Im Frauenhaus von Xytras

Im Frauenhaus halten sich nicht nur schwangere Amazonen und junge Mütter auf, sondern auch der Frauenrat von Xytras: die drei weisen Jungfern
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Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Freitag 10. Oktober 2008, 11:34

<i>Alea kommt von Der Hafen von Xytras -> "Ankunft im Hafen"</i>

Das Frauenhaus entpuppte sich nicht nur als hervorstechendes, sondern auch beeindruckendes Gebäude. Es war groß genug, mehrere Hundert Personen in sich aufzunehmen und lag mitten in einer kleinen Parkanlage.
Zwei Statuen – Frauen, die Schalen gen Himmel hielten, in denen ab dem Abend Feuer brannten – zierten den Eingang, der aus einem großen Holzportal bestand, welches durch Eisen verstärkt worden war. Es erinnerte an zwergische Baukünste und sicher hatten jene kleinen Frauen hierbei ihre Kenntnisse einbringen können.

Der Park war selbst zu Zeit des Übergangs gepflegt. Hier und da gab es kleine, hölzerne Spielgeräte für Kinder und als Alea mit Caitlin das Gelände betrat, entdeckte sie dort nicht nur Mädchen spielen. Wie es die Jung-Amazone erzählt hatte, durften sich auf diesem Grundstück auch junge Knaben aufhalten – bis man sie dem Festland übergab.
Die Kinder tobten und spielten. Keines der Mädchen machte schon den Anschein, Jungen zu verabscheuen. Sie spielten fröhlich und vollkommen unbeschwert miteinander, allerdings unter steter Aufsicht einiger Amazonen, die die Gewandungen von Ammen und Kindermädchen trugen. Sie hatten vor allem ein Auge auf die Knaben.

Hinter Alea und Caitlin holten inzwischen auch Brynia mit Rejan am Arm auf. Sie alle betraten nun das Frauenhaus, das sie zunächst mit einer großen Eingangshalle empfing. Hinter jeder Menge geschlossener Türen befanden sich Mütter mit ihren Töchtern oder auch Söhnen, sowie junge Mädchen, die hier in Benehmen und der amazonischen Kultur unterrichtet wurden. Das Kämpfen brachte man ihnen später in der Amazonenburg bei, sobald sie ein entsprechendes Alter erreicht hatten.
Caitlin blieb kurz stehen, damit sich Alea einen ersten Eindruck machen konnte. "Willkommen im Frauenhaus. Hier und in der Amazonenburg wirst du die erste Zeit verbringen, wenn man dich zu einer waschechten Amazone ausbildet. Ich habe fast drei Jahre hier gelebt. Es war eine schöne Zeit."

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Montag 13. Oktober 2008, 23:42

Auf dem Weg zum Frauenhaus huschten Aleas Augen von einer zur anderen Straßenseite und konnten sich gar nicht entscheiden, wo sie hängen bleiben sollten. Sie war noch nie woanders als in der Wüste gewesen. So war im Prinzip jede fremde Stadt interessant für sie. Dass diese Stadt hier jedoch größtenteils nur von Frauen bewohnt wurde, machte es noch um einiges interessanter und spannender. Die Diebin war dadurch nur noch neugieriger.

Allerdings schien es hier üblich zu sein, bei jeder Gelegenheit schlecht über Männer zu reden. Vor allem die Wortwahl ließ Alea innerlich immer wieder zusammen zucken. So auch bei Caitlins Worten, die sich über das andere Geschlecht ausließ. Doch es war nicht schwer, zu erkennen, dass dahinter nicht nur die Vorbilder der anderen Amazonen, sondern eigene Erfahrungen steckten.
Als ihr Griff fester und schmerzhaft wurde, widerstand Alea nur mit Mühe dem Drang, ihr den Arm zu entziehen. Stattdessen legte sie ihre Hand auf den Arm der jungen Frau und versuchte, sie so zu beruhigen.
In dieser Stadt schien jede seine eigenen Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht gemacht zu haben. Und offensichtlich nicht nur Gute, wenn überhaupt. Auch Caitlin war scheinbar Schlimmes widerfahren. Doch Alea getraute sich nicht, nachzufragen, was genau. Einerseits, weil sie nicht wusste, ob es sie etwas anging und ob sie dürfte und nicht doch nur eine Abfuhr bekommen würde. Andererseits, weil Caitlin sofort auf das Frauenhaus lenkte, dem sie nun immer näher kamen.

Also half Alea ihr, so hoffte sie jedenfalls, und lenkte ihren Blick ohne weitere Fragen, die solche Gefühle in der jungen Amazone aufwühlen konnten, zu dem Frauenhaus.
Es war riesig und äußerst beeindruckend. Alea legte den Kopf in den Nacken und nutzte die Augenblicke, die Caitlin ihr bot, um sich alles genau anzusehen. Das Gebäude sah so fremd und groß aus und unterschied sich in allem mit den in Sarma stehenden Häusern.

Erst Caitlins Worte ließen sie von den hohen Mauern wieder hinab sehen. Dabei fiel ihr Blick auf die herum tobenden Kinder. Sie wirkten so unschuldig und Alea fiel es schwer an die Grausamkeit der Amazonen zu glauben.
Wie konnten sie einfach so ihre Söhne aussetzen? Und dabei war es ihnen vollkommen egal, in welche Hände sie gelangten oder ob der Tod sie ereilte.
Wahrscheinlich waren die meisten nicht älter als sie es zu der Zeit gewesen war, zu der ihre Eltern sie verlassen hatten.
Trotz des schweren Pelzmantels breitete sich erneut eine Gänsehaut auf ihrer Haut aus. Sie würde diese niedlichen Wesen nie so herzlos weg bringen, oder eher fort schaffen, wie man schon sagen musste, können.

Alea überlegte kurz, kam aber zu dem Entschluss, dass jetzt wohl kein passender Zeitpunkt gekommen war, um eine Diskussion über Grundsätze zu führen. Allerdings verspürte sie für einen Moment den Drang, Caitlin von ihrer Kindheit, die so abrupt geendet hatte, zu erzählen. Dann würde sie sehen, dass nicht nur sie dunkle Gedanken zu tragen hatte. Und vielleicht hätte es ihr geholfen. Aber sie ließ es und versuchte stattdessen, die Stimmung ein wenig zu heben.
"Es sieht wirklich schön hier aus", musste sie zugeben, auch wenn es sie vor der Vorstellung, hier drei Jahre zu verbringen, graute. Aber das würde ja nicht geschehen. Also sprach sie von ehrlichem Wohlwollen.

"Ihr Amazonen seid ein interessantes Völkchen", meinte sie dann und grinste, ohne wirklich darüber nachzudenken, was sie sagte. Hier strömten einfach zu viele Dinge auf einmal auf sie ein.
Sie sah kurz zu Rejan, um zu sehen, wie es ihm ging. Doch dann zogen wieder die spielenden Kinder ihre Aufmerksamkeit auf sich. Und mit ihnen die düsteren Gedanken um die eigenwillige Kultur der Frauen.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Dienstag 14. Oktober 2008, 17:11

Wie Alea es bereits gesagt hatte: Die Amazonen waren ein interessantes Völkchen. "Wir sind nur Frauen, die sich von keinem Männchen jemals unterdrücken lassen werden", gab Caitlin zurück. Ihr Gemüt hatte sich noch nicht ganz beruhigt. Von ihr ging eine Aura aus, an der man eine Kerze entzünden könnte. Sie brannte wahrlich noch vor Wut über die ungerechte Welt, in der sich erst eine Schar Frauen zu einem eigenen Volk zusammentun mussten, um zumindest ein wenig Macht auf gleicher Höhe mit den Männern ausüben zu können. Aber sie hielt sich zurück, das sah man ihr an. Sie wollte Alea nicht die Stimmung vermiesen, denn sie selbst wusste, wie beeindruckend es war, zum ersten Mal das Frauenhaus zu betreten.
Damals, als sie als heranreifende junge Frau vor die drei weisen Jungfern getreten war, hatte ihr das Herz bis zum Hals hinauf gepocht. Sie schmunzelte bei dem Gedanken, denn sie erinnerte sich gern an ihre Eingliederung in den Kreis der tapferen Frauen, die sich Amazonen nannten.

"Lasst uns das rasch hinter uns bringen", meinte Brynia. Ihr gefiel es offensichtlich nicht, dass sie noch sehr viel länger Rejan mit sich würde ziehen müssen. Der Wüstendieb machte bislang einen gelassenen Eindruck. Wenn er nervös war, so sah man es ihm nicht an. Er zwinkerte Alea beruhigend zu, als diese den Blick auf ihn richtete. <i>Mach dir keine Sorgen</i>, wollte er ihr damit sagen. <i>Das stehen wir schon durch.</i> Sie konnten nur hoffen, aber Rejan zeigte sich wirklich zuversichtlich. Er hatte auch nicht groß etwas zu verlieren. Entweder würde man ihn als Spender für nicht geeignet einstufen, weil man seiner nicht real existierenden Gattin den Mann und sein Erbgut nicht wegnehmen wollte oder aber er hätte seinen Spaß. Ja, für Rejan schien es keine schlechte Nachricht in dieser Sache zu geben. Schlimmstenfalls setzten die Amazonen ihn auf dem Festland aus, aber selbst dann war er wenigstens wieder frei und konnte sich einen Unterschlupf suchen, bis Alea die Mission der Wüstendiebe erfüllt hätte. Dies müsste sie dann bedauerlicherweise eben allein tun, aber Rejan vertraute ihr und glaubte an die Fähigkeiten seiner Wüstenblume. Er hatte ohnehin das Gefühl, dass er ihr in dieser Angelegenheit wenig von Nutzen war.

Brynia, Rejan, Alea und Caitlin traten vor eine große, doppelflügelige Holztür. "Dahinter sitzen sie, die drei weisen Jungfern", gab Brynia bekannt. Sie legte Rejan eine Hand auf die Schulter und schob ihn voran. Zwei Amazonenwächterinnen links und rechts der Tür verstanden sofort, dass sich die Amazonen mit den Herrscherinnen der kleinen Stadt aussprechen wollten und öffneten das Portal. Brynia schob den Wüstendieb kurzerhand weiter. Caitlin und Alea folgten. Der Saal, den sie betraten, musste einer der größten des Gebäudes sein. Die Decken reichten weit hinauf und wie Säulen säumten riesige Frauenstatuen den Weg bis zu einem Podest am Ende des Raumes, auf dem sich drei hohe Stühle befanden. Die Statuen zeigten, wofür die Welt der Amazonen – ihre Kultur – einstand. Man sah Kriegerinnen, die unter sich einen steinernen Löwen mit dem Speer bedrohten. Es war ganz klar, wen der Löwe symbolisieren sollte. Man sah ein zierliches Mädchen, leicht bekleidet und eine Harfe spielend, man erkannte ein weises Mütterchen, um das sich mehrere Mädchenstatuen versammelt hatten. Frauen mit Werkzeugen für Ackerbau und den Haushalt. Schnell erkannte man, dass Amazonen nicht nur kriegerische Mannsweiber waren, die sich nichts sagen ließen und jeden Kerl am liebsten mit dem Schwert durchbohrten. Nein, sie waren auch weiterhin einfache Frauen, Bäckerinnen, Bäuerinnen und Mütter. Ihre Kultur lebte einfach nur ohne den Mann, sah ihn lediglich als Herrscher einer anderen Welt, zu der sie nicht gehören wollten und dort nur einkehrten, wenn sie einen Spender wie Rejan zu brauchen schienen.

