Endlich ein Bisschen Zivilisation

Es liegt weiter südlich der Stadt. Hier hausen die Fischer, sowie die Seefahrer, denn dieses Dorf besitzt einen verhältnismäßig großen Hafen.
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Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Gestalt » Montag 26. September 2011, 22:05

Erschöpft und hungrig lässt Starold Maleynn die Landschaft Grandessas hinter sich und kommt in Serna an.
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Starold Maleynn
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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Starold Maleynn » Mittwoch 5. Oktober 2011, 20:01

Starold konnte – und wollte auch gar nicht – verstehen, wie Tarra so… abwertend… über einen andunischen Apfel sprechen konnte. Er fand es schlicht und einfach frevelhaft, einen andunischen Apfel mit anderen gleichzusetzen. Doch je länger Starold über dieses Fehlurteil nachdachte, umso mehr kam er zum Entschluss, dass eben dies Tarras mysteriösen wie auch interessanten Charakter ausmachte. Lobeshymnen hätten absolut nicht zu dem Rotschopf gepasst. Also beschloss der Andunier auch, die junge Frau nicht auf ihre augenscheinlich falsche Meinung über die Äpfel anzusprechen sondern es einfach dabei zu belassen. Er wollte keinen Streit anfangen. Und bei diesem Thema wäre ein Disput unausweichlich, weil wohl keiner der beiden von seinem Standpunkt abzubringen wäre.

Nachdem sich Starold der Rothaarigen offenbart hatte, erkannte er in ihrem Gesicht, dass das ganze Spiel um seine Herkunft und seine Berufung gar nicht nötig gewesen wäre. Doch woher hätte er dies wissen sollen? Mitten im Feindesland, auf der Flucht. Als interessant empfand er allerdings, als Tarra die Situation mit den Dunkelelfen als weniger schön aber nicht aussichtslos bezeichnete. Entweder wusste Tarra sich sehr gut zu verteidigen, oder aber sie unterschätzte die Dunkelelfen ganz gewaltig. Starold selbst hatte gesehen, was die Spitzohren anrichten konnten. Er hatte gesehen wie sie Andunie im Sturm erobert hatten. Er hatte ihre Gräueltaten miterlebt.
„Sie…“ er stockte bei dem Gedanken an seine Familie, seine Freunde. „Sie sind alle tot. Jeder einzelne ist tot. Oder zumindest vermute ich das. Die einzige Alternative zu ihrem Tod ist die Versklavung durch die Dunkelelfen, Orks, Echsen und Piraten. Und ich weiß nicht, was die angenehmere Option ist.“ Tränen rannen seine Wangen hinab. Es war noch zu früh für ihn. Er war noch weit davon entfernt, das Erlebte verkraftet zu haben. Dennoch schaffte er es weiterzugehen. Er hatte so viele Stunden im Marschieren geweint, dass es mittlerweile beinahe eine normale Sache für ihn war. Fast seine ganze Flucht über war er der Verzweiflung nahe, dicke Tränen schossen ihm beinahe den ganzen Weg aus Andunie nach Süden hinab. Und doch war er immer weitergegangen. Und er würde es wieder tun. Bald war er in Sicherheit. Zumindest hoffte Starold im Königreich Jorsan sicher zu sein. „Ich konnte mit einem Freund entkommen. Er ist auf der Flucht vor Schwäche zusammengebrochen und gestorben“, erzählte der Andunier schließlich weiter. „Eigentlich wollten wir nach Rugta, aber nun möchte ich erstmal nach Serna und danach nach Jorsa, um wieder Kräfte zu sammeln. In meiner Verfassung schaffe ich es wohl nicht bis zur Zwergensiedlung“, schmunzelte er die junge Frau in einer Mischung aus Verzweiflung und Selbstironie an. Wieder brach ein Schwall Tränen aus seinen Augenhöhlen hervor und schoss die Wangen hinab. „Es tut mir Leid“, stammelte er. „Es tut so weh.“ Mit dem rechten Ärmel wischte sich der Andunier über das Gesicht. „Bitte erzähl mir mehr von dir.“

Als Tarra außerhalb Sernas stehenblieb, erkannte Starold, dass die Frau offenbar nicht vorhatte, mit in das Dorf zu kommen. Auf gewisse Art und Weise hatte Starold richtiggehend Angst davor, sich von seiner Begleiterin zu trennen. Sie war der erste soziale Kontakt in seinem neuen Leben gewesen. Erst vor wenigen Tagen hatte er alles verloren und hatte sich von allem, was ihm irgendwie vertraut war, trennen müssen. Er wollte nicht schon wieder seine einzige Bekanntschaft verlieren. „Du willst wohl nicht nach Serna, oder?“, fragte er Tarra, in der Hoffnung sie würde doch mit ihm kommen. „Wohin zieht dich dein Weg? Du könntest doch… also, wieso begleitest du mich nicht eine Zeit lang? Ich glaube wir beide wären ein gutes Gespann.“ Starold trat an ihren Karren heran und nahm sich seine beiden Laib Brot herunter, ohne großartig in den Karren zu sehen und die anderen Waren zu überprüfen. „Komm mit mir, Tarra“, sagte er noch eindringlich und marschierte ins Dorf hinein. Er wollte nicht zurücksehen. Würde sie ihm folgen, zumindest eine Zeit lang, müsste er sich nicht alleine durchkämpfen. Würde sie ihrer Wege gehen, war es einfacher ihr nicht allzulange nachzutrauern. Dennoch hoffte er inständig, seinen Weg nicht alleine beschreiten zu müssen. Und so hatte er endlich Serna erreicht und blickte sich nach jemandem um, der ihm den Weg zum Dorfältesten oder wer auch immer hier das Sagen hatte, wies.

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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Gestalt » Donnerstag 20. Oktober 2011, 23:31

Dass der Andunier plötzlich begann zu weinen, war für Tarra nicht gerade einfach. Hilflos ging sie neben ihm her und hörte sich schweigend seine Geschichte an. Das, was geschehen war, saß noch sehr weit an der Oberfläche und es würde noch lange Zeit in Anspruch nehmen, bis es verheilt war. Tarra hingegen war eine Frau vom Typ "Harter Kern-weiche Schale". Sie sah äußerlich zart und zerbrechlich aus, hatte jedoch eine wahre Löwin in sich. Das Mädchen empfand Trauer und Sentimentalität als Schwäche und so berührte sie Starold's Ausbruch nicht sonderlich. Geduldig jedoch, wartete sie seinen Ausbruch ab und blieb dann vor den Toren Serna's stehen. Sie streichelte dem Pferd die Nüstern, bevor sie dann, während Starold's Bitte, aufblickte. Eigentlich wollte sie nicht nach Serna, ihr Weg führte sie noch weiter gen Süden. Auf der anderen Seite, hatte auch sie schon lange nicht mehr richtig gut geschlafe und in Serna würde sie noch schnell bei einem Bekannten vorbeischauen können, der ihr noch etwas schuldig war.

Es war der Rothaarigen anzusehen, dass sie genau darüber nachdachte, ob sie Starold begleiten würde. Dann, nach etlichen Sekunden in denen der Wind eisig um die Beiden pfiff, öffnete sie den Mund, um zu antworten: "Nun, zu aller erst, solltest du wissen, dass ich nichts für sentmentales Geheule übrig habe. Man, sei ein Mann und trag es mit Fassung - du bist immerhin nicht der Einzige, der schlimme Dinge erlebt, oder?! Wenn nun alle soviel heulen würden, wie du, dann bräuchten wir keine Karren, sondern Schiffe."

