Das fröhliche Dorf

Ganda ist ein größeres Dorf, welches im Westen liegt. Hier wird mit den verschiedensten Städten gehandelt und auch mit allerlei Waren. Einige Züchter befinden sich hier, welche angeblich die besten Pferde haben.
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Sethek
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Das fröhliche Dorf

Beitrag von Sethek » Mittwoch 9. Juni 2010, 14:28

Die Hufe von Setheks schwarzem Pferd glitten elegant über die letzten Meter der Straße. Vor ihnen war bereits das Dorf zu erkennen, das Sethek schon von weitem erspäht hatte. Auf ihrem Weg kamen ihnen viele Bewohner und Händler auf ihren Wagen oder zu Fuß entgegen und starrten Sethek und sein Gefolge verwundert und erschrocken an. Wer waren diese dunklen Gestalten und was wollten sie hier im friedlichen Königreich Jorsan? Umso näher Setheks Gruppe dem Dorf kam umso mehr Passanten blieben bei dem Anblick der Fremden stehen und bildeten tuschelnde Grüppchen. Die Themen dieser spontanen Unterhaltungen waren immer die gleichen. Wer waren diese Reisenden. Woher kamen sie und was wollten sie hier? Nach Händlern schienen sie nicht auszusehen, ganz besonders der schwarz vermummte, der die Gruppe anführte. und einen Verletzten hatten sie auch bei sich. Kamen sie von einem Kampf? Gehörten sie zur dunklen Armee oder waren es doch nur ganz normale Reisende? Keiner Vermochte es genau zu sagen und die Meinungen der Leute ging weit auseinander. Allerdings wagte es sich auch keiner die Reisenden zu fragen.

Sethek interessierte das Verhalten der Einwohner nicht besonders. Sie waren fast 2 Tage unterwegs gewesen seitdem sie Rumdett verlassen hatten und die Sonne hatte unaufhörlich geschienen. Das es trotz der Sonne noch immer kalt war machte die Situation für Sethek nicht besser. Wärme oder Kälte konnte ihm kaum etwas anhaben, doch die Strahlen der Sonne verbrannten das Fleisch seines Wirtes und mit jeder Stunde verfluchte Sethek diesen Umstand mehr und mehr. Es war ihm lästig.

Tief eingegraben unter seinem schützenden Nachtelfenstoff richtete Sethek seinen Blick kurz zurück auf seine Begleiter um sicherzugehen, dass sie noch da waren. Das tat er jedoch nicht aus Sorge. Er hatte Alea angeboten die Reise allein zu bewältigen und noch immer hätte er nichts dagegen, wenn sie sich doch noch anders entscheiden würde und mit Rejan durchbrannte. Das würde ihm nur die Möglichkeit geben um einiges schneller zu reisen und die Schriftrolle viel früher in Händen zu halten. Doch solange sie bei ihm waren wollte er verhindern das Alea etwas zustieß. Immerhin verkörperte sie den Wirt, den er begehrte und Rejan war das perfekte Versuchskaninchen für seine Schattenmagieexperimente. Nur aus diesem Grund trabte er jetzt schon seit Rumdett in einem Tempo vorwärts, indem er auch bequem hätte laufen können, damit Rejan nicht von seinem Pferd sackte.

Alea saß noch immer eingekauert in ihre Kleidung auf ihrem Pferd und frohr wärend sie neben Rejan hertrabte. Es schien fast wie ein Wunder das Sethek scheinbar genau den Moment erwischt hatte, indem Alea nicht sorgenvoll auf ihren Freund blickte sondern die Umgebung und die vielen tuschelnden Menschen betrachtete.

Neben der langen Reise und der Probleme, die Sethek wegen der Sonnenstrahlen hatte, gab es noch einen weiteren Grund warum er nicht bei bester Laune war. Seine letzte Mahlzeit war schon etwas länger her und während der Reise war ihm keine Gelegenheit über den Weg gelaufen. Dazu schienen sie gerade auf eines der glücklichsten Dörfer in Celcia zuzureiten. Generell schien es den Bewohnern dieses Gebietes gut zu gehen. Sie waren wohl genährt und begrüßten sich stets freundlich. Die Häuser und die Landschaft waren gepflegt und wunderschön anzusehen und das Wappen des Königreiches blinkte von vielen Wänden, Schildern und Fahnen. Man schien stolz auf sein Heimatland und zeigte dies auch ganz offen. Selbst wenn er sich anstrengte verspürte Sethek nur einen winzigen hauch Verzweiflung, doch war er sich nicht sicher, ob diese Verzweiflung real existierte oder ob er schon Wunschvorstellungen erschnupperte. Alles in allem war eine Fröhlichkeit zu spüren die Sethek erschaudern ließ und umso weiter sie sich dem Dorf näherten umso größer wurde sein Wunsch diese Stimmung ein wenig zu seinen Gunsten abzuändern. Wer weiß, vielleicht ergab sich bereits jetzt die erste Gelegenheit, wo die Hufe seines Pferdes die erste Straße berührte, die von beiden Seiten mit den ersten Häusern des Dorfes umgeben war.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Freitag 11. Juni 2010, 09:07

Ganda, größtes Handelsdorf des Königreiches Jorsan. Sie hatten es nach langer Reise endlich erreicht und konnten froh sein. Hier gäbe es vielleicht die Möglichkeit, die Glieder zu strecken und sich zu waschen. Unterwegs waren Sethek, Alea und dem wie leblos wirkenden Rejan zwar keine Gefahren oder anderen Hindernisse in den Weg gestellt worden, aber Wetter und das lange Sitzen im Sattel hatten schon genug dafür gesorgt, dass einem Oberschenkel und Hintern schmerzten oder man sich endlich den Staub vom Körper waschen wollte.
So bot das Trio bei ihrer Ankunft einen noch seltsameren Anblick. Nicht nur, dass keiner der drei wie ein fahrender Händler aussah, sondern sie machten auch noch den Eindruck, von weit her zu kommen. Und welch interessante Kleidung sie allesamt trugen. Der vorderste Reiter, so schwarz vermummt und riesig wie ein wandelnder Schatten. Einige der Dorfbewohner spekulierten, ob es sich um einen Krieger der dunklen Armee handelte, die mit dem verfehdeten Königreich Grandessa im Bündnis standen. Doch dazu erschien ihnen Sethek zu ruhig. Er attackierte das Dorf weder mit gezogener Waffe und im Galopp, noch schnappte er die Habseligkeiten vorbei ziehender Bauern vom Felde wie man es immer wieder aus anderen Regionen hörte. Dort plünderte das dunkle Volk ohne Rücksicht, ja sogar im Bündniskönigreich sollten es den Dorfbewohnern das Leben schwer machen!

Verwundert blieben Händler stehen, die Ganda mit Karren oder großen Kastenwagen verlassen wollten. Neugierig schauten Kinder drein, die von ihren Müttern zum Wegrand gezogen wurden, um den Eintreffenden Platz zu bieten. Nicht nur Sethek hinterließ einen bleibenden Eindruck. Auch Alea und Rejan wurden begierig beäugt. Sie schauten nicht so finster aus wie ihr Anführer, aber sie trugen seltsame Gewänder für dieses Gebiet. Kaum ein Bewohner Gandas hatte jemals sarmasche Kleidung gesehen, außerdem hatten die Sachen bereits einiges mitgemacht.
"Ich kann nähen, wenn Ihr mir etwas Lohn für meine Dienste geben wollt", rief eine Frau zu Alea hoch, in Erwartung, diese würde auf das Angebot eingehen. Ihre Sachen waren schon ziemlich zerschlissen, immerhin hatte sie in diesen Stücken eine lange Seereise hinter sich, ohne den Stoff einmal wirklich gereinigt zu haben. Sie musste stinken, doch darauf wies sie niemand hin.
Ansonsten sprach aber niemand die Reisenden an. Kaum jemand wagte es überhaupt, Sethek lange genug zu mustern. Er schüchterte allein durch sein Auftreten schon viele ein, die schnurstraks ihrer Wege gingen, kaum, dass er an ihnen vorüber gezogen war.

Zwischen den Häusern und Hütten Gandas ging es noch ein wenig anders zu. Die Menschen begrüßten sich mit fröhlichem Gemüt. Hier führte man ein gutes Leben trotz der Umstände, stets in Fehde mit Grandessa zu stehen. Der Handel belebte die Gemüter, lehrte Toleranz gegenüber anderen und vermittelte eine Möglichkeit, auf wenigstens dieser Ebene auch mit Persönlichkeiten kommunizieren zu können, die man sonst nicht verstand.
So konnten Sethek und Alea einen Zwerg - er kam aus Rugta - entdecken, der sich mit einer dicklichen Frau über die örtlichen Bierpreise unterhielt. Der Zwerg verwendete eine unbekannte, kantig klingende Sprache, doch die Frau schaffte es trotzdem, sich mit ihm auszutauschen. Sie zeigte immer wieder auf das an einem Stand angebotene Bier oder die Fässer, die jemand hinter ihr aufgetürmt hatte und dann auf ihren Geldbeutel am Gürtel.
Andernorts fand sich eine Gruppe Gnome. Sie boten ihre mathematischen Kenntnisse gegen Unterkunft an und wurden freudig in die Gesellschaft aufgenommen. Unter Händlern wurde so viel gerechnet, dass man sich die Arbeit nur allzu gern von jemandem abnehmen ließ. Außerdem war weithin bekannt wie arbeitswütig Gnome sein konnten.

Vor den dreien erstreckte sich ein Schild über die gesamte Straße. Es war zu beiden Seiten an den Hausdächern befestigt, konnte im leichten Wind des Tages aber hin und her schwingen. Ein Bett und ein Stuhl waren darauf abgebildet, außerdem stand in celcianischen Lettern "Herberge Ganda" in der Mitte. Ein Pfeil zeigte auf das Haus zur Rechten der Straße.
Es sah heimelich und gemütlich aus. Die Fensterläden waren grün gestrichen worden, Blumenkästen standen auf den Simsen und die ebenfalls grüne Haustür besaß ein Seil, das zu einer Glocke führte. Durch die Fenster konnte man nur auf spitzenverzierte Vorhänge und weitere Blumenkübel schauen. Jemand versuchte hier, den übernachtenden Gästen den Eindruck einer niedlich-heilen Welt zu vermitteln.
Dieser Jemand besaß offenbar einen Sohn oder der blondgelockte Bursche mit den schmalen Schultern, der vor der Haustür fegte, arbeitete hier nur.
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Mittwoch 16. Juni 2010, 19:26

Seit sich Alea am Abend in Rumdett den Umhang über die Schultern gelegt hatte, hatte sie diesen auch nicht mehr abgenommen. Das Wetter hier war nichts für sie. Sie liebte die Sonne, genoss die Hitze und fühlte sich nur richtig wohl, wenn der feine Sand in der Luft lag. Nun trennte das Meer sie von ihrer Heimat und noch viele weitere Kilometer.
Sie war müde, durchgeschwitzt und ihr Hintern tat ihr weh. Dass sie keine geübte Reiterin war, war Sethek sicher ein paar Mal aufgefallen, da sie nicht nur einmal zurück gefallen war. Dabei machte es ihr die Stute sogar recht einfach, sie schien ein ruhiges Tier zu sein. Und trotzdem klammerte sich Alea an die Zügel und achtete zwanghaft darauf, Haltung auf dem Rücken des Tieres zu bewahren. Heute fiel es ihr schon etwas leichter, trotzdem konnte sie kaum mit Sethek mithalten.

Sethek.. selbst jetzt, nach über einem Tag, den sie Seite an Seite verbracht hatten, wusste sie nicht mehr von ihm als seinen Namen. Nur die Scheu hatte sie mit den vergangenen Stunden noch mehr vor ihm verloren. Er hatte ihr nichts getan, also wollte sie sich so neutral wie möglich ihm gegenüber verhalten. So wie es Verbündete nun einmal taten. Aber gerade dadurch glaubte sie nun mehr denn je, sein Gerede über Dämonen und dem Harax entsprangen seiner Fantasie. Sie hätte zumindest gerne gewusst, wie ihr Reisegefährte aussah, aber die dunkle Kleidung vermummte ihn auch jetzt noch ganz. Vielleicht scheute er die Sonne so sehr, wie Alea von ihr angezogen wurde? Wer wusste schon, wie lange es brauchte, bis sie mehr über ihn erfahren würde.

Sie seufzte und hob den Blick, musterte die Häuser des beschaulichen Dorfes und seine Bewohner. Eine Frau pries ihre Nähkunst an und Alea wandte beschämt den Blick ab. Sie musste ja noch schrecklicher aussehen, als sie sich fühlte, wenn ihr auf offener Straße so etwas an den Kopf geworfen wurde. Sie versuchte ein nettes Lächeln aufzusetzen und so Setheks finstere, fremde Gestalt auszugleichen. Zwar wusste sie nicht, wie er schaute und welchen Eindruck er von vorne machte, aber das brauchte sie auch nicht. Schon als sie das Dorf vom weitem gesehen hatte, hatte sie befürchtet, sie würden hier gemieden werden und müssten sich Flüche anhören. Zwar schauten viele der Bewohner tatsächlich nicht sehr freundlich, aber wenigstens wurden sie nicht beschimpft oder davon gejagt.