Caitlin folgte Brynia, die mit schnellen Schritten bis zum Podest vorgelaufen war. Dort drückte sie Rejan auf ein Knie herunter, blieb selbst aber aufrecht stehen. Der Wüstendieb spielte das Spielchen mit, er wollte hier kein Aufsehen erregen. Wenigstens war er klug genug, sich nicht mit all diesen bewaffneten Frauen anlegen zu wollen.
Ein Vorhang, der einen anderen Raum auf der Seite vom Saal abtrennte, wurde zurückgezogen und drei Damen traten herein. Stolz und hocherhobenen Häuptern stolzierten sie zum Podest, setzten sich jeweils auf einen der hohen Stühle. Das mussten die drei weisen Jungfern sein. Ob sie wirklich jungfräulich waren, ließ sich natürlich nicht erkennen, aber dass sie Sinn für Herrschaft hatten, sah man ihren besonnenen Blicken an.

Da gab es eine Nachtelfe, eindeutig erkennbar an der perlmuttfarbenen Haut, die im Licht fast violett schimmerte. Sie hatte das silbrig-weiße Haar zu einem dicken Zopf nach hinten gebunden, trug nur um die Hüften herum einen Lederschurz und bedeckte ihre Blöße ansonsten mit kunstvoll gemusterter Hautbemalung. Ihre gelben Augen ruhten sofort auf Rejan, den sie mit unergründbarer Miene musterte.
Die zweite Jungfer war ebenfalls eine Elfe, vermutlich aus dem Eldoras oder Neldoreth. Ihre grünen Augen leuchteten wie Smaragde und sie hatte sich Seidenbänder ins Haar geflochten, dass diese wie sternförmige Blumen aussahen. Auch diese Elfe trug bis auf ein paar Ketten aus Holzperlen und grüne Körperbemalung nur ein seidenes Mieder, das ihren Schambereich verdeckte. Ihre roten Lippen bildeten eine schmale Linie, als sie des Männchens gewahr wurde.
Letzte im Bunde war eine Menschin mit goldbrauner Haut und kunstvoll aufgesetztem Kopfschmuck. Sie trug ein Kleid aus Leder, das ihre Figur betonte. Unter ihrem geweihartigen Kopfschmuck, auf dessen höchsten Punkt ein Edelstein bliltzte, lugten geflochtene braune Haare wie dicke Lianen hervor. Sie erhob als erstes die Stimme.

"Die drei weisen Jungfern grüßen ihre zurückgekehrten Schwestern. Wie wir sehen, habt ihr etwas und jemanden mitgebracht. Mein Name ist Panthera und das hier sind Landyriel und Alyone, die Nachtelfe. Bitte stell dich vor, junge Frau." Sanft blickte Panthera auf Alea herab.
Caitlin schob ihre Freundin ein Stück weit vor. Um Rejan kümmerte man sich zunächst nicht.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Sonntag 19. Oktober 2008, 12:20

Alea überlegte nicht zum ersten Mal, was Caitlin wohl widerfahren war. Nicht nur ihr. Ihrer Meinung nach musste schon einiges passieren, dass man Männer so verabscheute wie die Amazonen um sie herum.
Sie verstand nicht, dass sie in ihnen nicht das sahen, was sie selbst sah. Ein Blick von Rejan reichte aus, um sie für einen Moment lächeln zu lassen. Sie war froh, dass er bei ihr war und sie diese ganze Sache nicht allein durchstehen musste. Mit ihm an ihrer Seite fühlte sie sich noch ein Stück selbstsicherer.

Und das brauchte sie jetzt auch. Denn nun betraten sie das Frauenhaus, um vor die weisen Jungfern zu treten. Alea spürte die Aufregung durch ihren Körper dringen. Ihr Herz klopfte wie wild, als sie den großen Saal betrachtete, der sich hinter der doppelflügeligen Tür vor ihnen auftat. Jetzt war also der Moment der Entscheidung gekommen. Sie versuchte sich schon die passenden Worte zurecht zu legen, mit denen sie die drei Herrscherinnen Xytras' davon überzeugen konnte Rejan „zu verschonen“. Doch diese Angelegenheit war ihr so wichtig, dass die Nervosität sie vollkommen einnahm und nur wenige klare Gedanken zuließ.

Schnell folgte sie Caitlin und Brynia bis nach vorne. Ihre Aufmerksamkeit wurde schnell von all den Statuen und Bildnissen, die die verschiedensten Frauen zeigten, auf den Vorhang am Ende des Saals gelenkt. Und es dauerte nicht lange, da traten die drei Frauen dahinter hervor.
Alea musterte die Jungfern, die sich auf den hohen Stühlen niederließen. Sie schienen den verschiedensten Völkern anzugehören, was Alea überraschte. Die einzigen Vorurteile, die man hier zu haben schien, richteten sich offenbar nur gegen Männer und nicht gegen andere Völker, so wie es Alea aus den verschiedenen Geschichten her kannte. Sie konnte sich immer weniger mit den Amazonen identifizieren. Aber sie wusste, wie wichtig es war, wenigstens so zu tun, um die Mission zu erfüllen.

Caitlin schob sie nach vorne, näher zu den Jungfern heran. Alea, die die drei wie gebannt ansah, rief sich ihre letzten Worte zurück in den Kopf.
<i>"Die drei weisen Jungfern grüßen ihre zurückgekehrten Schwestern. Wie wir sehen, habt ihr etwas und jemanden mitgebracht. Mein Name ist Panthera und das hier sind Landyriel und Alyone, die Nachtelfe. Bitte stell dich vor, junge Frau."</i>
Die dunklen Augen der Diebin lagen zunächst auf Panthera, die ihr die Frage gestellt hatte. "Ich bin Alea." Sie lächelte, fast scheu, und versuchte zu ihrer ruhigen Stimme zurück zu finden. Natürlich blieb sie bei ihrer Geschichte. "Ich habe mich auf das Schiff von Käpt'n Hjalka geschlichen. Um eine Amazone zu werden."
Ganz gelang es ihr nicht, eine ruhige Stimme zu bewahren. Noch immer verriet diese ihre Nervosität. Aber dann machte es ihre Geschichte vielleicht sogar glaubhafter.
Sie überlegte, ob sie Rejan gleich mit in die Geschichte einbauen sollte, ließ es dann aber bleiben. Denn bisher hatten die drei ja keinen Anschein gemacht, sich für ihn zu interessieren.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Montag 20. Oktober 2008, 16:53

Alea stellte sich ohne große Umschweife vor und gab anschließend die Erklärung ab, mit der sie schon auf der <i>Stolzen Magdalena</i> das Unglück zumindest von sich selbst abgewandt hatte. Dem armen Azlar hatte dieser Umstand nichts genützt. Aber wenigstens erweckte Alea auf diese Weise keinen unnötigen Verdacht, denn Brynia und Caitlin hatten ihre Worte auf dem Schiff schon einmal gehört und eine andere Version ihres Hierseins würde sie nur als Lügnerin dastehen lassen.

Die drei weisen Jungfern wechselten jedenfalls Blicke, nachdem Alea ihre kleine Erklärung abgegeben hatte. "Du hättest unsere Schwester Hjalka auch einfach fragen können, aber gut, nun bist du hier", antwortete Landyriel, die Elfe. "Dass du eine von uns werden willst, ist natürlich ehrenhaft und erwärmt unsere Herzen. Doch ist damit nicht nur der Wunsch, sondern auch eine Ausbildung verbunden."
"Wir müssen herausfinden, inwieweit du bereits amazonisch denkst und was man dir noch beibringen kann. Du wirst alles im Frauenhaus lernen. Ich schlage vor, da Caitlin kurz vor ihrer vollwertigen Aufnahme zur Amazonengemeinschaft steht, könnte sie deine Mentorin werden, Schwester Alea."
Die Jungfern nickten eifrig und Caitlin warf Alea ein freudestrahlendes Lächeln zu. Sie schien hellauf begeistert, diese Aufgabe übernehmen zu dürfen.
"Eine Ausbildung zur Amazone kann bis zu fünf Jahre andauern, je nachdem wie viel du vorher schon kannst. In dieser Zeit lebst du hier im Frauenhaus, darfst dich aber frei in Xytras und dem Umland bewegen. Die Insel verlassen ist dir jedoch nur mit Genehmigung erlaubt. Alles andere wird dir Caitlin dann erklären. Und nun kommen wir zu dem anderen ... Objekt. Brynia, was hast du uns da mitgebracht?" Die Nachtelfe, welche soeben gesprochen hatte, wies mit gerümpfter Nase auf Rejan. Der erwiderte ihre Mimik mit einem entwaffnenden Lächeln.

Brynia trat vor und zog Rejan mit sich. "Das hier ist Aleas Bruder, Schwester Alyone. Er hat sich der Spende für amazonische Nachkommenschaft zur Verfügung gestellt."
"Aber er ist verheiratet!", rief nun Caitlin dazwischen, was die Jungfern erneut untereinander Blicke austauschen ließ.
"Ein verheirateter Spender kommt nicht in Frage!"
"Er zeigt offene Untreue!"
"Wieder einmal typisch Männchen!", schimpften die Jungfern. Rejan wurde mit verachtenden Blicken bestraft. Doch was sollte nun aus ihm werden. Sie hatten gehört, dass er Aleas Bruder war, aber würde dies etwas ändern? Setzte man ihn möglicherweise sofort mit dem nächsten Schiff auf dem Festland aus?

"Verheiratet oder nicht, er hat zwei Möglichkeiten. Entweder spendet er mit anschließender Bestrafung aufgrund von Untreue oder wir strafen ihn sofort und übergeben ihm dann dem Meer oder dem Festland, falls sich eine Schiffsbesatzung bereit erklärt, diese Fracht zusätzlich aufzunehmen."
"Bestrafung?", gab Rejan von sich und starrte die Jungfern an. Egal, wofür man sich entschied, an einer Strafe kam er offensichtlich nicht herum. Der Blick der drei Anführerinnen lag nun auf Alea und auch Caitlin und Brynia schauten sie an.
"Da du seine Schwester bist", begann Panthera erneut zu sprechen, "obliegt es dir, diese Entscheidung zu treffen. Spenden oder zurück zum Festland, es liegt bei dir. Über das Strafmaß entscheiden wir allerdings."