Das war sicher nicht die Art von Antwort, auf die Starold gehofft hatte. Tarra hatte ein schnelles und vor allem ziemlich hartes Mundwerk. Dennoch erschien die Ansicht, be näherer Betrachtung, auch einen wahren Kern zu haben, oder? Wie viele waren durch die Tyrannei der Dunklen betroffen? Wie vielen erging es genau so wie Starold? Das Leid gehörte zum Leben dazu und es war doch ein wenig tröstlich, dass diese Tragödien immer dazu beitrugen, enen stärker und reifer zu machen. Natürlich zerbrachen auch einige an ihrem Leid, doch die Meisten gingen gestärkt daraus hervor. Für welchen Weg, würde sich der Andunier entscheiden? Dennoch war es nur verständlich, dass er sich der Trauer hingab, denn auch sie gehörte zum Leben dazu und musste durchschritten werden, um weiter zu kommen und kommen zu können. Das Letzte, was man in so einer Situation hören wollte, waren Vorträge über die Wenerlichkeit, die einen befiel. Das war auch verständlich und auch Tarra musste lernen, dass es immer das Mittelmaß sein sollte, niemals ein Extrem.

Nichtsdestotrotz folgte sie dem Andunier, als der sich, nach seiner Bitte, nach Serna begab. Zum Teil folgte sie ihm, weil sie ebenfalls schon sehr viel länger als Starold alleine unterwegs war und zum anderen Teil, weil ihr aufgefallen war, dass das Pferd lahmte. Es brauchte entweder einen neuen Beschlag, oder aber es musste ausgetauscht werden.
Es dauerte nicht lange, da holte die Rothaarige den Andunier wieder ein und ging neben ihm her. Die Gassen von Serna waren schmal und doch so geräumig, dass man sehr bequem nebeneinander hergehen konnte. Durch den Wintermatsch verdrecktes Kopfsteinpflaster, machte das Gehen schwerer, da die Fugen zwischen den Steinen mit Eis und Matsch gefüllt waren und die Steine schmierig machten. Links und rechts taten sich graue Gebäude auf, die allesamt als Wohnstatt dienten. Erst nach einigen Minuten des Weges, in denen sie an zahlreichen Abzweigungen angelangt waren, erreichten sie einen großen Platz - den Marktplatz. Unverkennbar und fast wie in jeder Stadt, bildete er die größe Fläche in der Mitte der Stadt und war dazu da, um dem Handel nachzugehen. Hier jedoch, erschien der Marktplatz in bunten Farben, die ihnen von Wimpeln und Fahnen entgegen strahlten. Rot, grün, blau und gelb, hingen sie von einem Fenster zum anderen und zierten so die Umrisse des Platzes. Tarra hielt den Karren an und schaute sich um. Sie entdeckte in einer Ecke des Marktplatzes, eine Gruppe von Männern und deutete auf diese. "Komm, wir fragen mal, was hier los ist" und war schon auf dem Weg.

Die Gruppe Männer unterhielt sich angeregt und scherzte hin und wieder. Als die beiden Fremden auf sie zukamen, unterbrachen sie ihr Gespräch und blickten ihnen entgegen. "Entschuldigt, dass wir stören, doch ich brauche einen Schmied für mein Pferd und da sind wir auf der Suche auf die Fahnen gestoßen, was ist denn der Anlass?" Einer der Männer schälte sich aus der Gruppe und beäugte Starold und Tarra. Besonders auf Tarra blieb sein BLick lange liegen, die Bedeutung dahinter, blieb jedoch unklar. "Wir begehen das Fest des Endes des Fischfanges. Die Fischgründe sind nun abgefischt und wir widmen uns anderen Nahrungsquellen. Das wird hier gefeiert und wir danken den Göttern für ihre Großzügigkeit, dass sie uns reich gesegnet haben." So ganz wollte keine freundliche Stimmung aufkommen, lag das nun an dem Mann selbst, oder an Tarra's Erscheinung? Immerhin hatten sich auch die anderen Männer um den Sprecher versammelt und die Arme abwehrend vor der Brust verschränkt. Tarra hingegen lächelte unentwegt und ließ nicht erkennen, ob sie bemerkt hatte, wie ablehnend die Haltung war. "Na dann? Schönes Fest!" Der Mann wandte sich an Starold. "Der Schmied ist um die Ecke und dann die dritte Gasse von Links. Unüberhörbar. Und - schaut ruhig am Abend hier vorbei, dann wird ein großes Feuer entzündet und einiges von der Ernte gemeinsam zubereitet und serviert." Auch wenn er beide ansprach, sah er nur Starold an. Seltsames Verhalten und irgendwie untypisch für Jorsaner, oder? Hatten die Jorsaner inzwischen einen siebten Sinn zum Erkennen von Grandessanern entwickelt? Seltsam war das...
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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Starold Maleynn » Donnerstag 27. Oktober 2011, 14:05

Starold antwortete nicht auf Tarras Anschuldigung, er wäre eine Heulsuse. Er hätte nicht gewusst was er darauf hätte entgegnen können. Es war nur wenige Tage her, da hatte er alles verloren. Wie könnte er jetzt schon so weit sein und alles verkraftet haben? Tarra hatte das Unheil nicht gesehen, das sich in Andunie abgespielt hatte. Sie hatte nicht die verwüsteten Häuser und leblosen Körper auf den Straßen gesehen. Es war Starolds gutes Recht, aufgebracht und verzweifelt zu sein. Und dennoch… Ihre Ansprache hatte etwas in ihm bewirkt. Eine Art Trotzgefühl. Nicht nur gegenüber Tarra, auch gegenüber seiner Notlage, den Dunkelelfen und Orks. Er würde es ihnen allen zeigen. Er würde wieder auf die Beine kommen. Das schwor er sich in diesem Moment.

Es war ein befreiendes Gefühl für Starold, das Kopfsteinpflaster unter seinen Stiefeln zu spüren. Die grauen Gebäude zu seiner Linken und Rechten, die wohl jeder andere als trostlos empfunden hätte, wirkten erheiternd auf den jungen Andunier. Seine Beine wurden mit jedem Schritt den er tätigte schwerer und mehr denn je sehnte sich Starold nach einem warmen Bett. Zum einen rührte das wohl in der Tatsache, dass Eis und Matsch das Gehen erschwerten, zum anderen wohl daran, dass nun endlich große Last von seinen Schultern abgefallen war. Nun, da er in Sicherheit war. Als er wieder Tarra neben sich erblickte, deutete er ihr ein Schmunzeln an. Er freute sich ehrlich über die Gesellschaft der jungen Frau. Nach einigen Minuten erreichten die beiden schließlich den Marktplatz des Dorfes, der im Kontrast zu den anderen Bauten des Dorfes stand. Bunte Wimpeln und Fahnen strahlten dem Andunier entgegen. Tarra hielt ihren Wagen an und fragte an einer Ecke des in rot, grün, blau und gelb gehaltenen Platzes eine Gruppe Männer, was der Anlass für das Tamtam sei.

