Begegnung mit dem Schatten

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Elyn Xolrac
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Begegnung mit dem Schatten

Beitrag von Elyn Xolrac » Mittwoch 9. April 2008, 10:56

[Komme mit Razillis von Die Schenke zum "Seemann" --> Die Schenke]

Gemächlich und guter Laune schlenderte sie auf den Straßen der Stadt entlang. Sie passierte viele Häuser und genoss diesen ruhigen Abend. Durch den kleinen Spaziergang hatte sie mal etwas Zeit für sich, bevor sie sich wieder in die Menge stürzen würde. In Gedanken ging sie durch, was sie zu Hause noch an Essen hatte und überlegte, ob es nicht besser wäre, am nächsten Tag auf dem Markt einkaufen zu gehen. Sie dachte also an nichts Böses, nur an Einkäufe, erinnerte sich an Leute, deren Begegnungen sie erfreut hatten und mutmaßte über das Wetter am nächsten Morgen.
<b>Nunja, etwas Zeit ist bis dahin ist ja noch.</b>
Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute hinauf zum Sternenhimmel. Die Nacht war wolkenlos, wenn auch trotzdem kühl. Früher hatte sie sich oft vorgestellt, dass jeder helle Punkt dort oben auf dem dunkelblauen Hintergrund für einen Verstorbenen stand. Dass sie hinab sahen und ihr restliches Leben lang die Lebenden beobachten. Manchmal hatte sie sich gefragt, ob auch ihre Mutter zu ihr hinab sah. Ob sie gerne sah, was ihre Tochter anstellte. Doch nie hatte sie länger darüber nachgedacht, denn bei dem Gedanken an ihre Mutter zog sich ihr Herz schmerzlich zusammen. So wie auch jetzt.
Sie schüttelte etwas den Kopf und damit die Gedanken ab und betrachtete stattdessen die Dächer der Häuser, die die Gasse bildeten, durch die sie lief. Die Dächer reichten ein Stück weit in die Straße hinein, sodass sie nur noch enger wirkte. Verstohlen sah sich Elýn in der dunklen Gasse um, doch es war niemand hier. Auch wenn ihre Haltung Selbstbewusstsein ausstrahlte und sie mutig dreinblickte, war das alles doch nur eine Fassade, um unnahbar zu wirken und so, als könnte sie sich wehren. Viele der Straßen behagten ihr Nachts nicht, wenn sie nicht sah, ob jemand in ihrer Nähe war. Aber der Weg durch ihnen hindurch war nun einmal unumgänglich.

Erleichtert atmete sie auf, als sie nur noch ein paar Schritte vom Torbogen entfernt war, der sie in eine breitere Straße entlassen würde. Sie lächelte sogar schon...
... und zuckte dann so heftig zusammen, dass allein diese Bewegung jemand anderes hätte erschrecken könnte. Zum Beispiel den Dunkelelfen, der urplötzlich vor ihr aufgetaucht war und sie durchdringend anstarrte.
Elýn glaubte, ihr Herz würde stehen bleiben und musste sich anstrengen, wieder zu Atem zu kommen. Ihre Augen starrten, weit aufgerissen, den Mann vor sich an. Willkürlich hatte sich eine Gänsehaut auf ihren Armen ausgebreitet und kalte Schauder jagten ihr über den Rücken. Zuerst flackerte Unsicherheit und Angst in den hellen Augen, doch dann erinnerte sie sich daran, was sie mit der Zeit gelernt hatte... unnahbar und stark wirken, egal wie ängstlich man war. Und ihre Angst war in diesem Moment unbeschreiblich groß.
Sie stand eingekesselt zwischen den Seitenwänden des Torbogens und dem Dunkelelfen vor sich. Die Flucht nach hinten würde nicht funktionieren. Zuerst hatte sie gedacht, Saaghal wäre es, aber schnell erkannte sie, dass es nicht der Klettendunkelelf war.. was sie nicht gerade beruhigte, wie sie feststellte.
Strahlte ihre Haut im Lichte noch etwas bläulich und eiselfenhaft, so trat nun deutlicher der Grauton in der Dunkelheit hervor.
Sie versuchte ihren Gegenüber einzuschätzen, aber sie scheiterte. Sie straffte die Schultern und ging dann zielgerichtet auf ihn zu, um an ihm vorbei zu laufen. "Nun, mein Hübscher. Ich arbeite nicht in herunter gekommenen Gassen. Wenn du mich tanzen sehen willst, solltest du dir ein gemütlicheres Plätzchen dafür aussuchen oder gleich in die Tavernen kommen und mir nicht auflauern wie ein hungriges Hündchen, das es nicht erwarten kann..."

