Das Versteck der Anderen

Jeder weiß, dass sich das geheime Versteck in der Stadt selbst befindet, aber nur Mitglieder der Wüstendiebe kennen den Weg dorthin. Niemand weiß, wo man suchen muss und bisher blieb diese Gemeinschaft unentdeckt.
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Erzähler » Samstag 4. Januar 2025, 04:11

Dunias Worte brachten Madiha zum Nachdenken. Bei ihrem tumultartigen Abschied damals hatte sie die heilkundige Wüstendiebin in einem seltenen Moment der Schwäche erlebt. Denn obwohl Dunia sich nie wieder von einem Mann abhängig machen wollte und so ihre Chance ablehnte, Caleb näherzukommen, hatte sie nach der kurzen Auseinandersetzung mit ihm und seinem anschließenden Verschwinden geweint. Sie besaß Gefühle für ihn, das ließ sich nicht abstreiten. Sie würde ihnen nur nicht nachgeben. Wie sähe es jedoch aus, wenn plötzlich Konkurrenz herrschte, vor allem wenn es Madiha war? Zweifel suchten sich einen Platz, um sich bei Madiha einzunisten. Sie fanden keinen. Sie wusste, wie Caleb zu ihr stand und dass es für ihn keine andere mehr geben würde. Außerdem hatte Corax-als-Dunia ihr damals auf der Blauen Möwe versichert, dass die echte Dunia es ihr nicht übel nähme. Hatte er Recht? Beim Gedanken an ihren dunkelelfischen Freund spürte Madiha erneut ein seichtes Stechen in der Brust. Es machte nun einmal einen Unterschied aus, ihn irgendwo in Andunie zu wissen oder eben ... vermuten zu müssen, dass er nicht mehr lebte.
Bevor ihr das Herz zu schwer werden konnte, ließ sie sich vom Gespräch zwischen Dunia und Kjetell'o ablenken. Der Elf war so unglaublich stolz auf sie! Es fühlte sich fast unangenehm an, denn was hatte Madiha schon getan? Sie hatte ihr Feuer geopfert, um Sarma zu retten. Nein, um auch jene der dunklen Völker zu retten, die gar nicht Krieg führen wollten.
"Es ist nicht mein Verdienst, dass er das Feuer auf diese Weise nutzt."
"Oh doch, ist es", hielt der Elf dagegen. Dunia unterbrach beide nicht, sondern beobachtete das Gespräch nun ihrerseits aufmerksam.
"Er hätte genauso gut alles verbrennen können..."
"Hätte er nicht", entgegnete Kjetell'o. Er lächelte nicht nur sanft, sondern grinste geradezu. Er war so stolz!
"Ich habe recht unüberlegt gehandelt und es ist einfach nur ... gut gegangen ... reines Glück eben."
Der Shyáner wusste, wie ungern Madiha sich berühren ließ, aber dieses Mal konnte er es nicht zurückhalten. Er setzte die Tasse ab und seine Hand fuhr zu ihrer Brust, dass selbst Dunia sich für einen Wimpernschlag versteifte. Die Geste lag jedweder Obszönität fern. Kjetell'o legte seine Hand flach über Madihas Herz. "Möglicherweise hat dir jemand das Glück vererbt, dem ich versuchte beinzubringen, es aus seinem Leid zu schöpfen. Ein schöner Gedanke und ein kostbares Erbe, meinst du nicht? Aber es war dein Umgang mit deinen Kräften, die dazu führten, dass dem Drachen keine Wahl blieb. Das Feuer hätte sich von ihm abgewendet. Wir sind alle nur Gefäße für die celcianischen Mächte und können sie nur bitten, sich von uns führen zu lassen. Nur die besten Magier begreifen das." Sein Blick ruhte auf ihr. Er hatte schon eine Weile zuvor Madiha hohe Potenzial zugesprochen. Dass sie darüber hinaus auch verantwortungsvoll mit ihrer Gabe umging, schien für Kjetell'o ein zusätzlicher Sieg. Jemanden wie Azura würde er wohl niemals auf diese Weise anschauen, obwohl sie sein eigen Fleisch und Blut war. Aber die Andunierin verstand nicht, was Madiha längst aktiv umgesetzt hatte. Mit ihrer Magie wäre Sarma unter dem Flug des Drachen nicht verschont geblieben. Dass der Geschuppte nun aber nach seiner Tat noch immer in der Nähe der Wüstenstadt blieb, wunderte nicht nur Dunia. Auch Madiha fragte sich, warum er sich noch nicht auf die selbst angekündigte Brautschau begeben hatte. Erwartete er noch etwas? Vielleicht wollte er sich bedanken oder ihr nur mitteilen, dass ihr Feuer nun bie ihm bleiben würde, auch wenn sie damit schon abgeschlossen hatte. Vielleicht lag der Grund auch ganz anders. Neugier durchfuhr den Leib der Sarmaerin. Sie hatte nun drei Nächte und zwei Tage durchgeschlafen. Sie war ausgeruht und erholt wie lange nicht mehr. Körper und Geist verlangten nach Aktivität!
Auch Kjetell'o schien das zu bemerken, denn er fragte kurzerhand, wonach ihr der Sinn stand. Madiha überlegte. Dabei schaute sie sich suchend nach Caleb um, den sie in den Verhandlungen vermutete. Er befand sich nicht im Raum. Wenn er sich mit anderen Wüstendieben unterhielt, dann musste es jenseits des Türbogens mit dem Vorhang befinden. "Ich würde gerne nach oben gehen und ... es selbst sehen. Ich muss sehen, was aus Sarma geworden ist ... wohin es jetzt geht ... vielleicht muss ich mich verabschieden, ich weiß es nicht."
Dunia deutete zum Vorhang, den Madiha eben noch flüchtig ins Auge genommen hatte. "Dir stehen alle Wege offen, aber erwarte nicht zu viel. Die meisten sind mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Nur die Plünderungen sind endlich vollkommen unter Kontrolle. Ist das nicht seltsam?" Dunia schnaubte. "Da gibt es jede Menge Zivilisten zu versorgen, aber die Sarmaer Wache hat nichts Besseres zu tun, als durch die Straßen zu patrouillieren und darauf zu achten, dass die ... Neuzugänge Sarmas nichts stehlen."
"Sie suchen etwas Vertrautes im Alltäglichen. Auch ihre Seelen müssen verarbeiten", legte Kjetell'o ein Wort für die Wächter ein. Das schien Dunia zu überzeugen. Sie nickte und sprach es nicht erneut an.
"Redet der Drache denn mit euch? Mit mir hat er kurz geredet ..."
Dunia und Kjetell'o tauschten kurze Blicke. Dann wandte die Diebin sich wieder an Madiha. "Mit uns beiden im Speziellen nicht, aber wir hatten auch keine Gelegenheit." Sie straffte ihre Haltung etwas. "Von den Sarmaer Bürgern forderte er jedoch Nahrung und Wasser. Beides hat er bereits am Ende des ersten Tages nach dem Krieg erhalten. Trotzdem ist er noch hier. Er befindet sich vor der Stadt an einer kleinen Oase, an der man sonst die Kamele tränkt."
"Vielleicht kann ich ihn fragen, was er noch in Sarma braucht?"
Dunia nickte: "Du hast ihm deine Feuermagie überlassen. Er dürfte dir somit zugänglicher sein. Versuche es ruhig, wenn du dich bereit fühlst."
"Ich möchte mitkommen. Ich habe nicht viel von dem Drachen erlebt und wenn er uns nicht frisst, würde ich ihn gern aus der Nähe sehen", mischte Kjetell'o sich ein. Er drückte seinen schlanken Körper bereits in den Stand. "Selbst wir langlebigen Elfen bekommen nur selten einen Drachen zu Gesicht." Er wollte sich die Chance nicht entgehen lassen. Dunia willigte stumm ein. Sie hob allerdings einen Finger an: "Nehmt Caleb auch mit", riet sie. "Falls etwas passiert." Dann deutete sie erneut zum Vorhang. Es war klar, dass sie nicht selbst mitkommen würde. Das konnte sie in ihrem Zustand möglicherweise auch nicht mehr so gut wie früher. Wichtiger aber war es, dass sie ihre Patienten nicht im Stich lassen konnte. Für Dunia waren die Zeiten einer Wüstendiebin vorbei, die auf Missionen wie Einbrüche ausging. Sie würde sich um jene kümmern, die nicht ganz so erfolgreich davon zurückkehrten.

Madiha und Kjetell'o hingegen würden niemals Wüstendiebe sein, obwohl sie sich mitten unter ihnen befanden. Das verdankten sie Caleb als Mitglied und jenen suchten die beiden nun auf. Kjetell'o lüftete den Vorhang, so dass sie beide hindurch huschen konnten. Bereits dahinter tat sich ein unterirdischer Raum mit zahlreichen Abzweigungen auf. Er war wie ein Sammelknoten und es existierten diverse Sitzmöglichkeiten wie Teppiche und runde Sitzpolster mit fransigen Quasten an den Seiten. Für jene, die sich hier ausruhten, boten die Wüstendiebe neben Wasserpfeifen auch Tee und Schalen mit diversen Sarmaer Speisen an. Auch Kaffee musste gereicht werden, denn das angenehme Aroma gerösteter Bohnen lag in der Luft.
Auf den meisten Sitzgelegenheiten sammelten sich kleine Grüppchen, die nach Geflüchteten aussahen. Unter ihnen befanden sich sogar Goblins und Dunkelelfen. In einer Nische genoss ein Ork seinen ersten Zug von einer Wasserpfeife. Er verschluckte sich und brachte so einige alte Veteranen unter den Sarmaer Rauchern zum Lachen. Durch die zahlreichen Gänge huschten vor allem aber Mitglieder des Bundes. Teilweise trugen sie Pyjamas wie Madiha, teilweise simple Gewandung wie Kjetell'o. Nur wenige von ihnen waren offen so gekleidet, dass man ihnen die Profession eines Einbrechers, Schmugglers oder gar Assassinen zuweisen würde.
Und in einer anderen Nische, halb verdeckt von einigen braunen Seidenvorhängen, stand Caleb umringt von einer Gruppe aus Wüstendieben in eben jener Meuchler-Montur und diskutierte mit ihnen. Sie alle hatten die Arme vor der Brust verschränkt oder zumindest in die Hüften gestämmt. Caleb hingegen gestikulierte recht großzügig. "Er kommt zurecht", kommentierte Kjetell'o. "Seine Hand fährt kaum durch das Haar und gar nicht in den Nacken." Auch der Elf hatte beide Gesten bereits erfolgreich als Zeichen von Nervosität bei Madihas Liebsten erkennen können. "Holen wir ihn dennoch aus der brenzligen Lage heraus. Er kann immer noch verhandeln. Jetzt muss er uns vor einem Drachen ... beschützen." Der Shyáner gluckste.
Als er und Madiha sich der Nische näherten, konnte zumindest sie einige Wortfetzen erhaschen. Kjetell'o würde sie erneut nicht verstehen.
"... mein Wort als Dieb darauf. Und wenn nicht, dann kann ich immer noch mit meiner Heimat Kontakt aufnehmen."
"Deine Heimat? Andunie, eh?"
Caleb nickte. Die Diebe tauschten skeptische Blicke aus. "Ich weiß nicht, Caleb. Du bist eigentlich 'n anständiger Kerl, von deinen Schulden abgesehen. Aber 'n adliger Spross aus Andunie? Wirklich? Deine Geschichten waren schon einmal besser."
"Mir ist's gleich, was'de bist, solange wir endlich ausgezahlt werden. Der verdammte Krieg hat all meine Rücklagen gefressen, ansonsten würde ich dir ja mehr Zeit einräumen."
"Keine Sorge, Ahmed. Ich zahle euch aus, jeden von euch. Ich laufe nicht mehr davon."