Einer der Männer entgegnete, das Ende des Fischfangs würde gefeiert werden und sie wollten den Göttern für ihre Großzügigkeit danken. Es verwunderte Starold, dass der Mann so abweisend gegenüber Tarra war. Vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet, aber es schien ihm als stimmte hier etwas nicht. Auch dass sich der Mann an Starold wandte und IHM erklärte, wo sich der nächste Schmied befand, obwohl doch Tarra diejenige war, die einen benötigte, fand er befremdlich. Entweder waren die Jorsaner durch den Vormarsch der dunklen Horde misstrauischer geworden und waren grundsätzlich beunruhigt, oder aber sie hatten erkannt, dass es sich bei Tarra um eine Grandessanerin handelte. Viel wusste Starold nicht über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Völker. Womöglich konnten sie einander an Sprache oder Kleidung erkennen.

„Verzeiht“, sprach Starold den Mann noch einmal an. „Gibt es in Serna einen Bürgermeister oder einen Dorfältesten? Eine Person von Rang oder Adel, an die ich mich in Notfall wenden kann?“ Starolds Plan war es, eine eben solche Person aufzusuchen und von seinen Erlebnissen zu berichten. Starold würde wohl Hilfe brauchen bei seinem Vorhaben, die andunischen Äpfel zu retten. Und er brauchte eine Unterkunft. Würde Starold von seinem Gesprächspartner nun einen Namen und eine Wegbeschreibung erhalten, würde er Tarras Bedarf nach einem Schmied nutzen, um alleine mit dem Würdenträger zu sprechen. Womöglich war man ihm besser gesinnt, wenn keine Grandessanerin an seiner Seite war. Nachdem dann Tarra beim Schmied und Starold beim Bürgermeister oder wem auch immer war, könnten sich die beiden wieder treffen und den Abend am Fest ausklingen lassen. Sollte der Gesprächspartner keine Angabe machen können, würde er schlicht und einfach Tarra zum Schmied begleiten und dort einen neuen Anlauf versuchen.

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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Erzähler » Sonntag 6. November 2011, 23:37

Tarra wartete geduldig, bis Starold seine Frage gestellt hatte. Offenbar scherte sie sich nicht, um die Ablehnung des Mannes. Dieser hingegen schien für eine kleine Weile zu Überlegen, an wen sich Starold denn wenden könne, denn Serna war zwar reich an Fischern, aber doch nur ein Grenzdorf im Königreich Jorsan. "Am Besten gehst du zum Abgesandten, der hier die gröbsten Belange bearbeitet. Einen Bürgermeister haben wir nicht, aber falls du geistlichen Beistand suchst, musst du zur Kirche, die ist die Straße da rauf und dann rechts. Nicht zu verfehlen. Der Abgesandte der Hauptstadt sitzt in dem größeren Gebäude dort drüben, wenn du hier links die Straße runter gehst. Aber erhoffe dir nicht allzuviel Beistand. Der sitzt nämlich auf seinen Ohren und fühlt sich meistens nicht zuständig, dieser Knilch!" Das die Männer nun schon beim "Du" waren, war hier offenbar ganz normal. Serna erschien einem Fremden doch recht familiär und klein gehalten. Vielleicht war das auch gut so, denn so war es durchaus möglich, dass man sie ohne große finanzielle Lasten bewirten und beherbergen würde.

Nachdem der Mann Auskunft gegeben hatte, tippte er sich an die imaginäre Hutkrempe und wandte sich dann ab, um mit seinen Leuten weiter den Platz herzurichten. Inzwischen hatten sich auch einige Frauen eingefunden, die Körbeweise Obst und Gemüse herbeischafften, damit dies zum Fest am Abend, dann auch rechtzeitig zubereitet war. In kleineren Grüppchen, hatten sie sich auf abgewetzte, hölzerne Bänke gesetzt und vor sich eine große, runde Wanne aufgestellt, die sie nun langsam mit etwaigen Früchte- oder Gemüseschalen füllten. Ein reges Schwatzen drang nun allmählich zu ihnen durch und je länger sie dort standen, desto mehr füllte sich der Platz mit helfenden Händen.
Tarra nickte Starold zu und wies auf den Weg, der zum Abgesandten führen soll. "Geh' du zu diesem Abgesandten, ich werde dann zum Schmied gehen. Später treffen wir uns sicher hier, auf dem Platz irgendwo. Also dann" und schon war sie an ihm vorbeigezogen und in der Gasse zum Schmied verschwunden. Offenbar hatte Tarra nicht sehr viel übrig dafür, sich gewissenhaft zu verabreden. Ihre Aussage, sich irgendwann irgendwo auf dem Platz zu treffen, war doch sehr vage und ließ so einigen Spielraum zu. Aber wer wusste schon, was sich noch ergeben würde?

Nachdem der junge Andunier den Weg zum Abgesandten des Königs gefunden hatte, befand er sich nicht weit vom Marktplatz entfernt und konnte das lauter werdende Treiben gedämpft wahrnehmen. Er befand sich vor einem einfachen Haus, das nur geringfügig größer war, als die Umstehenden. Das einzige, was dieses Haus als Besonders kennzeichnete, war die weiß-gestrichene Fassade und das gemalte Wappen des Königs darauf. Ein weiteres wichtiges Merkmal, war natürlich die Wache, in tradtioneller, jorsanischer Rüstung, vor der Tür. Etwas deplaziert, wirkte der Mann jedoch in der friedlich wirkenden Gasse, die direkt am Strand endete. Abwartend, blickte der müde aussehende Gardist, den Ankömmling an und befragte ihn, nach seinem Anliegen, ehe er die Tür neben sich öffnete, und dem jungen Andunier Einlass gewährte.
Drinnen herrschte eine seltsame Athmosphäre. Es war totenstill und als die Tür ins Schloss fiel, drang auch kein fröhliches Murmeln vom Platz mehr herüber. Es war einfach nur.. still. Niemand kam, um Starold zu empfangen oder wenigstens sich seiner anzunehmen und zu dem VErantwortlichen zu führen. Irgendwo weiter hinten im Haus, welches ungewöhnlich karg eingerichtet und klein war, für eine höher gestellte Person, konnte man vernehmliches Geplätscher hören. Ein Zimmerbrunnen? Da offensichtlich niemand kommen würde, um den Gast zu empfangen, war es sicherlich ratsam, dem Geräusch erstmal zu folgen. Vielleicht würde Starold ja auf jemanden treffen, wenn er sich erstmal bemerkbar machte? Immerhin hatte die Wache vor der Tür lediglich die Tür geöffnet, aber sein Kommen in keiner Weise angekündigt.. Dennoch, bei all den logischen Überlegungen, konnte man etwas nicht ausser Acht lassen: Es lag eine unheimliche, bedrohliche Stille in diesen Räumen und erzeugte eine Gänsehaut.
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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Starold Maleynn » Montag 7. November 2011, 12:09

Aufmerksam folgte Starold den Ausführungen des Mannes. Eine Kirche und ein Abgesandter also. Wobei der Abgesandte den Ruf hatte, sein Amt nachlässig auszuüben. Aber immerhin ein offizieller Vertreter, an den sich der junge Andunier wenden konnte. Und sollte dieses Unterfangen scheitern, hätte er immer noch die Möglichkeit, die Kirche aufzusuchen und auf die Barmherzigkeit der Priester zu hoffen. Es begann wieder bergauf zu gehen für den Patriziersohn.

