Einstiegspost
Der Tag war gerade erst angebrochen und noch recht kühl. Über dem Arus zogen sich nach und nach die Wolken zusammen, so dass nur wenig des trüben Tageslichts durch die dichten Baumkronen fiel. Das saftige Grün der meisten Nadelbäume ermattete etwas, aber das war der Lauf der Natur. Die Zeit des Wandels forderte ihren Tribut, doch fallen würden nur die Nadeln der Lärchen. Von denen gab es ohnehin nicht sehr viele im Arus. Kiefern und verschiedene Tannengattungen bevölkerten diesen Teil Celcias. Wer durch den Arus zog, nahm den harzigen Geruch der Stämme und das Aroma der Nadeln wahr, das stets eine Spur Würze besaß. An Regentagen mischte sich der frische Duft nasser Erde und der leichte Moschus von Moos darunter. Eine harmonische Komposition für die Nase. Die Ohren wurden vom Zwitschern der Vögel, dem Meckern kleiner Waldtiere und dem Rascheln des Dickichts angeregt. Man selbst erzeugte mit jedem weiteren Schritt Geräusche, wenn man den Farn zwischen den Hufen zerteilte oder auf einen Zweig trat.
Gerade knackte es unter Veltens rechtem Vorderhuf. Er war auf ein Stück trockener Rinde getreten, die sich von einem der Bäume gelöst hatte. Sein Blick glitt nur kurz zu der Baumhaut herunter, ehe er wieder den Himmel fixierte. Heute würde es nicht wärmer werden, aber noch war es auszuhalten. Die zusammengerollte Decke auf seinem Rücken brauchte er vermutlich erst in der Nacht. Nachher würde er den Speer durch den Bogen austauschen, sobald sein Magen zu knurren begann. Er hatte ohne Frühstück das Lager seiner Herde verlassen, aber auf einen vollen Magen verzichtete er gern, wenn es nur half, ein wenig schneller unterwegs zu sein. Seine auserkorene Beute hatte ohnehin einen Vorsprung. Velten fuhr sich fahrig über die Seite seines pelzigen Unterkörpers. Die Wunde war gut verheilt, das Fell wuchs bereits wieder darüber und verflocht sich zu dem gewohnten Scheckenmuster aus Kastanienbraun und weiß. Trotzdem würde die Wunde nur noch eine Erinnerung sein, ehe er seinen Sohn gefunden hatte. Menschen waren ein feiges Volk. Sobald sie sich einen neuen Feind geschaffen hatten, vernichteten sie ihn oder machten sich aus dem Staub. Sie hatten seinen Jungen, seinen Taimi, entführt. Es hielt sie nichts mehr im Arus. Er musste sie finden und den Sohn befreien.
"Und das werde ich", murmelte er entschlossen zu sich selbst. Seine Pranke von Hand umfasste den Holzspeer fester. Am Ende war ein scharfkantiger Stein als Spitze um den Schaft gebunden. Er sollte sich in viele zweibeinige Leiber stoßen. In Velten nährte sich ein Blutdurst von den Rachegelüsten, die aufkamen, wenn er nur an das Menschenpack dachte. Sie hatten sich den falschen Zentauren gesucht, ihm den einzigen Sohn zu entreißen. Er war ein Jäger und als solcher würde er sie verfolgen. Er würde ihre Fährte aufspüren, ihnen nach eilen, sie hetzen und jagen, bis ihre Kräfte aufgezehrt waren. Dann würde er sie erlegen und - so hatte es sich Velten geschworen - es wäre die erste Beute, die er nicht aus Nahrungsbedarf tötete. Nein, diese Jagdbeute würde ihm Freude bereiten. Galt er dann selbst als Mensch, weil er das berauschende Gefühl plötzlich teilte, das sie als ignorantes Verhalten an den Tag legten? Nein, er hatte seine Gründe. Er musste Taimi befreien. Ob es seinem Sohn gut ging? Diese Frage stellte er sich in den letzten zwei Wochen oft. Hoffentlich lebte er noch.
Velten setzte seinen Weg fort, bis er die kleine Lichtung wiederfand, an der die Tragödie geschehen war. Von hier aus musste er mit der Suche nach den Menschen beginnen. Hier mussten sich ihre Spuren finden, die er benötigte, um ihnen zu folgen. Ihr Sterne, Florencia und Phaun, lasst die Natur nicht alles bereinigt haben. Ich muss etwas finden. Mit aufmerksamen Blick betrat er die Lichtung, suchte nach jedem noch so kleinen Anzeichen, das ihm weiterhelfen könnte.