Wieder tauschten die anderen Diebe zweifelnde Blicke aus. Caleb aber fuhr sich nicht durch die Haare. Er stand da, fest entschlossen. Madiha kannte ihren Dieb. Etwas an ihm hatte sich verändert. Sie durfte ihm ruhig glauben, dass er sich dieses Mal nicht aus dem Staub machen würde. Andunie, der Tod seines Vaters, das Schicksal seiner Mutter und wohl auch nicht zuletzt sein Erbe als van Tjenn entwickelten in Caleb eine neue Form von Verantwortungsbewusstsein. Der Dieb, der Sarma Hals über Kopf verlassen hatte, war nicht mehr. Hier stand ein Kapitän, ein Andunier, ein Tjenninger ... und jemand, der Madiha nicht in Gefahr bringen wollte, indem er erst handelte und anschließend in Reue nachdachte.
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 6. Januar 2025, 08:15

Es würde ihr vermutlich nie leichtfallen, ihren Wert zu erkennen. Man hatte Madiha im Glauben aufwachsen lassen, dass sie ganz am Ende käme. Dass sie nichts zu einem guten Leben berechtigte, sie nichts in dieser Welt beizusteuern hätte. Niemand scherte sich um das, was ein Sklavenmädchen dachte, sagte oder wollte. Gleichwohl war Madiha bescheiden von Natur aus und stellte sich nicht gern in den Vordergrund. So war es wohl auch nicht verwunderlich, dass sie das Lob ihres einstigen Lehrers nicht annehmen konnte. Kjetell’o gab sich alle Mühe, dem Mädchen begreiflich zu machen, dass es ihr Verdienst war, wie Sarma nun unter einem Drachen da stand, aber sie lächelte nur milde. Sie sah es einfach nicht so. Und dass sie mit ihrer Magie so umgegangen war, war auch nur einem Impuls geschuldet. Sie hatte niemanden verletzen wollen… und jetzt? Jetzt war jemand tot, durch ihre Hand. Das Mädchen schaute einen Moment in den Tee und versank in andere Gedanken. Sie verdrängte ihre Tat noch immer. Kjetell’o riss sie plötzlich aus diesem ungesunden Gedankengut, als er sie berührte. Ihre Tasse zitterte kurz, weil sie sich erschrak. Aus großen, blaugrauen Augen sah sie ihn an, während er sprach: "Möglicherweise hat dir jemand das Glück vererbt, dem ich versuchte beinzubringen, es aus seinem Leid zu schöpfen. Ein schöner Gedanke und ein kostbares Erbe, meinst du nicht? Aber es war dein Umgang mit deinen Kräften, die dazu führten, dass dem Drachen keine Wahl blieb. Das Feuer hätte sich von ihm abgewendet. Wir sind alle nur Gefäße für die celcianischen Mächte und können sie nur bitten, sich von uns führen zu lassen. Nur die besten Magier begreifen das." Ihre Mundwinkel zuckten etwas. „Manche können sie auch unterwerfen, nicht wahr?“, murmelte sie und kaufen kurz auf ihrer Unterlippe. Sie dachte über seine Worte nach. Wie sie es immer tat. Für einen Moment wurde es ruhig, bis Kjetell’o sie nach ihren Bedürfnissen fragte. Madiha war sich nicht ganz sicher, aber sie wollte in die Stadt. Vielleicht konnte sie nun herausfinden, was sie anfangen sollte. Ohne Magie. Ohne Aufgabe. Sie wusste nichts über Stadtverwaltungen und käme auch nicht auf den Gedanken, einen Posten bekleiden zu wollen. Aber vielleicht fand sie in Sarma’s Gassen eine neue Bestimmung. Caleb brachte die Völker zusammen, mobilisiert die Massen. Sie ? Sie wollte schauen, ob sie noch etwas tun könnte und womöglich war sie für Dunia nützlich, wenn sie Verletzte aufspüren und zu der fähigen Heilerin brachte. Hier herumsitzen war jedenfalls nicht das, was sie nun gebrauchen konnte. Immerhin würden ihre Gedanken sie sonst gewiss einholen. Die Sarmaerin erklärte, wonach ihr der Sinn stand und Dunia nickte bestätigend. Auch die Kdee mit dem Drachen zu sprechen, stieß auf Gegenliebe, was Madiha innerlich aufatmen ließ. Nicht, weil nur sie mit diesem göttlichen Tier sprechen konnte… aber weil sie es versuchen konnte. Das war der einzige Grund. "Du hast ihm deine Feuermagie überlassen. Er dürfte dir somit zugänglicher sein. Versuche es ruhig, wenn du dich bereit fühlst."
"Ich möchte mitkommen. Ich habe nicht viel von dem Drachen erlebt und wenn er uns nicht frisst, würde ich ihn gern aus der Nähe sehen. Selbst wir langlebigen Elfen bekommen nur selten einen Drachen zu Gesicht."
Madiha stellte ihre Tasse zur Seite und erhob such ebenfalls. “Nehmt Caleb auch mit. Falls etwas passiert.“ Madiha dachte unweigerlich an die erste Begegnung mit dem Drachen und Unsicherheit flutete ihre Glieder. Vielleicht sollte sie doch lieber nicht…

Nun aber folgte sie Kjetell’o, als sie beide losging, um Caleb vor sich selbst zu retten. Madiha schlüpfte nach dem Elfen durch den Vorhabg und erinnerte sich schlagartig an ihr erstes Mal in diesen Tunneln. Als Caleb fast veraltet wäre. Als sie helfen wollte und alles darangesetzt hatte, dass er nicht starb. Als die Männer sie und den Halbtoten fanden… als sie… und als sie in den Unterschlupf kamen und Caleb wieder in Schwierigkeit geriet. Sie sah ihn in seiner dunklen Kluft, die ihm viel zu gut stand und umringt von Dieben, die sein Geld oder seinen Kopf wollten. Doch als sie nähertraten, da hörte sie die Worte, die auf Sendli gesprochen wurden. Madiha blieb stehen und lauschte. Sie war überrascht davon, wie souverän und ruhig er wirkte. Auch dem Elfen fiel es auf. Er war gar nicht nervös und das ließ Madiha einen Moment zuhören, anstatt gleich zu handeln. Als die Zweifel auf Seiten der Diebe nicht weniger wurden, trat Madiha allerdings vor. „Caleb“, rief sie ihn und machte auf sich aufmerksam. „Du kannst später dein Vermögen an den Mann bringen, wir haben etwas anderes zu tun“, forderte sie ihn auf und lächelte ihn mit Liebe im Blick an. „Er hält, was er verspricht aber jetzt brauchen wir ihn“, wandte sie such kurz an die Diebe und hatte sich derweil an Caleb herangewagt, um seine Hand zu greifen. „Ihr entschuldigt uns?“, fragte sie und zog leicht an Caleb’s Hand, damit er mitkam.
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 8. Januar 2025, 18:25

Was über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte täglich vorgehalten und eingetrichtert wurde, verschwand nicht gleich von heute auf morgen. Es brauchte mehr als nur Wochen. Den Besten gelang es wohl schon nach Monaten, alte Muster abzustreifen, aber um das eigene, antrainierte Denken von Falschlast zu befreien, konnte es Jahre in Anspruch nehmen. Manche schafften es nie. Damit Madiha mit diesem Problem und ihrem mangelnden Selbstwertgefühl nicht alleingelassen wurde, standen ihr ihre Freunde zur Seite. Sie selbst mochte oft nicht daran glauben oder ihre Bedürfnisse in den Hintergrund stellen, aber Elfen wie Kjetell'o oder Menschen wie Jakub und Caleb erinnerten sie regelmäßig daran, wieviel Wert sie besaß. Es waren auch nicht ihre Fähigkeiten oder Taten, die diesen Wert festlegten. Gewiss, mit Feuermagie könnte sie mehr erreichen und dass sie diese geopfert hatte, um Sarma zu retten, durfte nicht unerwähnt bleiben. Letztendlich aber war es ihr Charakter, ihre aufopferungs- und liebevolle Persönlichkeit, die Madiha ihren wahren Wert gaben. Vor allem, wenn man bedachte, wie stark sich diese entwickelt hatte in Anbetracht ihres Lebens. Anderen, denen man den Silberlöffel in die Wiege legte, zeigten oftmals einen mehr als schwachen Charakter. Sie brauchte nur an Azura zurückdenken, um einen Vergleich treffen zu können. Ob die Andunierin ihre Wassermagie, ihre Schönheit oder ihren Reichtum aufgeben würde, damit Andunie vor Krieg und einem Drachen verschont würde? Es war anzuzweifeln. Wahrscheinlicher konnte man behaupten, sie opferte all das nur, wenn sie und ihre Familie unmittelbar in Gefahr schwebten, den Status zu verlieren. Wieviele Azuras wohl eine Madiha aufwogen? Nein, so durfte man nicht denken. Jedes lebende Wesen besaß einen Wert. Madiha musste das nur zunächst erkennen oder sich in die Gruppe der Lebenden einreihen. Bisher stand sie aus ihrer Sicht nach wie vor am Rande.
Kjetell'os stolzer Blick lockte sie, einen Schritt über die eigens gesetzte Grenze zu machen. Der Elf erinnerte sie an ihren starken Charakter, an ihre Taten und was sie aufgegeben hatte, um Gutes zu tun. Er war so stolz, dass das Gold in seinen Augen wie im Wald veborgene Schätze funkelte. Und er ließ in seiner Geduld auch nicht nach, Madiha ständig aufmunternde oder motivierende Worte zu geben. So sah er allein in ihrem Umgang mit den nunmehr verlorenen Kräften, dass nur sie hätte Sarma auf diese Weise retten können. Denn sie besaß das Potenzial, mit dem sie eine wahrhaft glänzende Feuermagierin hätte werden können. Eine, die wusste, dass man die Kräfte in seinem Inneren respektierte und niemals ausnutzen sollte.
"Manche können sie auch unterwerfen, nicht wahr?"
"Gewiss", stimmte Kjetell'o zu. "Und jene können mächtig sein, Schaden anrichten, keine Frage! Aber sie werden niemals den Stand eines Magiers erreichen, der in Harmonie mit seiner Gabe lebt. Das lässt sie verbittern und nur mehr böse Taten anstellen. Die Lehre jeglicher Magierichtung ist es auch, das zu verhindern." Er tippte sich an die Stirn. "Magie beginnt im Kopf und endet hier." Seine Hand legte sich auf das eigene Herz. Er lächelte Madiha dabei an. Das waren die Lehren, die Shyáner Elfen vermittelten. Kjetell'o sah sie jedoch nicht als allgemein gegeben. Andere Kulturen besaßen andere Methoden. Möglicherweise nutzten Drachen die Magie-Arten sogar auf eine vollkommen andere Weise. Es weckte seine Neugier und deshalb wollte er Madiha begleiten, als sie verkündete, an die Oberfläche zu gehen und gegebenenfalls mit dem Feuerdrachen zu sprechen.
Zuvor sollten beide auf Dunias Bitte hin jedoch noch Caleb abholen. Jener verhandelte gerade mit einigen anderen Wüstendieben, die überlebt hatten und sich noch an Schulden seinerseits erinnerten. Sowohl Kjetell'o als auch Madiha fielen auf, dass Caleb ganz anders mit ihnen umging als üblich. Er wirkte nicht nervös, sondern zeigte sich verantwortungsvoll und souverän. Er dachte daran, welchen Schaden Madihas Herz nehmen könnte, wenn er nun wieder floh.
Das musste belohnt werden. Madiha entschied, ihren Dieb aus der Bredouille zu helfen, wenigstens für den Moment. Überraschend gewitzt trat sie an seine Seite und sprach ihn direkt an: "Caleb, du kannst später dein Vermögen an den Mann bringen, wir haben etwas Anderes zu tun."
Der Angesprochene wandte den Kopf und ein strahlen trat in seine Augen, dass über den blaugrünen Fjorden die Sonne aufging. Er lächelte breit und offen erleichtert. "Du bist wach!" Caleb ließ es sich nicht nehmen, Madiha sofort zu umarmen und ihr wenigstens einen flüchtigen Kuss zu schenken. Die Gläubiger verstummten und ... starrten. Das erregte erneut Madihas Aufmerksamkeit. Sie setzte das Spiel fort: "Er hält, was er verspricht, aber jetzt brauchen wir ihn. Ihr entschuldigt uns?"
"Ich bin bald zurück. Mit Glück begleiche ich die Schulden in wenigen Tagen. Ansonsten gebt mir Zeit, eine Nachricht an meine Mama zu schicken." Grinsend und Madiha im Arm haltend, denn die Hand zu halten reichte ihm nicht, spazierte er von dannen. Zurück blieben einige Männer, die in ihrem leeren Glotzen eher einer Gruppe Kamele glich.
"Na, da schau einer an!", sagte einer von ihnen und sein Nebenmann kratzte sich die Nasenspitze.
"Ich dachte, er ist Sarmas ewige Jungfer .. und jetzt hat er 'n Mädel an seiner Seite! Und küsst sie!"
"Tja, die Legende von Caleb, dem Dieb, der alles in die Hände kriegt außer einer Frau, ist wohl vorbei."
"Und was'n hübsches Mädel."
"Mhm, die Narben machen sie ... interessant."
"Ich weiß nicht"
, meldete sich der schmalste Mann in der Gruppe. Er trug lange Wüstengewänder wie Kjetell'o, wohingegen die übrigen eher nach Calebs diebischem Modestil gekleidet waren. Seine Kumpane schauten ihn fragend an und der Schlanke hob die Schultern. "Irgendwas stimmt mit der Kleinen nicht. Habt ihr nicht diese ... Aura bemerkt? Irgendwas an ihr ist unheimlich."

