Rast im Fischerdorf

Nordöstlich des Flusses Ilfar befindet sich dieses kleine idyllische Dorf, in dem sich einige Fischer niedergelassen haben. Das Fischerdorf wird vom dunklen Volk unterdrückt. Die Fischer sind Sklaven der Dunkelelfen und Orks.
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Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Dienstag 11. November 2008, 22:28

<i>Darak kommt von Das östliche Drachengebirge -> Greifenflucht</i>

<i>"Ich habe aber das Gefühl, es ist so. Ich töte sogar, wenn ich es nicht mal will."</i> Darauf wusste Lilith nichts zu sagen. Unsicherheit machte sich erneut in ihr breit. Ihr Magen krümmte sich zusammen. War es wirklich richtig, was sie hier tat?
<b>Aber keiner der anderen hat gepasst. Sie würden unter den Händen meiner Schwestern...</b> Lilith schob ihre Gedanken beiseite. Darak befand sich in einer Trauerphase, verursacht durch ihn selbst. Er hatte Elena nicht umgebracht, nicht einmal wirklich in den Tod getrieben. Er war ... indirekt beteiligt gewesen.
"Es ist nicht deine Schuld, dass sie gestorben ist. Ich ..." Sie wagte nicht, den Satz zu beenden. Ihre Hand legte sich an die geschwollene Wange. Der Flug hatte dem schmerzlichen Pochen darin gut getan, denn die kalte Luft sorgte für eine gewisse Taubheit. Zum Glück ging Darak nicht weiter auf ihre Worte ein, etwas lenkte ihn ab. Genauer gesagt: jemand. Liliths Hand, die in gleichmäßigen Bewegungen seinen Schritt liebkoste.

Nur sein leises Schluchzen durchbrach das Pfeifen des Windes – bis Darak erneut seine Stimme erhob. Keuchend. Krächzend. Und wieder brach er in Tränen aus. Lilith fühlte, wie sein Herz sich fast krampfhaft zusammenkrümmte. <i>"Ich habe Angst, dass ihr Körper ... entstellt ... und unwürdig irgendwo in einem Felsspalt liegt und darauf wartet zu verwittern."</i>
Liliths Hand wanderte erneut hoch, tätschelte die seine. "Du könntest ihr dennoch ein Grab setzen, um an sie zu erinnern. Einen Gedenkstein. Ich ... werde dir dabei helfen, wenn es dir so wichtig ist." Er hatte ihr ein Hilfsversprechen gegeben, nur gab sie ihm eines zurück. Aber auch Lilith wollte nicht, dass ein verlorenes Leben einfach so vergessen wurde, noch dazu wenn es sich um ein weibliches Leben handelte. Vielleicht ließ sich in Xytras etwas machen, mithilfe der drei weisen Jungfern.
"Beruhige dich." Wieder streichelte sie ihn. Er musste sich ablenken, wenn auch nur für kurze Zeit.

Lilith war froh, als der Greif endlich landete. Darak stieg so schwermütig ab, dass selbst Carath Molsag ihm einen mitleidigen Blick zuwarf. Sie alle trauerten schweigend mit ihm. "Kommt, bei irgendeinem Fischer werden wir schon über Nacht unterkommen." Alma tätschelte den Schnabel ihres Greifen. "Danke, ihr Hübschen. Was hätten wir nur ohne euch gemacht?" Die Greifen antworteten mit einem Krächzen. Der Vater schubste Darak mit dem Kopf an, als er an ihm vorbeischritt. Kopf hoch, hieß es vielleicht. Man würde es niemals erfahren. Die Greifen hoben erneut ab und verschwanden in den Himmel.
Die Gruppe machte sich auf den Weg. Keiner würde ihnen diese Geschichte je glauben. Keiner, der nicht selbst schon einmal auf einem Greifen geritten war und wer behauptete dies schon von sich?

Alma stampfte voraus, stützte dabei Valrocks Bruder, der wieder an Kraft gewonnen hatte. Dieser hielt sich tapfer auf den Beinen. Es folgten Lilith und Darak. Die Elfe nahm seine Hand wie sich Bruder und Schwester an den Händen fassten und zog Darak neben sich her. Immer wieder warf sie ihm Blicke zu, sagte aber nichts. Sie gab ihm Zeit, es zu verarbeiten. Worte störten diesen Prozess nur.

Ein Fischer, der am Fluss Ilfar sein Boot vertäute, schaute auf, als sich die vier rampuniert aussehenden Personen näherten. "Kann isch eusch helfen?", fragte er, wirkte dabei etwas mundfaul. Anders war sein Nuscheln nicht zu deuten.
"JA!", antwortete Alma und marschierte zielstrebig auf ihn zu. "Kannst du, guter Mann. Wir haben Verletzte und seelisch Gepeinigte. Wir brauchen ein Dach über dem Kopf, nur für eine Nacht."
"Dann geht zur Fischer Herman. Vor drei Tagen sind seine Söhne nach Pelgar aufgebrochen, wollten das Turnier anschauen. Zimmer und Stall dürften frei sein."
"Kannst du uns hinführen?"
Der Fischer nickte. "Wartet, bis mein Boot vertäut ist." Er ließ sich Zeit, aber die hatten ja auch Darak und seine Gefährten. Selbst dann, wenn der Gehörnte immer wieder hustete. Auch Lilith schniefte inzwischen, hatte sich wohl angesteckt. Naja, und die Wunden mussten endlich einmal richtig behandelt werden.

Schließlich packte der Fischer seinen Fang, warf ihn sich über die Schulter und wanderte voraus. Er begann eine kleine Plauderei mit Alma. Nichts von Belang, es ging lediglich um das Wetter und die neuesten Gerüchte. Derer gab es weder viele, noch waren sie interessant. Die Gruppe erreichte nach einer Weile eines der größeren Bauernhäuser. Es war aus Holz, das Dach mit Reet gedeckt. Kleine runde Fenster wurden gerade von einer Frau mittleren Alters gewischt, deren braune Locken von einem Kopftuch zusammengehalten wurden.
"Irmchen, ist dein Herman da? Könnt ihr Gäste aufnehmen?"
"Sicher", antwortete die Fischersfrau und kam an den Zaun, der nur aus einigen Pfählen und Querbalken bestand. "Wer will denn bei uns unterkommen?" Der Fischer zeigte auf Alma und die anderen.
"Wir bräuchten auch einige Kräuter, um unsere Wunden zu versorgen", sagte Alma. "Wir ... hatten eine harte Reise."
"Dann kommt herein und ruht euch aus. Och, ihr seht auch schlimm aus. Is' wohl schrecklich, weit außerhalb. Mein Mann und ich verlassen nie das Dorf, wenn's nicht sein muss. Aber Kräuter habe ich keine. Da müsstet ihr schon zum Alterchen gehen, der hat Vorräte."
"Begleitet mich", meinte Alma, schickte Carath, Lilith und Darak ins Haus und ließ sich dann den Weg zeigen. Irmchen blieb mit den anderen zurück. Sie führte alle in die geräumige Stube, in der es vor dem Kamin sogar einen Sessel hatte. Hinzu kamen weitere Sitzmöglichkeiten in Form von einfachen Holzstühlen und -bänken. Die Fischersfrau setzte Tee auf, während ihre Gäste sich irgendwo niederließen. Lilith hockte sich auf einen Schemel nahe am Kamin und rieb ihre Hände vor dem wärmenden Feuer. Carath setzte sich auf einen Holzstuhl.
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Darak Luthrokar
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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Donnerstag 13. November 2008, 22:54

Düster hing er seinen Gedanken nach doch die Stimulation seines Zentrums nahm immer mehr Raum in seinem Kopf ein. Der Körper war gierig darauf lieber mehr von dieser Liebkosung aufzusaugen als von dieser Schwere die ihn ohnehin schon umgab. Ja sein Geist versuchte das zu tun was seinem Bewusstsein nicht gelingen wollte – zu verdrängen. Die unangenehme und schreckliche Tatsache einfach von sich zu schieben. Als wäre es nie geschehen. Doch dies machte sein Leben weder erträglicher, noch dies was wahr war ungeschehen.

<i> "Es ist nicht deine Schuld, dass sie gestorben ist. Ich ..."</i> Der Gehörnte schloss seine Augen. „Shhht.“ Unterbrach er sie. Dies wollte er nicht hören. Er hielt sich die Ohren zu seufzte dann aber kurze Zeit später wieder auf und legte seine Hände auf ihren Unterarm, denn Lilith reizte ihn unbeirrt einfach weiter. Es war nicht das sexuelle Verlangen welches ihn so ablenkte, sondern einfach die Zärtlichkeit der Berührung die ihn tröstete.

<i> "Du könntest ihr dennoch ein Grab setzen, um an sie zu erinnern. Einen Gedenkstein. Ich ... werde dir dabei helfen, wenn es dir so wichtig ist."</i> Für einen Moment schwieg der Mann der so viele Verluste bereits erleben musste. Er nickte schliesslich. „In Sarma… habe ich noch Minensteine.“ Dies waren ganz besondere Steine. Nicht nur weil sie aus den tiefen Stollen der pelgarischen Strafminen stammten sondern weil sie Daraks persönliche Grabsteine waren. Er hatte 41 Zuhause. 40 Für seine Opfer… der letzte hätte für ihn selbst sein sollen. Nun würde dieser Gedenkstein wohl Elena gewidmet werden. Valrock würde er ja wohl kaum einen setzen. Obwohl wer Darak kannte der wusste welchen Respekt er im Grunde vor dem Leben hatte, dies sah man besonders im Umgang mit Tieren. Aber ob dieser Respekt sogar bei Valrocks Tod galt? „Nein… Elena soll kein Minenstein kriegen.“ Beschloss er schliesslich. Sie war etwas besonders für ihn gewesen. Kein Opfer im eigentlichen Sinne wie die anderen die er ermordet hatte… sondern… etwas anderes viel Schmerzhafteres. Eine tote Liebe.

Er schluchzte schwer. Rang um jede Träne. Liess sich nur schwer beruhigen. Doch irgendwann siegte die Erschöpfung des Weinens und seine Tränen versiegten.

Stumm stieg er nach der im Vergleich zu Almas sanften Landung ab.

Darak zuckte zusammen als er vom Vater angestupst wurde. Er sah das Tier an. Streichelte über den riesigen Kopf und hauchte dem Greifen ein „Danke“ zu. Nachdenklich sah er dem Tier nach wie es davon flog, zurück in die Freiheit. Er würde nie wieder frei sein. Dies wusste er. Er war es kaum mal gewesen. Da ging es auch los. Alma stapfte mit ihren zerschlissenen Kleider voran. Vermutlich würde sie massenhaft Gönner finden die grosszügig dafür bezahlen würden damit sie sich Stoffe leisten konnte um sich wieder einzukleiden und ordentlich alles was da rauswabbelte zu bedecken. Darak trottete neben Alma her. Gleichgültig wie es schien. Sein Blick war starr zu Boden gerichtet als wäre es egal ob er nun auf Sand, Blut oder Nägel lief. Es war als existierte gar keine Welt, so dass er sich vorkam als würde er in einem leeren Raum treten.

Teilnahmslos stand er bei der Gruppe wo Alma versuchte einen Schlafplatz zu organisieren. Man sah ihm an, dass er nicht nur müde war. Darak schien von jeglichem Lebensgeist verlassen. Selbst jenes Körperteil um welches Lilith sich so intensiv kümmerte hatte sich kaum geregt.

Darak hustete. Seine Lungen hörte man bereits rasseln. Bei längerer Ruhe könnte ihn eine solche Erkältung durchaus für ein zwei Tage ins Bett fesseln. Vielleicht gar nicht so schlecht. Ruhen. Schlafen. Krafttanken. Es würde ohnehin nichts da draussen geben an dem er sich erfreuen würde. Ausser Elena. Schweigend lief er hinter dem Fischer her und betrachtete sich den Kopf des toten Fisches der bei jedem Schritt seines Fängers auf und ab wippte. Die toten Augen des Tieres glotzten ins Leere… ähnlich wie Daraks. Oh hätte er doch mit dem Fisch tauschen können!

Sie wurden ins Haus geführt und Alma sowie die Gastgeberin verabschiedeten sich kurz. Zum Glück hatte es so heftig geregnet in den letzten Tagen. Sie wären wohl kaum so freundlich empfangen und aufgenommen worden wenn sie noch nach dem Abort Pelgars gestunken hätten. Darak wusste nicht so genau wo er sich hinsetzen sollte. Er hatte das Gefühl dass es eigentlich keinen Platz für einen Glücksvernichter und Mörder wie ihn haben dürfte.

Schliesslich rührte er sich und hockte sich hin. Er wirkte müde und abgeschlagen und war dies ja auch ziemlich massiv. „Ich… möchte einfach nur noch zu Bett gehen.“ Murmelte er zu Lilith. Er wollte weder von Alma irgendwelche Kräuterpasten haben noch… sonst etwas… er wollte alleine sein. Doch ob diese Einsamkeit ihm wirklich gut tun würde?

Zusammengesunken hockte er im Stuhl. War beherrscht nicht zu weinen… doch dann geschah es eben doch. Peinlich berührt entschuldigte er sich dafür und verbarg sein Gesicht unter Helm und Hände. „Bitte lasst mich... ins Zimmer.“ Flehte er beinahe schon. Er hielt die Gruppe einfach nicht mehr aus.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Samstag 15. November 2008, 13:26

Endlich schien Lilith einen Punkt gefunden zu haben, an dem sie festhalten konnte. Ein Gedenkstein für Elena musste es. Es war das Mindeste, was sie für ihren verschollenen Körper tun konnten.
Wobei sich die Amazone letztendlich nicht einmal ganz sicher war, dass Elena wirklich das Zeitliche gesegnet hatte. Vielleicht hatten weder sie noch Alma ihren Körper finden können, eben weil Elena noch lebte und sich einfach aus dem Staub gemacht hatte. Begründet? Wollte sie Darak Luthrokar, der sie so liebte, nicht mehr nachjagen? Waren die Schulden, die er bei ihr hatte, dieses Abenteuer nicht wert?
Vielleicht ... lebte sie wirklich noch. Aber Lilith schwieg darüber, behielt ihre Gedanken für sich. Sie wollte Darak keineswegs falsche Hoffnungen machen. Womöglich war es besser so. Er war nur ein Mann. Er würde darüber hinweg kommen.
Sie hörte ihn schluchzen. Voller Trauer hockte er da, entschied sich schlussendlich doch noch gegen die Minensteine, mit denen er ihr ein Denkmal hatte setzen wollen. "Wir finden etwas Passendes", meinte Elena, lehnte sich gegen seinen Rücken und wartete darauf, dass sie landeten.

Im Fischerdorf angekommen fanden sie auch schnell eine Unterkunft und zwar beim Fischer Herman und seiner Frau Irmchen. Letztere hatte Alma kurzerhand zum Dorfältesten geschickt, um dort Kräuter für die Verletzten zu holen. Sie selbst war nur ein Stück weit mitgegangen, denn die Hütte hatte sie nicht ohne Aufsicht und mit Gästen allein zurücklassen wollen. Ihr Mann befand sich noch unterwegs, verkaufte Fisch am pelgarischen Stadttor. Am folgenden Morgen wollte er wieder zurück sein.

Irmchen bereitete Tee zu. "Hagebutte und Kamille, das hilft gegen Erkältung", erklärte sie, nachdem Darak wieder einmal husten musste und Lilith nun auch in regelmäßigen Abständen schniefte.

<i>"Ich ... möchte einfach nur noch zu Bett gehen."</i> Die Fischersfrau nickte. "Ja, dort gehört Ihr auch hin, mein Herr. Vielleicht wollt Ihr Euch in einen Morgenmantel meines Mannes hüllen, dann kann ich Eure Hose waschen und über dem Kamin trocknen." Das Angebot machte sie auch Carath und Lilith. Die Elfe nahm es dankend an, der Nichtgenannte aber verzichtete darauf. Er bat lediglich um einen feuchten Lappen für seine Nase. Sie bereitete ihm wohl mehr Schmerzen als er im Moment durch Mediation an die Umwelt abgeben konnte.
Die Frau kümmerte sich sorgsam um ihre Gäste und brachte den Tee sogar in die Schlafstube. "Da mein Mann frühestens morgen früh hier auftauchen wird, steht euch das Ehebett zur freien Verfügung." Lilith senkte den Blick, murmelte etwas davon, dass sie mit keinem der beiden Männer ein engeres Verhältnis als das reiner Freundschaft besäße, doch Irmchen hörte gekonnt darüber hinweg. Sie überließ der Elfe ein Nachthemd aus einfachem Leinen und schickte sie damit in die Schlafkammer.

Da tauchte die Fischersfrau auch schon bei Darak auf, der sein Gesicht in Händen vergraben hatte. Sie legte ihm den Morgenmantel ihres Mannes behutsam auf die Knie. <i>"Bitte lasst mich ... ins Zimmer."</i>
"Natürlich. Ihr habt wohl eine sehr schwere Reise hinter Euch. Das nagt an den Nerven. Trinkt etwas Tee, ich habe ihn in der Schlafkammer aufs Fensterbrett gestellt. Dann ruht Euch aus." Sie half Darak von seinem Sitzplatz und führte den vollkommen aufgelösten Mann – dessen Bild so gar nicht zu Statur und Helm passen wollte – ins Schlafzimmer.
Hinter ihm schloss Irmchen die Tür, wandte sich jetzt wohl Carath Molsag zu.

