Phylines Steckbrief |
Phyline Freythal
Rasse:
Mensch (Jorsanerin)
Alter:
22 Jahre
Geschlecht:
Weiblich
Beruf:
Bislang Heilerin
Heimat:
Königreich Jorsan, Handelsdorf Ganda
Gesinnung:
Gut
Magie:
Bislang ist bei Phyline kein magisches Talent bekannt. Allerdings hatte sie sich bislang auf konventionelle Heilkunst fokussiert und nie näher mit Magie auseinandergesetzt. Sie weiß vor allem um die heilenden Kräfte der Lichtmagie.
Ob sie selbst aber magische Fähigkeiten besitzt, bleibt abzuwarten.
Sprachen:
Neben der gemeinen Sprache Celcianisch, spricht Phyline selbstverständlich als Muttersprache Garmisch. Durch die Jahre im Elfenreich versteht sie Lyrintha, kann es selbst aber nur brüchig sprechen.
Glaube:
So wie das Volk der Jorsaner das Gleichgewicht des göttlichen Bundes schätzt und wechselnde Messen für jede Gottheit abhält, so lebt auch Phyline in einer Art allgemeinen Glauben. Sie schätzt und fürchtet alle Götter gleichermaßen, ob dunkel oder hell. Als strenggläubig ist sie allerdings nicht zu bezeichnen, richtet sie doch eher selten Gebete an die Götter.
Aussehen:
Auch wenn Phyline in der Masse lieber untergehen würde, lässt es sich nicht vermeiden, dass sie hervorsticht. Zu sehr leuchtet ihr strahlend rotes Haar. Meist versucht sie es in Zöpfen und bäuerlichen Flechtfrisuren zu bändigen, doch die glatte, lange Mähne ist widerspenstig und arbeitet sich aus den meisten Frisuren heraus und bleibt als grob geflochtener, unordentlicher Zopf zurück. Im Kontrast zu ihrer roten Haarpracht funkeln ihre Augen in einem sanften Grün wie die Pferdeweiden ihres Heimatlandes. Ihre Gesichtszüge sind fein und zart. Leichte Sommersprossen umspielen Nase und Wangen und ihre Lippen schimmern in einem lieblichen Rosaton. Ansonsten ist ihre Hautfarbe eher blass. Narben, auffällige Muttermale oder gar Tätowierungen finden sich nicht an ihrem Körper.
Phyline ist von eher durchschnittlicher Größe und von schmaler Statur, ihr Körper weiß nur wenig mit weiblichen Rundungen zu punkten. Sie ist wenig bemuskelt und von sanfter Erscheinung.
Was sie an Auffälligkeit durch ihre Haare nicht verstecken kann, gleicht sie in ihrer Kleidung aus. Diese ist so simpel wie möglich gehalten, in der Regel trägt sie einfache weiße Kleider die kaum Verzierungen tragen und beinahe schon an Unterkleider erinnern. Diese sind aus Leinen gewebt und neben ihrem einfachen Aussehen robust und für Phylines medizinische Arbeiten geeignet. Schmuck besitzt sie kaum, in der Regel trägt sie ein bis zwei Halsketten aus Kupfer, die sie von ihren Eltern geschenkt bekommen hatte aber kaum einen Wert besitzen.
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Lange Zeit galt Phyline als wahrer Sonnenschein, stets mit einem Lächeln auf den Lippen und um das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen bemüht. Der Wunsch zu helfen und Gutes zu tun war die treiben Kraft, die Phyline dazu veranlasste den Weg der Heilkunst zu beschreiten. Phyline ist selbstkritisch und hat hohe Ansprüche an sich selbst. Sie strebt nach Perfektion und scheut sich nicht hart zu arbeiten und zu studieren, um diese zu erreichen. Bislang mit Erfolg, hat sich Phyline in ihrem bisherigen Leben beinahe ausschließlich mit Wissen und Medizin auseinandergesetzt. Generell fällt ihr der Erwerb von neuem Wissen und Fähigkeiten leicht.
Trotz ihrer Begabung ist Phyline sehr unsicher, vor allem abseits ihrer Stärken in der Wissenschaft und in sozialer Interaktion. Sie ist ungeübt im normalen gesellschaftlichen Leben, wie es sich beispielsweise in den Tavernen abspielt.
