In der Stadt war es nicht so belebt wie sonst. Das Fehlen der Männer zwischen den Hütten der Siedlung würde sogar ein Blinder erkennen. Nur Frauen waren auf den verschneiten Untergrund unterwegs und gingen ihrem täglichen Tageswerk nach.
Die Behausungen der Mantroner waren wie alles der Tapferen an die Witterung der Umgebung angepasst. Es waren Rundhütten dessen Fassaden gespannte Tierhäute waren. Gerne wurde dafür Elch- oder Walrosshaut genommen, es waren aber auch andere Tierarten möglich, das hing vom Jagderfolg der Eisjäger ab. Ein paar Kinder konnte der Mantroner entdecken, die mit einen dressierten Wolf spielten. Der gauhaarige Wolf schnappte dabei spielerisch nach der Hand des kleinen blondgelockten Mädchens. Doch die Kleine lies sich davon nicht abschrecken und ging zum Nahkampf über. Dabei stürzte sie sich mit ihrem ganzen Körpergewicht auf den wesentlich größeren Vierbeiner. Die beiden Jungs nicht älter als fünf oder sechs nickten sich kurz zu und stürzten sich dann ebenfalls auf den Wolf. Das heitere Lachen der Kinder war ein Segen, denn es heiterte die trübe Stimmung, die sich wie ein grauer Dunst auf die Gesichter der Frauen gelegt hatte, auf.
Einer der Gründe warum die Männer Mantrons ihr leben riskierten und ihre Familien zurück ließen waren dies fröhlichen Kinder. Damit diese weiterhin fröhlich spielen konnten und keine Angst haben mussten! Denn die tapfersten Männer in ganz Celcia waren auf den Weg um ihre Väter, die im Eis gefangen waren, zu retten und der gefährlichen Seeschlange zu zeigen mit wenn sie sich angelegt hatte.
Baltos grinste kurz in die Richtung in der der Kampf der Kinder tobte, einer von den Jungs (er hatte braunes und schon ziemlich langes Haar) winkte ihn kurz zu und nahm dann den Wolf wieder fester in den Schwitzkasten.
Die Vier waren ein schöner Anblick und wie gerne hätte er den zahlenmäßig unterlegenen Wolf geholfen, aber er hatte dafür keine Zeit.
Ein paar ältere Frauen die gerade dabei waren die Fische zu entgräten, grüßten den jungen Mann freundlich.
Die drei Damen waren vielleicht um die 45 Jahre alt und saßen auf Holzschemeln, dessen Beine schon tief in den Schnee eingedrückt waren. Sie saßen im Halbkreis um einen großen Holzeimer der wahrscheinlich 40 Liter, wenn nicht sogar mehr, Wasser fassen konnte und in den die Drei die Gräten freie Fische warfen. Es klatschte jedes Mal wenn so eine Fisch in den Eimer viel und als Baltos einen Blick hineinwarf konnte er dort schon zwei dutzend dieser Kameraden liegen sehen. Die Abfälle wurden in kleinere Eimer geworfen, die sich direkt neben jeder Dame befanden.
Man sah dass die Frauen in dieser Arbeit geübt waren und die 30 bis 50cm großen Fische in einer Geschwindigkeit entgräteten die manch Fischerweib erblassen lassen konnte. Der Nachschub an Fisch lag in einen Badezuber der an der Hauswand direkt hinter den Frauen stand. Der Zuber war bis zum Rand mit frischem Fisch gefüllt und durch die Kälte würde er auch noch einige Tage frisch bleiben. In Mantron hatte man weniger sorgen damit das Essen verdarb sondern eher damit das die Nahrung nicht wieder auftaute.
Er erkundigte sich bei den drei Frauen, die nach den aussehen zu urteilen Schwestern waren, ob er sich auf den richtigen weg zur Hütte von Eona Sternentanz befand. Der skeptische Blick den sich das Trio zuwarf entging ihn natürlich nicht, aber er wollte nicht weiter nachfragen und bedankte sich bei den älteren Frauen höflich, als sie ihn versicherten das er auf den richtigen Weg war und das Haus von Eona gar nicht verfehlen konnte wenn er den Weg nur weiterhin folgen würde.
Für Außenstehende musste es seltsam klingen das Menschen mit 40 Jahren hier zum alten Eisen gehörten, aber so war es nun mal in dieser lebensfeindlichen Region. Viele Mantroner starben einen vorzeitigen Tod durch eventuelle Risiken die sie eingegangen waren oder an banalen Krankheiten im fortgeschrittenen Alter. Das Eisreich war ein gefährlicher Ort und trotz guter Anpassung und unvergleichlicher körperlichen Fitness, wurden die wenigstens hier Älter als 50 Jahre.
Vielleicht wollte Ventha auch keinen 80 Jährigen muskelbepackten Opa sehen. Wer konnte schon in den Kopf einer Göttin blicken? Aber dieses Volk beschwerte sich nicht, es lebte einfach jeden Tag so als wäre es der letzte und war froh über die Zeit auf Erden die ihnen die allmächtige Ventha schenkte.
Baltos hatte mittlerweile die Hütte von Eona Sternentanz erreicht und sein Herz schlug ihn fast bis zum Hals, als er vor der Tür, des Elternhauses, der jungen Frau, aus seinen Träumen, stand.
Die Damen hatten wirklich recht, das Haus war nicht zu verkennen. Denn die Wände waren aus Eisbärenhaut, genau wie seine Rüstung und das Schwarz dieser Häute war ein deutlicher Kontrast zu dem reinen weißen Schnee der hier omnipräsent war.
Lange stand er einfach nur still vor dem Haus und betrachtete den Eingang. Irgendwann senkte er den Blick und holte den Anhänger wie das Hemd hervor. Konnte es wirklich sein das dieser Anhänger IHR gehört hatte? Der Jägersmann hielt die Kette in seiner mächtigen Hand und streichelte zärtlich mit den Daum über den angelaufenen silbernen Bärenkopf.
Er schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter und holte noch einmal tief Luft, bevor er sich bemerkbar machte.
„Eona Sternentanz! Mann nennt mich Baltos Sohn von Drago Flinklanze und Lena die Fröhliche. Ich habe etwas für Euch!“
Er verschwieg vorerst dass es sich möglicherweise um die letzten Überreste ihrer Tochter handeln konnte und hielt die Kette, sowie das Unterhemd, wie einen retten Anker in seiner Hand.