Von dem Gespräch bekamen Madiha und Caleb nichts mehr mit. Lediglich Kjetell'o schaute zurück, aber da er kein Sendli verstand, konnte er nicht auf den Inhalt des Gesagten eingehen. Ansonsten hätte es möglicherweise dazu geführt, anderweitig seine Neugier zu wecken. Nun jedoch kehrte er zur Ausgangslage zurück und schlenderte gemächlich hinter dem Paar her. Caleb drückte Madiha im Gehen leicht an sich. "Ich bin so froh, dass du endlich aufgewacht bist. Geht es dir gut?" Er musterte sie eine Weile und entschied, dass es wohl der Fall war. Dann lächelte er verliebt. "Du siehst gut aus."
Hinter den beiden schmunzelte Kjetell'o. Er freute sich darüber, dass für Caleb die Feuermagie nie ein Kriterium war, um Madiha zu lieben. Es gab andere, die eine Beziehung allein dafür eingingen oder nicht. Auch Caleb besaß einen wertvollen Charakter. Allerdings auch nach wie vor einen diebischen. "Wo wollt ihr hin?", fragte er die beiden und Kjet antwortete sofort: "An die Oberfläche. Madiha möchte die Stadt sehen und mit dem Drachen sprechen."
Caleb schaute sie an. "Sarma kommt überraschend gut damit zurecht, dass der Krieg plötzlich zu Ende ist. Es wird wenig über die Verluste geklagt. Vielmehr versucht man, die Trümmer zu beseitigen. Die dunklen Völker sehen sich in einer Art Bringschuld und packen an, wo sie können. Die Sarmaer beäugen es teils skeptisch. Manche behaupten, die Verlierer des Krieges würden sich nun anbiedern, um den Kopf nicht zu verlieren. Andere aber heißen die neuen Kulturen in ihren Reihen Willkommen. Wir Diebe beobachten ... und sehen über das Blut hinweg." Ein Grund mehr wohl, warum Caleb sich dem Bund damals angeschlossen hatte. Er legte keinerlei Wert auf Herkunft, Aussehen oder das Blut. Für ihn zählten Taten und eine davon heckte er gerade selbst aus.
"Ich wollte auch nach oben", begann er und erstmals fuhr Calebs freie Hand nun wieder gewohnt in den Nacken. Er spähte seitlich zu Madiha herüber. "Es sind zwei Tage und drei Nächte vergangen, seit ... naja ... seit du dich befreit hast." Caleb pausierte, musterte Madiha weiterhin. Schließlich blieb er stehen, dass Kjetell'o ungeschickt in seinen Rücken rempelte. Caleb erkundigte sich nur knapp nach der Unversehrtheit des Elfen, dann kam er unter einem Seufzen endlich zum Punkt. "Madi, ich weiß, dass dir das Haus nicht gefällt ... jetzt vermutlich noch weniger, nachdem wir im Garten dort ... naja, du weißt schon. Aber ich hab's beobachtet die beiden Tage lang. Niemand sonst geht dort ein uns aus. Die Wachen haben ihren Herrn im Garten entdeckt und die meisten von ihnen sind Hals über Kopf geflohen. Einige wenige haben sich noch an den offensichtlichen Schätzen bedient. Aber du kanntest ... ihn." Er nutzte bewusst nicht Khasibs Namen. "Er stellte nur offen aus, was entbehrlich war. Der Mann besitzt weitaus größere Schätze im Verborgenen und niemand hat sich dort bisher bedient. Du bist die letzte seines Hausstandes, die übrig ist." Caleb zuckte mit den Schultern. "Es gehört quasi dir, oder nicht? Also, wir müssten das Haus ja nicht zu unserem eigen machen, aber..."
"Du willst es plündern?", fragte Kjetell'o unverblümt und Caleb zuckte zusammen. Er grinste entwaffnend über die Schulter, konnte aber nicht verbergen, dass seine Augen dabei aufblitzten. "Wir könnten richtig viel abstauben ... und einen Teil davon, den wir nicht brauchen, weitergeben. Ich meine ja nur. Falls ihr beiden den Drachen lieber sehen wollt, dann gehe ich allein." Caleb wägte nochmal ab, brummte und schüttelte den Kopf. "Ich gehe so oder so. Aber falls ihr erst zum Drachen wollt ... meinetwegen. Bleibt zu hoffen, dass kein anderer meine Idee hat, sonst ist nichts mehr übrig."
Er schaute Madiha fragend an. Kjetell'o verschrankte die Arme und schaute zu Boden. "Einbrechen und plündern..."
"Lässt du jetzt etwa den Moralapostel raushängen, Elf? Nach all der Zeit?! Außerdem bist du auch kein unbeschriebenes Blatt. Du warst nicht in der Akademie zu Andunie, um dort nach deiner Tochter zu suchen!"
"Das ist richtig", gab Kjetell'o sich geschlagen. "Und diese Reichtümer vermisst niemand, wie ich das so sehe. Ihr würdet sie gut einsetzen. Ich füge mich Madihas Wunsch. Wenn ihr zuerst in das Sultanshaus wollt, folge ich euch."
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 11. Januar 2025, 07:50

Vielleicht würde es ihr irgendwann leichter fallen, sich nicht mehr als den Schatten zu sehen, den sie derzeit wahrnahm. Madiha zog sich lieber zurück, damit sie bloß nicht in einen negativen Fokus geriet. Sie hatte gelernt sich ganz still zu verhalten, denn dann bestand früher wenigstens die Chance, dass man einen Abend glimpflich davonkam. Jetzt aber war dieses Verhalten deplatziert und trotzdem stellte sie es nicht einfach wieder ab. Die Sarmaerin hatte in den letzten Wochen unwahrscheinlich viel erlebt, war weit gereist und musste sich mit vielem auseinandersetzen. Es war nur natürlich, dass sie der Verlust ihrer Kräfte wieder zurückwarf, da sie sich mit ihnen erheblich identifiziert hatte. Und gerade begonnen hatte, sich als etwas anderes zu sehen als die Sklavin. Madiha’s Opfer war auch ein Opfer ihres Selbstbewusstseins. Denn jetzt konnte sie nicht erkennen, was ihre Aufgabe sein würde. Ihr Zweck in der Welt. Sie sah nicht, wohin ihr Weg sie führen sollte, und versuchte dennoch tapfer weiterzumachen. Kjetell’o baute sie auf, aber er strahlte ohnehin immer eine Zuversicht aus. Das war offenbar seine Aufgabe. Dass er sie nun nicht enttäuscht verließ, rechnete Madiha ihm sehr hoch an und es half, den Verlust zu schmälern. Caleb hingegen hatte seine Aufgaben, die Madiha ihm auch nicht neidete. Er war dabei nicht nur Andunie zum Besseren zu führen, sondern vor allem jetzt auch Sarma und den Bund der Wüstendiebe zu verbinden. Madiha war sich sicher, als sie ihn mit den anderen Dieben reden sah, dass er bereits dabei war ganz andere Netze zu spinnen, die allen am Ende nützen und der Bevölkerung helfen würde. Caleb war jemand, der alle Seiten erreichte. Sie liebte ihn einfach dafür. Nur er schaffte eine Brücke zwischen Armen, wie ihr und reichen, wie Azura. Nur er konnte beiden Seiten vollkommen angstfrei entgegentreten und dabei auch noch charmant lächeln. Es war eine Gabe und Madiha spürte, wie die Erkenntnis darüber ihr Herz wärmte. Wo andere eine Kluft sahen, war Caleb derjenige, der Holzbretter besorgte.
Jetzt aber musste sie ihn vor sich selbst retten. Wie immer steckte er in finanziellen Verhandlungen und war drauf und dran Geld anzupreisen, das er gar nicht zur Verfügung hatte. Madiha trat mutig vor und blieb dieses eine Mal nicht im Hintergrund. Sie griff nach Caleb’s Hand und sprach ihn offen an. Wenn sie sich einer Sache sicher war, dann seiner Liebe zu ihr. Er hatte es so häufig beteuert, ihr viel öfter gezeigt und jedes Mal bewiesen. Sie konnte nicht mehr anders als ihm auch wahrhaftig zu glauben. Und deshalb traute sie sich auch, ihn einfach so mit ein paar Worten aus diesem Gespräch zu locken. Und es gelang. Seinen Kuss erwiderte sie mit einem Lächeln, ehe sie in seinem Arm die Runde verließ. Das nachfolgende Gespräch aber hörte sie nicht mehr, was vermutlich auch besser so war. Sie hätte sich sonst doch noch gefragt, ob sie nicht vielleicht am falschen Platz und Ort wäre aber Madiha ging die paar Schritte mit Kjetell’o und Caleb und merkte selbst, wie sie aufatmen konnte, je weiter sie von den Dieben wegkamen.