Auch wenn jeder Phyline zu mögen scheint plagt sie oft das Gefühl nicht gemocht zu werden. Sie versucht niemandem auf die Füße zu treten. So fällt es ihr trotz ihrer warmherzigen Art schwere Kontakte über das Oberflächliche hinaus zu knüpfen und wahre Freunde sucht man in ihrem Leben vergebens.
Sie liebt ihre Eltern und würde stets behaupten eine gute Beziehung zu diesen zu haben, doch selbst ihnen gegenüber fällt es ihr schwer sich zu öffnen. Die Wahrheit ist, dass auch die Beziehung zu ihren Eltern eher oberflächlich bleibt. Ihre Eltern stellten hohe Ansprüche und es galt einem gewissen Erwartungsdruck standzuhalten. Über Gefühle oder dergleichen wurde wenig gesprochen. So weiß Phyline auch kaum etwas über die Hintergründe und die Beziehung ihrer Eltern, da selbst ihr nur der Schein einer perfekten Ehe vorgelebt wurde.
Von dem einstigen Sonnenschein ist heute scheinbar nicht mehr allzu viel übrig. Phyline hat sich eine dicke Schale zugelegt und schirmt ihre warme Seele, die weiter tief im inneren schlummert, soweit es geht von der Außenwelt ab. Dadurch hat sie auch viel von der Leidenschaft, mit der sie bislang ihren Mitmenschen half und ihre Heilkunst praktizierte, eingebüßt. Zwar versuchte sie durch Paukerei Geschehenes zu verdrängen und konnte damit ihren Wissensschatz noch weiter ausbauen, doch von dem Feuer mit welchem sie einst ihre Patienten umsorgte, blieb nicht mehr als eine kleine Flamme und Automatismen.
Regelmäßig suchen die Bilder ihrer Vergangenheit sie heim. Vor allem nachts, wenn sie keine Ablenkung hat, wacht sie immer wieder schweißgebadet von ihren Albträumen auf. Aber auch Alltagssituationen, wie eine einfache Berührung am Arm, sind unter Umständen dazu imstande Panik in ihr auszulösen.
Stärken:
Phylines größte Stärke ist zweifellos ihr Geist und ihr angeeignetes Wissen. Sie vermag, neben Selbstverständlichkeiten wie Wort und Schrift in verschiedenen Sprachen, mit einer guten Grundbildung über celcianische Kulturen, Völker, Länder und Geschichte zu glänzen. Aber auch in anderen geistigen Disziplinen ist sie talentiert.
Der Gipfel ihrer Bildung findet sich aber selbstverständlich in der Medizin. Phyline ist eine talentierte Heilerin und praktiziert bereits einige Jahre in dem Beruf. Mit ihren überdurchschnittlichen Fähigkeiten der Heilkunst, schafft sie es trotz ihres jungen Alters auch mit erfahreneren Heilern mitzuhalten. Allerdings zeigt sie wenig Interesse an Chirurgie und der Versorgung von Wunden und Kampfverletzungen. Dies macht im kriegsgebeutelten Celcia allerdings einen großen Anteil der medizinischen Versorgung aus. Auch wenn sie hier über theoretisches Wissen verfügt und auch ihrem Vater bereits beim Amputieren von Gliedmaßen assistiert hatte, sind ihre eigenen Fertigkeiten hier allenfalls rudimentär. Eine kleine, einfache Schnittwunde mag sie noch genäht bekommen, alles darüber hinaus übersteigt ihr Können. Im Fokus ihres medizinischen Schaffens sind daher vor allem innere Leiden. Sie erkennt die Symptome der unterschiedlichsten Erkrankungen von Lunge, Niere, Leber, Haut und anderer Organe und weiß heilende Stoffe gezielt einzusetzen. Hierfür nutzt sie ihr großes theoretisches Wissen. Phylines praktische Fähigkeiten beschränken sich auf die Untersuchung von Patienten und allenfalls einen Aderlass.
Im Zuge einer medizinischen Ausbildung, die ohne Magie arbeitet, kommt man nicht umher sich auch mit Pflanzen, Heilmitteln und Giftstoffen auseinander zu setzen. Phyline weiß viele Pflanzen und Stoffe zu erkennen zu verarbeiten und gezielt einzusetzen. Eine Meisterin der Pharmakologie ist sie aber sicherlich nicht, doch ihr Niveau befindet sich auf einem guten Durchschnitt.
