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von Erzähler » Sonntag 30. Oktober 2011, 18:56
Die junge Elfe war ebenfalls froh darüber, endlich ein Theme zum Reden gefunden zu haben, das sie ablenkte von der Kälte, dem leeren Gefühl in ihrem Magen und der Erinnerung. Auch wenn ihr bewusst war, dass dieser Zustand nicht lange anhalten konnte und würde, war es wohltuend, das wenigstens für kurze Zeit zu genießen.
Außerdem hatte er ihre Neugier wecken können, denn bisher hatten sie noch keine freie Minute gehabt, über seine Vergangenheit zu sprechen, jene, die vor der Begegnung mit den Soldaten der Dunklen Armee stattgefunden hatte. Dass diese ebenfalls ein sehr trauriges Kapitel beinhaltete, war ihr nicht bekannt, sonst hätte sie womöglich nicht nachgebohrt und mehr Rücksicht genommen. So allerdings gab es nichts, das ihre Fragen dämpfen würde.
Obwohl es leider nicht lange anhielt, da er sich seinerseits natürlich für den Zentauren interessierte. Ob das normal für Menschen war? Konnte es sein, dass sie einen Kontakt mit solch einem Wesen nicht so leicht für möglich hielten, dass er sich jetzt lieber darüber unterhielt als sie? Für Danika war es nicht wichtig, was genau Velten war, sondern nur wie er sich ihr gegenüber verhielt. Und derzeit war er hilfsbereit, sodass sie nicht gerne darüber sprach, dass er ihr eigentlich nicht ganz geheuer war. Womöglich spielte da einfach noch der anfängliche Moment ihrer Begegnung mit, dass er einen Pfeil auf sie als Waffe gerichtet hatte. Wie auch immer, sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil es obendrein in seiner Abwesenheit geschah.
Da beschäftigte sie sich viel lieber mit dem Feuer, dessen wohltuende Wärme sie erreichte, als Allrick es endlich geschafft und entzündet hatte. Wenngleich es noch klein und keineswegs ausreichend war, war sie ihm allein dafür dankbar.
Die niedrigen Flammen spiegelten sich in ihren Augen wider und zauberten Leben hinein, das daraus durch die Gefangenschaft einstweilen noch verschwunden war. Vielleicht würde sie es mit viel Zeit wieder gewinnen, doch derzeit war daran natürlich noch nicht zu denken, zu tief steckte ihr all das noch in den Knochen.
Als er sie zu ihren Kräutern befragte, gab sie bereitwillig Auskunft und tatsächlich, im ersten Atemzug glaubte sie, er meinte das ernst. Dann aber war da sein Augenzwinkern und das löste in ihr etwas, was sich gleich darauf wieder tief in ihrem Unterbewusstsein vergrub. Sie war früher immer freundlich und zeitweise auch ein Schelm gewesen. Das zeigte sich flüchtig, als sie mit einem Hauch von Grinsen spöttelnd erwiderte:"Ich tue das nur, um ein Reittier zu bekommen."
Daraufhin war es jedoch auch schon wieder fort und sie seufzte lautlos. "Ich hoffe, sie reichen aus, bis ich mehr davon gefunden habe. Zu dieser Jahreszeit wächst das leider nicht in den Maßen, wie es deine Wunden bräuchten.", fügte sie, wieder ernst, hinzu.
Bei seiner nächsten Frage sah sie ihn, unschuldig und unbedarft wie ein kleines Kind den großen, welterfahrenen Onkel, an und schüttelte den Kopf. Nein, so ein Wort kannte sie nicht, allerdings zeigte der Ausdruck ihrer Augen, dass sie mehr drüber hören würde.
Was er auch zu verstehen schien, denn er erzählte weiter. Wobei sie das Gefühl hatte, an etwas gerührt zu haben, dass sie besser hätte ruhen lassen. Sie blinzelte vor Unverständnis und beobachtete ihn, wie er sich kurz entfernte.
"Willst du denn nicht zu deiner Frau zurück? Wenn du weißt, wo das ist, kann ich im Wald dich gerne führen, da kenn ich mich aus.", schlug sie vor und blinzelte erneut, als er seinen vorigen Satz wiederholte.
