnen – und sie wusste nicht, ob es noch mehr würden – war schon ein harter Schlag. Gleichzeitig aber die Erkenntnis zu haben, dass diese Familie – oder eher Celestina – von ihr gewusst hatten… Und niemand sich wohl je fragte, was nach dem Tod ihres Vaters aus ihr geworden war… Eleyna wollte das nicht durchdenken. Beziehungsweise wollte sie es nicht in den Armen der Älteren tun. Das Bemuttern war der Elfe zu viel. Sie konnte sich nur schwer darauf einlassen, dass sie so fürsorglich umsorgt wurde. Sie war immerhin schon seit geraumer Zeit hier auf dieser Welt und hatte bisher gut für sich allein gesorgt. Auf die ein oder andere Art und Weise. Und der Schatten? Der rührte sich ohnehin nicht. Schmollte, weil er keinen lobpreisenden Dank erhielt. Er verstand einfach nicht, dass ihm der Dank sicherer wäre, wenn er aufhören könnte, sich so zu verhalten. So übergriffig, anmaßend und überheblich. Dennoch… Eleyna musterte den Spion und seufzte leise. Die Schiffsreise hatte nicht nur ihn geschwächt und sie ein wenig auftauen lassen, weil sie Mundl und die Crew mochte... Sie hatte ihr auch gezeigt, dass sie mehr empfand, als sie vielleicht zugeben wollte. Und dann war da ja noch das kleine Problem… Das irgendwann unweigerlich größer werden würde. Eleyna schaute Celestina schweigend an als diese sie warnte: "Um diese Uhrzeit? Kind, das ist überhaupt keine gute Idee. Draußen wird es bald dunkel und glaube mir, dann will keiner freiwillig noch vor die Tür gehen, wenn er nicht muss!", versuchte sie ihren Sturkopf zu bändigen, doch Eleyna lächelte milde. „Ich bleibe nicht lange.“, meinte sie und dachte noch an ihren kleinen Ausrutscher, als sie in Santros in der Taverne einen Streit ausgelöst hatte. Nur, um sich irgendwie … lebendiger zu fühlen. Das würde ihr wohl hier nicht so einfach passieren, doch Eleyna brauchte Abstand, brauchte das dumpfe Brüten, wie die Luft zum Atmen. „Ich verspreche es.“, versuchte sie es dennoch noch mal versöhnlich, ehe sie sich von den Fellen erhob und zum Schatten ging. Er ignorierte sie. Wie gewohnt.
Eleyna war enttäuscht von seinem Verhalten, dennoch ließ sie ihn an einer immensen Veränderung teilhaben: Sie stürmte nicht wutentbrannt hinaus. Sie … zeigte ihm, dass sie durchaus in der Lage war, sein Opfer anzuerkennen. Und dass er es für sie getan hatte. Ob er etwas davon hätte, was so lohnend war, dass er seinen Zustand billigend in Kauf nahm? Sie konnte es sich nicht vorstellen und sein Einwand, er konnte Mundl besser kontrollieren, was vorgeschoben. Das glaubte sie nicht. Eleyna aber war trotzdem fair und zeigte ihm mit ihrer Geste, die Zuneigung, die sie erworben hatte. Während er nicht aus seiner Haut konnte. Sie seufzte lautlos und ließ ihn dann sitzen. Er hätte die Chance nutzen können, doch er wimmelte sie mit lapidaren Worten ab, die sie unkommentiert ließ. Mit einem kurzen Blick auf Celestina, die sich um den Eintopf kümmerte, augenscheinlich, wandte sich Eleyna der Tür zu und zog sich gerade die Kapuze über den Kopf, als die Tür bereits geöffnet wurde.