Schwächen:
Durch ihre schlanke gar zierliche Figur ist Phyline nicht nur Männern körperlich unterlegen. Zudem war sie noch nie in Raufereien oder gar Kämpfe involviert und wäre gegen so ziemlich jeden Gegner chancenlos. Sie ist handwerklich nicht besonders begabt, weswegen sie sich auch von der Chirurgie abgewandt hat. Je gröber die Arbeit, desto schwerer fällt es ihr.
Phyline fällt es schwer Vertrauen aufzubauen und Nähe zuzulassen. Auch Kommunikation stellt sich nicht als ihr Steckenpferd dar. Da sie keinem zur Last fallen möchte nimmt sie viel in Kauf und schluckt ihre eigenen Interessen und Meinungen zu oft herunter. Körperliche Nähe jeglicher Art ist ihr unangenehm, so können selbst scheinbar unproblematische Berührung von Bekannten sich zu einer Tortur entwickeln.
Die Geschehnisse in Jorsa sind wohl Phylines größter Dämon der sie – nicht nur, doch vor allem - in den Nächten heimsucht. Regelmäßig prägen die Bilder jener Nacht ihre Albträume und lassen sie unruhig schlafen oder schweißgebadet aufwachen.
Phyline ist generell als ängstlich zu bezeichnen. Sie fürchtet sie vor Krieg, Waffen und rauen Gesellen. Zwar mag sie ein gewisses Gespür für die auf dem Lande gängigen Haus- und Hoftiere haben, doch auch allerlei Monstern und Kreaturen, von denen sie bisher nur in der Literatur erfahren hat, lassen ihr selbst von Berichten und Illustrationen einen Schauer über den Rücken gleiten.
Mittlerweile hat Phyline zwar sowohl das Königreich Jorsan als auch Shyána Nelle ihre Heimat nennen dürfen, doch den Rest der Welt kennt sie nur aus ihren Büchern. Sie besitzt keine praktischen Fähigkeiten, die zum Überleben in der Wildnis oder auf der Straße nützlich wären.
Lebensgeschichte:
Zwischen Liebstöckel und amputierten Fingerkuppen
Hufgetrappel und das Geschrei der Marktleute tönten durch die Gassen des kleinen Dorfes Ganda, tief im Westen des Königreiches Jorsan. Ein bescheidenes Dorf, welches primär vom Handel und der Pferdezucht lebte. Und wo Menschen lebten und arbeiteten, dort waren körperliche Beschwerden unumgänglich. So konnte neben Händlern und Pferdezüchtern ein stämmiger, bärtiger Mann namens Jaron Freythal hier seine berufliche Heimat finden.
Die Aufgaben eines Baders waren vielfältig. Neben dem Schnitt von Kopfhaar und Bart war Jaron die erste Anlaufstelle für alle medizinischen Leiden. Von der Grippe über verfaulte Zähne bis hin zu Füßen, die so schwarz geworden waren, als hätte der Tod selbst sie berührt, galt es ein breites Spektrum abzudecken. Jaron war ein guter Bader und vielen seiner Zunft überlegen. Doch konnte auch er sich, wie viele seines Standes, nicht gänzlich von Quacksalberei frei machen. Ob jedes seiner verkauften Pülverchen, Salben und Gebräue wahrlich einen heilsamen Effekt haben sollte, war in vielen Fällen unklar. Doch Jaron wusste stets seines Charismas Gebrauch zu machen und hätte wohl selbst einem Sarmaer Sand verkaufen können. Und allein der Glaube an Wirksamkeit vermag Berge zu versetzen.
Wie viele Männer wäre auch Jaron nichts ohne die Frau an seiner Seite. Ellinor war eine schöne und schlanke Frau, die es vorzog im Hintergrund zu bleiben. Ursprünglich stammte sie aus dem Königreich Grandessa, doch auf Grund der angespannten Beziehung der beiden Reiche blieb dies im Dorf ein wohl gehütetes Geheimnis. Wie die beiden zueinander fanden, sollte nicht einmal Phyline erfahren. Sie war eine Frau von hoher Bildung, eigentlich zu gebildet für das einfache Dorfleben an der Seite eines Baders. In ihrem bescheidenen Haus versteckte sie einige Bücher, die für die restliche Landbevölkerung zwar ohnehin nicht besonders interessant gewesen wären, doch von hohem Wert waren. Ellinor bestellte, neben den Alltagspflichten um Haus und Vieh zur Selbstversorgung, einige Felder mit Heilkräutern und verarbeitete diese zu eben den Produkten, die ihr Mann an die Leute vertreiben konnte.
