Das Haus der Famlie van Tjenn

Sämtliche Straßen Andunies sind gepflastert und von schönen kleinen Häusern gesäumt. Meist Fachwerkhäuser, aber auch mal eine prächtige kleine Villa. Nur die ärmeren Bezirke der Bettler und Halunken sollte man meiden.
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Madiha Al'Sarma
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Dienstag 12. März 2024, 22:00

Wie die Dinge sich entwickelten, war nicht schön. Es schmälerte jedoch nicht den wahren Grund, warum Madiha das Anwesen von Azura und ihrer Mutter aufgesucht hatte. Die Sarmaerin war für Corax hergekommen und war erleichtert zu sehen, dass er Azura’s überstürztem Abgang nicht gefolgt war. Ganz im Gegenteil, er ließ sich von der Wärme im Raum einlullen und nur ganz kurz hatte Madiha erkennen können, wie er unter der Ablehnung seiner Liebe litt. Madiha konnte das nur schwer ertragen, denn es ging hier um etwas so Fantastisches, dass es vollkommen egal sein musste, von wem die Informationen kamen. Sie dachte nicht einen Moment daran, dass es als Konkurrenz aufgefasst werden konnte und so schmälerte in dieser Hinsicht auch nichts ihre Freude, die sie für den Raben empfand. Er brachte sie gar zum leisen Lachen, als er immer wiederholen musste, dass er doch einen Vater besaß. Und einen Bruder. Sie würde ihm alles sagen, was sie wusste und noch mehr. Sie war hier für ihn und blieb. Zumindest für jenen Moment. Irgendwann aber, nachdem sie Corax alles an die Hand gegeben hatte, was er wissen musste, um seine Familie zu finden wurde es Zeit für Madiha sich zu verabschieden. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie ihren Auftrag hier erfüllt hatte. Dass sie hier nicht länger gebraucht wurde, sondern… anderswo. Sie sollte gemeinsam mit Kjetell’o nach Alycide van Ikari suchen und ihn befreien, in einer Stadt, die von Dunkelelfen regiert und mit militanter Hand geführt wurde. Es schauderte sie. Sie hatte Angst und sie ging davon aus, dass sie nicht in der Lage war, das zu überleben. Madiha war gewiss niemand, der aufgab. Hatte sie noch nie. Aber die letzten Stunden hatten ihr einiges abverlangt und sie fühlte sich hilflos in all den Ränkeschmieden, den garstigen Worten und ihren inneren Dämonen. Sie fühlte sich verloren. Aber sie klammerte sich daran, dass sie etwas bewirken würde. Dass sie den Anwesenden etwas Gutes tun konnte, wenn sie es nur richtig machte. Madiha wollte lieber daran denken, anstatt an die Wut in ihrem Bauch, dass man sie trotz allem benutzte. Corax hatte sie gefragt, ob er es falsch gemacht hatte, im Bezug auf Azura. Sie hatte vehement verneint, dessen war sie sich sicher! Aber sie fragte sich auch, warum sie es nicht schaffte, es gut zu machen? Warum sie stets die Austauschbare blieb. Sie verabschiedete sich von Corax und erkannte in seinem Blick ein plötzliches Erkennen. "Das klingt ... wie ein Abschied für immer, kleine Herrin", sie nickte leicht. Es war einer. Madiha betrachtete Corax mit verhaltener Miene. Sie wollte sein Glück nicht trüben und riss sich redlich zusammen. Plötzlich rutschte er nach vorn, umklammerte sie mit seinen Armen und sie sank in die Umarmung hinein. Madiha wurde hart geprüft, denn sie begann zu beben und konnte kaum an sich halten. Sie lehnte in seiner Umarmung, lechzte danach, dass jemand sie halten würde.
Sie fühlte sich so schrecklich elend. Doch die Umarmung währte nicht von Dauer. Das konnte sie nicht, so sehr sich Madiha das wünschte. Den Tränen nahe und einem Kloß in der Kehle, der sie daran hinderte, noch etwas zu sagen, blickte sie auf die schwarze Feder, die er ihr reichte. "Wenn du mich brauchst, wirklich brauchst ... dann verbrenn die hier. Ich weiß, dass du das kannst, kleine Herrin. Wirf sie ins Feuer und ich werde kommen." Fragend blickte sie darauf, nahm sie ihm behutsam ab und schloss ihre schmalen Finger darum. Dann hob sie den Blick in seinen. „Danke, Corax…“, hauchte sie erstickt. „Ich werde sie… bewahren!“, versprach sie und schluckte erneut. Der Kloß wollte nicht verschwinden. Danach übergab er ihr noch eine geweinte Perle und neugierig blickte sie auf diese. Dass sie für Kjetell’o war, bestätigte sie mit einem Nicken und verstaute beides behutsam in einer Innentasche ihrer Kleidung. Dann wurde es Zeit. … „Wir bleiben Freunde. Das müssen wir bleiben, kleine H... Madiha." Sie hob den Blick erneut. Schließlich erhob sie sich ebenfalls und lächelte schwach, aber dankbar. „Bleiben wir.“, gab sie ihm Recht und legte jedes bisschen Zuversicht hinein, das sie noch irgendwo zusammenkratzen konnte. Dann folgte Corax Azura und Madiha konnte nur hoffen, dass er nicht in sein Verderben rannte. Die Verabschiedung von Aquila verlief förmlich, dann folgte Madiha Corax‘ Beispiel und verließ ebenfalls den Salon.

Sie fand Jakub am Eingang vor und lächelte schief auf, ehe sie den Mantel wieder anzog und den Schirm in die Hand nahm. Sie nickte zum Zeichen, dass sie gehen konnten und sobald sie die Schwelle des Anwesens hinter sich gelassen hatten, wandte sich Madiha kurz mit einem Blick über ihre Schulter hinweg um und sah das Gebäude mit jedem Schritt kleiner werden. Sie wünschte Corax, dass er Azura aufwecken würde. Dass sie verstand, worauf es ankäme. Aber sie konnte auch nicht länger an seiner Seite bleiben. Sie würde gehen und nicht wiederkommen. Madiha blieb mit einem Mal stehen und senkte den Schirm. Sie starrte auf die nassen Straßen und wurde sich auf einem Schlag bewusst, dass sie Corax nie wieder sehen würde. Sie keuchte und fasste sich an die Kehle. Madiha lehnte sich gegen die kleine Steinmauer eines anderen Anwesens und brauchte einen Moment. Und sie war auf dem Weg, Caleb ebenfalls Lebewohl zu sagen. Madiha presste die Lippen aufeinander und schloss verkniffen die Augen. Ihr wurde schlecht. Sie hatte nichts gehabt und sich redlich bemüht und auf einmal sollte sie wieder allein dastehen. Sie fühlte, wie eine Panikattacke sie überrollen wollte. Es war einfach alles zu viel, viel zu viel. Kurz bevor sie jener nachgeben und einfach hierbleiben wollte, hörte sie Jakub’s Stimme. "Vielleicht liegt's an uns.“ Sie schaute auf und blickte dem Ersten Maat ins kantige Gesicht. Vielleicht funktioniert es für ihn und sie, wenn keine ... nicht in Tücher gewickelte und gesalbte Hintern anwesend sind.“ Sie nickte wissend. „Wir sind nur das Fußvolk der Gesellschaft, aber das macht uns nicht wertlos. Es gibt Menschen, die uns mehr schätzen und deren Meinung mir hundertfach wichtiger ist als ein geblümtes Wort aus rot gefärbten Lippen in einer Welt der Heuchelei. Aye!" Madiha betrachtete Jakub und vergaß tatsächlich, was sie soeben noch zulassen wollte. Sie dachte über seine Worte nach, war abgelenkt genug und richtete sich gar wieder auf, bevor sie sich von der Mauer löste und den Schirm wieder aufnahm.