"Ich bin so froh, dass du endlich aufgewacht bist. Geht es dir gut?“ Sie nickte beschwichtigend. „So gut, habe ich schon recht lange nicht mehr geschlafen…“, räumte sie ein und hob die schmalen Schultern. “Du siehst gut aus.“ Madiha wurde augenblicklich rot und schaute schüchtern zur Seite. Es war einfach noch immer nicht selbstverständlich und jedes Mal, wenn er seine Gefühle für sie offenbarte, fühlte Madiha eine besondere Wärme in sich. Sie tauschten sich über die jeweiligen Vorhaben aus und schließlich offenbarte Caleb, dass auch er daran gedacht hatte, zur Oberfläche zu gehen. "Ich wollte auch nach oben. Es sind zwei Tage und drei Nächte vergangen, seit ... naja ... seit du dich befreit hast." Madiha’s Mimik gefror für einen Moment. Sie starrte zu Caleb hoch, der so abrupt stehen blieb, dass Kjet in ihn hineinlief. Madiha’s Ohren rauschten, sie hielt seinem Blick nicht stand, sondern musste ihn beschämt senken. Caleb sprach an, was sie so gut verdrängte. Caleb sprach weiter, er wollte offenbar auf etwas hinaus. "Madi, ich weiß, dass dir das Haus nicht gefällt ... jetzt vermutlich noch weniger, nachdem wir im Garten dort ... naja, du weißt schon. Aber ich hab's beobachtet die beiden Tage lang. Niemand sonst geht dort ein uns aus. Die Wachen haben ihren Herrn im Garten entdeckt und die meisten von ihnen sind Hals über Kopf geflohen. Einige wenige haben sich noch an den offensichtlichen Schätzen bedient. Aber du kanntest ... ihn."
Ihr wurde kalt und kein Feuer war da, um sie zu wärmen. Sie nickte, sie hörte zu, aber sie konnte nichts sagen. Der Kloß in ihrem Hals war zu groß. Sie hatte getötet… sie… ausgerechnet sie hatte vorsätzlich getötet. Madiha wurde übel, aber Caleb lenkte sie weiter ab. "Er stellte nur offen aus, was entbehrlich war. Der Mann besitzt weitaus größere Schätze im Verborgenen und niemand hat sich dort bisher bedient. Du bist die letzte seines Hausstandes, die übrig ist." Sie hob den Blick. „Was willst du damit…“ “Es gehört quasi dir, oder nicht? Also, wir müssten das Haus ja nicht zu unserem eigen machen, aber…“
„Du willst es plündern?“,
Madiha’s Blick engte sich. „Es gehört mir?!“, fragte sie entsetzt und schüttelte dann heftig den Kopf. „Als wollte ich irgendetwas davon… als würde ich überhaupt daran denken…!“, sie war sprachlos und aufgewühlt und ihr war so verdammt schlecht! “Wir könnten richtig viel abstauben … und einen Teil davon, den wir nicht brauchen, weitergeben. Ich meine ja nur. Falls ihr beiden den Drachen lieber sehen wollt, dann gehe ich allein.“ Sie runzelte die Stirn. Das war ihm wichtig… wichtiger als…? Madiha umfasste ihre Arme und blickte nachdenklich zur Seite.

Er ging plündern, ausgerechnet im Haus von Khasib und… ihr Blick fiel auf seine Montur. Er war ein Dieb! Was erwartete sie… "Ich gehe so oder so. Aber falls ihr erst zum Drachen wollt ... meinetwegen. Bleibt zu hoffen, dass kein anderer meine Idee hat, sonst ist nichts mehr übrig." Es fühlte sich seltsam an, dass er so erpicht darauf war. War Geld so viel wert? Dass es sich lohnte, den Schrecken noch mal zu erleben? In den selben Räumen, Gängen zu gehen? Madiha schauderte. Nein… das war es nicht wert. Nicht für sie. "Einbrechen und plündern..."
"Lässt du jetzt etwa den Moralapostel raushängen, Elf? Nach all der Zeit?! Außerdem bist du auch kein unbeschriebenes Blatt. Du warst nicht in der Akademie zu Andunie, um dort nach deiner Tochter zu suchen!"
"Das ist richtig. Und diese Reichtümer vermisst niemand, wie ich das so sehe. Ihr würdet sie gut einsetzen. Ich füge mich Madihas Wunsch. Wenn ihr zuerst in das Sultanshaus wollt, folge ich euch."
Sie schüttelte den Kopf. „Jetzt soll ich das entscheiden?“ Sie sah von einem zum anderen und wirkte hin und hergerissen. „Wofür brauchen wir das denn? Ich meine… haben wir nicht genug? Reichen wir nicht?“, fragte sie die beiden Männer und knetete ihre Hände nervös. Doch Madiha hatte auch gelernt, nicht in Panik zu verfallen, oder wenn sie merkte, dass sie panisch wurde, sich zu regulieren. Khasib war… nicht mehr. Das Leben, das sie hatte führen müssen, gab es nicht mehr. Sie konnte das. Sie verstand nur nicht den Sinn, weil ihr Reichtum nichts gab. Die reichsten Menschen hatten die Schlimmsten Dinge getan… Madiha atmete und schloss die Augen. „Ich finde nicht, dass du allein gehen solltest.“, entschied sie dann, sah Caleb aber nicht an. Es kostete sie Überwindung und im Grunde wollte sie nicht mehr dorthin zurück. Aber sie wollte nicht, dass sich Caleb wieder in Schwierigkeiten brachte. Sie hatte es Jivvin und auch Estelle versprochen dass sie auf ihn aufpasste. Er machte es ihr nur nicht so leicht, weil sie nun in dieses schreckliche Haus zurückgehen sollte. Caleb hatte keine Ahnung, was sie jahrelang hatte aushalten müssen. Aber wie sollte er auch? Madiha atmete erneut durch und blickte dann jedem noch mal in die Augen. „Nun gut. Wenn es denn so wichtig ist… holen wir, was du holen willst. Und dann blicken wir nie mehr zurück, in Ordnung?“, rang sie Caleb dieses Versprechen ab. Sie war nicht glücklich damit, das konnte sie auch nicht verbergen. Aber es ging auch nicht immer darum, was sie glücklich machte. Caleb war ein Dieb und er brauchte das… Wer wäre sie, ihm das abzusprechen?
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Erzähler » Montag 13. Januar 2025, 16:18

"So gut habe ich schon recht lange nicht mehr geschlafen..."
"Soso, du schläft also besser allein, ganz ohne mich!" Caleb neckte sie nur. Sie konnte es auch im Leuchten seiner Augen sehen, dazu brauchte er nicht einmal spitzbübisch grinsen. Dennoch tat er es und vermittelte für den Moment eine heile Welt, die anscheinend noch nicht überall angekommen war. Aber der kurze Blick zu ihm hinauf genügte, um Madiha noch einmal das Herz zu wärmen. Hätte er ihr kein Kompliment gemacht, so dass sie verlegen mit den Augen eine andere Seite einschlug, wäre ihr die Aussicht auf ihren diebischen Caleb noch eine Weile erhalten geblieben. Aber nicht alles war so romantisch an der Vorstellung des Freigeistes, der an ihrer Seite ging und den sie liebte. Denn in Caleb brannte wahrlich auch das Herz eines Diebes. Mehr als das eines Kapitäns wie sich herausstellte. Mit deutlich mehr Eifer als an Bord der Blauen Möwe oder der Schattenmuräne war er bereit, in das nächste Haus einzusteigen, um ganz seinem Bund getreu zu plündern. Dass es unbedingt Khasibs Palast sein musste, bereitete Madiha allerdings gehörig Unbehagen. Nicht nur das, er wollte sie auch mitnehmen. Überdies hielt Kjetell'o sich wie so oft eher diplomatisch zurück und würde sich ihren Wünschen fügen. Dass es ausgerechnet jetzt, bei der Aussicht, ihr altes Heim noch einmal betreten zu müssen, die schlechteste Wahl des Elfen war, konnte er nicht wissen. Er sah es jedoch schnell anhand von Madihas Reaktion. Auch Caleb sah, dass etwas nicht stimmte.
Madiha wirkte blass. Ihr Augen hatten sich geweitet, wohingegen die Pupillen in Entsetzen viel kleiner geworden waren. Er kannte diesen Blick, aber nicht von ihr. Er kannte auch die Starre, die sie befiel. Die Nervosität. Er hatte sie schon einmal gesehen, vor langer Zeit und ebenfalls bei einer Frau, der man eine derartige Reaktion heutzutage gewiss nicht zutraute. Dunia hatte ihn so angeschaut, als er eines Tages wahrlich mit genug Münzen auf der Schwelle stand, um sie für eine Nacht zu kaufen. Geschehen war nichts, aber die einstige Hure Dunia hatte das nicht geahnt und offenbar waren in ihrem Bild über diesen scheuen und dennoch interessierten jungen Diebesburschen Caleb Risse entstanden. Er hatte es damals gar nicht verstanden, war er doch nur mit besten Absichten zu ihr gekommen. Die Nacht hatten sie schließlich auch ganz anders verbracht als es jeder anderen Hure vergönnt gewesen wäre. Kaum ein Freier kaufte eine Sarmaerin, um mit ihr zu sprechen. Caleb hatte es getan und fortan waren er und Dunia Freunde gewesen. Doch der Schrecken in ihrem Blick, das Entsetzen und die Furcht, sich in ihm getäuscht zu haben, stiegen jetzt in Form von Madihas Bild in seinen Erinnerungen hoch, vermischten sich und schenktem den etwas in die Jahre gekommenen Wüstendieb eine bittere Erkenntnis darüber, wie sehr Madiha unter Khasibs Einfluss gelitten hatte. Männern fiel es oftmals schwer, den Missbrauch eines Körpers überhaupt nachzuvollziehen. Die wenigsten von ihnen wurden schließlich in diese Rolle gezwungen, obgleich es Orte auf Celcia gab, bei denen man bei Lustsklaven und Huren keinerlei Rücksicht auf das Geschlecht nahm. Alles ließ sich als Ventil nutzen, wenn derjenige mit Macht selbige ausleben wollte. Vielmehr als das sah Caleb in Madihas Blick allerdings die Furcht, sich in seiner Moral getäuscht zu haben. Er erkannte es. Dunia hatte befürchtet, in dem schüchternen Burschen doch nicht jene Unschuld vor sich stehen zu haben wie angenommen. Und Madiha musste nun erkennen, dass Caleb mehr Dieb war als gedacht. Denn er hatte ihr und Kjetell'o soeben das Angebot gemacht, allein das Haus zu plündern, wenn beide lieber den Drachen sehen wollten.
"Madi... so meinte ich das nicht...", begann er und hob beschwichtigend die Hände. "Ich will dich doch nicht zwingen, bei Khasib einzusteigen. Ich wollte nur ..." Zeit mit ihr verbringen. Dinge gemeinsam tun, die er liebte, weil er auch Madiha liebte. Dass Khasibs Palast für sie ene so heftige Horrorvorstellung war, hatte er nicht geahnt. Jetzt sah er es und hatte sie nicht zwingen wollen. Es geriet in den falschen Hals. Caleb rieb sich nervös den Nacken. Wie sollte er ihr das nur erklären?
Aber weder er noch Kjetell'o erhielten überhaupt eine Gelegenheit für Worte. Es brach aus Madiha heraus und dass sie auch ohne ihre Magie eine feurige Aura umhüllte, dessen durften beide Männer nun Zeuge werden. Angeschürt von innerer Panik, mit einer Prise bitterer Erkenntnis über den Dieb, den sie liebte, stieß Madiha all ihre unterdrückten Emotionen hinaus. Sie trat nicht aus den Schatten, sie stürzte wie eine Urgewalt hinaus - laut und unaufhaltsam.
"Wofür brauchen wir das denn? Ich meine ... haben wir nicht genug? Reichen wir nicht?" Caleb seufzte. "Das ist es nicht...", begann er wieder. "Ich finde nicht, dass du allein gehen solltest."
"Dann komme ich mit", bot Kjetell'o an. Man konnte durchaus bezweifeln, dass ihm viel an einer Plünderung gelegen war, auch wenn er - wie Caleb schon erkannt hatte - nicht ganz den Eindruck machte, sich nicht mit Aktionen im Zwielicht auszukennen. Vielleicht lag es aber auch nur an seinen elfischen Genen, die ihn zu Schleichaktionen und fließenden Bewegungen befähigten. Vielmehr schien er es jedoch darauf abgesehen zu haben, die Situation zu beruhigen. Madiha erkannte das, möglicherweise auch nur im Unterbewusstsein. Kjetell'os geduldige Ruhe aber schien auch in ihr die Wogen ein wenig zu glätten, einfach nur, weil er anwesend war. Sie schaffte es, durchzuatmen und sich soweit zu fassen, dass sie beiden ruhig antworten konnte. Allerdings schien sie im gleichen Moment auch mit den Schatten ihrer Vergangenheit verschwimmen zu wollen. Sie hatte Rebellion gewagt und kurz die möglichen Strafen aufblitzen sehen, die sie nun doch wieder zurückweichen ließen. Ihr Sklavenschicksal, ihre Vergangenheit, waren schwerer zu vergessen, wenn man seinen einzigen Schutz - die Magie, die immer Teil von ihr gewesen war - aufgegeben hatte.
"Nun gut. Wenn es denn so wichtig ist ... holen wir, was du holen willst", sagte sie, den Blick auf Caleb gerichtet. Er eriwderte ihn mit Kummer. "Und dann blicken wir nie mehr zurück, in Ordnung?"
"Nein", entgegnete er, schüttelte den Kopf. Dann griff er nach Madihas Händen, legte seine wie eine Schutzhülle darum. "Ich wollte mit dir ein kleines, diebisches Abenteuer erleben - nach deinem Erwachen und deinem Erfolg, den Krieg in Samra beendet zu haben." Er sah es auch so. Sie alle sahen Madiha als den Kern, nicht etwa das Läuterfeuer des Drachen. "Aber ich will dich nicht zwingen, ein Haus zu betreten, das dir ... in dem su dermaßen ..."
"Er will dich nicht leiden lassen", gab Kjetell'o eine Vorlage und Caleb nickte dankbar. "Genau das", bestätigte er. "Und ... mir war nicht klar, wie sehr du unter diesem Mann ... und ... Abbas ..." Er musterte sie prüfend. Abbas auch? "Es tut mir leid, Madi. Ich hab wieder einmal nicht so intensiv im Vorfeld nachgedacht wie ich sollte. Ich werde allein gehen, aber später. Es ... hat auch noch Zeit. Kein Problem!" Er rang sich ein Lächeln ab. "Du willst den Drachen sehen, weil es dir viel bedeutet. Und du bedeutest mir viel, also komme ich mit. Mir ist Zeit mit dir wichtiger."
Kjetell'o lächelte und nickte zufrieden. Er wirkte allerdings auch erleichtert, dass sich die Wogen nun offenbar glätteten, denn wenig später waren sie allesamt auf dem Weg zur Oberfläche.