Also lächelte Alea, während sie Sethek folgte. Dann fiel ihr Blick auf ein augenscheinliches Gasthaus und einen Jungen, der davor fegte. Sie mussten unbedingt dort rasten. Alea war keine Abenteurerin, bisher hatte sie es genossen, nach getaner Arbeit in einer langen Nacht nach Hause zurück zu kehren und sich auszuruhen. Erst mit Azlars Erscheinen hatte sich alles geändert. Sie schüttelte den Kopf, wollte nicht an ihre Freunde denken, die sie im Stich gelassen hatte. Zuletzt Caitlin, der sie nicht einmal auf Wiedersehen hatte sagen können. Sie zog den Umhang fester um sich, als würde er ihr nicht nur Schutz vor der Kälte bieten können.

"Lass und dort rasten. Wir sollten uns ausruhen und zur Abwechslung etwas ordentliches essen." Unbeholfen holte sie zu Sethek auf, Rejans Pferd folgte ihr brav, nicht zuletzt, da sie die Zügel seines Pferdes an ihrem Sattel festgebunden hatte. Als sie auf gleicher Höhe mit der finsteren Gestalt war, warf sie ihm einen freundlichen Blick zu. Sie hoffte einfach, dass er ohne Murren zustimmen würde und das selbe Verlangen wie sie nach einem ordentlichen Rastplatz, einem Bad und einem Bett verspürte.
"He, zum Gruße", rief sie dann auch gleich von ihrem Pferd dem Burschen zu, bevor Sethek ein Wort des Widerspruchs sprechen konnte. Sie wollte um jeden Preis vermeiden, dass sie hier für negative Aufruhr sorgten und sich ihr Empfang doch noch ins Unerfreuliche umschwenken würde. "Habt ihr noch zwei Zimmer für diese Nacht?" Auch ihn lächelte sie freundlich an.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Gestalt » Freitag 18. Juni 2010, 22:02

Der Blondschopf hatte die Pferde schon von weitem gesehen. Anfangs noch ihren Weg verfolgend und mit neugierigem Blick den Hals gereckt zeigte er sich jetzt jedoch in seine Arbeit vertieft. Tatsächlich aber wollte er nur der finsteren Gestalt ausweichen, die die kleine Gruppe anführte. Diese Person war ihm unheimlich und so konzentrierte er sich auf die Aufgabe, die ihm sein Arbeitgeber, der Wirt der Herberge und zugleich sein Onkel, aufgetragen hatte: er fegte. Dabei gab er sich alle Mühe, möglichst unauffällig zu bleiben, schließlich wollte er nicht die Aufmerksamkeit des dunklen Reiters erregen. Vielleicht riss dieser noch seine Klinge durch die Luft, um sie in das nervös pochende Herz des Jungen zu stoßen.
Er schluckte und zuckte sichtlich zusammen, als Alea ihn ansprach. Beinahe wäre ihm der Besen aus der Hand entglitten. Im letzten Moment fing er den hölzernen Stiel. Sein Blick wanderte nach oben. Die Stimme des Fremden klang ziemlich freundlich und überhaupt nicht finster grollend oder tief, wie es der Bursche vermutet hätte. Doch er lag falsch, denn nicht der finstere Reiter hatte ihn angesprochen, sondern seine Begleiterin.

Sie schaute nett aus, wenn auch ein wenig erschöpft. Der Blondschopf schätzte, dass sie weit gereist war und vermutete richtig, denn die Frau fragte sofort nach Zimmern. "Äh j-ja, haben wir. Natürlich." Ob die Dame eine Gefangene des Reiters war? Neugier ließ den Burschen mutiger werden und er suchte Blickkontakt mit dem Fremden. Als er dann aber den reglosen Rejan über das dritte Pferd gehängt entdeckte, sog er rasch die Luft ein.
"Ist er verletzt? Wie haben einen Apothekarius im Dorf." Etwas leiser, beinahe murmelnd, fragte er nur an Alea gewandt: "Ist das einer von den Dunkelelfen, mit denen sich der feindliche König verbündet hat? Sie tauchen jetzt sogar hier in Ganda auf und sie sind nicht gerade freundliche Zeitgenossen. Der letzte von ihnen hat sich geweigert, für das Zimmer zu zahlen. Aber mein Onkel hat ihn hier übernachten lassen, weil er am Leben bleiben wollte." Er seufzte und hatte nicht bemerkt, dass aus anfänglichem Flüstern immer lauteres Sprechen geworden war. Sethek konnte alles mit anhören.
"Der grandessarische König unterstützt sie. Die Leute sprechen davon, dass er sich anschließend erhofft, mit einer dunkelelfischen Einheit gegen unser schönes Jorsan zu ziehen und unseren König stürzen zu können. Glaubt Ihr, dass das stimmt?"

Jemand warf einen Blick aus dem Fenster der Herberge. Es war ein Mann mittleren Alters mit einem dicken Oberlippenbart und krausem, braunem Haar. Falten umgaben seine Augen und sein Blick zeigte für Ganda ungewohnte Strenge. "Devin, vergraulst du schon wieder Kundschaft?! Ich hab dir aufgegeben, die Straße zu fegen und sonst nichts Anderes! Also beweg deinen Arsch und arbeite, sonst mach ich dir Beine!"
"J-ja, Onkel", gab der Blondschopf, der auf den Namen Devin hörte, stammelnd von sich. Entschuldigend blickte er noch einmal Alea und anschließend mit weiterem Unbehagen Sethek entgegen. "Geht nur hinein. Mein Onkel wird zu euch sicher freundlicher sein, als zu ..."
"DEVIN!"
Sofort wischte der Besen mit kräftigem Schwung über den Boden.
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Sonntag 12. September 2010, 20:17

Aleas Augen ruhten unbewegt auf dem Jungen, deshalb entging ihr auch nicht seine Reaktion. Er hatte sie kommen sehen, also konnte er nicht überrascht sein. Hatte er Angst? Alea hoffte, er würde es nicht zu sehr zeigen, denn Sethek hätte sicher seinen Spaß mit ihm. Sie war die vergangenen Tage recht froh gewesen, dass sie nicht auf Fremde getroffen waren, die Sethek aus der Reserve locken konnten. Sie wollte keine Spur von toten Burschen hinter sich lassen. Doch der vor ihr, dessen Blick sie weiterhin freundlich erwiderte, schien anderes vorzuhaben. Als er auf den scheinbar verletzten Rejan aufmerksam wurde, legte sich kurz ein Schleier über ihre Augen, die Freundlichkeit trat in den Hintergrund und gab einen Moment lang den Blick auf ihre Trauer frei. Doch schnell riss sie sich zusammen und ihr Blick wandelte sich erneut, als der Wirtssohn - für den hielt sie ihn inzwischen - frei heraus über Setheks Wesen zu mutmaßen begann.

Alea deutete ein Kopfschütteln an und hoffte, ihr Blick war warnend genug. Doch sein Redeschwall war kaum zu stoppen, er hatte kaum ein gutes Wort für den Unbekannten übrig, wenn auch indirekt. Sie konnte es verstehen, sie selbst musste sich noch an sein Auftreten gewöhnen und war nie davon ausgegangen, dass er Gutes im Sinn hatte. Trotzdem schien der Junge nicht tief eingeschüchtert zu sein, also war er entweder blind oder mutiger als sie. Inzwischen wusste sie, dass er nicht der Sohn, sondern der Neffe des Wirtes war. Als er sie abschließend fragte, was sie von den Gerüchten hielt, blieb ihr Mund ein Stück weit offen stehen, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Ironischerweise konnte sie ihm ja nicht einmal sagen, was Sethek war. Ein Dunkelelf? Vielleicht. Ein Mensch? Sicher nicht. Oder ein Dämon, wie er einmal meinte? Wahnsinn war das, auch wenn seine Schattenmagie dem schon sehr nahe kam.

Sie war froh, als sein Onkel ihn zum Schweigen verpflichtete und fühlte sich als hätten Devins Mutmaßungen und Fragen sie nur noch mehr ausgelaugt und ihr das letzte bisschen Energie geraubt. "Wir werden zahlen, habt keine Sorgen", meinte sie nur und stieg von dem Pferd. Ihr Blick fiel auf Rejan. Sie überlegte, ob sie sein Angebot nach dem Apothekarius annehmen sollte. Aber sie war sich sicher, dass er nichts für Rejan tun konnte. Im schlimmsten Fall würde es sie nur in Schwierigkeiten bringen und der Aufenthalt hier würde alles andere als erholsam verlaufen. Wenn er keine Schriftrolle der Schattenmagie besaß, würde er ihr wohl kaum helfen können. Andererseits war sie neugierig, ob er ihr etwas anderes oder zusätzliches zu Setheks Diagnose sagen könnte.
"Kannst du ihn hinein tragen? Ich hätte gerne ein gemeinsames Zimmer mit ihm. Ich denke, alles was er braucht ist etwas Schlaf." Es würde kompliziert werden, wenn sie ihn morgen genauso bewusstlos hinaus wie hinein tragen würden, aber sie hatte keine Lust auf lange Geschichten.
"Hier." Damit gab sie ihm mit einem müden Lächeln eine Fuchsmünze. Vielleicht würde sie auf sein Angebot zurück kommen, später, wenn Sethek nicht in der Nähe war. Und es war immer gut Informanten zu haben, denn offenbar wusste er etwas über die politische Lage Celcias. Im Moment nur war sie viel zu erledigt, um über solcherlei nachzudenken. Sollte er es vorerst als Aufmerksamkeit oder Vergewisserung ihrer Liquidität auffassen.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Wirt/in » Mittwoch 15. September 2010, 09:31

Devin schwang sofort den Besen, gleich nachdem sein Onkel wütend seinen Namen gerufen hatte. Er mochte wenig Furcht gegenüber Sethek zeigen - kindlicher Trotz oder der Mut eines Halbstarken -, aber vor seinem Onkel hatte er Angst. Der zog den Gürtel aus, wenn er nicht spurte. Das wollte Devin vermeiden, also fegte er plötzlich wieder wie ein Wilder, so dass das schabende Geräusch der zusammengebundenen Binsen über den Boden deutlich zu hören war.
Doch dann lenkte ihn erneut etwas ab. Eine bronzene Münze, überreicht von Alea, mit der Bitte, Rejan ins Gasthaus und dort in ein Zimmer zu tragen, das sie sich mit ihm teilen wollte. Der Junge schüttelte den Kopf. "Allein packe ich ihn nicht. Er wiegt bestimmt viel mehr und ist viel größer." Mit dem Handrücken wischte er sich über die Nase. "Aber frag meinen Onkel drinnen, der ist sehr kräftig. Der hilft dir." Den Fuchs ließ der Junge dennoch gekonnt in seiner Hosentasche verschwinden. Den würde er nicht mehr so schnell heraus rücken.
Mit einem Blick auf Sethek fragte er: "Wollt Ihr auch hier übernachten, Herr ... äh ... Herr?" Es schien ihm nicht zu gefallen, aber Kunde war Kunde. Außerdem sollte sich sein Onkel ruhig mit diesem düsteren Gesellen herum schlagen. Devin sollte nur kehren. Er schob Alea die Tür auf, damit diese eintreten konnte.

Im Gasthaus war es für Tavernenverhältnisse ruhig. Das lag vielleicht an der Tageszeit, vermutlich aber eher an den Gästen. Eine Gruppe aus vier Bauern teilte sich nicht nur einen Tisch, sondern auch einen großen Topf dampfender Gemüsesuppe. Sie sprachen kein Wort, schlürften nur ihre flüssige Mahlzeit. Schmutz auf ihrer Kleidung, sowie der Geruch von Schweiß zeugte davon, dass sie heute schon hart auf ihren Feldern gearbeitet hatten. Jetzt gönnten sie sich eine Pause, ehe das Tagwerk weiter verrichtet wurde.
Auf zwei weitere Tische verteilten sind ein halbes Dutzend jorsanischer Soldaten. Ihre Rüstungen glänzten vermutlich sonst wie Silber, doch diese hier waren mit Blut und ebenfalls mit Dreck besudelt. Die Wappenröcke hatten sich dunkel verfärbt, so dass man das jorsanische Wappen - ein roter Adler auf goldenem Grund - nur auf den Schilden noch gut erkennen konnte. Diese hatten die Ritter neben sich gegen Tische und Stühle gelehnt. Schwertgurte mit Rapieren und gewaltigen Paladinschwertern hingen über den Rücklehnen. Ein paar der Männer aßen schweigend. Ihre Mahlzeit bestand aus Brot und einer dicken Fleischbrühe. Dazu gab es schäumendes Bier. Lediglich die Stimmung wollte nicht ganz zu diesem leckeren Essen passen. Die Gesichter waren betrübt und ernst.
An einem Tisch murmelten zwei Soldaten leise miteinander. Sie unterhielten sich ruhig und sachlich über den Ausgang eines beinahe verlorenen Kampfes. Die Verluste waren offenbar höher, als sie es erwartet hatten. "Dass Grandessa noch genug Soldaten für einen so feigen Angriff hatte, wundert mich. Die ziehen doch angeblich gegen Pelgar selbst!"
"Vergiss nicht, dass sie sich zu Land mit den Dunkelelfen und zu Wasser mit den Piraten verbündet haben."
Der zweite Soldat seufzte niedergeschlagen. "Gerade Letzteres stößt mir bitter auf. Aus Andunie kommen schon seit Tagen keine Handelsschiffe mehr und seit über einer Woche warte ich auf einen Brief von meiner geliebten Schwester. Sie wohnt in der Handelsstadt und ich befürchte Schlimmstes."