„Wir müssen sie nur finden, hm?“, nuschelte Madiha und schluckte. „Ich hoffe nur, dass Corax das Glück findet, das er so sehr sehen will“, murmelte sie noch, bevor sie wieder die Kraft fand, mit Jakub gemeinsam zum Haus von Caleb zu gehen. Jeder Schritt fiel ihr schwer. Sie wollte ja wirklich an das Glück glauben. Sie wollte es unbedingt und hatte immer schon daran geglaubt, dass es auch für sie etwas mehr als nur Sarma geben würde. Sie hatte hier in Andunie viel erlebt und war durch viele Prüfungen gegangen. Das wohl größte Geschenk war Caleb gewesen. Der sie doch aufrichtig lieben wollte. Aber sie konnte sich nicht sicher sein. Niemals. Madiha hatte gespürt, dass sie immer nur die zweite Wahl bleiben würde. Denn sie passte nicht hinein, so glaubte sie. Sie war sicher nicht ungeliebt, das nicht. Aber es reichte nicht. Sie reichte nicht. Sobald sich etwas Besseres auftat, war sie vergessen und das schmerzte sie so sehr. Und der Gedanke, dass sie – sobald sie Alycide gerettet hatte und nicht zurückkehren würde, für immer verschwand. Dann würde ihr Name nur noch ein Wispern, bis er irgendwann vollständig verloren ging. Ob man sich an sie erinnerte? Würde denn jemand an sie denken, wenn sie fort wäre? Das Mädchen erkannte die Gasse, in der das Haus der van Tjenn’s lag. Sie holte tief Luft. Mehrfach. Sie wappnete sich und stand dann neben Jakub, der an die Tür klopfte. Ihr Herz hämmerte so doll, dass es drohte ihr aus der Brust zu springen. Ihre Hände waren feucht und sie war nervös. "Wenn du hiernach direkt wieder zu Akademie gehst, warte ich auf dich" „Ja..“, krächzte sie fast, wie es Corax gerne tat und spürte, wie sehr ihre Kehle trocken war. Dann öffnete sich die Tür und da … stand er.

Madiha starrte auf Caleb und sofort legte sich ein warmer Mantel um ihre Schultern. Sie starrte in sein verwegenes Gesicht und Liebe durchflutete sie so sehr, dass sie den Kummer vergaß. „Caleb…“, hauchte sie und er nannte ihren Namen auf Sendli. Sie lächelte ihn an und trat einen Schritt vor. Allerdings stutzte sie als er unsicher auf sie niederlächelte. Madiha zögerte und runzelte leicht die Stirn. Wieder eine Kerbe in ihrer Seele. Caleb aber bemerkte Jakub und bat sie beide einzutreten. Madiha überließ Jakub den Vortritt und folgte ihm dann. Sie fand sich in dem kleinen Foyer wieder und es fühlte sich mit einem Mal kälter an. Caleb hatte keine liebevolle Geste für sie. Was hätte sie für eine Berührung gegeben, aber er kümmerte sich lieber um ihre Garderobe und führte sie in den Salon, den sie bereits kannte. Kurz suchte Madiha nach Estelle und wandte sich dann der Küche zu. "Ich sag Jivvin Bescheid, dass ihr hier seid." Sie zuckte, als hätte er eine Peitsche nach ihr schnellenlassen. Sie sah ihm nach, wie er einfach verschwand. Madiha starrte. Auf einmal wurde ihr furchtbar kalt. Während sie auf Caleb und… Jivvin warteten, da sagte Madiha kein Wort. Sie saß mit verschlossener Miene da, blass und frierend, den Tränen bis zum Anschlag nahe und einem endlos blutenden Herzen. Madiha verstand, dass sie für Caleb nicht das gleiche war, wie er für sie. Ganz gleich, was gewesen war, sie hatte bei seinem Anblick nur Liebe empfunden. Sie hätte ihn in die Arme geschlossen, hätte sich an ihn geschmiegt, aber… aber nein. Er hatte keine Anstalten gemacht, sie überhaupt zu berühren. Er war bei … ihr. Madiha saß auf dem ihr zugewiesenen Platz und schwieg. Auch als die beiden zurückkehrten und das Essen auftischten, sah Madiha nur kurz auf. Sie konnte nicht mehr. Schon bei Corax war sie am Ende gewesen. Es fühlte sich einfach nirgendwo an, wie nach Hause kommen… nicht mehr. Stoisch betrachtete Madiha, wie Jivvin und Caleb gemeinsam das Essen richteten. Ihr fielen die Blicke der Elfe nicht mal auf, weil sie einfach nur starrte. Starrte und sich bemühte, nicht augenblicklich in Tränen aufzugehen. Etwas gehetzt hielt sie ihren Teller hin, als ihr ein Spieß gereicht wurde. Hunger besaß sie nicht und so blieb die Köstlichkeit unangetastet vor ihr liegen. Sie spürte die Wärme, die von Caleb’s Nähe zu ihr wehte. Ihr gesenkter Kopf blickte kurz etwas zur Seite auf seinen Unterarm. Sie musterte ihn und wollte so gerne danach greifen. Wollte wissen, dass er ihr nicht antat, was sie glaubte. Warum nur quälte er sie so sehr? "Hast du alles klären können?“ Madiha zuckte und blinzelte. Sie blickte zu Caleb auf und … nickte. „Ja… ich denke.“, antwortete sie und räusperte sich. Sie trank einen Schluck Wasser und räusperte sich abermals. Ihr Blick fiel auf Jivvin, die sich neben Caleb gesetzt hatte, anstatt gegenüber. Allgemeines Essen pendelte sich ein, doch Madiha fummelte nur an einem Stück Brot herum, ohne es wirklich zu sich zu nehmen. "Wir haben das Messer an Harm ausgeliefert. Er hat keine Standpauke erhalten dafür, dass er uns heimlich verfolgt und beobachtet hat. Typisch Harm, das war so ausgemacht zwischen ihm und seinem Halunken. Er sollte nur vorgeben, uns nicht zu folgen, damit wir keinen Verdacht schöpfen, wenn er uns anschließend wirklich aus dem Verborgenen heraus beobachtete." "So verborgen war er nicht. Lachhaft!" "Naja, Jiv hat uns ebenfalls heimlich verfolgt ... was ich dir immer noch ein wenig übel nehme.“ Madiha zuckte erneut zusammen und starrte auf ihren Teller. Er plapperte so unbedarft über diese ganze Sache, als hätte er nicht ihr Herz zertrümmert, als er einfach mit Jivvin gegangen und nichts dazu gesagt hatte. Nichts hatte er getan, um sie daran zu erinnern, dass sie nichts zu befürchten hatte! Stattdessen gab er JIV nun Kosenamen und bohrte mit Genuss in ihrem Schmerz herum. Madiha presste das Brot etwas zu sehr und bemerkte es erst, als Caleb weitersprach. "Das mit Harm ist jedenfalls geklärt. Er hat den Wein erhalten und sich den restlichen Silberstaub von meiner Kleidung gekratzt. Er hält nach wie vor viel von der kleinen Meisterdiebin. Wir können also auf Verbündete hoffen, falls wir sie brauchen. Und sofern Jiv sie leben lässt."