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Dienstag 21. Oktober 2008, 21:03

Glücklicherweise gingen die drei Jungfern nicht weiter darauf ein, wie Alea es noch hätte anstellen können, zu den Amazonen zu gelangen. Und gefragt hatte sie Hjalka doch... später eben, als es unausweichlich war. Die Drei gaben sich mit ihrer Erklärung aber auch so zufrieden und Alea musste nicht einmal mehr das eingeschüchterte und verunsicherte Mädchen spielen. Die drei Jungfern besaßen die perfekte Ausstrahlung, um sie tatsächlich so fühlen zu lassen. Auch wenn sie sich recht sicher war, dass sie keine Angst vor ihnen haben brauchte.
Im Gegenteil, sie erklärten ihr sofort den Ablauf der Ausbildung. Sie fragte sich, wie lange sie wohl hier bleiben würde? Auf keinen Fall fünf Jahre, so viel stand fest. Aber wie sollte sie von dieser Insel kommen, wo sie sich doch auf ihr frei bewegen, aber sie nicht verlassen dürfte? Nie hätte die Wüstendiebin gedacht, dass dieser Auftrag so schwierig werden würde. Immerhin, Caitlin würde ihre Mentorin sein. Und sie schien sich offenbar ebenso darüber zu freuen wie Alea auch, die sie kurz anlächelte.

Denn da kamen sie schon auf Rejan zu sprechen. Rejan, das Objekt. Eine Bezeichnung, die ihr Lächeln verschwinden und ihr Herz schneller schlagen ließ.
Caitlin warf sofort ein, dass er verheiratet war und scheinbar schienen auch die drei Herrscherinnen von Xytras Anstoß daran zu nehmen, wenn ein potenzieller Spender verheiratet war. Ein Umstand, der Alea Hoffnung machte.

Doch die schwand sogleich, als sie voller Entsetzen die nächsten Worte hörte. Betraft würde er so oder so. Entweder spendete er dazu noch oder verließ die Insel. Alea hatte zwar die ganze Zeit über gewusst, dass diese schwierige Situation bald auf sie zukommen würde, doch nun stand sie mittendrin und fühlte sich von ihr überrumpelt.
Zu allem Überfluss musste auch noch sie entscheiden...
Spätestens jetzt war alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen. Sie sah Rejan an und suchte nach einem Zeichen von ihm. Was sollte sie tun? Doch eigentlich wusste sie es schon. Sie musste sich nur an die verschwommenen Fetzen, die ihr vom letzten Traum noch im Kopf herum spukten, denken. Wenn es nicht gerade Caitlin war, die sich um seinen Hals warf, dann waren es wer wusste schon wie viele Amazonen, die sich auf seinen Leib warfen.
Sie wusste, dass sie dies nie ertragen würde können. Und genau genommen wollte sie gar nicht erst in Rejans Augen lesen, was ihm lieber sein würde - die Frauen oder das einsame Festland. Sie hatte Angst, die Antwort darin zu lesen, die sie fürchtete und lieber unausgesprochen lassen wollte.

Sie schluckte schwer. Ihre Kehle fühlte sich wie ausgetrocknet an. Jetzt musste sie sich wirklich um eine feste Stimme bemühen, als sie sich an die drei Jungfern wandte.
"Es käme seiner Frau einem Verrat gleich, wenn ich ihn einfach so..." <i>ausliefern würde.</i> Sie räusperte sich kurz. "Wenn ich ihn zur Spende schicken würde." Es war ihr zuwider die selben Worte wie die Amazonen zu benutzen. Noch schlimmer traf sie im Moment jedoch das Urteil selbst, das sie getroffen hatte.
"Ihm dem Meer zu überlassen, wäre ihr auch nicht gerecht gegenüber", fügte sie dann noch hinzu.
Mit einem Mal griff die Angst, einer großen Hand gleich, nach ihr. Sie wollte nicht auch noch Rejan verlieren. Schlimm genug, wenn er jetzt - wegen ihr - gehen musste. Doch er sollte nicht auf dem Meer sterben. Nicht so wie Azlar vielleicht...
Sie spürte wie das Zittern ihres Körpers zunahm. Ihre Beine fühlten sich wie Sand an und sie musste sich bemühen, zu wirken, als würde ihr all das nichts ausmachen. Sie atmete ein paar Mal tief ein und wieder aus.
Wie sollte sie das alles nur alleine schaffen? Dazu noch mit dem Gedanken an Azlar und Rejan, die beide wegen ihr fort mussten... Dazu noch die Strafe, um die sie sich bisher allerdings am wenigsten Sorgen gemacht hatte. Doch was würden diese Frauen verlangen, die ihre Stadt konsequent mit ihren harten Gesetzen regierten?

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von fremde Frau » Mittwoch 22. Oktober 2008, 17:21

Alea begann zu sprechen, doch konnte sie ihren Worten kaum Ausdruck verleihen. Sie musste sich räuspern und nochmal von vorn beginnen, den Satz so zu vollenden, dass keinerlei Verdacht entstand, sie hegte Abneigung gegen die Kultur dieses Frauenvolkes. Dabei waren sie doch nicht besser als die Männer des Festlandes! Oder etwa doch? Sie wollten Rejan "nur" bestrafen, schenkten ihm aber anschließend die Freiheit beziehungsweise eine Nacht mit wer wusste schon wie vielen Frauen. Dieses Angebot klang besser als das, welches beispielsweise Pelgar für jemanden vorgesehen hatte, der ihrer Meinung nach ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen hatte.
Amazonen hielten eindeutig nicht viel von Heirat, jedenfalls nicht, wenn es sich um eine Ehe zwischen Frau und Mann handelte. Aber sie schienen immerhin diese Bindung nicht wieder auflösen lassen zu wollen, wenn sie denn schon einmal gesprochen worden war. Viel wichtiger war den Amazonen dann die Treue, die der Mann seiner Frau entgegenzubringen hatte, wenn er sie schon in eine Ehe mit ihm zwang. Denn nichts Anderes war es in den Augen einer Amazone, wenn ein Mann sich an eine Frau band: er zwang sie dazu, ihn auf Lebenszeit zu ertragen.

Doch all dies trat erst einmal in den Hintergrund. Jetzt musste eine Entscheidung getroffen werden, eine Entscheidung über das Männchen Rejan. Die drei Jungfern lauschten den Worten Aleas und aus ihren Mienen war eindeutig abzulesen, wie sehr ihnen ihre Argumentation missfiel.

Rejan hingegen schaute zu seiner Wüstenblume hinüber und jeder, der ihm langfristig in die Augen geblickt hätte, wäre aufgefallen, dass die beiden den geschwisterlichen Bund nur vorgetäuscht hätten. Er sah Alea so verträumt, so verliebt an, dass es Wachs zum Schmelzen bringen konnte. Seine Lippen bewegten sich, formten ihren Namen lautlos. Er war tief gerührt, wie sehr sie versuchte, ihn vor beiden Schicksalen zu bewahren.
Nun, aber Rejan wäre nicht Rejan gewesen, wenn ihn die Spende sonderlich gestört hätte. Obwohl der Wüstendieb langsam Zweifel hegte, ob eine solche Sache unter Frauen wie diesen für einen Mann ein gutes Ende nehmen konnte.

"Du wirkst unentschlossen, Schwester Alea!", begann Panthera plötzlich wieder zu sprechen. Ihre Stimme war kühl und sie schaute herrisch. Panthera strahlte eindeutig die meiste Autorität, gepaart mit Einschüchterung, aus. "Da du dich nicht entscheiden kann, werden wir alles eben kombinieren. Seine Frau hätte besser auf ihr Männchen achten sollen. Mach uns nicht weis, sie wusste nicht, dass er dich begleiten würde."
"Was soll das überhaupt für ein Männchen sein, der seine Gattin allein zu Hause lässt, um der Schwester zu folgen?", mischte sich nun die Nachtelfe Alyone ein. Sie sprach zwar deutlich sanfter und beherrschter als Panthera, aber das milderte ihre Worte nicht sonderlich ab. "Du willst doch Amazone werden. Amazonen sind stark, wir brauchen den Schutz eines ... Männleins nicht."
"Wir kombinieren also!", erklärte Panthera erneut und trat an den Wüstendieb heran. Sie kam ihm so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen hätten berühren können. Wie eine Schlange zischte sie: "Du wirst uns eine Nacht lang als Spender dienen. Wir werden dich aussaugen wie eine blutrünstige Fledermaus ihre Beute. Du wirst gemolken werden wie eine Kuh, bis du kaum mehr stehen kannst. Anschließend bringt dich eine Kapitänin mit dem Schiff, wohin du willst. Hauptsache fort von hier. Ich empfehle dir jedoch, nach Hause zu deiner Frau zu fahren, die dich sicher schon vermisst!"

Rejan schluckte. Nein, jetzt gefiel es ihm ganz und gar nicht mehr, als Spender herzuhalten. Den Worten der Amazone nach musste es eine schmerzhafte Angelegenheit sein.
"Und für seine Untreue soll er folgende Strafe erhalten", erhob Landyriel die Elfe anschließend das Wort. Sie hatte bislang kaum gesprochen und ihre Stimme klang wie Honig, doch war der Inhalt ihrer Aussagen umso bitterer. "Männchen, Untreue ist ein schweres Vergehen. Damit du Zeit bekommst, über deine Fehler nachzudenken, wirst du am Training unserer Jung-Amazonen auf der Brug teilnehmen – als gegnerische Trainingseinheit. Eine Heilerin beaufsichtigt das Ganze, sterben sollst du schließlich nicht. Wir brauchen noch, weshalb die Göttinnen überhaupt das männchenhafte Geschlecht auf Celcia wandeln lassen. Die Spende findet nach Sonnenuntergang statt."

Die Jungfern hatten gesprochen. Mit einem Wink zu Brynia sollte Rejan nun abgeführt werden. Er starrte die Frauen an und böse Flüche lagen auf seiner Zunge, aber er gab keinen Ton von sich. Aber er fixierte Alea und schaute sie eindringlich an, ehe Brynia ihn an der Schulter packte, um ihn fortzubringen.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Samstag 25. Oktober 2008, 16:04

<b>Nein!</b> "Ich..." <b>..wollte doch nur... ich meinte das doch anders...</b> Alea ließ die Schultern hängen. Ihre Antwort hatten sie vollkommen falsch interpretiert! Sie hatte doch nur gewollt, dass Rejan nicht dem Meer, sondern dem Festland übergeben wurde.
Und jetzt... jetzt hatten ihre Worte überhaupt nichts bewirkt.
Ihre Beine wollten nun ein für alle mal nachgeben und ihren Dienst versagen. Sie biss sich auf die Unterlippe, bis sie den eigentümlichen, metallenen Geschmack ihres eigenen Blutes schmeckte. Ihre Hände verkrampften sich. Sie fühlte sich so hilflos wie schon länger nicht mehr.
Sie konnte niemanden in die Augen sehen. Nicht den Amazonen, die das Urteil über Rejan verkündeten, noch ihm selbst.
Was hatte sie nur getan?