Weiter bei Der Marktplatz Sarmas -> Am Marktplatz
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 8. Mai 2025, 15:19

Madiha kommt von Das Wohnviertel Sarmas -> Im Sultansviertel

Caleb ließ sich nicht mehr dazu bewegen, nach weiterer Beute Ausschau zu halten. Gemeinsam mit Madiha packte er das bereits Gesammelte in die Säcke und verließ wenig später Khasibs Anwesen. Sie kehrten ohne Komplikationen zum Bund der Wüstendiebe zurück ... und blieben auch dort eine Weile. Dunia nahm sich Madiha an, denn Caleb hatte noch einige Treffen zu erledigen. Dass er die Beute sofort in Münzen umsetzte und trotzdem erst ganze zwei Tage später mit einer viel zu geringen Summe in den Taschen zurückkehrte, deutete daraufhin, dass er seine Schulden hatte begleichen können. Davon erzählte er Madiha allerdings nichts. Ob sie hingegen über den Zeitraum im Untergrund blieb, war ihr überlassen. Schließlich gab es noch die Schattenmuräne, auf der der wiedergekehrte Corax auf sie wartete ... und Jakub, der auf Sarmas Marktplatz zumindest offen eine noch anhalte3nde Zuneigung für den rabenhaften Dunkelelfen präsentiert hatte. Doch selbst, wenn Madiha nach ihnen suchte, so bekäme sie beide nicht zu Gesicht. Jakub hatte sich in seiner Kajüte eingeschlossen und reagierte weder auf Klopfen, noch Rufe. Einige Matrosen erklärten, er wäre irgendwie krank und wollte sich erholen. Sie respektierten das, so wie sie ihn als Ersten Maat und Caleb als ihren Käpt'n respektierten.
Corax hingegen hatte nicht untätig herumsitzen wollen. Unter Kjetell'os Führung sei er in Sarma unterwegs, um Hilfe zu leisten, wo sie benötigt würde. Alle drei traf Madiha erst nach Ablauf der zwei Tage, als sie jenen unterirdischen Raum beim Bund der Wüstendiebe aufsuchten, in dem Dunia und Madiha gemeinsam Mahlzeiten einnahmen. Ein vermummter Wüstendieb führte das Trio herein. Kjetell'o war bereits im Untergrund gewesen, für Jakub und Corax schien der Ort jedoch neu. Wo der Erste Maat sich jedoch stoisch gab, schaute der Elf sich aufmerksam und mit großen Augen um. Er lächelte Madiha strahlend an, als er sie entdeckte und eilte auf sie zu.
"Jetzt bin ich endlich zu dir zurückgekehrt und wir haben uns trotzdem Tage lang nicht gesehen." Ohne Scheu umarmte er sie; innig. Kjetell'o trat heran und ließ sich am großen, runden Steintisch im Zentrum des Raumes nieder, an dem auch Dunia saß. Sie trank frisch gerösteten Kaffee, der mit so vielen exotischen Gewürzen verfeinert war, dass sie mit einer zimtigen Schärfe in der Luft hingen. Zu dem Angebot gab es noch erfrischenden Kaktusfeigensaft, sowie in Honig mariniertes Ziegenfleisch und den passenden Käse. Jeder konnte zugreifen. Jakub setzte sich neben die Wüstendiebin und hielt sich wenig später an einer eigenen Tasse Kaffee fest. Er hatte Madiha lediglich zugenickt, gab sich wortkarger als sonst. Trotzdem war er es, der ihre Anwesenheit erklärte: "Caleb hat uns schicken lassen. Wo ist er?"
"Bin hier, schon da!", verkündete der Dieb wie auf's Stichwort und betrat den Raum. Auch er wurde von einer vermummten Gestalt begleitet, allerdings hielt diese sich hinter ihm, kam auch nicht zum Tisch, sondern verweilte nahe der Tür ... und sie war erheblich größer als der Dieb selbst. Die Kapuze, sowie ein Schal gegen Wüstensand verdeckten jedoch vollkommen das Gesicht, so dass man nicht einmal auf das Geschlecht schließen konnte. Die lange Robe gab keine männlichen oder weiblichen Merkmale preis.
Caleb kam ähnlich Corax auf Madiha zu. Der Dunkelelf überließ ihm auch sofort seinen Platz und suchte stattdessen einen bei Kjetell'o auf. Caleb umarmte Madiha. "Entschuldige, dass ich dich so lange hab allein lassen müssen", raunte er ihr zu. Dann schob er ihr ein Beutelchen hin. Madiha würde einige Lysanthemer und Fuchsmünzen darin finden - offensichtlich ihr Anteil an der Beute. Es war weitaus weniger als erwartet.
Caleb schaute in die Runde. "Ich halte mit Neuigkeiten nicht lange hinter dem Berg. Wir werden Sarma verlassen. Heute noch, wenn es sich einrichten lässt. Es geht in die Wüste, daher muss ich Kamele mieten. Sagt mir, wer mitkommt, damit jeder ein Reittiert hat."
Alle am Tisch schauten Caleb verdutzt an. Er aber zwinkerte nur in Madihas Richtung. "Wir finden raus, ob es Echsenmenschen wirklich gibt - genauer gesagt, ob es eine bestimmte Gruppe von ihnenn noch gibt, an denen Madi und ich interessiert sind."
"Es wäre auch seltsam für dich, extra in die Wüste zu reisen, um nach ihnen zu suchen, wenn du uns einen mitgebracht hast", erwiderte Dunia mit wachsamen Blick auf die vermummte Gestalt am Eingang nur. Caleb streckte ihr die Zungenspitze heraus. Sie hatte ihn nicht nur ertappt, sondern zugleich auch sehr aufmerksam hingeschaut. So winkte der Dieb die fremde Person an den Tisch zu kommen. Und nun, nach Dunias Offenbarung, bemerkte wohl jeder der Anwesenden die grazilen, fast schlängelnden Bewegungen, die die Gestalt heranführte. Am Steintisch angekommen blickte sie in die Runde und zog den Schal herunter. Statt eines Gesichts kam eine längliche, geschuppte Schnauze zum Vorschein, von deren Kinn sanfte Hautlappen wie bräunliche Algen herabhingen. Die Schuppen aber besaßen einen intensiven Orangeton mit winzigen Bronzesprenkeln. Eine schwarze, gespaltente Zunge schnellte hervor und ließ das Wesen zischen. Glücklicherweise klang es nicht bedrohlich, sondern eher ... nervös? Geschlitzte Augen, giftgrün, spähten unter der Kapuze heraus und als das Wesen seine Handschuhe von den Fingern zog, präsentierten sich auch dort geschuppte Gliedmaße mit sandfarbenen Krallen.
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 30. Mai 2025, 21:12

Madiha spürte, wie sich die Informationen einer kühlen Hand gleich nach ihr ausstreckten. Sie fröstelte mit einem Mal, obwohl ihr Feuer sie stets warm hielt. Ein feiner Hauch aus der Vergangenheit erinnerte sie daran, wie sie sich gefühlt hatte ohne ihr Feuer. Es war nun anders, aber immer noch sie. Und es züngelte um ihr Herz, damit es die Kälte der Neuigkeiten nicht ertragen musste. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ihr die Nachrichten als kalter Schauer über den Rücken liefen. "Gewissermaßen nur. Dieser Alb suchte Madih. Entweder hat sich jemand verschrieben oder er hat deinen Namen nicht richtig mitbekommen. Oder du bist wirklich nicht gemeint ... aber Abbas, Khasib ... zu viele Zufälle, meinst du nicht auch?" Caleb versuchte sich darin, sie aufzumuntern. Ihr das Gefühl der Kontrolle zurückzugeben. Aber er scheiterte, denn Madiha wusste etwas, das er nicht wusste: „Meine Mutter hieß Nedime…“ Madiha ließ Caleb einen Moment Zeit. Es war das letzte Stück Zweifel, das sich im Wind zerstreute. Doch während Caleb die Information verarbeitete, trieb es Madiha um, sodass sie im Zimmer auf und ab wanderte. Das Kalte wechselte zu heiß und Madiha fühlte sich überrollt. Sie konnte ihre Gedanken nicht aufhalten. Zwischen Hoffnung, Unglauben und Zurückweisung fand sie keine Ruhe in sich. Sie wollte nicht daran glauben, dass es jemanden gab, der ausgerechnet sie suchte. Madiha hatte in ihrem länger damit leben müssen, dass sie unwichtig und nichts war. Und niemandem wichtig, als andersherum.

So war ihre eigene Wandlung zwar ein Segen, aber sie weckte nun auch die Neugierde daran, wer der Nachtalb tatsächlich war. Warum er sie suchte. Oder gesucht hatte. Madiha blockte aus alter Gewohnheit die Neuigkeiten ab und wedelte mit der Hand, als könnte sie das vertreiben. Sie ging zur Tagesordnung über, ignorierte ihre Gefühle und besann sich auf das, was sie stets gelernt und gezeigt bekommen hatte. So war es leichter. Während sie also versuchte Caleb’s Beutezug wieder in den Vordergrund zu rücken, schaffte sie es nicht sich zu konzentrieren. Sie trat an das Fenster heran, das den Blick auf Khasib freigab und öffnete es. Sie atmete die hereinströmende Luft ein, bevor sie mit ihren Gedanken wieder abdriftete. "Es ist eigenartig zu erfahren, dass jemand nach einem gesucht hat. Aus welchen Grünen auch immer ... ich kann mir nicht vorstellen, wer das sein sollte. Mama hat nie jemanden erwähnt ... andere Familie oder so..."
"Glaubst du denn, es geht in diese Richtung?"
Sie hob die Schultern. „Weiß nicht. Ich habe nie darüber nachgedacht, nachdem Mama gestorben war. Es ging alles so schnell und ich habe ihre Worte nie angezweifelt, dass es nur uns gab. Vielleicht …“, sie biss sich auf die Zunge, um die Gedanken nicht laut auszusprechen. Aber es war immerhin Caleb, der dort neben ihr stand. Vertraute sie ihm denn plötzlich nicht mehr? Das war absurd! „Vielleicht war er einer von… naja ihren… du weißt schon. Und vielleicht wollte er sie zur Rede stellen oder so… vielleicht stand etwas zwischen ihnen…“, überlegte sie weiter aber schien dabei selbst nicht recht im Hier und jetzt zu sein. Madiha fiel eben kein guter Grund ein, weshalb jemand sie oder besser ihre Mutter suchen sollte. "Ich wette, dieser Bastard hat niemals auch nur erwähnt, dass jemand hier war und dich suchte. Jemand, der deine Mutter wohl kannte." Madiha überlegte leise, wie ihr Weg ausgesehen hätte, wenn der Nachtalb sie gefunden hätte. Was gewesen wäre. Doch dann ruderte sie zurück. Diese Gedanken brachten einfach nichts. Erneut wollte sie Caleb’s Unterfangen aus dem Schatten holen und begann dann damit, das Geschehene zu überspielen. "Wenn er dich gefunden hätte, dann ... hätte ich dich vielleicht nicht mehr gefunden. Oder wir uns."

