Elýn beeilte sich. Jetzt, wo sie sich entschlossen hatte, die letzte Chance für diesen Tag zu nutzen, wollte sie dies auch so gut tun, wie es ihr möglich war. Sie hatte kaum Augen für ihre Umgebung, achtete lediglich darauf, die Leute, die ihr entgegen kamen oder an denen sie sich, genervt, weil sie so langsam und dicht beieinander liefen, vorbei drängen musste, nicht um zulaufen. Die goldenen Augen wurden zusammen gekniffen, kritisch sah sie zur Sonne hin, die sich langsam aber sicher, immer weiter gen Erde senkte.
Schließlich gelangte sie zu ihrem Ziel. Im Moment fühlte sie sich wie ausgestopft, so satt war sie von Margots Huhn, und es erschien ihr absurd, gerade mit so einem vollen Magen wie ihrem, Essen besorgen zu wollen. Wahrscheinlich brauchte sie morgen früh nicht einmal etwas und hatte für den Morgen schon kräftig vorgesorgt. Trotzdem fühlte sie sich sicherer, wenn sie ihre häuslichen Vorräte aufgefüllt wusste.
Zu ihrer Überraschung waren noch viele Menschen unterwegs. Viele jedenfalls, wenn man die Tageszeit bedachte. Gleichzeitig war sie auch froh über diesen Umstand, bedeutete das doch, dass wenigstens noch ein paar Händler hier waren und sich sicherlich nicht die Chance entgehen lassen würden, Spätzünder wie sie, noch etwas an zudrehen – Elýn befürchtete, dass sie gerade deshalb noch etwas tiefer in den Geldbeutel greifen würde müssen.
Sie schüttelte die unnützen Gedanken ab, was nützte es auch, das Überlegen würde eh nichts an den Preisen ändern. Da blieb nur die alte Variante, das Handeln. Darin war sie sogar recht gut. <b>Ich werde die Preise schon drücken können. Und wenn ich dazu ihren Geduldsfaden bis zum Äußersten spannen muss!</b>, dachte sie selbstsicher und ging auch gleich auf den erst besten Stand zu. Da ihr nicht mehr alle Zeit der Welt, oder eher des Tages, blieb, flog ihr Blick schnell, aber nicht gänzlich ohne genaueres Begutachten über die Waren. Sie hatte Glück und fand schon beim dritten Stand einen Großteil dessen, was sie beabsichtigte, zu kaufen. Es lächelten sie da so einige Dinge an: Brot, Käse, Fleisch, Obst, Gemüse, Pilze... die Auswahl war einfach riesig und sie wollte am Liebsten alles kaufen. Da sie aber keine Lust hatte, den halben Stand nach Hause zu schleppen, überlegte sie sorgfältig, was sie wirklich brauchte. Sie hatte ja nicht einmal einen Korb dabei.
"Guten Abend, werte Dame. Wonach begehrt es Euch denn?" Die dunklen Augen des Händlers lagen erwartungsvoll auf Elýn, die seinen Blick und den Gruß gekünstelt lächelnd erwiderte. "Wie viel wollt Ihr für den Käse?", fragte sie nach. Am Liebsten hätte sie von den anderen Dingen auch gleich den Preis erfahren, wollte aber nicht zu gierig erscheinen, da der Mann sicher einen Vorteil davon für sich heraus geschlagen hätte. "Oh, der beste Käse, den ihr je gegessen habt! Entstand durch die Milch der Ziegen in der Stillen Ebene. Sehr köstlich!" Der Mann nickte bekräftigend und rieb sich kurz über den Bauch. Elýn bedachte ihn mit einem ungläubigen Blick und machte ein noch längeres Gesicht, als er 2 Goldmünzen für den Käse verlangte. "Den Preis ist der Käse wirklich wert!", versicherte er ihr, "Ich gebe euch noch ein paar Streifen von dem Ziegenfleisch dazu, was haltet Ihr davon?" Elýn wog, scheinbar überlegend, den Kopf hin und her, hatte sich aber schon entschieden. Das Angebot klang fair. "Also gut, packt mir das ein. Dann noch ein Laib Brot, Dörrfleisch vom Schwein, wenn ihr so etwas habt, etwas Schinken und dann nehme ich noch die Trauben, Pflaumen und Äpfel." Ihre Hand verharrte Richtung des Dörr-Obstes, auf das sie zeigte. Der Händler wollte ihr noch mehr andrehen, sie lehnte jedoch entschieden ab, tröstete ihn jedoch damit, dass sie ein anderes mal mehr von ihm kaufen würde. Ob sie dies in die Tat umsetzen würde, würde sich erst zeigen, wenn sie heraus gefunden hatte, wie seine Ware schmeckte.
"Das macht dann 13 Goldmünzen", verkündete er sein Rechenergebnis. Seine Augen funkelten, hatte er doch nicht mehr erwartet, heute noch so viel einzunehmen.
"13 Goldmünzen? Das kann doch nicht Euer Ernst sein! Wollt Ihr eine Frau wie mich so spät noch arm machen und in die Gassen zum Schlafen treiben?" Sie machte ein ernstes Gesicht.
"So arm scheint Ihr nicht zu sein, so wie ihr zugeschlagen habt", erwiderte er freundlich mit einem schalkhaften Blitzen in den Augen, "aber für Eure Mühe und da ich nicht will, dass eine hübsche Dame wie Ihr im Dreck schlafen muss, reichen mir auch 11."
<b>Sympathisch ist er. Und klug stellt er es auch an, muss ich zugeben.</b> Mit einem Seufzen gab sie sich geschlagen und überreichte ihm die Goldmünzen, um dann einen von ihm kleinen gepackten Korb mit den erstandenen Waren entgegen zu nehmen.
"Vielen Dank der Herr. Auf gute Geschäfte." Grüßend hob sie die Hand und wandte sich mit einem Lächeln ab. Nun schritt sie deutlich langsamer an den anderen Ständen vorbei, hatte sie doch jetzt das Nötigste. Dennoch ließ sie es sich nicht nehmen, über den Markt zu trödeln, vielleicht fand sich doch noch irgendetwas Interessantes, Ungewöhnliches oder Leckeres.
Der Mann hatte es ihr schwerer als manch andere gemacht, zu verhandeln. Irgendwie hatte sie heute viel zu gute Laune und ihr fiel auf, dass sie den gesamten Tag über recht nett gewesen war.
<b>Shahnta könnte meinen, das Eis schmilzt doch noch und gibt mein eigentlich warmes Wesen frei</b>, dachte sie mit einem Hauch von Sarkasmus, als sie sich die Worte ihrer Freundin in den Kopf rief. Sie ließ es nie aus, sie darauf aufmerksam zu machen, wenn sie mal nicht kalt und abwesend war. Der vergangene Tag wäre ein gutes Fressen für die Freundin gewesen. Elýn lief schmunzelnd weiter.
[Ich zieh mir mal 11 Goldmünzen ab, habe mich an der Tabelle auf der Website orientiert


