In seinem wachsenden Größenwahn abgelenkt, gelang es Windfuchs schließlich auf Asgars Befehl hin anzugreifen. Er und der Dunkelelf verwickelten sich in einen heftigen, aber kurzen Kampf, aus dem Letzterer leider als erfolgreich Fliehender heraus ging. Nicht gerade etwas, das spurlos am Stolz eines Mannes dieses Volkes vorüber zog, aber es war dem eigenen Ende in jedem Fall vorzuziehen. Der Anführer entkam, Windfuchs zog sich eine Verletzung zu. In seinem pelzigen Fuchsgesicht klaffte ein langer Schnitt. Doch trotz seines gellenden Aufschreis war es ihm noch gelungen, Celest vor einem heran fliegenden Dolch zu retten. Dieser Hybrid steckte noch immer voller Geheimnisse. Auch er wäre für die Armee der Dunkelelfen ein gefundenes Fressen. Seine Fähigkeiten überstiegen jene der meisten Kämpfer, gegen die er und Asgar bereits angetreten waren.
Windfuchs erhob sich aus seiner tiergleichen Haltung. Nun konnte Celest ihn das erste Mal richtig mustern. Er besaß einen athletischen, agilen Körper, der zwar die Haltung eines Humanoiden – eines Menschen oder Elfen vielleicht – aufwies, jedoch sonst nicht mehr viel mit Zweibeinern gemein hatte. Windfuchs, sein Name passte zu seinem Äußeren. Er war schnell wie der Wind, das hatte die Schlangenhybridin bei seinem eben gezeigten Sprung mit Sicherheit feststellen können. Sein gesamter Körper hüllte sich in einen kurzhaarigen Fuchspelz von rotbrauner Farbe. Die Schwanzspitze, sowie einzelne Stellen waren weiß, die Pfoten oder Hände und Füße wiesen dunkle Töne auf. Er besaß typische Fuchsohren, an deren Größe wie auch am Glanz seines Fells darauf schließen ließ, dass er jung war. Kein Kind mehr, aber der Herbst seines Lebens lag noch weit vor ihm.

Windfuchs kehrte zu Asgar zurück. Er nahm vor ihm Aufstellung. Sein Blick war derselbe wie immer: es fehlte Emotion. So schauten Augen, die zu zerschlagenen Seelenspiegeln geworden waren. Es herrschte Dunkelheit in ihnen, dennoch flackerten sie leicht von Leben. Sie suchten sich einen Orientierungspunkt zum Fixieren. Nur der Blick eines Toten besaß mehr Leere.
Windfuchs streckte seine Hand aus. Er überreichte Asgar den gefangenen Dolch. Auf seine Verletzung ging er mit keiner Silbe ein, obwohl ihm das Blut das Fell noch röter färbte und rechts von seiner Schnauze tropfte. Er schien zu ahnen, dass Asgar ihm nicht helfen konnte, also behelligte er ihn nicht.
Asgar entschied sich, seinerseits auch keine Hilfe bei dem Hybridin bezüglich seiner Verletzung zu suchen. Sie brauchten einen Heiler. Seine Rippen schmerzten, dass es bei jedem Schritt heftig durch seinen Rumpf zog. Er musste sich langsam bewegen, damit er überhaupt vorankam, ohne dass es qualvoll ziepte, brannte oder zog. Kämpfen konnte er so nicht mehr. Der Schwur, Dorchas Leben zu nehmen, würde aufgeschoben werden müssen.
So standen sie einander nun gegenüber: ein Nachtelf, ein Fuchshybrid an seiner Seite und diese riesige Schlangenfrau. Ein seltsames Trio, doch im Gegensatz zum dunklen Volk versuchten sie nicht, einander anzugreifen. Das war doch schon einmal etwas – jedoch zu viel für Celest. Die eingekehrte Ruhe gab ihrem Körper die Möglichkeit, die Erlebnisse auf seine Weise zu verarbeiten. Schon schwand sie zum Wasser, um ihren Mageninhalt der seichten Strömung zu übergeben.
Anschließend näherten sie einander aber doch noch einmal etwas an. Fuchs und Schlange beäugten sich. Obwohl Windfuchs keine Reaktion zeigte, entlockte sein Anblick gewissermaßen Sympathie in Celest. Auch er war irgendwie ein Monster, wenngleich keine gewaltige Schlange. Auch er hatte vielleicht Probleme, doch schien er sie besser im Griff zu haben als sie selbst. Immerhin reiste er mit einem Nachtelfen durch die Lande. Vielleicht könnte er Celest zeigen, wie man die Bestie in sich zurückhielt, um sich menschliche Züge zu bewahren. Andererseits zeugte Windfuchs nicht gerade von Emotionen. War dies nötig, um es auszuhalten? Musste man seine Seele opfern für ein Leben unter anderen?
Während sich sein Meister und die gerettete Schlangendame unterhielten, zeigte sich Windfuchs für die Umgebung aufmerksam. Es wäre wirklich besser, eine andere Stelle aufzusuchen. Vielleicht kehrten bald mehr Dunkelelfen hierher zurück. Aber es gab da noch den bewusstlosen Gefesselten, ein Stück abseits vom Wald. Möglicherweise ließen sich aus ihm Informationen heraus kitzeln. In jedem Fall sollten Asgar und Celest ihr Gespräch auf einen anderen Zeitpunkt verlagern und auch der Versorgung ihrer Verwundungen sollte eine höhere Priorität zugestanden werden.