Sie blinzelte und versuchte sich zu beruhigen und all die Gefühle und Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Schon bald würde er unter Dutzenden von Frauen liegen. Egal, wie abschreckend die drei Jungfern dieses Unterfangen bezeichneten... Rejan würde es, und wenn es nur zum Anfang war, Freude bereiten.
Sie schniefte kurz und versuchte, Ruhe zu bewahren.
Ihre Geschichte hatten die drei eindeutig für unglaubwürdig eingestuft. Glücklicherweise nicht ihre Absicht, aber die Rejans, womit er nur noch schlechter da stand.
Ihre Worte, mit denen sie Rejan beschützen hatte wollen, hatten überhaupt nichts gebracht, sondern alles nur verschlimmert. Erst würde er als Übungspuppe herhalten müssen, und allein die Erwähnung einer Heilerin, maß dieser Situation für Alea so viel Gefahr zu. Und dann würde er sich unter Dutzenden von willigen Frauen legen müssen... können... was auch immer.

Sie spürte seinen Blick auf sich und konnte sich nur mit Mühe zu ihm herum drehen. Auch wenn sie sich bemühte, war ihr die Verzweiflung, die sie spürte, anzusehen. Vor allem für ihn.
Und nun? Jetzt würde sie wahrscheinlich nicht einmal mehr die Gelegenheit bekommen, ihn zu sehen und sich von ihm zu verabschieden.
Wer wusste schon, wann sie sich wiedersehen würden. Wer wusste schon, was der Auftrag der Wüstendiebe noch nach sich ziehen würde.
Wenn sie könnte, hätte sie die Zeit jetzt am Liebsten angehalten oder zurück gedreht. Hauptsache, die Sonne würde nicht untergehen. Sie wusste, dass sie sich diese Sache ansehen musste und es gleichzeitig das Letzte sein würde, was sie wollte. Zu viel Angst hatte sie vor Rejans Reaktion. Sie befürchtete, dass sie alles zerstören würde.

Brynia packte ihn an den Schultern und sie machten sich auf den Weg nach draußen. Alea wollte sich, rein aus Höflichkeit denn aus Ehrlichkeit, bei den drei Jungfern bedanken. Doch sie bekam kein Wort heraus und stand nur stumm da, den Blick erneut gesenkt. Sie wollte die drei nicht ansehen, auch Caitlin nicht. Sie wusste nicht, wie nahe sich Bruder und Schwester stehen konnten, ohne dass auch noch das unglaubwürdig wirken konnte.
Schließlich löste sie sich aus ihrer Starre und folgte den anderen. Dabei atmete sie tief ein und aus und hoffte, dass ihre Augen nicht verrieten, wie sehr sie dieses Urteil traf.
"Wie... für wie viele... muss er denn... spenden?", fragte sie dann Caitlin leise, damit es der „Betroffene“ selbst nicht hörte. "Ich werde doch noch Zeit mit ihm zusammen haben, oder?" Sie wusste nicht, ob das die richtige Frage war, aber sie hoffte es so sehr.
Wieso konnten sie nicht einfach fliehen? Sich einfach auf ein Schiff stehlen, sich zwischendurch noch schnell fünf Amazonen schnappen, und dann nach Rumdett fahren.
Wieso war das alles so kompliziert? In Gewissensbissen versunken starrte sie auf Rejans Rücken. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Sie fragte ich ernsthaft, wie sie diesen Tag... diese Nacht überstehen sollte.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Montag 27. Oktober 2008, 09:36

Caitlin, die schräg hinter Alea stand, bemerkte, wie diese leicht taumelte. Sie drohte einfach einzuknicken und zusammen zu sacken. Die Jung-Amazone vermutete, dass Alea von dem Urteil der Jungfern einen Schock erlitten hatte, glaubte aber, es läge daran, weil Rejan ihr Bruder war. Sie konnte ja nicht ahnen, dass die Bande anderweitig miteinander verflochten waren. Aber sie unterstützte Alea, so gut sie konnte, immerhin war sie ihre Mentorin. So legte sie eine Hand unter Aleas Arm, damit diese sich abstützen konnte, wenn sie musste.

Alea erwiderte Rejans Blick und musste wohl plötzlich das blanke Entsetzen in dessen dunklen Augen sehen. Er war erschreckt, aber nicht ob des Urteils, sondern weil Aleas Augen so voll Verzweiflung steckten. Weil sie ihn so todesunglücklich anschaute. Es führte dazu, dass sich die Nackenhärchen des Wüstendiebes aufrichteten. Schnell schaute er zu Boden, wusste, warum Aleas Augen ihm einen Stich im Herzen und ein flaues Gefühl im Magen verursachten.

Nun ging es wieder hinaus aus dem Frauenhaus. Die Amazonen hatten die Kinder im Garten inzwischen eingesammelt. Der Tag hatte keine milden Temperaturen, aber die Sonne schien durch einige aufgekommene Quellwolken hindurch. Doch für die jungen Mädchen war es nun Zeit zu Lernen. Die Knaben wurden separat anderweitig beschäftigt. Nicht einmal eine ordentliche Ausbildung gönnte man ihnen. Stattdessen durften sie in einem der Zimmer miteinander weiterspielen. Irgendwann würden sie alt genug sein, dass sie einigermaßen allein zurecht kamen. Dann hieß es für sie: Zurück aufs Festland.
Ach hätte Rejan nun auch mit ihnen das Schicksal teilen können. Lieber hätte Alea ihn wohl gleich auf einem der Schiffe davonfahren sehen, aber nun würde er als Kampfübungspuppe für die Jung-Amazonen dienen. Sie waren unterwegs zur Burg...

Eigentlich hätte er ruhig sein sollen. Eigentlich hätte er den Mund halten, folgen und dafür sorgen sollen, dass wenigstens Alea ungehindert den Auftrag der Wüstendiebe würde ausführen können. Aber noch immer schmerzte sein Herz.
Er atmete durch, wusste, was er tun musste und irgendwie doch wieder nicht. Nie zuvor hatte Rejan so wenig vorgeplant und doch so spontan gehandelt wie jetzt. Verstohlen blickte er hinter zu Alea, hörte nicht, was diese Caitlin fragte.

"Kommt darauf an, wieviele sich zur Verfügung stellen und zurzeit fruchtbar sind. Im Allgemeinen kann man aber immer gut ein Dutzend Frauen finden, die sich opfern." Opfern nannten sie es, denn schließlich konnte nach all der "Arbeit" und den neun Monaten Schwangerschaft ein Junge entstehen. Amazonen nannten dies Verschwendung weiblicher Ressourcen, aber es ließ sich nun einmal vorher schwer feststellen, was am Ende dabei herauskommen würde.

Rejan sah Aleas Blick und dass sich ihr Mund bewegte. Er hielt es nicht länger aus, sie wirkte so unglücklich. Das war nicht seine Wüstenblume, seine Königin, die er vor so vielen Jahren in der Gasse gerettet hatte. Die so nett lachen konnte und ihn damit jedes Mal bezauberte, ohne es zu wissen. Er konnte nicht zulassen, dass ihr Herz so schwer wurde.

Plötzlich riss sich der Wüstendieb los, stieß Brynia achtlos zur Seite, indem er seine Schulter in ihren Leib rammte. Die Amazone beförderte es einige torkelnde Schritte zur Seite. In dieser Zeit war Rejan herumgewirbelt und stand vor Alea. Kurz sah er sie an, denn ihm blieb keine Zeit. Brynia raffte sich langsam wieder zusammen, wohingegen Caitlin das Männchen nur anstarrte.
Rejan nahm Aleas Gesicht in seine Hände. Sie waren rau. "Ich weiß, ich zerstöre jetzt alles, was wir so mühsam geplant hatten. Aber es ist mir egal, Alea. Ich liebe dich!" Und dann küsste er sie mit aller Leidenschaft und Liebe, die er für sie in diesem Moment aufbringen konnte.
Caitlin riss die Augen auf. "A-aber ... er ist ... dein ... BRUDER!" Sie ernetete ein Kopfschütteln vom Wüstendieb und als Antwort: "Wir haben geflunkert. Alea ... ist meine Frau." Er drückte sie eng an sich, als Brynia seine Schultern packte.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Dienstag 28. Oktober 2008, 18:14

Alea seufzte innerlich. Die Aussichten wurden immer schlechter. Am Liebsten hätte sie all ihren Frust hinaus geschrien. Einer Frau, die sich mit Rejan "opfern" dürfte, wäre schon zu viel gewesen. Und wenn sie ehrlich war, hatte sie gar nicht wissen wollen, wie viele Frauen es wirklich sein könnten. In der Tat könnten es sogar ein Dutzend Frauen sein. Sie konnte es gar nicht glauben. Bei dem Gedanken machte sie sich ja schon fast Sorgen um Rejan - auch wenn ihr eigener Kummer natürlich trotzdem überwog. So selbstlos war sie dann doch noch.

Doch all das war auf einmal vergessen, als sich Rejan plötzlich aus Brynias Griff riss. Was war jetzt in ihn gefahren? Sie war nicht weniger überrascht als Caitlin. Was sich nicht verminderte, als sie merkte, dass sie sein Ziel war. Ihre Augen wurden groß; überrascht und verständnislos konnte sie zunächst nicht mehr machen, als ihn anzustarren.
Im nächsten Moment stand er auch schon vor ihr. Sie spürte seine rauen Hände auf ihren Wangen. Sie hinterließen ein Kribbeln auf ihrer Haut und ihre Wangen färbten sich leicht rosa. Und dann küsste er sie einfach.

Für einen Moment stand sie einfach wie erstarrt da.
Was tat er da bloß? Wieso küsste er sie? Er war tatsächlich dabei, den ganzen Plan zu zerstören! Ja, trotz allem dachte sie mehr an den Auftrag als an ihre eigenen Gefühle. Die Gilde war eben ihre Familie und stand über so ziemlich allem. Deshalb überlegte sie auch zunächst - so gut es ihr unter seiner Liebeserklärung und den sanften Lippen gelang -, ob sie diesen Kuss erwidern und wie sie reagieren sollte.
Dennoch, wie von alleine legten sich ihre Lippen auf die seinen und für einen Moment schloss sie die Augen, um diese kurze Berührung zu genießen. Dann war es auch schon vorbei.
Ihr Herz schlug wie wild, während die Gedanken nur so rasten. Was hatten sie nur getan?

Wie von weiter Ferne drangen erst Caitlins und dann Rejans Worte an ihre Ohren.
<i>"Wir haben geflunkert. Alea ... ist meine Frau."</i> Da war auch schon Brynia bei ihnen. Alles geschah so schnell, dass sie sich überfordert fühlte. Doch reflexartig fasste sie nach Rejans Hand, wie um ihn vor Brynias Griff und alles weitere zu beschützen.
Immer noch stand sie bis auf das Greifen nach Rejans Hand bewegungslos da. Sie hörte ihr eigenes Blut in den Ohren rauschen und überlegte noch immer krampfhaft, wie sie reagieren sollte. Sie befürchtete, wenn sie auch nur ein Wort sagen würde, alles zu zerstören.
Amazonen hassten Männer. Und sie stand hier neben ihrem Angebeteten, der dieses Detail so eben offenbart hatte.