Etwa 22 Jahre war es nun her, dass Hufgetrappel und Marktgebrüll zudem noch von den Schreien eines Neugeborenen durchbrochen worden waren. Jaron und Ellinor krönten ihren ehelichen Bund mit ihrer erstgeborenen Tochter, welche von nun an den Namen Phyline tragen sollte.
Phylines Kindheit war unbeschwert. Zwar mag die Familie nicht reich gewesen sein, doch mangelte es ihnen auch an nichts. Schon in den frühsten Kindheitstagen beobachtete Phyline begeistert ihren Vater bei der Arbeit, wie er Menschen untersuchte, ihnen Zähne zog oder gar Gliedmaßen amputierte. Ekel empfand sie hierbei nicht. Wenn sie nicht bei ihrem Vater war, so half sie ihrer Mutter mit den Kräutern, die ihr schon in jungen Jahren Namen, Nutzen und Verarbeitung der wichtigsten Heilpflanzen einprägte. Auch auf eine gute Bildung legten ihre Eltern großen Wert und brachten ihr früh Lesen und Schreiben bei und achteten darauf, dass sich ihre junge Tochter geistig gefordert und gefördert war. Insbesondere ihre Mutter investierte viel, um ihre Tochter voranzubringen. Die Ausbildung ihrer Tochter schien sich zu ihrem neuen Lebensmittelpunkt zu entwickeln. Ellinor wandte so viel Zeit auf, dass sie gänzlich aus dem Dorfleben Gandas entschwand. Gelegentlich schaffte sie es bei fahrenden Händlern eines ihrer Bücher gegen ein neues einzutauschen, der Erwerb weiterer Literatur hätte den finanziellen Rahmen der Freythals gesprengt.
Was hierfür auf der Strecke blieb, waren Freundschaften zu anderen Kindern des Dorfes. Die hohen Ansprüche ihrer Eltern ließen ihr kaum Raum für Freiheiten oder um Kontakte zu Gleichaltrigen aufzubauen. Im Großen und Ganzen vermisste sie nichts, kannte sie schließlich ihr Leben nur so, doch erwischte sie sich das ein oder andere Mal wie sie wehmütig von den Büchern auf nach draußen blickte und anderen Kindern beim unbeschwerten Spielen zuschaute.
Die Zarte Blüte im Stein der Hauptstadt
Phyline wuchs und gedieh wie die Früchte auf den Feldern. Schon bald war sie zu einer stattlichen jungen Frau herangewachsen. Sie war schön und gebildet und hätte sie ihre Jahre nicht nur in Büchern verbracht, sondern auch am Dorfleben beteiligt, wäre sie sicherlich ein begehrtes Ziel vieler Junggesellen gewesen. Zwar verstand sich jeder gut mit ihr und schätzte sie auf Grund ihrer warmen und zuvorkommenden Art, doch über eine Sympathie für das nette, hilfsbereite Mädchen von nebenan ging keine ihrer Beziehungen hinaus. Immer mehr hatte sie ihrem Vater assistiert und kannte allerlei Kniffe des Baderhandwerkes. Doch in Phyline wuchs ein Verlangen nach mehr. Mehr als verfaulte Zähne zu ziehen, mehr als Salbe auf einen Juckreiz auftragen. Die Möglichkeiten ihren Wissensschatz in dem kleinen Dorf auszubauen, schienen ausgeschöpft. Auf Anraten ihrer Eltern beschloss sie mit 16 Jahren Ganda zu verlassen und ihr Glück in der Hauptstadt des Reiches zu suchen.
Als Dank dafür, dass sie ihn von einem widerspenstigen Husten heilen konnte, versprach ein fahrender Händler Phyline sicheres Geleit nach Jorsa.
Als Phyline das erste Mal die Stadtgrenzen überquerte vergaß sie einen Moment zu atmen. Zwar hatte sie bereits von den Städten und Jorsa im Besonderen gelesen, doch eine solch große Stadt mit eigenen Augen zu erblicken war kein Vergleich zu den geschriebenen Worten. Die Häuser ragten sicher doppelt so hoch wie die des Dorfes. Wohin Phyline blickte, tummelten sich Menschen in Hülle und Fülle. Inmitten der gewaltigen Stadt thronte der Palast empor, so groß und prachtvoll, dass Phyline ihn mit offenem Mund bestaunte. Sie musste dreimal vom Händler angesprochen werden, als dieser ihr mitteilte, dass sie ihr Ziel erreicht hatten.