Der Wirt, Devins Onkel, entdeckte Alea in der Tür. Einen Moment beobachtete er sie nur, vielleicht käme sie von selbst zu ihm. Dann jedoch entschied er, ein höflicher Gastgeber zu sein. "Wie kann ich Euch helfen, junge Frau?" Er kam auf sie zu. Dieser Wirt war ein Berg von einem Mann. Man könnte ihm gerade eine Rüstung der jorsanischen Ritter verpassen, wenngleich der mit einer Krone besetzte Helm wohl nicht auf seinen kahlen Kugelkopf passen würde. Goldene Ringe funkelten von beiden Ohren und vermischten sich mit dem Grinsen, das irgendwie keine aufrichtige Freude zulassen wollte. Der Mann besaß stahlgraue, harte Augen. Er musste so streng sein, wie man es am Beispiel seines Neffen miterlebt hatte. Aber er sah auch nicht danach aus, dass er sein Leben lang Gastwirt gewesen war.
Der Onkel besaß eine muskulöse Statur und einen Nacken wie jener eines Stieres. Er streckte die Brust beim Gehen heraus und zeigte eine gerade Haltung - abgesehen von dem leichten Humpeln. Sein linkes Bein zog er etwas nach. "Wünscht Ihr ein Zimmer, Fräulein? Macht fünf Füchse pro Nacht - der Krieg erfordert höhere Preise, lasst Euch das vorab gesagt sein."

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Samstag 16. Oktober 2010, 16:39

Alea runzelte die Stirn. Den Unmut, den sie darüber empfand, dass Devin nicht einmal einen Versuch unternahm Rejan hinein zu tragen, konnte sie kaum verbergen. Die Falten glätteten sich nur ein wenig, als er sie auf ihren Onkel verwies. Aber nur kurz, da er ihr Geld trotz allem einsteckte. Sie schaute kurz zu Sethek zurück. Der würde bestimmt auch keinen Finger rühren. Mit einem Seufzen ließ sie die Schultern hängen und nickte geistesabwesend.
Ohne ein Wort zu verlieren, sie würde nicht für Sethek sprechen, trat sie durch die Tür ein, die ihr der Neffe des Wirtes aufschob.

Sie war froh darüber, nicht in ein überfülltes Gasthaus zu treten. Glücklicherweise ging es hier nicht so zu wie in Sarma.. oder Rumdett, wie sie es zuletzt erlebte. Nein, die überschaubaren Gäste passten auch eher zu dem kleinen Dorf. Und zu ihrer aktuellen Stimmung. Ihr Blick blieb an den Soldaten hängen und sie versuchte krampfhaft auszumachen, woher sie kamen. Alea, die ihr ganzes bisheriges Leben in Sarma gelebt hatte, tat sich schwer damit die Schilder als jorsanische Ausrüstung zu identifizieren. Und eine fremde Sprache sprachen sie auch noch. Sie glaubte zwar etwas von Pelgar und Andunie zu verstehen, sicher war sie sich aber nicht.

Sie blinzelte kurz, als sie von dem Wirt angesprochen wurde, der sich langsam auf sie zuschob. Sie war erstaunt über seine Statur, versuchte jedoch eine neutrale Mine zu machen. Sie merkte durchaus, dass er nicht mit ehrlicher Herzlichkeit sprach, aber das war auch nicht nötig. Schließlich wollte sie nur ein Geschäft mit ihm abschließen. Sie nickte einmal, während sie versuchte seinem unerbittlichen Blick standzuhalten. 5 Fuchsmünzen für eine Nacht. Noch besaß sie zwar genug Geld, trotzdem konnte sie nicht immer so viel ausgeben. Einen Moment lang überlegte sie, dem Wirt zu sagen, dass Sethek die Rechnung begleichen würde. Aber schnell verwarf sie den Gedanken wieder. Sie wollte den Wirt nicht unnötig in Schwierigkeiten bringen.
"Ich brauche ein Zimmer für zwei Personen. Es wäre nett, wenn ihr meinen Gefährten hinauf tragen würdet. Es geht ihm nicht so gut." Sie sah ihn bittend an und war schon dabei den Betrag, den er genannt hatte, herauszusuchen. Das würde ihn vielleicht eher dazu bringen, Rejan herein zu tragen und vielleicht würde er, wenn er das Geld erst einmal in der Hand hielt, nicht mehr verlangen für eine weitere Person.
"Ich reise noch mit einem anderen Mann. Er wird wahrscheinlich auch hier schlafen", informierte sie ihn dann noch über Sethek, bevor sie ihm die fünf Fuchsmünzen entgegen hielt. "Ich hätte gerne noch ein Bad und später etwas zu essen, wenn das möglich wäre", setzte sie nach kurzem Überlegen hinzu. Zwar hatte sie eben erst den Entschluss gefasst, nicht immer so viel auszugeben, andererseits wusste sie selbst - hier drin noch mehr als draußen - wie sie roch und konnte sich denken, wie sie aussehen musste. Außerdem brauchte sie etwas ordentliches zu essen nach den letzten Tagen, an denen es nur provisorische Kost gegeben hatte.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Wirt/in » Dienstag 19. Oktober 2010, 01:24

@ Alea (Sethek wird derzeit wegen Inaktivität übergangen)

Der Wirt verzog keine Miene, als Alea von Rejan erzählte. Er schnaubte lediglich: "Jaja, der Krieg schafft Trinker." Offensichtlich nahm er Aleas Erklärung als eine Ausrede ab, die Sauferei ihres Gefährten zu vertuschen. Auf dem Land gab es genug Menschen, die nach Verstärkung soldatischer Truppen häufiger die Tavernen aufsuchten. Mehr Ritter, Krieger und Söldner bedeutete mehr Unannehmlichkeiten. Feindliche Angriffe war man sowohl in Jorsan als auch in Grandessa gewohnt, trotzdem konnte sich keine Routine einstellen. Man kannte lediglich die Konsequenzen von Angriff und Verteidigung: zerstörte Felder und Acker, niedergebrannte Hütten, geplünderte Dörfer, geschändete Töchter.
Der Wirt hatte mit seiner Aussage nicht Unrecht. In letzter Zeit tauchten auch Flüchtlinge auf, die obdachlos geworden waren. Sie gaben ihr letztes Gold in seiner und anderen Gaststätten aus. Sie betranken sich. Die Frau vor ihm und ihr Gefährte, welche beide nach einem Zimmer fragten, mussten solche Flüchtlinge sein. Er seufzte. Das Geschäft lief, aber zu welchem Preis?
"Ich trage ihn hoch, wird kein Problem darstellen", grunzte er Alea zu. Zuvor jedoch streckte der Mann die Hand aus. Hornhaut hob sich von den Fingern ab, Resultat harter Arbeit. Er ließ sich auszahlen und das Geld verschwand rasch in einem kleinen Beutel. "Wenn noch einer hier schlafen will, soll er mich fragen - und bezahlen", brummte der Wirt. Er hatte sein Geld bekommen, also musste er nicht mehr allzu freundlich sein.

"Bad und Essen lass ich vorbereiten. Ihr müsst Euch allerdings mit einem Zuber im Nebengebäude zufrieden geben. Die teuren Porzellanwannen sind für ... betuchtere Gäste vorgesehen." Es war fast unglaublich, dass die Taverne überhaupt einen derartigen Luxus bot.
"Mein Neffe Devin wird Euch dann holen lassen. Jetzt zu Eurem Gefährten."
"Den hab ich, Onkel!" Devin schob sich durch die Tür. Quer über seinem Rücken hing der leblos erscheinende Rejan. Seine blassgraue Haut ließ selbst die Soldaten kurz aufschauen. Der Wirt brummte erneut: "Der sieht wirklich nicht gut aus. Soll ich einen Medicus kommen lassen? Wir haben einen guten Apotheker und Arzt im Dorf. Er versorgt auch die stationierten Truppen."
Rejans Anblick hatte den Wirt offenkundig erweicht. Sorgenvoll runzelte der Mann die Stirn. Dann trat er an Devin heran. Sein Neffe duckte sich leicht, aber heute setzte es erst einmal keine Schläge wie sonst üblich. Der Onkel zog Rejan auf seine Schultern und schleppte ihn wie einen vollen Mehlsack zu den Gästezimmern. In einem Doppelzimmer angelangt ließ er ihn auf eines der beiden Betten fallen. Neben einem Nachttisch und einem klobigen Schrank bot der Raum nicht mehr an. Waschen würde sich Alea wohl auch im Nebengebäude müssen. Fünf Füchse waren demnach eindeutig ein Wucherpreis.
"Ich lasse Devin dann kommen, wenn das Bad bereit steht. Wie sieht es nun mit dem Medicus aus?"

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Freitag 22. Oktober 2010, 12:57

Solch eine Antwort hatte sie gewiss nicht erwartet. Trotzdem erleichterte es sie, dass er sich selbst eine Antwort lieferte, sodass sie nur noch ein wenig beschämt und schief lächelnd gucken musste, als hätte er herausgefunden, was ihm fehlte. So war es besser, als wenn er gefragt hätte, was mit ihm war. Ihr wäre wohl nichts Gutes in den Sinn gekommen. Was konnte schon verwischen, dass jemand von Schatten bewohnt wurde? Auch wenn sie das nicht mit Sicherheit sagen konnte, aber irgendetwas schien in ihm zu sein. Sie schüttelte sich kurz, konzentrierte sich dann aber wieder auf den Wirt, der ihr Geld einsteckte und gleich weniger freundlich war.
"Danke", sagte sie schnell, als er erwiderte, dass er ihn schon hoch tragen würde. Und "Sicher", als er meinte, alle sollten sich wegen einem Zimmer an ihn wenden. Sethek sollte sich selbst ein Zimmer besorgen. Er hatte sie auch nicht gerade freundlich behandelt und sie empfand noch lange nichts wie Freundschaft ihm gegenüber. Außer seinem Namen wusste sie ja noch nicht einmal viel über ihn. Sie betrachtete es eher als Zweckgemeinschaft. Sie beide wollten die Schriftrolle haben. Sie brauchte sie unbedingt und dazu brauchte sie Sethek. Das hatte er ihr zumindest klar gemacht.

Ihr Magen knurrte zustimmend als er von dem Essen sprach und sie nickte nur. Nur einen Moment fragte sie sich, ob sie sich angegriffen fühlen sollte, weil die Porzellanwannen für "betuchte Gäste" da waren. Andererseits konnte sie es ihm nicht verübeln und sie wollte auch nicht noch mehr Geld ausgeben. In dem Moment kam Devin mit Rejan herein und Alea war froh, dass der Wirt ihm die Last schnell abnahm. Der Junge war wirklich schmächtig. Doch sie verschwendete keinen weiteren Gedanken an ihn, sondern folgte seinem Onkel zu dem Zimmer. Die Blicke der Soldaten versuchte sie zu ignorieren und hoffte, dass sie ebenfalls davon ausgingen, dass Rejan zu viel getrunken hatte. Wenn es nur das wäre. Sie seufzte und folgte dem Wirt, die Frage nach dem Medicus konnte sie glücklicherweise übergehen.

Den Inhalt des Zimmers hatte sie schnell erfasst. Doch sie war zu ausgelaugt, um den Wirt darauf aufmerksam zu machen und um ihr Geld zu kämpfen. Trotzdem ärgerte sie sich, so vorschnell bezahlt zu haben. Dafür würde hoffentlich das Bad und das Essen kostenlos sein. Mindestens das. "Danke für Eure Hilfe", brachte sie hervor, als er Rejan auf dem Bett abgelegt hatte. "Ich würde gerne noch warten mit dem Medicus. Vielleicht geht es ihm morgen schon wieder besser. Aber danke für das Angebot."
Eigentlich hätte sie unglaublich gerne einen Medicus kommen lassen. Vielleicht konnte er ihnen helfen. Allerdings wollte sie erst darüber nachdenken - und wenn sie sich dafür entschied, sicher sein, dass Sethek nichts davon mitbekam. Sie wollte aber auch nicht für Aufruhr in dem kleinen Dorf sorgen. Es war schwer abzuschätzen, wie Rejan auf einen Medicus reagieren würde. Es war wahrscheinlich sogar sehr zweifelhaft, ob er etwas für ihn würde tun können.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Dienstag 26. Oktober 2010, 12:49

Der Wirt und sein Neffe ließen Alea vorerst allein. Einen Medicus würde man nicht holen. Ob Sethek inzwischen das Gasthaus betreten hatte, um sich ebenfalls ein Zimmer zu nehmen? Vielleicht hatte er auch gleich Devin Bescheid gegeben. Für Alea konnte dieser Gedanke ohnehin erst einmal beiseite geschoben werden. Rejan war wichtiger.
Der Wüstendieb lag reglos auf dem Bett. Devin hatte ihm die Decke bis zum Kinn hoch gezogen. Nun machte er wirklich den Eindruck krank zu sein. Die Haut war fahl, beinahe grau. Die Augen hielten sich geschlossen. Das Haar hing ihm matt und leicht fettig ins Gesicht. Auch er bräuchte eigentlich ein Bad. Wenigstens diese äußerliche Veränderung ließ darauf schließen, dass Rejan noch nicht gestorben war. Er atmete flach, sehr flach. Kaum merklich hob und senkte sich der Deckenstoff.
Hier war Magie im Spiel, Schattenmagie. Ein Medicus würde demnach vermutlich nicht helfen. Ein Zauberkundiger musste her. Angeblich sollte ja die Schriftrolle der Schattenmagie helfen, aber ob sich Alea und Sethek lange genug verstehen würden, bis sie diese fanden?
Irgendjemand musste die Rolle doch auch verfasst haben. Vielleicht fand sich der Autor schneller.