Im Schlafzimmer selbst stand Lilith. Sie war nackt, hatte das Nachthemd noch nicht übergestreift. Ihr rotbraunes Haar fiel seidig über den schlanken Rücken und streifte die Schultern, als sie hinter sich schaute und Darak ansah. Sie legte das Nachthemd beiseite, würde es nicht brauchen.
Eine ihrer schmalen Hände streckte sie nach ihm aus. "Komm, wir gehen ins Bett. Du brauchst Ruhe." Leise begann sie zu summen. Diese Nacht sollte er sorgenlos sein, ungeachtet allem, was sie über ihn wusste. Den Verbrecher, dem Mörder, der Frauen schlug.
Ihre andere Hand berührte die geschwollene Wange. Dann aber ließ sie alle Gedanken von sich abfallen. <b>Jetzt kann er mir beweisen, dass ich mich nicht in ihm getäuscht habe. Diese Nacht wird mir die Entscheidung abnehmen. Mitnehmen oder hierlassen. Enttäusch mich nicht, Darak.</b>
Sie griff nach seiner Hand und zog ihn zum Bett.

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Darak Luthrokar
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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Sonntag 16. November 2008, 02:42

Darak war völlig aufgelöst und konnte seine Tränen beim besten Willen nicht mehr unterdrücken. Er nickte nur als die freundliche Frau meinte sie würde ihm den Morgenmantel ihres Gattens Leihen. Vor lauter Aufregung hatte er noch nicht mal ihren Namen mitbekommen. „Ja..“ Krächzte er heiser vom vielen Weinen. Sein Halz schmerzten und seine Augen brannten fiebrig. Er erhob sich träge, sank aber gleich wieder auf den Stuhl nieder. Seine Trauer legte ihn völlig lahm. Er vergrub sein Gesicht hinter seinen zitternden Händen und weinte weiter seinen Kummer in die Welt und er war gross.

Er blickte kurz auf als die Frau wieder zu ihm trat. Carath und Lilith hatte er gar nicht mehr wahrgenommen. Es war als existierte die Welt da draussen einfach nicht mehr. Alles wirkte auf ihn so entfernt. Niemand konnte ihn trösten. Er seufzte schwer. Schluchzte erneut als er sich vom Weinkrampf erholte und starrte auf den Morgenmantel den die Frau auf seine Knie gelegt hatte. „Danke.“ Brachte er stockend hervor… doch dann starrte er auf sein Knie. Elena hatte es versucht zu heilen, damals im Lager von Zitter. Er hatte ihr nicht mal vom See erzählen können. „Schicksal es ist genug der Strafe…“ Krächzte der Mönch verbittert und definitiv am Ende seiner Kräfte.

<i> "Natürlich. Ihr habt wohl eine sehr schwere Reise hinter Euch. Das nagt an den Nerven. Trinkt etwas Tee, ich habe ihn in der Schlafkammer aufs Fensterbrett gestellt. Dann ruht Euch aus."</i> Er blickte auf. Mit verheulten Augen, sehr unpassend zu seinem eigentlichen Profil eines Kriegers. Er starrte die Frau an. Seine Schwere, sein Entsetzen und sein Kummer war so offensichtlich und erdrückend dass es einem durchaus umhauen konnte. Er mochte es ihr nicht sagen, warum er wirklich weinen. Jedes Mal wenn er ihren Namen aussprach versetzte es ihm einen gewaltigen Stich. Er liess sich von den duldsamen Händen leiten und hochziehen. Langsam schlurfte der in sich zusammengesunkene Mann der einfachen Fischersfrau hinterher und erreichte schliesslich sein Schlafzimmer. Er trat ein. Hielt seinen Kopf gesenkt. Er drehte sich ab und begann sich auszuziehen. Lilith hatte er noch nicht einmal bemerkt, sein Sichtfeld musste im Moment stark eingeschränkt sein, was auch kein Wunder war wenn man bedachte dass er einfach starr zu Boden starrte. Er zog sich den Mantel an und legte seine Hosen sowie Stiefel und seine restlichen Kleider, bis seine Unterhosen vor die Tür ehe er sich zum Bett wandte – und dort die nackte Schönheit erblickte. Für einen Moment dachte er es wäre Elena. Er wünschte es sich so sehr sie zu sehen dass er es immer wieder Tat… nur um erneut von der bitteren Realität eingeholt zu werden.

„Lilith…“ Er musste sie Benennen damit er sich wahrlich sicher war dass sie es nicht ist, wen er so sehr bei sich zu haben wünschte. Die Nacktheit der Amazone verfehlte diesmal ihren Reiz. Darak reagierte nicht darauf. Empfand keine Lust im Augenblick.

<i> "Komm, wir gehen ins Bett. Du brauchst Ruhe."</i> „Ja..a..“ Er liess sich von ihr zum Bett bringen. Legte sich schliesslich hinein und rollte sich zusammen. Er umarmte das Kissen, drückte es fest an seine Brust. Wirkte eher wie ein verängstigter Junge als ein gestandener Mann. Er fühlte sich so allein, so einsam obwohl er es doch gar nicht war. Sein Körper und sein Geist war Müde, doch die Trauer verwehrte ihm jeglichen Schlaf. Immer wieder musste er an Elena denken und sich ausmalen wo ihr zerschundener Körper ungesucht lag. Dies liess ihm keine Ruhe. „Wir müssen sie doch bergen!“ Hauchte er.

Daraks Erkältung hatte sich zu einer deftigen Grippe ausgeweitet und auch seine Wunde heilte nicht wünschenswert gut. Dies hatte zumal den einen Grund dass Alma nicht die richtige Ausrüstung bei sich gehabt hatte, gleichzeitig jedoch war da auch seine Kraftlosigkeit.

Man kannte es von Tieren dass sie starben wenn ihr Herrchen das Zeitliche gesegnet hatte. Darak schien hier einen ähnlichen mechanismus zu zelebrieren. Er wurde stetig blasser und begann zu frieren obwohl seine Stirn förmlich glühte. Sein Leiden drückte sich nicht nur durch sein Klagen aus.

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fremde Frau
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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von fremde Frau » Dienstag 18. November 2008, 01:03

Irmchen ließ ihren Blick, welcher umrahmt von ersten Falten war, über die fremden Gäste schweifen. Höflich waren sie ja nicht gerade, keiner von ihnen hatte sich bisher vorgestellt. Aber als der blasse Mann mit dem gehörnten Helm ein Danke krächzte, war alles wieder gut. Die Fischersfrau nickte. "Schon gut. Ruht euch alle erst einmal aus. Wieder bei neuen Kräften bleibt dann noch genug Zeit für ein Gespräch." Hoffentlich kehrte die korpulente Frau namens Alma bald mit Kräutern zurück. Der Mann machte keinen sehr gesunden Eindruck. Seine Nase lief, Irmchen hörte es am Schniefen. Und er brauchte dringend ein ordentliches Bad mit viel Kernseife. Irgendwie rochen sie alle nicht gerade wie Fischerin Helgas Rosenfeld, welches im letzten Frühjahr so schön geblüht hatte!
Doch ja, es musste warten. Ein Bad laugte den Körper aus und wenn sich Irmchen diesen Mann genauer anschaute, würde er anschließend vermutlich nicht einmal mehr die Kraft besitzen, selbstständig den Zuber zu verlassen. Nein nein, sie alle sollten sich erst einmal ausruhen.
"Ich habe leider keine weiteren Zimmer oder Betten, die ich zur Verfügung stellen kann. Die Übrigen müssen entweder hier auf dem Boden oder im Hühnerstall übernachten." Irmchens heimliche Leidenschaft war die Hühnerzucht, zumal sie es langsam satt war, täglich Fisch zu essen. Ein Ei am Morgen vertrieb ihren Frust und stärkte sie für ihre Aufgaben. Mit den herumfliegenden Federn ließ sich zudem ein gutes Geschäft machen, wenn sie genügend Leinen erstatten konnte. Dann verdiente sich die Frau nämlich ein kleines Geld mit dem Verkauf von Federkissen. Vielleicht konnte sie einen ihrer Gäste am nächsten Morgen davon überzeugen, dass ein mitgeführtes Kissen jede Reise angenehmer gestaltete.

<i>Schicksal, es ist genug der Strafe..."</i> Irmchens Gedanken kehrten ins Hier und Jetzt zurück, ihr Blick richtete sich auf den Fremden. Er sprach wie ein Heiliger, doch sah aus wie ein Krieger – ein kranker Krieger, der ins Bett gehörte. So brachte sie ihn zu Lilith in die Schlafkammer und mied fortan seinen Blick. Sie hatte seine Augen gesehen. <b>Wie jemand, der nur noch auf den Tod wartet.</b> Es bescherte Irmchen eine Gänsehaut, sie wollte nicht darüber nachdenken. Letzten Monat war Hildegards kleiner Bengel im Fluss ertrunken. Als man ihn herausfischte – welch wahnsinnige Ironie des Schicksals! –, da waren seine Augen ebenso leer wie jene ihres Gastes gewesen. Nein, sie wollte wirklich nicht darüber nachdenken!

Mit geschickten Händen, die wussten, wie man einen Mann durch eine halb offene Tür manövrierte, schob die Fischersfrau Darak in die Stube. Sie wartete, bis seine Kleidung vor der Tür landete, sammelte alles auf und stellte einen Topf aufs Feuer.
Bis das Wasser kochte, hatte sie Carath Molsag in den Stall verfrachtet und schon wieder genug Federn für ein neues Kissen gesammelt, an dem sie nun arbeitete. Irgendwann kehrte Alma zurück ...

Doch ehe wir der Frau, deren Körperumfang eine eigene, wohldefinierte Landesgrenze verdient hätte, die Gelegenheit geben, ihre Rückkehr aus voller Kehle zu verkünden, spielen wir Mäuschen und flitzen heimlich durch eine der Dielenritzen unter das Haus und anschließend in jene Kammer, wo sich Darak einer nackten Elfensängerin und Amazone gegenüber fand.

<i>"Lilith ..."</i>
Sie machte nicht einmal den Versuch, ihre Blöße zu bedecken. Eine Amazone war stolz auf ihre Weiblichkeit – was nicht hieß, dass sie sich der Allgemeinheit stets so präsentierten. Vor allem nicht der männlichen Allgemeinheit. Aber sie war auch Elfe und jenes Volk zierte sich ebenso selten zu zeigen, was Florencia und Phaun in ihrer Herrlichkeit erschaffen hatten.
Die Amazone brachte ihn zum Bett, legte sich sofort neben ihn, aber Darak rollte sich zusammen. Das Kissen, welches ohne Zweifel auch mit Hühnerfedern gefüllt war, knautschte sich zwischen Armen und Knien zusammen. Lilith schaute schweigend auf ihn herab. Ihr gingen Phrasen der amazonischen Kultur durch den Sinn. <b>Typisch Männchen, können nur heulen! ... Weichlinge, allesamt! ... Reiß dich zusammen, bist du eine Amazone oder der Dreck unter den Stiefeln eines vorlauten Männleins?! ...</b>
Sie schluckte. Lilith dachte zwar amazonisch, doch auf ihre eigene Weise. Keine Frau in Xytras hatte sie wohl jemals eine dieser Phrasen laut sagen hören.

<i>"Wir müssen sie doch bergen!"</i> "Ruhig." Ihre Stimme, ein sanfter Hauch, ihre Berührung seines Arms nicht mehr. Lilith rutschte etwas näher, formte sich zu einem elfischen Mantel um Darak. Und wo dieser hustete, absolut kränklich wirkte wie eine welkende Blume, so schniefte auch sie. Lilith zog die Decke über ihre beiden Körper und versuchte, so viel Wärme wie möglich abzugeben. Daraks Haut war kalt, wohingegen sie die Hitze, die von seiner Stirn ausging, förmlich spüren konnte.
"Du bist krank vor Kummer." Liliths Hände glitten über seinen Körper, rubbelten hier und da die Muskeln, um ihn warm zu halten. Irgendwie wusste sie, wie Darak sich fühlen musste. Sie kannte diese Leere.
Schließlich rang sie sich dazu durch, ihm jene Worte zu sagen, die sie einst gesagt bekommen hatte – auch wenn Darak keineswegs eine Frau war und niemals eine Amazone sein würde. "Gib dich nicht auf! Sonst stirbst du und mit dir die letzten Erinnerungen an sie. Sei wie sie! Sei stark! Sei du! Und vergiss sie niemals."

Lilith zitierte die Worte Silbe für Silbe, wie die nachtelfische Amazone Alyone sie einst ihr gesagt hatte.

Dann riss es die Tür auf und ein Erdbeben kündigte sich an. "ICH HAB MASSENHAFT GUTE KRÄUTER BEKOMMEN! JETZT KANN ICH EUCH ALLE BEHANDELN!" Almas Gesicht war in Schweiß gebadet, ihre Wangen besaßen die Farbe von dunkelroten Kirschen und sie schnaufte, als hätte sie ihren eigenen Bauch einmal im Dauerlauf umrundet. Aber ihre Mundwinkel hatten sich auf den Nullpunkt gehoben – das hieß, dass sie lächelte.
Hinter ihr stelzten mehrere Hühner in den Raum und bewegten neugierig gackernd die Köpfe.

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Darak Luthrokar
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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Dienstag 18. November 2008, 23:41

Der Gedanke an Liliths ungeborgenen Leib quälte ihn. Er schauderte als sie ihn leicht berührte über seinen Arm strich und ihm zuflüsterte ruhig zu sein. Er nickte nur, rollte sich weiter zusammen und fühlte sich so schrecklich Armselig. Sein Fieber stieg rapide an. Er litt bereits unter einem heftigen Schüttelfrost. Seine Haut wurde blass, schweissig. Es war eindrücklich wie schnell sich sein Zustand verschlechterte. Wenn Darak stur war dann konnte ihn beinahe nichts töten, aber wenn er sich aufgeben wollte, schlug es genau so heftig in die andere Richtung aus.

Darak hatte eben wenig Möglichkeiten sein Leid auszudrücken als über seinen Körper. Worte des Selbstmitleids trösteten ihn und auch wehklagen nützten kaum. Selbst das verspotten und verbale demütigen von bestimmten Gottheiten tat hier keine Abhilfe. So wurde er eben Krank. Wandelte seelischen Schmerz in physischen. Denn in seiner Psyche war mit 40 Seelen bereits genug Platz mit Kummer und Gewissensbisse belegt. Da war kaum noch Raum für so ein neues Leid und dieses Leid hatte Dimensionen angenommen, welches sein Geist einfach sprengte.

<i> "Du bist krank vor Kummer."</i> „Ich sterbe.“ Antwortete Darak knapp. Er spürte seine Lebensgeister schwinden. Konnte man an gebrochenem Herzen, an Leid sterben? Vermutlich nicht, auch wenn Darak es im Moment vermutlich gar wollte. Er schnaubte als er diese Erkenntnis selbst traf. „Ich will nicht mehr… ich bringe so viel Unglück!“ Er war wahrlich ein Pechvermittler. Um ihn herum starben Menschen. Gingen Beziehungen zu Bruch oder wurden Frauen geschlagen. Er seufzte schwer unter ihren Berührungen. Seine Muskulatur war zum zerreissen angespannt und zitterte vom Frost den er verspürte. <i>"Gib dich nicht auf! Sonst stirbst du und mit dir die letzten Erinnerungen an sie. Sei wie sie! Sei stark! Sei du! Und vergiss sie niemals."</i>

Der Gehörnte schwieg. Lange Zeit herrschte stille. Erneut rannen dicke Tränen über die bereits vorgelegte Bahn. Dann nickte er. „Ja.“ Bestätigte er schliesslich nach langem überlegen. „Ja… du hast recht.“ Er hielt seine riesige Pranke auf sein schwer schlagendes Herz, dort wo Elena noch so Lebendig und wild war wie eh und je.

Darak zuckte merklich zusammen als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Er starrte Alma an die offenbar aufgrund der wenigen Stiegen die sie hatte überwinden müssen gerade damit beschäftigt war reden und atmen in einklang zu bringen – mit mässigem Erfolg.

Ein düsteres, stark gerötetes Augenpaar, umrunden von dunklen, schwarzen Ringen starrte Alma entgegen. Als sie ihn zuletzt gesehen hatte wirkte er einfach nur unendlich Traurig. Doch jetzt sah er wahrlich Krank aus. Krank vor Kummer wie Lilith so schön gesagt hatte.

<i> "ICH HAB MASSENHAFT GUTE KRÄUTER BEKOMMEN! JETZT KANN ICH EUCH ALLE BEHANDELN!"</i> „Mhrm.“ Gab Darak nur zurück und wollte sich gerade zu Lilith drehen als er das glucken der Hühner vernahm. Er runzelte die Stirn und schielte über den Bettrand hinweg. Da kamen sie hereingetrottet. Pickend und gluckend sahen sich die Hühner nach etwas essbarem um. Nun… der einzige potenzielle Wurm in diesem Zimmer befand sich wohl unter der Decke von Darak… höchstens Alma hegte düstere unglaubliche Geheimnisse irgendwo hinter ihren ausladenden Höschen.