Der Tag war gerade erst angebrochen und noch recht kühl. Über dem Arus zogen sich nach und nach die Wolken zusammen, so dass nur wenig des trüben Tageslichts durch die dichten Baumkronen fiel. Das saftige Grün der meisten Nadelbäume ermattete etwas, aber das war der Lauf der Natur. Die Zeit des Wandels forderte ihren Tribut, doch fallen würden nur die Nadeln der Lärchen. Von denen gab es ohnehin nicht sehr viele im Arus. Kiefern und verschiedene Tannengattungen bevölkerten diesen Teil Celcias. Wer durch den Arus zog, nahm den harzigen Geruch der Stämme und das Aroma der Nadeln wahr, das stets eine Spur Würze besaß. An Regentagen mischte sich der frische Duft nasser Erde und der leichte Moschus von Moos darunter. Eine harmonische Komposition für die Nase. Die Ohren wurden vom Zwitschern der Vögel, dem Meckern kleiner Waldtiere und dem Rascheln des Dickichts angeregt. Man selbst erzeugte mit jedem weiteren Schritt Geräusche, wenn man den Farn zwischen den Hufen zerteilte oder auf einen Zweig trat.
Gerade knackte es unter Veltens rechtem Vorderhuf. Er war auf ein Stück trockener Rinde getreten, die sich von einem der Bäume gelöst hatte. Sein Blick glitt nur kurz zu der Baumhaut herunter, ehe er wieder den Himmel fixierte. Heute würde es nicht wärmer werden, aber noch war es auszuhalten. Die zusammengerollte Decke auf seinem Rücken brauchte er vermutlich erst in der Nacht. Nachher würde er den Speer durch den Bogen austauschen, sobald sein Magen zu knurren begann. Er hatte ohne Frühstück das Lager seiner Herde verlassen, aber auf einen vollen Magen verzichtete er gern, wenn es nur half, ein wenig schneller unterwegs zu sein. Seine auserkorene Beute hatte ohnehin einen Vorsprung. Velten fuhr sich fahrig über die Seite seines pelzigen Unterkörpers. Die Wunde war gut verheilt, das Fell wuchs bereits wieder darüber und verflocht sich zu dem gewohnten Scheckenmuster aus Kastanienbraun und weiß. Trotzdem würde die Wunde nur noch eine Erinnerung sein, ehe er seinen Sohn gefunden hatte. Menschen waren ein feiges Volk. Sobald sie sich einen neuen Feind geschaffen hatten, vernichteten sie ihn oder machten sich aus dem Staub. Sie hatten seinen Jungen, seinen Taimi, entführt. Es hielt sie nichts mehr im Arus. Er musste sie finden und den Sohn befreien.
"Und das werde ich", murmelte er entschlossen zu sich selbst. Seine Pranke von Hand umfasste den Holzspeer fester. Am Ende war ein scharfkantiger Stein als Spitze um den Schaft gebunden. Er sollte sich in viele zweibeinige Leiber stoßen. In Velten nährte sich ein Blutdurst von den Rachegelüsten, die aufkamen, wenn er nur an das Menschenpack dachte. Sie hatten sich den falschen Zentauren gesucht, ihm den einzigen Sohn zu entreißen. Er war ein Jäger und als solcher würde er sie verfolgen. Er würde ihre Fährte aufspüren, ihnen nach eilen, sie hetzen und jagen, bis ihre Kräfte aufgezehrt waren. Dann würde er sie erlegen und - so hatte es sich Velten geschworen - es wäre die erste Beute, die er nicht aus Nahrungsbedarf tötete. Nein, diese Jagdbeute würde ihm Freude bereiten. Galt er dann selbst als Mensch, weil er das berauschende Gefühl plötzlich teilte, das sie als ignorantes Verhalten an den Tag legten? Nein, er hatte seine Gründe. Er musste Taimi befreien. Ob es seinem Sohn gut ging? Diese Frage stellte er sich in den letzten zwei Wochen oft. Hoffentlich lebte er noch.
Velten setzte seinen Weg fort, bis er die kleine Lichtung wiederfand, an der die Tragödie geschehen war. Von hier aus musste er mit der Suche nach den Menschen beginnen. Hier mussten sich ihre Spuren finden, die er benötigte, um ihnen zu folgen. Ihr Sterne, Florencia und Phaun, lasst die Natur nicht alles bereinigt haben. Ich muss etwas finden. Mit aufmerksamen Blick betrat er die Lichtung, suchte nach jedem noch so kleinen Anzeichen, das ihm weiterhelfen könnte.