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Die Mondsteinhalle

Verfasst: Mittwoch 15. Januar 2020, 05:53
von Erzähler
Sarin kommt von Sarins Schneiderstube im Anwesen der Stadtherrin

Schon von weitem konnte Sarin das heitere Getuschel, leises Lachen und angeregte Sprechen hören und als sie in Lariels Windschatten um die letzte Ecke des Korridors bog, sah sie es auch. Die Feierlichkeiten hatten bereits begonnen. War sie zu spät? Offenbar nicht. Lariel hatte nichts in dieser Richtung erwähnt. Sie kam also genau zu jenem Zeitpunkt, den ihre Herrin sich auserkoren hatte, auch wenn es nicht direkt zum Einlass der Gäste gewesen sein konnte. Denn die gewaltigen Flügeltüren, welche eine ovale Form besaßen und aus blassviolettem Milchglas bestanden, waren zur beiden Seiten hin schon geöffnet worden. Flankiert wurden sie von Nachtelfenwächtern in ihren Prunkrüstungen. Sarin wusste, dass sie darunter den kostbaren Nachtelfenstoff trugen, den sie selbst schon mit eignenen Händen bearbeitet hatte. Er schützte vor dem Sonnenlicht der Oberfläche und man sollte meinen, hier unten im Palast hätten diese Nachtelfen nichts zu befürchten. Aber ihre Herrin Mentára Tronás ging immer auf Nummer sicher. Sie überließ nichts dem Zufall.
So konnte es kein Zufall sein, dass Lariel sie ausgerechnet jetzt zum Ball brachte, wo vor den Türen einige der Adligen sich für einen Plausch abseits des Tanzbodens und der Ränkespiele versammelt hatten. Hier fand man die meistens schon versprochenen und somit für das Spiel der Nachtelfen aus dem Rennen geworfenen Töchter und Söhne einzelner Adelshäuer an. Ihre Väter zeigten sich innerhalb des Saales, sprachen miteinander und schmiedeten Pläne für gemeinsame Handelsabkommen oder sonstige Fusionen, die durchaus auch Ehevermittlungen beinhalteten. Da waren die versprochenen Kinder bereits heraus. Dennoch mussten sie sich präsentieren, teil des Spiels sein und mit ihrer Anwesenheit zeigen, wie wunderbar ihre Eltern sie bereits unter die Haube gebracht hatten. Eine wahrlich langweilige Angelegenheit, sah man von der Möglichkeit ab, sich mit Gleichgesinnten vor den Flügeltüren der Halle zu treffen und über das Eheleben zu sprechen, während man sich mit feinen Eulenfederfächern Luft zufächelte oder aus einem schlanken Glas den edlen Wein genoss, den nachtelfische Diener überall nebst kleinen Häppchen auf Tabletts durch die Gegend trugen.
Noch bevor Sarin die Flügeltüren erreichte, verstummten erste Gespräche bereits. Schmucke, adrette Nachtelfen in Anzügen teils aus ihrer eigenen Schneiderei richteten sich auf und reckten die Köpfe, um einen Blick auf die Elfe hinter Lariel werfen zu können. Ihre begleitenden Damen verbargen Emotionen hinter den Fächern oder steckten sogleich tuschelnd die Köpfe zusammen, während ihre Blicke auf Sarin gerichtet waren. Es hatte den Anschein, als würde sie von Dutzenden von Nadelstichen durchbohrt. So viele Augen! Zum Glück war noch immer die sanfte Melodie aus dem Ballsaal zu hören, zu deren Klängen nachtelfische Tanzpaare das Bein schwangen, andernfalls hätte Sarin glauben können, die Zeit sei stehengeblieben.
"Da wären wir. Die Mondsteinhalle." Lariel blieb an der Tür stehen und wandte sich um. Er verneigte sich leicht, während er formell mit einer Hand einladend in die Halle hinein wies. Es war ihm in seiner Position nicht gestattet, den Saal zu betreten. Er würde in irgendeinem Bedientestenraum nahe des Eingangs darauf warten, für eine neue Aufgabe gerufen zu werden. Zuversichtlich lächelte er Sarin zu, während sich hinter ihr in einem distanzierten Halbkreis eine Traube der versprochenen Gäste aufbaute, um das weite Braut - das Ballkleid - zu bewundern.
"Nur Mut", forderte Lariel sie noch einmal auf. Die Halle würde sie nämlich allein betreten müssen.

Und was für eine Halle sich ihre Herrin da ausgesucht hatte! Ein gewaltiger, mit blassem Marmor gefliester Saal erstreckte sich vor ihr. Marmorsäulen reckten sich empor und stützten die wenigen tieferen Stellen des Deckengewölbes, das nach wie vor aus dem natürlichen Stein der unterirdischen Höhlen bestand. Hier und da spendete der sogenannte Leuchtende Purpurmantel, eine leuchtende Pilzart, sein mystisch blaues Licht. Vordergründig waren in die Decken und Wände der Halle jedoch Mondsteinlaternen eingefasst worden. Oval, wie übergroße Eier wölbten sie sich aus dem Gestein heraus, doch bestanden sie nur aus feinem Milchglas mit blassblauen oder violetten Farbzusätzen, damit das Fackellicht dahinter wie eine tanzende Seele im Inneren hindurch schien. Namensgebend jedoch war der gewaltige, dieses Mal echte Mondstein, der sich einem riesigen Deckenlicht gleich vom Zentrum des Gewölbes auf die Anwesenden herab senkte. Was immer ihn zum Leuchten brachte, konnte kein verborgenes Fackellicht im Inneren sein. Unter seiner Oberfläche schimmerte es ebenfalls blassblau und zartviolett und kleine Motten tanzten knapp unterhalb seiner Oberfläche. Deutlich tiefer, auf dem Parkett, drehten Tanzpaare ihre Kreise. Gewänder wirbelten mit jeder Drehung auf, bauschten Tüll und Seide und ließen sich von den Tanzpartnern in feinen Samtanzügen wie auf Wolken tragen. Passend zur Musik drehten sich alle im Rhythmus. Jedes Kleid wirkte wie eine Blume, die durch den Tanz selbst erblühte. Und an den vielen Säulen der Halle waren auch Blumen angebracht worden. Schwarze Rosen, um genau zu sein. Irgendeine Magie ließ sie selbst unterirdisch blühen, aber dass es Magie war, davon war auszugehen. Denn sie schimmerte und ließ winzige magische Funken über den Blüten tanzen, die tiefblauen Glühwürmchen gleich kam. Möglicherweise arbeiteten hier Schattenmagier mit nachtelfischen Absolventen der Energiemagie zusammen, die tapfer genug waren, sich an der Oberfläche in einem Kloster unterrichtet lassen zu haben. Genaueres ließ sich nicht sagen, aber dass der gesamte Anblick der Mondsteinhalle mindestens zu überwältigend war wie Sarins Brautkleid, das stand fest.