„Na… komm her… putt putt..“ Sprach Darak matt eines der Hühner an und versuchte es zu sich zu locken. Der Gehörnte reagierte ausserordentlich gut auf Tiere. Besonders Hühner mochte er ja. Wenige wussten dass der Foltermeister Tierliebend war es passte ja auch nicht zu seinem eigentlichen Profil des Mörders, Sklaventreibers und Folterers.

Er blickte zu Alma hoch. Sah sie verzweifelt an. Warum - diese Frage stand ihm ins Gesicht geschrieben. Warum sie?! Warum nicht er? Er seufzte traurig. Musterte die Hühner.

"Ich... bin so müde." Bei Darak war es nie ein gutes Zeichen wenn er müde war. Sowas sagte er eigentlich nie, ausser wenn er seines Leben überdrüssig war oder kurz vor einem Kollaps stand.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 19. November 2008, 23:46

Lilith war keine Heilerin, aber selbst sie bemerkte, dass Darak mehr als Ruhe brauchte. Alma musste her, es ging ihm immer schlechter. Sein ganzer Körper kühlte aus, er zitterte bereits. Nur die Stirn, die glühte wie ein heißer Ofen, auf dem man Eier braten wollte.
Sein Zustand gefiel ihr ebenso wenig wie seine Worte. <i>"Ich sterbe. Ich will nicht mehr ... ich bringe so viel Unglück!"</i> Wie würden sich ihre Schwestern darüber freuen, dass ein Männchen sich freiwillig entschloss, aufzugeben und seine verkommene Seele holen zu lassen. Selbst wenn er ein Spender sein sollte, das störte keine Amazone. Männchen waren jederzeit ersetzbar.
Nur Lilith störte es, aber sie hatte sich niemals als vollwertige Amazone gezählt. Nicht so intensiv wie die anderen Frauen von Xytras, auch wenn sie darüber schwieg. Trotzdem schienen alle es irgendwie zu ahnen, zumindest wusste jeder, dass Lilith mit Männchen kommunizierte, wenn es nötig war. Sie arbeitete und lebte gar mit ihnen zusammen, wenn sie Reisegefährten brauchte!
Die Elfe war anders und deshalb gefiel ihr Daraks Gesundheitszustand nicht.

Eindringlich beharrte Lilith darauf, dass er sich nicht aufgeben sollte – bis auch er es merkte. Sterben war keine Lösung. Erleichtert seufzte sie auf. "Kämpfe", hauchte sie ihm zu und begann zu summen. Es dauerte jedoch nur Sekunden, bis Lilith jäh unterbrochen wurde. Alma war wieder da.

Die Heilerin schnaubte und redete zugleich. Und dann ... verstummte selbst sie. Ihr Blick traf sich mit Daraks, welcher so kränklich und schmerzlich aussah. Die Augen waren gerötet und glänzten. Letzteres kam jedoch nicht nur vom Weinen. Sie waren glasig, Darak krank. Schwarze Augenringe reichten weit bis zu den Wangen herab. Sie verdunkelten sein Gesicht und bildeten einen starken Kontrast zur blassen Haut. Schweiß stand auf der rötlich glühenden Stirn.
"Bei allen Nieren, ich komme gerade noch rechtzeitig", krächzte die Tonne. Unter ihrem Rock lugte ein Huhn hervor. Es war das neugierigste der Zucht und suchte immer nach jemanden, der ihr Gefieder mit Streicheleinheiten verwöhnte. Irmchen liebte dieses Huhn wie kein anderes. Es war das einzige, welches ein rotes Band am Krallenfuß trug.
Neugierig gackernd und gluckend hupfte es über den Dielenboden auf Darak zu, angelockt von seinen Rufen. <i>"Na ... komm her ... putt putt ..."</i> Das Huhn gehorchte, hopste näher und legte den Kopf schief, um ihn genau zu mustern. Darak sah nicht wie ein potenzieller Wurm aus oder als ob er Körner unter der Decke versteckt hielt. Aber seine lockenden Finger könnten das Gefieder ein wenig lockern. Das Huhn schob sich unter seiner Hand hindurch, immer und immer wieder. In seinem Verhalten ähnelte es eher einer schmusebedürftigen Katze denn einem Geflügel, das die Frühstückseier auf den Tisch brachte.

Während das Huhn sich auf diese Weise die gewollten Liebkosungen selbst holte, starrte Alma Darak immer noch an. Sie las von seinen Augen ab. Warum, formten ihre wulstigen Lippen, deren Mundwinkel stets zum Boden zeigten. Hierbei bot sich eine interessante Theorie. Wenn man annahm, dass Almas Mundwinkel immer nach Süden wiesen, konnte man sich dann mit ihr in Begleitung jemals verlaufen? Das hieß, sofern man ein wenig Orientierung und Kenntnisse mit Benutzung eines almaschen Kompasses hatte?
Wenn eine Alma umfiel und niemand da war, um es zu hören, wie gewaltig war dann das Erdbeben auf der anderen Seite Celcias? Alles Fragen, auf die sich auf die Schnelle keine Antwort finden ließ und welche man stattdessen ewig ausdiskutieren konnte und je nach Gemüt eine andere Antwort als die einzig Richtige erachtete. Doch auch herunter hängende Mundwinkel konnten Darak jetzt nicht helfen. Wohl aber die Kräuter, die die dicke Heilerin mitgebracht hatte.

<i>"Ich ... bin so müde."</i> "Halte durch!", bellte sie ihm entgegen und sammelte sofort eine Schüssel ein, griff einfach nach einem Handtuch, welches über dem Bett hing und drückte beides Lilith in die Hände. "Zieh dir was über und besorg mir kaltes Wasser! Und MEHR Tücher! Dann eine Schüssel heißes Wasser. Wir müssen das Fieber senken!"
Alma zerstampfte sofort etwas Johanniskraut und Baldrian, um Darak in einen beruhigenden und stärkenden Schlaf gleiten lassen zu können, zugleich aber gab sie Weidenrinde hinzu, da dies eine fiebersenkende Wirkung mit sich brachte. Nachdem sie einen matschigen Brei aus den Kräutern gestampft hatte – Alma nutzte einen Mörser und Stößel, den sie sich beim Dorfältesten ebenfalls gleich besorgt hatte – formte sie einen winzigen Klumpen daraus und hielt ihn Darak direkt an den Mund. "Iss das!", forderte sie ihn ein wenig ruppiger auf, als üblich. Alma sorgte sich. Es musste jetzt alles sehr schnell gehen.

Lilith kehrte zurück, hinter ihr folgte Irmchen, die eine Schale heißen Wassers brachte. Die Elfe hatte alles besorgt: kaltes und heißes Wasser, frische Tücher in verschiedenen Größen und sie trug noch ein Bündel Melisse mit sich. Dieses legte sie dem inzwischen auf den Rücken gerollten Darak auf die Brust.
"Sagen berichten, es hilft gegen Liebeskummer", sagte sie und tupfte auch schon Daraks Stirn ab. Alma nickte ihr zu. "Mach weiter so ... und du Darak, iss die Medizin und versuch dann zu schlafen. Morgen wird es dir besser gehen." Alma fragte kurz die Fischerin, wie es ihrem anderen Patienten – Carath – ging und durfte mit Freude erfahren, dass er Tee getrunken und etwas Brot gegessen hatte. Das war gut. um ihn würde sie sich heute Nacht wohl nicht sehr intensiv kümmern müssen. Sie schaute nach Daraks Peitschenwunde. "Lilith, sobald du kannst, zerstampfe bitte diese Kräuter und ... diese hier. Darak wäre ideal für junge Heiler, die lernen müssen, mit Stress-Situationen umzugehen", brummte sie.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Samstag 22. November 2008, 13:40

Darak mied Almas Blick. Stattdessen musterte er das Huhn welches sich immer wieder an seinen Finger vorbeidrückte. Er kraulte es und strich über das Gefieder welches so fein und zart war – besonders in der Tiefe wo es von einem angenehmen Flaum durchzogen war. „Du bist aber eine Süsse.“ Hauchte er. Seine Stimme klang so matt unglücklich und leer. Er kämpfte schon so lange um sein Glück und war doch auf längere Zeit gesehen doch immer erfolglos gewesen. Dies zerrte an seinem Willen und glauben, dass es auch für ihn eine Chance zum guten gab.

<i> "Halte durch!"</i> Er seufzte nur, nickte und schloss seine brennenden Augen für einen Moment. Er hatte Kopfschmerzen, fühlte sich in allen Bereichen einfach nur noch elendig. Die Streicheleinheiten welche er dem Huhn aber bot blieb bestehen. Wenigstens dieses schien er erfreuen zu können. Er kümmerte sich nicht darum wie Alma, besorgt wie sie war ihr bestes gab um eine heilende Kräutermischung anzurühren. Er verzog seine Nase etwas als sie ihm, den nicht unbedingt gerade wohlduftenden, Klumpen vor sein Riechorgan hielt. Brav, ohne jeglichen Protest nahm er ihn aber und ass ihn. Er kaute lange. Kauen war anstrengend. Schliesslich schluckte er das zeug herunter. Er atmete tief aus. Glaubte selbst nicht wirklich an die Wirkung der Kräuter. Doch er spürte wie er nach einigen Minuten immer müder wurde und es ihm immer schwerer fiel die Augen offen zu behalten. Vielleicht setzte sein Sterben ein – oder aber einfach die Wirkung der Medizin.

Seine Finger welche immer noch das Huhn streichelten hielten inne. Seine Augen waren geschlossen. Sein Atem ging ruhig, regelmässig und Tief. Erschöpft war er eingeschlafen. Er rührte sich nicht als sie ihn auf den Rücken drehten und begannen ihm fiebersenkende Wickel und Waschungen zu verpassen.

Die Peitschwunde des Mannes sah grässlich aus. Sie hatte sich übel entzündet. Eigentlich müsste der Kerl wohl brüllen vor Schmerz. Aber seine Trauer war offenbar stärker gewesen und hatte sein Bewusstsein schon genug eingeengt als es physischer Pein konnte. Auch im Schlaf war seine Schwere zu sehen. Seine Trauer. Er sah so leidend aus, geplagt wie jemand den man einfach mal drücken oder knuddeln wollte weil man sich nicht mehr anders zu helfen wusste.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Dienstag 25. November 2008, 11:49

Das Huhn gluckte zufrieden, hockte sich nun auf die Stelle und ließ sich immer wieder kraulen. Unter den breiten Flügeln war der Flaum besonders weich und man konnte vereinzelt sogar eine braune Feder entdecken. Das Huhn bauschte das Gefieder auf und steckte den Kopf unter einen Flügel. Offensichtlich hatte es sich entschieden, dass dies hier ein sicherer und vor allem angenehmer Ort war, um ein Schläfchen zu halten. Immerhin bekam man hier mehr Streicheleinheiten als bei den Kindern im Dorf, die ihre Finger immer gern nach einem Tier ausstreckten – ob es nun Federn oder Fell besaß.

Alma sorgte sich inzwischen, denn Darak aß ohne Widerrede ihren Kräuterklumpen. Er würde ihm gut tun, ohne Zweifel. Stärken, sowohl körperlich als auch seelisch, außerdem leitete er auf natürliche Weise einen Schlaf ein. Darak musste sich unbedingt erholen. Aber er aß ihn eben. Einfach so, ohne Widerworte, ohne Knurren oder Zappeln. Alma kannte ihren Lieblingspatienten inzwischen besser als jede andere Heilerin mit einem Körperumfang, der eine eigene Anziehungskraft zu besitzen schien. Darak sträubte sich sonst <i>immer</i>. Ihm konnte es gar nicht gut gehen! Die ganze Sache mit Elenas Verschwinden und Nichtwiederfinden zehrte ihn aus.
Alma seufzte. Darak Luthrokar war in ihren Augen wirklich ein Phänomen. Ein Verbrecher sondersgleichen. Sie erinnerte sich zurück, an Pelgar und die Zeit, in der sie Valrocks Opfer geflickt hatte. Keiner dieser Verbrecher, Mörder und sonstigen Ganoven hatte überhaupt Anzeichen der Reue gehabt. Oh ja, sie jammerten und fluchten und flehten die Tonne an, sie heimlich fortzubringen. Bei einigen hatte sie sich sogar darauf eingelassen und ihnen als Gegenleistung eine Niere entnommen. Doch schnell durfte sie damals feststellen, dass sie später auch noch die andere Niere bekam – wenn man die Flüchtlinge erneut geschnappt, eingekerkert und dieses Mal von Valrock bis zur Unkenntlichkeit gefoltert hatte. Diese Opfer konnte Alma schlussendlich nur noch ausschlachten, da gab es nichts mehr zu flicken. Nein, keiner dieser Kerle oder seltener auch mal Frauen hatte Reue gezeigt.
Und Darak? Sie sah ihn an. Das Kräutermittel wirkte langsam, sein Körper wurde ruhiger und die Augen fielen ihm zu.
"Du hast sie geliebt und wolltest von vorn anfangen", murmelte die Tonne. Sie packte sich Tabak und ein Pfeifchen aus. Es war nicht ihre Pfeife, die lag in Pelgar in einem Seitenfach ihrer schwarzen Heilertasche. Sie hatte sich beim Dorfältesten eine neue Pfeife gekauft und dazu auch gleich das Tabaksäckchen.

Während Darak in Manthalas Traumreich Einzug hielt – zumindest konnte man es sich für ihn wünschen. Samantha und die anderen Seelen in seinem Kopf sollten schweigen, es ging ihm schlecht genug – untersuchte Alma die Verletzung am Arm, die Pfeife in den Mundwinkel geklemmt.

Lilith kehrte zurück und verpasste Darak auf Almas Anweisungen hin Wadenwickel und sie wusch seinen Körper noch einmal gründlich. Er hatte bis dahin gestunken wie aus dem Stall entsprungen. Jetzt roch er neutral, Lilith stand nur einfache Kernseife zur Verfügung, nichts Parfumiertes.
Das Huhn erhob sich leise gackernd. Keine Streicheleinheiten kamen mehr von der schlapp herunter hängenden Hand. Aber es mochte diese Hand. Sie war sehr fürsorglich mit den Federn umgegangen. Kurzerhand flatterte die Glucke aufs Bett, nistete sich neben Daraks Kopf ein und schlief weiter. Alma versuchte zwar, das Geflügel zu verscheuchen, doch die Henne ließ sich nicht beeindrucken. Sie pickte der Dicken in einen Wurstfinger, als sie versuchte, das Tier einfach aus dem Bett zu heben. Es blieb bei dem einen Versuch. Alma hatte Wichtigeres zu erledigen.

"Die Wunde hat sich entzündet. Hab ich mir gleich gedacht", murrte sie. "Er hat den Verband immer wieder abgerissen, da MUSSTE sich ja was entzünden. Hilf mir, den Eiter auszuwaschen und alles möglichst zu desinfizieren. Anschließend verreibe ich weitere Kräuter darauf, die helfen werden."
Darak wurde gehegt und gepflegt, er selbst bekam davon jedoch nichts mit. Die Kräuter, die er geschluckt hatte, hemmten teilweise sogar die Schmerzen und betäubten sein Bewusstsein. Er schlief traumlos. Lange.

Irgendwann meldete sich der Gatte des einen Huhn und vieler ihrer Artgenossen mit einem Kikeriki-Schrei, der das ganze Fischerdorf geweckt hätte, würden jene Fischer nicht bereits vor Sonnenaufgang hinaus fahren. Im Moment konnte man nicht einmal von Sonne sprechen. Eine düstere Zeit war angebrochen. Die Zeit der dunklen Tage. Wenigstens passten jene zu Daraks Gemützustand oder hatte sich dieser während seiner Ruhephase gebessert?
Er lag noch immer im Bett. Die Schulter verbunden und dieses Mal reichten die Verbände sogar bis über den Brustkorb. So verhinderte Alma, dass er sich die Wickel zu schnell wieder abreißen konnte.
Das Fieber war gesunken, trotzdem lag ein kühler und feuchter Lappen auf seiner Stirn. Er war in viele Decken gepackt worden, um den Körper warm zu halten. Wärme half. Das Huhn lag noch immer in der Beuge zwischen Kopf und Schulter. Friedlich gluckte es bei jedem von Daraks Atemzügen.
Nur Lilith leistete ihm noch Gesellschaft. Alma hatte sich spät in der Nacht zu Carath Molsag in den Stall begeben. Er mochte wieder halbwegs auf den Beinen sein, aber auch er brauchte eine ärztliche Untersuchung. Seitdem war die dicke Heilerin nicht mehr wiedergekehrt. Vielleicht hatte sie sich schlafen gelegt. Lilith sollte sie holen, wenn es Probleme gab, aber auch Darak war friedlich geblieben. Die Elfe hatte die Nacht durchgemacht, wirkte ausgelaugt und müde. Ihre spitzen Ohren hingen etwas schlaff herab, das Haar war strähnig und unter den Augen bildeten sich dunkle Ringe. Trotzdem saß sie weiterhin auf dem harten Holzstuhl und beobachtete Darak. Sie war Amazone. Jene Frauen wollten es den Männchen zusätzlich zeigen, indem sie bewiesen, wie ernst sie ihre Aufgaben nahmen – selbst dann, wenn es darum ging, ein solches Männchen zu bewachen.