"Ja, er hat Recht." Die Richtigstellung mit der Frau unterließ sie jedoch - es war für sie nur ein kleines Detail. Und ob Gefährtin oder Frau machte im Moment doch auch keinen Unterschied.
Ihre Stimme fand sie zwar wieder. Mit der Fassung war das hingegen so eine Sache... "Es tut mir leid... für all die Lügen", presste sie zwischen den Lippen hervor.
Sie hatte Angst vor der Reaktion der beiden und befürchtete, dass sie hier und jetzt gescheitert waren. Vielleicht würden sie jetzt auch auf dem Meer ausgesetzt werden. Dann müssten sie nach Sarma zurück paddeln und dem Wüstenbund mitteilen, dass sie gescheitert waren. Sie wollte die Herausforderung, die man ihr gegeben hatte, annehmen und vor allem auch erfolgreich ausführen. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach waren sie soeben gescheitert.
Zuletzt geändert von Alea am Dienstag 28. Oktober 2008, 18:17, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 30. Oktober 2008, 12:07

Es schien alles vorbei zu sein, jedenfalls, was die Pläne der Wüstendiebe betraf. Wie sollten Alea und Rejan denn nach seinem Kuss noch fünf Amazonen davon überzeugen, sie bis nach Rumdett zu begleiten und sich dort vermutlich in irgendeiner Weise mit einem Vertreter der Wüstendiebe treffen? Denn auf nichts Anderes schien es ja hinauszulaufen. Warum sonst wollten der Bund der sarma'schen Diebe die Frauen in Rumdett sehen? Man hätte auch gleich nach Sarma mit dem Schiff aufbrechen können.
Hätte, könnte, wollte ... dies alles würde nun nicht mehr geschehen. Rejan hatte es kaputt gemacht! Und warum?

Aleas Lippen erwiderten seinen Kuss. Er schmeckte leicht salzig, noch immer hing an ihnen allen der Geruch und Geschmack der See. Sie brauchten ein Bad. Nein, sie brauchten eine Rettung aus dieser präkeren Lage!
Hatte Rejan die zündende Idee? Nun, er sagte zumindest etwas, das Caitlin und Brynia erneut starren ließ. Alea schnappte sich unterdessen die Hand ihres Geliebten, der ihre ebenso fest umgriff und drückte. <i>Niemand wird uns trennen</i>, sagte die Berührung und ein kurzer Blick seinerseits an sie fügte an: <i>Nicht so, wie sie Azlar von uns getrennt haben.</i> Rejan war fest entschlossen, alles zunichte zu machen und alles aufzugeben, nur um bei ihr bleiben zu können. So groß war seine Liebe, die Liebe eines Frauenhelds aus Sarma?
Trotzdem ging Alea auf das Spiel ein und bestätigte Rejans Worte. Erneut wurde ihre Hand liebevoll gedrückt.

"DU bist mit ihm verheiratet?" Caitlins Gesichtsausdruck war eine Mischung von Unglauben, Verwirrung ... und Enttäuschung. Doch noch ehe sie all die Fragen stellen konnte, die auf ihrer Zunge lagen und ihre Lippen bereits wie Feuer verbrannten, setzte Rejan seinen Plan – oder die Wahrheit? – fort.
"Ja, es ist so und nicht anders. Bei den Jungfern hast du selbst, Caitlin, gesagt, ich solle meiner eigenen Frau treu sein! Es waren deine Worte, die meine Taten nun bestätigen. Ich lasse Alea nicht einfach allein in der Weltgeschichte umher wandern!" Und sanfter sprach er weiter: "Ich würde ihr überall hinfolgen, meiner Wüstenblume." Er schenkte ihr ein verliebtes Lächeln, aus dem seine Verschmitztheit einfach nicht vollkommen herauszufiltern war. Selbst jetzt noch konnte er lachen. Aber es galt nur ihr. Die Amazonen bedachte er mit ernsterem Blick. "Wollt ihr mich nun strafen, weil ich meiner Liebsten ein fürsorglicher und treuer Mann sein will?"
"Männchen", korrigierte Brynia wie aus einem Reflex heraus. Es war wie wenn man automatisch ein Bild geraderückte, das schief an der Wand hing. Ehe man sich dessen bewusst war, zog man bereits die Hand zurück und betrachtete die Korrektur.

"Nun ... ähm ..." Caitlin schien überrumpelt. Tatsächlich waren es ihre eigenen Worte, die ihr nun im Weg standen. Rejan hatte sie einfach für seine Zwecke missbraucht und jetzt konnten sie ihn doch unmöglich von der Insel werfen! Oder doch? Die Jung-Amazone schien überfordert. Hilfesuchend drehte sie den Kopf Brynia zu. Diese brummte: "Aber Alea, warum bist du dann hierher gekommen, wenn du glücklich mit deinem ... Männchen ... bist? Was interessieren dich dann wir Amazonen, die wir solche Individuen lediglich einmal für eine Spende nach Xytras holen?"
Eine berechtigte Frage und hierbei konnte Rejan ihr nun nicht helfen. Alles hing wieder einmal von Alea ab.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Sonntag 2. November 2008, 22:04

Letztendlich glaubte Alea froh zu sein, dass Rejan alles verraten und zerstört hatte. Aber war es denn wirklich so? Bestand denn keine Hoffnung mehr für sie, für den Auftrag?
<b>Sie werden fragen, wieso ich wirklich hier her gekommen bin...</b>, fiel es ihr dann schlagartig ein. Ihr Herz schien für einen Moment auszusetzen. Sie wusste von Vornherein, dass diese Frage kommen würde. Gut, dass sie verzwickte Situationen schnell erkannte - so hatte sie oft mehr Zeit um zu fliehen. Doch in dieser Situation brachte ihr das herzlich wenig. Nun konnte sie die Zeit nur nutzen, um sich irgendeine andere Geschichte aus den Fingern zu saugen.
Sie zermarterte sich das Hirn, noch während Rejan auch ihre Hand drückte.
Ja, sie war wahrscheinlich mehr froh als wütend, dass er den Plan zum Scheitern - vielleicht auch nur zum Beinahescheitern? - gebracht hatte. Nun konnte er so sein, wie er war. Sie trösten und ihr allein durch Blicke Mut zusprechen. Sein Anblick ließ sie besser fühlen, auch wenn das leichte Zittern ihres Armes von etwas anderem erzählen mochte. Dies hier war wohl ihre bisher größte Herausforderung. Seelisch als auch körperlich.

Sie konnte Caitlin nicht ansehen, als die ihrer Überraschung Luft machte. Sie hörte die Enttäuschung in der Stimme der Frau. Zu sehen brauchte sie sie nicht, sie traf sie schon so so sehr. Die junge Amazone war ihr in der kurzen Zeit wirklich ans Herz gewachsen. Sie bereute nur noch mehr, dass sie überhaupt mit dem Lügen angefangen hatte, hatte sie doch von Anfang an gewusst, dass dies nicht der richtige Weg sein konnte und es irgendwann zu genau diesem Punkt kommen würde.
<i>"Ich würde ihr überall hin folgen, meiner Wüstenblume."</i> Diese Worte klangen wie Musik in ihren Ohren. Und wäre es nicht so überaus unpassend gewesen, hätte sie ihm einen verliebten Blick und ein dankbares Lächeln geschenkt. Doch zum Zeichen dessen strich ihr Daumen nur kurz über seinen Handrücken. Sie war sowieso kaum fähig, großartig auf all das zu reagieren.

Denn trotz allem bekam sie den Wortwechsel nur halb mit. Ihre Gedanken kreisten um den Auftrag, um die fünf Amazonen, um einen neuen Grund, weshalb sie hier her gekommen war. Sie war kurz davor, einfach alles hinzuwerfen.
Für einen Moment wünschte sie sich einfach nach Sarma zurück. Dort, wo die ihr vertraute Welt lag, wo sie alle Straßen kannte. Die Stadt, die ihr Ruhe und Sicherheit gab.
Stattdessen stand sie hier, rief sie sich ins Gedächtnis zurück.
<b>Gib nicht so leicht auf. Was weißt du über Xytras. Über Rumdett?</b>, ermahnte sie sich. Ihr Kopf begann zu schmerzen und Schweiß trat ihr trotz des kühlen Wetters auf die Stirn. Ihr musste einfach etwas einfallen.
Sie bekam die Unterhaltung nur halb mit, allerdings entging ihr nicht Rejans Einsatz.
Ja, er schien die Amazonen sogar mit ihren eigenen Argumenten geschlagen zu haben. War das ein Schimmer der Hoffnung? Musste er nun nicht mehr spenden? Ja, dann war es wirklich besser, dass er den Plan zunichte geplaudert hatte. Aber noch war nichts vorbei.

<i>"Aber Alea, warum bist du dann hierher gekommen, wenn du glücklich mit deinem ... Männchen ... bist? Was interessieren dich dann wir Amazonen, die wir solche Individuen lediglich einmal für eine Spende nach Xytras holen?"</i>
Da war sie also. Die alles entscheidende Frage. Und sie war noch immer nicht zu einer Antwort gekommen.
Also stand sie nur da, den Blick auf die Füße der Amazonen gerichtet, immer noch die Hand von Rejan haltend.
Rumdett... das bedeutete Piraten. Und gab es da nicht... ja, hatte sie nicht einmal von einer berühmten Piratenbraut gehört? Eine Frau, die stolz auf ihr Geschlecht war... Wenn sie so darüber nachdachte, hatten die Erzählungen von ihr recht viel gemeinsam mit den amazonischen Eigenschaften, die sie so kennen gelernt hatte.