Die Frauen mit den Obst- und Gemüsekörben nahm Starold nur im Hintergrund wahr. Er ging bereits die nächsten Schritte im Kopf durch und nahm so kaum Notiz von den weiteren Vorbereitungen für das Fest. Zweifelsohne würde er daran teilnehmen, aber der ganze Aufbau interessierte ihn nun wirklich nicht. Zumindest nicht im Moment, denn er hatte wichtige Aufgaben vor sich. Tarra bekundete Starold ihr Vorhaben und marschierte los und auch der Andunier setzte sich in Bewegung. Er ging in die Richtung, in welcher der Abgesandte seinen Sitz hatte – oder besser: haben sollte. Wann und wo genau er Tarra wieder treffen würde, wusste Starold nicht. Aber sie hatte Recht. Was hätte es gebracht sich auf eine genaue Uhrzeit festzulegen, wo doch keiner von beiden wusste, wie lange sie für ihre Vorhaben brauchen würden. Und sonderlich riesig war dieser Marktplatz nun auch nicht. Würde man hier nach einer Person suchen, würde man diese auch mit großer Sicherheit finden.

Es dauerte nicht lange, bis Starold an einem einfachen Haus angelangt war, vor dem eine Wache in typisch jorsanischer Rüstung stand. Starold sah sich um, konnte allerdings keinen Hinweis darauf finden, dass sich der Abgesandte des Königs an einem anderen Ort aufhielt. Dennoch erschien ihm die Unterkunft als wenig angebracht. Das einfache Haus war nur wenig – wenn überhaupt – größer als die anderen Häuser der Straße. Nun gut, die Fassade war weiß gestrichen und das Wappen des Königs prangte darauf, und natürlich die Wache vor der Tür. In Andunie beispielsweise waren Abgesandtenhäuser deutlich prunkvoller. Andunie. Starold keuchte. Der Andunier trat näher an das Haus heran und schon fragte ihn der Wachmann nach seinem Anliegen. Ohne viel Tamtam öffnete der Gardist die Tür und Starold trat ein. Eine seltsame Aura schien den Raum zu durchfluten. Starolds Nackenhärchen stellten sich auf. Schließlich fiel die Tür ins Schloss und es herrschte Totenstille. Der Andunier blickte sich um. Keine Menschenseele war zu sehen – oder zu hören. Das spärliche Licht und die karge Einrichtung hätten eher darauf schließen lassen, dass das Haus verlassen war und seinen Glanz verloren hatte. Starold wartete darauf, von einem Dienstboten oder Adjutanten oder wenigstens einer Putzkraft, dem Koch oder irgendeiner Menschenseele empfangen zu werden. Doch niemand kam. Und niemand wusste über sein Anliegen bescheid; abgesehen vom Wachmann vor der Tür. Niemand hatte sein Kommen angekündigt. Starold räusperte sich laut hörbar. Möglicherweise würde ja doch jemand auf ihn aufmerksam. Der Andunier wartete weiter. Mittlerweile war ihm aufgefallen, dass eine Art Geplätscher aus dem hinteren Teil des Hauses zu hören war. Möglicherweise war ja doch jemand hier. Starold räusperte sich erneut und wartete einen Augenblick auf eine Antwort.

Da noch immer niemand auf ihn aufmerksam geworden war, fasste der Andunier den Entschluss, die Quelle des Geplätschers aufzusuchen. Langsam marschierte Starold los und blickte sich immer wieder zu allen Seiten um. Die bedrohliche Stille, die diesen Räumen innewohnte, ließ ihn schaudern. „Ist hier jemand?“ rief er und blieb abrupt stehen. Es fühlte sich falsch an. Starold bekam sogar so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Sein Rufen passte nicht in diese Gemäuer. Er hatte die Stille gestört. Und doch war es notwendig gewesen. Starold lauschte angestrengt nach Geräuschen. „Hallo?“ rief er erneut. Langsam, bedächtig, machte der Andunier einen weiteren Schritt in die Richtung, aus der das Plätschern zu hören war.

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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Erzähler » Sonntag 20. November 2011, 22:37

Nach wie vor verbreitete sich eine unangenehme Atmosphäre. Es war gespenstisch und.. war es etwa kühler als eben noch? Wie ein unheilvoller Bote, plätscherte das Wasser in der ohrenbetäubenden Stille. Hier war etwas höchst ungewöhnlich und auch wenn Starold nicht den Finger darauf legen konnte, was es war, so verbreitete sich das Unbehagen wie ein Virus.
Während seine Schritte ungewöhnlich laut wiederhallten (zumindest musste er das Gefühl haben, als sei es so) kam er dem Plätschern näher. Der Weg führte ihn durch einen kleinen Durchgang, der weder durch eine Tür, noch durch einen Vorhang verborgen war. Nach hindurchschreiten, konnte der Andunier im Zwielicht eine karge, doch verspielte Einrichtung erkennen. Auf dem Boden lagen fremdländische Kissen, die als Sitzmöglichkeit dienten und die Wände waren mit ein paar Stoffen verhängt. Die vorherrschenden Farben waren Rot und Orange; das ganze passte eher in die Wüste, denn in diese Region. Vor den Sitzkissen, standen kleine Teetischchen, die jedoch nicht weiter bestückt waren. Offenbar hatte der königliche Gesandte ein Faible für die Wüstenregion und fand Geschmack hat deren Einrichtungen und Stoffe. Doch es war sicherlich nicht die richtige Zeit, um sich in Einrichtungsfragen zu versuchen. Ob es nun Starold’s Geschmack traf, oder nicht, ließ sich in kurzen Gedanken erörtern, doch nach wie vor herrschte diese beklemmende Stille. Niemand hatte sein Ankommen bemerkt. Keiner hatte auf sein Rufen reagiert. Wo waren sie alle? Wie, um den unvermeidlichen Gedanken hinauszuzögern, kam eine simple Lösung zur Hilfe:
Das Fest! Vermutlich war auch der königliche Gesandte damit beschäftigt, sich darum zu kümmern, oder zumindest eine allgemeine Aufsicht zu pflegen. Doch warum hatte die Wache an der Tür nichts gesagt? Er hätte ja wissen müssen, dass sein Herr nicht zu Hause weilte. Fragen über Fragen mussten sich über Starold ergießen und doch trieb das unaufhörliche Plätschern weiter voran.
Wenn der junge Waise lauschte, würde er feststellen, dass er sich nach rechts wenden musste, um den Ort des Geräusches zu finden. Auch hier gab es wieder nur einen Durchgang, aber keine Tür. Dieser hingegen war verhängt von einem samtenen, schweren Stoff, den Starold zuerst beiseite ziehen musste. Doch wollte er das? Hatte ihn das Unbehagen noch nicht soweit gefangen, dass er sich traute, den Vorhang beiseite zu schieben und das zu sehen, wessen er sich nicht sicher war?
Ganz gleich wie sich der Andunier entscheiden würde, es würde ihm doch nichts anderes übrigbleiben, als diesen Weg zu wählen. Jedenfalls nicht, wenn er hier sein Anliegen anbringen wollte.
Nachdem Starold den Vorhang wegzogen hatte, würde ihn eine Dunkelheit empfangen, die es in den anderen Räumen (abgesehen vom Zwielicht) nicht gegeben hatte. Es war schwer etwas zu erkennen und doch war ganz klar zu vernehmen, dass hier der Ursprung des Plätscherns weilte. In der Mitte des Raumes – ebenso ausgestattet wie der erste – befand sich ein.. einfacher Zimmerbrunnen. Vermutlich würde Starold so etwas wie Erleichterung verspüren, egal was er sich, ob des Unbehagens ausgemalt hatte. Doch wenn der Andunier näher an den Brunnen herantreten würde, so würde ihm etwas Seltsames auffallen: Durch die kleinen Fenster in der Wand ihm gegenüber, drang, wenn auch nur sehr spärlich, da sie mit Vorhängen verhängt worden waren, Licht, dass sich jedoch nicht im Brunnenwasser spiegelte. Das Wasser war schwarz und dickflüssiger. Es war ein Wunder des menschlichen Körpers, dass er sich zu schützen wusste, vor unangenehmen Dingen. Doch auch wenn der Verstand immer nur ein Bisschen der grausamen Wahrheit offenbarte, so würde sie nicht besser werden dadurch. Es war und blieb eine grausame Wahrheit. Und diese hier war unerbittlich und schwerwiegender, als sich Starold in diesen Momenten gewahr werden konnte:

Beim Näherbetrachten des vermeintlichen Wassers, würde Starold – fürs erste nicht glaubend – erkennen, dass es sich nicht um Wasser handelte – es war Blut. So schockierend diese Entdeckung aus sein mochte, damit war der junge Andunier nicht entlassen: Erst jetzt, nachdem der Schock ihn gepackt hatte, erkannte der den fatalen Fehler in diesem Raum: Vor ihm, auf den einst so gemütlichen Sitzkissen, lagen Menschen.. Leichen.. Abgeschlachtet, mit starren Augen und aufgerissenen Mündern. Der Haushalt des königlichen Abgesandten. Tot.
Aus einer Ecke des Raumes, konnte Starold ein leises Röcheln vernehmen. Alles kam peu à peu und mit grausamer Langsamkeit. Wandte sich der wahrlich gebeutelte Andunier dem Geräusch zu, würde er auf einem weiteren Kissen, etwas abseits der fünf anderen Leichen, einen Mann erkennen von schmächtiger Statur. Woher auch immer, aber sicherlich wurde sich Starold gewahr, dass dies der Abgesandte sein musste: Und er lebte!
Doch etwas anderes ergriff neuerlich sofort die Aufmerksamkeit des Anwesenden: Über dem Abgesandten, kniete eine schwarze Gestalt und es sah nicht so aus, als ob dieser helfen würde. Als er Starold gewahr wurde, ruckte sein Kopf herum und er kam so schnell auf die Beine, dass Starold gar nicht wusste, wie ihm geschah. So klischee-belastet es auch klingen mochte, der Mann – es musste einfach ein Mann sein, oder?! – war komplett in schwarz gehüllt und nur seine Augen vermochte man zu erkennen. Dunkel starrten sie, ohne irgendeine menschliche Regung, in die von Starold. In der Hand hielt der Angreifer ein Messer, das hin und wieder blutig aufblitzte. Ganz offensichtlich, war der Vermummte ein Assassine – ein Mensch der für Geld einen Mord beging. Doch bevor auch nur ein weiterer Gedanke gefasst werden konnte, wirbelte der Todbringende in gekonnter Geschicklichkeit durch den Raum, auf den Andunier zu und stieß ihn zur Seite. Es war ein gekonnter Stoß, ein erprobter Stoß. Er traf, wie er treffen sollte. Starold musste die Luft wegbleiben, denn die Faust des Angreifers traf ihn auf der Brust, in der Magengegend.

So gespenstisch dieses Schauspiel war, so surreal und merkwürdig, so schnell war es wieder vorbei. Zurück blieb nur Starold… alleine mit 6 Leichen.. benommen von einem Angriff, wobei er lediglich das Wort an den Abgesandten richten wollte. Moment – es waren keine sechs Leichen, es waren fünf! Der Abgesandte hatte noch geatmet! Er hatte ihn röcheln hören, oder? Doch bevor es nur noch einen weiteren Gedanken bedurfte, raffte, so schien es, der Abgesandte seine letzte Kraft zusammen und brachte ein, unglücklicherweise lautes, "MÖRDER“ zustande, ehe er in das andere Reich hinüber glitt. Das war der Moment, wo alles über Starold zusammenbrach… erneut.
Das Haus wurde mit einmal von unsäglichem Krach erfüllt, als die Wache, mit Verstärkung, durch die Haustür brach. Es war unmöglich, dass er den Abgesandten gehört haben konnte, doch offenbar war einige Zeit vergangen, seit Starold durch die unglückbringende Haustür getreten war. Nun fand man ihn wie folgt vor: Keuchend, vom Schlag des wahren Angreifers, in mitten eines Massakers (obwohl das nicht stimmte, sie waren ‚sauber‘ getötet worden, doch das war dem Andunier sicher im Moment egal) und einem blutförderndem Brunnen. Es war klar, wie das aussah. Geschockt, starrte die Garde des Abgesandten auf den Andunier, der lediglich eine Idee vorbringen wollte. Nicht lange und die Gardisten begriffen – wie sie glaubten – was passiert war… Und egal was sie sich ausmalten, eines war sicher: Starold war dafür verantwortlich, denn der Maskierte war weit und breit nicht zu sehen.
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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Starold Maleynn » Montag 21. November 2011, 19:12

Starold bekam es mit der Angst zu tun. Irgendetwas stimmte hier absolut nicht. Wieso war weit und breit niemand zu hören oder zu sehen. Einzig das Plätschern zerriss die unheimliche Stille, die im Inneren des Hauses herrschte. Schritt für Schritt kämpfte sich der junge Andunier den Gang entlang. Kämpfte gegen die Angst, die sich immer mehr in ihm ausbreitete, an. Jeder einzelne Schritt von ihm wirkte deplatziert in der unheilvollen Stille des Gebäudes. Außergewöhnlich laut hallte jedes Aufsetzen seiner Stiefel wieder. Und auch das Plätschern wurde immer lauter. Starold näherte sich zweifelsohne der Quelle des Geräusches. Sich ständig nach allen Seiten umblickend erreichte der Andunier endlich einen schmalen Durchgang. Weder Tür noch Vorhang verbargen, was hinter dem Durchgang lag, und dennoch vermochte Starold kaum in den nächsten Raum hineinzusehen. Erst als der Waise hindurchgetreten war, erkannte er Einzelheiten im düsteren Licht. Große Polster in warmen Farben lagen am Boden. Starold hatte bereits von dieser Modeerscheinung gehört. Mitunter pflegten Würdenträger auf diesen großen Pölstern zu sitzen. Selbst gesehen hatte der Andunier diese Sitzmöglichkeiten aber bisher noch nicht. In Andunie pflegte man eben, wie es sich geziemte, auf Stühlen zu sitzen.