<i>Daraks Lebensenergie steigt auf 45%</i>

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Dienstag 25. November 2008, 17:20

Ruhig lag Darak da. Nur seine Gesichtszüge erinnerten an sein Leid welches er haben musste, doch auch jene entspannten sich mit jeder Stunde einwenig mehr, die vorbei schritt. Schliesslich lag er völlig entspannt da, nicht glücklich, nicht traurig, einfach nur ruhend. Seine Atemzüge gingen tief und regelmässig, frei von Anzeichen des Schmerzes oder schlechter Träume. Friedlich. Was hatte dieser Mann doch alles erleben müssen… bei all dem war es ein halbes Wunder für ihn dass er Traumlos schlief. Ein seltener Luxus für Darak, der ihn wahrlich zu stärken vermochte. Die Wirkung der Melisse wärmte sein Herz und nahm ihm einen Teil seines Kummers, wandelte ihn in aufrichtige Trauer und löste sich in einzelnen Tränen auf.

Das Gefieder der Henne schmiegte sich fein an seine kratzig gewordene Wange und wärmte jene Stelle, als würde Elena neben ihm liegen. Regungslos liess er jede Waschung und jede Wundbehandlung über sich ergehen, bis sie ihn dann gänzlich in frieden liessen. Stumm wachte Lilith über ihn und zollte ihm so ihre Fürsorge. Sein Körper erhielt über die Stunden des Schlafes genügend Zeit um neue Kräfte zu tanken. Das hohe Fieber sank ab, seine Haut nahm wieder eine gesündere Farbe an… ja gar die Augenringe schwanden einwenig dahin.

Der grelle aber so typische Schrei des Gockels erreichte gar Darak. Der Gehörnte rührte sich leicht. Atmete tief – und erleichtert durch. Er begann sich im Bett zu regen, spürte die angenehme Wärme die seinen Körper umgab und drehte seinen Kopf einwenig zur Seite. Neben ihm roch es nach Heu. Er öffnete seine graublauen Augen und erkannte als erstes einen weissen Gefiederbüschel. Mehr war von der Henne nicht zu erkennen denn der Kopf des Tieres war unter dem eigenen Flügel versteckt. Eine Feder kitzelte seine Nase und er musste niesen. Kurz bäumte er sich deshalb auf, entdeckte dass sich das Huhn erschreckt hatte und entschuldigte sich bei ihm auch gleich dafür. „Tut… mir leid Süsse.“ Hauchte er dem Huhn zu und kraulte es wieder im Gefieder. Er lächelte dem Tier entgegen. Immerhin, dies war doch schon eine deutliche Besserung. „Warst du denn die ganze Zeit bei mir mhm?“ Er liess sich müde wieder ins Kissen fallen und streifte mit seinem Blick durch den Raum. Erst jetzt erkannte er die komplett übermüdete Lilith welche noch immer da hockte und offensichtlich gegen ihren Schlafdrang ankämpfte. „Lilith.“ Hauchte er ihr entgegen.

Der Schmerz in seinem Herz war einem unangenehmen bedrückten Druck gewichen. Natürlich hatte der Schlaf nicht die ganze Trauer bewältigen können aber dennoch fühlte sich Darak besser und leichter als noch vor sehr kurzer Zeit. Der Verlust war noch immer allgegenwärtig... aber nicht alleinherrschend. Er nahm endlich wieder die Welt um sich herum wahr, die lebte und existierte. So sah er auch Liliths desolaten Zustand. "Komm her zu mir... leg dich zu uns." Bot er leise an.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 27. November 2008, 09:47

Als Darak durch den morgendlichen Hahnenschrei erwachte, ging es ihm sowohl physisch als auch mental besser. Elenas Verlust war noch immer präsent und würde es auch noch eine Weile bleiben, aber dieses Wissen erdrückte ihn nun nicht mehr mit all seiner Intensität. Darak konnte trauern, ohne selbst daran zu zerbrechen. Die Nacht durchzuschlafen hatte ihm wahrlich gut getan.

Als er seine Augen öffnete, schaute er in federweiches Weiß. Es war eben jenes Gefieder der Henne, die die ganze Nacht an seinen Hals gekuschelt geschlafen hatte. Das Tier ließ einen potenziellen Streichler nicht einfach allein. Für die Wacht erhoffte es sich ohnehin nun mehr Geknuddel und Geschmuse, es konnte also nur von Vorteil sein, beim Gehörnten geblieben zu sein.
Alma hatte dies vorherigen Abend ebenso empfunden, als sie das Huhn nicht aus Daraks Reichweite bekommen hatte. Sie hatte mitgekriegt, wie er das Tierchen liebkost hatte. Und sie war erneut ganz früh beim Dorfältesten gewesen, um Dinge zu kaufen, nachdem sie mit Fischerin Irmchen ein längeres Gespräch geführt hatte.

Als Darak nieste sprang das Huhn allerdings erschreckt auf und hopste an den Rand des Bettes. Dies ließ auch Lilith aufschauen, denn die Henne gackerte empört, dass man sie beim Schlafen störte.
<i>"Tut ... mir leid, Süße."</i> Das Kraulen besänftigte das Huhn mehr als Daraks Worte es je vermocht hätten. Gezähmt dackelte es wieder näher, legte sich erneut dicht an ihn heran und plusterte das Gefieder auf. "Goooooock", antwortete es und schloss die Augen, genoss einfach nur die Finger, die über ihr Gefieder fuhren und sie verwöhnten. Darak hatte ein Händchen für Tiere.
<i>"Warst du denn die ganze Zeit bei mir, mhm?"</i> Einen Moment blieb es still. Dann kam die Antwort von außerhalb des Bettes. Lilith konnte ja nicht ahnen, dass Darak zu dem Huhn sprach. "Ja", sagte sie matt. Ihr Gehirn verarbeitete noch immer die Frage. "Jemand muss doch auf dich achten." Sie rang sich ein Lächeln ab. Sie nickte, als er ihren Namen sagte. Dann entspannten sich die Züge der Elfe. Er war wach, also konnte sie eine Weile schlafen. Müde sank sie in sich zusammen.

<i>"Komm her zu mir ... leg dich zu uns."</i> Mit mechanischen Bewegungen erhob sich die Amazone und schlurfte zum Bett herüber. Es kümmerte sie nicht, dass ein Mann ihr das Angebot machte. Es störte sie nicht, dass sie sich neben einen Mann legen würde – schutz- und waffenlos. Denn ein Hintergedanke blieb in ihrem Kopf: es ist Darak.
Sofort kroch sie zu ihm unter die Decke, schmiegte sich jedoch nicht an. Zu groß war die Müdigkeit. Lilith gähnte, hielt die Augen geschlossen wie das Huhn. Ihr rotbraunes Haar kam auf Daraks Arm zu liegen. Es war weich, fühlte sich aber nicht wie Elenas an. Liliths Haar war strähniger, seidiger.
"Du sollst ...", murmelte sie in die Laken und rollte sich ein wenig zusammen. Eine Hand fuhr nochmals aus dem Bett, zeigte auf den kleinen Nachttisch daneben. Dort lag ein weiterer Klumpen aus zusammengedrückten Kräutern. "Essen", hauchte Lilith, ehe die Schläfrigkeit sie übermannte – oder nannte man es bei Amaonen überfraute? Zufrieden schlummerte sie neben Darak ein, holte sich, was ihr die ganze Nacht verwehrt geblieben war.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Samstag 29. November 2008, 12:05

Darak lächelte das Huhn an als es zu ihm zurückkehrte und nahm sofort wieder die Streicheleinheiten auf welche das Tier so offensichtlich versuchte einzufordern. Er tat ihm gern diese Gefälligkeit. Seine Finger gingen dabei so respektvoll und behutsam vor wie man es von einem Sklaventreiber wohl kaum erwarten konnte. Aber Darak war eben etwas anders.

<i> "Jemand muss doch auf dich achten."</i> Darak Blickte auf. Die Antwort kam unerwartet. Er runzelte die Stirn nickte ihr dann aber zu. „Danke Lilith.“ Er sah wie schlecht es der Frau ging, wie erschöpft sie doch war. Schliesslich hatte sie auch keine Pause mehr gehabt seit ihrer gemeinsamen Flucht aus Pelgar. Er richtete sich etwas im Bett auf und winkte Lilith zu sich her… da sah er den Verband um seinen Bauch und strich darüber. „Was…“ Hatte sich seine Wunde ausgebreitet? Noch ahnte er ja nicht dass diese Vorrichtung nur wegen seiner schlechten Angewohnheit sich jeweils von diesen Leinenbändern zu entledigen angebracht worden war. Er legte sich wieder zurück ins weiche Bett. Vernachlässigte dabei nicht die Liebkosungen für das Huhn.

Er blickte Lilith an wie sie sich müde ins Bett schleppte und sich dann schliesslich einrollte. Er folgte ihrem Fingerzeig und sah den Klumpen neben sich. Er legte den Kopf schief. So wirklich schmackhaft sah dieses Ding ja nicht aus. <i> "Essen"</i> Er rümpfte die Nase, zockte mit einer Schulter – die andere schonte er und griff danach. Der letzte Klumpen hatte ihm auch gut getan warum also nicht? Er schnupperte daran und ass ihn. Bald würde die lindernde und schlaffördernde Wirkung erneut einsetzten doch daran dachte Darak gar nicht. Er wollte den neuen Tag sehen und so stand er vorsichtig aus dem Bett auf, nahm das Huhn mit ohne es zu wecken und trat nach draussen.

Es roch nach Fisch, denn die Fischer waren bereits zurückgekehrt, ausser jene die ins etwas entferntere Andunien aufs offene Gewässer fuhren, die hatten länger für ihre Reise und blieben meist ein paar Tage fort.

Er streckte sich leicht und lief nach draussen zum Strand. Die Sonne kroch rötlich leuchtend am Horizont empor. Die Luft war frisch und kühl. Ein neuer Tag brach an und es versprach trotz der kalten Jahreszeit ein guter, angenehmer Tag zu werden. Viel hatte Darak jedoch nicht an, nur seine Lederhose und den Verband. So dauerte es nicht lange bis er doch begann zu frösteln. Er sammelte ein paar Muscheln ein welche die Fischer wohl angeschleppt hatten und wollte zum Haus zurückkehren. Doch seine Schritte wurden immer schwerer und seine Augen fielen ihm immer öfters zu, so dass er sich einfach in eines der angetauten Boote legte wo er eine Decke vorfand und sich dort einkuschelte. Auch das Huhn fand einen warmen Platz dicht an seinem Körper und von der Decke geschützt.

Ein Horn lugte über dem Bootsrand empor ansonsten war Darak nicht mehr zu sehen.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Samstag 29. November 2008, 22:32

Zwischen dem Huhn und Darak baute sich etwas auf, das nur ihnen gehörte. Etwas, das auch nur beide verstanden. Das Huhn gluckte zufrieden, ließ sich weiter liebkosen. Im Gegenzug schenkte es Darak Anwesenheit. Gluckenden Beistand. Ein Tier fühlte Trauer und erkannte sie, auch wenn viele dies für Unsinn hielten. Ein Tier bemerkte, wenn es jemandem schlecht ging und sofern es etwas wie Mitleid empfand, näherte es sich meist, leistete Beistand. So wie es jenes Huhn im Moment tat. Es tröstete nicht mit Worten, nicht mit Gesten. Es sagte gar nichts, tat nichts. Es war einfach nur da ... und tatsächlich genügte dies den meisten.
Tiere waren aufrichtig. Wenn sie das Leid teilten, dann ehrlich. Intelligenz und Zivilisation schien immer mit Lug und Heuchlerei daher zu kommen. Wobei wir nicht sagen wollen, dass ein Huhn nicht intelligent war. Es besaß eigene Denkweisen ... und diese waren vielleicht jene, welche man unter wahre Intelligenz stellen konnte. Florencia und Phaun hatten ihren Schöpfungen etwas ganz Eigenes gegeben.

Schließlich gesellte sich eine zweite, Beistand leistende Person zu ihm. Nun, im Grunde war sie eher müde, wollte nur noch schlafen. Aber auch sie war da ... nichts Übliches in dieser Situation. Lilith Blütentau war Amazone. Darak war ein Mann. Auch ihr Mitleid war aufrichtig, sonst wäre sie nicht hier.
"Ich brauch dich", hauchte sie, ehe der Schlaf sie einholte. Darak kaute unterdessen den von Alma zurückgelassenen Kräuterklumpen. Die Wirkung der Pflanzen half ihm tatsächlich. Er erholte sich zusehendst und war am Morgen sogar dermaßen kräftig genug, um das Bett zu verlassen. Die Elfe bekam es nicht mit. Als sie erwachte, war Darak längst fort. Lilith setzte sich nichts ahnend im Bett auf. Noch sorgte sie sich nicht. Er hatte früher geschlafen als sie und war demnach vermutlich auch früher aufgestanden. Sicher saß er bereits bei Irmchen am Tisch und genoss ein Frühstück. Sie seufzte. <b>Oder er sitzt eben nur da.</b>

Lilith schwang die Beine aus dem Bett, stand auf. Sie suchte ihre Kleidung zusammen und wollte sich anziehen. Dann roch sie an den Sachen. Angewidert ließ sie ihr Kleid zu Boden fallen. <b>Bähh, richtig! Ich hatte im Greifennest ja Darak umarmt und da war er immer noch mit dieser Jauchehaut überzogen.</b> Vielleicht konnte ihr die Fischerin Ersatz geben. Lilith kramte ein paar Münzen hervor, sie hatte ihr Geld nicht verloren.
Anschließend zog sie das knöchellange Leinennachthemd an, welches sie letzte Nacht unangerührt gelassen hatte. Es war ihr zu weit und der Stoff kratzte auf der Haut, aber besser als nackt vor die Fischerin zu treten. Rasch warf Lilith noch einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne war bereits aufgegangen, doch ihr Licht drang nur trüb durch die Dunkelheit. Die Zeit der dunklen Tage war angebrochen. Lilith schluckte. Diese Jahreszeit mochte sie am wenigsten.

Sie verließ die Schlafkammer, trat in die Wohnstube. Verschlafen rieb sie sich die Augen.
"Guten Morgen!", rief ihr Alma zu. Sie saß zusammen mit Carath Molsag am rustikalen Holztisch der Fischerin und schmierte sich gerade Butter auf eine dicke Scheibe Brot. Es musste frisch vom Dorfbäcker kommen, denn die ganze Stube roch nach der goldbraunen Kruste.
Carath trank einen Tee. Irmchen stand in der Kochecke des Hauses und bereitete Spiegeleier zu. Das Fett in der Pfanne gab zischende Gräusche von sich. Lilith erwiderte Almas Gruß mit einem Nicken.
"Na, schläft er noch?"
"Darak?" Lilith schaute sich um. "Ist er nicht bei euch?"

"DARAAAAK! KOMM HER, DU VERDAMMTER IDIOT!" Almas Stimme donnerte durch das halbe Fischerdorf. Eine Frau ließ erschreckt den Eimer ihres Mannes fallen. Die frisch gefangenen Fische purzelten über die Erde, zappelten und schnappten nach Luft ringend. Die Frau versuchte verzweifelt, die hopsende Beute wieder einzufangen, als Lilith – ein einfaches Bauerngewand nun tragend – einen schmalen Weg entlang gelaufen kam. "Niemand hat ihn das Dorf verlassen sehen. Ein Fischer möchte seinen Hund ausschicken, nach ihm zu suchen."
"Dann geh mit ihm zu Irmchen, die hat noch seine Kleidung. Vielleicht kann der Hund den Geruch aufnehmen!", grunzte Alma. Ihr Gesicht war knallrot, Zorn der Auslöser. "Warum haut er einfach ab? DAS BRINGT ELENA AUCH NICHT ZURÜCK!", brüllte sie in die ansonsten so morgendliche Stille.
Mehrere Fischer drehten sich nach ihr um. Lilith lief zurück zu dem hilfreichen Mann mit Hund und führte beide zu Irmchens Haus. Inzwischen suchte Alma weiter.

Auch der Nichtgenannte, welcher nun wieder einen Namen besaß, suchte nach dem Vermissten. Er jedoch rief nicht nach ihm. Schweigend, aber beobachtend wanderte er durch das Dorf. Carath hatte den mystischen Schein seines Auftretens verloren. Sein halbes Gesicht war verbunden, die Ordenstracht durch einfache Fischermannskleidung ausgetauscht worden. Er schritt bedächtig, als hätte er einen endlos langen Dauerlauf hinter sich und durfte nun die Nachwirkungen in Form eines Muskelkaters ertragen.
Dies war das, was Darak schon am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte: Der abgegebene Schmerz kehrte aus der Umwelt zurück und traf den Mann mit voller Wucht. Die Pein war letzte Nacht in seinen Körper zurückgefahren und Alma hatte ihr ganzes Kräutersortiment eingesetzt, um es Carath zu erleichern. Er wollte dies nicht, sprach noch immer davon, dass der Schmerz ihm nur zeigte, dass er noch lebte. Aber Alma als Heilerin hatte ihm einfach das Wort abgeschnitten und gehandelt. Irgendwo war er ihr doch schon dankbar dafür.