Die Spionin hatte damit nicht gerechnet und zuckte anderthalb Schritte zurück. Dann hob sie den Blick, denn der große Mann überragte sie. Überhaupt wirkte er bedeutend massiger. Eleyna schob in einer Bewegung die Kapuze wieder von ihrem schwarzen Haar und lauschte der donnernden Stimme in der eisigen Sprache, die sie nicht verstand. Blinzelnd sah sie zum Schatten, der kein Mucks von sich gab und schließlich zu Celestina, die ebenfalls keine Anstalten machte. Auch er schien überrumpelt zu sein, wie sie so voreinander standen. Eleyna hatte einige Schneeflocken abbekommen, da sie der Tür bereits näher gewesen war, sodass sie sich jetzt einmal über das Gesicht wischte, um es zu trocknen. Dann hob sie den Blick zurück in das Gesicht des Mannes, der gerade seine Vermummung löste. Und sie aus den selben Augen anstarrte, die sie so gut kannte. Ihr Herz setzte aus. „Was zum…“, murmelte sie und sah hilfesuchend zu der Älteren, doch die ließ sich bitten. Offenbar, wusste der Mann ebenfalls nicht mit der Situation umzugehen… Er starrte sie regelrecht an und auch Eleyna betrachtete das Gesicht des Mannes. Bis auf das rötliche Haar mit gräulicher Verfärbung, hatte sie das Gefühl in ihr Ebenbild zu starren. "Das ist Eleyna. Sie ist unser Gast!", kam es aus dem hinteren Teil der Hütte und die Genannte zuckte. „Eigentlich wollte ich gerade gehen…“, meinte sie sachlich und räusperte sich. „Ich meine… ich wollte mir die Beine vertreten…“, relativierte sie ihre vielleicht etwas zu harsch gewählte erste Antwort. Dann atmete sie jedoch durch und streckte die Hand etwas nach vorne. „Ich nehme an… Jonte?“, bemühte sie sich um einen gewagten Vorstoß und versuchte zu lächeln. „Eleyna..“, meinte sie noch mal der Form halber. Allerdings war das alles so skurril und seltsam, dass sie gar nicht so recht wusste, wie sie dem Mann begegnen sollte. Dem Mann, der auch ihr eigener Bruder hätte sein können… ihr Zwilling, wenn man die rötlichen Haare wegdachte… Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken und der hatte gewiss nichts mit der hereingewehten Kälte zu tun.

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 6959
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 10. November 2022, 14:50

So, wie es für die Mischlingselfe ungewohnt war, so war es für die Alte selbstverständlich, dass sie sich um die ihren kümmerte. Dazu zählte auch der Schatten, ganz gleich, wie ruppig sie mit ihm umgegangen war, seit er dieses Mal in ihre Hütte gekommen war. Wenn es jedoch darauf ankam, war sie ganz die fürsorgliche, mütterliche Frau mit der Engelsgeduld und dem warmherzigen Benehmen, zu der man gerne vertrauensvoll kam, um sich den Kummer von der Seele zu weinen. Die einen freiwillig... die anderen zwangsweise.
Ihre Nichte jedoch war noch nicht soweit, es annehmen zu können, wodurch sich ihr anerzogener Fluchtimpuls meldete. Celestina versuchte zwar, sie bei sich zu behalten und davon zu überzeugen, dass dieses Vorhaben nicht das richtige wäre, aber im Endeffekt gab sie ihr trotzdem den gewünschten Freiraum. Noch kannten sie sich zu wenig, als dass sie sich so viele Rechte herausnehmen würde wie bei dem Meisterspion.
Ob sie von dessen Profession oder sonstige Teile aus seiner Vergangenheit wusste? Oder war das hier womöglich sein Rückzugsort, wenn er von all dem, was ihn sonst ausmachte, eine Pause brauchte? Vorstellbar wäre es durchaus.
Und was mochte ihn überhaupt einst das allererste Mal hierher getrieben haben, dass er von ihrer Verwandtschaft wusste? Mehr noch, dass er hier behandelt wurde, wie einer von ihnen, obwohl er mit ihr nicht blutsverwandt war... soweit sie es wusste! Und abgesehen von der Blutsverbindung, die in ihr zu heranwachsen begonnen hatte.
Ob er eigentlich auch Informationen über den anderen Teil, den dunkelelfischen ihrer Familie hatte? Nicht nur von ihrer Mutter, sondern auch von ihrem morgerianischen Onkel und sonstigen Verwandten? Würde er es ihr irgendwann erzählen... oder wenigstens vorführen? Oder wären sie gar nicht mehr ausreichend lange beisammen, um eine Gelegenheit dafür zu schaffen? Nun, zumindest die nächsten Tage wäre er sicherlich noch hier, denn sie konnte mit Fug und Recht annehmen, dass Celestina sich darum kümmern würde, dass er wieder auf die Beine käme und ihn nicht eher ziehen lassen.