Madiha hielt in seiner Nähe inne und schaute auf. Dann brach ihre Nachdenklichkeit kurz auf und sie lächelte. „Richtig… das meine ich. Egal, was vor 2 Jahren war. Wir sind jetzt hier und ich hätte es nicht anders haben wollen!“, bekräftigte sie abermals. Madiha begann, das ganze abzuhaken. "Wer immer dieser Nachtalb war oder ist, er hat dich gesucht ... und dafür Folter auf sich genommen. Er hat seine Hand verloren, ehe Khasibs Foltermeister ihm die Information entlocken konnte. Klingt nicht nach jemandem, der so leicht aufgibt. Und wenn jemand mit einer derartigen Intensität und Geheimnistuerei nach dir sucht, um beinahe zu verhindern, dass wir beide nun hier stehen wie wir es tun, dann ... Bist du nicht neugierig, mehr zu erfahren?" „Was bringt es?“, fragte sie schließlich und hob die Schultern, die unter Caleb’s Hand ruhten. „Ich werde mich lieber auf das konzentrieren, was ich habe… statt auf das, was in der Vergangenheit liegt“, sie nickte zum Fenster und meinte Khasib und all die Zeit. Sie hatte sich befreit. Sie wollte nach vorn, nicht zurückblicken. Einen Moment verfielen sie beide in nachdenkliches Schweigen, sodass Madiha sich erneut an die Sachen machte, sie einzupacken. Mit ihrer Frage schreckte sie Caleb aus seinen eigenen Gedanken. Gemeinsam widmeten sie sich der Beute, luden auf, was sie am besten tragen konnten und schon purzelte Madiha eine verräterische Frage heraus: "Naja, nicht unbedingt die Frage, die ich mir erhofft habe, aber ich sehe, in welche Richtung es gehen soll.", antwortete Caleb und klaubte alles zusammen, damit sie das Anwesen von Khasib verlassen konnten. Madiha aber folgte nur bereitwillig und versuchte das soeben Erfahrene einfach hierzulassen. Dass Caleb etwas anderes im Sinn hatte, ahnte sie noch nicht.

Wieder im Untergrund zurück, blieb Madiha tatsächlich dort. Sie verschloss sich ein wenig vor neugierigen Fragen und auch Caleb war nicht anwesend, um aus ihr ihre Gedanken herauszukitzeln. Er war der einzige, der dazu imstande war und so konnte Madiha sich mit den Aufgaben befassen, die Dunia für sie bereithielt. Sie fand sich inzwischen gut in den Tunneln zurecht und lernte fleißig, wie zu Beginn ihrer Begegnung. Ab und zu fragte Madiha Dunia über Ilmy aus und war froh, dass sie nur Gutes hörte. Ilmy hatte sich schwergetan als Magierin bei Hofe agieren zu müssen, sodass Madiha froh war, dass sie nun ihren Weg gefunden zu haben schien. Ansonsten blieb Madiha eher für sich. Immer wieder durchwälzte sie die Schriftrolle in Gedanken und fragte sich insgeheim doch, was das alles zu bedeuten hatte. Ihr fehlte Caleb in den Abendstunden, wenn sie sich recht einsam fühlte, aber sie war nicht darauf aus, ihn an sich zu ketten. Ab und an drehte sie gedankenverloren ihren Ring und ertappte sich beim Gedanken daran, dass sie Caleb am liebsten immer bei sich haben wollte. Trotzdem blies Madiha kein Trübsal. Sie unterstützte, wo man sie brauchte, und beschäftigte sich ausgiebig mit ihrem Feuer. Sie lernte es weiter kennen und entdeckte eine feine, eigene Persönlichkeit darin, die sich wunderbar mit ihrer ergänzte. Bis sie dieses Mal zur allabendlichen Mahlzeit einkehren wollte und nicht nur Dunia vorfand. Madiha lächelte, als sie Kjetell’o, Jakub und Corax sah. Letzterer eilte auf sie zu und umarmte sie, was sie erwiderte. "Jetzt bin ich endlich zu dir zurückgekehrt und wir haben uns trotzdem Tage lang nicht gesehen." Sie schüttelte nachsichtig den Kopf. „Du hattes viel zu tun, wie ich hörte“, sagte sie und drückte seine Schulter. Nachdem sie sich alle Plätze gesichert hatten, dippte Madiha gerade etwas Käse in Feigenmarinade, ehe Jakub das Wort ergriff. Caleb hat uns schicken lassen. Wo ist er?" Madiha zuckte die Schultern, da tauchte der Dieb auch schon auf. "Bin hier, schon da!" Madiha drehte sich sofort zu ihm um, prüfte ihn auf alles, was verräterisch sein könnte und konnte trotzdem nicht verhindern, dass ihr Herz wie wild zu hämmern begann.

Dennoch blieb sie ruhig und musterte schließlich die zweite Person, die eintrat. Caleb ließ sich nicht aufhalten, bis er bei Madiha war. Sie erhob sich kurz von ihrem Platz und erwiderte die Umarmung. Ihre Finger tasteten automatisch nach einer Verletzung oder ähnlichem, aber zu ihrer Erleichterung, fand sie nichts. "Entschuldige, dass ich dich so lange hab allein lassen müssen" Sie schüttelte nur beschwichtigend den Kopf. Während Madiha noch den Beutel inspizierte und sich kaum etwas aus den Münzen oder deren Menge machte, ließ Caleb eine unerwartete Bombe platzen: "Ich halte mit Neuigkeiten nicht lange hinter dem Berg. Wir werden Sarma verlassen. Heute noch, wenn es sich einrichten lässt. Es geht in die Wüste, daher muss ich Kamele mieten. Sagt mir, wer mitkommt, damit jeder ein Reittier hat." „Was?“, japste sie und wandte den Kopf ungläubig dem Dieb zu. „Wieso?“, fragte sie und wähnte Caleb schon wieder besorgt in Schwierigkeiten. "Wir finden raus, ob es Echsenmenschen wirklich gibt - genauer gesagt, ob es eine bestimmte Gruppe von ihnenn noch gibt, an denen Madi und ich interessiert sind."
"Es wäre auch seltsam für dich, extra in die Wüste zu reisen, um nach ihnen zu suchen, wenn du uns einen mitgebracht hast"
Madiha schnappte nach Luft. Ihr ging das alles zu schnell. Sie wechselte den Blick zu Dunia, dann zu dem Vermummten am Eingang. Ihr Blick musterte diesen noch mal genauer und jetzt fiel ihr ebenfalls auf, wie groß die Gestalt war. Doch nicht nur das: Auch der Gang war animalischer, als gewöhnlich und dann offenbarte der Unbekannte sein Gesicht. Madiha klappte der Mund auf. Sie starrte die Schuppen an, die geschlitzten Augen, die Klauen… Aber Madiha starrte nicht mit Abscheu oder gar Ekel, sie staunte. Staunte, wie sie immer staunte, wenn sie etwas sah, was sie nicht für möglich gehalten hatten. Ihr Graublau glitt über die Gestalt und ehrfürchtig trat sie einen Schritt zurück. Ihr Blick konnte sich kaum von dem Wesen losreißen, doch sie wandte sich an Caleb: „Wie hast du… wann hast du… ich…“, sie war ganz durcheinander von den Ereignissen. Sie schaute zurück zum Wesen. „Hallo“, sagte sie recht schlicht und lächelte schließlich schief. Die schillernden Schuppen und das satte Grün der Augen waren ungewöhnlich, aber schön. „Ich bin Madiha“, hob sie schließlich eine Hand zum Gruß. Sie war vollkommen baff.
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 5. Juni 2025, 15:32