„Jedem soll Heilung gewährt werden“ prangte auf einem Schild über dem Eingang des Kottenhauses. Sie trat ein und bat höflich um eine Audienz beim obersten Heiler. Meister Räblin war ein älterer Mann mit warmer Ausstrahlung. Auf ihr Anliegen in der Stadt studieren zu dürfen, prüfte er sie mit gutmütigem Blick.
„Mein Kind, bei uns ist jeder willkommen; jeder der Heilung sucht und auch ein jeder der danach strebt diese zu meistern. Doch die Lehren der Heilkunst sind unendlich und nur wenige vermögen ihrem Druck stand zu halten. Ob dir das möglich ist, liegt in den Händen der großen Florencia und des edlen Phaun. Wir werden sehen ob die Götter dir wohl gesonnen sind. Vielleicht möchtest du zunächst die Kranken pflegen und sehen, ob du hier deine Heimat finden wirst?“
„Seit Jahren sah ich die Arbeit meines Vaters, des Baders von Ganda. Seit Jahren weiß ich, dass dies mein innerster Wunsch ist. Den Menschen helfen und zwar mehr als einfache Baderaufgaben. Ich habe viel gelesen. Hier seht das Schreiben meines Vaters. Bitte verschont mich mit der Einsteigerarbeit. Ich weiß was mich erwartet. Ich bin bereit zu studieren, zu lernen, zu heilen.“
Ihr Gegenüber betrachtete sie kurz irritiert. Er nahm das Empfehlungsschreiben entgegen und begutachtete es kurz. Dann blickt er auf und lächelte.
„Nun gut.“ Sprach er warmherzig „Bildung steht in Jorsa jedem offen und so tuen es unsere Universitäten. Ich werde Sorge tragen, dass du die Möglichkeit zu studieren und einen Schlafplatz erhalten sollst. Außerdem wirst du uns hier regelmäßig assistieren. Reine Theorie bringt dich nicht weiter. Ich bin gespannt was das belesene Badermädchen zustande bringt und ob du den Erwartungen standhalten kannst.“
Die aufkeimende Heilerin aus Ganda entwickelte sich an der Universität von Jorsa schnell zu einer zarten Blüte des Heilwesens. Der Stoff fiel ihr leicht, einige Grundlagen hatte sie tatsächlich schon mitgebringen können. Regelmäßig arbeitete sie mit den Heilern und teils auch mit Meister Räblin selbst. Phyline war beliebt bei Kollegen, Mitstudenten und Patienten gleichermaßen. Dennoch blieb Phyline streng fokussiert. Ihre Freizeit war dem Studium und dem Streben nach akademischer Perfektion gewidmet. So lernte sie auch hier Menschen allenfalls oberflächlich kennen und sah wenig der Hauptstadt abseits von Universität, Bibliothek und Kottenhaus.
Die schwärzeste aller Nächte
3 Jahre war es nun her, dass Phyline sich den Heilern Jorsas angeschlossen hatte. Sie wollte sich gerade auf den Heimweg nach einem Besuch der Bibliothek machen, da vernahm sie eine Stimme hinter ihr rufen:
„Hey… warte kurz. Du bist Phyline richtig?“
Sie drehte sich überrascht und mit großen Augen um. Ein junger Mann eilte ihr hinterher, um sie aufzuhalten. Er war schlank, groß und hatte wildes, schwarzes Haar mit leichten Locken, die ihm frech ins Gesicht hingen. Seine Gesichtszüge waren markant und buschige Augenbrauen verliehen ihm einen ernsten Gesichtsausdruck. Phyline hatte ihn schon gesehen und von ihm gehört, gesprochen hatten sie noch nie. Sein Name war Florenius und er stammte aus einem bedeutsamen jorsanischen Adelshaus. Seine universitären Leistungen waren mehr schlecht als recht. Wenn man der Gerüchteküche Glauben schenken mochte, war er nicht aus freien Stücken, sondern auf Drängen seiner Familie hier und verbrachte seine Zeit lieber mit dem Umgarnen der Mitstudentinnen und Pflegerinnen.
„Ähm… Ja genau… Phyline“ stammelte sie als Antwort hervor. Er lächelte verschmitzt und blickte sie durchdringend an.