"Ich hab keinen Grund für ein Massaker an irgendwelchen pathetischen Raubeinen.“
„Ich bin das nicht.“, murmelte Madiha heiser und trank erneut. Sie wischte sich die Krümmel des zermatschten Brotes von den Händen und blickte auf. „Geht es deinem Arm wieder gut, ja?“, fragte sie und ihre Stimme klang kloßig. „Freut mich, dass ihr das alles habt regeln können.“, bemerkte sie bemüht höflich und musste sich so sehr zusammenreißen, dass es ihre Wangen zu glühen begannen. „Corax weiß Bescheid und… er ist sehr glücklich…“, versuchte auch Madiha zu erzählen, aber mehr bekam sie nicht heraus. Sie drohte mit jedem Wort einfach in sich zusammenzufallen. "Und? Wie geht es nun weiter?" Madiha klappte den Mund auf, um zu antworten, weil sie ihm sagen wollte, wie sich die Dinge entwickelt hatten, da kam ihr Jivvin zuvor. "Wir werden heiraten, Caleb." Während Jakub hustete, hatte Madiha das Gefühl zu ersticken. Sie konnte nicht atmen. Sie versuchte panisch Luft zu holen und sprang von ihrem Stuhl auf, dass er nach hinten kippte. Sie konnte nicht atmen. Madiha erstickte an ihrem Leid. Buchstäblich. Corax würde gar nicht mehr aus dem Erbrechen herauskommen, wenn er hier wäre. Aber Madiha versuchte zu Atem zu kommen und verschaffte sich Platz. Sie verließ ihren am Tisch und tigerte mit einem Mal auf und ab. Dann blieb sie stehen und stand Jivvin und Caleb gegenüber. Sie starrte beide an. „Ist das … wahr?“, fragte sie mit dünner Stimme und ihre Augen schwammen bereits. Ihre Lippen, ihre Schultern, alles bebte. Der dürre Körper konnte die Last nicht mehr halten. „Wie…so?“, japste sie und am liebsten würde sie Jakub bitten, sie hier fortzuschaffen. Weit weg von allem. Sie würde Kjetell’o anflehen, dass er sie sofort in Kosral verscherbelte, damit sie nie, niemals wieder so fühlen musste! Sie würde lieber jeden Tag Peitschenhiebe erdulden, als das…. Es tat so unsagbar weh… Es war so viel schlimmer als sie hätte sich ausmalen können.
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Erzähler » Dienstag 12. März 2024, 23:26

Mit jedem Schritt, der sie weiter von Corax als einem echten Freund fort führte und näher zu Caleb, der ihr Herz wie im Sturm erobert hatte, desto elender war Madiha zumute. Die Melancholie nahm sie gefangen, denn längst hatte sie erkannt, dass es für alle auf einen Abschied hinauslief. Einen Abschied für immer. Dass Caleb sie beim Öffnen der Tür nicht sofort in seine Arme schloss, war vielleicht das Beste, was er tun konnte. Letztendlich würde Madiha ihn doch unabhängig von der Situation mit Jivvin verlassen müssen. Sie würde mit Kjetell'o gehen. Caleb aber baute seinen Platz gerade wieder hier auf, in seiner Heimat, bei seiner Mutter und ... und Jivvin. Der Gedanke, ihn zurück zu lassen, war unerträglich. Die Aussicht, ihn aber nie wieder zu sehen, weil Madiha möglicherweise nicht mehr lebend aus Kosral herauskäme, brachte auch den letzten Funken Hoffnung in ihr zum Flackern. Er stand kurz vor dem Erlöschen, aber noch riss sie sich zusammen. Sie musste es tun, sonst würde all das Leid einfach aus ihr herausfließen, dass Corax im Anwesen der van Ikaris vermutlich noch einen Brechreiz erhielte, weil Venthas Brise ihre negativen Emotionen bis an seinen Schnabel heran trug.
Und Caleb machte es nicht leichter. Er verhielt sich ... seltsam. Anders. Er nahm sich kaum Zeit für Madiha, blieb höflich, aber auf ungewohnte Weise distanziert. Er beeilte sich lieber damit, ihr ein Essen aufzutischen als sie auch nur länger als nötig anzuschauen. Nur einer Berührung wich er noch mehr aus als das. Dafür begann er regelrecht zu plappern, kaum dass sie alle beim Essen zusammensaßen. Jivvin hockte neben ihm. Nein ... Jiv! Wo kam dieser liebevolle Kosename her? Hatte er sich etwa bereits mit ihr in die Gasse verzogen, die doch so wichtig für Madiha gewesen war? Hatte er sich vergnügt und festgestellt, dass eine körperlich nicht so verbrauchte Dunkelelfe die bessere Option sei?
Madiha brachte keinen Bissen herunter und Caleb schaute viel zu selten in ihre Richtung, als dass es ihm auffallen konnte. Jakub hingegen ... Der Erste Maat beobachtete die gesamte Szenerie wie eine stumme Randerscheinung. Er saß dabei, hielt sich aber aus nahezu allem heraus und zog dafür mit wachem Blick seine eigenen Schlüsse. Er betrachtete Caleb, der so sehr in Plauderstimmung schien. Er beobachtete Jivvin, die ihm immer wieder Blicke zuwarf und er sah Madiha als das furchtbarste Häuflein Elend in ganz Andunie, eingesunken auf ihrem Platz sitzen, während sie keinen Bissen herunterbekam. Im Gegensatz zu Caleb schien er sogar ihr Murmeln zu bemerken, als sie verneinte, die große, kleine Meisterdiebin zu sein. Doch da blitzte es im Grau des Matrosen auf. Caleb schielte doch einmal kurz zur Seite. Er öffnete den Mund, allerdings zögerte er dabei und hob stattdessen die Hand, um sich den Nacken zu reiben. Just in diesem Moment fragte Madiha nach dem Zustand seines Armes. Caleb streckte jenen aus und drehte ihn demonstrativ ein wenig.
"Ist wieder eingerenkt. Es schmerzt auch kaum noch. Ich soll trotzdem erst einmal weder schwere Lasten schleppen noch klettern."
"Ich beobachte ihn. Er wird es nicht tun", versicherte Jivvin und Caleb stöhnte gespielt auf. Ein Körnchen Wahrheit lag dennoch in der Reaktion. Für einen Freigeist wie ihn waren es schwere Ketten, wenn er sich nicht durch Bewegung ausleben konnte. Sich zu schonen konnte eine größere Strafe sein als ein Dutzend Peitschenhiebe ertragen zu müssen. Oh, wie gern hätte Madiha diese nun auf sich genommen, nur damit er ihr etwas sagte, sie in die Arme schloss. Aber er wich so konsequent allem aus, was vorher zwischen ihnen abgelaufen war, als hätte es nicht stattgefunden. Sah er denn nicht, wie sehr sie litt? Roch er es nicht wie ... wie Corax?!
"Corax weiß Bescheid und ... er ist sehr glücklich...", presste sie heraus, um wenigstens die Information weiterzugeben. Jakub sah, dass Caleb lächeln wollte. Er sah aber auch, dass Sorge es überdeckte. Erneut zögerte der andunische Dieb. Dann spannte er sich ein wenig an und stellte seinerseits den Teller beiseite. Er räusperte sich leise, drehte sich ein wenig in Madihas Richtung. Das war mehr Aufmerksamkeit, als er ihr bisher geschenkt hatte. Zwar fragte er nun noch, wie es weitergehen sollte, aber hatte damit wohl etwas ganz Anderes anstoßen wollen, als Jivvin.
"Wir werden heiraten, Caleb." Es entkam ihr so trocken, dass nicht einmal ein Beobachter vom Rand wie Jakub einer war, damit gerechnet hatte. Prompt verschluckte er sich an seinem Brot. Aber auch Caleb schien von der Aussage überrascht, denn er verschluckte sich an seinen unausgesprochenen Worten und starrte nun die Dunkelelfe mit großen Augen an, anstatt sich Madiha zu widmen. Jene hielt es nicht länger aus. Das war einfach zu viel. Jivvin hatte doch die ganze Zeit den Eindruck gemacht, auf ihrer Seite zu stehen. Nichts deutete daraufhin, dass sie nun so weit hatte gehen wollen. Es war erst dazu gekommen, weil sie das Liebesspiel zwischen ihr und Caleb in der Gasse mitbekommen hatte und ... seine Statur. Seither flatterte sie um den Dieb herum wie die Motte um das Licht. Und jetzt wollte sie ihn heiraten? Er musste es ihr wahrlich gut gemacht haben, dass sie sich für jenen Weg entschied. Und Caleb schwieg.