Nun hieß es, in all der Pracht die Stadtherrin zu finden. Das war nicht schwer, saß sie doch am Rande des Saalres auf einem schwarzen Samtsofa zwischen reich gedeckten Tischen und einem Tischbrunnen, der mit Wein gefüllt war. Ihr scharfes Profil zeichnete sich durch das nahe Licht eines wie eine riesige, weiße Eule geformten Kamins deutlich ab. Und in ihrem Beisein befanden sich mehrere Elfen, die eindeutig aus Mogeria stammen mussten. Sie besaßen nicht den perlmuttfarbenen Teint der Nachtelfen, sondern dunklere Haut und ein einschüchterndere Äußeres, selbst wenn sie keine Rüstungen trugen. Offenbar unterhielten sie sich gerade angeregt mit der Stadtherrin, aber allesamt befanden sich zu weit weg vom Eingang, als dass man hätte Details ausmachen können. Dazu hieß es, sich endgültig in die Höhle des Löwen zu wagen.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Mittwoch 15. Januar 2020, 16:30
von Sarin Kasani
Schon bevor auch nur ansatzweise die Stunde gekommen war, zu der es los gehen sollte, kroch schon die Aufregung gleich kleiner kribbelnden Tiere unter Sarins Haut umher. Das Warten zermürbte die sonst gestählten Nerven der Schneiderin und als es dann endlich klopfte, zuckte sie sogar leicht zusammen.
Lariels Reaktion auf ihr Aussehen entlockte ihr dann aber doch ein kleines schüchternen Schmunzeln, dass sie in ihrem Blick zu Boden zu verstecken versuchte. Natürlich kannte er die Gerüchte um das Kleid, jedoch der Anblick versetzte ihn in Staunen. Sein Blick war so ungewöhnlich, die Intensität so ungewohnt, Sarin wusste in diesem Moment nicht so recht damit umzugehen. Das Glitzern in seinen Augen irritierte sie, doch als er sich gefangen hatte und ihr die Hand hin steckte, ergriff sie leicht den dargebotenen Arm und war glücklich darüber, den Weg mit einem bekannten Gesicht gehen zu können.
"Ihr seht wahrlich bezaubernd aus, Frau Kasani.“
Sarin errötete leicht.
„...Es ist nicht weit"
, ließ er sie wissen, als er die Elfe aus der Schneiderei und die Gänge entlang führte.
"Für die heutige Feier hat Stadtherrin Tronás die Mondsteinhalle als Zelebrierungsort gewählt. Wart Ihr schon einmal dort? Nein? Sie wird Euch gefallen!"
Sarin folgte ihm schweigend, denn zu viel ging in ihrem Kopf herum, zu viel, als dass sie selbst aber auch nur einen klaren Gedanken hätte fassen können. In diesem Teil des Anwesens war sie noch nie gewesen. Alles war so liebevoll geschmückt und jene Damen und Herren denen sie begegneten, sahen alle so festlich aus. Viele Kleider und Roben erkannte sie wieder und auf die Reaktionen der Schaulustigen war sie schon gefasst gewesen. Das Tuscheln, die erhobenen Fächer, wenn sie vorbei schritt, die starrenden Herren, das alles hatte sie erwartet. Aber eben den Saal, die Herrlichkeit des Ortes an sich, die ließ sie einen Moment an Lariel Arm zögern.
"Da wären wir. Die Mondsteinhalle."
Lariel blieb an der Tür stehen und wandte sich um. Er verneigte sich leicht, während er formell mit einer Hand einladend in die Halle hinein wies, während Sarin ihre Hand noch nicht von seinem Arm genommen hatte und sich leicht in den Stoff krallte. Zuversichtlich lächelte er Sarin zu, während sich hinter ihr in einem distanzierten Halbkreis eine Traube der versprochenen Gäste aufbaute, um das weite Braut - das Ballkleid - zu bewundern.
"Nur Mut"
, forderte Lariel sie noch einmal leise auf. Die Halle würde sie allein betreten müssen.
Sarin nickte ihm langsam zu rief sich innerlich zur Ordnung, während sie mit großen Augen nach vorne sah und die Herrlichkeiten betrachtete. Sie wurde beobachtet und das war ja auch der Plan. Trotzdem war es ungewohnt so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und sobald sie noch einen Schritt machte, würde diese sich noch um ein Vielfaches potenzieren.
Noch kann ich weglaufen...
Doch auch wenn ihr Herz kurz über diese Möglichkeit nachdachte, so machte ihr gehorsamer Fuß schon den Schritt und ihr Gesicht zeigte das sanfte zarte Lächeln, dass sie in all den Jahren perfektioniert hatte. Es war nur eine Sekunde...
...ein Moment in dem sie sich nach vorne bewegte, den Arm streckte und langsam die Finger aus Lariels Ärmel löste, über seinen Arm bis zu den Fingerspitzen streifte und sich von ihm löste, entfernte, ohne ihn noch einmal anzusehen. Hätte er sie aufhalten wollen... oder können? Es war wie das Hinüber gleiten in ein anderes Leben, nicht nur das Betreten eines neuen Raumes, es war der Beginn eines neuen Kapitels. Sie ließ Lariel und viele Erinnerungen ihrer gemeinsamen Zeit, flüchtige freundliche Momente, aus denen vielleicht mehr entstehen hätten können, aber nie die Möglichkeit gehabt hatten zu wachsen, hinter sich zurück und machte sich auf in ein neues Abenteuer.
Sicher würde manch Held über diese Formulierung lachen, doch für Sarin war es das.
Sie war heute Nacht ein Abenteurerin. Sie lächelte und schritt zum „Altar“ der neuen Möglichkeiten, der in Form ihrer Herrin an einem Tisch in der Nähe des Kamins saß. Der große Eulenkamin sah auf sie hinab und es wirkte als behielte die Göttin selbst alles im Auge. Méntara Tronás sah beeindruckend aus wie immer. Die Herrscherin der Nachtelfen hatte scharfe Züge, die eine gewisse Strenge und gelegentlich auch Grausamkeit vermuten ließen. Aber sie war auch zeitlos schön und von besaß eine charismatische Ausstrahlung.
In angemessenem Abstand zu ihr blieb Sarin stehen, setze ein Bein nach hinten, ging tief in die Knie, beugte ihr Haupt. Der tiefe Knicks war perfekt ausgeführt und sie würde ihn halten, so lange, bis ihre Herrin ihr befahl, dass sie sich erheben durfte. Sarin würde ihr keine Schande machen!
Nun lag es an Méntara die Partie zu eröffnen. Die Figuren waren in Stellung gebracht und Sarin war ihre geduldige Dienerin.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Samstag 25. Januar 2020, 08:15
von Erzähler
Wer durch die Mondsteinhalle wandelte, der tanzte. Auch fernab des Parketts, auf dem sich die Paare mit wirbelnden Bewegungen drehten, fühlte man sich wie im Mondschein Manthalas gebadet und von ihrer nebelhaften Anmut persönlich geführt. Jede Säule, an der Sarin vorbei schlenderte, verströmte einen angenehmen wie gleichermaßen leicht benebelnden Rosenduft. Er machte irgendwie benommen und doch stieg dadurch kein Misstrauen auf. Vielmehr umschmeichelte der Duft zusammen mit allen anderen Eindrücken die Sinne, ohne jene zu trüben.
Je näher sie der kleinen Empore und dem Kamin kam, desto eher hörte sie ihn knistern. Schließlich erreichte Sarin ihr Ziel in Form von Stadtherrin Tronàs. Vor ihr verneigte sie sich, wie man es schnell bei Hofe zu lernen hatte. Mentàra mochte nicht den Titel einer Königin tragen, aber sie war selbst adlig und galt in ihrer Position als Verwalterin eines ganzen Reiches wie die Matriarchin persönlich. Nur Manthala stand noch über ihr und nur die Göttin möchte an diesem Abend schöner sein. Wobei Sarin sich offenbar mit ihr messen konnte, denn kaum hatte sie die Falten ihres Kleides durch die Verbeugung etwas ausgeweitet und den Kopf dabei gesenkt, hoben sich zahlreiche jener Personen, die zusammen mit der Stadtherrin am Kamin saßen. Es war nicht nur einer der dunkelhäutigen Elfen. Ehe sich ihr Blickfeld auf den eigenen Kleidstoff senkte, bekam Sarin die Gelegenheit, weitere Dunkelelfen zu erkennen, unter ihnen auch der Unteroffizier Ferndall mit der pechschwarzen Haut, den passenden Haaren und den blauen Augen. Er trug wieder seine Rüstung, die mehr dem Prunk und der Einschüchterung diente als in einer Gefahrensituation von Nutzen zu sein. Da gab es um ihn herum zwei weitere Dunkelelfen, denen man ihren Nutzen als Leibwache eher zusprechen konnte. Ihre Rüstungen lagen eng an, waren nicht vollkommen aus schwarzem Metall, sondern auch Leder der gleichen Farbe, was sie sofort beweglicher Machte. Bis an die Zähne bewaffnet schienen sie, denn selbst in einem Lederriemen, der ihnen quer über die Brust führte, blitzten eingehakte Wurfwaffen in Form kleiner silberner Fledermäuse auf. An ihren Hüften trugen sie Schwerter. Alles in allem sahen sie nicht danach aus, als könnte man sie zum Tanzen auffordern. Die beiden unter dem wachsamen Blick Iryan Ferndalls besaßen nur eine Aufgabe: den sitzenden Dunkelelfen zu bewachen.
Er war Sarin ebenfalls aufgefallen, denn man konnte nur schwer behaupten, ihn zu übersehen. Wenn man - und sei es nur klischeehaft - von Dunkelelfen sprach, zog niemand in Erwägung, dass es sich um keine schlanken und schönen Vertreter der spitzohrigen Völker handelte. Fürst Rhaikyn von Blutsdorn aber war ein schwer beleibter Mann. Er musste es sein, denn die aufmerksamen Augen einer Schneiderin erkannten das eigene Handwerk sofort. Golden blinkten die Knöpfe an der Hose auf, welche sie für den Fürsten repariert hatte. Und doch kamen sie kaum zur Geltung, als er sich erhob. Sarin hätte die Hose weiten sollen, damit der Dunkelelf sie auch bis zur Gürtellinie hätte ziehen können. So trug er sie unter dem Bauch, welcher sich mit einer speckigen Fettschürze darüber hängte. Man konnte nicht behaupten, dass Fürst von Blutsdorn stattlich war. Von Völlerei und Genusssucht gezeichnet, das war er! Ein schwer beleibter, älterer Elf, dessen schwarzes Haar an den Schläfen grau melierte Spuren aufwies. Er trug es überraschend kurz, ging es dem Fürsten doch gerade mal bis knapp zum Kinn, um so wenigstens die feisteren Wangen zu bedecken. Das Kinn war rundlich und nicht so fein geschwungen wie jenes von Iryan. Aus kleinen, grauen Augen betrachtete er Sarins Auftritt und erhob sich geradezu schwerfällig. Ein aufmerksamer Diener des Palastes eilte gerade rechtzeitig herbei, um zu verhindern, dass der Dunkelelf mit seiner Körperfülle das Tablett mit Häppchen neben sich zu Boden schubste.
"Ist sie das, werte Stadtherrin?" Er beherrschte Herendia, im Gegensatz zu seinem Unteroffizier.
Mentára Tronàs nickte ihm zu, dann streckte sie einladend ihre Hand aus und hob zusammen mit ihrer Stimme etwas an: "Fürwahr. Darf ich vorstellen? Sarin, aus dem Hause Kasani, Schneiderin meines Palastes und wie ich sagen muss, vortrefflich gekleidet. Erhebt Euch, Edle Kasani!"
"Nein, wartet"
, fiel der Fürst ins Wort und wedelte mit einer Hand. "Einen Augenblick noch. Ach, wundervoll. Das Kleid, wie eine im Mondschein blühende Lilie und so rein. Geradezu unschuldig und unbefleckt."
"Wie die Trägerin selbst..."
, erwiderte Mentára. "Aber wir wollen ihrem Rücken etwas Entlastung gönnen. Erhebt Euch, Sarin! Aber präsentiert Euch ruhig unserem Gast, dem Fürsten Rhaykin von Blutsdorn samt Gefolgschaft. Er stammt aus Morgeria und konnte es nicht erwarten, die ... nun, wie drücke ich es aus?"
"... die Retterin meiner Hose!"
"... äh, ja. Heldenhafte Schneiderin, Ihr habt Eindruck hinterlassen. So sehr, dass seine Durchlaucht Euch kennenlernen möchte. Kommt, Sarin, setzt Euch zu uns."
Die stadtherrin nahm erneut auf dem Sofa Platz. ihre schlanke Hand tätschelte das Polster neben sich. Sie wollte natürlich diplomatisch sein und dem Fürsten seinen Wunsch nach Sarins Erscheinen nicht ausschlagen. Aber sie wollte ihre Schneiderin dem feisten Mann offenbar auch nicht direkt zum Fraß vorwerfen. Sarin durfte im Schutz ihrer Herrin Platz nehmen, während die grauen Augen des Fürsten jede ihrer Bewegungen genau beobachteten.
Schließlich streckte er seine wurstfingrige Hand aus. Etikette besaß er trotz allem und in beiden Elfenreichen galt es als normal, der Dame zum Gruß den Handrücken zu küssen oder es wenigstens anzudeuten. Sarin konnte hoffen, dass Fürst von Blutsdorf auf einen echten Schmatzer ihrer Hand verzichtete. An seiner Unterlippe klebten noch einige Krümel irgendeiner Süßspeise.
"Geschätzte Jungfer Kasani, ich muss Euch unbedingt meinen Sohn vorstellen, nun da ich Euch in Augenschein nehmen kann. Wundervoll. Diese exotische Haut und Eure gertenschlanke Figur. Dieses Kleid! Ich kann mich von Eurem geradezu göttlich reinen Anblick kaum lösen. Wirklich Balsam für die Seele nach unserer beschwerlichen Reise."
"Befindet sich Euer Sohn noch auf der Tanzfläche, Fürst von Blutsdorn?"
, fragte Mentára Tronás, während sie den Kopf ein wenig reckte, um genau zu jenem Parkett zu schauen. Der Fürst nickte nur. Er sah nicht hinüber. Nein, er konnte die Augen nicht von Sarin nehmen.
"Bestimmt ist er das. Ich kann ihn ja kaum davon abhalten. Tanzen ist eine Leidenschaft, ob im Ballsaal oder auf dem Schlachtfeld."
"Sarin, vielleicht wollt Ihr Euch ihm persönlich vorstellen? Ich habe noch einige Dinge mit dem Fürsten zu besprechen, die eine Schneiderin gewiss mit Langeweile straften. Euer Kleid ist zu schön, um auf dem Sofa einzustauben. Tanzt, meine Liebe und knüpft Kontakte zum jungen Fürsten von Blutsdorn."

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Sonntag 26. Januar 2020, 10:57
von Sarin Kasani
"Ist sie das, werte Stadtherrin?"
Der rundliche Fürst neben Sarins Herrin sprach in ihrer Sprache, was die Verständigung schon mal sehr vereinfachte. Seine Leibesfülle dehnte die Stoffe über seinem Körper und sofort fielen Sarin an die 50 Kleinigkeiten ein, die sie gern daran ändern würde um seiner Freude am Genuss Raum zu geben und ihn doch vorteilhaft wirken zu lassen. Jetzt lauschte sie erst einmal seinen Worten und behielt den Blick gesenkt, wie es sich gehörte. Nur durch ihre langen Wimpern hindurch erspähte sie die einladend ausgestreckte Hand Mentáras.
"Fürwahr. Darf ich vorstellen? Sarin, aus dem Hause Kasani, Schneiderin meines Palastes und wie ich sagen muss, vortrefflich gekleidet. Erhebt Euch, Edle Kasani!"
"Nein, wartet"

, fiel der Fürst ins Wort und wedelte mit einer Hand. Sarin verharrte weiter in ihrer Pose.
Gefällt ihm Unterwürfigkeit so sehr, dass er das Aufstehen verweigert?
, schoss ihr es durch den Kopf.
"Einen Augenblick noch. Ach, wundervoll. Das Kleid, wie eine im Mondschein blühende Lilie und so rein. Geradezu unschuldig und unbefleckt."
Vielleicht will er sich auch nur das Bild bewahren... wenn er ein Kenner ist, dann...
"Wie die Trägerin selbst..."
, erwiderte nun Mentára.
...warum unterstreicht sie meine Unschuld?...
"Aber wir wollen ihrem Rücken etwas Entlastung gönnen. Erhebt Euch, Sarin! Aber präsentiert Euch ruhig unserem Gast, dem Fürsten Rhaykin von Blutsdorn samt Gefolgschaft...“
Während Méntara weiter sprach, erhob sich Sarin elegant aus der Tiefe ihrer Haltung und richtete sich auf zu dem einst stolzen Schwan, der sie irgendwo in ihrem Innern noch war. Für ihre Herrin holte sie alles wieder hoch, was sie einst gelernt hatte. Zur Präsentation des Kleides ging sie ein paar Schritte halbmondförmig vor den Herrschaften auf und ab, damit sie das Kleid von allen Seiten sehen konnten und auch die raffinierte Rückansicht Eindruck machen konnte. Fort war die stille Dienerin, hier stand die Tochter des Hauses Kasani. Ob ihre Mutter stolz auf sie gewesen wäre? Die Herrin der Nachtelfen sprach derweil weiter:
„...Er stammt aus Morgeria und konnte es nicht erwarten, die ... nun, wie drücke ich es aus?"
"... die Retterin meiner Hose!"

Klang da ein anzüglicher Unterton mit? Sarin wusste es nicht so ganz zu deuten. Machte er sich lustig oder meinte er es ernst.
Was ist das hier für ein Spiel und zu welchem Zweck?
"... Äh, ja. Heldenhafte Schneiderin, Ihr habt Eindruck hinterlassen. So sehr, dass seine Durchlaucht Euch kennenlernen möchte. Kommt, Sarin, setzt Euch zu uns."
Durchlaucht...gut. Die Ränge scheinen ähnlich wie bei uns zu sein.
Merkte sich Sarin sogleich die korrekte Anrede des Gastes. Die Stadtherrin nahm erneut auf dem Sofa Platz. Ihre schlanke Hand tätschelte das Polster neben sich. Sarin durfte im Schutz ihrer Herrin Platz nehmen, während die grauen Augen des Fürsten jede ihrer Bewegungen genau beobachteten. Doch ein wenig erleichtert über den dargebotenen Platz an ihrer Seite, setzte sich Sarin neben ihre Herrin und lächelte sanft zu dem Fürsten hinüber. Ein angedeuteter Handkuss folgte.
"Geschätzte Jungfer Kasani, ich muss Euch unbedingt meinen Sohn vorstellen, nun da ich Euch in Augenschein nehmen kann. ...“
Ein Sohn...
„...Wundervoll. Diese exotische Haut und Eure gertenschlanke Figur. Dieses Kleid! Ich kann mich von Eurem geradezu göttlich reinen Anblick kaum lösen. Wirklich Balsam für die Seele nach unserer beschwerlichen Reise."
"Befindet sich Euer Sohn noch auf der Tanzfläche, Fürst von Blutsdorn?"