„Ein paar der anderen Studenten wollten sich heute Abend bei mit treffen und da hab‘ ich mich gefragt…“ Er macht eine kurze Pause und sah ihr direkt in die Augen „Ob du dich uns anschließen möchtest?“
Phyline blickte verlegen zu Boden um eine Pause von seinem Blick zu erhaschen. Noch nie war sie von anderen Studenten eingeladen worden, noch dazu nicht von jemandem der so beliebt und attraktiv war.
„Ich… habe heute Abend eigentlich keine Zeit. Ich meine… Ich weiß nicht. Eigentlich wollte ich lernen. Du weißt schon, Meister Räblin hat hohe Ansprüche an uns und demnächst…“
„Aber natürlich“ unterbrach er sie und lachte laut auf. „Was glaubst du denn was wir vorhaben? Natürlich wollen wir lernen. Meine Eltern haben mir seltene, geheimnisvolle Kräuter zukommen lassen, deren heilende Fähigkeiten nahezu unerforscht sind. Geerntet an den der Küste des Blutmeers und in den Höhen des Drachengebirges. Ich dachte das wäre auch für dein schönes, schlaues Köpfchen interessant.
In Phylines Kopf ratterte es wie die Räder eines Wagens, dessen Zugpferde gerade im gestreckten Galopp durchgegangen waren. Etwas in ihr sagte ihr, dass sie nicht zu den ihr völlig unbekannten gehen sollte, doch auch ihre Neugier auf neue Heilmethoden war geweckt. Zudem freute sie sich insgeheim, vielleicht das erste Mal soziale Kontakte zu knüpfen. Gegebenenfalls sogar etwas wie Freunde zu finden. Schließlich nahm sie ihren Mut zusammen, zwang sich zu einem Lächeln, welches selbstbewusst wirken sollte, und sagte zu.
In gedämmtem Licht schimmerte die Stube des Hauses, welches sie nach ihrem Klopfen betrat. Die Luft war dick, man konnte sie beinahe schneiden. Um einen langen Tisch saßen mehrere junge Burschen, manche mit jungen Frauen an ihrer Seite. Florenius saß am Kopf des Tisches Und blickte schmunzelnd auf als sie den Raum betrat. Phyline blieb im Türrahmen stehen. Kurz zweifelte sie an der Entscheidung herzukommen, doch bevor sie sich weitere Gedanken machen konnte, umarmte Florenius sie herzlich.
„Ich bin froh, dass du hier bist, Phyline. Setz dich zu uns. Das sind meine Freunde“
Er führte sie an den Tisch heran und wurde der Runde vorgestellt.
Der Abend schritt voran und gestaltete sich angenehmer als zunächst befürchtet. Zwar blieb Phyline recht still und zurückhaltend, allerdings wechselte auch sie ein paar nette Worte mit den anderen Gästen, stets unter dem wachsamen Blick von Florenius. Dass hier nichts studiert werden sollte, wurde Phyline bald bewusst. Sie kam sich dumm vor auf die Finte reingefallen zu sein, doch wo sie nun einmal hier war, versuchte sie wenigstens die gesellschaftliche Runde zu genießen.
„Danke für die Einladung Florenius. Ich muss mich nun allerdings auf den Heimweg machen. Ich werde morgen früh im Kottenhaus erwartet“ verabschiedete sich Phyline während sie aufstand.
„Du willst… schon nach Hause?“ erwiderte Florenius überrascht. Doch dann schmunzelte er wieder „Nun gut. Aber eine letzte Bitte habe ich. Trink wenigstens einen Schluck Wein mit mir. Den ganzen Abend hast du nur Wasser getrunken. Ein Schlückchen von einem der feinsten Tropfen Jorsas. Danach lösen wir die Runde sowieso auf.“
Widerstreben zeigte sich in Phylines Blick, doch Florenius zog sie an ihrer Hand zurück auf ihren Stuhl und blickte sie mit seinem verführerisch durchdringenden Blick an.
„Ich möchte lieber nach Hause“ versuchte Phyline sich aus der Situation zu lösen.
„Bitte – tu mir diesen einen Gefallen. Vorher lasse ich dich nicht gehen“.