Madiha verkannte erneut, dass er vollkommen erstarrt war von diesen Worten und erst einmal verarbeiten musste, was seine Ohren an den Verstand weiterleiteten. Es dauerte zu lange für die Sarmaerin. Sie konnte nicht mehr. Es war zu viel passiert. Die bittere Erkenntnis, was Kjetell'o eigentlich mit ihr vorhaben könnte und sie nur benutzen würde, weil sie ja nur Madiha war. Dann Azuras kaum nachvollziehbarer Ausbruch, bei dem man sich nur noch die Frage stellen konnte, was den Raben an ihr hielt, da sie auch ihn direkt auf die Gegenseite geschoben und verurteilt hatte, wo es doch ihre Arroganz war, die ein Problem darstellte. Und nicht zuletzt Corax, für den sie nur hoffen konnte, dass er sein Glück fand. Sie würde ihn nie wiedersehen. Sie würde Caleb nie wiedersehen. Caleb, der nun Jiv heiraten würde, ehe Madiha benutzt, vergessen und kalt wäre. Dass ihr nun kein schwarzes Federkleid oder gar ein Pelz am ganzen Körper wuchs, bewies nur, dass sie eben eine Feuermagierin war. Glückauf fühlte sie reines Leid und keinen Zorn, sonst wäre das Anwesen van Tjenns wohl in der nächsten Feuernova explodiert. Aber konnte man von Glück sprechen? Mit nichten! Das hier war kein Glück, es war pure Folter und lastete so schwer auf Madihas Seele, dass sie nicht mehr atmen konnte. In aufsteigender Panik riss es sie aus ihrem Stuhl. Sie tigerte umher, weil sie glaubte, ansonsten ersticken zu müssen. Sie war einem epileptischen Anfall nahe, ohne unter jener unglückseligen Krankheit zu leiden. Aber machte es das ganze besser? Nein, sie litt ebenfalls. Sie litt furchtbar!
Plötzlich stockte sie in ihrer Bewegung. Sie erfasste sowohl Caleb als auch Jivvin mit einem weit aufgerissenen Blick, der die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Sie rannen, ohne dass Madiha etwas hätte tun können. Wo salziges Trauerfluten aber ihre Wangen befeuchteten, da wirkte ihre Kehle trocken und wie zugeschnürt. Sie brachte kaum die Worte heraus, die wohl eher an Caleb gerichtet waren, im allerletzten Glimmen von Hoffnung, dass sie sich täuschte.
"Ist das ... wahr? Wie...so?"
Jakub erhob sich, als er entschied, nicht länger den Beobachter zu spielen. Er machte einen Schritt auf Madiha zu. Gleichzeitig ging auch endlich ein Ruck durch Caleb hindurch. Er starrte Madi an, unschlüssig, ob auch er aufspringen sollte. Dann fand er endlich seine Stimme wieder: "Das .. nein! Ich ... also ... heiraten?" Er starrte Jivvin an. "I-ich hab dir doch schon vorab klar gemacht, dass dieser ... dieser andere Wunsch von dir ... nun, du weißt schon ... ich ..." Er wirbelte mit dem Kopf herum. "Madi, ich wollte mir dir darüber reden!" Er wechselte ins Sendli, ihre kleine vertraute Geheimsprache, zumindest außerhalb von Sarma. Etwas, das ihr immer wichtig gewesen war. Er sprach so zu ihr, um sie zu erreichen. Jivvin verstand kein Wort Sendli. Sie war nie zuvor in Sarma gewesen, aber sie vernahm die Dringlichkeit, mit der Caleb die fremden Silben ausstieß. Sie schaute zu Jakub, der Madi erreichte und doch nicht recht wusste, wie er sie aus ihrer halb erstickten Panik herausholen sollte. Und sie schaute Madi an. Eine Erkenntnis holte sie ein. Etwas, das sie verdrängt haben wollte, weil auch sie Hoffnungen hatte. Ihr goldener Blick wanderte noch einmal zum Dieb herüber. Dann seufzte sie und ihre gesamte Haltung nahm eine Festigkeit an, wie sie sie auch in ihre Stimme legte. Der Blick wirkte plötzlich etwas distanziert, professionell und unnahbar. Fast kalt, wie man es von Dunkelelfen gewohnt war.
"Nur zum Schein natürlich. Da habe ich euch alle wohl etwas erschreckt."
"ETWAS?!", brach es nun aus Caleb heraus. Auch er japste, hielt sich die Brust und starrte. Jakub hingegen legte Madiha eine Hand auf die Schulter, beugte sich ein wenig zu ihr herab und raunte in einem leisen Brummton: "Ein überaus schlechter Scherz. Atme. Beruhige dich." Dann wandte er sich dem Kaffeetisch zu, um nach Madihas Wasserglas zu greifen. Jivvin hingegen führte in aller Eile und mit der Sachlichkeit eines emotionslosen Steines aus: "Bedenkt die Vorteile, die es verschaffen würde. Caleb könnte in Andunie agieren wie er es sich erhofft, um etwas Einfluss auf die Lage zwischen Elfen und Menschen zu nehmen. Ich könnte als offizielle Adlige des Hauses van Tjenn Anspruch auf die Werft erheben, die sich dieser Ork unter den Nagel gerissen hat. Er wäre nicht mehr in der Lage, dem entgegenzuwirken und wir hätten die Möglichkeit, in der Werft Einfluss auf den Schiffsverkehr zu nehmen. Wenn Calebs Vorhaben sich umsetzen lässt, würde man schnell akzeptieren, dass eine Verbindung zwischen Mensch und Elfe funktioniert. Es käme ganz Andunie zugute." Sie legte eine Pause ein, in der sie den Dieb musterte und nur ein schwaches Glimmen in ihren goldenen Iriden verriet, dass sie über einen Punkt schwieg. Dann richtete sie eben jenen Blick auf Madiha. "Ich werde mich hinter den Kulissen nicht zwischen euch stellen, auch wenn Calebs ... Ausstattung mehr als ihren Reiz hat. Ihr könnt einander so viel lieben, wie ihr möchtet. Wir wahren den Schein nach außen, aber hier, im Haus van Tjenn sieht und hört euch niemand."
Damit endete sie und blickte in die Runde. Natürlich erwartete sie nun eine Reaktion von allen auf ihren Plan. Er war nicht schlecht, wenn man die Emotionen unberücksichtigt ließ. Caleb wollte Andunie nicht zurückerobern, sondern zu einem Ort machen, in dem sowohl Dunkelelfen als auch Menschen Willkommen wären. Eine Stadt, in der man sie gleich behandelte, ohne Sklavschaften und ohne Angst. Wenn er mit Jivvin als mutmaßliche Gattin den ersten Schritt wagte und so mit gutem Beispiel voranging, würden andere auf die Verbindung aufmerksam und ihm vielleicht folgen. Adelshäuser würden ihr Blut mischen und Neues erschaffen, so wie möglicherweise auch Corax und Azura, falls ihre Liebe Bestand hatte. Und Jivvin hatte es offenbar auf den Schiffsverkehr abgesehen. Sie wollte eine Werft führen, diese ausbauen und Einfluss nehmen. Wahrscheinlich wollte sie gar Schiffe ausschicken, um nicht nur in Andunie etwas zu bewirken. Was sie plante, waren erste Schritte zum Widerstand gegen jene Faktoren dieses Krieges, die kein Miteinander anstrebten. Sie handelte aus guten Motiven, die man ihr als Dunkelelfe nicht zutraute, aber sie handelte auch rücksichtslos. Was würde eine Liebe im Schatten einer Scheinehe bedeuten? Könnte Madiha diese überhaupt ausleben oder hatte sie Caleb nicht schon längst an die Elfe verloren? Selbst wenn nicht ... sie würde nach Kosral gehen.
