Tagebuch eines Fremden

Viele Abenteuer haben sie schon erlebt, wichtige Entdeckungen gemacht, die Reisenden oder Abenteurer Celcias. Hier haben sie ihre Tagebücher hinterlegt, ihre tiefsten Geheimnisse und Gefühle niedergeschrieben.
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Omniel
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Tagebuch eines Fremden

Beitrag von Omniel » Freitag 31. August 2012, 01:39

Vor euch liegt ein kleines, unscheinbares, in Leder gebundenes Buch. Seine Oberfläche ist abgegriffen, die gegerbte Tierhaut ist an den meisten Stellen ausgebleicht und rissig. Weder der Deckel, noch der gebrochene Buchrücken geben Auskunft über den Inhalt des so arg mitgenommenen Folianten. Ihr streckt die Hand danach aus, haltet jedoch inne als euch ein merkwürdiges Gefühl übermannt. Dieses Buch ist nicht dafür gedacht von euch gelesen zu werden. Einen Moment lang tobt ein Kampf zwischen Neugier und der Vorahnung, dass die Worte auf den Seiten dieses Schriftstücks womöglich Spuren in euch hinterlassen werden. Nach langem hin und her siegt jedoch die Neugier und eure Finger streichen behutsam über das speckige Leder.
Vorsichtig öffnet ihr das Buch und beugt euch ein wenig nach vorne, um die erste Seite in Augenschein nehmen zu können. Ihr stutzt als ihr in das Gesicht einer jungen Frau blickt. Die Zeichnung ist so detailliert und liebevoll zu Papier gebracht worden, dass ihr einen Moment glaubt durch ein Fenster zu sehen. Ihr Lächeln wirkt so lebensecht und ihre schulterlangen Haare scheinen sich sanft im Wind zu bewegen. Ihr Blick ist in die Ferne gerichtet, ihre Hand nach etwas ausserhalb des Bildes ausgestreckt. Etwas oder jemanden.
Euch wird klar, dass diese Person dem Zeichner sehr viel bedeutet haben muss. Euer Blick fällt auf die Worte unterhalb des Bildes. Sie sind in einer leicht krakeligen Handschrift geschrieben, doch sind sie celcianisch, was euch ein erleichtertes Lächeln über das Gesicht huschen lässt. Es verschwindet jedoch sofort wieder als ihr die Bedeutung der Worte realisiert und eure Vermutung bestätigt wird.


Nur wer vergessen wird, ist tot.
Du wirst leben Aleen. Du wirst leben...


Einen Moment überlegt ihr das Buch beiseite zu legen. Die Vergangenheit ruhen zu lassen. Doch da blättert ihr schon zur nächsten Seite und lasst das Gesicht der Verstorbenen hinter euch zurück. Ihr wollt eine Erklärung, eine Antwort auf die Fragen die euch nun auf Seele brennen. Ihr sucht sie in den Zeilen vor euch.

Kurz bevor sie mich und Vater verließ, hat mir Mutter von ihrem Tagebuch erzählt. Als ich sie darum bat, mir etwas daraus vorzulesen hat sie mich nur schief angesehen und gelacht. " Ein Tagebuch ist nicht dafür da Geschichten daraus vorzulesen. Nur derjenige, der es schreibt, soll es auch lesen dürfen " Ich erinnere mich noch wie merkwürdig ich den Gedanken fand. " Was nützt es denn ein Buch nur für sich selbst zu schreiben? Alles was man da hineinschreibt weiß man doch sowieso schon! " Sie hat mich dann ganz ernst angesehen und ist mir mit der Hand durch die Haare gefahren. " Manchmal hilft es wenn du jemanden hast, den du dich voll und ganz anvertrauen kannst, dem du deine eigene Geschichte erzählen kannst. Auch wenn es nur ein Buch ist... "

Ein Tagebuch. Etwas in der Richtung habt ihr schon erwartet. Die Tatsache, ein Schriftstück voller Erinnerungen vor euch zu haben, weckt die verschiedensten Gefühle in euch. Ihr ignoriert sie aber, im Moment wollt ihr nur mehr über denjenigen erfahren, dessen Schrift die Seite vor euch füllt.

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