, fragte Mentára Tronás, während sie den Kopf ein wenig reckte, um genau zu jenem Parkett zu schauen. Der Fürst nickte nur. Er sah nicht hinüber, so dass Sarin seinem Blick nicht folgen konnte. Sie behielt ihn lieber im Blick und lächelte höflich. Nein, er konnte die Augen nicht von ihr nehmen, was sie doch etwas hoffen ließ.
Vielleicht ist er wirklich ein Freund der schönen Künste...?...und des Genusses und weniger der Gräueltaten, die man seinem Volk nachsagt.
"Bestimmt ist er das. Ich kann ihn ja kaum davon abhalten. Tanzen ist eine Leidenschaft, ob im Ballsaal oder auf dem Schlachtfeld."
Sarin löste den Blick von seiner Durchlaucht und ließ nun ebenfalls ihr Auge über die Tanzfläche streifen, bis gleich darauf ihre Herrin direkt das Wort an sie richtete:
"Sarin, vielleicht wollt Ihr Euch ihm persönlich vorstellen? Ich habe noch einige Dinge mit dem Fürsten zu besprechen, die eine Schneiderin gewiss mit Langeweile straften. Euer Kleid ist zu schön, um auf dem Sofa einzustauben. Tanzt, meine Liebe und knüpft Kontakte zum jungen Fürsten von Blutsdorn."
Sarin senkte ergeben ihr Haupt und sprach, während sie sich mit einem weiteren Knicks erhob:
„Sehr gern. Habt Dank, meine Herrin. Ich muss nur eine kleine Änderung zuvor vornehmen. Es dauert nur eine Minute... Durchlaucht, ihr entschuldigt mich.“
Bevor sie jedoch die Tanzfläche ansteuern konnte musste sie sich um ihre Schleppe kümmern. Der „Zauber“, den sie wirken musste, der war mit vier Händen leichter zu bewerkstelligen als mit zwei. Sie brauchte Hilfe, denn auch wenn ihr Hochzeitskleid mit der langen Schleppe nicht so aussah, als könnte man damit tanzen, so wohnte ihm doch dieser Zauber inne. Also ging sie in Richtung Ausgang an den Tänzern vorbei und beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Der Sohn des Fürsten dürfte auffallen wie ein bunter Hund unter lauter grauen Mäusen. Jetzt ging sie jedoch zielstrebig zu Lariel, der bei den anderen Bediensteten warten müsste und winkte ihn zu sich. Mit gesenkter Stimme lotste sie ihn beiseite.
„Bitte nimm die beiden Spitzen der Schleppe und hob sie mir über meine Schultern. Da ist ein Band im Saum eingenäht. Du kannst es ertasten, es ist etwas härter. Ja genau dort.“
Lariel war ihr natürlich gern behilflich und seine Finger fanden schnell den beschriebenen Teil des Kleides. Er hob die Schleppe an und reichte sie Sarin von hinten über die Schulter, die erst auf der einen Seite und dann auf der anderen jeweils eine kleine verborgene Schlaufe befreite und sich an den äußersten Rand ihres Ausschnitts band. Dort waren ebenfalls zwei kleine Bänder verborgen.
„Gut, du kannst jetzt los lassen.“
sobald Lariel das tat, ergoss sich die Schleppe nun wie ein Wasserfall Sarins Rücken hinunter. Die langen seitlichen weißen Seidentücher lagen wie angelegte Flügel eines Vogels gleich an ihren Seiten und der transparente Mittelteil floss in sanften Wellen ihres Rückseite hinab, bis knapp über den Boden. Die eingenähte Kordel im Saum zog sich mit dem Eigengewicht des leichten Stoffes nun von selbst zusammen und raffte an vorgegebenen Stellen den Stoff, so dass die „Flügel“ noch plastischer wirkten und unten spitz zu liefen.
„Danke, jetzt bin ich bereit.“
Sie sah noch einmal Lariel an, ignorierte gegebenen Falles die umstehenden gaffenden Augen der anderen Bediensteten und Gäste und ging zurück zu den Tanzenden. Schwebend näherte sie sich den Tänzern und hielt Ausschau. Ein wenig aufgeregt war sie schon. Ihr letzter Tanz war nun schon einige Jahre, nein, Jahrzehnte her und ganz sicher war sie sich in dieser Sache nicht. Sie hoffte einfach, dass der Vater die Fähigkeiten seines Sohnes nicht über den Klee gelobt hatte und er hielt was er versprach zu sein...
… ein Tänzer im Ballsaal oder auf dem Schlachtfeld.
Dann sollte er ja wohl führen können und es seiner Partnerin leicht machen.
Neugierig sah sie sich um, bis sie den Erbprinzen des Fürstentums zu Blutsdorn entdeckte und ihn dann in einem passenden Moment ansprach:
„Durchlaucht, verzeiht, seid ihr der Erbprinz des Fürsten zu Blutdorn? Man wünscht, dass ich mich persönlich vorstelle.“
Sarin wartete auf eine Bestätigung, sollte es auch nur ein Nicken sein.
„Mein Name ist Sarin Kasani. Ich hörte von euren Vater, ihr tanzt gerne...“

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Donnerstag 6. Februar 2020, 07:17
von Erzähler
Wie Fürst Raikhyn von Blutsdorn ihr noch kurz zuvor selbst gegenüber erwähnte, konnte er den Anblick nicht von Sarin nehmen. Auch jetzt noch schaute er ihr nach, als sie sich Richtung Tanzparkett und zentraler in die Halle begab. Der Fürst beobachtete jede ihrer Bewegungen und leckte sich verstohlen über die Lippen, die Handflächen um beide Knie gelegt, um Haltung zu wahren. Er war angespannt wie ein lauerndes Tier, das sich in Geduld üben musste, um nicht gleich auf seine Beute loszuspringen und ihr dann doch die Millisekunde zu gewähren, die es für eine geglückte Flucht brauchte.
Mentarà Tronàs bemerkte es. Sie drehte kaum den Kopf, sondern gab sich ebenfalls so, als schaute sie Sarin bei ihrem Abgang nach. Doch ihre Augen blitzten in den Winkeln auf und nahmen den Dunkelelfen in den Fokus. "Ihr findet persönlichen Gefallen an meiner Schneiderin", stellte sie fest. "Ich frage mich, ob Ihr hierbei nur der Kurator seid, auf der Suche nach einem besonders schönen und talentierten Schmuckstück oder ob es nicht einfach nur die Sehnsüchte eines Mannes nach der Exotik anderer Kulturen ist."
Fürst von Blutsdorn ließ sich nicht beeindrucken. Die Stadtherrin des Nachtelfenreichens mochte geschickt im Ränkespiel sein, doch zu ihrer Seite saß ein Morgerianer, der schon aufgrund seiner Heimat und seines Standes eine unfreiwillige Ausbildung in diesen Dingen genossen hatte. Der Fürst holte tief Luft und lehnte sich etwas zurück, ohne den Blick von Sarins Rücken zu nehmen.
"Ich hoffe, Ihr erlaubt Euch mit Letzterem einen heiteren Spaß, werte Stadtherrin. Faldors Wille war es, dass ich auf das Fräulein Kasani aufmerksam wurde und ich wusste, mein Gott würde mich nicht enttäuschen. Er hat die Fäden gesponnen, dass ich meinen Sohn hier und heute im Gespann habe. Er zeite mir die reine Unbeflecktheit in Form Eurer Schneiderin ... und ihres Kleides. Wahrlich, eine Sehnsucht treibt mich nun an. Das ist richtig." Seine Stimme senkte sich in Gefilde, die man mit dem tiefen Streichen eines Basses oder Cellos untermalte. Der Blick verengte sich ein wenig wie auch der Abstand zwischen den Beinen des Fürsten. Seine Hände umfassten die eigenen Knie etwas fester. "Ich kann es kaum erwarten, die reinen, vollen Blutstropfen der Entjungferung auf diesem Hochzeitskleid vorzufinden..."
Mentàra verzog keine Miene. Sie lauschte nur aufmerksam.

Von dem leise geführten Gespräch bekam Sarin schon nichts mehr mit. Sie bewegte sich auf die Tanzfläche zu, den Blick aufmerksam nach dunkelelfischen Anzeichen ausgerichtet. Sie sollte nicht enttäuscht werden. Immerhin war es nicht schwer, den Sohn des Fürsten zu entdecken, sobald sie den Rand des Parketts erreicht hatte. Dort standen viele Nachtelfinnen und bewunderten den Tänzer, der das Holz im Zentrum der Halle nahezu allein eingenommen hatte. Direkt unter dem Schimmer der Mondsteinkuppel führte er eine im burgundfarbenen Rüschenkleid gehüllte Nachtelfe mit einer Leichtigkeit über den Tanzboden, dass man kaum sah, wie ihre Füße sich bewegten. Er ließ sie schweben und erweckte den Eindruck, dass pure Magie ihr Kleid aufbauschte, als er sie in der jüngsten Drehung einmal an den Hüften ergriff und fast über den eigenen Kopf hob. Die in den Rocksaum genähte Schleppe aus blassrosa Bausch flatterte in einem geisterhaften Schweif unter ihr her. Hätte diese Nachtelfe Flügel besessen, man hätte sie als die Fee des Abends in Erinnerung behalten. Und dennoch sollte sie so nur das schmückende Beiwerk sein. Die allgemeine, vordergründig weibliche Aufmerksamkeit lag auf dem Exoten aus Morgeria.
Selbst in seiner eher schlichten Kleidung stach er heraus. Dabei konnte gerade Sarin erkennen, dass sein Anzug bewusst so gehalten war. Er trug schwarzen Samt mit einer Brokatmusterung an den Seiten der Hosenbeine, die sich mit jener seines Unterrocks deckte, welcher zwischen dem schwarzen Frack und dem fliederfarbenen Seidenhemd befand. Letzteres harmonierte perfekt mit seinen Augen und dem Glanz in den Spitzen seiner silbernen Haare. Als schimmerte das Mondlicht selbst auf seinen Schopf ließ er auch dieses bei jeder Bewegung tanzen. Das fliederfarbene Band, das die schulterlangen Haare zusammenhalten sollte, hatte sich gelöst. Es lag irgendwo auf dem Tanzboden und der Elf samt seiner Partnerin schwebten gelegentlich einfach darüber hinweg. Der Verlust tat seinem Äußeren aber keinen Abbruch. Zauberhaft seidig war sein Haar, erinnerte Sarin sofort an die feinen Spinnweben der Tierchen ihrer Freundin. Ob es sich auch anfühlte? Das Flattern einzelner Strähnen weckte das Bedürfnis, sie berühren zu wollen und der Begriff Elfenseide mischte sich förmlich mit in die eigenen Gedanken.
Darüber hinaus war der junge Mann wesentlich adretter geraten als sein beleibter Vater. An dem Dunkelelfen war kein Gramm zu viel, im Gegenteil. Schlank und fast schon zierlich sah er aus, ohne dabei als schwächlich gesehen zu werden. Vielmehr unterstrich es seine Anmut, mit der er sich über das Parkett bewegte. Seine Haut schimmerte wie schwarzer Marmor und betonte vor allem die geraden Gesichtszüge, die feine, etwas längliche Nase und die hohen Wangenknochen. Unter die Augen hatte er sich winzige Amethystsplitter auf die Haut geklebt, so dass sie wie Erweiterungen seiner Fliederaugen funkelten, wenn sich das Licht darin brach. Die Wangen selbst waren mit einem sanften Rouge bedeckt und die Ränder der Augen hatte er mit einem Kohlestift nachgezogen, um seinen Iriden zusätzliche Tiefe zu verleihen. Er musste Sinnbild aller adretten Erotikfantasien vieler junger Frauen hier sein. Seine ausländische Herkunft verstärkte diese Träume sicherlich. Man wollte sich von diesem Mann in sein fernes Land entführen und all die Wunder Celcias zeigen lassen, die allein seine Anwesenheit bereits zu bieten hatte.
Unter dem erregten Seufzen seiner Tanzpartnerin und mit gedämpftem Applaus der Zuschauer endete der Tanz schließlich. Der eigentlich Partner der Nachtelfe musste ihr den Arm reichen, um sie von der Tanzfläche zu führen. Sie wirkte benebelt und kaum in der Lage, ohne die Führung eines Mannes eigenständig zu gehen. Der Dunkelelf hingegen gesellte sich an den Rand der Tanzfläche, wo Sarin auch sofort Iryan Ferndall entdecken konnte. Der arme Elf trug schon wieder die Prunkrüstung. Er würde also nicht tanzen, schien lediglich die Leibwache und zugleich Anstandsdame für des Fürsten Sohn spielen zu müssen. Aber auch Rückzugsort für jenen, der ihn mit einem Schmunzeln begrüßte, das sofort einie Damen in Sarins Umgebung nach Luft ringen ließ.
"Ich würde ihn sofort einladen, meinem Haus ein halbes Dutzend Erben zu zeugen", säuselte eine blasse Nachtelfe, als Sarin am Rand der Tanzfläche in Richtung beider Dunkelefen schlenderte und mit ihren Schritten die "Flügel" ihres Kleides sowie die lange Schleppe ein wenig in Wallung brachte.
"Ist das die Lady Kasani?"
"Sie sieht bezaubernd aus!"
"Ja, aber kennst du das Kleid nicht? Man sprach vom verfluchten Hochzeitsgewand mit den Flügeln der Schande."
"... die Sterne selbst sollen vom Himmel bis hinunter ins Nachtelfenreich gefallen sein, um sich auf ihre am Altar zurückgelassenen Stoffe zu legen..."
"... das verfluchte Kleid. Die zurückgelassene Braut..."