Jakub reichte ihr endlich das Wasser. Ehe sie jedoch trinken oder ihrem von Leid gepeinigten Körper eine Reaktion abverlangen konnte, trat jemand auf den Plan, der die ganze Zeit geschwiegen hatte. Jemand, der zu lange und aus dem Schock heraus geschwiegen hatte. Caleb erfasste Situationen doch immer so schnell und wusste spielend leicht zu improvisieren. Doch auf dem Pfad der Liebe war er zu unerfahren, als dass er seine Fähigkeiten dort anwenden konnte. Endlich aber fand auch er wieder den Aktionnismus. Er erhob sich von seinem Platz und alle konnten sehen, dass ihm die Knie weich waren. Er schaute nicht zu Madiha. Er sah Jivvin an.
"Jiv...", begann er und ihre Mundwinkel zuckten ob des Kosenamens ein wenig empor. Caleb erwiderte es, schüttelte dann allerdings den Kopf. "Dieser Plan wird scheitern", sagte er. "Er klingt gut, aber besitzt ein Kernproblem." Er verließ die Sofaecke und machte einige Schritte um den Kaffetisch herum. Im Vorbeigehen schob er Jakub beiseite, indem er ihn an der Schulter berührte und einen kurzen Blick mit ihm tauschte. Der Erste Maat verstand und zog sich zurück. Caleb stellte sich neben Madiha auf und plötzlich ... war da eine Berührung. Wie winzig ihre Finger sich doch in seiner Pranke anfühlten! Wie schwielig seine Hände waren, aber dennoch angenehm warm. Er umfasste Madihas Finger, drückte sie leicht und dann konnte sie in zwei tiefblaue Fjorde schauen, umgeben von sanftem Seegras. Caleb schaute auf sie herab mit diesem Blick, den sie kannte. Diese vertraute Verliebtheit, die sie zu schätzen gelernt hatte und jetzt erst erkannte, wie sehr sie jene doch vermisste. Caleb sprach zu Jivvin, aber er konnte den Blick nun nicht mehr von Madiha nehmen. Er lächelte mit seinen Augen.
"Die Sache ist", begann er, atmete tief durch und legte sein gesamtes Herzblut in seine Worte. "Ich könnte niemand Anderen heiraten außer Madiha, nicht einmal zum Schein. Ich liebe sie und das lässt nichts Anderes zu."
"Ja", entgegnete Jivvin. Sie klang fern, ihre Stimme belegt. "Etwas Ähnliches hast du mir auch gesagt, als wir den Hafen erreichten."
"Und ich sage es wieder. Jetzt auch, da Madi mich hören kann. Ich liebe sie und ich will niemanden außer sie lieben. Nicht so und nicht zum Schein. Niemals." Caleb sank vor Madiha auf ein Knie herab. Er rieb sich mit der freien Hand den Nacken und spähte mit seinem treudoofen Köterblick zu ihr empor, den Mund zu seinem schiefen Grinsen verzogen. "Tut mir leid. Ich war viel zu erschreckt, um überhaupt vorher ein Wort herauszubringen und bis eben wusste ich nicht ... was du von alldem hältst. Es war ... du bist so schnell verschwunden ... warst du wütend? Es tut mir leid, Madi, dass mein Kopf nicht schnell genug für dich war. Das alles ... ist doch auch für mich vollkommen neu." Seine Mundwinkel zuckten entschuldigend empor. Dann legte er auch seine andere Hand um Madihas Finger, drückte sie dort, wo sie den Ring trug, den er ihr geschenkt hatte. Er sah ihr tief in die Augen. "Ich liebe nur dich, Madi. Keine andere." Mit einem Mal kehrte Farbe in sein Gesicht zurück. Seine Wangen röteten sich etwas. Der Blick huschte scheu von ihr fort, ehe Caleb all seinen Mut zusammennahm und sich gegen diesen Reflex sperrte. Er zwang sich, Madiha in die Augen zu schauen, auch wenn er fürchtete, was sie ihm auf seine Frage antworten könnte: "Darf dieser viel zu langsame Trottel von einem Dieb dich küssen oder bist du mir noch immer böse?"
Jakub räusperte sich, murmelte etwas von nassen Regenmänteln und Schirmen. Dann nahm er den Weg aus dem Raum, schlug allerdings den Pfad in die Küche ein. Auf Jivvin erhob sich. "Entschuldigt", sagte sie monoton. "Ihr beide." Anschließend verließ sie den Salon, jedoch deutlich zügiger als der Erste Maat. Sie schaute nicht zurück, ließ das Paar allein.
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Mittwoch 13. März 2024, 23:21

Nichtachtung war etwas, das Madiha sehr gut kannte. Sie kannte sich aus in einer Scheinwelt, die ebenso wie die echte existierte und doch nur von jenen genutzt wurde, die es nicht wert waren, mehr Raum einzunehmen. Schattengestalten, am Rande des Geschehens. Madiha war so eine Schattengestalt und trat, seit ihrer Freiheit, immer nur mal kurz hervor, um für einen Moment gehört oder gesehen zu werden. Dann verschwand sie wieder. Dabei hatte sie nicht unkluge Dinge zu sagen. Sie war auch nicht besonders unfreundlich oder nicht hilfsbereit. Sie war ganz umgänglich, wenn man es doch recht betrachtete und auch hatte sie ein großes Herz, worin trotz all ihrer Erlebnisse, eine ganze Menge Platz hatten. Madiha war nur nicht sehr gut darin, ihren Wert auch selbst zu erkennen. Sie brauchte eben immer wieder eine kleine Hilfestellung, wenn sie wieder an sich zu zweifeln begann. Caleb hatte sie doch erlebt, als sie auf dem Schiff das Weite suchte, weil sie den Hohn und Spott von Azura nicht mehr aushielt. Weil sie glaubte, dass man sie, Madiha, übersah und ihre Gefühle nicht mal wert wären, zu achten. Er war es doch, der sich Corax damals anvertraute und ihm sagte, was er für Madiha empfand. Und Madiha lernte, dass es eben doch Hoffnung geben konnte für sie. Bevor er sie dann wieder zerstörte, als er vom Schiff sprang. Und als er ihr nach dem Serpentis-Fauxpas sagte, dass sie nicht verstoßen würde, weil sie einen Fehler gemacht hatte. Weil sie sich überschätzt hatte. Madiha kauerte in ihrem Sitz im grünen Salon und lauschte den unbedarften Ausführungen, die Caleb zum Besten gab. Er war sorglos. Er achtete nicht auf sie, wie es schien. Er war sich nicht mal bewusst, dass er sie verletzt hatte, indem er Jivvin nicht erklärte, dass ihre Wunschvorstellungen unangebracht wären. Und er mit ihr ging, statt sich ihr anzuschließen. Madiha ließ ihr Leid an dem Brot aus und malträtierte es. Sie bemerkte nicht, dass Jakub seine Schlüsse zog und Caleb ihr einen knappen Blick zuwarf, als sie die Meisterdiebin verneinte. Aber was sollte es? Sie war eben keine. Es war eine Finte, damit Harm Ruhe gab. Das war aber vorbei und Madiha nicht in Stimmung. Sie war überhaupt in keiner guten Stimmung. Anders als ‚Jiv‘ und … Caleb. Das Mädchen litt unter der Situation und es war für alle Beteiligten wohl das Beste, dass sie auf jene Weise litt. Denn wenn sie im gleichen Maße zornig gewesen wäre… vermutlich hätte Madiha das ganze Haus in Flammen setzen können. Aber das wollte sie gar nicht. Sie wollte nur eines: Dass man auf sie achtete und sie nicht immer wieder übersah. Und sie zertrampelte, wie eine Blume, die sich immer wieder aufrappelte, um sich der Sonne entgegenzustrecken, nur um dann von Lausbuben niedergetrampelt zu werden. "Ist wieder eingerenkt. Es schmerzt auch kaum noch. Ich soll trotzdem erst einmal weder schwere Lasten schleppen noch klettern."