Jetzt allerdings war er nicht nur schwach, sondern auch stur und schmollte vor sich hin. Nicht einmal auf ihren schlichten Dank, so ehrlich er auch gemeint sein mochte, reagierte er angemessen, vielmehr zeigte er das bockige Kind von zuvor weiterhin. Ob das wirklich so ernst gemeint war, wie es schien? Oder hatte er wieder eine Maske aufgesetzt?
Sie versuchte nicht, es zu ergründen, dazu drängte es sie viel zu sehr nach draußen. Doch bis dorthin kam sie nicht, denn knapp zuvor wurde von dort die Tür geöffnet und mit einer Wehe aus Schneekristallen wurde ein Bär von einem Mann, mit dem passenden Fellumhang bekleidet, hereingeweht. Der abrupt vor ihr stehen blieb und offensichtlich nicht damit gerechnet hatte, dass sie Besuch hatten.
Noch dazu jemanden, in dem er wohl so, wie umgekehrt, sich selbst wiederzuerkennen vermochte. Beide waren perplex und wussten im ersten Moment nichts anderes zu tun, als sich gegenseitig anzustarren, bis der Ruf vom Kessel dafür sorgte, dass wieder so etwas wie Leben in sie beide kam.
Nun ja, wenigstens in die Mischlingselfe, die sich eigentlich empfehlen wollte. Ihr Gegenüber blinzelte noch immer und schüttelte leicht den Kopf, als hätte er einen Geist gesehen und könne seinen Augen nicht wirklich trauen.
Dann starrte er, wie kurze Zeit zuvor seine Mutter, auf die dargereichte Hand. Es dauerte einen Herzschlag oder zwei, ehe er sich endlich fasste und schwungvoll mit seiner Pranke einschlug. Dabei verzog sich sein Mund zu einem schelmischen Grinsen, das an die Alte erinnerte, während er nickte und es optisch so schien, als würden seine Finger ihre Hand zerquetschen, so vollständig verschwand sie in dem Griff. "Jo, genau so ist's!", brummelte er freundlich und schüttelte ihre Rechte. Besser gesagt, es fühlte sich so an, obwohl er dazu lediglich eine einzelne Auf- und Abwärtsbewegung brauchte, derart riesig wirkte seine Pranke im Vergleich zu der ihren.
Daraufhin ließ er sie los und löste in einer automatischen Geste sein Tuch vollständig, um es ausschütteln zu können. "Und raus willst du, wie? Würd' ich an deiner Stelle nicht tun. Außer, du willst zu einer Schneefigur werden, die wir morgen Früh dann mit allem Möglichen verzieren... oder eher die Kinder, die einen Heidenspaß dran hätten." Er grinste noch breiter und schien sich einen Moment lang an etwas zu erinnern, das ihm großen Spaß bereitet hatte... vor dem kräftigen Ärger, der ihm deswegen im Anschluss zuteil geworden war.
"Und wenn der Wind auch noch auffrischt, weht's dich Stöcklein sowieso nur noch um.", fügte er hinzu und lachte dröhnend in einer gutmütigen Art und Weise, die ihn trotzdem sympathisch erscheinen ließ. Dabei übertönte er den Aufruhr vor der Tür draußen, der deren Öffnen vorausging.
Herein kam eine mollige Person, die dicht eingemummelt in ihrem Fellumhang war, der mehr weiß als bräunlich wirkte aufgrund der vielen Schneeflocken, die sich darin verfangen hatten, gefolgt von zwei Kindern, die sich gerade ihre bloßen Ohren rieben, die eine leichte Rötung aufwiesen. "Los, ihr Lümmel, verzieht euch, sonst zieh' ich euch noch das Fell über die Ohren, dass ihr euch wünschst, ich hätte nur an den Ohren gezogen wie vorhin!", scheuchte sie die Beiden, wobei sich eines bald als Mädchen aufgrund von langen, leicht rötlichblonden Haaren entpuppte in die Hütte hinein.