Den Kopf legte sie leicht schief und sah ihn fragend an, was diese Worte bedeuten sollten. Sie wusste noch zu wenig von ihm, als dass sie die richtigen Schlüsse hätte ziehen können.
Bei seinem Vorschlag indes nickte sie. "Ja, warten wir, vielleicht fängt er ja was, weil Phaun uns gnädig ist.", erwiderte sie und hoffte gleichzeitig, dass Velten keinen Erfolg hätte. Sie war sich nicht sicher, ob sie derzeit ein totes Tier im Ganzen sehen könnte.
Indes hatte auch der Vogel einen Fehler gemacht und sich zu sicher auf seinem Ast gefühlt, seinem Konkurrenten überlegen, dem er die Beute stibitzt hatte. So wurde er durch den ersten Pfeil aufgescheucht, wollte sein Fressen trotzdem nicht hergeben und kam dadurch nicht rasch genug in die Luft. Das Ergebnis war ein Zusammenprall durch den Treffer des zweitens Pfeils mit dem Baumstamm. Das Tier kreischte auf und fiel verletzt zu Boden, wo er benommen vorerst liegen blieb. Velten hätte ihn problemlos aufsammeln, ihm das Genick brechen und mit einer doppelten Beute zum improvisierten Lager zurück kehren können.
Doch sobald der große Schatten auf ihn fiel, versuchte der Vogel instinktiv zu entkommen. Nur konnte er das mit seinem gebrochenen Flügel naturgemäß nicht und bewegte sich eher hoffnungslos ungelenk, denn wirklich effektiv. Außerdem krächzte er, als könne er mit seiner Stimme den Feind verscheuchen.
Noch lauter wurde er dabei, als dieser es wagte, ihn zu schnappen. In Todesangst, die er in Aggressivität umzuwandeln versuchte, wollte er sich wehren und hakte nach dem Arm, den er erreichen konnte. Der Schnabel war spitz und ritzte die Haut zwar, tiefer konnte er aber nicht dringen, dazu war der Griff an seinen Beinen zu hinderlich.
Er wurde geschüttelt und versuchte wieder, mit seinen Flügeln endlich wegzufliegen, ohne Erfolg.
Der Zentaur erhob sich und nach einem weiteren Probieren, ihn zu verletzen, wurde auf einmal sein Schnabel zugehalten und ihm angedroht, hier liegen gelassen zu werden. Böse funkelte der Vogel den größeren Jäger an.
Jedoch... was war das? Das wirkte wie ein typisch, weiblich-empörter Blick, erinnerte fast an jenen von Veltens Gefährtin, wenn dieser etwas in ihren Augen Wichtiges vergessen oder zu spät erledigt hatte. Das war garantiert Unsinn und trotzdem... der Eindruck blieb bestehen und wirkte schließlich sogar beleidigt, schmollend.
So ging es also in Richtung Lager zurück, vorbei an der noch leeren Schlinge und mit einem Vogel, dessen Schnabel zugehalten werden musste und der dennoch leise Töne von sich gab, die bei einem sprechenden Wesen durchaus wie Beschimpfungen und Flüche hätten klingen können.
Die junge Elfe wartete noch auf eine Antwort ihres Begleiters, als hinter ihnen plötzlich die Stimme des Zentauren ertönte. Beide wandten sich um und Danikas Augen wurden groß, als sie den noch immer beleidigten Vogel in den Händen des großen Mischwesens sah. Wie festgefroren saß sie da und starrte ungläubig auf das halb zu erkennende Gesichtchen.
Erst, als Velten sich nieder gelassen hatte, sprang sie auf und eilte zu ihm, um vor ihm auf die Knie zu fallen und sich nicht darum zu kümmern, dass sie sich dabei die Haut leicht aufschürfte.
"Bei Florencia, Liya! Was ist denn dir passiert?", keuchte sie.
Der Vogel krähte unterdrückt und schlug mit den Flügeln. Wobei der Gebrochene seltsam grotesk bei der Bewegung aussah, sodass die junge Elfe blass wurde und dem Zentauren erschrocken ins Gesicht sah.
"Was ist mit ihr passiert?", wiederholte sie, fast schon flehend, ihr zu sagen, dass nicht er daran schuld wäre. Während sie die Hände ausstreckte und Liya an sich nehmen wollte, um sich selbst darum zu kümmern.