Es klopfte.
"Ich bin es: Devin!" Die Klinke wurde herunter gedrückt, aber noch trat der Bursche nicht ein. Er schien sich zu erinnern, dass sich hinter der Zimmertür eine Frau aufhielt. Wenigstens besaß er Manieren. Die Klinke hob sich wieder in ihre Ausgangsposition zurück. Ein Räuspern war zu hören. "Darf ich reinkommen? Ich hab Essen mitgebracht." Es klang fast so, als wollte der Junge Alea damit bestechen.
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Sethek » Mittwoch 27. Oktober 2010, 12:46

"Ein nettes Plätzchen. So friedlich und ruhig, doch ich wette das auch hier Angst und Furcht hinter der schillernden Fassade lauert, nicht wahr mein Dämonenfreund?" "Wenn es nur so wäre. Den Bewohnern geht es gut, zu gut. Mir wird ganz schlecht wenn ich das sehe. Dieses Land befindet sich im KRIEG! Wie kann es den Menschen dann so gut gehen? Hin und wieder bemerke ich etwas Verzweiflung und die Sorge von vielen legt sich über die Stadt aber wo bleibt die Angst, die Furcht, die grenzenlose Panik?" "Woher weißt du denn, dass Krieg herrscht. Ich sehe nichts davon. Alles ist ruhig und friedlich, so wie es sein sollte" "Du bist auch nur eine der unvollkommenen Kreaturen die sich einbilden es würdig zu sein zu Leben. Deine Fähigkeiten sind so erbärmlich wie immer. Kannst du es denn nicht fühlen, nicht riechen, nicht schmecken? Der Geruch des Todes liegt über der Stadt und dennoch scheint es die Herzen der Bewohner nicht zu verdunkeln. Zumindest nicht viel mehr als sonst." "Das muss schon hart für dich sein. Du kommst als Dämon auf diese Welt. Machtvoll und unbesiegbar. Und jetzt bist du in einem so erbärmlichen Körper eingeschlossen und triffst immer mehr Menschen die dich beeindrucken weil sie keine Angst vor dir haben." "Vor mir keine Angst? Pah! Wer sollte so mächtig sein und vor mir keine Angst haben" "Naja, als erstes war da ich! Dann kam Alea die auf dem besten Weg ist die Angst vor dir zu verlieren und jetzt sind wir auf ein ganzes Dorf gestoßen. Entweder wir Lebewesen hier auf Celcia sind doch nicht so schwach wie du immer sagst, oder du, mein lieber, wirst schwächer." "Das ist Schwachsinn wie ich es von dir erwartet habe! Ein Dämon der so mächtig ist wie ich kann nicht schwächer werden. Die Bewohner haben nur noch nicht die ganze Dunkelheit des Krieges erfahren. Es wurden noch zu wenige geliebte und bekannte Menschen vor ihren Augen abgeschlachtet, aber das wird kommen, schon bald!"

Sethek stand noch immer auf der Straße und musterte die Umgebung. Erneut lief ihm ein Schauer über den Rücken. dann stieg er langsam ab. Seine Rüstung klirrte und sein mächtiger Zweihänder schlug kurz gehen etwas Metallisches und erzeugte einen glockenhellen Ton. Seine Stiefel schienen sich in den Straßenstein einzubrennen und wenn man genau hinsah konnte man einzelnen Schattenfetzen erkennen, die in den Belag strömten.
Setheks Laune hatte sich noch mehr verdüstert und er spürte, dass die Schatten in ihm unruhig wurden. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wären sie einfach weitergeritten doch Alea hatte das Heft in die Hand genommen als er noch mit Seth beschäftigt war. Jetzt war sie in diesem Gasthof und schien solch schwächlichen Erscheinungen wie Schlaf nachzukommen und damit einige Zeit hier verbringen zu wollen, doch das wollte Sethek nicht zulassen. Er spürte, dass er bald Nahrung brauchte und wenn er seinen Drang in einer solchen Stadt nachkam brachte das mehr Ärger als er in diesem Wirtskörper aushalten konnte. Er war ja bereits einmal fast gestorben, damals als er von den Dunkelelfen entdeckt und wieder gesund gepflegt wurde. Außerdem wollte er unbedingt diese Schriftrolle finden und da war jede Verzögerung schlecht für ihn.
Noch einmal betrachtete er das Wirtshaus genau. Die Pferde standen noch immer mitten auf der Straße doch Sethek beachtete sie nicht weiter und betratt das Gasthaus. Ihm war egal ob die Pferde gestohlen würden oder ob sie davonliefen, er würde sich einfach neue besorgen.

Sethek betrat in voller Montur und Bewaffnung das Gasthaus. Sofort vielen ihm die vielen Soldaten auf, die an den Tischen saßen. Er hatte nicht damit gerechnet das es hier Soldaten gab, denn bisher hatte er in solchen Einrichtungen immer nur das Gesindel der Stadt vorgefunden. Trotzdem erfreute ihn was er sah. Das Blut war noch immer in den Kleidern der Kämpfer und er konnte spüren, dass die Verzweiflung und ganz besonders die Sorge in diesem Raum wesentlich größer war, als noch auf der Straße. Nachdem er die Anwesenden und den Raum durch einen langsamen Rundblick gemustert hatte begann er mit donnernder und leicht verzerrter Dämonenklangstimme zu sprechen.

„Wo ist meine Begleiterin?“

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Wirt/in » Freitag 29. Oktober 2010, 11:10

@ Sethek

Ein Bauer, der bis eben noch mit zwei Soldaten in der Nähe gesprochen hatte, schwenkte den Kopf herum, als Sethek abstieg. Die monströse Gestalt des dunklen Kriegers und vor allem der Klang seiner Rüststiefel auf dem Untergrund ließen den einfachen Mann zusammenzucken. Sickerte nicht gerade ein Teil der Stiefel in den Boden?
Der Bauer blinzelte mehrmals, schüttelte dann den Kopf und verabschiedete sich von den Soldaten seiner Heimat. Es war besser, sich zurückzuziehen, wenn Unheil drohte und bei Setheks Anblick hatte er ein furchtbar ungutes Gefühl. Der Dämon in Nachtelfengestalt konnte seine Angst nahezu riechen.

Dennoch folgte er nicht dem einfachen Bauern, sondern seiner Begleiterin Alea, die vor Momenten bereits im Gasthaus verschwunden war. Beinahe stieß Sethek beim Eintreten mit dem Neffen des Wirtes - Devin - zusammen. Er starrte kurz zu dem schwarzen Krieger auf, rang sich eine leise Entschuldigung ab und verschwand nach draußen. Warhscheinlich kümmerte er sich gleich um die Pferde, obwohl dies doch der Knecht machen sollte. Tatsächlich aber würde er den noch immer reglosen Rejan hinein bringen.
Setheks Aufmerksamkeit widmete sich seiner Umgebung. Jorsanische Soldaten saßen an einem der Tische. Sie unterhielten sich, sprachen über die Situation im eigenen Land, vor allem aber in Andunie. Einer der beiden sorgte sich. Die Dunkelelfen mussten sich bereits weit über ihre Grenzen hinaus verteilt haben. Sie eroberten das Land.
Dem Gespräch lauschte Sethek offenbar nur zweitrangig. Das Blut an den Rüstungen und Schilden der Kampfmänner interessierte ihn da weitaus mehr. Es kündete von Scharmützeln und wilden Rangeleien mit dem Schwert. Wo Krieg herrschte, war Verzweiflung nicht fern. Ängste stiegen wie Rauchsäulen von Schlachtfeldern auf. Sie legten sich als finsterer Schleier über geplünderte Dörfer und deren Überlebende. Krieg war ein Festschmaus für einen Dämon.

Doch es gab noch jemanden, bei dem Sethek finstere Schatten spürte. Sie besaß Potenzial, er wollte sie scheinbar nicht aus den Augen verlieren. „Wo ist meine Begleiterin?“, donnerte seine Stimme blechern hallend durch den Raum. Der Wirt kam sofort herbei, wenngleich sein Gesichtsausdruck von einer eher schlechten Laune sprach.
"Die Kleine hat sich bereits ein Zimmer genommen, wird gleich was essen und baden. Wollt Ihr ebenfalls ein Zimmer in Anspruch nehmen? Fünf Fuchsmünzen, wir leben in harten Zeiten", brummte der Mann. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Eben noch hatte er Devin im Hintergrund geholfen, den leblosen Rejan in Aleas Zimmer zu transportieren. Dass das nicht gerade seine Laune steigerte - er glaubte schließlich, jetzt auch noch einen Trunkenbold zu beherbergen - war vorauszusehen gewesen.
"Nun, wie kann ich Euch sonst noch helfen?", fragte er trotzdem mit einer gedungenen Art der Gastfreundschaft. Es half einem nicht zu überleben, wenn man die eigene Kundschaft raus ekelte.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Freitag 4. März 2011, 16:41

Alea seufzte und konnte den Blick nicht von Rejan nehmen. Er sah einfach nur schrecklich aus. So schwach, so fahl und.. sie schob die Gedanken beiseite. Sie dürfte jetzt nicht schwach sein, sich nicht gehen lassen. Rejan brauchte ihre Hilfe und wenn sie auch nur ansatzweise darüber nachdachte, was mit ihm geschehen konnte, konnte sie sich genauso gut in eine dunkle Ecke legen und reglos liegen bleiben. Wenn sie sich schon jetzt geschlagen gab, gab es auch keine Hoffnung mehr für Rejan. Also musste sie durchhalten.
Sie setzte sich auf den Rand des Bettes und strich ihrem Lieben Strähnen aus dem Gesicht, die ihm an der Stirn klebten. "Wir schaffen das", flüsterte sie dumpf in den stillen Raum und fragte sich, ob Rejan überhaupt noch etwas mitbekam. Sie hoffte, dass seine Lebensgeister noch nicht erloschen waren und nicht aufgaben und dass ihre Stimme und Anwesenheit irgendetwas brachte.

Das Klopfen holte sie aus den deprimierenden Gedanken zurück, auch wenn dies nichts an der verfahrenen Situation änderte. Sie schaute zur Tür, wo die Türklinke eben wieder nach oben ging. Doch auch Devins unbeholfene Art konnte sie jetzt nicht zum Schmunzeln bringen. Essen. Das war wirklich ein verlockenes Angebot, befand auch ihr Magen, der zustimmend zu dem Bild, das sofort in ihrem Kopf erschien, knurrte.
"Komm rein", forderte sie ihn freundlich auf, um ein Lächeln bemüht. Doch die Anstrengung der letzten Stunden und die Sorge um ihren "betrunkenen" Begleiter waren ihr deutlich ins Gesicht geschrieben als sie zur Tür und Devin entgegen sah.


(Sorry für den kurzen Post :heilig: Aber besser ein kurzer als fünf Monate gar keinen :D)

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 9. März 2011, 18:48

Information an Alea: Da Sethek seine Charaktere auf unbestimmte Zeit "auf Eis gelegt" hat, schreibe ich ihn nun passend aus der Handlung, dass du dennoch auch ohne ihn weiterspielen kannst.