Dann rief sie, während sie sich das schützende Tuch vom runden Gesicht zog und ihre freundlich wirkenden Pausbäckchen offenbarte, die ihr in der Jugend sicherlich gut zu Gesicht gestanden hatten, in die Hütte hinein:"Mütterchen, Birte schläft heute bei den Nachbarn, um ihnen zu zeigen, was wir ihr beigebracht haben!"
"Das Mädchen soll sich ja anständig benehmen!", tönte es sofort zurück.
Dann trat die Rundliche an Jonte heran und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als sie den Gast erblickte. Keuchend klammerte sie sich an den Hünen, der sie um gut eine Haupteslänge überragte, und blinzelte irritiert. Jonte grinste etwas schief und klopfte ihr ein wenig Schnee von den Schultern. "Gunni, wir haben Besuch. Das ist Eleyna. Und ja, ich hab wahrscheinlich auch so doof geguckt, wie du grad!"
Gunni... sein Weib? Hatte sie das noch richtig im Kopf? Oh Götter, das wurde ja immer schlimmer und verwirrender mit all den neuen Informationen und Gesichtern hier!
Jedenfalls blinzelte die andere mehrmals, ehe sie zu dem Mann hochsah und mit vollkommenen Ernst meinte, wie selbstverständlich ins Celcianische wechselnd:"Die sieht ja aus wie du, als du jung warst!" Um dann, nach einer kleinen, gezielten Pause mit einem spitzbübischen Grinsen hinzu zu fügen:"Nur hübscher!"
Jonte brummte beleidigt, während Gunni aus ihrem Mantel schlüpfte und ihn einfach in seine Pranken warf, um daraufhin dichter an die Spionin heran zu treten und ihr lächelnd ihrerseits die Hand zu reichen. "Dann sei auch mir Willkommen, Eleyna! Ich bin Gunni, die diesen Bären da vor viel zu vielen Jahren geheiratet hat.", sprach sie direkt und trotzdem mit einem warmen Unterton in der Stimme, das man sich gut vorstellen konnte, dass die beiden Eheleute sich trotz allem gut verstanden.
Auch wenn der sogenannte Bär diesem Vergleich alle Ehre machte, als er sich mit einem gebrummten "Weiber!" missmutig verzog, den beiden Kindern hinterher. Um noch währenddessen von seiner Mutter gerufen und zu weiteren Arbeiten eingeteilt zu werden, denn es wurde Zeit, das hohe Gestell für den Kessel bei dem großen Feuer aufzubauen.
Weiterhin brummend und dem Mädchen, das an ihm vorbei huschen wollte, eine Kopfnuss verpassend, stapfte er durch die Hütte, kam am Hauptfeuer vorbei... und stieß einen leidenden Laut aus. "Mutter, muss der schon wieder da sein? Ist das Jahr wirklich schon wieder rum?!"
Während Celestina nicht darauf reagierte, gab es ein beinahe unüberhörbares Schnauben, ehe eine zweite, männliche Stimme kühl erwiderte:"Jonte, auch noch nicht erfroren, wie?" Es war einer jener Tonfälle, die sie schon öfters erlebt hatte, wenn der Schatten jemanden provozieren wollte.
Und auch Jonte war wohl ein fast schon zu leichtes Opfer dafür, denn seine Gesichtsfarbe wurde roter, während er sich in die Brust zu werfen begann. "Du...", begann er grollend, doch seine Mutter schaffte es mit einem einzelnen, scharfen Laut, den Bären an seine eigentliche Aufgabe zu erinnern. Brummend stapfte er in einen anderen Teil der Hütte, verfolgt von dem kühlen Blick des Dunklen. Ganz so willkommen schien Laogh hier also doch nicht zu sein!
Gunni, die das Ganze ebenfalls bemerkt hatte, verdrehte die Augen. "Immer dasselbe mit den Beiden!", murmelte sie mehr für sich als den Gast und zuckte etwas hilflos mit den Schultern, als wolle sie sagen, was sollte man tun bei solchen Männern.