Der Raum passte so gar nicht zu allem, was Starold in diesem Gebäude bisher gesehen hatte. Waren alle anderen Räume, die er bisher durchschritten hatte, kahl und spartanisch eingerichtet gewesen, bot dieser Raum hier dem Betrachter doch ein gewisses Maß an Luxus. Zwar handelte es sich um exotischen, fremdländischen Luxus, aber eben doch um Luxus. Geschmäcker waren eben verschieden. Starold sah sich weiter um und entdeckte leere, kleine Teetischchen vor den Sitzkissen. Zumindest war sich Starold nun gewiss, dass das Gebäude zumindest hin und wieder bevölkert war. Plötzlich schien dem Andunier ein Licht aufzugehen. Das Fest! Deshalb war momentan niemand anwesend. Der königliche Gesandte und sein Gefolge waren bestimmt mit Vorbereitungen für das große Fest beschäftigt und deshalb nicht im Haus. Allerdings… die Wache an der Tür hätte das wissen müssen. Warum hatte ihm der Soldat nicht gesagt, dass niemand im Haus war? Nun gut, möglicherweise hatte der Wachmann selbst darauf vergessen. Oder wusste aus irgendeinem Grund nicht, dass sich niemand im Gebäude befand. So war also die unheimliche Stille zu erklären. Es musste einfach so sein, wie es sich Starold in diesem Moment ausgemalt hatte. Die Stille… das Geplätscher. Eben wollte Starold kehrtmachen und zurück zum Soldaten gehen, als ihn die Neugierde übermannte. Das Geräusch kam von rechts. Starold drehte sich in die Richtung, aus der er das Plätschern vernahm und erkannte einen weiteren Durchgang. Dieser war im Gegensatz zum vorherigen Durchgang durch einen samtenen Stoff verhangen. Der junge Andunier trat vor den Stoff und überlegte, ob es denn in Ordnung war, in der Abwesenheit aller hier weiter herumzuschnüffeln. Aber die Neugierde war einfach zu groß und so schob Starold den schweren Vorhang zur Seite. Er lugte in den Raum, konnte allerdings nichts erkennen. Hier war es noch bedeutend dunkler als in den Räumen zuvor. Das Plätschern jedenfalls hatte er eindeutig gefunden. In der Mitte des Raumes konnte Starold die Schemen eines Zimmerbrunnens ausmachen. Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, tastete sich der Andunier zum Brunnen vor. Ihm gegenüber befanden sich drei, mit Vorhängen verdeckte Fenster, durch die etwas Licht drang. Das Brunnenwasser wirkte schwarz und brack, ja geradezu dickflüssig. Es schauderte Starold bei dem Anblick. Erneut baute sich Unbehagen in ihm auf. Hätte er womöglich doch nicht hierher kommen sollen? Hier stimmte doch irgendetwas nicht! Starold sah sich um und die Erkenntnis traf ihn wie der Blitz. Körper. Menschliche Körper. Mit starren Augen und weit aufgerissenen Mündern lag die Belegschaft des Abgesandten tot auf den Sitzkissen. Und noch etwas unterschied diesen Raum von den vorherigen: hier war nicht nur der Brunnen zu hören, sondern auch ein leises, gequälte Röcheln. Der Andunier, der mit der Fassung kämpfte, wandte sich dem Geräusch zu. Etwas abseits von den anderen Leichen, konnte Starold einen schmächtigen Mann erkennen. Es musste einfach der Abgesandte sein. Und er lebte noch! Plötzlich bemerkte Starold, dass der Abgesandte und er selbst nicht die beiden einzigen lebenden Wesen im Raum waren. Über dem Gesandten kniete eine schwarze Gestalt, die ruckartig ihren Kopf zum Andunier umwandte. Noch ehe Starold begriff wie ihm geschah, war der Fremde bereits auf den Beinen und stürmte mit einem blutigen Messer in der Hand durch den Raum auf Starold zu. Mit einem gekonnten Stoß in die Magengegend huschte der Mann – es musste einfach ein Mann sein – an Starold vorbei. Der Andunier wollte schreien und so den Wachsoldaten alarmieren, aber der harte Schlag des Angreifers hatte ihm die Luft geraubt. Zurück blieben nur Starold Maleynn und sechs Leichen. Der Andunier konnte noch gar nicht begreifen, was ihm eben wiederfahren war. Er versuchte das Bild des Assassinen in sein Gedächtnis zu rufen. Die dunklen, kühlen Augen. Die stürmischen, athletischen Bewegungen. Der harte, gezielte Schlag. Die schwarze Kleidung. Das blutige Messer.

Aus welchem Grund auch immer, schoss Starold sofort ein Gedanke durch den Kopf. Warum lebte er eigentlich noch? Hier war jemand am Werk gewesen, der wusste, wie man sein Handwerk erledigte. Warum hatte er Starold nicht ebenso getötet wie die anderen im Raum? Ein lautes „Mörder“ riss Starold aus seinen Gedanken. Der Abgesandte! Er hatte noch geröchelt! Mit einem Mal erfüllte unsäglicher Krawall das Gebäude. Es musste die Wache gewesen sein, die entweder den Ruf des Abgesandten gehört hatte, oder aber ein ungutes Gefühl gehabt hatte.

Starold keuchte noch immer durch den harten Schlag des Angreifers, als der Wachsoldat und einige Mann Verstärkung in den Raum stürzten. Sofort war dem Andunier klar, was die Männer denken mussten. Er hätte dasselbe gedacht. Aber Fakt war nun mal, dass er unschuldig war und es galt, den wahren Mörder so schnell wie möglich zu finden. Rings um Starold lagen sechs Leichen, eine davon der Gesandte des Königs. Und nur Starold selbst befand sich im Raum. Die Sache war mehr als eindeutig.

Seine Verzweiflung und die Aussichtslosigkeit der Angelegenheit ließ ihn das Unmögliche versuchen. Starold hob die Arme über den Kopf um zu signalisieren, dass er unbewaffnet war. „Hört mich an“, keuchte er. Starolds Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Wäre der Mörder durch die Haustür verschwunden, durch die der Andunier das Gebäude betreten hatte, hätte der Soldat ihn gesehen. Also musste der Angreifer entweder durch eine andere Tür oder durch ein Fenster verschwunden sein. Bestimmt waren alle Türen durch Wachleute gesichert, also hätte der Mörder es wohl durch ein Fenster versucht. Dann würde es irgendwo im Haus ein offenes Fenster geben. Und das bei Eiseskälte! So konnte Starold möglicherweise die Soldaten von seiner Unschuld überzeugen. Oder… ein weiterer Gedanke schoss dem Andunier durch den Kopf. Was, wenn der wahre Mörder noch im Gebäude war und sich versteckt hielt, bis sich die Lage beruhigt hatte? „Durchsucht das Haus, schnell!“, wies der Andunier die Soldaten an. „Ich weiß, wonach es aussieht. Ich werde mich nicht widersetzen, aber ich bin unschuldig! Aber bitte, verliert keine Zeit und durchsucht das Haus. Sind alle Türen durch Wachleute gesichert? Vielleicht konnte der Mörder über ein Fenster entkommen. Irgendwo im Gebäude muss demnach ein offenes Fenster sein.“ Starold senkte den Kopf und bemerkte seine vom Matsch feuchten Stiefel. Es hatte geschneit! „Achtet auf Fußspuren“, fügte er hinzu. „Der Mörder war vermummt und hatte ein Messer bei sich. Schwarze Kleidung und dunkle Augen!“ Starold sah die etwas verdutzt wirkenden Soldaten an. „Rasch!“