Alea schien Rejans einzige Hoffnung zu sein. Sethek hatte ihm das angetan, aber er zeigte bislang keine Anstalten, ihn aus dieser misslichen Lage auch wieder zu befreien. Aleas schattenmagischen Talenten hatte er jedenfalls mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Und nun? Im Augenblick war von ihm weder etwas zu sehen noch zu hören. Dafür schien es Rejan nicht besser zu gehen. Wenigstens verschlechterte sich sein Zustand nicht weiter, so gut man es annehmen konnte. Brauchte er eigentlich Nahrung, Wasser? Oder hielt ihn die Schattenmagie soweit am Leben, dass man ihn getrost hier liegenlassen konnte, bis sich eine Möglichkeit der Heilung fand?
Eines stand fest: Wenn Alea dem Dieb nicht half, würde es niemand tun. Die Wüstendiebe waren zu weit fort, um unterstützend eingreifen zu können. Und die Amazonen? Sie hielten sich immer noch in Rumdett auf, wie zu vermuten war. Alea hatte diesen Teil ihres Auftrages einfach vernachlässigt. Anfangs nur, um einen Schatz zu finden, später jedoch wegen des Mannes hier im Bett. Ihre Gruppe würde das möglicherweise nicht einmal verstehen. Er war immerhin ein Mann, obwohl sie Rejan gewissermaßen akzeptiert hatten. Er hatte sich bei Alea aufhalten dürfen, was schon etwas Besonderes im Angesicht von Amazonen darstellte. Aber auch sie würden ihrer Gruppenführerin jetzt nicht beistehen können. Alea war allein.

Devins Klopfen musste es sein, dass sie aus diesen finsteren Gedanken weckte. Der Junge brachte das Essen. Dennoch wartete er geduldig, dass die Gäste ihm Einlass gewährten. Schließlich schob er sich aber durch die Tür, ein Tablett vor sich her tragend. Darauf standen zwei Teller mit dampfendem Inhalt. Einer war für Alea vorgesehen, der andere galt Rejan.
Devin hatte zu den Tellern auch noch zwei Becher platziert. Außerdem klemmte ihm eine Keramik-Karaffe unter dem linken Arm. Er stellte sich äußerst geschickt an, als er das Tablett auf einer Hand balancierte, um zuerst die Kanne auf dem kleinen Tisch abzustellen. "Ich habe das Beste geholt, was die Küche zu bieten hat. Pürierte Kartoffeln und dampfender Mais. Dazu gibt es Keulen vom Rind, die schmecken besser als der heutige Schweinebraten – weil die Soße frisch ist. Da sind leckere Gewürze drin, hab ich selbst ausgesucht", schnalzte er mit der Zunge. Rasch eilte er sich, die Mahlzeiten zu servieren, stockte dann aber in seinen Bewegungen. "Er wird nicht am Tisch essen, hm?" Mit dem Kopf nickte Devin zu dem mutmaßlich Betrunkenen im Bett. Nein, Rejan würde sicherlich nicht am Tisch essen. Konnte man ihn überhaupt füttern?
Der Junge zuckte mit den Achseln. "Naja, ich stell es trotzdem hin. Kannst ihn ja wecken. Kalt schmeckt es nicht mehr besonders gut." Er hockte sich auf den Stuhl, der eigentlich für Rejan vorgesehen wäre. Devin zeigte sich neugierig. Es gefiel ihm, sich mit Gästen des Hauses zu unterhalten. Das war doch wesentlich spannender als den alltäglichen Pflichten nachzukommen. Er ließ die Beine baumeln, wobei die Spitzen seiner Schuhe hin und wieder den Boden berührten. Das erzeugte ein scharrendes Geräusch auf dem Dielenholz.

"Er ist nicht wirklich betrunken, oder?", hakte der Bursche nach. Er war aufgeweckt, das musste man ihm lassen. Keck legte er den Kopf schief. Seine Hand fuhr nach oben, so dass er sich die Nase am Unterarm abwischen konnte. Hörbar zog er den übrigen, darin befindlichen Rotz hoch. "Ich weiß, wie Besoffene aussehen oder sich anhören, wenn sie überhaupt noch reden können. Der da ist nicht betrunken! Hast du ihm Gift gegeben oder ist er krank? Wenn mein Onkel erfährt, dass er krank ist, kann es Ärger geben. Die anderen Gäste sollen sich nicht anstecken, ist schlecht für den Ruf unseres Hauses – obwohl, der ist sowieso nicht der Beste." Devin grinste, aber nur kurz. Aleas Blick wischte ihm das Lächeln von den Lippen. "Du guckst so traurig. Freust du dich nicht auf dein Bad gleich? Die füllen den Zuber schon mit heißem Wasser, weißt du?"
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Donnerstag 17. März 2011, 10:57

Alea beobachtete Devin als er eintrat. Allerdings machte sie keine Anstalten ihm zu helfen. Es sah eher so aus, als wäre sie mit ihren Gedanken in weiter Ferne. Zwar registrierte sie den Neffen des Wirts, aber es gelang ihr kaum noch über ihre eigentlichen Gefühle hinweg zu täuschen. Was brachte es auch. Rejan galt ihr Herz. Und wenn ihm etwas zustieß, tat es ihrem Herzen genauso weh wie ihm - nahm sie jedenfalls an, denn dass ihm schlimmeres widerfuhr als ihr, die nur daneben saß, war auch ihr irgendwo bewusst. Trotzdem litt sie mit ihm, wie man ihr auch äußerlich leicht ansehen konnte.

Beim Anblick der dampfenden Teller und dem Geruch, der diese zu ihr hinüber trugen, grollte ihr Magen erneut. Sie brauchte einen Moment um sich in Bewegung zu setzen und kam zu Devin an den Tisch hinüber. Sie setzte sich auf den zweiten Stuhl und sah ihn nur kurz zu seinem Kommentar, ihr Essen sei mit frischer Soße gemacht worden, an. "Danke", murmelte sie bedrückt und griff sogleich nach dem Löffel.
"Nein, wird er nicht." Ihr stand nicht einmal der Sinn danach, sich zusätzliche neue Lügen auszudenken. Ihr schwirrte langsam der Kopf, ihre Lider fühlten sich schwer an und ihr Körper wie gerädert von der Reise mit dem ungewohnten Gefährt. Vielleicht würde das Bad sie munterer machen. Und vielleicht konnte sie ja doch noch ein wenig schlafen, nachdem sie Rejan gefüttert hatte. Sie wusste zwar nicht, inwiefern das etwas bringen würde, aber ein Versuch war es wert.

Sie wartete nicht länger, sondern nahm einen Löffel von den Kartoffeln und dem Mais. Das schmeckte wirklich gut. Einen Moment leuchteten Aleas Augen auf und sie begann hastiger zu essen, ohne groß darauf zu achten, wie heiß das Essen war. Man hätte ihr jetzt wohl alles vorsetzen können, aber Alea war sich sicher, dass das Essen hier wirklich gut war. Mit dem Essen viel zu beschäftigt, achtete sie nicht auf den Burschen, der sich auf den anderen Stuhl setzte und nicht ging. Es störte sie nicht sonderlich, solange sie nur essen konnte.

Mit seiner Frage hatte sie allerdings nicht gerechnet. Alea hielt in der Bewegung inne und betrachtete Devin von nahem. Er schien nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Langsam ließ sie den Löffel sinken, als er sie mit weiteren Fragen löcherte. Er war ein aufgewecktes Kerlchen. Dennoch wurde ihr Blick einen Moment finsterer, eine Mischung zwischen Misstrauen und Empörung. "Natürlich habe ich ihn nicht vergiftet!", entfuhren ihr die nachdrücklichen Worte. Was dachte er von ihr? Doch sie beruhigte sich schnell wieder. Devin kannte sie nicht und er kannte Rejan nicht, sonst hätte er ihr nie so etwas vorgeworfen. Ihr Blick wurde wieder weicher, niedergeschlagen und sie schaffte es nicht ganz, den Blick des Jungen durchgehend zu erwidern.

Schließlich ließ sie den Löffel ganz los und lehnte sich in dem Stuhl zurück. Einige Momente lang schaute sie Devin einfach nur an, so durchdringend, als wolle sie in seinen Kopf schauen. Und tatsächlich wünschte sie sich dies in diesem Moment. Wenn sie nur wüsste, ob sie ihm trauen konnte. Schlussendlich überzeugte sie wohl seine offene Art. Auch sie hörte gerne Geschichten, war wissbegierig und neugierig. Er erinnerte sie an sich selbst. Sie konnte ihn verstehen. Und da er nicht viel jünger als sie sein konnte, fasste sie schließlich Vertrauen zu ihm. Ein wenig jedenfalls.

"Er ist nicht krank", überwand sie sich schließlich, atmete seufzend aus und tief wieder ein, bevor sie weitersprach. "Ein Magier hat ihm das angetan. Ein Schattenmagier." Magier war vermutlich nicht das richtige Wort, aber sie wusste nicht, wie sie Sethek sonst nennen sollte. Und sie nannte auch nicht ihn direkt, denn er dürfte nicht erfahren, dass sie ihn verraten hatte. Schließlich brauchte sie ihn, um die Schriftrolle zu finden. Um Rejan zu retten.
Sie schwieg und beobachtete Devin ganz genau, achtete auf jede Regung, die seine Gefühle verraten würde. "Nur die Schriftrolle der Schattenmagie kann ihm helfen und ihn retten. Es ist nicht ansteckend, keine Sorge, so viel ist sicher. Wir wollen nur eine Nacht hier verbringen, dann seht ihr uns nie wieder. Versprochen." Sie wusste nicht, wieso sie ihm das alles erzählte. Aber es tat gut, das Wissen nicht mehr allein mit sich herum tragen zu müssen. Für einen Moment fühlte sie sich ein wenig erleichterter. Ob er sie für verrückt halten würde? Ob er aufspringen und sie ab jetzt meiden würde? Zweifel begannen an ihr zu nagen.
Deshalb hielt sie sich bereit, jeden Moment aufzuspringen und Devin, wenn notwendig auch mit Gewalt, daran zu hindern, zu verschwinden und irgendjemand anderem davon zu erzählen, sollte ihm die Geschichte zu sehr zugesetzt haben und er es für notwendig halten, ihr Geheimnis auszuplaudern.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 17. März 2011, 19:40

Der Schankwirt hielt seinen Neffen für einen Träumer, einen kleinen Dummkopf. Er hatte ihn bei sich aufgenommen, als seine Eltern die Lungenentzündung holte und sie beide über Nacht in ihren Betten starben. Devin wusste, dass sein Onkel ihn nur bei sich behielt, eben weil er der Sohn seiner lieben Schwester war. Er wusste genauso gut, dass das Onkelchen ihn nicht leiden konnte. Vielleicht stellte er sich ihm gegenüber deshalb übertrieben faul oder plump hin.
In Aleas Anwesenheit zeigte sich Devin nämlich alles andere als auf den Kopf gefallen. Er hatte bemerkt, dass Rejan ein weitaus größeres Problem hatte als betrunken zu sein. Nun gut, sein Onkel spähte auch weniger nach den Gästen als vielmehr nach deren Geld.

Devin wartete geduldig, während Alea sich ihrer Mahlzeit hingab. Er wischte sich gelegentlich über die Nase, schniefte oder kratzte sich am Kopf, aber das mochte man ihm verzeihen. Er war jünger als Alea, vermutlich aber nur um wenige Jahre. Einer dieser klassischen Halbstarken, voller Tatendrang, wenn die Neugier sie packte. So auch tatsächlich bei Devin, andernfalls hätte er dem Gast keine Löcher in den Bauch gefragt, sobald er sich nicht mehr zurückhalten konnte.
Dass Alea ihm antwortete und somit Vertrauen entgegen brachte, nahm der Bursche mit weniger ernst auf als sie. Er war es gewohnt, dass die Gäste mit ihm schwatzten. Das war üblich in Gasthäusern und Tavernen. Als Wirt lernte man viele Leute kennen und hörte eine Menge Geschichten. Als Laufbursche des Wirts und "Kindermädchen" für alles erlebte man bisweilen sogar Teile jener Abenteuer. Genauso wie jetzt. Plötzlich steckte Devin mitten drin, denn er war eingeweiht worden, was diesem armen Mann im Bett wirklich widerfahren war.

Mit großen Augen starrte er erst Alea an und dann zum Bett rüber. Es sah nicht so aus, als würde er gleich schreiend aufspringen, um das Weite zu suchen. Nein, da kannte Alea Devin aber noch schlecht. "Potzblitz, Donnerwetter, da soll mich doch der Faldor holen", krachte es aus dem Jungen heraus. Jetzt sprang er doch, aber lediglich vom Stuhl, umrundete Aleas mit zwei ausladenden Schritten und erreichte das Bett. Erst dort blieb er ehrfürchtig mit einer geringen Spur von Argwohn stehen. "Schattenmagie, wirklich?" Er reckte den Hals, um sich Rejan aus sicherer Distanz zu betrachten. Dann schüttelte er lachend den Kopf, trat dichter heran. Er beäugte neugierig die aschfahle Haut, unter der Spuren jener Magie in unförmigen Flecken tanzten.
Was brauchte er auch Angst davor zu haben, nicht die Spur! Und wenn es tatsächlich – im Widerspruch zu Aleas Worten stehend – ansteckend wäre, dann hätte sich Devin bereits infiziert. Er hatte auch geholfen, Rejan hierher zu schleppen.