Bild

Benutzeravatar
Eleyna d'Yaincre
Spieler-Charakter
Spieler-Charakter
Beiträge: 386
Registriert: Sonntag 14. März 2021, 20:01
Moderator des Spielers: Janay
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Mensch/Dunkelelfe)
Sprachen: Garmisch, Lerium
Beruf: Spionin
Fähigkeiten: waffenloser Kampf (überdurchschnittlich)
Wurfmesser (gut)
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 51F
Ausrüstung: [br]5 Wurfmesser
Kapuzenumhang
Zunderschwamm
Wasserschlauch
Pökelfleisch für eine Woche[/br]
Tierische Begleiter: schwarzes Pferd
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Im Herzen Mantrons

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Donnerstag 10. November 2022, 17:08

Vermutlich hätte Eleyna auch Zeit gebraucht, wenn sie vorher eingeweiht worden wäre. Eine Nähe baute man nicht einfach so auf, weil man blutsverwandt war. Es brauchte Zeit Vertrauen zu fassen und sogar die körperliche Nähe zuzulassen. Celestina schaffte es durch ihre Selbstverständlichkeit, dass Eleyna nicht sofort auf Abstand ging. Und weil sie selbst im Grunde ihres Herzens eine gesellige Halbelfe war, die sich innerhalb einer Familie vermutlich auch sehr wohlgefühlt hätte. Die Spionin in ihr allerdings brauchte einfach Zeit. Sie war misstrauisch, weil sie es stets sein musste. Und sie war wachsam, weil sie wusste, wie hinterrücks jemand plötzlich zustechen konnte. Erfahrungen, die sie gemacht hatte, ließen ihr derzeit nicht die Möglichkeit, sich einfach nur wohlzufühlen. Die dunkle Elfe hatte ihre liebe Mühe, sich von der Herzlichkeit dazu bewegen zu lassen, sich zu öffnen. Der Schock saß tief, die Möglichkeiten, besser – die verpassten Gelegenheiten wogen schwer und belasteten sie, wie es jede Offenbarung von Laogh getan hatte. Erst musste sie ihre Gedanken ein wenig sortieren und herausfinden, wofür das alles ein Anfang sein konnte, bevor sie sich Gedanken darum machen konnte, wie das hier alles in Verbindung mit Laogh zusammenpasste. Ja, er war kein Unbekannter in dieser Hütte. Und nein, er war mehr als nur ein flüchtiger Besuch, so wie sie mit ihm umging. Doch inwieweit bekannt war, was er tat und wer er wirklich war.. nun – Eleyna wusste ja selbst nicht, wer er wirklich war. Sie kannte auch nur das, was er ihr bereit war zu zeigen und das kleine Bisschen, dass er aufgrund seiner Schwäche nicht hatte verbergen können. Allerdings hatte auch er sie ein Stück näher an sich herangelassen, wenn sie an die traute Zweisamkeit auf dem Schiff zurückdachte. Gedankenverloren ruhte ihr eisiger Blick, der in Morgeria so einzigartig war und hier nur einer von vielen wurde, wie sie bald feststellen sollte, auf seinem Hinterkopf. Die Elfe aber brauchte Abstand. Sie wollte sich nicht hier damit auseinandersetzen, sondern für sich über das alles brüten. Sie würde jetzt nicht einfach so mit ihrer Art brechen. Immerhin war sie seit über 3 Jahrzehnten auf dieser Welt als Spionin unterwegs und da half es auch nicht, eine plötzlich existierende Familie zu haben. So war es wohl nicht verwunderlich, zumindest für einen im Raum, dass sie das Weite suchte. Sie hatte es schon immer so gehandhabt und er hatte sie oft genug aufgelesen, um ihr einen stummen Halt zu bieten. Eleyna wusste das. Sie hatte sich nicht vor ihren Gefühlen versperrt, die auf dem Schiff gereift waren und so war es ein echter Fortschritt, dass sie auf ihn zuging. Doch er ignorierte sie, beziehungsweise biss sie mit einem spöttischen Kommentar weg, sodass ihr nichts anderes blieb, als seufzend den Weg nach draußen zu suchen. Die Elfe kam allerdings nicht weit, denn plötzlich erfasste sie Kälte. Eleyna starrte auf den Hünen, der sich und sie in die Hütte zurückschob, ehe sie vollkommen perplex in das bärtige Antlitz des Hereinkömmlings betrachtete. Es war, als sähe sie in einen Spiegel. Es hätte komisch anmuten können, wie sich Mensch und Elfe gegenüberstanden und einfach nur anstarrten. Während ein leichter Schauer von ihr Besitz ergriff. Eleyna fand zuerst ihre Worte wieder und reckte ihm die Hand entgegen. Jonte, wie sich gleich darauf herausstellte, hatte wahrlich genug Eintopf genascht, wenn man bedachte, wie ihre Hand samt Handgelenk und einem Teil Unterarm in seiner Pranke verschwand.