Ohja, Elýn hatte sich wieder gefasst. Wenn sie auch überaus freundlich klang, und ihr Lächeln ebenfalls von nichts anderem sprach, so machten ihre Worte durchaus deutlich, dass sie weg von hier wollte. Sie wollte sich an ihm vorbei zwingen, auch wenn es ihr ganz und gar nicht behagte, ihn dabei berühren zu müssen und so nah zu kommen. Doch sie musste stark wirken und dürfte nicht zögerlich handeln, sondern mit gespielter Etschlossenheit, während sie im Inneren wie Espenlaub zitterte.

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Elyn Xolrac
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Re: Begegnung mit dem Schatten

Beitrag von Elyn Xolrac » Mittwoch 9. April 2008, 16:20

Es war als würde die Zeit still stehen. Doch mit jeder Sekunde, die verstrich, fühlte sie sich auf seltsame Weise sicherer. <b>Er hat mich noch nicht angegriffen. Wäre das seine Absicht, würde ich schon längst am Boden liegen...</b> Ja, es war ein Strohhalm, an den sie sich klammerte. Aber es klang irgendwie schlüssig in ihren Ohren.
Sich etwas sicherer fühlend, machte sie Anstalten, an ihm vorbei zu gehen, da schnellte sein Arm plötzlich vor. Elýn konnte sich gerade noch zusammen reißen, um nicht abermals zusammen zu zucken, wodurch sie gezeigt hätte, was sie eigentlich fühlte. Fest sah sie zu ihm auf, ihre Stirn hatte sich in Falten gelegt und ihr Blick war schlagartig unfreundlicher geworden. Doch er erwiderte nicht ihren Blick, sondern sah an ihr hinab. Sie nutzte die Gelegenheit, um ihn zu mustern und ihre Chancen einzuschätzen. Über seine Schultern ragten die Griffe von zwei Schwertern und die befiederten Enden von Pfeilen hervor. Sein Gesicht war markant und strahlte ungeheure Kälte aus. Er passte in das typische Bild eines Dunkelelfen. Jetzt war sie sich schon nicht mehr so sicher, ob sie hier heil heraus kommen würde. Er war bestimmt ein eiskalter, berechnender Mann.. wenn nicht sogar ein Mörder. Ihr war kälter geworden und aus der Gänsehaut wollte sich ein Zittern entwickeln, aber sie ließ es nicht zu.
"Und was treibt Euch dann gerade nach Anduine, wenn es so viel schönere Orte gibt als diesen? Tänzerinnen findet ihr an jeder Ecke." <b>Wenn auch nicht so gute wie mich</b>, fügte sie noch eingebildet in ihren Gedanken hinzu. Kurz wunderte sie sich, dass er überhaupt wusste, dass sie Tänzerin war. Allerdings verbreiteten sich schnell Geschichten über sie, also war es eigentlich kein Wunder oder etwas Mysteriöses, dass er darüber Bescheid wusste.
Dass er ein Gespräch mit ihr begann, bestätigte jedoch ihren ersten Gedanken und bekräftigte sie. Zuerst fasste sie den Plan, ungemein freundlich zu sein und ihn zu umschmeicheln, damit er sich fühlte, als würde er in Butter schwimmen.
Doch dann kam er ihr näher. Von so nah wirkte er nur noch unheimlicher und bedrohlicher auf sie. Obwohl er nicht allzu viel größer als sie war, war er wirklich gut darin, dass sie sich bedroht fühlte. Nicht zuletzt wegen der Worte und seiner Wortwahl. Sie wusste nicht, ob der Titel <i>Prachtweib</i> ihr nun schmeicheln oder sie beängstigen sollte. Es traf wohl Letzteres zu, nicht zuletzt wegen seiner rauen, leisen Stimme, die sie nun doch erzittern ließ. Unwillkürlich wollte sie zurück weichen, erstarrte aber in der Bewegung, als er ihr eine Strähne des Haares zurück schob. Sein Kommentar über ihre Hautfarbe ließ sie schwer schlucken. Sobald ein Dunkelelf heraus gefunden hatte, dass sie nicht eine reine Eiselfe war, sondern auch teilweise Dunkelelfenblut in ihren Adern floss, war er nie gut auf sie zu sprechen gewesen. Dieses Volk war zu eitel, als dass sie es gutheißen würden, dass ihr Blut vermischt wurde. Elýn verstand nicht, wieso man so erhaben denken konnte, nicht zuletzt, weil es ihr zum Nachteil war.
Sie wog ihre Chancen ab und überlegte, wie sie am Besten reagieren sollte. Freundlich, umgarnend? Oder doch lieber unfreundlich und frech, so wie sie es am Liebsten frei heraus gesagt hätte? Sie konnte Razillis nicht einschätzen und es war schwer abzuschätzen, wie er auf was reagieren würde. Bis jetzt hatte sie noch weitesgehend geschwiegen, war ihre Kehle doch wie zugeschnürt. Doch jetzt fasste sie den Mut und schluckte den Kloß, der ihr im Hals lag, hinunter.