Das Tuscheln begleitete Sarin mit jedem Schritt und der Gang zum Fürstensohn kam ihr plötzlich wesentlich länger vor als er eigentlich war. Iryan jedoch entdeckte ihre Ankunft zuerst und machte seinen jungen Herrn durch ein Räuspern und Nicken in Sarins Richtung auf sie aufmerksam.
Wie seidig doch sein Silberhaar aufbauschte, als er sich in fließender Bewegung zu ihr herumdrehte! Man wollte es glatt streichen, seinen Kopf streicheln und sich in seinen magischen Augen darunter verlieren. Man wollte das Lächeln, das er aufgesetzt hatte, mit eigenen Lippen schmecken und die von der Ekstase entstandene Röte seiner Wangen in die verliebter Scham verwandeln.
"Sarin Kasani", wiederholte der junge Fürst in perfektem Herendia. Nicht einmal sein eigener Vater sprach es so dialektfrei. Er neigte das Haupt. Wieder fiel eine Silbersträhne zeitlupenartig in seine Stirn, schwebte dabei aber einen Deut zu lang in der Luft. Sie winkte Sarin! "Es ist mir eine Ehre, dass Ihr mir Eure Aufwartung macht. Ich bin Dhansair von Blutsdorn, erster Sohn Rhaikhyns von BLutsdorn und somit dazu auserkoren, die Erblinie meiner Familie fortzuführen." Sein Blick wanderte an Sarins Äußerem entlang und irgendwie wirkte sein Lächeln dadurch etwas mehr aufgesetzt. Es erreichte nicht mehr die Augen, deren helles Schimmern das Violett langsam verließ, je länger seine Pupillen an ihrem Kleid hingen. Schlussendlich kehrte sein Blick aber in Sarins Gesicht zurück und hellte sie wieder freundlicher auf. "Erlaubt mir zu erwähnen, dass Ihr wahrlich die schönste Elfe seid, die ich am heutigen Abend bewundern durfte. Wollt Ihr tanzen? Ich bin noch lange nicht außer Atem." An Dhansairs Seite verdrehte Iryan die Augen und schmunzelte.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Sonntag 9. Februar 2020, 11:53
von Sarin Kasani
Hätte Sarin gewusst, was für Worte da in ihrer ansehnlichen Rückansicht gesprochen wurden, so hätte sie vielleicht doch noch sofort die Flucht ergriffen. Aber die feinen Schicksalsfäden waren schon gesponnen und sie ging ihrem Auftrag entgegen.

Der Sohn des Fürsten war schon eine Augenweide und exotisch noch dazu, doch Sarin erlaubte sich nicht ihn lange zu bewundern, sie musste sich strategisch in Stellung bringen. Sie entdeckte Iryan Ferndall und näherte sich ihm. Ein kurzer Blick wurde getauscht und einander zugenickt. Der arme Elf trug schon wieder die unpraktische Prunkrüstung. Er tat ihr fast ein wenig leid und für einen kurzen Augenblick überlegte ihr Schneidergehirn, ob man ihm diese Gewandung nicht irgendwie bequemer machen könnte. So konnte er auf jeden Fall nicht tanzen, schien lediglich die Leibwache und zugleich Anstandsdame für des Fürsten Sohn spielen zu müssen. Aber auch Rückzugsort für jenen Adelssohn, der ihn mit einem Schmunzeln begrüßte, als der Tanz zu Ende war. Die Schneiderin schwebte langsam auf die beiden Herren zu und konnte die leisen flüsternden Stimmen der edlen Damen rings umher belauschen.
"Ich würde ihn sofort einladen, meinem Haus ein halbes Dutzend Erben zu zeugen"
, säuselte eine blasse Nachtelfe, als sie sie passierte. Sarin musste schlucken und sich sehr zusammen reißen um sich keine Regung anmerken zu lassen. Ein Blick aus dem Augenwinkel und das Kleid der Sprecherin verriet ihre Eigentümerin und den Skandal, den sie erleben würde, wenn sie ihren Worten Taten folgen lassen würde. Doch es gab noch viele weitere Flüsterstimmen.
"Ist das die Lady Kasani?"
"Sie sieht bezaubernd aus!"

Für einen Moment wollte sich einfache geschmeichelte Freude bei ihr einstellen, doch das Flüstern ging weiter:
"Ja, aber kennst du das Kleid nicht? Man sprach vom verfluchten Hochzeitsgewand mit den Flügeln der Schande."
Oh jeh... es geht los...
"... die Sterne selbst sollen vom Himmel bis hinunter ins Nachtelfenreich gefallen sein, um sich auf ihre am Altar zurückgelassenen Stoffe zu legen..."
"... das verfluchte Kleid. Die zurückgelassene Braut..."