Noch immer große Augen machend drehte sich der Junge um. Er blies sich die nervigen Strähnen aus der Stirn, schniefte wieder und schaute Alea fragend an. "Und deshalb zieht ihr dann gleich morgen weiter? Damit diese Schriftrolle der Schattenmagie ihm hilft?" Er legte den Kopf schief, während er zeitgleich die Arme verschränkte. "Muss man nicht selbst zaubern können, wenn man aus Schriftrollen zaubern will?" Und unverblümt folgte: "Bist du eine Magierin?"
Wahrlich, Devin nahm kein Blatt vor den Mund, wenn sein Onkel ihn nicht daran hinderte. Im Grunde fand er es sehr schade, dass Alea bereits nach der bevorstehenden Nacht schon wieder abreisen wollte. Sie war interessant und die Geschichten, die sie auf Lager hatte, zeugten von der weiten Welt mit all ihren Abenteuern. "Muss er nicht trotzdem was essen?", fragte der Junge mit einem Blick über die Schulter zurück zu Rejan.
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Freitag 18. März 2011, 14:16

Aleas Augen wurden fast genauso groß wie die des Jungen als sie geendet hatte. Glücklicherweise zeichnete sich keine Furcht auf seinen Zügen ab. Trotzdem blieb die Diebin angespannt sitzen und zuckte kurz zusammen, als der Bursche so plötzlich aufsprang. Sprich nicht von Faldor, schoss es ihr durch den Kopf, aber sie unterließ es Devin zurecht zu weisen. Trotzdem gefiel es ihr nicht, dass er von dem Gott sprach. Sie brauchte einen Moment um zu erkennen, dass er nur zum Bett stürzte und beruhigte sich selbst, dass erst einmal kein Grund zur Sorge bestand. Er blieb hier im Zimmer. Offensichtlich hatten ihre Worte sein Interesse noch weiter angestachelt. Alea verfolgte seine Bewegungen eindringlich und erhob sich bei seinem Lachen, um ebenfalls wieder zum Bett zu gehen. Das Essen ließ sie an seinem Platz stehen, sie konnte auch nachher noch essen, ihr Magen war erst einmal zufrieden, nicht mehr völlig leer zu sein.

Sie ließ Devin die Zeit, die er brauchte um ihre Worte zu verstehen. Offenbar konnte er eins und eins sehr schnell zusammen zählen. Jetzt hatte er auch noch erkannt, dass sie Magie wirken konnte. Sie setzte sich zurück auf die Kante von Rejans Bett, wo sie auch schon vor Devins Eintreten gesessen hatte. "Ich brauche diese Schriftrolle unbedingt. Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir noch haben." Sie sah Devin an und hoffte, dass Rejan noch so lange durchhalten würde. "Und ja. Ich kann ein paar kleine Zauber wirken", rückte sie dann murmelnd heraus. Sie wollte damit nicht prahlen, auch wenn sie normalerweise natürlich schon Freude und Stolz darüber empfand, dass sie ein wenig mit Magie umgehen konnte.
"Ich weiß nicht genau, ob es etwas bringt, wenn er Essen zu sich nimmt. Aber unversucht werde ich es nicht lassen", antwortete sie dann auch auf die letzte seiner Fragen.

Sie seufzte und schaute wieder Rejan an. Dann überlegte sie kurz und griff nach seiner Hand, die unter der Decke hervor lugte. Wie die anderen Male würden sich die Schatten unter seiner Haut wohl auch dieses mal an der Stelle sammeln, wo sie ihn berührte. "Sieht du das?", fragte sie leise und schaute auf Rejans Hand hinab. Sie wusste nicht, wieso sie das tat und Devin ihren Geliebten zeigte, als wäre er eine spannende Attraktion. Vielleicht war es nur der Versuch, dass er hier bleiben und nicht doch noch hinunter gehen würde, um es jemanden zu erzählen.
Stumm schaute sie auf ihre Hände hinab. Es musste einen Weg geben, ihn zu retten. Es musste einfach. Sie musste diese Schriftrolle finden und sie musste einfach helfen.

Nach einigen Augenblicken Stille schaute sie wieder zu dem Neffen des Wirts hinauf. "Du hast nicht zufällig etwas von dieser Schriftrolle gehört?" Die Gäste einer Taverne erzählten sicher viel und normalerweise war der Wirt eines Gasthauses eine gute Quelle, um Informationen zu bekommen. Ein aufgeweckter Junge in diesem erschien ihr das sogar noch besser.
"Und du erzählst das doch keinem oder? Das alles hier", fragte sie dann und schaute ihn bittend an. Sie wollte niemanden mehr als notwendig in Gefahr bringen. Davon würde es wohl genug geben, wenn sie erst einmal in der Nähe der Schriftrolle gelangt waren.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Sonntag 20. März 2011, 04:38

"Donnerwetter!", gab der Junge voller Erstaunen zurück. Er schaute Alea von oben bis unten an, als suchte er irgendein Anzeichen dafür, welche Magie-Art ihr denn Untertan war. Manchmal - bei den Zauberern, die durch das Land reisten - erkannte man auf Anhieb, was sie zu meistern vermochten. Devin erinnerte sich an den dicken, rot gekleideten Bärtigen, den er beim Stolpern und Stürzen über seine Robe ausgelacht hatte. Das würde er nie wieder tun - Magier verspotten. Er griff sich an den Kopf und fuhr sich durch die Haare. Inzwischen war alles schon lange wieder auf gleiche Höhe nachgewachsen. Für eine Weile hatte er wie ein halb verkohltes Kaninchen ausgesehen. Schmunzelnd senkte sich die Hand wieder.
"Was für Zauber kannst du denn?", hakte er trotz allem interessiert noch einmal nach. Der dicke Feuermagier hatte ihn damals schon nicht von seiner Neugier abbringen können. Dass seine Augen noch größer werden konnten, zeigte sich, als Alea nach Rejans Hand griff. Sofort wanderten die Schatten unter der Haut auf ihr Ziel zu. Rejans Hand verdunkelte sich bei so viel angestauter Magie darin. Die Schatten wirbelten umher, schafften es aber nicht, auf Alea überzuspringen. Mit herunter hängender Kinnlade nickte der Neffe des Wirts, als Alea ihn fragte, ob er diese Auswirkung sah. "Funktioniert das auch bei mir?" Sofort griff er nach Rejans anderer Hand, aber die Schatten ignorierten ihn.
"Vielleicht, weil ich kein bisschen zaubern kann." Er ließ die Hand wieder los.

Einen Moment lang wurde es ruhig. Devin beobachtete Alea aufmerksam. Hätte er das mal gelassen. Ihr Ausdruck stimmte ja selbst ihn traurig. Sie schaute so verzweifelt auf ihre Händer herab, dass in dem Jungen das Bedürfnis wuchs, sie einmal in den Arm zu nehmen und ordentlich zu knuddeln. Er unterdrückte den Wunsch, das könnte nur Ärger geben. Erstens von Aleas Seite aus, er wusste ja nicht, ob sie das tröstete oder störte. Zweitens von seinem Onkel aus, wenn der davon erfuhr, dass Devin unaufgefordert Gäste durchknuddelte. Er biss sich auf die Unterlippe. Es würde schon Ärger geben, weil er sich mit dem Servieren der Speisen so viel Zeit ließ. Aber das hier war einfach viel zu aufregend!

"Von der Schriftrolle der Schattenmagie weiß ich jetzt nichts." Er nahm Alea vermutlich jegliche Hoffnung. "Aber dass viele unterwegs sind, Schriftrollen zu suchen, das ist sogar mir nicht unbekannt." Wieder erinnerte er sich an den dicken Feuermagier. Interessant bei dem Mann war gewesen, dass der keine Feuermagieschriftrolle gesucht hatte, sondern eine über ... er grübelte ... war es Energiemagie? Devin kannte sich mit Zauberei nicht aus.
"Hier laufen jedenfalls häufiger Wanderer herum, die irgendwas von Schriftrollen und Missionen oder Questen zu Ehren von Zyranus faseln." Er betonte die Worte in einem ausgesprochen amüsanten Versuch, einen dicken, hochmütigen Magier nachzuahmen. Der Junge war sehr komisch, im positiven Sinne. Nichts schien seine Laune verderben zu können. Nichts außer ...

"DEVIN! Ach, wo steckt der Bengel schon wieder?!" "Oh-oh, das ist mein Onkelchen, ich muss gehen. Komm, ich bring dich noch schnell zu unserem Badezuber. Das Wasser ist bestimmt schon heiß. Danach kannst du deinen Freund ja füttern."
"DEVIN!" Der Junge sprang von seinem Platz auf. "Ich muss los!" Er eilte zur Tür, wartete dort jedoch. Alea sollte schließlich noch ihr Bad bekommen. Die Klinke bereits in der Hand, wandte er sich ihr zu. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht, von dem sich ein paar Sommersprossen hauchfein abhoben. "Ich sag niemandem was. Bleibt unser Geheimnis, versprochen", zwinkerte er dem Gast zu.

Dann musste er sich doch rasch auf den Weg machen, so wies er Alea nur mit Worten, wohin sie gehen musste. In dem Waschraum stand ein großer Zuber bereit. Auf einer Holzbank würden Handtücher zum Trocknen von Körper und Haaren liegen, sowie ein Stück Seife und ein Handschrubber. Das Wasser wäre tatsächlich bereits heiß. Vielmehr Luxus wäre ihr aber ansonsten auch nicht vergönnt. Ganda war keine große Stadt, da fehlte es an zusätzlicher Dekoration. Trotzdem wäre alles sauber und zur Zufriedenheit eines Gastes vorbereitet, der einfach nur ein heißes Bad genießen wollte.
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Mittwoch 6. April 2011, 14:20

"Ich kann Schatten und damit Dunkelheit erzeugen. Und ich kann mit den Schatten verschmelzen, falls ich unentdeckt bleiben möchte." Sie schmunzelte Devin kurz an, ehe ihr Blick wieder auf Rejan fiel, ohne die Notwendigkeit für ihre Zauber näher zu erklären. Sie wusste nicht wieso, aber sie wollte Devin nicht abweisen, daher beantwortete sie seine Frage bereitwillig. Wäre es nicht so gruselig, es hätte auch sie in Erstaunen versetzt, was da unter Rejans Haut vor sich ging, sobald sie ihn berührte. Sie ließ Devin gewähren und ihn den Wüstendieb anfassen. Schon allein, weil sie ebenfalls neugierig war, ob etwas geschehen würde. Aber es überraschte sie nicht wirklich, dass die Schatten nicht zu der Hand des Jungen wanderten. Auch bei seinem Onkel vorhin war dies nicht der Fall gewesen. Lag es tatsächlich daran, dass sie die Magie beherrschte? Sie hatte nicht wirklich darüber nachgedacht, was die Ursache dieses Phänomenen sein könnte und eher daran gedacht, weil sie so eine tiefe Bindung zu Rejan hatte.

Dann seufzte sie. Devin hatte nichts von dieser Schriftrolle gehört. Nur von anderen Schriftrollen und von anderen Abenteuern, die ihn bestimmt jedes Mal das gleiche fragten. Aber er wusste nichts von der Schriftrolle der Schattenmagie. Und was war, wenn sie schon jemand vor ihr entdeckte? Aleas Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken daran. Oh nein, das dürfte nicht sein! Sie musste sie als erste finden!
Sie sah zu Devin auf, der gerade seine Imitation eines Zauberers beendete. "Ich verstehe. Trotzdem danke", lächelte sie und verfiel in neue Überlegungen. Aber nicht lange, denn schon ertönte die Stimme des Wirtes, der offensichtlich seinen Neffen suchte. Und der sprang wie von einem Skorpion gestochen sofort auf. "Ich hoffe, du bekommst wegen mir keinen Ärger", erwiderte sie und erhob sich ebenfalls, da er ihr den Badezuber zeigen wollte und sie ihn nicht länger als notwendig aufhalten wollte. "Danke", sagte sie dann noch ehrlich als er ihr versicherte, das Ganze würde ihr Geheimnis bleiben. Sie hoffte es sehr. Fast genauso sehr wie sie hoffte, dass sie die Schriftrolle finden würde.

Bevor sie sich auf dem Weg zum beschriebenen Waschraum machte, schloss sie die Tür des kleinen Zimmers ab, nachdem sie noch einen letzten sorgenvollen Blick auf Rejan geworfen hatte. Sie würde sich beeilen, so viel stand fest. Als sie in den Waschraum trat, schlug ihr warmer, wohltuender Dampf entgegen, der sich inzwischen in dem kleinen Raum gesammelt hatte. Ohne Zeit zu verlieren, weil sie schnell zu Rejan zurück wollte und sich nach dem sauberen Wasser sehnte, entkleidete sie sich, legte die Sachen auf die Holzbank und stieg dann langsam in den Zuber, Stückchen für Stückchen, um sich an die hohe Temperatur zu gewöhnen. Als sie auf dem Boden des Zubers saß, atmete sie erleichtert aus. Wasserdampf umgab sie und sie spürte, wie sich die Hitze in ihrem erschöpften Körper breit machte. Dass sie sich beeilen wollte, rückte in den Hintergrund. Stattdessen lehnte sie den Kopf zurück, sodass er auf dem Rand des Zubers lag und schloss die Augen. Die Wärme umgab sie und vor ihrem inneren Auge sah sie die Wüste, ihre Heimat Sarma und alles, was dazu gehörte und was sie inzwischen sehr vermisste. Mit den bekannten Bildern spürte sie, wie die Anspannung langsam von ihr fiel und von dem Wasser weggespült wurde. Endlich konnte sie einen Moment die Augen schließen und sich einfach treiben lassen.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 6. April 2011, 20:35

Das heiße Wasser half ihr, sich zu entspannen. Für einen Moment konnte Alea all ihre Sorgen vergessen. Die Zeit im Bad gehörte ihr, ihr allein. Niemand sollte sie hier stören. Doch halt, das stimmte nicht. Wenn sie nur geahnt hätte, wie ausgelaugt sie war, sie wäre vielleicht nicht ins Wasser gegangen. Ihr Hunger hatte es doch bereits angedeutet. Wahrscheinlich war das heiße Wasser zu verlockend. Der Dampf duftete, machte benommen. Das Bad lullte sie ein. Alea konnte es gar nicht verhindern, ins Reich der Träume hinüber zu gleiten.

