Gefangen in seiner Halle und die Ewigkeit vor Augen, musste Richard langsam einsehen, dass es für ihn kein Entkommen gab. Wie er es auch drehte oder wendete, er war gezwungen, der Tage hier zu harren. Wenn er denn dann irgendwann seiner Flüche und Schimpftiraden überdrüssig war, dann würde er nur noch darauf warten, dass der Wahnsinn endlich so gnädig wäre und sich seiner bemächtigte.
Oh, wie sehnte er sich diese süße Zeit herbei, dessen Fülle er nicht mitbekam und die im allerlei Pein und Kummer ersparte. Aber noch war es nicht soweit, noch wollte niemand ihm Gnade gewähren, so war er wie so oft dem Zufall ausgeliefert.
Richard vermochte nicht zusagen, wie lange er schon hier war, die Realität verschwamm mit seinen Gefühlen, seinen Erinnerungen und ließ bisweilen alles unwirklich erscheinen, obwohl der kalte, nackte Stein unter seinen Füßen sehr real war. Hier spürte er nichts, weder Wärme noch Kälte, die Luft stand um in still und selbst das Echo seiner noch wütenden Schreie mochte nur die Einbildung sein, seine Einbildung.
… und unnachgiebig brannten die Kerzen, ohne davon Zeugnis zu tragen, was er hier bereits erlebt hatte. Seine einzigen stummen Begleiter auf dem Weg in den Wahnsinn.
Doch dieses Mal war etwa anders.
Bemächtigte sich die süße Gnade seiner bereits so früh?
Wohl kaum.
Die Tür, durch die Richard immer währende Hitze spüren konnte, eine unwirkliche Hitze, die von unvorstellbarer Pein und Qual zeugte … glomm in einem warmen, rötlichen Ton.
Es war ein Rot voller Sünde und Wollust, die Energien, die von dieser Tür ausgingen, ließen nichts Gutes erahnen … jedenfalls nicht für Azrael.
Das war sein Name, dessen sich nur wenige bedienten. Hatte er ihn wirklich vernommen oder war es ein Streich seiner eigenen Wahrnehmung?!
Es blieb ihm kaum zeit, darüber nach zu denken. Etwas tat sich an der Tür. Bisher war dort nie etwas gewesen, so sehr er sich auch bemüht hatte. Doch dieses Mal war es anders. Bald konnte er bereits einen Spalt ausmachen, was deutlich anzeigte, dass die Tür geöffnet wurde. Aber von wem? Wenn er sich bemühte hi8ndurch zu spähen, so konnte er dort niemanden ausmachen, lediglich ein Geräusch war zu hören. Eines, welches er nicht sofort zu deuten vermochte. Es war ein relativ helles Geräusch von Metall auf Stein, welches langsam und eigenartig rhythmisch betont immer näher kam.
Mit jedem Mal, wie dieses Geräusch lauter wurde, öffnete sich die schwere Tür ein Stückchen weiter, was ein unangenehmes Schaben auf dem Steinboden verursachte. Dann, wie auf einen unausgesprochenen Befehl hin, wurde die Tür, wie von einem heftigen Windstoß erfasst, komplett aufgestoßen.
Dahinter lag nun ein Gang, den Richard frei einsehen konnte. Im Gegensatz zum Steinboden in seiner halle, war dieser Boden aus schwarzem, glänzendem Stein. Der Gang an sich war vielleicht drei Schritte breit5 und wurde rechts und links von einer gigantischen Fensterfront gesäumt, so sah es jedenfalls aus, die sich über dem gang zu einer Kuppel wölbte. Außerhalb des Glases war es recht dunkel, doch konnte Richard meinen, dass dort dunkle, wabernde Wolken trieben. Sein Blick vermochte die Dunkelheit des Ganges nicht zu durchdringen, lediglich die Kerzen aus seiner halle warfen ein schummriges, unbewegtes Licht in diesen Gang. Das Geräusch war aber immer noch zu hören und es wurde stetig ein wenig lauter. Die beständige Hitze der Tür war gewichen und Kühle wallte in seine Totenhalle … so wie er es vernahm.
Ein weiterer unausgesprochener Befehl mochte erklungen sein … der gang wurde unglaublich hell. An den Seiten, außerhalb der Fenster, loderten unglaubliche Feuerw2ände empor, züngelten und leckten am Glas, auf der Suche nach Nahrung, um dann in sich zusammen zu fallen, nur um wieder empor zu wallen.
… und dann, …dort, in mitten des Ganges, konnte er es sehen, vielmehr sie sehen. Der fleischgewordene Alptraum seiner schlaflosen Nächte.
Sie, … Shenyrra, ein Dämon des Harax verursachte das metallische Geräusch. Dabei war sie im Grunde die Erfüllung seiner geheimsten Wünsche und dafür hatte er sich schon so oft verflucht. Eine wahre Augenweide für jeden Mann, im Moment aber nur für ihren Liebsten. Mit einem süffisanten Lächeln schritt sie ganz gemächlich durch diesen Gang, die Arme leicht ausgebreitet und sich sichtlich erquickend an seinem Schmerz, Hüften schwingend auf ihn zu. Ihre Anmut konnte ihm nur den Atem rauben und auch wenn er sich bemühte, seiner selbst Herr zu werden, sie wusste genau, welche Wirkung sie auf ihn hatte.
Wie gebannt stand er dort und musste hilflos mit ansehen, wie sie unaufhaltsam auf ihn zu schritt. Bei jedem Schritt wallte ihre lange schwarze Mähne um ihre Rundungen und sie fühlte sich sichtlich wohl.
Kaum, dass er sich dieser Situation bewusst werden konnte, stand sie auch schon vor ihm und so gab sie ihm die Gelegenheit, ihre Erscheinung näher zu betrachten.
Ihr sündig roter Mund öffnete sich leicht, er versprach Stunden und Stunden die pure Lust. Shenyrras lasziver Blick haftete auf ihm Blick, trieb ihm die Schamesröte ins Gesicht und heftete ihn förmlich hier und jetzt fest.
„Azzzzzrael, … willkommen!“
Alleine schon ihre Stimme vermochte die Phantasie zu beflügeln … weiche und melodisch, jede Kadenz ihres Stimmspektrums ausschöpfend.