"Ich freue mich, dass ich Euch aufgefallen bin, allerdings wären mir andere Umstände lieber gewesen. Ein Gespräch mit einer Dame beginnt man zumeist anders, wisst Ihr? Aber an den Plätzen, die Ihr kennt, scheint man es vergessen zu haben, Euch zu lehren. Glaubt ja nicht, dass Ihr etwas über mich erfahren werdet."
Gut, der Vorsatz, freundlich zu sein, war schneller verflogen, als sie beabsichtigt hatte. Zwar klang ihre Stimmte noch immer ruhig, was aber nicht die Worte selbst abschwächte. Nun machte sie einen Schritt rückwärts, behielt ihn dabei jedoch genau im Auge.
"Ihr solltet Euch ein anderes Opfer für Eure Späße suchen." Es war eine Mischung aus Angst und Panik, die sie diese Worte sagen ließen. Und zum Teil war es auch Wagemut, als sie sich herum drehte und die Gasse zurück lief, nicht schnell, sondern im normalen Tempo.
<b>Bitte lass' ihn mich nicht verfolgen</b>, flehte sie stumm und versuchte aus den Augenwinkel so viel wie möglich zu erkennen. Dabei machte sie eine gerade Haltung, ihre erster Gedanke hatte sie während den letzten Minuten immer weiter bekräftigt. <b>Er wird dich nicht töten, er wird dir nichts antun...</b> Sie hoffte stumm.

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Elyn Xolrac
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Re: Begegnung mit dem Schatten

Beitrag von Elyn Xolrac » Mittwoch 9. April 2008, 21:07

<b>Er wird dir nichts tun. Er wird dich in Ruhe lassen und verschwinden.</b> Immer wieder redete sie sich gut zu, und unterdrückte den Drang, zurück zu sehen. Und trotz der Worte, die in ihrem Kopf so beruhigend klangen, war sie sehr erstaunt, als sie einige Straßen weiter bemerkte, dass er sie wirklich nicht verfolgte.
<b>Kann das sein? Habe ich mir das alles nur eingebildet? Jeder andere Dunkelelf wäre mir an den Hals gesprungen.</b> Wie um Schutz zu suchen, schlossen sich ihre Finger um das goldene Amulett um ihren Hals, während sie ungläubig den Kopf schüttelte. Wem auch immer sie es zu verdanken hatte, noch unverletzt und am Leben zu sein, sie war froh, dass es ihn gab.
Sobald eine Taverne in Sicht kam, die ihren Ansprüchen genügte, schlüpfte sie hinein. Sie ließ sich noch in einer weiteren Taverne blicken, um da zu tanzen, wobei sie immer widerwillig hinaus in die Nacht ging, um ein neues Gasthaus aufzusuchen. Doch irgendwann fand sie sich damit ab, dass der Dunkelelf ihr tatsächlich nicht zu folgen schien und als der Tag heran nahte, hatte sich ihre Laune wieder gehoben.
<b>Jetzt noch etwas essen und dann schöön bis zum Mittag schlafen. Hm, ein Bad könnte ich eigentlich auch vertragen</b>, ging sie im Kopf noch alles durch, was sie noch erledigen musste, bevor sie zu Bett gehen konnte.
Leichtfüßig und mit einem Lächeln schritt sie die Straße hinunter, durchquerte Anduines Straßen und Gassen, bis sie schließlich im Wohnviertel angelangt war. Je näher sie ihrem Häuschen kam, desto besserer Laune wurde sie. Die Nacht und das Arbeiten hatte sie geschafft und sie war heilfroh, in ihr sicheres Heim zurück zu kehren.

[Weiter in Wohnviertel Andunies --> Elýns Unterkunft]

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