"Ich beobachte ihn. Er wird es nicht tun"
„Sicher wirst du das.“, murmelte Madiha erneut in sich hinein und nickte nur.

Sie erwähnte, dass Corax glücklich über seine Familie war und merkte dann eine kleine Änderung in Caleb’s Haltung. Ihr Blick zuckte kurz zu ihm, doch noch ehe er etwas sagen konnte, wurde Madiha wieder zertrampelt. Die Nachricht, die Jivvin so unverblümt heraushaute, war endgültig der Rest, den Madiha gebraucht hatte. Und Caleb schwieg abermals. Er schwieg und starrte Jivvin an. Madiha aber bekam keine Luft mehr. Sie versuchte sich Raum zu verschaffen, lief im Salon hin und her, bis sie sich dem ‚frischen Paar‘ gegenüber hinstellte. Tränen rannen ihr über das Gesicht. Es war soweit. Sie war endgültig an dem Punkt angekommen, da sie nicht mehr konnte. Wie viel Schmerz konnte ein Herz eigentlich aushalten, bis es endgültig zersprang? Madiha’s wurde nur noch zusammengehalten, weil Caleb bisher gar nichts sagte. Aber sie konnte nicht mehr warten. Sie leitete ihren eigenen Todesstoß ein, indem sie ihn nach dem Warum fragte. Sie brauchte jetzt endlich Gewissheit und sie wollte vor allem wissen, wieso Caleb sie einfach … verließ. Was hatte sie bloß falsch gemacht? Wo war sie falsch abgebogen, dass sie das hier verdiente? Ach, wäre sie bloß direkt zu Kjetell’o gegangen und hätte Andunie hinter sich gelassen. Wofür war sie hergekommen?! Für DAS? Sollte sie nun noch die frisch Verlobten beglückwünschen?! Madiha japste, nein schnappte nach Luft. Sie war so dünn und ihre Kehle fühlte sich an, als würde sie verkrampfen. Es ging nichts mehr durch. Vielleicht würde sie auch einfach umkippen und an einem Herzinfarkt sterben. Jetzt und hier… Dann könnten sie ihre Leiche einfach entsorgen und ihr Glück… "Das .. nein! Ich ... also ... heiraten?" Caleb’s Stimme riss Madiha aus ihren grausigen Fantasien. Sie blickte den Dieb an. Es reichte nicht. Sie spürte, wie Jakub neben ihr auftauchte. "I-ich hab dir doch schon vorab klar gemacht, dass dieser ... dieser andere Wunsch von dir ... nun, du weißt schon ... ich ..." Madiha presste die Lippen aufeinander und versuchte das Beben zu unterdrücken. Ihr war heiß und kalt gleichermaßen. Im Wechsel fuhr ihr das Blut in den Kopf und versackte sofort wieder in den Beinen. "Madi, ich wollte mir dir darüber reden!" Ihr Blick zuckte auf einmal und sie prallte einen halben Schritt zurück. Das Sendli war… persönlich. Es war IHRE Heimatsprache. Es war IHRE Geheimsprache. Es war etwas, das ihm und ihr gehörte und … Madiha schluckte und ließ Caleb offen in ihre Seele sehen. Sie ließ die Schultern hängen und zeigte ihm, dass sie litt. "Nur zum Schein natürlich. Da habe ich euch alle wohl etwas erschreckt."
"ETWAS?!"
Madiha’s Blick zuckte nun von Caleb zu Jivvin.

Sie starrte die Elfe an und etwas in ihr änderte sich. Ein feines Rädchen drehte sich und öffnete der Flamme in ihr die Tür, dass sie Nahrung bekam. Madiha vergaß zu atmen. In ihrem Graublau loderte unübersehbar Wut auf. "Ein überaus schlechter Scherz. Atme. Beruhige dich.", sie spürte seine Hand auf der Schulter und blinzelte. Sie öffnete die Lippen und ließ zitternd die Luft hinein. Sie atmete. Sie hörte Jakub’s tiefes Timbre und konzentrierte sich darauf. Das war besser als auf die Dunkle, die mit einer furchtbaren Haltung ihre Idee darlegte. "Bedenkt die Vorteile, die es verschaffen würde. Caleb könnte in Andunie agieren wie er es sich erhofft, um etwas Einfluss auf die Lage zwischen Elfen und Menschen zu nehmen. Ich könnte als offizielle Adlige des Hauses van Tjenn Anspruch auf die Werft erheben, die sich dieser Ork unter den Nagel gerissen hat. Er wäre nicht mehr in der Lage, dem entgegenzuwirken und wir hätten die Möglichkeit, in der Werft Einfluss auf den Schiffsverkehr zu nehmen. Wenn Calebs Vorhaben sich umsetzen lässt, würde man schnell akzeptieren, dass eine Verbindung zwischen Mensch und Elfe funktioniert. Es käme ganz Andunie zugute." Madiha sah das Glimmen. Madiha sah es. Das Mädchen spürte, was es mit ihr machte. Was die Worte mit ihr machten. Sie ballte die Hände zu Fäusten. Das Leid wandelte sich in Wut. Wut über die Verräterin am Tisch. Wut darüber, dass Madiha glaubte, sie wäre ihr wohlgesonnen. Dabei wollte sie ihren Platz. Und sie verspürte Wut darüber, dass diese Idee auch noch plausibel klang, wenn man davon absah, dass… Nein! Madiha stand kurz davor rot zu sehen. Einzig Jakub hielt sie derzeit davon ab, dass sie buchstäblich in Flammen aufging.
"Ich werde mich hinter den Kulissen nicht zwischen euch stellen, auch wenn Calebs ... Ausstattung mehr als ihren Reiz hat. Ihr könnt einander so viel lieben, wie ihr möchtet. Wir wahren den Schein nach außen, aber hier, im Haus van Tjenn sieht und hört euch niemand." Vermutlich gab es eine kurze Stichflamme des Kessels. Madiha jedenfalls spürte, wie es zuviel war. „GENUG!“, rief sie und starrte Jivvin voller Zorn an. Zorn, der aus Leid und Hilflosigkeit geboren worden war. Wut, die ein verletztes Herz empfinden konnte. Jakub war es erneut, der schlimmeres verhinderte. Er lenkte Madiha mit ihrem Glas ab, das er ihr in die Hand drückte. Das Mädchen blinzelte irritiert und wachte aus ihrer Wut etwas auf. Sie hätte sonst der Fantasie vielleicht noch nachgegeben, dass Jivvin in Flammen stand… Japsend versuchte Madiha sich zu beruhigen. Sie… musste sich beruhigen! Das Mädchen, das sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, weil ihr diese Gefühle alles abverlangten, griff nach Jakub’s Hand, die sie festhielt. Sie brauchte Halt. Sie brauchte ihn und musste ihn sich nehmen. Denn endlich bewegte sich auch Caleb aber wieder… war es nicht Madiha, die er bedachte. Wieder stand sie am Rand. Die Sarmaerin vergaß das Trinken, denn er drehte sich mit weichen Knien zu der Elfe… “Jiv…“, hörte Madiha und plötzlich rauschte alles. Würde er….? Er würde nicht… nein… oder? Das durfte nicht geschehen! Sie sah das Lächeln, das sie ihm schenkte. Sie sah, wie er es erwiderte. Ihr Griff um Jakub’s Finger wurde fester. Sie musste den Druck ablassen… irgendwie. Sie zersprang. Ihre Seele zersprang. "Dieser Plan wird scheitern. Er klingt gut, aber besitzt ein Kernproblem." Sie… sie war das Problem. Sie musste weg. Sie würde weg sein, bald. Madiha konnte nicht viel machen. Sie war wie gelähmt. Sie sah nichts, fühlte nichts… Dann schob sich Caleb in ihr Sichtfeld und schob Jakub zur Seite. Sie selbst wollte ihn nicht loslassen, hielt ihn etwas fest. Sie hatte Angst. Angst vor dem, was kommen würde. Doch dann musste sie Jakub ziehen lassen und schluckte einen riesigen Kloß aus Pech hinunter. Es lag ihr schwer im Magen. Nur schwer gelang es ihr, ihren Blick von der Dunklen abzuwenden. Ihre Wut war gestorben. Ebenso wie ihre Trauer im Herzen. Da war nichts mehr. Gleich würde er zum letzten Schlag ausholen. Würde sie davonjagen. Gleich… Doch anstelle von neuem Schmerz, spürte Madiha plötzlich eine liebevolle Berührung. Sie zuckte erschrocken und blinzelte. Dann kehrte ihr Ausdruck langsam wieder zurück in ihre Augen. Sie war langsam wieder in der Lage, etwas wahrzunehmen und fand das tiefe Blau. Madiha verzog das Gesicht, als sie seines endlich wieder sehen konnte. Sie liebte ihn so sehr! Flehend wurde ihr Ausdruck. „Bitte nicht…“, jammerte sie leise und erstickt und wollte nicht hören, was er ihr nun sagen würde. Er würde sie bitten, die Idee mit Jivvin zu überdenken… Es würde seinem Andunie helfen… und Madiha wusste, sie konnte das nicht. Dieses Mal nicht.