Langsam wanderte er durch das Dorf, erreichte den schmalen Strand, der sich am Ufer des Ilfar gebildet hatte. Die Wellen des Flusses schwappten leicht über. Der Schnee hatte ihn anschwellen lassen. Matt strahlte das vormittägliche Sonnenlich auf den feinen Streifen Sand, auf dem Muscheln und Steine angespült worden waren. Carath trat näher ... entdeckte Spuren im Sand. Er hätte sie nicht weiter betrachtet, wären neben den menschlichen Fußabdrücken nicht auch die feinen Krallen eines Federtieres zu erkennen gewesen. Der einst Nichtgenannte kannte sich nicht mit dem Spurenlesen aus und konnte nur hoffen, dass es sich um Hühnerkrallenabdrücke handelte, aber es sprach auch nichts dagegen, der Spur zu folgen.
Er ging weiter und erreichte eine Reihe an Land liegender Boote. Man hatte sie weit genug vom Fluss fortgezogen, dass sie nicht angeleint werden mussten. Einige lagen kieloben da, in anderen fanden sich noch Kisten oder kleine aufgebaute Zelte. Mit diesen Booten mussten heute früh die ersten Fischer im Dorf angekommen sein. "Wahs ist denn dahs?" Carath näselte ein wenig und ungewollt. Seine Nase hatte eine neue Form angenommen und er konnte nur durch den Mund atmen, was dem Klang seiner Stimme etwas von einer Erkältung verlieh.
Aber er hatte tatsächlich etwas entdeckt, das ihm bekannt vorkam: ein Horn, welches aus einem der Boote ragte. "Darahk Luthrokahr?" Er steuerte auf das Horn zu. Der Rest – durchaus eine menschliche Form – war unter einer Decke verborgen. Vorsichtig hob er sie an.
"Ich hahb ihhn gefunden!", rief er zum Fischerdorf zurück, hoffte, dass Alma oder Lilith ihn hörten. Vorsichtig rüttelte Carath Darak an der unverletzten Schulter. "Wach auf!"
Das Huhn hob den Kopf, gackerte wütend, als es sah, dass man ihr Schmuseobjekt störte und pickte nach Caraths Hand. Verteidigend und wachsam nahm es Stellung auf Daraks Kopf auf. Nun hockte ihm ein Huhn direkt im Gesicht. Die Federn kitzelten seine Nasenflügel.


<i>Daraks Lebensenergie steigt um weitere 5%</i>

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Montag 1. Dezember 2008, 19:30

Darak kriegte von der ganzen Aufregung die er schon früh Morgens erzeugt hatte überhaupt nichts mit. Er schlummerte friedlich eingekuschelt in der Decke vor sich her als ginge ihn die Welt ohnehin nichts an. Na ja so dachte er ja ab und an wirklich, doch nicht im Augenblick, nein… er ruhte nur.

Er regte sich auch nicht sonderlich als er gerüttelt wurde. Wenn ein Luthrokar schlief dann tat er dies aus vollster Überzeugung und liess sich nicht davon abbringen noch davon stören. So war er nun mal… stur bis in den Schlaf.

Er Rührte sich erst als das Huhn mit jenem Teil ihrer Anatomie auf ihn hockte welcher dafür zuständig war Eier auszustossen. Die Hinterfeder stach ihm dabei in die Nase hinein und kitzelte ihn mit jedem glucken. Er rümpfte seine Nase und musste schliesslich niesen, dabei pustete er seine Luft dem Huhn gerade entgegen. „HATSCHIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIRHRHRHH.“ Er bäumte sich auf und fing das Tier mit seinen Armen auf. „Entschuldige… bitte verzeih mir.“ Schniefte er müde und streichelte das Huhn versöhnlich. „W..was ist denn?“ Fragte er müde und erkannte erst jetzt den Besitzer der riesigen Knollnase die er ihm beschert hatte.

Sein Blick wurde hart und kühl. „Ach… du…“ Offenbar hatte Darak seine Meinung bezüglich Carath noch nicht geändert. Dieser Feigling der ihn dazu genötigt, gedrängt oder überredet hatte seinen Bruder zu töten.

Er spannte sich förmlich an. Kraulte „sein“ Huhn etwas fester. „Lass mich in Ruhe.“ Brummte er nur und legte sich wieder zurück. Er hatte jetzt keinen Bock sich mit dem Nichtgenannten zu unterhalten. Wegen jener Mission die ihm dieser Kerl aufgebrummt hatte musste Elena starben und er selbst riskierte sein Seelenheil. Ihm schauderte. Würde Valrock sich noch melden? Würde seine Stimme noch kommen? Oder Elenas? Die ihn täglich fragen würde… Darak…warum hast du meinen Köper nicht geborgen… Darak… warum stehst du mir nicht bei…. Darak… warum folgst du mir nicht in den Tod damit ich mich an dir rächen kann.

Der Gehörnte wurde blass während diesen Gedanken und er begann sich die Schläfen zu reiben. „Wo… ist Alma?“ Fragte er leise. Er wollte nicht allein sein. Diese Einsamkeit betrübte ihn nämlich trotz Heilkrautklumpen. Aber er wollte auch nicht mit diesem elendigen Kerl zusammen sein. Ihm traute er nicht mehr.

Langsam richtete er sich auf, vermied es dabei seinen einstigen Freund anzusehen. Er blickte in die Ferne und hörte die Tonne bereits herumbrüllen. „ICH BIN HIER!“ Antwortete er und lief auf sie zu... und rempelte dabei den Nichtgenannten leicht an. Doch er achtete sich nicht auf ihn… ging einfach an ihm vorbei.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Freitag 5. Dezember 2008, 01:26

Darak schlief aufs Neue sehr friedlich. Keine Träume suchten ihn heim, keine Stimmen. Ob die Kräuter von Alma ihren Teil dazu beitrugen, dass er verschont blieb? Oder ... warum ließen sich weder Valrock noch Elena in seinem Kopf bisher hören? Warum sagten Samantha und die anderen Opfer nichts?
Tatsache war zunächst, dass es wirklich an den Kräutern lag. Schließlich sollten diese einen ruhigen und erholsamen Schlaf gewährleisten. Dies hatte zur Folge, dass sich das Bewusstsein beim Schlafen noch intensiver abschaltete als normal. Daher ruhte Darak auch eher nur. Aber die Stimmen schwiegen.
Ob zu ihnen allerdings auch die neuesten Opfer – Valrock und Elena – zählten, konnte bislang keiner vorhersagen.

Irgendwann weckten die kitzelnden Schwanzfedern an Daraks Nase selbigen aus seinem zweiten Nickerchen. Niesend riss es ihn hoch. Das Huhn flatterte gackernd auf, wurde aber schnell von Darak geschnappt.
<i>"Entschuldige ... bitte verzeih mir."</i> Die Henne beruhigte sich. Streicheln konnte bei ihr einiges bewegen. Schon gluckte sie wieder zufrieden, plusterte ihre Federn auf, legte den Kopf schief und musterte mit ihrem großen Hühnerauge den Gehörnten.

<i>"W...was ist denn? Ach ... du ..."</i> Darak hatte seinerseit den Nichtgenannten entdeckt. Ohne seine Maske und mit der verbundenen Nase wirkte er deutlich weniger Respekt gebietend und geheimnisvoll. Alles Scharade. Hinter dem Kupfergesicht hatte sich nur ein einfacher Mann verborgen, jünger gar als Darak. Dafür hinterhältiger – in dessen Augen.

<i>"Lass mich in Ruhe."</i> "Alle suchen nach dir", gab Carath Molsag zurück. Er seufzte, wollte zum Sprechen ansetzen, doch unterließ es. Warum wurde Darak plötzlich so blass? Fast so, als hätte er einen Geist gesehen.
<i>"Wo ... ist Alma?"</i> "Auch sie sucht dich. Wir ... sollten vorher reden. Über deinen Angriff auf mich und ... den Mord an meinem Bruder." Er roch Lunte. Carath hatte längst bemerkt – und das sehr schmerzlich –, dass Darak sich seit den Ereignissen in der Folterkammer deutlich anders benahm. Er hatte es geschafft. Er hatte für ihn Rache genommen. Doch Carath vermutete, dass ihn das einen Teil seiner Seele gekostet hatte. <b>Aber die Pelgarer hatten ihn damals aus Eldar mitgenommen, weil er ein gesuchter Mörder ist. Mein Bruder hätte ihm nichts ausmachen dürfen. Er ... <i>wollte</i> ihn umbringen. Ich habe mich von ihm überreden lassen.</b> Langsam schien er zu verstehen, warum es unter seiner Gruppierung der Nichtgenannten gewisse Regeln gab. Eine besagte, niemals jemanden umzubringen. Carath verstand den Gedanken dahinter. Es gab Schmerzen, die selbst Meditation nicht aus dem Geiste bannen konnte. Er schaute Darak an, der Alma soeben lauthals antwortete. Wie viel Schmerz trug ein reuiger Mörder mit sich herum? Wie viel Leid lag auf seiner Seele und wäre es leichter für ihn, würde man ihm mit einem raschen Ende dieses Leid nehmen? Nein, der Tod war niemals eine Alternative. Er war der letzte Weggefährte in die Ewigkeit. Man wählte ihn nicht. ER suchte sich die Betreffenden aus, wenn es Zeit war.

Ein unsanfter Rempler riss Carath aus seinen Gedanken. "Lass uns reden ... später. Es wäre mir wichtig. Um deiner Seele Willen", sagte er, als sich Darak bereits von ihm entfernte. Das Huhn folgte ihm auf Schritt und Tritt.

Von der anderen Seite näherte sich etwas, das man durchaus auch als dicke Glucke bezeichnen konnte. Nur hätte man sämtliche Betten eines der beiden Königreiche mit ihren Feder füllen und die Armen ganz Celcias an ihrem Fleisch sättigen können, wäre Alma wirklich ein Huhn gewesen. Wie eine große, farblose Sonne mit fettigem Haarschopf ging sie am Horizont auf. Sie wurde größer, gewaltiger, massiger. Dann stand sie da, in voller Pracht. Jemand hatte ein neues Kleid verpasst. Vermutlich war es vorher das Segeltuch eines Fischerbootes gewesen oder das Dorf besaß geschickte und sehr schnelle Näherinnen, dass sie so viel Stoff über Nacht hatten verarbeiten können.

"DA BIST DU JA!", blökte die Tonne, als ihre Masse sich regte und sie bis zu ihm hin walzte. "Wie geht es dir?", folgte eine viel sanfter gesprochenere Frage. Keine Rüge, kein Schimpf, wie man es sonst von Alma her kannte. Auch sie war um das Seelenheil dieses Kerls besorgt, der seinen Erzfeind vernichtet, erneut aus Pelgar geflohen, sich eine Erkältung eingefangen und seine Geliebte verloren hatte. Jene Frau, die er hier im Dorf kennenlernen durfte. Der Kreis schloss sich. Es begann von neuen. Dieses Mal hatte Darak eine neue Dame an seiner Seite. Sie gluckte und pickte nach einem Wurm.

"Gehen wir was frühstücken, ehe wir weiterziehen. Wo wollen wir eigentlich hin?" Alma lächelte. Scheinbar hatte sie nicht vor, ihre Angelegenheiten in Pelgar zu klären. Tatsächlich war es so, dass sie das nicht kümmerte. Es war nicht das erste Mal, dass sich eine Alma wegen eines kleinen pelgarischen Missverständnisses auf Reisen begab. Das letzte Mal war zwar schon Jahre her und hatte mit Organhandel zu tun, aber auch damals war Alma ganz plötzlich die Idee gekommen, die Welt zu bereisen. Ihre Wege hatten sie bis nach Rumdett geführt, wo sie geblieben und sich um die Straßenkinder und Huren gekümmert hatte. Im Gegensatz zu Mord verjährten kleinere Taten nach einiger Zeit. Alma wartete immer bis genug Gras über die Sache gewachsen war. Da sammelte sie lieber praktische Erfahrung ... und noch mehr Nieren für ihren kleinen Keller in der Heimat.
"Xytras", brummte sie, wusste schließlich, dass Darak mit Lilith dorthin wollte. "War lange nicht mehr dort. Ob die Weibsbilder in der Taverne immer noch Jungfrauenblut ausschenken?" Sie legte einen Arm um Daraks Schulter. Er wog Beträchtliches. So schob sie ihn langsam zu Irmchens Haus zurück.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Freitag 5. Dezember 2008, 17:53

„Reden REDEN REDEN!“ Knurrte Darak. „Jaa DAS kannst du gut nicht wahr?!“ Er wandte sich wütend zu dem Nichtgenannten um. „Aber den Worten taten folgen zu lassen. DAFÜR sind andere zuständig was?! Die Konsequenzen zu tragen..: DAFÜR sind andere Zuständig! Du musst nur erbärmlich nichtigen Schmerz ertragen und wagst es noch dich einen Meister darin zu nennen!“ Oh weh! Der Gehörnte war offenbar gar nicht gut auf den Nichtgenannten zu sprechen. Gut er mochte seine Gründe haben, dennoch litt die Kameradschaft in der Gruppe darunter.

Wütend stapfte er, Carath anrempelnd, voran zu Alma. Unerschrocken lief er so der Tonne entgegen die sich ihm ebenfalls näherte. Er liess Carath hintersich. Aber allein schon dessen Anwesenheit liess das Blut in seinen Adern brodeln.

„Über MEINEN Angriff! Pha! Jetzt bin ich auch noch der Schuldige! WIE IMMER!“ Grummelte er aufgebracht vor sich her. Wenn Darak es vermochte bei so schlechter Laune zu sein dann musste es ihm besser gehen. Die Wut musste irgendwann im Trauerprozess einfach kommen und Carath stellte offenbar gerade den nötigen Katalysator dafür dar. Er kriegte nun alles ab was bei Darak an Frust vorhanden war und dies war nicht gerade wenig.

<i> "Lass uns reden ... später. Es wäre mir wichtig. Um deiner Seele Willen"</i> „Wenn dir die Überreste deiner Nase lieb sind… dann schweig still!“ Zischte er dem Nichtgenannten entgegen. Darak musterte sein Werk. Er hatte bei Carath ganz schöne Arbeit geleistet, doch der Bruch war bereits geschient worden und am Heilen… den könnte er durchaus wieder auffrischen und noch komplizierter machen.

Er war schlicht und ergreifend noch nicht bereit sich mit Carath zu befassen. Zu verunsichernd war die tatsächliche Konsequenz denn sie war ungewiss. Würde sich Valrocks Stimme tatsächlich in seinem Geiste melden… wäre dies wohl das Todesurteil seines Verstandes. Die Angst des Gehörnten war also berechtigt.

Ausserdem war die Trauer um Elena noch viel zu gross dafür. Es interessierte ihn nicht dass Carath jetzt mit ihm reden wollte. Vermutlich war dessen antrieb ohnehin nur das Verlangen sein eigenes Gewissen zu beruhigen. Sollte er doch schmoren!

<i> "Wie geht es dir?"</i> Darak blickte zu Alma auf. Jene trauherzige Heilerin die eine Geduld besass sich immer wieder um ihn zu kümmern dass es schon fast an ein Wunder grenzte. Er war gar ihr Lieblingspatient geworden, obwohl er so schwierig war. Aber gleichzeitig hatte Darak auch sehr angenehme und wohltuende Wesenszüge die durchaus in der Lage waren ein Herz zu berühren. Wenn er litt, so litt die Welt mit ihm, wenn er lachte, lachte sie ebenfalls.

Darak sah alles andere als gut aus, doch im vergleich zur letzten Nacht hatte er sich schon deutlich erholt. „Ich bin müde.“ Antwortete er nur. „Xytras“. Erwiderte Darak knapp. Alma wiederholte den Namen der Amazonenstadt.