Sie hatte nun schon eine Weile geschwiegen. Vielleicht schrieb man es ihrer allgemeinen Verfassung zu, hatte Caitlin doch bemerkt, wie schwach sie sich fühlte.. dann hatte sie Glück. Oder man deutete es als reine Ahnungslosigkeit. Eben das, was es zunächst auch war.
"Also.. ähm. Es tut mir leid für diese Lügen..", wiederholte sie sich zunächst und warf einen vorsichtigen Blick auf Caitlin. Und sie hasste sich für die nächsten Worte... "Du erinnerst dich, ich habe doch darauf angespielt, dass ihr so Abenteuer lustig seid. So wirkt es jedenfalls auf mich... Nun ja", sie seufzte kurz, scheinbar weil es ihr schwer fiel, mit der Wahrheit raus zu rücken; in Wirklichkeit aber, weil sie schon wieder Caitlin belügen musste. "Es ist so... eigentlich will ich Piratin werden." Sie bekam sogar ein schiefes Grinsen zustande und fing sich langsam wieder. Nur ihre feuchte Hand, die Rejan spürte, zeugte von ihrer innerlichen Nervosität.
"Wir kommen von Rumdett. Wir wollten uns dort Piraten anschließen... der berühmten Piratenfrau, ihr habt bestimmt von ihr gehört."
<b>Das hoffe ich jedenfalls, denn ihren Namen weiß ich nicht mehr.</b>
"Ich weiß, es ist kein alltäglicher Wunsch, aber das gleicht sich doch ein wenig.. Piratin, Amazonin", sie zuckte kurz mit den Schultern. "Naja, jedenfalls wollte ich mich ihr anschließen, es brodelt, dass sie etwas Großes vorhat. Naja, dafür schickte sie mich aus, um starke, gewillte Frauen zu finden. Und mal unter uns.. wer wäre nicht besser geeignet, als Amazonen?" Sie war sogar in einen richtigen Plauderton verfallen. Doch nun hielt sie für einige Sekunden die Luft an und ließ sie nur langsam wieder entweichen.
Sie bemühte sich um eine gelassene Haltung, doch die hervor tretenden Fingerknöchel der Hand, die Rejans umfasste, zeigten nur, wie gut Alea schauspielern konnte. Das konnte sie bisher immer ganz gut. Genauso, wie sich Geschichten ausdenken. Und sie hoffte, dass diese hier gut war.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Montag 3. November 2008, 13:03

Caitlin schaute schwer enttäuscht. Dass die Frau, von der sie dachte, sie hätte in ihr eine Freundin gefunden, sie gleich so belügen würde, war für die Jung-Amazone ein Schlag ins Gesicht. Man sah es ihr an, sie konnte kaum die Tränen in den Augenwinkeln verbergen. Aber sie weinte wenigstens nicht, besaß eine Menge Selbstbeherrschung diesbezüglich. Grund dafür bot Rejan. Caitlin wollte sich auf keinen Fall die Blöße geben und vor einem Männchen weinen. Sie hatte gelernt, dass diese dann glaubten, Frauen seien schwach. Sie musste stark sein. Sie durfte nicht weinen.

Stattdessen hörte die lieber Aleas Auführungen zu. Die wahre Geschichte – Caitlin glaubte ja daran, dass es sich nun endlich um die Wahrheit handelte – erschien ihr so bizarr, dass sie keinen Zweifel hegte, dass auch jene Abhandlung Aleas eine weitere Lüge sein könnte. Wer dachte sich schon dermaßen skurrile Geschichten aus.
"Du willst dich der furchtlosen Cattie anschließen?", wiederholte Caitlin dennoch überrascht. Die Piraten, selbst Cattie, waren bei den Amazonen nicht gerade Willkommen. Aber man handelte dennoch mit ihnen, erledigte gar manchmal einen Auftrag. Dies hatte vor allem den Grund, damit die Piraten nicht die Schiffe der tollkühnen Frauen enterten. Denn auch wenn Cattie selbst eine Frau war, scheute sie sich nicht, ihresgleichen zu überfallen, wenn die Beute stimmte.

"Vergleiche uns Amazonen nicht mit dem dreckigen Piratenpack", schnaubte Brynia. Ihr gefiel die ganze Sache nicht. Und ihr gefiel offensichtlich nicht, dass Alea erst auf dem Schiff log und nun auch die Dreistigkeit besessen hatte, die drei weisen Jungfern anzulügen – ohne Rot zu werden.
"Aber zumindest wärst du nicht die einzige, die sich den Piraten anschließt", erklang plötzlich die Stimme einer Amazone, die eigentlich hatte zum Hafen spazieren wollen. "Ich kam nicht umhin, das Gespräch mit zu verfolgen. Da du Piratin werden willst, solltest du dich beeilen und morgen früh bei der <i>Gloria</i> auftauchen. Auf dem Schiff sammeln sich alle Amazonen, die glauben, dass das, was Daenwor Sagara sagt, stimmt."

"Wer ist diese Daenwor?", fragte Brynia und zog sie fremde Amazone enger ins Gespräch mit ein. Rejan strich unmerklich über Aleas Hand. Er warf ihr einen Blick zu, der Vorsicht gebot. Sie rutschten immer mehr in die Sache hinein. Wie kompliziert doch so ein einfacher Auftrag werden konnte. Auch er wünschte sich in die Wüste zurück.
"Daenwor ist eine Dunkelelfe, die kürzlich vor den Jungfern vorsprach. Sie hatte ein interessantes Angebot aus Morgeria. Wir nehmen das Festland im Namen des dunklen Herrschers ein und im Gegenzug werden Frauen die eroberten Städte regieren. Wir schaffen eine neue Ära, wir schreiben Geschichte!" Die Amazone schaute Alea aufmunternd an. "Auch ich will mich Cattie anschließen. Tauch morgen einfach beim Schiff auf, wir setzen nach Rumdett über." Sie verabschiedete sich und spazierte weite Richtung Hafen.

Brynia schnaubte. "Dunkler Herrscher? Ha! Auch nur ein Männchen, warum sollten seine Worte der Wahrheit entsprechen?"
Caitlin allerdings blickte der fremden Amazone hinterher. Auch bei ihr schienen die Worte auf fruchtbaren Boden gestoßen zu sein und Aleas Andeutung, dass Cattie gewillte Frauen suchte und Amazonen sich da wohl am besten eigneten, hielt sie für ein gutes Argument. "Celcia, regiert von Frauen. Es würde um einiges besser laufen", murmelte sie und trat an Alea heran. "Wie viele Frauen sollst du für Cattie denn anheuern?"

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Sonntag 9. November 2008, 14:27

Der kurze Blick, den sie auf Caitlin warf, reichte aus, um all die Enttäuschung zu sehen, die die geglaubte neu gewonnene Freundin, die irgendwie doch keine wirkliche war, in diesem Moment ihr gegenüber empfand. Aleas Herz zog sich krampfhaft zusammen, als sie die aufsteigenden Tränen in den braunen Augen sah.
Deshalb bekam sie auch nur ein starres Nicken zustande, als sich Caitlin vergewisserte, dass sie Cattie meinte. Bestimmt war das die Piratin, von der sie schon einmal gehört hatte und die auch sie meinte.

Sie konnte nicht feststellen, ob die junge Amazone ihr ihre Geschichte, ihre neue Lüge, glaubte. Brynias Meinung dazu war allerdings sehr eindeutig. Sie glaubte ihr. Und sie schien alles andere als begeistert von ihrer Idee zu sein. Doch das störte Alea nicht allzu sehr. Eigentlich wäre es vielleicht sogar besser, wenn auch Caitlin ihr nicht glauben würde. Alea bereute fast, dass sie sich angefreundet hatten.. sie war eben nicht skrupellos genug, eine Freundin damit hinein zuziehen. Schließlich wusste sie nicht, was sie in Rumdett erwarten würde.
Brynias Reaktion machte deutlich, dass sie sie kaum begleiten würde. Vielleicht war das auch besser so. Alea wusste nicht mehr, wie viel ihr wirklich daran lag, fünf Amazonen nach Rumdett zu bringen. Ihr ab da ungewisses Schicksal belastete sie.

<i>"Aber zumindest wärst du nicht die einzige, die sich den Piraten anschließt."</i>
Alea fasste die Amazone ins Auge, die das gesagt hatte. Sie war nicht die Einzige? Lag die Lösung wohl in Fremden, die sie nicht kannte und deren Schicksal ihr vielleicht weniger bedeuten konnte als das von Caitlin?
Es schien ganz so. Ihre Worte klangen sehr viel versprechend. Und sie wurde sogar direkt eingeladen, morgen früh bei der <i>Gloria</i> aufzutauchen. Dann war es ja letztendlich so, dass die Amazonen sie nach Rumdett brachten und nicht andersherum.
Alea fand langsam ihren Mut zurück, den Auftrag doch noch irgendwie auszuführen. Im Moment schien alles doch gar nicht so schlecht, wie es zunächst ausgesehen hatte. Es fragte sich nur, was sie bei den Amazonen auf der Gloria erwartete. Was für Geschichten mussten sie sich wohl noch ausdenken?

Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die fremde Amazone. Wer war Daenwor? Gerade als sie dazu ansetzte, das zu fragen, kam Brynia ihr zuvor.
<i>"Daenwor ist eine Dunkelelfe, die kürzlich vor den Jungfern vorsprach. Sie hatte ein interessantes Angebot aus Morgeria. Wir nehmen das Festland im Namen des dunklen Herrschers ein und im Gegenzug werden Frauen die eroberten Städte regieren. Wir schaffen eine neue Ära, wir schreiben Geschichte!"</i>
<b>Morgeria, dunkler Herrscher, Festland? Was für Festland?</b> Doch die Amazone war schon wieder weg und machte sich auf den Weg zum Hafen.
Alea war ein wenig blasser geworden. Was hatte das zu bedeuten? In was war sie da nur hinein geraten? Alea musste an die dunklen Wolken denken, die Sarmas Himmel eingenommen hatten. Sie waren verschwunden... aber waren sie insgeheim doch mehr als mysteriöse Wolken und ein schlechtes Omen gewesen?

Sie konnte das nicht so gelassen wie Brynia auffassen, der es nur darum ging, dass ein Männchen die Befehle gab. Alea hingegen interessierten eher die detaillierten Pläne des Dunklen Herrschers. Sie musste unbedingt zur <i>Gloria</i> und mehr darüber erfahren.

Überrascht schaute sie Caitlin an, die zu ihr getreten war. Aus ihren Augen sprach nicht nur noch ihre Enttäuschung. Alea glaubte Neugierde und Abenteuerlust in ihnen zu erkennen. Tatsächlich fragte sie nach, wie viele Amazonen Alea brauchte. Offensichtlich hatte sie wirklich Interesse daran, sie zu begleiten.
"Fünf", brachte sie nur hervor und räusperte sich kurz. Ihre Kehle fühlte sich trocken an. Was war, wenn Caitlin mitkam und ihr etwas zustoßen würde? Andererseits wollte Alea auch nicht jetzt und hier für immer Abschied von der Amazone nehmen. Sie war ihr ans Herz gewachsen und das wollte sie nicht von eine auf die nächste Minute einfach so aufgeben.
"Ich weiß nicht, was Cattie genau vorhat. Ich möchte nicht..", das Lächeln, für das sie sich so viel Mühe gegeben hat, erlosch langsam, "dass dir etwas zustößt." Ihre Stimme war leiser als normalerweise. Sie wollte ihr klar machen, wie ungewiss war, was sie in Rumdett erwartete.
"Ich hoffe, du kannst mir verzeihen. Aber anders wäre ich doch nie hier her gelangt, um Amazonen dafür zu finden", kam sie dann noch einmal auf das andere Thema von zuvor zurück.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Montag 10. November 2008, 08:31

Von Rejan erntete sie einen vielsagenden Blick. Er war erstaunt und zugleich stolz darauf, wie sie es immer wieder schaffte, sich aus der Affäre zu ziehen und gleichzeitig die Pläne der anderen nicht vergaß. Am liebsten hätte der Wüstendieb seine Blume sofort geküsst, doch unter den Amazonen wollte sich selbst ein Rejan nicht so recht trauen. Daher drückte er nur ihre Hand, aber fest genug, dass Alea wohl ahnen mochte, was er im Grunde seines Herzens lieber getan hätte.
Inzwischen war aber auch Caitlin zu nahe, um einen nachgereichten Versuch zu wagen.