Plötzlich schnürte es Sarin die Kehle zu. Es war einer der Momente, für die sie sich emotional hatte vorbereitet, aber jetzt da sie die verletzenden Silben hörte, da war es zu real geworden.
…..die zurück gelassene Braut.
, wiederholte sie in Gedanken die letzten Worte und schritt einfach weiter. Nichts anders konnte sie nun tun. Nichts anders, als den Willen ihrer Herrin zu folgen und diesen Abend zu überstehen. Sie winkelte ihre Arme an und ließ in adliger Geste die Hände ineinander gleiten um sich selbst mehr Halt zu geben. Das Tuscheln begleitete Sarin mit jedem Schritt und der Gang zum Fürstensohn kam ihr plötzlich wesentlich länger vor als er eigentlich war. Iryan jedoch entdeckte ihre Ankunft zuerst und machte seinen jungen Herrn durch ein Räuspern und Nicken in Sarins Richtung auf sie aufmerksam.
Danke.
Der Fürstensohn drehte sich zu ihr um und sie bekam ihre Gelegenheit sich vorzustellen.
"Sarin Kasani"
, wiederholte der junge Fürst in perfektem Herendia. Er neigte das Haupt. Seine Stimme klang angenehm in ihren Ohren wieder und sein Äußeres war schlicht:
...perfekt.
Sarin erlaubte sich nicht in der Betrachtung jener verspielten Details zu verweilen, die sein Anblick bot. Er war ein schöner Mann! Ungelogen! Sein ganzes Auftreten war wie ein Gemälde, inszeniert und bewundert, wie das Werk hoher Künstler. Jedes Fliegen einer Haarsträhne, das Funkeln der Amethysten unter seinen Augen im rechten Winkel, wenn er den Kopf neigte war nahezu perfekt.
Und sie?
Sie war wohl die einzige Frau im Saal, die ihn nicht unverhohlen offen anhimmelte, sondern nur schlichte Höflichkeit und Zurückhaltung zeigte.
"Es ist mir eine Ehre, dass Ihr mir Eure Aufwartung macht. Ich bin Dhansair von Blutsdorn, erster Sohn Rhaikhyns von Blutsdorn und somit dazu auserkoren, die Erblinie meiner Familie fortzuführen."
Das er gleich im ersten Satz auf seine Pflicht der Fortpflanzung zu sprechen kam, ließ Sarin dann doch blinzeln und aufsehen. Sein Blick wanderte an Sarins Äußerem entlang und irgendwie wirkte sein Lächeln dadurch etwas mehr aufgesetzt. Es erreichte nicht mehr die Augen, deren helles Schimmern das Violett langsam verließ, je länger seine Pupillen an ihrem Kleid hingen.
Ein merkwürdiges Gefühl breitete sich in Sarin bei dieser Musterung aus.
Warum lächelt er so... falsch...
Ein kleiner Stich versetzte es ihr schon, denn auch sie war eine Frau und eben jenes Kleid war IHR MEISTERWERK. Warum also verließ ihn sein Lächeln? Irritation machte sich in ihr breit. Kannte er schon ihre Geschichte?
Weiß er schon um den Fluch Manthalas?
Schlussendlich kehrte sein Blick aber in Sarins Gesicht zurück und hellte sie wieder freundlicher auf.
"Erlaubt mir zu erwähnen, dass Ihr wahrlich die schönste Elfe seid, die ich am heutigen Abend bewundern durfte. Wollt Ihr tanzen? Ich bin noch lange nicht außer Atem."
An Dhansairs Seite verdrehte Iryan die Augen und schmunzelte, was eine andere Welle durch Sarins Bauch schickte. Erleichterung? Die Verbindung der beiden musste eng sein, wenn er sich so etwas erlaubte. Sein Schmunzeln nahm Sarin unbeabsichtigt etwas von der aufkeimenden Furcht und sie machte einen kleinen Knicks vor dem Erbprinzen.
„So es euch beliebt, stehe ich euch für diesen Tanz zu Verfügung.“
Sie richtete sich wieder auf und lächelte freundlich.
„Ich muss euch jedoch warnen... Ich bin ein wenig aus der Übung.“
Damit hob sie ihren Arm um ihn ihm zu reichen und fügte noch mit einem Schmunzeln hinzu:
„Ich hoffe ihr verfügt über einen starken Arm und Führungsqualitäten. Manch schicksalshafte Begegnung wiegt schwerer als andere.“
Sollten ihn ihre Worte verwirren, so konnte er sie immernoch danach fragen. Es gab viel hinein zu deuten, ob nun Fluch oder einfach als Warnung, dass sie keine „leichte“ Beute war.
Sodann ließ sie sich also auf das Parkett führen und spürte die neidischen Blicke in ihrem Rücken. Ihr letzter Tanz war sicher schon einige …
Ich erinnere mich nicht mehr.
, stellte sie mit einigem Erstaunen fest. Sie seufzte leise und ergeben.
Dann werde ich mich wohl oder übel wirklich seiner führenden Hand überlassen müssen. Mal sehen, was er daraus zu machen versteht.
Ihr Blick glitt kurz in die Runde, bevor sie das Zentrum des Saals erreicht hatten und sie betrachtete die Tanzpaare. Viele der Frauen wirkten in ihren Bewegungen, als würden sie eine Choreographie abspielen, die nur dem Zweck diente Kleid und Aussehen perfekt in Szene zu setzten. Eine auswärts gedrehte Hand hier, ein Schwung des Beines da und zusammen ergaben sie die Sinfonie der Eitelkeiten.
Sarin selbst war ein Teil davon. Mit ihren Kleidern, die hier sehr viel vertreten waren, liebkoste sie dieses Spiel und tanzte mit jedem Paar, die ihre Werke trugen. Doch plötzlich war sie selbst das Werk und Teil dieses Klangbildes aus Farben und Bewegung. Blieb nur zu hoffen, dass ihr Partner wirklich der „Zauberer“ auf der Tanzfläche war, der er vorgab zu sein. Sonst würde er wohl unliebsamen Kontakt mit ihren spitzen Schuhen machen.
Der Moment, in dem er dann verharrte und sie auf den rechten Takt warteten um mit einzusteigen in den Reigen, der war der schwerste. Es kostetet Sarin einige Überwindung sich vollkommen in die Hände eines Fremden zu geben.
Atmen... immer weiter atmen...
Und das tat sie dann auch. Sie öffnete leicht die Lippen, ein tiefer Atemzug hob ihre Brust und sie sah Dhansair in die Augen.
Dann zeig mal was du kannst! Für diesen Tanz gehöre ich ganz dir.
Eine kleine Herausforderung, unausgesprochen, aber doch vielleicht für ihn in ihren Augen zu lesen. Damit lockerte ihre Muskeln und ließ sich in seine Arme gleiten.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Montag 2. März 2020, 02:22
von Erzähler
Charmant und glockenhell klang Dhansairs Stimme, als er hinter vorgehaltener Hand auflachte. Als würde ein Schwarm Schmetterlinge choral mit den Flügeln schlagen, so raschelte sein Kichern zwischen den Fingern hervor, ganz ohne Spott, sondern voller fast schon kindlicher Erheiterung. Allein weil es so herzlich und freundlich klang, verstärkte es das Exotische in ihm. Dieser Mann wäre in der Lage mit nur einem einzigen Befehl ganze Armeen auf höchstem moralischen Niveau in eine Schlacht schicken zu können. Und er wusste darum, wie das Funkeln seiner Augen verriet. Sie allein wirkten wach, über sein kokettes Strippenspiel an den Fäden der feinen Gesellschaft erhaben. Alles andere, jede noch so kleine Veränderung in seiner Mimik, schlich sich einem Parfum gleich in die Reihen der Nachtelfen. Zunächst bemerkte man überhaupt nicht, dass er mit seiner leichten Nuance überhaupt anwesend war. Aber so gewöhnte man sich schnell daran, bis erste feine Nasen seinen Duft bewusster wahrnahmen. Doch auch sie würden zu spät bemerken, dass er sich bereits ein Vertrauen geschaffen hatte, so dass man eher bemerkte, wenn er fehlte. Wenn man eine so kostbare Erinnerung nicht als Teil von sich wusste bei jedem Atemzug.
Und auch mit seinen Worten vermochte Dhansiar diesen Charme zu versprühen. "Begutachtet mein Äußeres, Fräulein Kasani. Betrachtet den Leibwächter an meiner Seite. Mit dem Schlag seinen Panzerhandschuhs könnte er immer währende Schäden bei mir verursachen. Nein, nein, einen starken Arm weise ich zum Bedauern meines Herrn Vaters nicht auf." Und dennoch hob er seine grazilen Finger empor, um Sarin den Arm anzubieten. Eine Einladung zum Tanz. Er lächelte dabei. "Glücklichweise gewinnt man mit Raffinesse und Geschick ebenso Ansehen. Lasst mich Euch auf mein persönliches Schlachtfeld geleiten und durch die Reihen aller Feinde führen. Wir erobern das Land und danach ... mache ich Euch vielleicht zu meiner Königin des Abends?" Dhansair zwinkerte und zog Sarin galant an seinem Arm auf's Parkett. Hinter sich konnte die Schneiderin noch das amüsierte Schnaufen Iryans Hören. Der Gerüstete blieb natürlich am Rand der Tanzfläche stehen, die Hand locker auf dem Knauf seiner Waffe ruhend. Er beobachtete, wie sein junger Herr erneut dafür sorgte, dass sich Nachtelfen am Rand des Parketts aufstellten.
Dhansair geleitete Sarin bis zur Mitte der Tanzfläche und entließ sie von seinem Arm, um sich ihr gegenüber aufzustellen. Der Elf blendete die Umgebung vollkommen aus. Seine Augen schimmerten Sarin purpurn entgegen, während das perlmuttfarbene Licht der Mondsteinkuppel über ihnen die Amethystsplitter um seine Augen herum aufblitzen ließ. Dass sich derweil alle anderen Tanzpaare eifrig vom Tanzboden begaben, bemerkte der Dunkelelf überhaupt nicht. Es kümmerte ihn auch nicht. In einer einzigen fließenden Bewegung verneigte er sich adrett vor Sarin und führte dann seine Hand an ihre Hüfte, während er mit der anderen nach ihrer Griff und ihren Arm elegant lang streckte; ganz so als reckte ein Schwan den schlanken Hals aus dem Federkleid um zu schauen, ob über Nacht Schnee gefallen war, bevor er das kristallklare Eiswasser seines Sees mit sanften Schwimmbewegungen zum Erzittern bringen würde.
Auch der Körper des dunkelelfischen Erben zitterte förmlich, als er nun einen Fuß vor den anderen setzte und Sarin mit sich zog. Sie brauchte nahezu nichts unternehmen, nur mit seinen Tänzeleien Schritt halten. Ihr Kleid sorgte sogar dafür, dass man einen Fehlschritt nicht sofort bemerkte, solange ihre Haltung elegant genug blieb. Unter geschmeidigen Schritten umschmeichelte Dhansair seine Tanzpartnerin, wobei Sarin sich nur an seiner Hand zu drehen brauchte. Die lange Schleppe ihres Kleides wickelte sich dadurch ein wenig auf. Sie würde stolpern, müsste sie auch nur einen Schritt in irgendeine Richtung unternehmen! Doch selbst das schien der Elf eingeplant zu haben. Er besaß ja doch Kraft oder war es der Schwung seiner Bewegung, den er mitnahm, um Sarin von den Füßen zu heben? Sie schwebte! Sie floge! Ein einziger Wirbel, in einem Bogen halb über seinem Kopf und am ausgestreckten Arm, wobei ihre Schleppe wie der Nebelschweif eines Geistes hinter ihr herzog. Er entfaltete sich, die Sterne auf ihren Flügelanteilen und am Kleid entlang glitzerten auf. Ihr Tanz wurde von bewundertem Raunen begleitet, als Dhansair Sarin einmal drehte, bevor er ihre Bewegung durch Heben der Hand abbremste, als er seine Handfläche an ihre legte.
Ohne den Blick von ihr zu nehmen, tanzte er langsam um sie herum, drehte sie nur an ihren beiden Händen mit sich und verneigte sich dann wieder. Das alles leitete seine nächste, fast schlangengleiche Bewegung ein, die ihn zurück in ihr Gesichtsfeld schob. Nun wusste sie, was sie zu erwarten hatte. Es handelte sich nämlich erst um den Auftakt. Dhansairs Schritte nahmen Fahrt auf. Aus gemächlichen, ausschweifenden Tanzsschritten wurden kleine Trippelschritte, so dass Sarin in ihrem Brautkleid wie eine Fee wirkte, die knapp über einer Eisfläche entlang schwebte, während dieser exotische schwarze Schmetterling um sie herum flatterte. Er betörte sie, lockte mit verheißungsvollen Märchen von fernen Ländern und süßem Nektar und labte sich am Feenstaub seiner Tänzerin. So wirbelte Dhansair die Nachtelfe auch immer häufiger und immer leidenschaftlicher umher, damit auch ja der imaginäre Feenstaub weiter aufgeschleudert wurde. Tatsächlich waren es nach wie vor nur die Sternstickereien, welche alle in ihren Bann schlugen.
Immer schneller bewegten sich beide Tänzer über das Parkett, immer wilder schien Dhansairs Herz zu schlagen und immer kräftiger leuchtete das Violett seiner Augen. Seine Wangen zeigten nicht mehr nur aufgrund des Rouges eine erregte Rötung. Aus seinen Augen sprach die Freiheit. Wenn er auf dem Schlachtfeld kämpfte wie er tanzte, würde es ihm gelingen, jeden noch so starken Feind allein durch sein Auftreten in die Knie zu zwingen. Er umwarb ihn mit einem Charme und zauberhaften Bewegungen, dass dieser überhaupt nicht mitbekam, wie der Elf Fäden um seinen Körper spann, nur um sie im entscheidenden Moment eng an sich zu ziehen. So wie er Sarin nun kurz vor dem Finale ihres gemeinsamen Tanzes ganz dicht an sich heran zog. So dicht, dass sie das fliederne Duftwässerchen an seinem Hals wahrnehmen konnte. So dicht, dass ihre Nasenspitzen einander streiften und ihre Lippen einander beinahe berührten. Sie verharrten in ihrer letzten gemeinsamen Pose und beendeten so den Tanz. Schweiß perlte auf der Stirn des Dunkelelfen und seine Augen waren so groß und nah an Sarin heran, dass sie sich in seinen Pupillen spiegeln konnte, umrahmt von violettem Zauber einer passionierten Liebesnacht.
Im Hintergrund, am Rande des Tanzfläche fiel eine der nachtelfischen Adligen ohnmächtig in die Arme ihrer Begleitung, während andere sich unter erregter Schamesröte Luft zufächelten. Die männlichen Nachtelfen bewahrten Haltung, doch ihre neidischen Blicke zerrissen den Exoten auf der Tanzfläche in der Luft. Aber keiner wagte, den Tanz zu unterbrechen, der doch längst ein Ende gefunden hatte. Keiner wollte die Stimmung oder die Pose der beiden zerstören. Wenn es nach den Teilnehmern des heutigen Abends ging, könnte das Tanzpaar bis in alle Ewigkeit so verharren.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Freitag 27. März 2020, 14:17
von Sarin Kasani