<i> "War lange nicht mehr dort. Ob die Weibsbilder in der Taverne immer noch Jungfrauenblut ausschenken?"</i> „Du warst schon mal… Jungfrauenblut?!“ Er starrte verdutzt zu Alma hoch. „Die Trinken jungfrauenblut?!“ Er liess sich zum Haus schieben.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Sonntag 7. Dezember 2008, 13:05

Valrock schaute ihn an. Eine jüngere Version mit gebrochener und geschienter Nase, Brand- und Schnittnarben – letzere befand sich unterhalb des Auges – und doch konnte man den Bruder nicht mit dem Original vergleichen. In seinen Augen standen weder der Wahnsinn eines absolut inkompetenten Folterers noch der Wunsch danach, einem anderen Leid zuzufügen. Dabei studierte er den Schmerz doch, hatte er damals zumindest behauptet. Ja, Schmerz war doch alles für ihn. Vermutlich erfreute es ihn gar, Darak nun so leiden zu sehen!
<i>"Aber den Worten Taten folgen zu lassen. DAFÜR sind andere zuständig, was?! Die Konsequenten zu tragen: DAFÜR sind andere zuständig!"</i> Carath Molsag schüttelte den Kopf. Er bedauerte, dass seine Pläne eine solche Richtung eingeschlagen hatten. Er bereute, in Eldar nachgegeben und Darak den Auftrag am Mord seines Bruders erteilt zu haben. Es stimmte, was man sagte: Rache konnte den Schmerz nicht nehmen.
Darak gab ihm keine Gelegenheit, sich zu rechtfertigen. Wollte Carath dies überhaupt? Er ließ den Mörder seines Bruders ziehen, im Herzen dankbar für dessen Tat, im Geiste voller Mitleid um seine Verluste. Jenen Schmerz meditierte er nicht fort, um ihn später auf sich wirken zu lassen. Jenen Schmerz empfand er jetzt und würde es noch eine Weile lang tun.
Sie würden dringend reden müssen, das wusste er. Wenn ihm nur eine Antwort gegeben wäre, wie er dies bewekstelligen sollte? Darak wandte sich von ihm ab.

Er kam auf Alma zu, wie jene auf ihn. In der Mitte der Strecke zwischen ihnen als beiden Punkten – wobei Alma schon einen gewaltigen Punkt darstellte – begegneten sie sich.
Die Dicke sah ihm an, dass er wütend war. Er brummelte vor sich her und auch wenn sie nicht alles verstand, konnte sie sich ihren Teil dazu denken. Aber Alma war eine gute Heilerin, gab Darak Zeit. Er würde schon von selbst mit seinem Problem heraus rücken und wenn nicht konnte sie immer noch nachfragen.

<i>"Ich bin müde."</i> Sie nickte. "Natürlich", gab sie zurück und legte ihren molligen Arm um seine Schulter. Langsam schob sie ihn voran, während in der Ferne die Sonne als trübe Kugel durch das Dämmerlicht der Jahreszeit schien.
Beide unterhielten sich über das nächste Ziel der Reise: Xytras, die Amazonenstadt. Alma hoffte, Darak ein wenig von seinen bisherigen Gedanken ablenken zu können. Er machte noch immer nicht den gesündesten Eindruck. Aber sie mussten weiter, möglichst weg vom Drachengebirge. Alma wusste, es täte ihm jetzt gut, diese Zacken im Hintergrund nicht zu sehen und ständig an Elena erinnert zu werden. Außerdem war ihr Pelgar viel zu nahe. Xytras befand sich schön weit im Süden. Der Gedanke, bei einigen Frauen unterzutauchen, gefiel der gesuchten Tonne.

<i>"Du warst schon mal ... Jungfrauenblut?! Die trinken Jungfrauenblut?!"</i> Alma begann zu lachen. "Oh ja ... es ist ziemlich stark. Hätte aber nie gedacht, dass es so gut ist." Sie grinste breit wie eine zufriedene Muttersau.
Vor Irmchens Haus angekommen nahm Alma Darak noch einmal beiseite. Sie schaute auf das Huhn herab. "Ich habe mit der Fischerin gesprochen und ihr das Federvieh abgekauft. Es gehört jetzt dir, also gib der Glucke lieber einen Namen. Dachte mir, ist ganz nützlich, so ein Huhn. Jeden Morgen ein Frühstücks-Ei ... ich sollte mir auch eins zulegen." Almas wahre Gedanken verriet sie Darak natürlich nicht. Am Vorabend war ihr aufgefallen, wie behutsam der doch so von Trauer erfüllte Gehörnte mit dem Tierchen umgegangen war. Sie hatte sich eine Meinung gebildet: Darak Luthrokar brauchte ein Huhn. Etwas, für dessen Leben er verantwortlich war und das er hätscheln und tätscheln musste. Dies schien ihm gut zu tun und von seinen traurigen Gedanken mehr abzulenken als ein Gespräch es je hätte tun können.

Dann betraten sie erneut Irmchens Haus. Die Fischerin räumte soeben auf, ihr Mann würde am heutigen Tag von seinem Kurztripp nach Pelgar zurückkehren. Hoffentlich hatte er viele Fische verkaufen können, Irmchen wollte sich bald nach Andunie aufmachen und ein neues Paar Pantoffeln für ihn kaufen. Ein kleines Präsent für seine Mühen, doch dies war eine andere Geschichte.
Nun, die Frau machte die Stube reinlich und wohnlich. Das Feuer brannte hell im winzigen Ofen und wärmte den ganzen Raum. Lilith saß auf der Eckbank, packte einen Beutel mit Proviant und schob die zusammengerollten und verschnürten Decken beiseite, die ihnen Irmchen überlassen würde. Freudig schaute die elfische Amazone auf, als sie Darak neben Alma zur Tür herein trotten sah. "Da bist du ja endlich! Wir haben dich überall gesucht. Lass dir etwas zu Essen geben, wir wollen bald aufbrechen."
"Er ist müde", entgegnete Alma. "Und immer noch recht schwach. Wir sollten ihm keine Reise zu Fuß zumuten." Sie schaute Irmchen kameradschaftlich an. "Meine geldlichen Mittel neigen sich dem Ende zu, aber vielleicht wisst Ihr, woher wir einen Wagen und einen Ochsen oder Esel kostengünstig bekommen könnten."

Die Fischerin dachte nach. Keiner der Dorfbewohner überließ Karren und Zugtier freiwillig und noch dazu gegen einen Hungerlohn. Diese Dinge waren ebenso wichtig wie Fischerboot und Netz, wie Angel und Köder. Die wenigstens hier besaßen genug Geld, um sich irgendwann Ersatz zu kaufen. Sie konnten so wertvolle Dinge nicht einfach aus der Hand geben.
Alma sah der Fischerin den Konflikt an, den diese innerlich ausfocht. "Wir leihen uns etwas. Jemand soll uns begleiten, und kann den Wagen dann wieder mit heim nehmen. Ist das ein Angebot?"
Irmchen seufzte. "Wartet, bis mein Mann nach Hause kehrt. Vielleicht lässt er sich überreden." Die dicke Heilerin war damit einverstanden. Sie ließ ein lautes "In Ordnung!" durch die Stube tönen und pflanzte ihren Fettberg auf die viel zu enge Eckbank. "Dann kann Darak hier ja noch etwas essen!"

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Montag 8. Dezember 2008, 22:32

Dieses Getränk brachte Darak völlig aus dem Konzept für einen kurzen Moment vergass er gar seine derzeitige Lage. Er starrte ihr entgeistert entgegen. Sie <i>trank</i> das auch noch?! <i> "Oh ja ... es ist ziemlich stark. Hätte aber nie gedacht, dass es so gut ist."</i> „Es…ist… wirklich… Blut… von… wenn… einmal… im Monat und so…“ Darak Luthrokar wusste nicht viel über das weibliche Geschlecht aber mit monatlich immer wieder auftretenden Blutungen bei den weiblichen Sklavinnen hatte er auch schon zu tun gehabt. Er stellte sich unter Jungfrauenblut so was vor.

Darak wollte eigentlich schon ins Haus gehen doch Alma nahm ihn beiseite. Er runzelte die Stirn als sie zum Huhn hinsah. <i> "Ich habe mit der Fischerin gesprochen und ihr das Federvieh abgekauft.“</i> Der Gehörnte starrte die Heilerin an. „DU WILLST ES DOCH NICHT ESSEN!“ Schützend nahm er das Huhn zu sich hoch und hielt es fest. Offenbar hatte sich da schon eine sehr enge Beziehung zum Huhn entwickelt. <i>“Es gehört jetzt dir, also gib der Glucke lieber einen Namen.“</i> Daraks Augen weiteten sich. Er sah dem Huhn in die Augen. Starrte es an. „M..ir? Wirklich?“ Er lächelte. Streichelte das Huhn. Wirkte so dankbar. <i>“ Dachte mir, ist ganz nützlich, so ein Huhn. Jeden Morgen ein Frühstücks-Ei ... ich sollte mir auch eins zulegen."</i> Er überlegte sich bereits einen Namen. Elena… geisterte ihm durch den Kopf aber dies, nein dies konnte er nicht. Er dachte nach. Sah sich das Huhn an. Es war so eigenwillig… selbstständig, mutig, frech und hatte einen guten Draht zu Männern. „Cattie… wie gefällt dir Cattie? Nach der berühmten Piratin aus Rumdett, die holt sich auch was sie will.“ Lächelte er dem Huhn entgegen und blickte dann zu Alma. „Passt Cattie?“ Er blickte das Huhn wieder an. Streichelte es über den Kopf und lockerte mit seinen Fingern das Gefieder. „Möchtest du überhaupt bei mir bleiben?“ Fragte er es leise und begann es unter dem Hals zu kraulen. „Ich könnte mit dir Würmer fangen und ich würde dir Körnchen geben zum fressen. Magst du Körnchen?“
Es war ein so eindrückliches Bild. Dieser grosse, kräftige Mann mit den archaischen, bedrohlichen Hörnern auf dem Kopf, der Mörderhände hatte, welcher nun aber dieses eine Tier so zärtlich und behutsam im Arm hielt und liebkoste. Es zeigte vieles von Daraks Innerstem. Jenem Teil seiner Persönlichkeit der sich nach Liebe und Fürsorge sehnte, welche er selbst so lange nicht erfahren hatte.

Schliesslich betraten sie das Haus der Fischersfrau. Darak erwiderte Liliths Blick und nickte ihr kurz zu als sie ihn anlächelte. Noch immer hielt er die Glucke fest an seiner Brust und streichelte das Huhn. Er setzte sich neben die Amazone. <i>
"Da bist du ja endlich! Wir haben dich überall gesucht. Lass dir etwas zu Essen geben, wir wollen bald aufbrechen."</i> „Tut mir Leid.“ Entschuldigte er sich. „Ich wollte nur etwas frische Luft schnappen und bin dann eingeschlafen.“ Erklärte er und blickte zu Alma hin.

<i> Er ist müde. Und immer noch recht schwach. Wir sollten ihm keine Reise zu Fuß zumuten."</i> „Geht schon.“ Murmelte er leise. Er hatte jetzt ja zwei gesunde Beine zum laufen. „Laufen ist gut… da denk ich weniger nach als wenn ich rumhocke.“

Doch der Gehörnte wurde zumindest fürs erste überhört. Vermutlich waren auch Almas Gedanken so massig wie sie selbst dass sie ihre ganze Aufmerksamkeit erforderten.

Darak griff nach etwas Brot mit Butter, er traute sich nicht in Catties Anwesenheit ein Ei zu essen… er fand dies irgendwie Geschmacklos. So begnügte er sich mit Käse. Er hatte ohnehin keinen grossen Hunger. Trauer schlug bekanntlich auf den Magen. „Wie lange wird die Reise dauern? Wir müssen doch über See oder? Die Amazonen besitzen ja wohl kaum einen Greif…“

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Dienstag 9. Dezember 2008, 17:39

Alma lachte. Es klang wie eine Tuba mit Durchfall oder wie eine kaputte Kesselpauke. Tränchen kullerten ihre pausbäckigen Wangen herunter. Sie kriegte sich fast nicht mehr ein. Schließlich aber endete ihr Lachkrampf und sie konnte Darak anschauen, ohne einen weiteren zu bekommen. "Wir müssen nach Xytras! Die Mädels werden sich prächtig über dich amüsieren. Monatsblutung, ich werd' nicht mehr ..." Noch immer gluckste sie leise vor sich hin, selbst dann, als sie ihm von seinem kleinen Geschenk erzählte, welches sie ihm gemacht hatte.
Das Therapiehuhn. Es würde ihr gute Dienste erweisen, vor allem weil Alma doch so wenig über Pschyschologlie wusste.

Während Darak das Huhn streichelte, gackerte dieses leise und zufrieden. Bei Irmchen bekam es wesentlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Es legte den Kopf schief. Das feuchte Auge musterte Darak, als erwarte das Tierchen nun, seinen Namen erfahren zu dürfen.
<i>"Cattie ... wie gefällt dir Cattie?"</i> "Goooooooooooooock!", gab das Huhn zurück. Es schien zufrieden. <i>"Passt Cattie?"</i> "Von mir aus kannst du es Augustine Ulmina von der Gluck nennen, Hauptsache, es gefällt dir!" Das schien es in der Tat. Darak kraulte die Henne und machte ihr bereits Angebote Würmer zu fangen und Körner zu geben. Entweder verstand Cattie sehr gut oder sie mochte die Liebkosungen der Hände, welche zu einem Mord fähig waren. Auf jeden Fall gackerte sie in immer kürzeren Abständen und reckte den Kopf, damit Darak so richtig im Gefieder herumwühlen konnte.
Alma lächelte. Dann wies sie den Gehörnten und sein neues Haustier in die gute Stube der Fischersfrau.

Darak ließ sich zusammen mit Cattie neben die Amazone nieder und murmelte eine Entschuldigung. "Du hast uns alle ziemlich erschreckt. Aber nun ist es ja gut, wir haben dich gefunden."
Alma nickte. "In der Tat." Sie wäre am liebsten ebenso schnell aufgebrochen wie Lilith, doch wollte sie Darak nicht sofort wieder den Strapazen einer Reise unterziehen. Er hatte zwar Recht: Laufen war in seinem Fall wirklich gut. Er musste endlich lernen, mit dem gottgegebenen Bein wieder anständig umgehen zu können. Sonst würde er trotzdem weiterhumpeln, selbst wenn es nicht nötig war. Manche Menschen eigneten sich durch eine Verletzung eine solche Gangart an und weigerten sich, nach der Genesung wieder in den alten Trott zu verfallen, der ihnen allerdings wesentlich besser getan hätte.
Trotzdem war Darak vom Kampf gegen Valrock, dem Verlust Elenas und seiner Erkältung zu geschwächt, um nun einen Marsch durch Celcia zu wagen. Ja selbst Lilith schniefte herum oder schneuzte hin und wieder in ein kleines Taschentuch, das ihr Irmchen überlassen hatte.

Wenigstens frühstückten beide. Alma behielt ihre kränkelnden Gefährten äußerst gut im Auge. Sie hatte noch mehr Kräuter in ihre Taschen gepackt. Für eine Erkältung und die weitere Behandlung von Daraks Verletzung reichten diese allemal, doch das hieß nicht, dass sie ihre Patienten nun einfach machen lassen konnte.
Cattie hopste von Daraks Schoß auf den Tisch und pickte die Brotkrumen auf, die er beim essen gekrümelt hatte. Dem Huhn ging es sehr gut unter seinen Fittichen.

<i>"Wie lange wird die Reise dauern? Wir müssen doch über See, oder? Die Amazonen besitzen ja wohl kaum einen Greif ..."</i>
"Du könntest ja einen Greifen nochmals von deiner Göttin Florencia erbitten." Dies war Carath, der soeben die Stube betreten hatte. Wieder trug er eine Maske, wenn auch nichts aus Kupfer. Alma hatte mit den Verbänden wohl etwas übertrieben. Um die Nase herum bahnten sich drei Lagen Mull und Leinen ihren Weg.
"Wir reisen wohl lieber zu Fuß oder Pferd", meinte Alma. Sie wollte es nicht sagen, aber sie mochte die Seefahrt nicht unbedingt. Das Schwanken des Schiffes nahm ihr die Lust am Essen und selbst wenn sie einen Bissen herunterbrachte, hing sie später doch nur wieder an der Reling. Und Greife? "Wir reisen zu Fuß", wiederholte sie noch einmal mit Nachdruck.
"Xytras ist weit", meinte Lilith. Sie schnürte den Rucksack zu. "Wir werden sehr lange brauchen. Bestimmt knapp zwei Wochen."

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Samstag 13. Dezember 2008, 12:50

Darak dachte sich seine Bemerkung zu Almas Reaktion auf das Monatsblut nur. Ja… sie würden sich wohl sehr an ihm vergnügen, doch vermutlich gänzlich auf seine Kosten. Er seufzte. Vielleicht war die Amazonenstadt nicht der richtige Ort für einen Kerl wie ihn, dies war er eigentlich definitiv nicht. Aber wenigstens konnte er so zumindest ein Versprechen, einen Pakt mal einhalten. Er war es Lilith schuldig auch wenn sie mit List zu diesem Vertrag gekommen war. Was spielte dies schon noch für eine Rolle? Ausser Lilith und Alma sowie den Kerl den er am liebsten in die Wüste Sarmas geschickt hätte… hatte er einfach niemanden mehr bei dem es sich lohnte diesen zu besuchen. Hauptmann Zitter vielleicht doch dies war im Augenblick wohl denkbar ungünstig. Ihn wieder in eine Fahndungsaktion zu verwickeln wäre wahrlich zuviel verlangt. Schliesslich war er schon beim letzten mal mit einem ziemlich gnädigen blauen Auge davon gekommen.