"Fünf Amazonen? Die müssten sich doch auftreiben lassen. Ich habe hier mittlerweile einige Bekanntschaften machen können. Lass das mal meine Sorge sein, Alea." Caitlin lächelte. Sie schien mit einem Mal Feuer und Flamme für diese Frauen-regieren-Celcia-Sache zu sein. Ob die Worte der Dunkelelfe Daenwor wirklich der Wahrheit entsprachen oder nur dummes Geschwätz waren, sie hatte sich zumindest eine Mitläuferin damit erkauft. Caitlin wollte wohl gar nicht sehr lange in Xytras bleiben. Es juckte ihr unter den Fingernägeln, ein Teil der Frauen sein zu können, die in die Geschichte eingingen – noch dazu in eine dermaßene Wendung der Geschichte. Für Amazonen würde dies ein kompletter Neuanfang bedeuten. Sie konnten in ihre Heimaten zurückkehren und dort frei leben, nicht unter der Knute und den Gesetzen, die von Männern geschaffen worden waren. Allein die Vorstellung weckte in den meisten Frauen der kleinen Inselstadt die Lebensgeister.

Doch Alea räusperte sich. Sie wollte nicht, dass Caitlin mitkam. Die Jung-Amazone starrte sie einen Moment lang verblüfft an. Dann aber lachte sie aus vollem Herzen und unbeschwert. "Du bist witzig. Glaubst du, ich kann mich nicht verteidigen? Ich bin kein Küken, das sich unter den Federn der Mutterglucke verbergen muss, nur weil ich jung bin." Caitlin zwinkerte.
Überraschenderweise war es Rejan, der nun Aleas Hand losließ und sie auf Caitlins Schulter legte. Die Jung-Amazone zuckte zusammen, starrte ihn an und ihre Hand fuhr zu ihrem Kurzschwert, das bedrohlich am Gürtel baumelte. Doch der Wüstendieb sagte: "Du solltest Caitlin nicht unterschätzen, Alea. Du warst damals auch sehr jung und – bei allem, was mir heilig ist – du hast Hummeln im Hintern und einen Verstand, schärfer als mein Krummsäbel." Aber er hatte ja Recht. Seit Alea Teil der Wüstendiebe geworden war, musste sie sich oft durch brenzlige Situationen kämpfen und kam jedes Mal noch einmal mit einem blauen Auge davon. Caitlin war jetzt bereits älter als sie damals, wenn sie auf Streifzüge aus war. "Wir schaffen das schon." Rejan zog seine Hand zurück, er hatte Caitlins Griff zur Waffe bemerkt. Beschwichtigend schauend wich er dezent einen halben Schritt zurück und warf der Amazone ein höfliches Lächeln zu. Ganz der Charmeur, nur konnte Rejan eine Amazone damit nicht beeindrucken.

"Wenn ihr das wirklich alle wollt", meldete sich Brynia seit langem mal wieder zu Wort, "dann solltet ihr morgen einfach erneut zum Hafen gehen. In dem Fall übernachtet ihr in der Taverne <i>Zur Amazone</i> und ich werde das Männchen im Auge behalten. Ist mir egal, ob du unsere neue Schwester liebst oder nicht, du bist ein Männchen und wirst von mir bewacht, haben wir uns verstanden?!"
Rejan nickte brav. Er schien auch kaum eine akzeptable Alternative zu haben.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Sonntag 16. November 2008, 17:23

Alea bemerkte Rejans Blick und bewegte den Kopf, um ihn anzusehen. Der Blick, mit dem er sie ansah, ließ sie wieder lächeln. Er schaffte es auch jetzt, sie aufzuheitern. So wie auch sonst in schwierigen Situationen. Nur die kleine Geste des Drückens ihrer Hand reichte schon meist. Dieses mal trug aber auch der Ausdruck seiner Augen dazu bei, dass sich Aleas Laune besserte. In diesem Moment fühlte sie nichts anderes als er und musste schmunzeln.
Ihre Liebe war jetzt zwar offiziell, aber auch sie traute sich nicht so recht, es auch vor all den Amazonen mit Leib und Seele zu zeigen. Dazu hatte sie viel zu viel Respekt vor ihnen und ihren Eigenarten.
Sie musste sich sehr zusammen nehmen, um Rejan nicht wenigstens ein kleines Küsschen auf die Wange zu drücken. Stattdessen beließ auch sie es beim Drücken seiner Hand. Sie würden ja noch genug Zeit haben. Offenbar würden sie nicht voneinander getrennt werden. Also musste sie sich dahin gehend wohl erst einmal keine weiteren Sorgen machen.

Auch Caitlin schien den ersten Schrecken schon verdaut zu haben. Sie schien förmlich nichts anderes mehr machen wollen, als sie zu begleiten. Sie bot sich sogar an, sich selbst um die anderen vier Amazonen zu kümmern.
Die Sache entwickelte sich langsam zum Guten. Aleas Lächeln wurde stärker und als Caitlin zu Lachen anfangen musste, aufgrund der Sorge, die sich Alea um sie machte, konnte auch die Diebin nicht mehr anders und ließ ihrer Freude durch ein leises Lachen freien Lauf.
Bei Rejans Worten fiel dann plötzlich all die Anspannung von ihr ab. Das Lachen wirkte auch gleich viel gelöster.
"Ja, schon gut. Natürlich halte ich Caitlin nicht für eine wehrlose Frau." Das stimmte. Dennoch gab es bestimmt Gefahren, denen sie nicht gewachsen war. Und sie machte sich einfach nur Sorgen darum, dass solche Gefahren auf sie zukommen könnten.

Sie sah zu Brynia, die ihnen vorschlug, in einer der Tavernen zu übernachten und sich morgen am Hafen zu versammeln. Schon bei dem Gedanken wurde Alea aufgeregt. Dann würden sie bald in Rumdett anlegen und vielleicht konnte sie dann zurück nach Sarma.
Sie vermisste die Wüstenstadt schon ein wenig. Dabei waren sie noch nicht einmal so lange weg. Aber sie war es eben gewöhnt jeden Morgen die Sonne über der Wüste strahlen zu sehen und Abends in der stark abkühlenden Luft unterwegs zu sein.

"Gut so machen wir das." Bei all dem Guten konnte sie sich gut damit abfinden, dass Rejan dennoch bewacht wurde. Wenn es nur das war...
"Und was machen wir so lange? Was gibt es denn hier alles so zu sehen?", erkundigte sie sich gleich bei Caitlin und Brynia. Der Tag war noch lang.
Sie fragte nicht nach, aber sie hoffte, dass die Sache mit dem Training und der Spende ein für alle mal erledigt war. Es gab doch so viel schönere Dinge, die man an solch einem Tag tun konnte. Das hoffte sie jedenfalls.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Dienstag 18. November 2008, 16:21

Caitlin knuffte Alea freundschaftlich in die Seite und grinste. Sie war sich bewusst, was die Wüstendiebin eigentlich hatte sagen wollen. Mit zusammengebissenen Zähnen, immer noch ein Grinsen vortäuschend und sehr leise wisperte sie ihr zu: "Brynia ist so." Dann schaute sie die andere Amazone kurz an und nickte. Rejan konnten sie wirklich nicht allein in Xytras herum laufen lassen, das würde nur zu einer Katastrophe führen. Doch solange er Brynia als Aufsicht bei sich hatte, konnte er sich sogar noch recht glücklich schätzen. Es gab ruppigere Amazonen, die gern ihr Schwert oder den Speer für sich sprechen ließen.

<i>"Und was machen wir solange? Was gibt es denn hier alles so zu sehen?"</i>
"Wenn du ganz dringend fünf freiwillige Schwestern brauchst für den Auftrag bei der furchtlosen Cattie, dann muss ich dich entweder eine Weile allein lassen und sie jetzt zusammen trommeln oder aber du kommst mit. Rejan muss dann jedoch bei Brynia zurückbleiben, ich fürchte nämlich, er darf nicht überall dorthin, wohin ich gehen müsste." Caitlin sah Alea abwartend an. Würde sie das Angebot der Jung-Amazone annehmen und mitkommen? Aber was geschah inzwischen mit Rejan?
"Du kannst uns natürlich auch zur Amazonenburg begleiten", warf Brynia ein. "Strafe und Spende sind nicht zurückgenommen worden, das Männchen hat noch immer seine Pflichten zu erfüllen."

Rejan sah Brynia fassungslos an. Das erste Mal seit Alea und er sich kannten schwand das verschmitzte Lächeln aus seinen Zügen, wo es sich selbst dann noch verbarg, wenn Rejans Laune im Keller war. "Was?! Aber ... ich dachte, das hätte sich jetzt erledigt! Ich meine ..." Offenbar bezog sich Rejan vorsätzlich auf die ausstehende Strafe. Gegen eine Nacht mit Frauen hatte er sich noch nie gesträubt.
"SCHWEIG, MÄNNCHEN!", schnauzte Brynia und hob die Hand für eine Ohrfeige, aber der Wüstendieb war schneller, duckte sich unter dem Schlag hinweg. "Lass mich nochmal vor euren Jungfrauen vorsprechen, Brynia", versuchte er, zu schlichten. "Sie wissen nicht, was du und Caitlin inzwischen wissen. Vielleicht fällt ihre Entscheidung anders aus. Bitte." Rejan sank auf ein Knie nieder, neigte den Kopf nach unten und hielt still. Leise und ohne Vorwarnung jedoch wie ein lauer Wüstenwind drang die geheime Sprache der Diebesgilde aus seinem Mund bis hinauf zu Aleas Ohren. <span style="color:8B0A50;">"Der Bund der Wüstendiebe wird die Entlohnung erhöhen müssen, nachdem ich ihnen berichtet habe, wie sehr ich mich hier einschleimen muss!"</span>
Schon setzte er einen heuchlerisch demütigen Blick auf und wagte es, den Kopf zu heben. "Bitte, Brynia", wiederholte Rejan. Die Amazone brummte, ließ sich schließlich aber darauf ein. "Also gut. Alea, kommst du nun mit uns mit oder gehst du mit Caitlin? Natürlich kannst du dir auch so die Stadt ansehen, dir steht es frei. Du bist eine Frau."