Zwei Tage blieb Madiha im Versteck des Wüdendiebbundes relativ unbehelligt. Dunia war die Einzige, die sich ihrer wirklich annahm, aber auch sie ließ sie Jüngere in Frieden, wenn sie sich zurückzog und das tat Madiha häufig. Nicht, dass sie die Gesellschaft der Heilerin nicht geschätzt hätte, in ihrem Kopf aber kreisten die Gedanken. Hinzu kam, dass sie sich Caleb nicht anvertrauen konnte, denn jener wollte die Beute in Gold umsetzen wie er sagte und hatte sich wahrlich in den Untergrund verzogen. Madiha musste auf seine Rückkehr vertrauen, aber rechnete wohl schon damit, dass er Ärger mitbrächte. Denn das war Caleb. Er kam selten ohne ein Problem wieder heim, dennoch machte auch das seinen ganz eigenen Charme aus. Was er dieses Mal jedoch in die versammelte Runde führte, hatte die Sarmaerin nicht erwartet. Auch die anderen staunten nicht schlecht, als er - nach kurzer Umarmung und Wiedersehen mit seiner Liebsten - den fremden Begleiter präsentierte. Kaum, dass jener seine Vermummung löste, lag alle Aufmerksamkeit auf ihm ... oder ihr? So genau ließ es sich gar nicht sagen.
Von der Größe allein her konnte man es ohne Kenntnisse über humanoide Echsenwesen gar nicht abschätzen. Fest stand lediglich, dass die Gestalt Caleb und sogar Kjetell'o noch um einiges überragte. Sie musste mindestens die zwei Meter erreicht haben, dabei wirkte sie schlank und grazil wie Dunia, nur ohne jeglichen Vorbau. Trotzdem war auch die Taille schmal und leicht flaschenförmig wie bei Menschenfrauen. Der Rest ließ sich allerdings nur noch als exotisch bezeichnen. Sobald die letzten Tücher vom Gesicht fielen, erinnerte die vorstehende Schnauze an jene des Drachen, dem Madiha ihre Magie geschenkt hatte. Winzige Hautlappen hingen vom Kinn herab und erinnerten in ihrer Farbe an kleine Algen, aber das Schuppenkleid war wie Honig in der Wüstensonne. Es schimmerte bezaubernder als Bernsteine, so dass nicht einmal die bräunlichen Sprenkel darauf störend wirkten, weil sie das makellose Bild etwas durcheinander brachten. Zwei Seen aus hellgrünem Gift blickten Madiha mit geschlitzten Pupillen entgegen, die so schwarz waren wie die gespaltene Zunge der Kreatur. Immer wieder huschte sie zwischen dem lippenlosen Mund hervor, natürlich wie ihr eigenes Blinzeln.
"Wie hast du ... wann hast du ... ich...", wandte Madiha sich vollkommen erstaunt und zugleich fasziniert von dem Befremdlichen an Caleb. Nicht nur sie starrte die Echse an. Wo Dunia als einzige nahezu unberührt blieb und an ihrem Kaffee nippte, da beäugten Kjetell'o und Corax die fremde Gestalt beinahe in gleicher Haltung: den Kopf etwas schief gelegt, die Augen neugierig auf es gerichtet. Der Shyáner hatte dem Dunklen dabei wie so üblich die Hand in den Nacken gelegt und kraulte ihn dort. Ob es dazu diente Corax oder doch eher sich zu beruhigen, war nicht ersichtlich. Jakub musterte Calebs Mitbringsel wachsam. Er wirkte nicht angespannt. Seine Hand, die locker auf dem Knauf seines Säbels lag, bewies dennoch, dass er vorsichtig blieb.
"Darf ich sssprechen?", zischte die Echse in Calebs Richtung. "Ich musssss eure Sssprache ohnehin noch üben." Da hatte es Recht. Das Celcianisch klang etwas befremdlich, da zum einen jegliche S-Laute stark gezischt aus ihrem Mund hervor drangen, als auch die weichen Silben irgendwie feucht klangen. Man mochte sich sofort die Assoziation vorstellen, selbst sprechen zu wollen, während man den Mund randvoll mit überreifen Mandarinenstücken hatte. Jeder Laut schien Feuchtigkeit zu verspritzen. Leider nahm man nicht den angenehmen Zitrusduft dabei wahr. Das Echsenwesen roch ... überhaupt nicht.
Caleb nickte ihm oder ihr einladend zu. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust und wartete mit einem verschmitzten Grinsen, welches er nicht verbergen konnte. Die Echse hingegen wandte sich an Madiha. Sie war die nächste, außerdem hatte sie sich soeben vorgestellt und höflich gegrüßt. Alle anderen wirkten noch immer in ihrem Staunen gefangen. "Dein Name hört sssich ... ssseltsam an für mich. Er klingt ssso ... ssso ... trocken." Es nickte. Vermutlich vermisste es Zisch- oder zumindest summende Silben. Es hob eine der geschuppten Hände und legte die bekrallten Finger flach an die eigene Brust. "Meine Sssippe nennt mich Elz'sris zha S'ala'zhi's, aber ich weiß, dassss Ssssarmasss Bewohner esss kaum aussprechen können, daher genügt mir auch Sris." Ein Funkeln huschte über das helle Grün, als sie Kjetell'o beim Versuch ertappte, den Namen zu wiederholen. "Ch'aleb von den Dieben hat mich über meinen Kontaktmann desss Bundesss rufen lassen. Er und ihr habt Glück. Meine Sssippe befindet sich in der Nähe. Ich weiß nur nicht, ob wir helfen können. Ch'aleb erssszählte, ihr sssucht jemanden?"
"Aye", warf der Dieb ein und schmunzelte. Er hatte sich offensichtlich bereits daran gewöhnt, dass Sris auch eine eigene Interpretation für seinen Namen besaß. "Wir würden dich oder deine Sippe gern besuchen, um euch ein paar Fragen zu stellen." Sris beäugte Caleb eine Weile. Als die gespaltene Zunge das zweite Mal hervorhuschte, nickte die Echse und wandte die hellen Augen in die Runde. "Ich handle mit Sssarma, aber ich weihe ohne die Erlaubnisss meiner Sssippe niemanden in unser Wisssssen ein. Ihr müssssstet mich alssso zu unserem derssszeitigen Lagerplatz begleiten."
"Alle?", fragte Jakub und blieb wie immer direkt, gezielt, aber sparsam mit Worten.
"Alle, die mitkommen wollen - vielleicht auch langfristig? Madi, willst du überhaupt jemanden mitnehmen?" Caleb schaute sie an. Es ging hier um sie. Wer immer der Nachtalb war, er hatte nach ihr - nach Madih - gesucht. Folglich sah Caleb es als ihr Privileg zu entscheiden, ob und wie weit sie die übrigen ihrer Gruppe involvieren wollte. Dass jeder ihr Folgen würde, brauchte Madiha dabei keine Sekunde lang in Zweifel zu stellen. Sie waren ihr treu, über eigene Bedürfnisse oder Bande hinaus. Immerhin hatte Kjetell'o sich von seiner wiedergefundenen Tochter gelöst, Corax von selbiger als seiner einstigen Liebsten und Jakub hockte hier im wüstigen Untergrund, wo es weniger Wasser gab als dem Seemann wohl lieb war. Es lag ganz an Madiha, ob sie das Abenteuer mit ihren Freunden oder mit Caleb allein suchen würde. Sris schien jedenfalls nichts dagegen zu haben, wie viele die Sippe der Wüstenechsen aufsuchen würden, jedenfalls warf sie noch kein Wort der Ablehnung in den Raum.
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Madiha Al'Sarma
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Samstag 5. Juli 2025, 19:43

Schon immer hatte Caleb gewusst, wie er Madiha überraschen konnte. Schon vor ihrer gemeinsamen Zeit, war er es gewesen, der sie immer wieder aufs Neue überraschte. Nicht zuletzt als er in dunkler Kleidung und verwegen, wie eh und je, nachhaltig in ihr Leben getreten war. Madiha erinnerte sich gut an den Tag des Angriffs in der Akademie, während sie bemüht war Dunia zur Hand zu gehen und plötzlich Caleb die Stufen des Geheimganges heraufkam und mit solcher Wucht in ihr Leben zurückkehrte, dass es bis heute nachhallte. Auch jetzt war es der Dieb, der es sich auf die Fahne schreiben durfte, dass Madiha fasziniert und gleichwohl sprachlos dreinblickte. Der Gast, den Caleb bei sich hatte, hatte es wirklich in sich. Noch nie hatte Madiha etwas vergleichbares gesehen. Geschweige denn gewusst, dass solche Arten auf dieser Welt existierten. Immer wieder wurde sie daran erinnert, wie wenig Bildung sie besaß und wie wenig Wissen man ihr gestattet hatte. Aber das änderte nichts daran, dass Madiha ein herzensguter Mensch war und stets mit einer gewissen Freude und Naivität die Wunder Celcia’s entdeckte und erfuhr. So war es auch dieses Mal. Sie stotterte, während sie Caleb fragen wollte, woher er denn nun einen Echsenmenschen hergezaubert hatte. Doch ihre Faszination für das Unbekannte war größer und so bekam sie keinen geraden Satz heraus. Bis sie sich an die Echse wandte und sich kurzerhand vorstellte. Ohne Vorurteil und Umschweife. Sie begrüßte das Fremdartige und öffnete ihr Herz für das Neue. "Darf ich sssprechen?" Madiha blinzelte.

Das Celcianisch klang befremdlich in ihren Ohren, auch wenn sie gerade erst mit Liquis zu tun bekommen hatte und auch ihr Celcianisch eher von einer samaerischen Färbung geprägt war. "Ich musssss eure Sssprache ohnehin noch üben." Madiha’s Mundwinkel hob sich und ihre Nase wurde etwas kraus dabei. Es klang witzig, ohne dass sie es herablassend meinte. Ihr Blick huschte zu Caleb, der verschmitzt grinste und sich gefiel in der Rolle des Überraschenden. "Dein Name hört sssich ... ssseltsam an für mich. Er klingt ssso ... ssso ... trocken." Madiha blickte zurück zur Echse und blinzelte, weil er sie ansprach. Dann aber nickte sie leicht, dass sie verstand, was er meinte. Liquis hatte ebenfalls seine Schwierigkeiten mit den Namen gehabt. Es störte sie nicht. "Meine Sssippe nennt mich Elz'sris zha S'ala'zhi's, aber ich weiß, dassss Ssssarmasss Bewohner esss kaum aussprechen können, daher genügt mir auch Sris." „Sris?“, fragte sie nach und hatte seinen(?) Namen wirklich nicht verstanden. Sie war erleichtert, dass es eine Variante gab, die er ebenfalls akzeptieren würde. "Ch'aleb von den Dieben hat mich über meinen Kontaktmann desss Bundesss rufen lassen. Er und ihr habt Glück. Meine Sssippe befindet sich in der Nähe. Ich weiß nur nicht, ob wir helfen können. Ch'aleb erssszählte, ihr sssucht jemanden?" Madiha nickte leicht, doch da kam Caleb bereits zuvor. "Aye. Wir würden dich oder deine Sippe gern besuchen, um euch ein paar Fragen zu stellen." Madiha hielt nun gespannt den Atem an. Sie würden eine Sippe besuchen? Falls Sris einwilligte… "Ich handle mit Sssarma, aber ich weihe ohne die Erlaubnisss meiner Sssippe niemanden in unser Wisssssen ein. Ihr müssssstet mich alssso zu unserem derssszeitigen Lagerplatz begleiten."
"Alle?"
"Alle, die mitkommen wollen - vielleicht auch langfristig? Madi, willst du überhaupt jemanden mitnehmen?"
Madiha hatte sich noch an den Details der Echse verloren, weshalb sie nun ertappt zuckte und überrascht aufschaute. Sie erkannte, dass die Augen ihrer Gefährten auf sie gerichtet waren, und versuchte die letzten Worte in ihrem Unterbewusstsein hervorzukramen. Dann aber fiel ihr die derzeitige Frage ein und sie wurde ernst. “Was… ich? Ich soll das entscheiden?“, fragte sie unsicher und sah jeden der Anwesenden einmal an. Dann atmete sie schwer aus.

„Das… geht schnell jetzt“, murmelte sie und wurde ein wenig nervös. Sie fuhr sich in einer Übersprunghandlung durch das Haar, als hätte sie die Geste von Caleb übernommen. Madiha blickte Jakub, Kjet und Corax ein wenig unschlüssig an. „Ich möchte keinen von euch zurücklassen“, gab sie unumwunden zu, nachdem sie sich etwas gewappnet hatte. „Ihr seid mir alle so… so wichtig geworden und wart mir in den letzten Wochen und Monaten eine so große Hilfe…. Unterstützung… Regelrecht Wegweiser“, sie räusperte sich. Ihre Stimme fühlte sich mit einem Mal belegt an. „Aber das hier ist… etwas Persönliches. Zumindest glaube ich das. Ich will keinen von euch dazu zwingen mit mir mitzukommen. Niemand ist verpflichtet… Und obwohl es mir enorm schwerfällt das zu sagen, würde ich mir wünschen, wenn ihr ehrlich zu euch seid und hinterfragt, ob ihr nicht andere Pläne habt. Andere Ambitionen. Ich möchte niemanden aufhalten, ihm im Weg stehen oder von etwas abbringen, das so viel größer ist als ich.“ Immer wieder wechselte sie das Gesicht, in das sie schaute. „Kjetell’o…. du hast mir enorm geholfen und doch weiß ich, dass du eigentlich wegen Corax hier bist. Was auch immer euch vereint und verbindet, ich glaube fast, dass es wichtiger ist als meine Vergangenheit…“, sie lächelte milde und kein Groll war zu erkennen. „Und Corax – ich bin so froh, dass du lebst, dass dein Leben eine glückliche Wendung nimmt. Aber du solltest anfangen dich um dich selbst zu kümmern. Du solltest anfangen, nach deiner Bestimmung zu suchen“, lächelte sie ihm aufrichtig zu. Ihr Blick glitt zu Kjetell’o. „Und er kann dir sicher helfen, so wie er mir geholfen hat. Aber Sarma braucht auch jede Hilfe, die es bekommen kann.“ Es stimmte. Und Kjetell’o oder Corax konnten hier vielleicht viel ausrichten? Sie wandte sich an Jakub. „Du bist ein Seemann… Und hier ist eindeutig zu viel Sand“, lächelte sie ihn an. „Ich kann mir vorstellen, dass du ein hervorragender Kapitän sein kannst, der sich um die Handelsbeziehungen kümmert zwischen Sarma und Andunie? Nicht, dass ich etwas davon verstünde aber… du weißt, was ich meine“, lachte sie leise, wenn auch mit glasigen Augen. Sie schaute noch mal in die Runde. „Was ich damit sagen will… ich glaube, dass ein jeder von euch viel mehr zu tun hat, als mit mir durch die Wüste zu wandern, auf der Suche nach Antworten, die mich wer weiß, wohin führen. Auch wenn ich euch – jeden einzelnen – schrecklich vermissen würde und es mir nicht mal vorstellen kann, dass wir nicht mehr zusammen sind…“, meinte sie und wischte sich verstohlen über ein Auge. „Es ist eure Entscheidung und … nicht meine.“ Ihr Blick glitt zu Caleb, der ihn stumm fragte, ob er mitkäme mit ihr. Sie wollte auch ihm die Chance geben, sich für einen anderen Weg zu entscheiden, weil sie wusste, dass er mitunter hier in Sarma erneut Fuß fassen und sesshaft werden wollte. Auch ihn schloss sie in diesen Moment der Veränderung ein und wartete daraufhin stumm auf die Entscheidungen ihrer Freunde.
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Re: Das Versteck der Anderen