Langsam schritt Starold auf die Soldaten zu. Sie würden ihn ohnehin festnehmen. Jetzt galt es einzig, die Männer zu schnellem Handeln zu motivieren. Würden sie nicht unverzüglich seinen Hinweisen folgen, wäre er wohl verloren. Vorsichtig griff er mit seiner Linken zum Riemen seiner Tragetasche, hob diese über den Kopf und warf sie seitlich auf den Boden. „Ich leiste keinen Widerstand“, wiederholte er mit ruhiger Stimme und kniete sich nieder, die Arme weit erhoben. „Bitte untersucht das Gebäude.“

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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Erzähler » Dienstag 22. November 2011, 10:13

Sicherlich war Starold's Haltung die einzig richtige und es war erstaunlich, dass der Andunier sich angesichts dieser Lage so souverän und mit klaren Gedanken verhalten konnte. Dennoch nütze es nichts, denn ganz wie es der Händler befürchtet hatte, wurde er, grob an den Armen gefasst, die er den Gardisten entgegen streckte und festgenommen. Schmerzhaft band man ihm seine Hände auf den Rücken und hielt seinen Kopf gesenkt, sodass es ihm (auch wenn er das nicht vorhatte) unmöglich war zu fliehen.
Einer der Gardisten, den Starold als Wachmann vor der Tür wiedererkennen konnte, musterte den Eindringling argwöhnisch und was viel schlimmer war: Mit Abscheu. Während er seinen Männer ein kurzes Nicken als Befehl gab, die Angaben des Mannes zu überprüfen, blieb er mit zwei weiteren Männern (die Starold festhielten) zurück und nahm sich die unerträgliche Zeit, das Massaker zu betrachten. Auch wenn er gefasst wirkte, so verriet sein Gesicht blankes Entsetzen. Er beendete seinen "Rundgang" beim Abgesandten und kniete dort nieder, wohl darauf bedacht, nicht in die Blutpfütze zu treten. Er neigte sein Haupt, hielt sich zwei Finger an die Stirn und machte eine gläubige Geste, eher er seinem Herren die starren Augen schloss. Einige Sekunden war es vollkommen still um diese Szenerie, ehe sich der Hauptmann erhob und sich an Starold wand. Nun trug sein Gesicht die Maske des Schmerzes und der Verbitterung.

Während die anderen Gardisten das Haus weiterhin auf einen möglichen Unbekannten durchsuchten, beobachtete der Hauptmann, den jungen Andunier. Dann ergriff er schließlich das Wort: "Was wolltest du noch mal gleich von dem... Abgesandten?" Die Frage klang nicht so, als ob er es wirklich wissen wollte. Sie hatte eher einen bedrohlichen Unterton und ließ durchblicken, dass der Gardist keineswegs gewillt war, auf Starold zu hören. Doch ehe der Angesprochene noch etwas sagen konnte (was angesichts seiner Körperhaltung, gebeugt und mit dem Kopf nach unten, die Hände auf dem Rücken, auch äußert schwer werden dürfte, da er nicht mal dem Befehlshabenden ins Gesicht schauen konnte), kam ein vierter Mann herein und winkte seinem Hauptmann. Dieser folgte und lauschte angestrengt, was der Jüngling ihm im Flüsterton berichtete. Dann nickte er zum Zeichen des VErständnisses und kam, die Augen starr auf Starold gerichtet, wieder zu jenem. "Richtet ihn auf." befahl er seinen Männern, die daraufhin taten wie geheißen. Den Göttern sei Dank! Sie haben eine Spur gefunden, einen Beweis seiner Unschuld! Doch das Gesicht des Hauptmannes verriet keinerlei Gedanken in diese Richtung. Steif und förmlich, baute er sich vor Starold auf und reckte dann noch etwas das Kinn. "Starold Maleynn, ich verhafte Euch wegen sechsfachen Mordes, darunter an einem Gesandten des Königs von Jorsan! Euch wird zur Last gelegt, heimtückisch und rücksichtslos gehandelt zu haben, bestialisch und kaltherzig. Ihr werdet vor ein ordentliches Gericht gestellt und bis es soweit ist, werdet Ihr in den Kerker verbannt!" Bumm! Da war er, der große Knall, der Starold ein zweites Mal ereilte. Wie hatte das alles geschehen können? Hatten sie denn keine Spuren gefunden? Wie sollte er seine Unschuld beweisen können, was sollte er gegen diese Willkür unternehmen?

NAchdem der 'förmliche' Teil des Hauptmannes abgehakt war, neigte dieser sein Gesicht dicht an Starold heran und verengte die AUgen zu schlitzen. "Darauf steht der Tod und ich werde dafür sorgen, dass du ihn noch heute NAcht auf dem Fest erhälst, spätestens aber morgen! Bestie!" Mit dem letzten Wort, spuckte der Mann ihm ins GEsicht und auch wenn es Reflex gewesen wäre, dass Starold sich die Spucke aus dem Gesicht wischte, so konnte er es nicht, denn die Männer hielten ihn nach wie vor fest und zerrten nun an ihm. Der Hauptmann griff unwirsch nach der Tasche des Anduniers und verließ den Raum des Todes. Die Männer, Starold in ihrer Mitte, folgten ihm und zerrten, rissen und schubsten Starold mit. Im Hinausgehen konnte der Unschuldige sehen, wie die anderen Männer, noch damit beschäftigt waren, das Haus zu durchsuchen und dennoch hatten sie ihr Urteil wohl gefällt. Um Gottes Willen, was würde mit ihm geschehen? Was würde man mit ihm machen? Die quälende Antwort, flüsterte mit hämischen Grinsen Was tut man mit Mördern? Man ermordert sie...

Starold wird abgeführt und in die Kerker gebracht.
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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 21. April 2016, 21:20

[Pallas Mercator kommt von der Südküste]

Serna hatte sich seit Pallas Aufenthalt dort nicht viel geändert. An den meisten Gebäuden, dem Hafen und den Befestigungsanlagen war nichts umgebaut worden. Aber als Pallas auf den östlichen Ozean blickte, konnte er eine Seeschlacht zwischen zwei Schlachtschiffen sehen. Aber die Entwarnung kam sofort. Beide Schiffe trugen das jorsanische Adlerwappen. Es war nur ein harmloses Manöver. Aber wofür sie übten, war wohl nicht harmlos, sondern eine ernste Sache.

Als junges Königreich hatte Jorsa keine wirkliche Marinetradition. Die winzige Kriegsmarine bestand aus alten Schiffen, die eigentlich aus Santros und Anduine stammten. Aber mit Holz aus Balar und Schiffsbauern aus Matron modernisierte man sie zu brauchbaren Kriegsschiffen. Die Jorsaner galten aufgrund einer nachgesagten Sensibilität als mittelmäßige Matrosen. Ihre Frauen schätzte man aber an Bord. Die großen Blondinen lernten in ihrer Heimat Meteorologie, Navigation und Medizin und verdienten viel Geld damit in ausländischen Flotten. Es hieß aber auch, dass sie bei Piratenüberfällen und Meutereien mit dem Rapier bis in den Tod kämpften.