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Alea » Sonntag 23. November 2008, 15:47

Sie hörte sich die Möglichkeiten, die Caitlin ihr aufwies, ruhig an. Doch dann sagte Brynia etwas, das Alea erbleichen ließ.
<i>"Strafe und Spende sind nicht zurückgenommen worden, das Männchen hat noch immer seine Pflichten zu erfüllen."</i>
"Wwas..?" Alea verschlug es die Sprache. Ihr derzeitiger Gesichtsausdruck konnte sich gut mit dem von Rejan messen. Hätte sie gewusst, dass er allein über die zu erleidende Strafe so fassungslos war, wäre in ihren Zügen aller Wahrscheinlichkeit nach auch Wut zu lesen gewesen. So jedoch starrte sie nur von Rejan zu Brynia, die auch schon dabei war, Rejans Widerstand mit einer Ohrfeige im Keime zu ersticken.
Alea wollte schon aufbrausen, schließlich würde sie es niemanden einfach so durchlassen, ihren Rejan zu schlagen, doch der Wüstendieb war schneller und duckte sich unter dem Schlag hinweg, was Alea beruhigte, wenn auch ihren finsteren Blick nicht linderte.

Er bat darum, noch einmal vor die Jungfrauen vorsprechen zu dürfen - eine einleuchtende Idee, wie Alea fand. Sie nickte zustimmend. "Bitte", meinte sie mit einem flehenden Blick zu Brynia. Sie würde es nicht ertragen können, wenn er die beiden Sachen dennoch zu erledigen hatte. Sie hoffte sehr, dass sich die drei Jungfern etwas daraus machte, dass Rejan nicht seine anwesende "Frau" betrügen wollte und konnte.

Brynia ließ sich breitschlagen und Alea schöpfte zum wohl hundertsten Male an diesem Tage neue Hoffnung. Ob sie ihn begleiten sollte? Sie dachte darüber nach, weshalb sie auch eine kleine Weile nichts von sich gab.
Ob es so klug war, noch einmal vor die Jungfrauen Xytras' zu treten, während sie erfuhren, dass ihr Auftauchen und ihre Absichten nur auf Lügen basierten? Vielleicht würden sie sie auch sofort von der Insel verbannen und sie müsste ohne amazonische Begleitung die Stadt verlassen. Da war es doch eigentlich besser, die Zeit zu nutzen, um die fünf Frauen zusammen zu bekommen.

"Ich denke, ich werde Caitlin begleiten", meinte sie dann zögernd und sah jene für einen Moment an.
Dann trat sie an Rejan heran und umarmte ihn kurz und ohne auf die Umstehenden zu achten. "Bitte mach' ihnen klar, dass du das nicht einfach so machen kannst. Ich würde schon gerne mitkommen, aber wer weiß, ob sie auf eine Lügnerin so gut zu sprechen sind", flüsterte sie ihm ins Ohr und drückte kurz seinen Arm. Ihre Stimme ließ darauf schließen, wie sehr die Sache sie bedrückte und wie wenig sie wollte, dass es zur Erfüllung der Strafe, aber vor allem der Spende kam.
Rejan war zwar auch ein Lügner, in dieser Geschichte fühlte sie sich jedoch wie eine viel größere - zumal sie eine Frau war und hier im Allgemeinen größeres Ansehen genoss. "Pass auf dich auf."
Dann trat sie auch schon wieder zurück. Sie hoffte, dass Rejan die Drei überzeugen konnte, wenigstens die Spende sein zu lassen.

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Re: Im Frauenhaus von Xytras

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 26. November 2008, 01:31

Alea blickte nicht minder schockiert, als Brynia die schlechte Nachricht verkündete. Sollte Rejan tatsächlich noch bestraft werden und als Spender dienen?! Er versuchte es auf dem besten Weg: nämlich noch einmal vor den drei weisen Jungfrauen vorsprechen zu dürfen und er wurde erhört. Brynia ließ sich breitschlagen, stimmte zu.
Rejan atmete beruhigt aus. Es würde schon schief gehen. Er war doch ein gewitzter Kerl mit einem Dackelblick wie kein anderer und konnte sicher auch und vor allem bei Jungfrauen seinen Charme versprühen. <i>Es klappt schon</i>, sagten seine Augen, als er in Aleas Richtung blickte. Der Dieb wirkte zuversichtlich, wollte hauptsächlich Alea beruhigen. Ihr schockiertes Gesicht versetzte ihm einen Stich in der Brust, er wollte sie nicht so leidend sehen.

Dies würde ihm aber erspart bleiben, denn seine Wüstenblume entschied sich dafür, Caitlin zu begleiten und mit ihr nach den übrigen vier Amazonen zu schauen.
Rejan erwiderte ihre Umarmung, küsste ihr Haar und hielt sie einen Moment lang fest. Dieser Augenblick gehörte nur ihnen allein. Er lauschte ihren Worten und nickte. "Sei unbesorgt. Wir haben doch immer alles hinbekommen." Rejan gab ihr einen Abschiedskuss auf die Stirn. "Wüstenkönigin", hauchte er noch einmal, dann löste er sich von ihr und folgte Brynia zurück zum Empfangssaal der Jungfern.

Caitlin nahm unterdessen Alea am Arm und führte sie durch die Stadt, die sie so liebte. Sie zeigte ihrer neuen "Schwester" die Taverne und die schönen gepflasterten Straßen, die sich zwischen den Altbauten hindurch schlängelten. Sie führte Alea zur Amazonenburg, wo sie schon die erste Frau für Rumdett gewann. Mit den Worten "Einer Piratin dienen? Naja, wenigstens eine Frau!" trat die etwas stolz wirkende, schwarzhaarige Rabika den beiden bei. Sie holte nur rasch ihre Ausrüstung, die eigentlich aus nichts Anderem als einem Speer, Schild und Kurzschwert handelte, mitnehmen. Mit ihrer amazonischen Lederrüstung, die ihr Knapp über die Knie reichte, sah sie wirklich beeindruckend und gefährlich zugleich aus. Rabika lachte viel und besaß eine Menge Temperament. Sie schminkte sich um die Augen herum, damit das Grün ihrer Iris noch mehr zur Geltung kam. Rabika stellte die erste im Bunde, gleich hinter Caitlin dar.
"Sie wird dir gefallen", meinte die Jung-Amazone. "Sie ist eine ausgezeichnete Kämpferin und trinkt die meisten Männer unter den Tisch. Alle anderen schreit sie zusammen." "OH JA!", bestätigte das Vollweib prustend, nachdem sie Alea mit festem Druck die Hand geschüttelt hatte.

Neben Rabika wirkte die blonde Amazone Artemis wie ein scheuer Geist. Sie blickte Alea zwar direkt, aber vorsichtig und schweigend an. Elfengleiche Züge besaß sie, obgleich sie eine Menschin war. "Artemis kommt aus Dessaria und war die Frau eines Soldaten. Er hat sie so sehr geschlagen, dass sie sich die Zunge abbiss. Sie wird nicht sprechen, aber uns begleiten. Nicht wahr, Artemis?" Die Amazone nickte. Ein Lächeln in Aleas Richtung stellte einen Gruß dar. Caitlin erklärte weiter: "Sollte es zum Kampf kommen, wird sie sich im Hintergrund halten, aber sie kennt sich mit Verletzungen und Kräutern aus. Außerdem kocht sie sehr gut, ich habe gern bei ihr gegessen." Artemis errötete, nickte aber.
Sie nahm schon mehr mit als Rabika. In einen kleinen Rucksack packte sie Kräuter und Salbendosen, sowie einen Kochlöffel, mehrere Holzschalen und eine Bratpfanne. Zum Glück war diese nicht gusseisern, sonst hätte die Frau viel zu schleppen gehabt. Ein gefüllter Wasserschlauch an ihrem Gürtel komplettierte ihre Ausrüstung.

Gegen Mittag erreichte die inzwischen aus vier Frauen bestehende Gruppe eine Bognerei. Auf einer Holzbank vor dem Laden, der ein Geschlossen-Schild aufwies, saß eine sonnengebräunte Elfe mit kurzem, rotem Haar, das sie zu kleinen Zöpfchen gebunden hatte. Ihr Gesicht zierten kleine und größere Narben. Neben ihr lag ein Köcher feinster Handarbeit. Sie selbst schnitzte an Pfeilen.
Dies sollte die vierte von fünf Amazonen werden. Ihr Name war Paki, eine Elfe aus dem Dorf der Waldmenschen. Sie hatte dort neben der Kunst des Bogenbaus auch alles andere gelernt, was eine Waldläuferin ausmachte, war aber nie sonderlich erfolgreich und angesehen gewesen. "Es lag nicht an mir, ich weiß, dass ich gut bin", erklärte sie Alea, nachdem Caitlin die Elfe kurz vorgestellt hatte. "Die Männlein werden als Waldläufer eben bevorzugt. Ich lebe aus Überzeugung in Xytras." Als ziemlich gute Schützin und Fährtenleserin würde sie in allen Wildnisfragen erste Anlaufstell sein. Auch Paki packte rasch einige Dinge ein.
Es war interessant, dass sämtliche Amazonen entschlossen, sofort mitzukommen und in der gleichnamigen Taverne zu übernachten, obwohl sie in Xytras feste Wohnsitze hatten. Doch einmal zugestimmt zeigten sie allesamt sofortigen Ehrgeiz, gleich dabei zu sein.

Nun fehlte nur noch eine Frau. Caitlin warnte Alea vor: "Erschreck dich nicht. Wir Amazonen haben keine Vorurteile gegenüber anderen Rassen. Solange es eben keine Männchen sind, zeigen wir uns ausgesprochen tolerant. Und Grimhild ist wirklich eine nette ... äh ... Person."
Caitlin hatte nicht zu viel versprochen. Grimhild mochte im Denken etwas langsamer sein als die anderen, aber unfreundlich oder gar unhöflich war sie nicht. Sie war eben eine Trollfrau, maß über 2 Meter in der Größe und liebte offensichtlich rosa, denn sie trug etwas, das sie selbst als Kleid bezeichnete. Außerdem hatte sie sich mit Rosenblüten Farbe herstellen und auf ihr filziges Trollhaar auftragen lassen. Sie sah ... besonders aus. "Ich sehr schöne Troll und ich Zonen-Ama." Mit dem Wortschatz musste Grimhild allerdings noch sehr üben.

Nun hatte Alea ihr kleines Amazonenregiment zusammen: Rabika, Artemis, Paki und Grimhild.

<img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... .jpg"><img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... rtemis.jpg">
<img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... .jpg"><img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... imhild.jpg">

Natürlich kam noch Caitlin hinzu. Zusammen schienen sie eine wahre Chaotentruppe an Weibern. Und laut grölend, lachend und plaudernd steuerten sie schließlich die Taverne <i>Zur Amazone</i> an. Mittlerweile war es Abend geworden. Die vier anderen ihrer Truppe zusammen zu rufen hatte länger gedauert als es sich Alea vermutlich vorgestellt hätte.


<i>weiter in Taverne "Zur Amazone". Topic darfst du eröffnen <img src="http://i140.photobucket.com/albums/r21/ ... winker.gif" border="0"></i>
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