Sie fürchtete fast, dass er ihr den Arm abriss, doch der Hüne hatte sich im Griff, sodass Eleyna ein halbwegs aufrichtiges Lächeln zustande brachte. "Und raus willst du, wie? Würd' ich an deiner Stelle nicht tun. Außer, du willst zu einer Schneefigur werden, die wir morgen Früh dann mit allem Möglichen verzieren... oder eher die Kinder, die einen Heidenspaß dran hätten.", versuchte er es ebenfalls, sie aufzuhalten. "Und wenn der Wind auch noch auffrischt, weht's dich Stöcklein sowieso nur noch um." Sie hob zweifelnd eine Augenbraue und musste dann aber doch ein wenig grinsen, anhand seines ansteckenden Lachens. „Ich denke, ich schaffe das schon, danke für den Rat.“, erwiderte sie allerdings und bewies einmal mehr, dass sie dem Sturkopf auch alle Ehre machte. Sie trat einen Schritt zur Seite, damit Jonte ebenfalls Platz machen konnte und ging erneut auf die Tür zu. Doch abermals, als hätte Ventha persönlich dafür gesorgt, dass mit jeder Böe neue Gäste hineingeweht wurden, öffnete sich die Tür, bevor Eleyna den Knauf hätte berühren können. Die Elfe zuckte mit ihrer Hand zurück, vergrub ihre Finger in einer Faust und trat vorsorglich beiseite. Noch eine in Fell gehüllte Person kam herein und hinter ihr gleich zwei Kinder. Das Esera ließ Eleyna an sich vorbeiziehen, ehe sie von der weiblichen Variante des Bären entdeckt wurde. Eleyna verzog die Lippen zu einem Lächeln, welches nicht ganz herzlich sondern eher verhalten war, weil sie hier einen nach dem anderen kennenlernte, ohne Zeit zu finden, durchzuatmen. Dabei hob sie ihre Hand, die sie eigentlich zum Türöffnen gebrauchen wollte und machte eine kurze Geste zum Gruß. Auch die Frau blieb wie angewurzelt stehen und japste bei ihrem Anblick. Eleyna räusperte sich, ehe sie die Arme verschränkte. Angegafft zu werden, war auch nicht das schönste auf der Welt, wenn sie es Recht bedachte. "Gunni, wir haben Besuch. Das ist Eleyna. Und ja, ich hab wahrscheinlich auch so doof geguckt, wie du grad!", stellte Jonte lapidar fest und erneut räusperte sich Eleyna. „Ich-“, setzte die Halbelfe an, um sich zu erklären, doch Gunni überfuhr sie mit herzlicher Wärme: "Die sieht ja aus wie du, als du jung warst! - Nur hübscher!" Eleyna hustete leise und sah zu dem Bären auf, der beleidigt brummte. "Dann sei auch mir Willkommen, Eleyna! Ich bin Gunni, die diesen Bären da vor viel zu vielen Jahren geheiratet hat.", Eleyna ergriff die dargebotene Hand und lächelte schon etwas herzlicher. „Danke, Gunni. Danke, für die Gastfreundschaft.“, meinte sie recht förmlich und entließ die andere wieder.