Schlaf und Traum, Domänen der Herrin von Nacht und Nebel. Manthalas Reich erwartete Alea mit einem Schleier halbdurchsichtiger Nacht. Weiß schlingerte er um ihren Körper herum, ehe sich Flügel bildeten und eine riesige Eule in den schwarzen Himmel über ihr aufstieg. Weiße Federn rieselten herab, ein Kleid wie Schnee vor dem funkelnden Hintergrund Myriaden von Juwelen, die als Sterne am Himmelszelt hingen.
Nebelfetzen waberten in sich immer wieder auftürmenden Wolken umher. Sie bildeten Schatten, Gestalten und dann zerfielen sie wieder in verschwommene Konturen. Der Schlaf spielte ein Spiel mit Alea. Er tanzte um sie herum, er lockte und verführte, jagte Furcht ein, aber alles in allem blieb er ungreifbar. Bis eine Stimme wie ein Echo durch diese unförmige Welt hallte. Eine Stimme, die Alea mehr als vertraut war und sie brauchte nur ihren Namen rufen, damit die Diebin den Besitzer erkannte.
"Alea?" Wo steckte er? Wo war Rejan? Es musste eindeutig der Wüstendieb sein. Es gab keinen Zweifel. Er rief nach ihr. "Alea!" Da war es wieder. Oh, wo steckte er bloß? Wer quälte sie so, indem er ihr seine Stimme vorgaukelte, die in der wachen, der realen Welt so fehlte?
"Da bist du ja, meine Wüstenblume." Er tauchte hinter ihr auf. Ein Geist. Ein Traum. Rejan. Da stand er, als wäre er schon immer ein Schatten gewesen, der ihr folgte und sie schützte. Seine Haut sah gesund gebräunt aus, die Muskeln zeichneten sich darunter ab. Er trug lediglich seine Hosen, so dass Alea Einblick auf seinen nackten Oberkörper erhielt. Wie kräftig er war, zugleich besaß er aber diese agile Statur, an der man einen typischen Fassadenkletterer erkannte. Er lächelte sein verschmitztes Lächeln. Die kurzen, nachtschwarzen Strähnen hingen ihm in die Stirn und sein Blick war so tief und ehrlich. "Ich suche dich." Nichts weiter sagte er. Ich suche dich. Weshalb? Warum nicht in der Realität?
Schatten tanzten hinter dem Mann und sie besaßen dunkle Augen. Er streckte plötzlich die Arme nach ihr aus. "Hilf mir. Sie halten mich gefangen. Ich finde den Weg nicht. Bitte, hilf mir, Alea. Du warst doch schon auf dem richtigen Weg. Denk an unseren Schatz."


Etwas platschte und Rejans Bild verschwamm. Wasser schwappte über den Rand des Zubers. Die Seife war versehentlich ins Wasser gefallen. Nun schäumte es, kleine Bläschen stiegen auf. Der Dampf hatte sich bereits verflüchtigt. Alea musste eine geraume Weile eingenickt sein. Ihre Finger und Zehen waren schrumpelig.
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Samstag 30. April 2011, 18:23

Alea schlug die Augen auf. Sie starrte durch den Wasserdampf an die Decke und fühlte sich an den Nebel in ihrem Traum erinnert. "Denk an unseren Schatz", flüsterte sie, beinahe erführchtig. Die Bilder ihres Traumes hielten sie noch für ein paar Momente gefangen. Ihr Blick klärte sich nur langsam. Sie wollte Rejans Bild nicht aus dem Kopf vertreiben. Er hatte zu ihr gesprochen, als wäre es real gewesen. Als hätte er wirklich Verbindung mit ihr aufnehmen können. War das tatsächlich so oder nur eine Einbildung? So oder so fühlte sie sich ein wenig besser und wollte daran glauben, dass es eine wahre Verbindung zwischen Rejan und ihr durch den Traum gab. Am liebsten wäre sie wieder eingeschlafen, doch da gab es noch etwas, dass ihre Nerven anspannte und ein Kribbeln auf ihrer Haut verursachte.

Du warst doch schon auf dem richtigen Weg. Denk an unseren Schatz.

Sie bekam Gänsehaut als sie an diese Worte zurück dachte und es lag nicht an das inzwischen erkaltete Wasser. "Das darf doch nicht wahr sein", murmelte sie gedankenverloren und schüttelte den Kopf. Sollte es wirklich der auf der Karte markierte Platz sein? Sollte sich tatsächlich dort, unter dem Kreuz, die Schriftrolle oder einen Anhaltspunkt zu dieser befinden? "Wir waren schon fast da gewesen." Nun klang ihre Stimme leicht verärgert als sie Rejans Worte wiederholte. Sie nahm seine Worte ernst und es ärgerte sie, dass sie auf Sethek gehört hatte, ihm die letzten zwei Tage hinter her geritten war und sich immer weiter vom Schatz entfernt hatte! Sie presste die Kiefer zusammen und tauchte in das erkaltete Wasser, um sich mit der Seife gründlich den Körper und die Haare zu waschen und um einen kühlen Kopf zu bekommen. Sie musste nachdenken.

Und als sie wieder auftauchte, sauber und wach, hatte sie einen Entschluss gefasst. Ich muss zurück ans Meer. So schnell wie möglich!
Ihre nächsten Bewegungen waren sehr eilig. Sie trocknete sich ab und schlüpfte zurück in die alten Kleider, bei deren Geruch sie unweigerlich die Nase rümpfen musste. Wenn man aus einem frischen Bad heraus kam, war wohl alles unangenehm außer saubere Kleidung. Und die besaß sie schon längst nicht mehr. Aber das spielte keine Rolle! Das Adrenalin schoss durch ihre Adern und Euphorie verjagte die Verärgerung über ihre Dummheit und die damit verschwendete Zeit vollkommen.

Wie um sich zu vergewissern, holte sie die Schatzkarte aus ihrer Hosentasche, die sie glücklicherweise vor Setheks Blick hatte verstecken können, und betrachtete das rote Kreuz an der Stelle am Meer. Dann nickte sie und verließ den Baderaum auf direktem Weg zu ihrem Zimmer. "Rejan", mit erwartungsvoller Stimme und einem kleinen Lächeln auf den Lippen schwang sie die Tür auf, verschloss sie wieder sorgfältig und war mit eiligen Schritten bei Rejans Bett angekommen. Unverwandt und voller Tatendrang griff sie nach seiner Hand. "Ich werde zurück reiten. Zurück zu unserem Schatz, mein Wüstenkönig." Ihr Lächeln wurde einen Moment breiter. "Was hälst du davon?" Sie erwartete keine Reaktion, aber sie wollte ob ihrer gemeinsamen Begegnung im Traum daran glauben, dass er all das mitbekam und sein Hinweis stimmte. Und selbst wenn nicht, es waren maximal vier Tage, die sie verschwendete. Was waren schon vier Tage gegen Monate, die sie erfolgslos durch die Welt zogen - und dann auch noch mit diesem finsteren Gesellen.

"Aber bevor ich gehe", damit erhob sie sich und griff nach dem Teller, der noch immer unberührt auf dem Tisch stand, "gibt es etwas zu essen für dich. Und für mich natürlich. Aber dann werde ich mich beeilen, so schnell wie möglich wieder hier zu sein." Sie setzte sich wieder neben ihn, versuchte ihn so gut es ging, im Bett ein wenig aufzurichten und begann dann vorsichtig ihn zu füttern. Zwar wusste sie nicht, ob es etwas bringen würde, aber sie würde es nicht unversucht lassen. Devin muss das die nächsten Tage für mich machen, ging es ihr durch den Kopf, während sie Rejan Löffel für Löffel fütterte. Wasser tropfte von ihren noch feuchten Haaren auf das Bett, aber darauf achtete sie nicht. Das einzige, was zählte, war so schnell wie möglich von hier aufzubrechen und zurück an den Strand zu reiten, egal wie sehr es ihr vor dem Ritt graute.

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Dienstag 3. Mai 2011, 16:34

Die Worte schienen sich in Aleas Verstand zu prägen. Denk an unseren Schatz. Rejan und sie hatten tatsächlich nach einem Schatz gesucht, die Karte besaß sie noch immer. Aber sollte dies die Lösung ihrer Probleme sein? Konnte ein Schatz denn ihren verzauberten Wüstendieb retten? Fand sich möglicherweise ein magisches Artefakt unter den Reichtümern? Sie würde es nur herausfinden, wenn sie dem Hinweis nachging und die Suche wieder aufnahm. Was machte es schon für einen Unterschied aus? Klar, sie würde Sethek nicht länger folgen, aber der schien ohnehin eigene Pläne zu haben oder sie nicht länger für wichtig zu erachten. Er hatte sich seit ihrer Ankunft in Ganda nicht einmal mehr gezeigt. Weder war er in ihrem Zimmer vorbei gekommen, noch hatte er nach Alea schicken lassen. Wer wusste schon, was in dieser seltsamen Gestalt vor sich ging und vielleicht wäre es sicherer, wenn sie sich und Rejan von ihm fern hielt. Er hatte ja bereits gezeigt, was ihm in seiner Gegenwart alles passieren konnte. Und Alea durfte es nun ausbaden - zusammen mit ihrem Geliebten.

Sie kehrte in ihr Zimmer zurück. Rejan lag nach wie vor im Bett. Er hatte sich vermutlich keinen Millimeter gerührt. Seine Haut schimmerte wie mattes Porzellan. Es war unheimlich, den sonst so gebräunten und agilen jungen Mann so ruhig und blass zu sehen. So kränklich grau! Vielleicht tat ihm eine Mahlzeit wirklich gut, sofern es möglich war, ihn zu füttern. Alea entschied sich, es zumindest zu versuchen. Kaum dass sie in seiner Nähe saß, sammelten sich die Schatten unter seiner Haut ebenfalls in ihrer Nähe. Sie zog diese geisterhaften Schattierungen an wie ein Kompass es mit winzigen Metallsplittern vermochte. Wenigstens schadeten oder störten diese Schatten sie nicht weiter. Sie waren eben da. Sie mussten verschwinden, damit Rejan wieder genesen konnte.
Dazu musste Alea die Schriftrolle der Schattenmagie finden oder wenigstens etwas Vergleichbares, das ihr half.
Sie versuchte, Rejan zu füttern und erstmals seit seinem schweren Schicksalsschlag zeigte sich ein hauchdünner Silberstreif der Hoffnung am dunklen Horizont. Rejans Lippen bewegten sich, sie spalteten sich unter dem eingeführten Besteck und die Zunge nahm wie von selbst die Nahrung entgegen. Er kaute nicht, weshalb Alea ihm die Nahrung zu Brei zerstampfen musste, aber er nahm sie auf und er schluckte sie herunter. Vielleicht wäre es ebenso ratsam, ihm hin und wieder einen Schluck Wasser zu geben. Dass er aß, bedeutete, dass man ihn noch retten konnte. Er lebte - irgendwie. Das musste doch etwas Gutes bedeuten! Beinahe hatte es den Anschein, dass der Wüstendieb nach dieser Mahlzeit lächelte. Trotz allem rührte er sich nicht weiter, die Atmung ging weiterhin relativ flach.