Gedankenverloren ertastete jeden Centimeter von Catties gefieder. Es war seltsam, in all den langen Jahren war ihm nie aufgefallen was für intelligente und schöne Tiere Hühner doch waren. Dies war wahrlich überraschend denn Hühnchen zählte zu seiner Leibspeise. Doch noch nie hat er selbst eins Geschlachtet… und jetzt wo er sein eigenes Huhn welches friedlich auf seinem Schoss sass und die Aufmerksamkeit genoss, wurde ihm auch klar dass er dies vermutlich in seinem Leben auch nicht tun wird.

Er brauchte eine neue Leibspeise. Er konnte nicht etwas essen deren Ahnverwandten zur Familie eines Angehörigen gehörten – in diesem Falle eben Cattie.

Das wäre irgendwie Geschmacklos. Er seufzte und ass weiter. Bröckelte immer wieder etwas Brot für Cattie auf den Tisch die sich nicht zweimal bitten liess und sofort zu picken begann. Er lächelte zufrieden. „Ist das nicht eine Insel?“ Wie sollten sie dort den schon zu Fuss hinkommen? Er blickte Lilith an. Sie war so schweigsam für das, dass sie eigentlich diejenige war welche am besten wissen sollte wie die Reise am einfachsten zu gestalten wäre.

Doch es kam anders, natürlich musste sich die Matschnase mit einem äusserst geistreichen Beitrag mal wieder in die Gruppe einmischen. „Machs doch selber!“ Knurrte Darak ihm wütend entgegen. Er vertrug einfach gar nichts von dem Kerl. „Seh ich aus wie ein Vogelhorst?! Oder einen Götterliebling?! NEIN!“

Sein Verhalten zu Carath stellte wirklich ein nicht unbedeutendes Problem dar, dies konnte schliesslich nicht die ganze Reise so weitergehen.

„Warum nicht mit einem Schiff? Wir müssen nur nach Andunie, dort möglichst unbemerkt an den Hafen gelangen und dann können wir übersetzen auf die Insel. Es wird dort ja sicher das eine oder andere Amazonenschiff ankern oder?“ Erwartungsvoll sah er Lilith entgegen. Diese Frauen mussten doch Handel betreiben.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Dienstag 16. Dezember 2008, 08:49

"Die Amazonenstadt ist GENAU der richtige Ort für einen Kerl wie dich!", lachte Alma und klopfte Darak kameradschaftlich auf die Schulter. "Du wirst es den Mädels da schon zeigen." Leise raunte sie weiter, damit nur Darak sie hören konnte: "Eine hast du ja bereits für dich gewonnen. Lilith ist vernarrt in dich, das sieht ein Blinder mit Krückstock."
Dies schien auch der einzige Grund, weshalb sich Darak Luthrokar überhaupt noch auf diese Odyssée ins Reich der Weiblichkeit einließ. Für Lilith, um sein Versprechen einzuhalten. Ein Versprechen, welches sie ihm mit List, Tücke und den Waffen der Frau abgerungen hatte.

Cattie gab sich seinen sanften Fingern hin. Das Huhn war vollkommen zufrieden. Es wurde so sehr umsorgt wie sonst kein anderes aus Irmchens Stall. Aber es gehörte jetzt auch zum Gehörnten, was der Glucke durchaus zu gefallen schien. Sie pickte eifrig die Körnchen und Krümel auf, die Darak ihr so großzügig spendierte. Dann ließ sie sich weiter das Gefieder massieren. Hätte sie sprechen können, wäre aus ihrem Schnabel ein wohlig seufzendes "Mach weiter!" gedrungen. So aber gluckte sie nur ein langgezogenes, sehr zufriedenes "Goooooooooooooooaaaaaaaack".

<i>"Ist das nicht eine Insel?"</i> Lilith nickte. "Xytras liegt fernab vom Festland, auf der Insel Ardéris. Das letzte Stück Überfahrt müssen wir auf jeden Fall per Schiff machen. In Rumdett lässt sich eventuell ein Kapitän anheuern." Die Elfe machte nicht den Vorschlag, von Andunie aus auszubrechen. Warum nicht?
Nun, Alma hatte mit ihr sprechen können. Beide hatten bereits und in Abwesenheit Daraks über die Reise diskutiert und entschieden, dass Andunie nicht die Ablaufstelle ihres Schiffes sein sollte. Nicht, wenn der <i>Schlächter von Andunie</i> mit ihnen reiste. Es war zu gefährlich. Dies hatte Alma entschieden, die ihren rumbrüllenden und meist auffälligen Lieblingspatienten inzwischen zur Genüge kannte. Nein, die Hafenstadt kam nicht in Frage.
Lilith und die dicke Heilerin dachten daran, es irgendwie durch den südlichen Teil der Stillen Ebene zu schaffen und von dort nur kurzzeitig dem Urwald Kapayu ausgesetzt zu sein. Man könnte dann Grandessa durchqueren und in Jorsan einreisen. Dort gab es ein kleines Dorf direkt am Strand: Serna. Manchmal lagen dort auch Handelsschiffe vor Anker, auch jene von Amazonen. Mit einem Fischerboot ließe es sich nicht so einfach <i>Venthas Seeweg</i> überqueren, aber ein Handelsschiff fuhr die Route ja ständig. Sicher würde man sie für ein kleines Entgeld auch nach Xytras bringen.
Oder eben ... ein Greif? Carath, der soeben Irmchens Haus betreten hatte, machte den Vorschlag. Darak stand in Florencias Gunst. Greife waren Geschöpfe des Phaun und Florencia war mit dem Waldgott verheiratet. Vielleicht ließ sie ihre Beziehungen spielen, wenn ihr neuester Gläubiger demütig darum bat.
Darak jedoch hielt es scheinbar für reine Zeitverschwendung. Er war gereizt. <i>"Seh ich aus wie ein Vogelhorst?! Oder ein Götterliebling?! NEIN!"</i>

Carath sah ihn schmerzlich an. Sie würden wohl doch nicht mehr miteinander reden. Darak wollte es nicht. Es hatte keinen Sinn. Diese Art von Schmerz war dem Nichtgenannten jene, welche er am wenigstens mochte – diese Art war die am meisten ausgeprägte.
Er holte tief Luft. Dann vollführte er eine wegwerfende Handbewegung, die ein "schon gut" symbolisieren sollte und schritt am Frühstückstisch vorbei. Auch er hatte offensichtlich damit begonnen, ein Bündel zu schnüren. Es lag bislang ungeachtet neben dem Ofen. Nun griff er danach und packte weiter ein.
Es herrschte eine bedrückte Stimmung, die selbst die Fischersfrau schweigen ließ.

<i>"Warum nicht mit einem Schiff? Wir müssen nur nach Andunie, dort möglichst unbemerkt an den Hafen gelangen und dann können wir übersetzen auf die Insel. Es wird dort ja sicher das eine oder andere Amazonenschiff ankern, oder?"</i>
"Andunie kommt nicht in Frage!", brummte Alma. "Dort hält man dich für tot. Wenn dich jemand entdeckt und wiedererkennt, was meinst du, was dann los ist?! Hauptmann Zitter wird wohl das letzte Mal Hauptmann gewesen sein! Nein, zu gefährlich. Wir reisen südlich bis nach Serna und nehmen von dort aus ein Schiff." Es klang nach einer beschlossenen Sache, an der nichts mehr zu rütteln war.
Doch Lilith meinte: "Vielleicht bittest du Florencia doch einmal. Mehr als nein oder gar nichts sagen, kann sie doch nicht." Sie legte eine Hand an Daraks Arm und bemerkte, wie erwartungsvoll Darak sie ansah. Die Amazone schüttelte den Kopf. "Wir werden dich nicht schon wieder einer derartigen Gefahr aussetzen." Auch bei ihr saß Elenas Verlust noch tief. Niemand wollte Darak eine solche Erfahrung wiederholen lassen müssen.

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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Donnerstag 18. Dezember 2008, 18:08

Darak hockte schweigend da. Alma schien es ziemlich locker zu sehen dass Darak bald in eine Welt männer verachtender Weibchen eintreten wird. Er blickte zu diesem Monument von Mensch auf und runzelte die Stirn als sie auf Lilith zu sprechen kam. Leise war bei Alma relativ allein schon die Schwingungen ihrer gewaltigen Stimmbänder waren laut. Er musterte die Amazone und legte seinen Kopf schief. Er seufzte. Warum musste sie ihre Sympathien unbedingt an einen Versager und Mörder verlieren. Er senkte seinen Blick wieder und musterte das Hühnchen. Für einen Moment überlegte er sich gar Cattie zurück an Irma zu geben. So würde ihr wenigstens nicht passieren. Um Darak herum lebte es sich schliesslich gefährlich. Doch als er sah wie sehr sich das Tierchen an seine Finger schmiegte verwarf er diesen tristen Gedanken wieder.

<i> . "Xytras liegt fernab vom Festland, auf der Insel Ardéris. Das letzte Stück Überfahrt müssen wir auf jeden Fall per Schiff machen. In Rumdett lässt sich eventuell ein Kapitän anheuern."</i> „Rumdett?“ Darak starrte die Amazone an. <b>Verdammt</b> Dachte er nur. Wie wohl wurden Sklaven vom Festland nach Sarma verschifft… natürlich über Rumdett. Andunies Stadtwache hätte niemals Sklaventreiberschiffe an ihren Hafen ankern gelassen dies wäre zu schlecht für den legalen Handel gewesen. Auch Darak war oft auf die Piratenroute ausgewichen. Nicht von ungefähr kannte er schliesslich Catties Namen. Er war ihr zwar nie begegnet aber auch sie war eine Person deren Ruf ihr weit vorauseilte. „Ein Kapitän der Freiwillig nach Xytras fährt?“ Fragte sich Darak misstrauisch. Was für ein Kerl würde das bloss sein?

„Lilith, Rumdett ist ein Krimineller nicht gerade Friedfertiger Ort… ich bin dort nicht unbekannt und mit einer Amazone einer…<b>so überaus vuoluminösen</b> Heilerin und einem…“ Er grummelte. Blickte zu Carath. „Und ihm…. Wird es nicht gerade leicht sein nicht aufzufallen. Fahren wir doch über Andunie!“ Doch mit diesem Vorschlag war Alma nicht zufrieden und ja… er musste zugeben dass sie plausibel und nachvollziehbar argumentierte. „Mhrr.“ Murrte er nur und streichelte wieder Cattie. Hauptmann Zitter… ja… er hatte schon lange nicht mehr an seinen Lebensretter gedacht. Wie es ihm wohl in der zwischenzeit ergangen war? Er zuckte für sich mit den Schultern und hörte sich den Vorschlag der Heilerin an. „Serna… war ich noch nie.“ Also würde er zumindest nicht bekannt sein dort. „Das liegt sogar noch näher als Rumdett… und wir könnten über die offiziellen Königreichswege gehen. Ja… reisen wir nach Serna.“ Meinte er schliesslich und nickte.

<i> "Vielleicht bittest du Florencia doch einmal. Mehr als nein oder gar nichts sagen, kann sie doch nicht."</i> Sie hatte recht. „Na gut.“ Meinte er schliesslich und stand auf. Eine Fischershütte war nicht das richtige um eine Göttin anzuflehen beschloss er. Er klemmte sich Cattie unter den Arm so dass sie ihre Füsschen strecken konnte und lief mit ihr nach draussen. Er blickte sich um schritt aber ungeachtet jener die Arbeiteten auf einen kleinen Hügel in der Nähe des Dorfes. Er liess Cattie laufen und kniete sich auf die kahle kalte Erde. Kurz sammelte er sich. Er hatte schon lange nicht mehr von sich aus gebetet und schon gar nicht zu einer Frau. „Göttin Florencia die du mich als Schützling und Gläubigen erwählt hast…“ Begann er leise. „Ich knie hier auf deiner Erde und flehe dich um Rat und Beistand.“ Er schwieg einen Augenblick und überlegte sich seine nächsten Worte. „Herrin der Blüten und Felder, Gattin des Herres der Tiere ich bitte dich… sende mir zwei deiner Greifen damit ich mein Gefolge sicher und wohlbehütet auf die Insel Xytras bringen kann. Jener Insel wo ich zu stranden gedenke auf dass mein lästerliches und vernichtendes Tun durch die strenge Hand der Amazonen unterbunden werden kann. Hier auf dem Festland Herrin habe ich deine Erde schon genug mit Blut beschmutzt. Hilf mir auf diesem Weg… damit ich reue zeigen kann und meine Freunde Frieden und Ruhe vor Verfolgung und Hatz finden können.“

Er ging ziemlich hart mit sich selbst ins Gericht und dies hielt er auch für mehr als nur Angebracht. „Bitte erhöre mein flehen Herrin.“

Er hatte sich nicht darauf geachtet ob ihm jemand gefolgt war. Seine Worte mochten für einen Aussenstehen sehr schwarzmalerisch und verzweifelt klingen. Darak hatte manchmal so Phase – Alma wusste dies bereits sehr gut – wo er an Reue, Strafe und Busse dachte. Jetzt war wieder die Zeit gekommen. Denn für den Verlust von Elena durch seine Existenz wollte er förmlich bluten. Etwa anderes stand ihm nicht zu.

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Erzähler
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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Erzähler » Freitag 19. Dezember 2008, 23:18

Lilith Blütentau hatte Almas Worte tatsächlich nicht wahrgenommen, aber sie bemerkte Daraks Blick, der auf sie gerichtet war. Sie erwiderte jenen mit einem unschuldigen Lächeln und packte weiter ein.
Lilith empfand wirklich Sympathie für den Gehörnten neben ihr, der sein Hühnchen streichelte und fütterte. Diese Gefühle waren ihr bisher bei noch keinem Mann in dem Ausmaß gekommen. Natürlich, sie gehörte zu einer ganz besonderen Sorte Amazonen, denn sie stand Männern eher neutral gegenüber. Sie unterhielt sich normal mit ihnen, benutzte nicht das Wort "Männchen" und arbeitete sogar mit ihnen zusammen, wenn es sein musste. Dies hieß aber nicht, dass sie dabei jemals etwas Annäherndes wie Sympathie gespürt hatte. Bei Darak war es anders. Er konnte so viel Freude ausstrahlen! Gern erinnerte sie sich an jenen Moment zurück, da die Göttin Florencia ihm sein Bein wiederschenkte und er dann mit ihr und Jayna Fink geschultert durch den Wald spaziert war. Es brachte Lilith zum Schmunzeln. Ja, Darak Luthrokar, besaß eine charismatische Anziehungskraft, wenn man ihn erst einmal besser kannte. Sein Äußerliches schreckte ja eher ab und ließ ihn finster und gefährlich erscheinen. Im Inneren aber war er ein sehr sensibler und sanfter Mann – genau das, was Lilith in Xytras brauchen würde.

Erst als sie auf Rumdett zu sprechen kam, zeigten sich in Darak die weniger weichen Züge und Verhaltensweisen, wenngleich er auch nicht sofort auf den Tisch sprang oder wild um sich schlug – zum Glück nicht.
<i>"Ein Kapitän, der freiwillig nach Xytras fährt?"</i> Lilith nickte, als wäre es das normalste auf der Welt. "Rumdetts Piraten sind käuflich. Notfalls lässt sich auch eine Brieftaube zu meinen Schwestern schicken um uns zu holen, nur dauert das länger und ich möchte nicht so viel Zeit in dieser Piratenstadt verbringen." Darak merkte wohl, wie ein Schaudern durch Liliths Körper ging.

<i>„Lilith, Rumdett ist ein Krimineller nicht gerade Friedfertiger Ort… ich bin dort nicht unbekannt und mit einer Amazone einer… Heilerin und einem… Und ihm…. Wird es nicht gerade leicht sein nicht aufzufallen."</i> Lilith hatte verstanden. Rumdett kam ebensowenig in Frage wie Andunie, wie Alma soeben gut argumentierte. Carath Molsag hingegen schaute zu Darak herüber. "Sorge dich nicht. Ich werde dir nicht zur Last fallen oder dich noch weiter quälen." Er stopfte eine Decke in seine Tasche und schloss diese. Was meinte er mit jenen Worten?

Es blieb keine Zeit, darüber zu grübeln, dafür machte sich eine akzeptable Lösung am Tisch breit. Über Serna sollte sie der Weg nach Xytras führen. Darak zeigte sich einverstanden.
"Dann ist es beschlossene Sache", meinte Alma. "Gut, Jungs und Mädchen, ich muss packen. Nachher geht's los!" Sie erhob sich vom Tisch und stapfte in eine Ecke, um auch ihre Habseligkeiten in einem Rucksack zu verstauen. Hauptsächich packte Alma Kräuter und Verbandszeug ein. Sie wusste, wenn sie mit einem Luthrokar reiste, würde sie es dringend brauchen. Sie hatte inzwischen so eine Ahnung...

Unterdessen redete die Amazone noch einmal auf Darak ein. Sie fand Caraths Vorschlag nicht schlecht. Florencia war nicht nur eine sehr gnädige Göttin, sondern auch stets bemüht um das Leben, das unter ihrer Hand und der ihres Gatten gedieh. Außerdem war sie eine Frau. Sie würde eher Verständnis für eine bittende Seele aufbringen.
Und so lenkte Lilith Darak erneut ab, so dass dieser beim Nichtgenannten nicht näher nachhaken konnte. Er verließ Irmchens Fischerhütte und stapfte auf eine kleine Erhebung im Dorf, um zu beten. Henne Cattie führte er stets mit sich. Das Huhn ließ es sich gefallen, gluckte ab und an und begann im harten Boden nach Würmern zu picken, als Darak sie wieder laufen ließ. Er selbst kniete nieder ... zum Gebet ... wie er es in seiner Zeit als junger Mönch so oft getan hatte. Doch dieses Mal sollten seine Worte eine andere Gottheit erreichen.