Sein Lachen brach den Bann, der scheinbar auf Sarin gelegen hatte. Er ließ die Mauern, die sie um ihren Geist gezogen hatte ein wenig bröckel und erhellte ihre Stimmung. Allein der klare reine Ton seiner Stimme vermochte Armeen zu führen und auch mit seinen Worten konnte Dhansiar diesen Charme zu versprühen:
"Begutachtet mein Äußeres, Fräulein Kasani. Betrachtet den Leibwächter an meiner Seite. Mit dem Schlag seinen Panzerhandschuhs könnte er immer währende Schäden bei mir verursachen. Nein, nein, einen starken Arm weise ich zum Bedauern meines Herrn Vaters nicht auf."
Und dennoch hob er seine grazilen Finger empor, um Sarin den Arm anzubieten. Eine Einladung zum Tanz. Er lächelte dabei und sie nahm die Einladung brav an.
"Glücklicherweise gewinnt man mit Raffinesse und Geschick ebenso Ansehen. Lasst mich Euch auf mein persönliches Schlachtfeld geleiten und durch die Reihen aller Feinde führen. Wir erobern das Land und danach ... mache ich Euch vielleicht zu meiner Königin des Abends?"
Dhansair zwinkerte und zog Sarin galant an seinem Arm auf das Parkett.
Wieso erst danach? Meint er den Tanz oder etwas anderes?... Manthala, wo bin ich da nur hinein geraten!
Das kleine Wort „danach“ stolperte noch in ihrem Geist herum, als die Schneiderin das amüsierte Schnaufen Iryans hörte. Der Gerüstete blieb natürlich am Rand der Tanzfläche stehen, die Hand locker auf dem Knauf seiner Waffe ruhend.
Worüber lacht er? Er weis sicher, was seinen Herrn so antreibt. Aber helfen würde er mich sicher nicht, wenn es brenzlig werden würde. Ach, was mach ich hier nur?
Dhansair geleitete Sarin bis zur Mitte der Tanzfläche und entließ sie von seinem Arm, um sich ihr gegenüber aufzustellen. Seine Augen schimmerten Sarin purpurn entgegen, während das perlmuttfarbene Licht der Mondsteinkuppel über ihnen die Amethystsplitter um seine Augen herum aufblitzen ließ. In einer einzigen fließenden Bewegung verneigte er sich adrett vor Sarin und führte dann seine Hand an ihre Hüfte, während er mit der anderen nach ihrer griff und ihren Arm elegant lang streckte; ganz so als reckte ein Schwan den schlanken Hals aus dem Federkleid um zu schauen, ob über Nacht Schnee gefallen war, bevor er das kristallklare Eiswasser seines Sees mit sanften Schwimmbewegungen zum Erzittern bringen würde.
Ich fühle mich... seltsam...wie macht er das? Ist das ein Zauber?
In den Armen eines solchen Mannes konnte man sich als Frau nur schön fühlen und seine Wirkung ließ auch die Schneiderin nicht kalt. Auch der Körper des dunkelelfischen Erben zitterte förmlich, als er nun einen Fuß vor den anderen setzte und Sarin mit sich zog. Sie brauchte nahezu nichts unternehmen, nur mit seinen Schritten mithalten. Ihr Kleid, ihr Partner, das Licht, die Umgebung, alles schien perfekt aufeinander abgestimmt. Sie schwebte! Sie flog! Ein einziger Wirbel, in einem Bogen halb über seinem Kopf und am ausgestreckten Arm, wobei ihre Schleppe wie der Nebelschweif eines Geistes hinter ihr herzog. Er entfaltete sich, die Sterne auf ihren Flügelanteilen und am Kleid entlang glitzerten auf. Ihr Tanz wurde von bewundertem Raunen begleitet, als Dhansair Sarin einmal drehte, bevor er ihre Bewegung durch Heben der Hand abbremste, als er seine Handfläche an ihre legte. Sie konnte seine Körperwärme spüren, seinen Duft riechen und die Bewegungen des Tanzes verwoben alles zu einer Symphonie, die sie hinauf zu den Sternen trug.
Dieser exotische schwarze Schmetterling flatterte um sie herum. Er betörte sie, lockte mit verheißungsvollen Märchen von fernen Ländern und süßem Nektar und labte sich am Feenstaub seiner Tänzerin. So wirbelte Dhansair die Nachtelfe auch immer häufiger und immer leidenschaftlicher umher, damit auch ja der imaginäre Feenstaub weiter auf geschleudert wurde. Tatsächlich waren es nach wie vor nur die Sternstickereien, welche alle in ihren Bann schlugen.
Immer schneller bewegten sich beide Tänzer über das Parkett, immer kräftiger leuchtete das Violett seiner Augen. Seine Wangen zeigten nicht mehr nur aufgrund des Rouges eine erregte Rötung. Aus seinen Augen sprach die Freiheit. Das Gefühl übertrug sich auch auf sie.
Freiheit...
Sarin hätte nie gedacht, sich an diesem Abend der Intrigen und feinster Spinnennetze so fühlen zu können. Irgendjemand zog immer die Fäden und verfolgte ein Zeil, aber in diesem kleinen Augenblick waren sie frei.
Und auch wenn Sarin sich sonst vielleicht dagegen gewehrt hätte, so war es ihr doch unmöglich, sich gegen dieses Gefühl zu stellen.
Was für ein Mann!
, schmachtete sie still in Gedanken und schämte sich auch nicht dafür. Er war ein Meister in dem was er tat. So wie sie in ihrem die Meisterschaft erreicht hatte und das zollte Respekt ab.
Was für ein Mann!
Kurz vor dem Finale ihres gemeinsamen Tanzes, zog er sie ganz dicht an sich heran. So dicht, dass ihre Nasenspitzen einander streiften und ihre Lippen einander beinahe berührten. Sarin wagt kaum zu atmen, so dicht war er. Sie verharrten in ihrer letzten gemeinsamen Pose und beendeten so den Tanz. Schweiß perlte auf der Stirn des Dunkelelfen und seine Augen waren so groß und nah an Sarin heran, dass sie sich in seinen Pupillen spiegeln konnte, umrahmt von violettem Zauber einer passionierten Liebesnacht. Sie konnte grad nicht denken und musste sich doch zusammen nehmen!
Was für ein Mann!
Im Hintergrund, unbemerkt von Sarin, am Rande des Tanzfläche fiel eine der nachtelfischen Adligen ohnmächtig in die Arme ihrer Begleitung, während andere sich unter erregter Schamesröte Luft zufächelten. Die männlichen Nachtelfen bewahrten Haltung, doch ihre neidischen Blicke zerrissen den Exoten auf der Tanzfläche in der Luft. Aber keiner wagte, den Tanz zu unterbrechen, der doch längst ein Ende gefunden hatte. Keiner wollte die Stimmung oder die Pose der beiden zerstören. Wenn es nach den Teilnehmern des heutigen Abends ging, könnte das Tanzpaar bis in alle Ewigkeit so verharren, doch Sarin musste atmen und bis eben hatte sie die Luft angehalten, also zog sie den Kopf ein wenig zurück und senkte das Gesicht. Ihr Augenaufschlag war echt, als sie tonlos hauchte:
„Danke...“
War das meine Stimme? Oh je, das klang viel zu unsicher und viel zu... erregt? Manthala, steh mir bei! Dieser Mann ist gefährlich!
Sarin konnte nichts anderes tun, als abzuwarten, dass er sie aus seinen Arme entließ, dass er den Zauber von sich aus brach, den er um sie beide gewoben hatte, wie einen Kokon. Einerseits hoffte sie es, aber andererseits fürchtete sie den Moment, da er sie loslassen würde und das Band der Freiheit wieder zerreißen würde, das er für sie gewebt hatte. Sie räusperte sich leise und versuchte sich zu sammeln. Sie durfte nicht dastehen wie ein blutjunges verliebtes Ding, und nein das war sie sicher nicht! Er war ein Prinz, ein Erbprinz seines Blutes und er war charmant, exotisch, charismatisch, er sah gut aus, vielleicht sogar ein bisschen zu gut für ihren Geschmack. Er hatte ihr ein Erlebnis geschenkt, das seinesgleichen suchte, aber verliebt hatte sie sich sicher nicht nur nach einem Tanz... Nein! Sicher NICHT! Auf keinen Fall! Das wäre ja auch Unsinn! Mit dieser Einstellung fand sie auch ihre ihre selbstsicherere Stimme wieder und sprach nun deutlicher:
„Vielen Dank für den Tanz.“
Da er noch sehr nah war und vielleicht kaum mehr als ein oder zwei Atemzüge vergangen waren, senkte sie nun den Blick und hoffte, dass auch er zurück in die Wirklichkeit gefunden hatte. Auch wenn sie sich diesbezüglich sicher keine Sorgen machen musste. ER war der erfahrene Tänzer, sie das Mittel zum Zweck.
Vorsichtig wagte sie nun auch einen Blick auf ihr Umfeld und sah die vor Neid und Sehnsüchten glänzenden Augen. Sofort fühlte sie sich unwohl. So im Mittelpunkt hatte sie schon sehr lange nicht mehr gestanden und es immer tunlichst vermieden. Jetzt war es aber zu spät und so streckte sie ihren Körper in seinen Armen um wieder Haltung anzunehmen, dem Traum von Freiheit zu entfliehen und zurück in die Realität zu tauchen.
Warum musste dieser Tanz enden?!
Ein einzelner sehnsuchtsvoller Gedanke, den sie schnell wieder runter drückt. Wehmut gehörte hier nicht hin.
Zurück auf das Parkett, für das ich her geschickt wurde.... so glaube ich zumindest.
Denn direkte Anweisungen hatte es ja nicht gegeben.
„Möchtet ihr mich vielleicht zurück zu eurem Vater und Stadtherrin Tronás begleiten?“
Sarin hoffte, dass er bejahen würde, denn sie fühlte, dass ihre Beine, ähnlich wie bei seiner Tanzpartnerin zuvor, weich geworden waren, nur nicht ganz so schlimm. Sie traute sich durchaus zu, Eleganz auszustrahlen und zu schreiten, jedoch wäre es an seiner Seite um ein vielfaches leichter.
„Aber wenn ihr etwas anders vorgehabt hattet, dann will ich euch nicht länger aufhalten.“
Freundlich, höflich, wieder ganz sie selbst, lächelte sie ihn an. Nur der leichte Glanz in ihren Augen und die zart gefärbten Wangen zeugte noch von der Intensität des vergangenen Moments, den sie sicher niemals vergessen würde. Sie hatte nun eine Erinnerung die sie teuer in einem gut verschlossenen Winkel ihres Herzens hüten konnte.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Samstag 4. April 2020, 11:00
von Erzähler
Spätestens nach dem Tanz wusste Sarin, warum ein kräftiger, trainierter und bisweilen deutlich männlicherer Elf wie Iryan dem jungen Erbprinzen folgte. Es brauchte weder Brutalität, noch einen starken Arm, geschweige denn eine strenge Handhabung, um sich Loyalität zu gewinnen. Dhansair zeigte die raffiniertere Methode, denn er gewann durch Charme. Wo skrupellose Herren ihre Untergebenen mit harter Hand in eine Gefolgschaft zwangen, da brauchte es bei diesem Dunkelelfen nur ein Lächeln und man wollte ihm bereitwillig folgen. Selbst Sarin musste zugeben, dass sie die Grenze schon überschritten hatte, sonst wäre sie ihm nicht auf die Tanzfläche gefolgt.
Nun standen sie in deren Zentrum, über ihnen das bleiche Licht der gewaltigen Mondsteinkuppel. Ihre Wangen waren beiderseits etwas gerötet, ihre Körper erhitzt und von Adrenalin durchströmt, während Dhansairs Brust sich hob und senkte. Er lächelte. Der Tanz war anstrengend gewesen, aber gleichermaßen aufregend und von einer wilden Freiheit durchzogen, die sämtliche Ketten der adligen Verhaltensweisen sprengte, welche man sich in einer Gesellschaft selbst auferlegen musste, wenn man so lebte wie die herrschaftliche Schneiderin. Für diesen einen Moment, in dem sie mit Dhansair getanzt hatte, war sie vollends frei gewesen, gelöst von allen Verpflichtungen und Etiketten. Sie hatte sich seiner Führung und ihren Schritten vollends hingeben können. Da brauchte man sich nicht zu wundern, dass neidische und schmachtende Blicke vom Rand der Tanzfläche gezielt auf ihr und ihm lagen.
Doch der Tanz war vorüber. Die Freiheit löste sich mit jedem Atemzug auf. Sarin konnte die Enge des unsichtbaren Korsetts fühlen, das sich um ihre Taille legte und sie langsam zurück ins Ränkespiel der nachtelfischen Adelsgesellschaft schnürte. Faden für Faden und Öse für Öse zog es sich zusammen. Übrig blieb Dhansairs freundliches Gesicht, aber die Nachtelfe konnte erkennen, dass sich über den ehrlichen Glanz seiner Augen ebenfalls eine höfische Maske legte. Die anschließende, leichte Verbeugung war nicht halb so aufrichtig, sondern angelernt, weil man es erwartete. Und ebenso erwartete man von Sarin, seine Dankesgeste für den Tanz zu erwidern. Dass sie zunächst nur ein mitleidiges Danke für ihn hervorbringen konnte, brachte den Elfen noch etwas mehr zum Lächeln. Seine Augen funkelten heller als die kleinen Amethystplättchen, die er sich entlang der Wangenknochen aufgeklebt hatte. Violette Sterne ... ob so der freie Nachthimmel aussah?
"Es wäre mir ein Vergnügen, noch etwas länger an Eurer Seite zu verweilen. Genug getanzt für heute ... weitere Partnerinnen würden mir keine ähnliche Befriedigung verschaffen." Mit einem koketten Zwinkern bot er Sarin anschließend seinen Arm an, um sie die Gattin eines Königs von der Tanzfläche zu führen. Er selbst stolzierte aufrecht, erhobenen Hauptes. Er badete in den enttäuschten Seufzern und den schmachtenden Blicken, die die anderen Nachtelfen dem Tanzpaar hinterher warfen. Ob er es wirklich genoss, war eine andere Frage. Eine, die man nur schwer beantworten konnte, denn auch Dhansair hatte in die Realität zurückgefunden und sich dort ein Makse aufgesetzt, die keinen Einblick in die Tiefe seiner Seele offenbarte.
Am Rand der Tandfläche angekommen wurden er und Sarin vom Leibwächter des Prinzen empfangen, welcher im Gegensatz zu allen anderen die Etikette nicht ganz einhielt. Er verneigte sich zwar, aber das schalkhafte Schmunzeln unterdrückte Iryan nicht. Und auch seine leisen Worte waren nicht ganz schicklich. Zum Glück erreichten sie lediglich seinen Herrn und Sarins Ohren.
"Bei diesem Tanz bist du ja richtig aufgeblüht!"
"Sei still", erwiderte Dhansair ebenso leise und mit einem nicht minder breiten Lächeln. Es fehlte nur noch, dass er seinem Wächter einen Knuff in die Rippen verpasste. Wären sie an einem privateren Ort, hätte man es beiden zutrauen können. Sie schienen sehr vertraut miteinander. Aber dann bröckelte die Herzlichkeit schlagartig. Irgendein Schatten schien sich über das charmante Gemüt des Erbprinzen zu legen. "Und jetzt geht es los ... es lässt sich nicht länger aufschieben."
"Sei stark und vergiss nicht, dass ich stets in der Nähe bin."