Als sie den Steg erreichten, wo die Fischerboote lagerten, hörten sie ein Bimmeln. Ein kahlköpfiger Mann, nur mit einer Tunika und Sandalen bekleidet, rannte den Steg entlang und schwang eine Handglocke.

„Bleibt fern, Reisende, euch droht der Tod! Eine Seuche ist eingekehrt, sie haben schon einen Gasthaus abgesperrt, aber das wird nichts helfen. Es ist in unserem Essen. Die Elfen vergiften uns und tanzen dann mit unseren Leichnamen.“

Keiner aus der Gruppe verstand genug Garmisch, um sich einen Reim daraus zu machen. Trotzdem wollte er noch weiter predigen, aber da rannten schon Wachsoldaten an. Sie packten den Spinner und führten ihn ab. „Ihr dürft kein Essen anrühren!“, waren seine letzten Worte – diesmal verständlich. Bestimmt brachten sie den Unruhestifter in den Wachturm, wo Pallas schon einmal unfreiwillig eine Nacht verbracht hatte.

Ein Gardist blieb bei den Reisenden und erklärte auf Celcianisch. Die Weltsprache war nämlich der eigentliche Standard in diesem Dorf:

„Ich kann Euch beruhigen. Die Küstenwache und die Medici aus der Reichshauptstadt haben alles unter Kontrolle. Ihr müsst nur unseren Anweisungen befolgen, dann besteht keine Gefahr. Ihr dürft dort drüben festmachen.“

Pallas war der Ablauf bekannt. Für so kleine Boote – offensichtlich ohne Ladung – wurden in Serna weder Gebühren, noch Papiere fällig. Nur mussten sie später mündlich erklären, wer sie waren und was sie hier wollten.

Die Gruppe war bunt, ein Mönch, ein Musiker, eine schwangere Frau und eine alte Frau. Und er selbst – Familienmitglied der Mercatores, einer Handelsfamilie, die hier sogar ein kleines Kontor unterhielt. Die Möglichkeiten das zu erklären waren also vielfältig und im Notfall gab es ein Familienmitglied, das für sie bürgen konnte.
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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Pallas Mercator » Montag 14. November 2016, 23:05

Nach weiteren drei Tagen waren sie endlich angekommen. Langsam fuhren sie an den Steg um anzulegen. Vom Bug aus ließ Pallas seinen Blick über das Städtchen schweifen: alles wie er es in Erinnerung hatte.
Im Osten übte die jorsanische Flotte wohl gerade ein Manöver. Es war gut, dass das Königreich Jorsan etwas gegen die Piratenüberfälle unternahm.
Gerade als er seinen Blick wieder zurück schweifen ließ, kam ein aufgeregter Prediger den Steg entlang gelaufen, eine Hafenpatrouille im Kielwasser hinter sich herziehend. Er brabbelte wild etwas auf Garmisch und schwang dabei eine Glocke. Pallas konnte nur „Gasthaus“ verstehen, aber der Tonfall des Manns machte deutlich, dass er über irgendetwas sehr aufgebracht war. Er wurde sogleich schnell von zwei der Wachen überwältigt und zum Arrestturm fortgeschleift. „Ihr dürft kein Essen anrühren!“, warnte er die Gruppe dann auf celcianisch.

Ein dritter Gardist näherte sich dem Bot und rief ihnen zu:
„Ich kann Euch beruhigen. Die Küstenwache und die Medici aus der Reichshauptstadt haben alles unter Kontrolle. Ihr müsst nur unseren Anweisungen befolgen, dann besteht keine Gefahr. Ihr dürft dort drüben festmachen.“

Er wies ihnen eine Anlegestelle zu und schickte sich an, sie dort in Empfang zu nehmen. Pallas sprang als erster von Bord und machte die Seegurke so gut es ging am Steg fest. Die Formalitäten sollten sich schnell erledigen lassen, da die einzige „Fracht“ die Passagiere waren, es war also nicht nötig einen Zollbeamten oder Hafenmeister hinzu zu holen. Sie würden sich allerdings mündlich ausweisen müssen.

„Ventha zum Gruße! Mein Name ist Pallas Mercator, Kapitän dieses Bootes, wenn ihr so wollt. Darf ich euch meine Passagiere vorstellen: Da wären Priscilla und ihr Mann Pit, die aufgrund der baldigen Niederkunft zu Verwandten im Inland unterwegs sind, sowie Frau Dora, die ich bald nach Xytras weiter schiffe, wo sie ihren Lebensabend unter der Obhut ihrer Base verbringen wird. Und zuletzt, Bruder Ferim, ein Wanderpriester, den es überall dort hin verschlägt, wo sein Beistand benötigt wird. Wir führen ansonsten nur unsere eigenen Habseligkeiten und Proviant mit.“

So viel zur Bürokratie. Aber was meinte der Wachmann wohl, mit 'alles unter Kontrolle'? Was hatten sie unter Kontrolle? Die Anwesenheit eines Medicus aus der Hauptstadt deutete auf Seuchengefahr hin.

„Bevor ich jedoch meine Passagiere unter die Obhut Jorsans entlassen kann, ist es meine Pflicht als Kapitän, mich über die augenblickliche Sicherheitslage ins Bild setzen zu lassen, immerhin führe ich schwangere Frauen, alte Damen und ungeborene Kinder mit mir. Welche Notlage versetzt Sernas Bürger in rasende Prophetie und macht die Anwesenheit der Medici vonnöten?“

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Re: Endlich ein Bisschen Zivilisation

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 24. November 2016, 13:21

Mit einer Stange überwanden sie die restliche Strecke und machten fest.

Der Gardist, der sie schon begrüßt hatte, kam näher. Begleitet wurde er von einem blonden Zwerg. Der kurze Bärtige trog ein dickes Lederwams und auf seiner Schulter ruhte ein stattlicher Papagei, der sich im Leder festkrallte.

Als Pallas die Geschichte auftischte, nickte der Soldat mehrmals. „Aha, aha.“ Als der Händlerssohn fertig war, wandte er sich an den Zwerg: „Hallsteiner, wenn ich bitten darf.“ Der Bärtige hob den Vogel auf Augenhöhe mit dem Soldaten.

„Pallas Mercator. Info.“
Der bunte Vogel krächzte das nach und flatterte davon.

Unterdessen sprachen sie über den Verrückten. Der Gardist verkniff die Lippen und die Augen. „Schlechter Fisch. Ein paar Vergiftungen. Und Menschen, die können das Ende der Welt einfach nicht erwarten und benehmen sich auch so.“
Sid hielt Priscillas Hand fest und schaute besorgt rein. „Kein Fisch also.“, flüsterte sie.

Der Papagei flog kurz darauf wieder her.

„Händler, krah!, sauber, jugendlicher Delin... Krah.“

„Was war das letzte? Hallsteiner, was hat das zu bedeuten?“

Der Zwerg gab dem Papagei einen Zwieback. „Zu viele Silben. In der Amtsstube haben die das immer noch nicht kapiert.“

Der Gardist schob seinen Helm nach oben, starrte zum Himmel. „Ich werde mit denen reden. Ihr könnt jetzt gehen.“ Damit machte er sich auf den Weg. Hallsteiner blieb jedoch.

„Weiter nach Xytras, sagtet Ihr? Könnt Ihr vielleicht Brieftauben für meine Schwester mitnehmen?“
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