Worum er bat, war keine Alltäglicheit. Die Greifen galten bei den meisten Celcianern als hoch angesehene, mächtige Lebewesen. Niemand wagte es, sich einem auch nur zu nähern, wenn man überhaupt jemand ein solches Tier zu Gesicht bekam. Und nun bat Darak Luthrokar darum, dass Florencia ihm zwei dieser stattlichen Wesen sandte, um auf ihnen zu reiten – ein weiteres Mal.

Nachdem er geendet hatte, sank ein matter Lichtschein auf ihn nieder. Die Sonne aber war Symbol des Lichtgottes. Zudem herrschte die Zeit der dunklen Tage vor. Wollte Lysanthor ihn verspotten?
Doch zur selben Zeit wanderte der Wind an seinem Ohr vorbei und es war, als vernähme Darak die Worte: <i>Das Leben ist mit dir</i>.

Unglücklicherweise geschah nichts. Keine Greifen, kein Einhorn als Gesandter der Göttin. Sie schickte ihm nicht einmal einen halb vertrockneten Grashalm. Nichts. Hatte sie ihn aufgegeben? Brauchte jene Göttin von Natur und Leben diesen Mörder seiner Geliebten nicht länger in ihrer Herde?

Am Rande von Daraks Sichtfeld machte sich eine Gestalt auf den Weg aus dem Fischerdorf. Er hatte sich eben noch von Irmchen, Alma und Lilith verabschiedet. Er wusste, bei Darak hätte dies keinen Sinn mehr. Sein enstiger Schüler, der ursprünglich den Weg des Schmerzes mit ihm gehen wollte und aus eigenem Willen heraus seinen Bruder getötet und für ihn Rache genommen hatte, wollte nicht reden. So stapfte Carath Molsag, Nichtgenannter auf den Pfaden der Schmerzen, langsam jenen ausgetrampelten Weg entlang, der ihn westlich aus dem Fischerdorf führen würde.

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Darak Luthrokar
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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von Darak Luthrokar » Dienstag 23. Dezember 2008, 00:58

Darak Luthrokar betete. Hatte er da etwa ein gewisses Urvertrauen an das göttliche zurück gewonnen? Oder richtete er die Worte an Florencia und ihren Gemahl nur damit die Amazone und ihr Gefolge ruhe gab? Betete der Mann welcher gelernt hatte sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen vielleicht aus Verzweiflung weil er erneut an einem Abgrund seines Lebens angelangt war? Es war gut möglich dass selbst Darak Luthrokar. Der Gehörnte. Der Schlächter von Andunie… jener Mann der eine Katastrophe höchstens als „ärgerlich“ empfunden hätte, selbst keine Antwort auf diese eine Frage wusste. Warum? Er tat es einfach. Ehrlich und aufrecht.

Er versank tief in sein gebet. Er vernahm einen lauen Windhauch. <i>Das Leben ist mit dir</i> Vernahm er einen klang der einem Hauch einer Stimme glich. Er seufzte nur und schaute auf seine grossen Pranken die schon so manch Leben beendet hatten. Über 40 Leben. „Ich glaube dies ist ein Fluch.“ Nuschelte er leise. Darak Luthrokar konnte durchaus als Plage angesehen werden. Ein Wesen das andere Vernichtet und selbst mit einer beinahe schon zynischen Robustheit ausgestattet war. Er schüttelte seinen Kopf. Wollte er ein Leben behüten und es zum erblühen bringen. Einem Leben Freude und Glück schenken… selbst dann starb es zwischen seinen Händen weg. Wie Elena. Eine Träne kullerte zu Boden und wurde von der kalten Erde eingesogen als hätte sie gar nie existiert. So fühlte sich Darak gerade. Klar. Er hatte Freunde gefunden. Doch was waren die über 15 Jahren vor jener Freundschaft gewesen? Eine Zeit der schwärze. Ein grässlicher Aussatz der an seiner Haut und seiner Seele klebte und einfach nicht abzuschaben war. Elenas Tod. Machte ihn zu einem traurigen und nachdenklichen Mann. Darak war vielleicht ein stures Kerlchen aber nicht wirklich ein Optimist. Er war Meister darin sich die Welt schlecht zu reden. Wie auch jetzt. Er fühlte sich gerade schrecklich mies und verspürte gar den bizarren Gedanken sich mit einem Fischerhaken den Hals aufzuschlitzen. Selbstmord war nie etwas gewesen was ihn beschäftigt hatte… aber heute… wo er sich so nach Elena sehnte.

„Das Leben ist mit mir.“ Murmelte er wieder. „Ein in Seide verpackter Fluch. Das Leben mag schön anmuten… doch ist es nicht auch grässlich?“ Fragte er die Erde laut als würde sie ihm antworten. Doch sie blieb kalt und regungslos. Die Welt nahm sich seiner Sorgen nicht an. Warum sollte sie auch? Sie war ihm nichts schuldig.

Sein Blick fiel nach westen. Wo der Nichtgenannte gerade seinen einsamen Weg zurück in die Ferne antrat. Darak Luthrokar schnaubte. Ein Kloss bildete sich in seinem Hals. Er erhob sich. Im Morgenrot der Sonne welche in seinem Rücken stand wirkte er wie ein einzelner rötlich schimmernder Schatten. Seine Silhouette glich jene eines Haraxwesens. Da zog er also von dannen jener Bruder der seinen Blutsverwandten sterben sehen hatte. Er verliess gerade das Dorf in welches der Mörder der auch sein Schüler war rastete. Darak schnaubte. Er mochte Menschen nicht die einfach stillschweigend von ihren Problemen davonliefen – vermutlich weil er selbst so einer war.

„CARATH MOSLAG!“ Brüllte er ihm entgegen. „BEI DEINEM BLUTE BLEIBE STEHEN!“ Darak hörte sich in letzter Zeit vermehrt wieder an wie ein typischer Mönch. Selbst diese Alteslast konnte er nicht gänzlich ablegen auch wenn die Fromme Zeit für ihn weit… sehr weit… unheimlich Weit zurück lag. Der Trauernde schritt entschlossen auf Carath zu. „DU hörst mir jetzt zu! KEIN Wort!“ Knurrte er und eilte sich so lange bis er den Mann eingeholt hatte. Er packte nach dessen Maske und riss sie ihm aus dem Gesicht. Er hasste es ein Stück Holz ansehen zu müssen wenn er doch mit einem Menschen reden wollte. Er starrte in dieses Gesicht wo knollig und geschwollen noch immer dieser riesig gewordene Zinken von Nase jeglichen Blick auf sich zog. Dass die Maske überhaupt noch hielt grenzte beinahe schon an ein Wunder. „Du und dein verblendeter Weg des Schmerzes!“ Schnaubte er. „Du versuchst alles zu rationalisieren! In eine andere Ebene zu kanalisieren! Alles was du tust ist den Schmerz nur verschieben. Aber er kommt ja doch wieder! Immer wieder!“ Daraks Augen wurden glasig. „Was dir fehlt… ist Anteilnahme die über deinen Verstand hinaus geht Carath!“ Tränen traten dem stämmigen Mann in die Augen. „Ich… will diesen Schmerz spüren… Elena bedeutet mir schliesslich viel…bedeutete…“ Keuchte er. „Ich… brauche keine Philosophien… was Schmerz… bedeutet…“ Seine Stimme wurde bruchstückhafter. „Ich habe einen Menschen getötet Carath. Ich habe deinen Bruder brutal ermordet… doch dein Herz bleibt verschlossen!“

Darak seufzte bitter. „Du wendest dich einfach ab. Gibst einfach auf…“ Enttäuschung war aus ihm zu hören. „Trauerst du?“ Fragte er plötzlich und begann zu weinen. „Weisst du… ich… erfahre gerade…wie…wichtig es ist zu trauern…“ Daraks Kopf wurde rot. Seine Nase begann zu laufen. Die Worte kamen immer schwerer aus seiner Kehle. „Trauerst…du.. um den Bruder…den…du nie richtig hattest Carath? Trauerst du über dieses Unglück? Du hast deinen Bruder verloren... etwas was du nie wieder haben wirst… genau so wie zum Beispiel die erste grosse Liebe deines Lebens.“ Brachte Darak aufgelöst aus sich. Seine Hände zitterten. „Es sind so viele Brüder, Schwestern, Väter und Mütter… um die ich Menschen habe trauern lassen.“ Gestand er beschämt. „Weil ich sie auch ihnen genommen habe…“ Seine Stirnvene trat hervor während sich die Augen langsam röteten. Er schnaufte. „Sie haben Rache geschworen. Sind wütend geworden. Haben wehklagen geschrieen. Sie haben geweint. Geschrieen. Geflucht. Sie sind Still geworden… und verstummt. Sie haben so reagiert wie ihr schmerzendes Herz es verlangte… und was machst du?!“ Er starrte Carath an. Blickte dann zur Maske in seiner Hand und reichte sie dem Nichtgenannten. „Du setzt dir eine Maske auf. Eine Fassade. Die dich undurchdringbar erscheinen lässt… aber du bist es nicht. Auch wenn dein Verstand es dir vorgaukelt.“ Seine Stimme brach. „Warum… fällt es dir so schwer… dies zu tun…“ Er trat näher. Packte nach dem Mann und drückte ihn in einer innigen schmerzlichen Umarmung an sich. Daraks Herz schlug so unendlich schwer. Er weinte an der Schulter seines Lehrmeisters und zeigte ihm so offensichtlich was er von ihm gebraucht hätte. Offene Verletzlichkeit. Ratlosigkeit. Entsetzen. Eben jene Gefühle die so unglaublich menschlich waren und jeglichem Verstand trotzten. Denn selbst gemeinsam empfundene Ohnmacht… konnte helfen.

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fremder Mann
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Re: Rast im Fischerdorf

Beitrag von fremder Mann » Mittwoch 24. Dezember 2008, 01:44

Hatte er richtig hingehört? Das Leben ist mit dir. Hatte ihm der Wind wirklich diese Worte zugeflüstert oder war alles nur Einbildung gewesen? Vielleicht erhörte ihn kein einziger Gott mehr. Florencia nicht und nicht einmal Lysanthor in seiner ach so großen und gerechten Güte!
Daraks Blick glitt auf seine Handflächen. Blutig waren sie schon oft gewesen und auch wenn man es derzeit nicht sah, diese Befleckung seiner Seele ließ sich nie wieder reinwaschen. Keine Buße konnte so viele Morde rechtfertigen. Warum sollte Florencia ihn erhören, nur weil er ihr geschworen hatte, ihren Pfaden fortan zu folgen? Warum sollte sich eine Göttin von Leben und Wachstum für eine Seele interessieren, die Ersteres so oft genommen und Letzteres dadurch so oft verhindert hatte? Aber warum hatte sie ihm dann sein Bein zurückgeschenkt?

<i>"Ich glaube, dies ist ein Fluch."</i> Niemand antwortete ihm. Oder war keine Antwort <i>die</i> Antwort? Bedeutete es, dass er wirklich verlassen worden war und im Gegensatz zu seinen vielen Opfern nun ... leben ... musste?

Einen Moment lang sinnierte Darak wirklich, stellte sich selbst und der Erde, auf die seine Träne gefallen war, philosophische Fragen, ehe er schließlich nach Westen schaute und Carath Molsag dort entdeckte.
Sofort brüllte Darak dessen Namen über die Fischerhütten hinweg. Einige Männer und Frauen, die sich bereits an ihre Arbeit machten und den Betenden während seiner stillen Andacht in Frieden gelassen hatten, schauten nun verwirrt auf.
Der Gerufene aber wirkte nicht überrascht. Er drehte sich um. Die Kupfermaske, welche ebenso wenig Gefühle gezeigt hatte wie der Mann darunter, starrte leblos zu Darak herüber.

<i>"DU hörst mir jetzt zu! KEIN Wort!"</i> Carath schwieg, rührte sich nicht. Nur den Rucksack nahm er von den Schultern. Es schien, dass dies hier nun etwas länger dauern konnte, von daher wollte er seinen Rücken nicht belasten.
Der Nichtgenannte hörte, lauschte stillschweigend. Hatte er dies erwartet? So konnte man es nicht sagen, aber in gewisser Weise hatte er es herbei gesehnt. Das Gespräch mit Darak würde allerdings deutlich anders laufen, als es sich Carath vorgestellt hatte. Zumal es nicht mit einem Gespräch begann, sondern mit einem Schlag. Die Maske flog von Caraths Gesicht und landete im Dreck. Er keuchte, starrte Darak an. Wollte dieser sich etwa schon wieder prügeln?!
Der Nichtgenannte machte einen halben Schritt zurück, er selbst entschied für sich, dass er nicht genug Kraft besaß, um sich erneut auf eine Schlägerei einzulassen – zumal er dies nie beabsichtigt hatte.

<i>"Alles, was du tust, ist, den Schmerz zu verschieben. Aber er kommt ja doch wieder! Immer wieder!"</i> Carath nickte. Ja, so war das. Schmerz ließ sich nicht nehmen, allerdings ... "Wenn du weißt, dass er wiederkommt, kannst du dich drauf einstellen und lernen, ihn zu akzep–" Darak ließ ihn nicht ausreden. Plötzlich fanden sich beide Männer in einer Umarmung wieder. Carath starrte noch immer. Welch Wendung dieses "Gespräch" doch nahm. Zaghaft klopfte er dem anderen auf den Rücken. Darak keuchte, weinte.

<i>"Trauerst du ... um den Bruder ... den ... du nie richtig hattest, Carath? Trauerst du über dieses Unglück? Du hast deinen Bruder verloren... etwas was du nie wieder haben wirst… genau so wie zum Beispiel die erste grosse Liebe deines Lebens."</i> Noch antwortete er nicht, klopfte Darak nur weiter die Schultern. Und er seufzte. Dies würde doch zu einem Gespräch führen ... einerseits stimmte es Carath glücklich, dass sich Darak nun doch dazu bereit erklärte. Andererseits ... waren seine Pläne anders gestrickt. Nun musste er über andere Dinge sprechen. Über Valrock ... seinen verhassten Bruder. Er seufzte erneut.

<i>"Sie haben so reagiert, wie ihr schmerzendes Herz es verlangte ... und was machst du?! Du setzt dir eine Maske auf. Eine Fassade, die dich undurchdringbar erscheinen lässt ..."</i>

Carath löste sich aus der Umarmung. Er schüttelte den Kopf, blickte Darak dann direkt an. Seine Augen waren die Valrocks und dennoch vollkommen anders. Es fehlte die blinde Wut, es fehlte die Begierde nach Qual und Folter. Caraths Blick war kaum zu beschreiben.
"Das stimmt nicht. Die Maske trage ich, weil ich bin, wer ich bin. Und sie zu tragen gab mir Hoffnung." Er wies auf den Boden. "Setz dich." Dann griff er nach seinem zweiten Gesicht und legte es oben auf den Rucksack, ehe auch er sich niederließ. Einen Moment lang herrschte Stille. Anschließend begann Carath Molsag zu erzählen.

"Die Wahrheit ist, dass ich meinen Bruder schon vor vielen Jahren verloren habe, Darak. Valrock – mein <i>Bruder</i> Valrock – ging verloren, als er in Rumdett seine Asubildung begann. Wir waren eine einfache Bauernfamilie aus Jorsan, aber Valrock nicht immer der Gescheiteste. Kaum jemand in unserer Heimat wollte ihn als Lehrling aufnehmen, weil er brutal und impulsiv sein konnte. Ich liebte ihn dennoch, er war ja mein Bruder. Aber dann ging er nach Rumdett, schloss sich den Piraten an und verkaufte sich als Foltermeister und letztendlich auch als Sklaventreiber. Als er vor allem mit der zweiten Tätigkeit weniger Erfolg hatte ..."
Carath brach ab, schloss die Augen. Er atmete tief durch, meditierte kurz. Erst dann sprach er weiter. "Aufgrund seines geringen Erfolges und weil sein Kapitän nach Sklaven verlangte, kehrte er nach Hause zurück. Valrock ... wollte unsere Eltern und mich an die Piraten verkaufen. Natürlich wehrten wir uns. Vater hatte sogar mit der Armbrust auf ihn gezielt und ihn beschimpft, er sei nicht länger sein Sohn. Es kam zum Kampf. Schließlich nahm Valrock meine Mutter als Geisel und zwang mich ... er zwang ... mich ... Vater umzubringen." Carath schluckte. Die Geschichte wieder an die Oberfläche zu bringen kostete ihn mehr Kraft als das Überleben im Drachengebirge. Doch er hatte mit seiner Geschichte erst angefangen, konnte jetzt allerdings nicht mehr weitersprechen. Er ... kämpfte nun auch mit den Tränen.

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