Um der Situation zu entfliehen, willigte sie ein – nur ein Schluck sollte es sein. Florenius verließ den Raum und kehrte mit einem Tablett voll Getränke zurück, in Phylines Becher war tatsächlich nur ein fingerbreit eingeschenkt. Sie prosteten sich zu und leerten allesamt ihre Becher in wenigen Schlucken. Der Wein schmeckte süßlich-trocken und angenehm, doch wurde von einem sehr bitteren Nachgeschmack begleitet von dem sich Phylines Gesicht zusammenzog.
Danach verabschiedete sich die Runde. Während sich alle um den Hals fielen, war Phyline bereits schwindelig und leicht schlecht. Das musste die Wirkung des Weines sein, den sie nicht gewohnt war. Der junge Gastgeber hielt sie hinter sich zurück, während er sich vom Großteil der Gäste verabschiedete. Nur wenige der Burschen waren noch übriggeblieben, als sich Phyline von Florenius verabschieden wollte. Ihr war bereits so schwummrig geworden, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Sie blickte ihn an, versuchte noch Worte des Abschiedes herauszubringen, doch klappte dann wie ein Messer zusammen.
Die Erinnerung an das, was danach geschah ist flüchtig wie ein Schatten. Einzelne verschwommene und schemenhafte Bilder sind Phyline geblieben. Florenius, wie er oberkörperfrei vor ihr steht, den Weinbecher in der Hand. Lautes Männerlachen, ob nur von Florenius oder auch anderen vermochte sie nicht zu sagen. Sein verschmitztes, charmantes Lächeln war einem ekstatischen, beinahe wahnhaften Lächeln gewichen. Immer wieder das Bild von schwarzen Schemen, die sich über sie beugen, sie festhielten, berühren.
Die schattenhafte Gestalt riss ihr die Kleidung vom Leibe. Mit Händen und Füßen versuchte sie selbst in ihrer Trance ihn von sich abzuhalten, doch war ihm körperlich zu stark unterlegen. Sie spürte seine Hände an ihrem Hals und Körper, doch vermochte sich nicht dagegen zu wehren. Sie konnte seinen nach Alkohol stinkenden Atem riechen, doch vermochte nicht sich zu bewegen. Sie hörte einzelne Worte, eine Art Grunzen und versuchte zu schreien, doch brachte keinen Ton hervor.
Die nächsten Wochen vergingen wie ein Fiebertraum. Die Zeit flog einerseits dahin wie die Pegasi der Hymlianer und kroch doch so langsam wie die Schildkröten der Insel Ardéris. Florenius verhielt sich als sei nichts gewesen, seitdem sie splitterfasernackt neben dem schnarchenden Schönling erwacht war. Panisch hatte sie ihre Kleidung angelegt und war geflohen. An ihrem Hals klebten die Überreste von Erbrochenem. Ihr Körper war übersät mit blauen Flecken, insbesondere am Hals, der Brust und den Beinen. Es müssen Tage gewesen sein, die sie zusammengekauert und weinend in ihrem Bett verbracht hatte.
Phyline blieb vielen Vorlesungen fern und meldete sich immer wieder krank. Zu sehr schmerzten die Bilder der Nacht mit den Junggesellen. Wie konnte sie so naiv gewesen sein? Warum war sie nicht zuhause geblieben? Warum hatte sie den Wein nicht abgelehnt? Hatte sie ihm falsche Signale vermittelt? Die Gedanken der Schuld kreisten in ihrem Kopf und schienen kein Ende zu nehmen.
Zumindest schien Florenius sich keiner Schuld bewusst. Immer wieder blickte er sie aus der Ferne durchdringend an und lächelte arrogant, beinahe schadenfroh. Ein süffisantes „Hallo Phyline“ kam über seine Lippen wenn sie sich zufällig auf einem Flur begegneten, doch sie vermochte nur zu Boden zu blicken und ihren Schritt zu beschleunigen. Er schien nicht einmal zu ahnen welches Leid er ihr in der Nacht und darüber hinaus zugefügt hatte.
Einige Wochen vergingen, in denen Phyline nicht wirklich anwesend war, ihre Studien vernachlässigte und ihr Körper auf Automatismen zu beruhen schien. Doch sie vermochte es einen Entschluss zu treffen. Sie musste einen Schlussstrich ziehen. Zu sehr schmerzten die Erinnerungen, die jeder ihr bekannter Winkel der Reichshauptstadt hervorzurufen schien. Zu sehr litt sie unter all den schlaflosen Nächten, in denen sie schweißgebadet von den Bildern jener Nacht aufwachte. Zu sehr stach jede Begegnung mit Florenius in ihr blutendes Herz.