Erneut klopfte es. "Ich bin es wieder!" Das war Devin. Dieses Mal wartete er keine Aufforderung ab, herein zu kommen, sondern betrat einfach so das Zimmer. Er trug ein großes Bündel mit sich. "Das sind Nachtgewänder. Mein Onkel meinte, ich soll sie hochbringen. 'Die Dame kann unmöglich in ihren Sachen schlafen'", ahmte er den Wirt in einer gelungenen Parodie nach. "Du sollst dich umziehen, dann waschen wir deine Kleider über Nacht - also, ich werde sie waschen." Er lugte neugierig an Alea vorbei. "Oh, dein Freund hat ja doch etwas gegessen. Sehr gut." Das Bündel landete am Fußende des Bettes. Devin zog die Nase hoch. Sein Blick wanderte weiter zu Alea. "Hast du schon eine Idee, wo du weiter nach den Schriftrollen suchen wirst? Wie lange bleibt ihr in Ganda? Ist das Leben auf der Straße aufregend?" Die Fragen sprudelten nur so aus dem Jungen. Alea hatte nicht nur seine Neugier geweckt, aber das war bei Knaben seines Alters vermutlich üblich. Daher arbeiteten solche Burschen auch oft in kleinen Krämerläden oder Tavernen. Man schnappte so einiges auf und das meiste davon ließ sich zu traumhaften Abenteuergeschichten zusammenfügen, die die Fantasie der jungen Leute anregten. So konnten sie Freunde und Mädchen beeindrucken. Devin schien keines von beidem zu wollen. Sein leuchtender Blick lag aufrichtig interessiert auf Alea. "Glaubst du ... meinst du, es gäbe noch andere Wege, dir zu helfen? Wir haben einen Karren im Hinterhof und im Stall steht unser guter General. Er ist ein kräftiges Zugpferd. Er könnte den Karren mitsamt Ladung über weite Strecken ziehen." Was Devin damit wohl andeuten wollte. Er kratzte sich am Hinterkopf.
"Naja, zieh dich um, dann kann ich deine Sachen waschen gehen. Stört dich doch nicht, wenn ich sie danach gleich zurückbringe, nein?"
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Mittwoch 18. Mai 2011, 17:35

Aleas Herz machte einen Sprung als sie Rejans Reaktion sah. Er aß! Zumindest nahm er die Nahrung an und die Diebin schöpfte neue Hoffnung. Er würde nicht ganz so schrecklich abmagern, wenn er noch Nahrung zu sich nehmen konnte. Irgendwo dort gab es noch Leben. Alea betrachtete einen Moment die Schatten in ihrer Nähe. Dann setzte sie auch einen der Becher an Rejans Lippen, der glücklicherweise Wasser enthielt und keinen Alkohol. Auch dieses schluckte Rejan und ein in diesen Zeiten unegwohntes, warmes Gefühl durchströmte Alea. Er würde wieder der Alte werden, zurück zu ihr finden.

Als es klopfte, drehte sie ruhig den Kopf. Irgendwie überraschte sie Devins erneuter Besuch nicht. An ihrem Lächeln konnte er erkennen, dass ihr seine Anwesenheit gefiel. Sie öffnete überrascht den Mund als er von den Nachtgewändern begann, da sie nicht damit gerechnet hatte, dass der Bursche so aufmerksam und fürsorglich war. Immerhin kannten sie sich nicht. Sehnsucht nach frischen Sachen stieg erneut in ihr auf. Auch die Aussicht auf ein Bett unter sich statt des Pferderückens und überhaupt ein bisschen Schlaf, ließen ihre Pläne langsam bröckeln. Was war so schlimm daran, wenn sie diese Nacht noch wartete? Morgen wäre sie ausgeschlafen und ihr Geist wach. Sie würde die Konzentration und Geduld brauchen. Das war ausgeruht und bei Kräften einfacher. Doch ganz überzeugte sie das noch nicht. Sie konnte ihre Bedürfnisse nicht über Rejans stellen.

Zuerst kam sie jedoch nicht dazu, eine Antwort zu geben. Devin nutzte den Moment, um sie weiter auszufragen. "Ja, er isst und trinkt glücklicherweise. Danke, dass du das Essen extra hoch gebracht hast." Ihr Blick begegnete den Devins und sie lächelte über seine Neugierde und freute sich über sein Interesse. "Ich habe einen Hinweis bekommen und denke, ich weiß, wonach ich suchen muss. Ich kann nicht in Ganda bleiben, ich muss gehen und die Schriftrolle suchen. Ich glaube, ich war schon dort. Eigentlich wollte ich heute noch los", gestand sie dann und lächelte schief. Die Aussicht auf Nachtruhe hatte ihrem Tatendrang einen leichten Dämpfer gegeben.
Als er dann plötzlich den Karren und das Pferd erwähnte, wurden Aleas Augen größer. Der Plan in ihrem Kopf wandelte sich. Sie hatte gedacht, Rejan hier lassen zu müssen, in der Hoffnung, der Verursacher dieses ganzen Schattentanzes würde ihm nichts tun. Wenn sie einen Karren besäßen.. sie könnten zusammen zurück reiten, sie könnten Sethek gemeinsam verlassen und sie könnten zu den Amazonen nach Rumdett zurück. Vielleicht würden sie noch dort sein. Vielleicht würden Caitlin und die anderen ihr verzeihen.
"Du bist ein Schatz, Devin!" Ohne über ihre Worte nachzudenken, sprang sie auf und stürzte auf den Burschen zu, den sie stürmisch umarmte. "Es wäre wunderbar, wenn das ginge." Sie strahlte über das ganze Gesicht.

Dann wurde ihr mit einem mal bewusst, was sie gerade tat, und trat einen Schritt zurück. "Äh.. ja, in Ordnung." Ihre Wangen färbten sich leicht ob der plötzlichen Überschwänglichkeit, die sie an den Tag legte. "Tut mir leid", murmelte sie, jedoch mit einem leichten Grinsen. "Ähm, ich zieh mich um und reich dir meine Sachen nach draußen, in Ordnung? Das ist sehr nett, dass dein Onkel daran gedacht hat." Damit streckte sie die Arme nach dem Bündel aus. "Und das mit dem Karren und dem Pferd meinst du wirklich ernst?", hakte sie dann noch einmal nach, kaum glaubend, dass er ihr dies wirklich zu solch passender Gelegenheit anbot. "Das wäre mehr als genug, wie du mir helfen könntest. Ich könnte Rejan mitnehmen und würde ihn in Sicherheit wissen."

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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Erzähler » Freitag 20. Mai 2011, 01:29

Das war doch mal ein gutes Zeichen, oder nicht? Rejan konnte noch nicht ganz verloren sein. Immerhin nahm er die Nahrung auf. Und Alea würde ihn vielleicht mitnehmen können. Zumindest, wenn sie Devins Worten Glauben schenken konnte. Ein Karren, gezogen von einem kräftigen Pferd, das wäre zu schön um wahr zu sein. Aber der Neffe des Wirtes versicherte es ihr. Der Junge ging zunächst nicht genauer auf ihr Nachhaken ein. Er war noch immer vollkommen perplex von ihrer stürmischen Dankesumarmung. Seine Wangen glühten rot bis zu den Ohren und ein breites, aber seliges Grinsen lag auf seinen Lippen. Er schaute vor sich ins Nichts. Sein Blick war verträumt. Derzeit befand sich Devin in einer anderen Welt. Von einer Frau umarmt zu werden, musste für den Jungen eine neue Erfahrung sein.

Tatsächlich hatte er sich schon einmal von einer Nachbarin einen Kuss stibitzt, allerdings war dieser vollkommen harmlos gewesen. Die beiden mochten sich und wollten einfach einmal ausprobieren, warum so viele der Erwachsenen das Küssen so himmlisch fanden. Natürlich ging es hierbei nicht ins Detail und die Zunge blieb auch aus dem Spiel. Ihre Lippen hatten sich im Grunde nicht einmal eine Sekunde lang berührt. Devin hatte trotzdem Geschmack daran gefunden, aber leider hatte er diese beginnende Romanze niemals vertiefen können. Das Mädchen war mit ihrer Familie aus dem Handelsdorf fortgezogen. Ihr Vater erhoffte sich in der Hauptstadt eine größere Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen. Da ein weiteres Kind unterwegs war, hatte er die Chance wahrnehmen müssen. Das war Devins bisher einziger Kontakt zum anderen Geschlecht gewesen und jetzt hatte ihn eine ältere, aber nicht minder hübsche Frau umarmt. Insgeheim bewunderte der Junge Alea bereits. Sie war von weit hergekommen, man sah es schon an ihrem dunkleren Teint und hörte es am Akzent in ihrer Stimme. Ihr Freund war von Schatten befallen. Sie musste viele, aufregende Abenteuer erlebt haben. In Devins Augen stellte Alea schon eine Heldenfigur dar, wie er sie aus den Märchen kannte. Dort boten zwar immer nur Männer die Protagonisten und sie reisten schwer gerüstet, mit Schwert und Schild, um den nächstbesten Drachen zu erlegen, aber konnte die Realität nicht ein bisschen davon abweichen?

Alea war eine Abenteurerin. Sie würde noch viel erleben. Sie würde eine große Heldin werden, der Junge war sich sicher. Und gerade deshalb musste man ihr doch helfen. Vielleicht ging sein unbedeutender Name dann wenigstens in einem Nebensatz erwähnt in die Geschichte ein. Oder mehr ... Devin erwachte aus seinem Tagtraum. Man bemerkte es, weil sein Blick aufklarte und er die Nase hörbar hoch zog. "He, das klappt bestimmt. Lasst das mal meine Sorge sein. Ebenso wie die Wäsche!" Er legte die Nachtgewänder auf das Bett. Rejan störte sich nicht daran. Er lehnte noch immer mit dem Rücken gegen das Kissen, rührte sich nicht. Aber er hatte vorhin gegessen.
"Ich warte jetzt draußen. Gib die Klamotten einfach durch die Tür durch. Ich komme wieder, wenn sie sauber sind."

Dieses Versprechen sollte er einhalten. Leises Klopfen weckte Alea aus dem Schlaf, aber es kam nicht von der Tür. Außerdem wurde auch nicht auf Holz geklopft. Dazu hörte sich das immer drängendere Pochen viel zu klirrend an. Etwas huschte über den Boden. Ein Schatten. Das Mondlicht, das durch das geschlossene Fenster ins Zimmer fiel, zauberte dunkle Konturen und Umrisse. Außerdem strahlte es von hinten eine Gestalt an. Jemand saß draußen vor dem Fenster auf dem Dach. Der Jemand war es, welcher gegen die Scheibe klopfte. Er war nicht besonders groß, schlaksig - die Gestalt eines Jungen. Unter dem Arm trug er ein Bündel. War das ein Einbrecher?
"Lass mich rein, Alea!" Devin. Seine Stimme drang nur dumpf durch das dicke Glas, aber es war eindeutig der Neffe des Wirts. Er lugte in das Zimmer hinein. Seit wann brachte man frisch gewaschene Kleidung mitten in der Nacht über das Dach herein?!
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Re: Das fröhliche Dorf

Beitrag von Alea » Freitag 20. Mai 2011, 19:06

Alea lächelte und versuchte sich zu beherrschen, um Devin nicht mit einem Grinsen zu zeigen, wie sehr sein Gesichtsausdruck und Haltung sie amüsierte. Das ganze schien ihn irgendwie mitzunehmen und einen Moment fragte sich Alea, ob sie dem Burschen falsche Signale gegeben hatte. Dann jedoch besann er sich wieder und sie sah ihn gutmütig an. Er war immerhin ein paar Jahre jünger als sie. Sicherlich würde er sich nicht gleich ein Leben mit ihr ausmalen. Es war nur eine Umarmung gewesen. "In Ordnung. Danke", sagte sie schließlich und wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann schlüpfte sie in das weite, saubere Nachtgewand und reichte Devin die Sachen nach draußen, auch wenn es ihr sichtlich unangenehm war, ihm die schmutzige Kleidung zu geben, die eine ganze eigene Geschichte über ihre Reise erzählte.

Wohl oder übel musste Rejan im Gegensatz zu ihr seine Kleidung anbehalten. Ein Umstand, den sie bedauerte. Aber ihn aus- und ankleiden würde auch nicht so ohne weiteres funktionieren. Davon abgesehen hatte Devin nur Nachtgewänder für sie mitgebracht hatte - in Anbetracht Rejans Zustand war das auch kein Wunder und verständlich. Also legte sich Alea neben ihren Wüstenprinzen und legte sich trotz der Schatten, die sich in ihrer Nähe sammelten, eng an ihn. Ehe sie sich versah, übermannte der Schlaf sie auch schon, die Aufregung der letzten Tage forderte ihren Tribut.

Entsprechend tief war ihr Schlaf und entsprechend lang dauerte es bis sie realisierte, dass das Geräusch nicht von den galoppierenden Pferden in ihrem Schlaf rührte, sondern Teil der manchmal grausamen Wirklichkeit war. Zuerst sah sie zur Tür, noch immer nicht ganz wach, während sich langsam die Frage in ihren Kopf schlich, was das ganze sollte. Dabei realisierte sie irgendwann, dass das Geräusch von hinten kam. Es kam vom Fenster! Mit einem Mal setzte sie sich auf, erschrocken und schnell drehte sich im selben Moment zum Fenster um und schlug sich die Hand vor den Mund, um nicht einen Schrei loszulassen. Wer war das, was wollte er?! Panik stieg in ihr auf, die glücklicherweise rechtzeitig von der Stimme Devins gebremst wurde. "Devin?" Einen Moment schaute sie ihn nur verdutzt an, dann löste sich die Starre in ihrem Körper langsam und sie lehnte sich nach vorne, um seiner Aufforderung nachzukommen.

"Was ist los?" Sie öffnete das Fenster und zischte ihm dieser Frage förmlich ins Gesicht. Sie flüsterte und sah links und rechts an den Burschen vorbei. Was war geschehen, dass er sich über das Dach herein schlich? Ihr Blick fiel auf das Bündel in seinen Händen. Ihre Kleidung allein konnte kein Grund sein, sie nachts, über das Dach, zu wecken.

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