Sie beobachtete, wie die Familie ihrem normalen Heimkommen frönte, wenn sie nicht gerade von einer Unbekannten gestört wurden, und stand einen Moment reichlich verloren an der Tür. Sie beobachtete die seltsame Eigenheit, sich gegenseitig Kopfnüsse geben zu wollen und ließ ihren Blick schweigsam über die Anwesenden gleiten. Da waren sie also… Eine Familie in Mantron und hier eine Handvoll an Mitgliedern, die sie gar nicht kannte. Die ihr so fremd waren und dennoch deutliche Merkmale aufwiesen, dass sie zusammengehörten. Sie legte die Arme um sich. Ihren Plan, die Hütte verlassen zu wollen, schob sie auf. Vielmehr fesselte ihre Aufmerksamkeit das selbstverständliche Miteinander. Sie betrachtete Jonte, der sich dem Schatten näherte und offenbar etwas zu ihm sagte, dass es wert war, zu antworten – auf Esera. Natürlich. Eleyna’s Blick ruhte auf dem Spion. Und wieder ein kleines Puzzleteil. Und wieder etwas, was sie nicht gewusst hatte. Sie wusste gar nichts, wenn sie es genau nahm. Nur langsam kam die Mischlingselfe von der Tür weg. Sie beobachtete, wie sich Jonte aufbaute. Offenbar hatte Laogh wieder die charmante Art einer Axt im Walde, jedenfalls sah es so aus. Gunni’s Gebrumme, quittierte sie mit einem Seitenblick. „Sie kennen sich länger?“, wollte sie von der Frau wissen und wandte den Blick zurück zum Feuer. Vielleicht sollte sie doch nicht gehen. Vielleicht gab es noch Antworten, die sie erhalten könnte, wenn sie blieb und… - Celestina griff in das Gezanke ein, sodass Jonte sich daranmachte, den Dreibein aufzustellen, damit der Eintopf serviert werden konnte. Die Spionin kam mit langsamen Schritten wieder näher. Allerdings blieb sie unschlüssig und noch immer war sie gewiss nicht so weit, als dass sie sich einfach gemütlich dazusetzte und ein Schwätzchen hielt. „Kann ich etwas helfen?“, fragte sie Celestina, als diese auf der Bildfläche auftauchte. Ablenkung. Neben dem dumpfen Brüten, ihre zweitliebste Therapie gegen zu viele Gedanken! Doch sobald Eleyna fertig wäre mit einer eventuellen Hilfestellung, würde sie das Feuer erneut aufsuchen. Sie hatte sich den eigenen Mantel ausgezogen und signalisierte, dass sie nun wohl doch bleiben würde. Allerdings mit einem kleinen Unterschied: Anstatt sich wieder auf ihren vorherigen Platz zu setzen, wählte sie – wohl eher unbewusst – ein Fell neben dem Schatten. Er war derjenige, den sie „kannte“, ihm fühlte sie sich in diesem Moment näher als den anderen Anwesenden. So fühlte sie sich eher in seiner Nähe aufgehoben, um vielleicht mit den anderen gemeinsam zu essen, so wie Celestina es vorgeschlagen hatte, bevor Eleyna gehen wollte. Sobald etwas Ruhe eingekehrt war, ergriff sie sogar das Wort: „Also… Ihr lebt hier, Jonte?“, fragte sie unverfänglich und räusperte sich. „Ihr seid hier… aufgewachsen?“, wollte sie noch wissen. Dann war es allerdings an ihr, dass sie die Situation versuchte zu erklären: „Ich bin… übrigens die Tochter deines-“, sie blickte zu Celestina, ehe sie zurückkehrte und zu Jonte ansah, „-Deines Onkels.“, meinte sie und konnte immer noch nicht fassen, wie abstrus das klang! "Ich bin mit Laogh hergekommen.", erklärte sie weiter und nickte kurz zum Schatten. Es war skurril, dass sie ausgerechnet bei ihm jetzt so etwas wie Halt suchte. Aber Eleyna hatte das Gefühl, dass man sie überrollte. Dass die Offenbarungen nicht aufhören würden und sie brauchte jetzt ausgerechnet denjenigen, der ihr das eingebrockt hatte, als Fixpunkt. Ganz gleich, wie enttäuschend dieses Manöver wieder gewesen war. Er war seit Wochen ihre Konstante. Er hatte Arrond in einigen Punkten abgelöst und füllte mehr und mehr einen wichtigen Platz aus.

Antworten

Zurück zu „Mantrons Wohnhäuser“