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 16. Juli 2025, 15:37

Caleb mochte derjenige sein, der Madiha ein um's andere Mal zu überraschen vermochte, doch sie wusste nicht, dass sie es war, die den Ausschlag dazu gab. Schon immer hatte der Dieb sie im Fokus seiner Handlungen gehabt. Einzige Ausnahme mochte damals Azuras beherzter, wenngleich unüberlegter Sprung in die kalte Tiefe des Meeres gewesen sein. Denn Calebs Herz ließ kaum zu, den Hilfsbedürftigen nicht zur Seite zu stehen. Folglich hatte er damals nicht nur Azura gerettet, sondern Madiha bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Er hatte sie aus den Zellen geholt, aus Khasibs tödlichem Urteil, sie im Sand zu vergraben und dort sterben zu lassen. Er hatte sich vor die gigantische Tentakelbestie gestellt, in die Corax sich verwandelt hatte und ihm dabei sogar einen Zeh abgeschlagen. Er hatte zu ihr zurückkehren wollen, nur damit sie wusste, dass er bei ihr im Labyrinth sterben würde und nicht irgendwo auf Sarmas Straßen, abgestochen von einem der dunkelelfischen Invasoren. Und oft genug hatte er sie damit überrascht, all diesen Strapazen und Widrigkeiten zum Trotz dennoch zu überleben. Dieses Mal aber hielt Caleb etwas Anderes für sie bereit. Genauer gesagt, jemanden. Wahrlich eine Überraschung für seine Geliebte. Madiha war zwar in Sarma aufgewachsen, aber selbst hier streiften Wüstenechsen nicht täglich durch die Straßen. Sie hatte bisher keine einzige gesehen und nun stand dieses Schuppenwesen vor ihr - exotisch, wunderschön und schwer einzuschätzen, ob es sich um ein Männchen oder Weibchen handelte. Der Name ließ ebenfalls nicht darauf schließen.
"Sris"?
Das Echsenwesen nickte. Es wirkte zufrieden, soweit Madiha das beurteilen konnte. Tatsächlich zeigte Sris sich sehr offen. Er schien den Wüstendieben bekannt zu sein. Offenbar machten jene nicht nur mit Sarma oder den Händlern im Hafen Geschäfte. Das Echsenwesen wusste zumindest, mit Menschen umzugehen. Seine einzig, offen zur Schau gestellte Neugier galt Kjetell'o und Corax. Spitzohrige "Menschen" hatte Sris wohl noch nicht zu Gesicht bekommen. Während er - oder doch sie? - mit Madiha sprach, huschte der giftgrün geschlitzte Blick gelegentlich zu den beiden Elfen am Tisch herüber. Er starrte sie dabei jedoch nicht direkt an. Sie standen nicht im Zentrum seines Daseinsgrundes. Caleb hatte den Echsen hergeholt, damit er Madiha zu seiner Sippe führte, um Informationen zum Nachtalb zu erhalten. Vorausgesetzt, Sris und seine Leute konnten welche geben. Aber allein, Echsenmenschen kennen zu lernen, würde für die Sarmaerin ein eigenes Abenteuer darstellen. Es stand nun nur noch im Raum, wer sie auf diesem Ausflug begleiten würde. Interessanterweise legten alle, inklusive Caleb, die Entscheidung in Madihas Hände. Sie hingegen wirkte unsicher, wollte die Verantwortung auch gar nicht übernehmen. Wer war sie schon, ihre Freunde nach ihren eigenen Wünschen zu delegieren? Das hatte man mit ihr Zeit ihres Lebens getan, aber sie war nie in der Situation gewesen, solche Macht über andere ausüben zu dürfen. Das hatte sie geprägt.
"Ich möchte keinen von euch zurücklassen", begann sie, erntete dabei von jedem ihrer Freunde ein mildes oder warmes Lächeln. Außer von Jakub. Der Erste Maate schaute Madiha allerdings aufmerksam entgegen und das durfte man wohl als vergleichbare Geste werten. Trotzdem wirkte er ... abwesend.
"Niemand ist verpflichtet ... Und obwohl es mir enorm schwerfällt das zu sagen, würde ich mir wünschen, wenn ihr ehrlich zu euch seid und hinterfragt, ob ihr nicht andere Plände habt. Andere AMbitionen. Ich möchte niemanden aufhalten, ihm im Weg stehen oder von etwas abbringen, das so viel größer ist als ich."
"Gemessen an deiner Größe müsste Sarma - nein halb Celcia - dir folgen", erwiderte Kjetell'o mit einer Unverblümtheit und einem Glanz in den Augen, der seine Ambitionen nicht verbarg. Er hatte bereits im Vorfeld gespürt, dass Madihas Macht sich verändert hatte. Ihre Feuermagie übertraf seine, das hatte er erwähnt. Ebenso, dass er überlegen müsste, ob er ihr in diesem Fall überhaupt noch etwas beibringen könnte. Er betrachtete sie wie ein Lehrmeister, der erkannte, was aus der Schülerin geworden war ... und er schien sehen zu wollen, wie sie ihre Fähigkeiten einsetzte. Kjetell'o brauchte nicht laut auszusprechen, wohin ihn seine Motivation führte. Letztendlich aber besaß er Pflichten. Sie waren zwar ebenfalls selbstauferlegt, aber er konnte unmöglich Corax in seiner Entwicklung im Stich lassen, nicht einmal angesicht von Madiha gewachsenen Kräften. Denn auch der Dunkelelf musste endlich wachsen. Sie erkannte das.
"Kjetell'o ... du hast mir enorm geholfen und doch weiß ich, dass du eigentlich wegen Corax hier bist." Er lächelte, schüttelte sacht den Kopf. "Ich müsste nach wie vor in Andunie sein", erwiderte er, ging aber nicht weiter darauf ein. Madiha hatte sich ohnehin Corax zugewandt. Sie wünschte ihm alles Glück, das sich unter seinem Gefieder verbarg. Er sollte seinen Weg gehen und sich nicht länger aufhalten lassen - weder von gelösten Ketten seiner Vergangenheit, noch von Liebschaften und auch nicht von ihr. "Du solltest anfangen, nach deiner Bestimmung zu suchen."
Der Dunkelelf wechselte einen knappen Blick mit seinem waldelfischen Artgenossen. "Kjetell'o kennt sie bereits", sagte er. "Und er wird mich leiten, damit ich sie erfülle. Aber er weiß auch um meine Bedingungen, entscheiden und tun zu dürfen, was mir immer verwehrt war." Corax erhob sich. "Ich möchte tun, was mein Herz will." Mit diesen gewichtigen Worten trat er bis vor Madiha. Sris machte Platz, wich in einer fließenden, lautlosen Bewegung zurück. Aber er beobachtete die Szene mit einer Faszination, die ihn bis in seiner echsische Schwanzspitze unter Spannung hielt. Corax war der einzige, der das Echsenwesen für den Moment ignorierte. Sein Blick ruhte auf Madiha, bis er den Kopf neigte. Der Bewegung folgte sein Körper und anders als in früheren Zeiten, da er sich vor ihr geradezu in den Staub der Wüste geworfen und die Stirn flach auf den Stein gepresst hatte, kniete er nun vor ihr nieder. Seine Hand lag wie zum Schwur auf seinem Herzen, das Haupt hielt er geradezu ritterlich gesenkt. "Lass mich dir folgen, kleine Herrin - Madiha! Ich möchte dich begleiten, wohin auch immer du gehst."
"Es steht seiner Bestimmung nicht im Wege ... und ich könnte Pflicht und Vergnügen vereinen", fügte Kjetell'o hinzu. Dennoch seufzte er kurz, richtete den Blick an einen leeren Punkt in die Ferne, schüttelte dann erneut unter einem Schmunzeln den Kopf. "Nein, nichts steht dieser Aufgabe im Weg."
Zwei Freunde würden sie also begleiten, aber es waren noch genug übrig. Der Ruhigste von ihnen gelangte in Madihas Fokus. "Du bist Seemann ... Und hier ist eindeutig zu viel Sand."
"Aye." Jakub erhob sich. Er erwiderte Madihas Blick, ließ ihn über Kjetell'o schweifen, richtete ihn dann eine Spur länger als nötig auf Corax und sandte ihn zu Caleb. "Ein Schiff fährt nicht ohne seinen Käpt'n."
"Dann kann es fahren, Jakub." Caleb salutierte formvollendet. Der Glatzkopf stutzte. Dann festigte sich sein Blick. Er nickte, erwiderte den Salut.
"Die Muräne fährte nach Andunie." Mit diesen Worten verabschiedete er sich, ohne zurückzuschauen. Jakubs Schritte waren zügig, sein Abgang ohne großes Aufsehen. Dennoch schauten ihm alle nach.
Kjetell'o schob seine Hand in Corax' Nacken, ehe seine Augen folgten. Der Dunkelelf erhob sich wieder, blickte aber nicht Richtung Tür. Stattdessen verschränkte er die Arme und starrte auf seine Fingerspitzen. Kjetell'o begann, die flaumartigen schwarzen Federn in Corax' Nacken zu kraulen.
Wo der Shyáner den Dunklen beäugte, da kreuzten sich Madihas und Calebs Blick. Unausgesprochen stand die Frage im Raum, ob ihr geliebter Dieb sie begleiten würde. Er grinste schief auf, hob eine Hand und fuhr sich damit durch das Haar. "Sieht so aus, als laufe ich wieder einmal vor dem Weg davon, den mein Vater für mich bestimmt hat, haha..." Caleb spähte noch einmal zur Tür, aber ohne Groll oder Wehmut. Jakub würde ein hervorragender Kapitän abgeben und er hatte angedeutet, wohin ihn seine eigene Reise führen würde. Andunie. Nach Hause. Dorthin käme er sicherlich immer wieder, um seinen neu erhaltenen Posten wieder gegen den alten zu tauschen, sollte Caleb sich umentscheiden. Wie lange es dauern und ob es überhaupt zustande kommen würde, wusste nur das Schicksal. Heute passierte es nicht, denn für Caleb ging es nicht zurück auf die Planken eines Schiffs. Er trat zu der kleinen Traube, die sich um Madiha gebildet hatte. Da standen sie: Kjetell'o, Corax, der Echs Sris, Madiha und nun auch Caleb.
"Niemals würde ich dich allein ziehen lassen", raunte er ihr zu und Sris betrachtete die beiden neugierig. "Ihhhr ssseid ein Paar", stellte er schließlich für sich fest. "Wenn ihr mir die Frage gessstattet: Wer von euch legt die Eier?"
Im Hintergrund unterdrückte Dunia ein Prusten. Ihre Augen legten sich mit einem verschmitzten Funkeln auf Caleb, ehe sie mit freundschaftlicher Wärme zu Madiha wanderten. "Würdest du nicht auch sehen wollen, wie er Eier legt?", feixte sie.

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