Ein Geist im Paradies
Phyline schaffte es auf dem Marktplatz der Stadt einen elfischen Händler zu überzeugen, sie mit seiner Karawane in die Stadt Shyána, tief im Urwald Kapayus, mitzunehmen. Er verlangte nur ein kleines Entgelt, doch Phyline hätte jeden Preis bezahlt. Sie verließ Jorsa, ohne auch nur einer Seele Bescheid zu geben. Nicht ihren Mitstudenten, nicht ihren Lehrmeistern, nicht den Heilern des Kottenhauses, nein nicht einmal ihren eigenen Eltern hinterließ sie auch nur eine Nachricht über ihren Verbleib.
Die Stadt in der Talsenke war das Schönste was Phyline jemals gesehen hatte. Umgeben von kristallklaren Seen, bunten Wiesen und brausenden Wasserfällen spiegelte sie mit ihren zarten, schlossähnlichen Gebäuden die ganze Anmut der elfischen Rasse wider. Die Universitätsklinik war gigantisch und kein Vergleich zum Kottenhaus in Jorsa. Phyline wurde auch hier, vor allem auf Grund ihrer Erfahrung, mit offenen Armen empfangen und für einen kurzen Moment schien es so, als könnte sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen.
Doch auch die Zeit und die neue Umgebung vermochten nicht die Wunden zu heilen. Phyline schaffte es zwar sich wieder mehr auf Arbeit und Beruf zu fokussieren, doch die Alte sollte sie nicht mehr sein. Ihr Strahlen schien wie verloren. Ihre warmherzige Art schaffte es kaum noch durch das Dickicht ihrer Seele zu blitzen. Vielmehr funktionierte Phyline. Noch mehr als je zuvor, verlor sie sich in Büchern. Ihre akademischen Leistungen waren brillant, doch schien sie keine Freude mehr darüber zu empfinden. Ihr Heilkünste waren so gut, dass sie bereits nach wenigen Wochen größtenteils eigenständig Patienten übernehmen und therapieren durfte, doch das Feuer das einst in ihr brannte, schien erloschen.
So verstrichen Jahre in denen Phyline versuchte ihren Schmerz in Arbeit und Büchern zu ertränken. Doch nichts davon verfügte über die Macht vergessen zu lassen.
Seit 3 Jahren verweilte sie mittlerweile in der Elfenstadt und war zu einem vollwertigen Mitglied der Universitätsklinik geworden. Viele ihrer Kollegen vernahmen sie als zurückgezogenen, aber annehmbaren Sonderling und schätzten ihre Fähigkeiten.
Die Bilder der Nacht mit Florenius plagten sie regelmäßig. Zumeist des Abends, wenn sie keine Ablenkung mehr durch Arbeit erlangen konnte, raubten sie ihr entweder den Schlaf oder suchten sie in eben diesem heim.
Als Phyline ein weiteres Mal nachts von ihren Albträumen aufschreckt war, erblickte sie sich selbst im Spiegel ihres kleinen Gemaches in der Klinik. Sie sah aus wie immer, trotzdem erkannte sie sich kaum wieder, schien kaum noch zu wissen, wer oder was sie überhaupt war. Tränen kullerten über ihre Wangen. Sie blickte sich um. Der Raum schien geschrumpft zu sein, geradezu winzig. Sie hatte den Eindruck die Wände kämen näher und es schien kaum Luft zum Atmen übrig zu sein. Hastig packte sie einige wenige Dinge zusammen und rannte. Raus aus der Universitätsklinik, raus aus der Talsenke Shyána Nelle mitten hinein in den Urwald Kapayu.
Warum? Das vermochte Phyline selbst nicht genau zu sagen. Bereits einmal hatte sie die Erfahrung machen müssen, dass Weglaufen nicht die Lösung ist, doch die Gefühle hatten sie übermannt und Phyline schien zu keiner rationalen Entscheidung fähig. Wohin ihre Beine sie tragen sollten, vermochten nur die Götter zu wissen.
Inventar:
- Wechselkleidung
- Ein medizinisches Lehrbuch
- Ein Lehrbuch der Pharmakologie
- Ein Almanach zur Bestimmung von Pflanzen
- 100 Fuchsmünzen
Keiner
Einstiegspost:
Verloren im Labyrinth des Urwaldes