Dhansair nickte Iryan knapp zu. Er schien sich für etwas zu rüsten, denn in seiner Haltung lag nicht länger die beschwingte Leichtigkeit, mit der er Sarin über das Parkett hatte schweben lassen. Im Gegenteil! Plötzlich wirkten seine Schritte schwer, seine Haltung wirkte ungelenk und steif. Trotzdem gelang es ihm, mit der Schneiderin am Arm zu dem Podest zu schreiten, immer gefolgt von Iryan, der den beiden ein gerüsteter Schatten wurde.

Stadtherrin Tronàs hatte ihren Platz nicht verlassen und auch Dhansairs Vater, Fürst von Blutsdorn, saß noch immer auf seinem Platz. Beiden war inzwischen Wein gereicht worden, der so dunkel wie Blut selbst war. Ein nachtelfischer Diener mit Tablett stand in der Nähe. Mentará brauchte nur mit dem Finger schnippen und schon trat der Diener an Sarin und Dhansair heran, befüllte zwei Weingläser und reichte sie ihnen.
Früst Raikhyns Augen blitzten zufrieden auf, als er seinen Fokus auf Sarin legte. Wieder ließ er den Blick an ihrem gesamten Körper entlang wandern, befeuchtete sich flüchtig die Lippen und stelle seinen Wein beiseite. Dann setzte er sich gerade hin und räusperte sich. Das nahm die nachtelfische Stadtherrin zum Signal, das Wort zu erheben: "Wie ich sehe, habt Ihr Eure Wahl getroffen, junger Fürst. Und eindeutig zur Zufriedenheit Eures Herrn Vaters."
"Das habe ich", entgegnete Dhansair und neigte ergeben das Haupt vor der Stadtherrin. Sie lächelte nicht. Ihr Blick kreuzte sich kurz mit Sarin und etwas Eindringliches lag darin, aber auch eine Spur ... Mitleid? Rasch verbarg sie diese emotionale Flüchtigkeit hinter der Fassade einer selbstbewussten Frau. Ihre Augen wanderten weiter, hinüber zum Fürsten.
Raikhyn von Blutsdorn lächelte breit, so dass seine runden Wangen es schatten, aus dem knappen Vorhang der dunklen Haare ein wenig hervorzutreten. "Höchst zufrieden, in der Tat. Ich wusste, er würde sich für die Schneiderin Kasani entscheiden. Allein ihr ... nach reiner Unschuld schreiendes Äußeres muss den Stamm meines Sohnes zutiefst gefestigt haben."
"Vater!" Unter einem überraschend derben Auflachen seines Vaters wandte Dhansair verlegen das Gesicht ab, um Sarins Blick nicht zu begegnen. Sein Arm hingegen, der Sarin eine Stütze sein sollte, zitterte fahrig.
"Ihr lobt die Arbeit meiner Schneiderin in höchsten Tönen, werter Fürst. Ich versichere Euch, dass ihre Persönlichkeit ihren Fähigkeiten in nichts nachstehen wird. Dennoch bedarf es etwas Vorbereitungszeit, gerade zum Schutz vor der Oberfläche und ihrer verbrennenden Sonne."
Der Fürst nickte. Was immer er und Mentará Tronàs hier entschieden hatten, sie übergingen sowohl Sarin als auch Dhansair dabei, obwohl beide noch immer mit ihrem Wein bewaffnet vor ihnen standen. Der Erbprinz zeigte sich äußerst still. Sein ganzer Charme konnte der sturen Entschlossenheit seines Vaters nichts entgegensetzen. So schwieg er gänzlich.
Raikhyn hingegen setzte ein Ultimatum: "Eine Woche. Dann werden wir abreisen und das Reich der Nachtelfen nicht länger behelligen. Eine Braut für ein sicheres Reich, es ist entschieden."
"Wir unterzeichnen den Vertrag in zwei Tagen, bis dahin ist er von meinem Schreiber aufgesetzt." Die Stadtherrin nickte, ehe sie sich endlich ganz direkt an Sarin wandte. "Ihr könnt es Euch sicherlich bereits zusammenspinnen, werte Kasani. Das Schicksal meint es endlich gut mit Euch. Euer Fluch soll gebrochen werden. Ihr werdet den jungen Fürsten von Blutsdorn in einer Woche nach Morgeria begleiten und auf dem Weg dorthin in einem Tempel der Manthala ehelichen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Ihr müsst Euch ausreichend Kleidung herstellen, die Euch in Eurem neuen Leben an der Sonne vor selbiger schützen wird. So wie das veranlasste Eheversprechen das Reich der Nachtelfen davor schützen wird, Teil des dunkelelfischen Eroberungszuges zu werden. Ich erwarte natürlich Eure widerstandslose Kooperation in der Sache. Es ist schließlich auch in Eurem Sinn, den Fluch zu brechen."
"Außerdem ist mein Sohn eine stattliche Partie! Die Frucht, die sein Samen und Euer Leib erschaffen werden, wird lebendiges Zeugnis dieses Vertrages sein."
"Ich werde in unserem Vertrag nicht vergessen zu erwähnen, dass das erste Kind beider dem Reich der Nachtelfen versprochen ist. Der zweite Nachkomme darf dann Erbe Eures Erben werden. Oder der dritte ... der zehnte ... das überlasse ich Euch, Fürst von Blutsdorn."
"Gewiss." Der Dunkelelf nickte.
"Damit ist es beschlossen. Wir sollten besonders meiner bald ehemaligen Schneiderin nun die Möglichkeit geben, die Information sacken zu lassen. Ihr werdet in Zukunft noch ausreichend Umgang mit ihr haben." Damit blickte Mentará wieder zu Sarin herüber. Ihre Stadtherrin, der sie loyal diente und die sie soeben an Morgeria verkauft hatte - für den Frieden und Schutz des eigenen Reiches.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Mittwoch 8. April 2020, 09:47
von Sarin Kasani
"Es wäre mir ein Vergnügen, noch etwas länger an Eurer Seite zu verweilen. Genug getanzt für heute ... weitere Partnerinnen würden mir keine ähnliche Befriedigung verschaffen."
Mit einem koketten Zwinkern bot er Sarin anschließend seinen Arm an.
...er meint den Tanz! Den Tanz! Ganz sicher!...
So ehrlich sein Lächeln eben auch noch gewirkt hatte, so schnell verbarg er es wieder unter der höfischen Maske der Etikette. Der Tanz war vorbei und Sarin begann zu fürchten, dass dies vielleicht einer der letzten schönen Momente in ihrem Leben gewesen war, wenn sie die neifvollen Blicke der umstehenden Paare beobachtete. Sie waren mm Rand der Tanzfläche angekommen und wurden vom Leibwächter des Prinzen empfangen, welcher im Gegensatz zu allen anderen die Etikette nicht ganz einhielt. Es folgte ein eher freundschaftlich zu nennendes Geplänkel:
"Bei diesem Tanz bist du ja richtig aufgeblüht!"
"Sei still"

, erwiderte Dhansair ebenso leise und mit einem nicht minder breiten Lächeln. Es fehlte nur noch, dass er seinem Wächter einen Knuff in die Rippen verpasste. Das versteckte Lob an Sarin in seinen Worten und die Wirkung die sie auf den Erbprinzen wohl gehabt hatte, ließ ihre Wangen noch ein wenig mehr erröten, doch dann sprachen sie kurz etwas in ihrer eigenen düsteren Sprache und die Stimmung änderte sich schlagartig.
"Und jetzt geht es los ... es lässt sich nicht länger aufschieben."
"Sei stark und vergiss nicht, dass ich stets in der Nähe bin."

Sarin verstand die Worte nicht, doch etwas wichtiges musste nun bevorstehen. Dhansair nickte Iryan knapp zu. Er schien sich für etwas zu rüsten, denn in seiner Haltung lag nicht länger die beschwingte Leichtigkeit, mit der er Sarin über das Parkett hatte schweben lassen. Im Gegenteil! Plötzlich wirkten seine Schritte schwer, seine Haltung wirkte ungelenk und steif. Trotzdem gelang es ihm, mit der Schneiderin am Arm zu dem Podest zu schreiten, immer gefolgt von Iryan, der den beiden ein gerüsteter Schatten wurde.
Was geht hier nur vor sich?
Bei der Stadtherrin Tronàsund auch Dhansairs Vater, Fürst von Blutsdorn wieder angekommen, befüllten Diener zwei Weingläser und reichten sie ihnen. Fürst Raikhyns Augen blitzten zufrieden auf, als er seinen Fokus auf Sarin legte. Wieder ließ er den Blick an ihrem gesamten Körper entlang wandern, befeuchtete sich flüchtig die Lippen und stelle seinen Wein beiseite. Sarin musste unter diesem Blick schlucken und tarnte ihn mit einem kleinen Nippen an ihrem Glas.
Dieser Widerling...
Es war nur ein Gefühl, aber Sarin begann endlich zu ahnen, das der Fürst nicht nur die Schönheit ihres Werks bewunderte, sondern dass dahinter viel düstere Gedanken sie aus diesen kleinen Augen anblitzten. Er setzte sich gerade hin und räusperte sich, dass nahm die nachtelfische Stadtherrin zum Signal, das Wort zu erheben:
"Wie ich sehe, habt Ihr Eure Wahl getroffen, junger Fürst. Und eindeutig zur Zufriedenheit Eures Herrn Vaters."
"Das habe ich"

, entgegnete Dhansair und neigte ergeben das Haupt vor der Stadtherrin.
...eine Wahl???...
Der Blick der beiden Frauen kreuzte sich kurz und etwas Eindringliches lag darin, aber auch eine Spur ... Mitleid?
Ich soll etwas tun... aber sie ...
Raikhyn von Blutsdorn lächelte breit, so dass seine runden Wangen es schafften, aus dem knappen Vorhang der dunklen Haare ein wenig hervorzutreten. Sarin wurde immer mulmiger.
"Höchst zufrieden, in der Tat. Ich wusste, er würde sich für die Schneiderin Kasani entscheiden. Allein ihr ... nach reiner Unschuld schreiendes Äußeres muss den Stamm meines Sohnes zutiefst gefestigt haben."
"Vater!"

Wiebitte?
Unter anderen Umständen, mit anderen Akteuren in der sowieso schon angespannten Szenerie, da wäre jetzt ihr Weinglas vor geschnellt um sich auf sein fest grinsendes Gesicht zu entleeren! So aber stellte sich Sarin wie gewohnt dem derben Lob des hochherrschaftlichen Gastes, während unter einem überraschend derben Auflachen seines Vaters, Dhansair verlegen das Gesicht abwandte, um Sarins Blick nicht zu begegnen. Sein Arm hingegen, der Sarin eine Stütze sein sollte, zitterte fahrig. Seltsam war vielleicht, dass Sarin in diesem Augenblick sehr ruhig wurde. Vorgeführt zu werden, erniedrigt und verspottet, als weniger angesehen zu werden, als sie war, darin hatte sie nun wahrlich Übung. Der Mann an ihrer Seite jedoch gewiss nicht, also bedeckte sie ihre Hand auf seinem Arm mit der anderen und die untere packte ein wenig fester zu, wie um ihm Halt zu geben... nicht anders herum.
Es macht nichts, reiß dich zusammen und zeig ihnen keine Blöße.
Die Gedanken waren sowohl für sie selbst, als auch still und ungehört an ihn gerichtet. Sarin stand ungerührt des platten Kommentars aufrecht an der Seite seines Sohnes. So wie ihre Kleider, gab sie nun ihm den Schein ihrer Stärke. Dann ergriff die Stadtherrin erneut das Wort:
"Ihr lobt die Arbeit meiner Schneiderin in höchsten Tönen, werter Fürst. Ich versichere Euch, dass ihre Persönlichkeit ihren Fähigkeiten in nichts nachstehen wird. Dennoch bedarf es etwas Vorbereitungszeit, gerade zum Schutz vor der Oberfläche und ihrer verbrennenden Sonne."
Der Fürst nickte.
Schutz vor der Sonne?... Soll ich irgendwo hingehen? ...
Was immer er und Mentará Tronàs hier entschieden hatten, sie übergingen sowohl Sarin als auch Dhansair dabei, obwohl beide noch immer mit ihrem Wein bewaffnet vor ihnen standen. Der Erbprinz zeigte sich äußerst still. Sein ganzer Charme konnte der sturen Entschlossenheit seines Vaters nichts entgegensetzen. So schwieg er gänzlich.
Raikhyn hingegen setzte ein Ultimatum:
"Eine Woche. Dann werden wir abreisen und das Reich der Nachtelfen nicht länger behelligen. Eine Braut für ein sicheres Reich, es ist entschieden."
Ab diesem Moment schien sich die Welt ein klein wenig langsamer zu drehen. Alles wirkte plötzlich dumpf und wie in Watte gehüllt.
...eine Braut für ein sicheres Reich...
"Wir unterzeichnen den Vertrag in zwei Tagen, bis dahin ist er von meinem Schreiber aufgesetzt."
Die Stadtherrin nickte, ehe sie sich endlich ganz direkt an Sarin wandte. Diese hatte zwar ihre Lippen sich bewegen sehen, doch irgendwie hatte sie den Inhalt nicht mitbekommen. Doch jetzt reichte der eindringliche Blickkontakt um sie aus ihrer inneren Starre zu lösen.
"Ihr könnt es Euch sicherlich bereits zusammen spinnen, werte Kasani. Das Schicksal meint es endlich gut mit Euch. …“
...daran glaubst doch selbst nicht...
„...Euer Fluch soll gebrochen werden..."
SO? ...aber...
"...Ihr werdet den jungen Fürsten von Blutsdorn in einer Woche nach Morgeria begleiten und auf dem Weg dorthin in einem Tempel der Manthala ehelichen..."
...ehelichen... Dhansiar...
Sie sah kurz zu ihm hinüber aber konnte durch seine abgewandte Haltung gerade nur seinen Hinterkopf sehen.
"... Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Ihr müsst Euch ausreichend Kleidung herstellen, die Euch in Eurem neuen Leben an der Sonne vor selbiger schützen wird..."
...ich soll mir Kleidung für das Leben unter der Sonne...
Sarins Gedanken tropften zäh wie Teer in ihr Bewusstsein. So richtig angekommen waren die Informationen noch nicht. Als die Stadtherrin jetzt kurz in ihrer Muttersprache das Wort an sie richtete, erst da erwachte sie ein wenig aus ihrer Starre.
„...So wie das veranlasste Eheversprechen das Reich der Nachtelfen davor schützen wird, Teil des dunkelelfischen Eroberungszuges zu werden...“
Das ist also der Grund für mein Hiersein.
„Ich erwarte natürlich Eure widerstandslose Kooperation in der Sache...“
Ein zugegebener maßen recht kleiner Teil in Sarin rebellierte und wütete in ihrem Innern. Gerade der letzte Satz verletzte sie mehr als sie dachte. Niemals hätte sie sich gegen sie gestellt! Doch dieser kleine Teil wäre jetzt gern der Stadtherrin des Nachtelfenreiches an die Gurgel gegangen... für den Verrat, für die Hinterlist, für den Verkauf...
„... Es ist schließlich auch in Eurem Sinn, den Fluch zu brechen."
...in meinem Sinn...
War es denn so? Sarin glaubte an den Fluch. Doch sollte nicht erst „wahre Liebe“ den Fluch brechen können? Was hatte wahre Liebe mit einer politischen Ehe zu tun? Sarin Gedanken schwirrten wie ein wild gewordener Wespenschwarm in ihrem Kopf herum. Als dann ihr zukünftiger „Schwiegervater“ dann seine Stimme erhob, lief es ihr kalt den Rücken hinunter. Den Schauer konnte jedoch einzig Iryan sehen, der hinter ihnen stand.
"Außerdem ist mein Sohn eine stattliche Partie! Die Frucht, die sein Samen und Euer Leib erschaffen werden, wird lebendiges Zeugnis dieses Vertrages sein."
Das dieser Widerling jetzt schon von Kindern sprach, war fast zu viel für ihr angespanntes Nervenkostüm. Über Kinder konnte und wollte sie jetzt nicht nachdenken, denn damit müsste sie auch darüber nachdenken, was eine Hochzeit noch alles bedeutete... vor allem wenn keine Liebe mit im Spiel war. Die Stadtherrin tat nur wenig ihre Angst mildern, eher mehr verwirren, als sie weiter sprach und auf die Details des Vertrages einging.
"Ich werde in unserem Vertrag nicht vergessen zu erwähnen, dass das erste Kind beider dem Reich der Nachtelfen versprochen ist. Der zweite Nachkomme darf dann Erbe Eures Erben werden. Oder der dritte ... der zehnte ... das überlasse ich Euch, Fürst von Blutsdorn."
"Gewiss."