Als Madiha es wagte, erneut in seine Augen zu sehen, erkannte sie darin allerdings etwas, das sie schon einmal gesehen hatte. Erneut hielt sie den Atem an, aber nicht, weil sie vor Wut oder leid daran gehindert wurde, sondern weil sie die Hoffnung nicht aufhalten konnte, die sich in ihrem Herzen doch noch einnisten wollte. “Die Sache ist… Ich könnte niemand Anderen heiraten außer Madiha, nicht einmal zum Schein. Ich liebe sie und das lässt nichts Anderes zu." Das Mädchen starrte. Sie starrte einfach nur. Alles, was sie die letzten Stunden erlitten hatte, war… war nicht nötig?! Sie hatte sich… umsonst Sorgen gemacht? Jivvin’s Worte hörte Madiha kaum. Irgendwo am Rande ihrer Aufmerksamkeit waberte die Stimme der Verräterin herum, doch sie war gefangen von dem Ausdruck auf Caleb’s Gesicht. Ihr Herz begann wieder zu schlagen. "Und ich sage es wieder. Jetzt auch, da Madi mich hören kann. Ich liebe sie und ich will niemanden außer sie lieben. Nicht so und nicht zum Schein. Niemals." „Caleb..“, japste sie und sah ihm zu, wie er zu Boden sank. "Tut mir leid. Ich war viel zu erschreckt, um überhaupt vorher ein Wort herauszubringen und bis eben wusste ich nicht ... was du von alldem hältst. Es war ... du bist so schnell verschwunden ... warst du wütend? Es tut mir leid, Madi, dass mein Kopf nicht schnell genug für dich war. Das alles ... ist doch auch für mich vollkommen neu. Ich liebe nur dich, Madi. Keine andere.“ Das war der Moment, da Madiha nachgab. Sie sank vor Caleb zu Boden und schluchzte. Sie weinte bitterlich und schluchzte hemmungslos. Die Anspannung fiel von ihr ab und sie wusch ihre mehr als trüben Gedanken mit den Tränen fort. Wie sehr hatte sie gelitten.
Wie sehr hatte sich ihr antrainiertes Denken sich verselbstständigt?! Und dabei war… war alles vollkommen in Ordnung gewesen! Madiha weinte bitter, weil sie nicht anders konnte. Sie presste sich die Hand vor den Mund und verbarg ihr Gesicht, während er vor ihr kniete und ihre andere Hand mit dem Ring hielt. Madiha merkte gar nicht, dass Jakub und Jivvin den Raum aus Höflichkeit oder Verletztheit verließen. Es war nicht wichtig – in jenem Moment. Nur langsam beruhigte sich Madiha etwas und sah Caleb aus tränennassen Augen an. Sie schniefte und trocknete ihre Tränen mit ihrem Ärmel. "Darf dieser viel zu langsame Trottel von einem Dieb dich küssen oder bist du mir noch immer böse?" Madiha kam zu Atem und sah Caleb an, während sie voreinander knieten. „Ich war wütend auf dich. Ich habe … ich habe nicht verstanden, wieso du Jivvin nicht einfach sagtest, dass sie gefälligst nicht so reden sollte!“, sprudelte es plötzlich aus ihr heraus. Madiha tat alles weh. Sie fühlte sich furchtbar, aber sie war erleichtert. Sehr. „Ich habe gedacht… dass du es in Erwägung ziehst. Dass du… darüber nachdenken würdest. Du … hast keinen Ton gesagt!“, schniefte sie. „Ich war verletzt. Sehr verletzt. Ich glaubte, du würdest mich nicht so lieben, wie ich dich… Dass ich immer nur so lange gut genug bin, wie niemand besseres kommt.“, offenbarte sie ihm und rutschte etwas dichter zu ihm heran. Sie legte ihm ihre Hände an die Wangen und musterte ihn. „Ich habe so eine Angst, dass ich nicht reichen könnte… dass ich übersehen habe, dass… dass du so etwas niemals tun könntest. Dass du… du hast mir versprochen, dass wir die Schritte gemeinsam machen und ich…“, sie lehnte sich gegen ihn, „ich war so dumm… Es tut MIR leid Caleb… Ich… ich habe so schlecht von dir gedacht und dann erfuhr ich noch von Kjetell’o, dass ich ihn begleiten soll und von Jakub, dass ich anstelle von Azura ihren Vater naja… wie auch immer … und dann… dann war ich bei Azura und Corax und da war es so kalt und ich fühlte mich nur noch weniger… ach ich weiß auch nicht, ich… es war alles zu viel. Alles war einfach zu viel. Und ich…“, Madiha seufzte nach ihrem Gestammel lange aus. Sie beruhigte sich langsam wieder, ließ ihn aber nicht los. Seine Wärme war es, was sie jetzt brauchte. Ihr Blick kehrte in sein Gesicht zurück und schließlich legte sie eine Hand an seine Wange. „Ich liebe dich so sehr, Caleb. Ich habe dir Unrecht getan. Verzeih mir“, raunte sie und neigte sich dann vor. Er musste nicht fragen, ob er sie küssen durfte. Madiha legte ihre Lippen ohne Scheu auf seine und ihr Herz erfuhr endlich wieder Wärme.
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Erzähler » Freitag 15. März 2024, 10:42

Einige Celcianer waren der Ansicht, dass man - um ein guter Mensch, Elf, Gnom oder sonstiges intelligentes Lebewesen zu sein - erst eine Reihe traumatischer Ereignisse durchleben müsste. Diese formten den Charakter. Deshalb wurden in schweren Zeiten Helden geboren und den Geschichten zufolge entstiegen sie doch immer erst ämrlichen oder kummervollen Verhältnissen, hatten eine schwere Kindheit durchgemacht und waren darüber hinaus oftmals Waisen. Selten geschah es, dass sich ein Held aus den Reihen nobler Edelmänner und -frauen herausschälte. Noch seltener sprach man von jenen, dass sie Charakter besaßen. Stattdessen fielen Redwendungen wie, dass man mit Geld nicht alles kaufen könne oder es den Charakter sogar verderben würde. Unter der Annahme, dass diese These mehr als ein Körnchen Wahrheit besaß, musste man sich dennoch fragen: War es das wert? Musste man ein Lebewesen den übelsten Umständen aussetzen, nur um darauf zu hoffen, dass es sich zu einer Heldengestalt entwickelte? War das denn nötig? Besaß nicht jedes Geschöpf auf Celcias Erde die grundsätzliche Möglichkeit, unter einer ordentlichen Portion an Ethik und Moral ein gutes Individuum zu werden?