Der Dunkelelf nickte und Sarin verstand die Welt nicht mehr.
Wieso soll mein Erstgeborenes hier her zurück geschickt werden? Was soll das bringen? Was hat mein Erbe damit zu tun?
"Damit ist es beschlossen. Wir sollten besonders meiner bald ehemaligen Schneiderin nun die Möglichkeit geben, die Information sacken zu lassen. Ihr werdet in Zukunft noch ausreichend Umgang mit ihr haben."
Damit blickte Mentára wieder zu Sarin herüber. Ihre Stadtherrin, der sie loyal diente und die sie soeben an Morgeria verkauft hatte - für den Frieden und Schutz des eigenen Reiches.
Sarin verfiel in ihren gewohnten Automatismus, verbeugte sich angemessen tief und sprach leise:
„Ich würde mich jetzt gern zurückziehen.“
Da sie ja schon fast dazu aufgefordert worden war, stand dem wohl nichts im Wege. Ihr Blick wanderte noch einmal über die drei Hauptakteure, die am Webstuhl ihrer Schicksalsfäden saßen und den Teppich auf ihrem Weg neu gewoben hatten. Dann wanderte sie geistesabwesend durch ihr vertraute Gänge, ohne sie wahrzunehmen. Vielleicht wurde sie begleitet, doch sie sah niemand wirklich an. Der Schock saß tief.

Irgendwann fand sie sich vielleicht wieder in einer vertrauten Umgebung, wie ihre Schneiderei?
Irgendwann begannen ihre Gedanken wieder zu fließen.
Irgendwann saß sie still und starrte auf ihre von der vielen Arbeit gezeichneten Hände. Sie strich über die Schwielen, die kleinen Narben, die von ihrem Leben erzählten. Einem Leben, das nun zu zerfallen drohte und eine vollkommen neue Richtung ansteuerte, ohne dass sie Einfluss darauf hatte. Oder...
Habe ich Einfluss auf mein Leben?
Sarin tauchte aus ihren Gedanken auf, wie aus einer zähen dickflüssigen Masse und sah sich um. Wo war sie? War sie allein? Gab es eine Möglichkeit zur Flucht, oder bewachte man sie? Und selbst wenn nicht, würde sie überhaupt fliehen wollen?
Eine Braut für ein freies Reich... Wenn ich flüchte, wenn ich es schaffen würde, dann könnten sie ihm eine andere Braut geben. Es muss ja nicht ich sein, oder? Warum musste er sich für mich entscheiden? Dieses verdammte Kleid...
Es fühlte sich so an, als würde der Fluch des Kleides ein erneutes Opfer verlangen, ein erneutes Brechen ihres Herzens. Vielleicht verdrehte sie auch alles in ihrer derzeitigen emotionalen Lage. Der Teil, der wegrennen und rebellieren wollte, der wütend war, der war im Moment sehr laut. Am liebsten hätte sie ihr Brautkleid in tausend kleine Fetzen zerrissen, doch nicht einmal das gelang ihr. Der Stoff war zu stabil. Schon der erste halbherzige Versuch blieb erfolglos und so brach sie auch schon ab. Sie dachte kurz an eine Schere, an Zerstörung von Stoff...oder von Haut, an Blut auf der schönen Seide, einer anderen Möglichkeit diesem Grauen zu entfliehen, aber auch diese Gedanken verblassten schnell und verwehten wie Schleier im Wind.
Was soll ich nur machen?
Was für Möglichkeiten hatte sie denn? Und vor allem, was hätte ihre Flucht für Folgen? Einen wütenden Fürst Blutdorn mochte sie sich nicht vorstellen und erst recht nicht die Leiden der „zweiten“ Braut, die dann an ihre Stelle treten müsste. Oder was wenn dieser Vertrag garnicht zustande kam? Würden dann wirklich tausende Nachtelfen wegen ihrer Mutlosigkeit sterben müssen? Wann war sie zu einem wichtigen Teil in einer Geschichte geworden? Sarin sank auf die Knie und etwas tropfte auf den schönen weißen Stoff ihrer Brüste. Sie sah an sich hinunter und begriff, dass sie weinte. Einen Moment der Hoffnungslosigkeit, der Schwäche und des Leidens musste sie sich eingestehen... einen Moment brauchte sie um der Ungerechtigkeit der Welt, der Willkür ihres Schicksals die Schuld für alles zu geben... einen Moment für Tränen, Schreie und Flüche und dann...
Dann würde sie wieder aufstehen...
… so wie sie es immer tat.

Re: Die Mondsteinhalle

Verfasst: Mittwoch 15. April 2020, 08:24
von Erzähler
Es bestand kein Zweifel mehr: Dhansair von Blutsdorn, Erbprinz des Fürsten Raikhyn von Blutsdorn, hatte von Anfang an gewusst, worauf es hinauslief. Er hatte gewusst, weshalb er auf diesen Ball eingeladen worden war und warum sein Vater wünschte, dass er mit möglichst vielen Nachtelfinnen tanzte, die noch keiner Hand versprochen waren. Er musste gewusst haben, dass es hier um die Arrangierung seiner Ehe ging ... und er hatte sich dafür entschieden, Sarin Kasanis Leben vollkommen auf den Kopf zu stellen, indem er ... ja ... was? Von ihren Tanzfertigkeiten fasziniert war? Wie konnte man allein durch einen einzigen Tanz genug über eine Elfe erfahren, um den Rest seines Lebens mit ihr verbringen zu wollen? Aber nein, so war es nicht und auch Sarin würde erkennen müssen, dass der etwas zu schöne Dunkelelf mit den Amethyst-Augen genauso wenig eine Wahl besaß wie sie. Wahrscheinlich hatte man ihm lediglich die Option gelassen, aus einer Vielzahl exotischer Nachtelfenfrauen zu entscheiden, aber wählen musste er. Sein Vater hatte hier die Fäden in der Hand und Mentarà Tronàs hatte ihm mit dem Tanzball eine Bühne für sein perfides Marionettenspiel geboten. So lief es ab. Das waren die Ränkespiele des Adels. Sie gehörten dazu wie Rang und Namen. Wer Ansehen wünschte, musste seine Seele in die Hände dieser Spielereien geben und im schlimmsten Fall das Los ziehen.
Jetzt lag es schwer auf Sarins Schultern, als sich ihr die Information offenbarte. Der Verrat ihrer eigenen Herrin drückte auf ihre Schultern und wollte ihre Knie zum Bersten bringen. Ihre Brust schnürte sich zusammen oder trug sie auch ein Korsett, um vor den Männern wie eine gebärfreudige schlanke Braut auszusehen? Braut...
Wieviel Aufrichtigkeit lag in den Worten der Stadtherrin, als sie Sarin beglückwünschte, den Fluch endlich brechen zu können? Und wieviel von allem waren Verhandlungsgeschick, um das bestmögliche Schicksal für das eigene Reich zu gewärhleisten? Letztendlich spielten beide Person - die Stadtherrin und der Früst - mit den Seelen derer, die ihnen loyal gegenüber waren. Eine Schneiderin und ein Prinz wurden wie auf dem billigsten, stinkenden Viehmarkt verschachert.
Wenigstens musste Sarin sich dabei nicht allzu sehr demütigen lassen. Sie wurde vom Fürsten von Blutsdorn nach wie vor hoch gelobt, während er sich sichtlich einen Spaß daraus machte, die Manneskraft seines Sohnes vorzeitig anzupreisen. Dhansair konnte damit nicht sehr gut umgehen. Wie oft befand er sich in einer solchen Situation? Beinahe wirkte er wie das gescholtene Kind, das nun dem Spott präsentiert wurde, um seine Lektion zu lernen. Er wandte das beschämte Gesicht ab, obgleich Sarin wusste, dass ihm eine seichte Röte auf den Wangenknochen sehr gut stand. Sie drückte seinen Arm, um ihn zu beruhigen und der Erbprinz nahm es wahrlich an. Denn sein Körper neigte sich, einem jungen Baum gleich, etwas in ihre Richtung. Er fand Gefallen an ihr, auch daran bestand kein Zweifel. Es war bei ihm nicht nur kokette Höflichkeit. Vielleicht hatte er sich mit Sarin tatsächlich aufrichtig amüsiert, aber selbst ihm ging eine Hochzeit zu weit. Doch auch wie die Nachtelfe besaß er keine Wahl. Wer wusste schon, was die Alternative wäre.
Entweder eine exotische Nachtelfe, die er sich selbst aussuchen durfte, oder ... ob die Kandidatinnen in seiner Heimat keine gute Alternative wären? Hatte sein Vater sich vielleicht schon für ihn umgesehen und Dhansair hatte ihn zu dieser Entscheidung überreden können? Sie waren nicht ins Reich der Nachtelfen gekommen, nur um eine Braut für den Prinzen zu finden! Sie hatten sich als morgerianische Abgesandte vorgestellt, um auf höfliche Weise bei einem feinen Gespräch deutlich zu machen, dass man die nachtelfische Heimat erobern und versklaven würde, wenn sich Stadtherrin und Morgeria nicht einigten. Die Hochzeit zwischen Dhansair und Sarin sollte den Frieden besiegeln. Nein, nicht nur die Hochzeit! Man entschied auch über ihr Erstgeborenes. Warum wollte Mentarà es haben?
So viele Fragen und nur die wenigsten sollten sich für Sarin auflösen, wenn überhaupt. Selbst jetzt, da all diese Ungewissheit als Gedankensturm durch ihren Kopf fegte, spürte sie davon nichts. Sie stand im Auge des Sturms, wo es zwar friedlich war, aber in keine Richtung ein entkommen gab. Sie hörte die Stimmen von außen nicht, war gefangen in dieser dumpfen, eigenen Stille und konnte nur eines tun, um zu überleben: Sie musste sich mit dem Sturm bewegen.
Ihre Füße taten es. Schritt umd Schritt fühlte sie, wie ihr Körper von der kleinen Empore davongetragen wurde. Sie selbst führte ihn fort. Die Blicke und das Tuscheln ringsum waren so dumpf und verschwommen wie ihre Sicht. Irgendein schönes Antlitz tauchte vor ihr auf, aber Sarin konnte in ihrem Zustand nicht sagen, wer sie da anschaute. Sie würde auch nicht sagen können, wer ihre Hand ergriff und sie langsam, aber zielstrebig aus dem Saal führte. Sie hörte nicht, wie die Flügeltüren hinter ihr geschlossen wurden und sie sah die vielen Lichter der Korridore nur als verschwommene Flecke, als man sie durch die Gänge führte. Die Welt war ein unscharfes Gemisch feuchter Farbe. Sie zerlief in sich selbst und all die Schönheit ihres Weltbildes war nicht länger zu erkennen. Sie spürte nur die Schwere in ihrem Herzen, ihre eigene unberührte Leinwand zerstört zu haben, welche doch so viel Potenzial in alle Richtungen geboten hätte.

weiter bei Sarins Schneiderstube im Anwesen der Stadtherrin