Von Madiha konnte man behaupten, dass sie bisher vom Bankett des Lebens mit Glück die Reste hatte abstauben können. Zwar war es ihr nicht noch schlechter gegangen, aber auch nicht gut. Hatte das ihren Charakter geformt? Konnte sie deshalb nicht so rücksichtslos, kalt und arrogant wie andere sein? Weil ihr Zeit ihres Lebens Reichtum und ein gepuderter Hintern fehlten? Eine Antwort auf diese Frage würde es wohl nur geben, wenn es einem Celcianer gelänge, ein Tor zu Parallelwelten mit unterschiedlichen Entscheidungswegen zu öffnen. Bis dahin musste man annehmen, was das Leben einem bescherte. Madihas Leben sah aktuell düsterer nicht aus. Alles schien sich von einem Strudel erschreckender Erkenntnisse mitgerissen zu werden, der sie geschunden und nackt zurück ließ. Ihre Seele lag frei und in der dunkelsten Stunde, in der sie Halt von jemandem gebraucht hätte, dem sie mehr als nur vertraute, wandte jener sich auch noch von ihr ab. So schien es jedenfalls zunächst. Dabei war es Jivvin, die ihr den letzten Dolch in den Rücken rammte. Eine Heirat - zwischen ihr und Caleb. Das konnte Madiha nicht verkraften. Sie konnte nicht ertragen, dass es im Raum stand, noch mehr belastete sie allerdings Calebs Schweigen. Ihr wurde übel, schwindlig, kalt und heiß zugleich. Ihre Welt drehte sich in eine und sie in die andere Richtung, während sich eine Schlinge um ihren Hals legte und immer enger wurde. Sie konnte nicht mehr atmen. Sterne tanzten ihr bereits als weiß zuckende Blitze vor den Augen, verwandelten sich dann in schwarze Punkte, so dass sie das Geschehen nur noch durch einen rauschenden Schleier wahrnahm. Am Rande dieses verwaschenen Sichtfeldes tauchte Jakub auf und schenkte ihr seinen stoischen Anker. Er war klein, aber dadurch nicht weniger Wert. Madiha klammerte sich geradezu daran fest, um den letzten Hald nicht zu verlieren. Seine Worte, seine Gesten und das gereichte Wasser erdeten sie wieder etwas. Ihr Herz aber blieb schwer, denn es war nicht Caleb, der an ihrer Seite stand. Er befand sich noch immer auf dem Sofa, neben Jivvin, und schwieg. Es war unerträglich.
Sie hatte sich doch die ganze Zeit so sehr angestrengt! Sie hatte sich bemüht, war immer präsent und doch zurückhaltend genug, anderen ihre Sternstunde nicht zu verderben. Im Gegensatz zu Madiha besaßen sie eine. Wo ganz Celcia im Licht erstrahlte, da zog sie sich freiwillig in die Schatten zurück, akzeptierte ihr Schicksal als Ungesehene und tat dennoch ihr Bestes. Denn stets hatte es die Hoffnung gegeben, dass eines dieser Lichter ihr zulächelte, mit diesen warmen Fjorden und ihrem Seegras. Dass es ihr die Liebe gestand, die ihr Herz zu entflammen vermochte und ihren Schoß zum Pochen brachte, wenn sie nur an all das Gute dachte, dass der Körper dieser Sternengestalt in der Lage war, ihr zu geben. Aber jetzt verblasste er, wurde ein Teil der Masse - strahlend hell, dass man geblendet wurde und die Schatten zerfaserten. Madiha wusste in diesem Moment, dass es vorbei war. Sie würde sich auflösen und unter Tränen vergehen. Nichts blieb mehr von ihr und niemand würde sich ihrer erinnern. Warum auch? Sie war niemand. Nur Madiha...
Madiha ... eine Frau, die es wert war geliebt zu werden. Caleb erkannte diesen Wert. Das hatte er von Anfang an getan. Seine eigene Unerfahrenheit auf dem Gebiet ließ ihn zögern, ließ ihn schweigen, bis er die Fassung zurückgewann und zu jenem Punkt stehen konnte, den er dennoch von Beginn an vertrat. Warm legten sich seine Finger um Madihas Überreste, drückten sie und hielten sie zusammen. Sein Anker schmetterte schwer in die See ihrer Trübseligkeit. Sie brauchte nur zu ihm herüber zu schwimmen, sich festzuhalten und schon hob Caleb sie mit starken Kettengliedern zurück über Wasser. Nur weil sie stets ein Leben im Schatten der Tiefen gefristet hatte, hieß es nicht, dass kein Schatz suchender Glücksritter es wagen und sie bei einem Tauchgang entdecken würde. Caleb hatte sie entdeckt und ihren Wert erkannt. Nun förderte er sie zu Tage, brachte sie an die Oberfläche und an Bord seines Schiffes aus Zuneigung und Liebe. Er würde sie dort nicht zur Gallionsfigur machen, denn sie war keine Trophäe, die man - wie andere - ausstellte. Jene, die von Beginn an an Bord waren, kokett lächelten, aber einen Charakter besaßen, der auf dem Grund des Meeres besser aufgehoben wären. Sie ließen sich ausstellen, sahen schön aus, aber sobald man den Blick abwandte, waren sie vergessen. Caleb sah dieses Schicksal nicht für Madiha. Er barg den nicht den Schatz, den er in ihr sah, um sie zu präsentieren und sie dann vergessen werden zu lassen. Er holte sie an Bord, damit sie das Ruder übernahm. Er machte sie zur leidenschaftlichen Piratenbraut, vor der einige sich fürchten würden, die meisten aber ihre glorreichen Taten endlich sahen. Sie würden Lieder über sie singen, Geschichten von ihr erzählen. Caleb half ihr, endlich Heldin ihrer eigenen Geschichte zu werden. Er bot ihr das Schiff, auf dem sie segeln konnte. Er holte Madiha aus dem Wasser und all die Last der Tiefe blieb dort unten zurück, in Dunkelheit und Kälte. Madiha aber ... flog.
Sie schwebte, so leicht fühlte sie sich auf einmal an. Ihr Geist waberte irgendwo am Rande ihres Bewusstseins. Sie bekam kaum mit, dass erst Jakub sich unter einem Vorwand zurückzog und Jivvin es dann eilig hatte, wortlos zu verschwinden. Alles, was sie noch wahrnahm, war ihr Anker, ihr Schiff, ihr Kapitän - "Caleb..."
Ihre Beine gaben nach. Madiha sank zu Boden. Der Flug war kurz, weil sie noch nicht vollends bereit gewesen war. Es gab noch zu viel Last auf ihrem Herzen, die sie erst abwerfen musste. Ihre Augen schmissen Überflüssiges über Bord. Sie weinte und schluchzte bitterlich, aber es tat unendlich gut. Sie konnte sich von all ihren Sorgen, den negativen Annahmen und irrtümlichen Erkenntnissen lösen. Nichts davon entsprach der Wahrheit. Caleb hielt an ihr fest. Er sah, was ihre Mutter ihr durch ihren Namen mit auf den Weg gegeben hätte. Er sah, dass sie es wert war, geliebt zu werden und nichts Anderes wollte er. Er liebte sie, liebte sie so sehr, dass nicht einmal eine attraktive Elfe wie Jivvin ihn davon abhalten konnte, Madiha zu wählen. Keine Dunia hatte ihm über ihre körperlichen Vorzüge hinaus die Gefühle absprechen können, keine Azura mit ihrer Kokettiertheit und der Aussicht auf einen noblen Stand ihr Konkurrenz sein können. Es brauchte nichts von alledem, damit Caleb liebte. Es brauchte nur...
"Madi..." Er zog sie beschützerisch in seine Arme, hielt und küsste sie endlich. Oh, wie gut er schmeckte und wie wunderbar seine Lippen auf die ihren passten. Sie waren füreinander geschaffen. Es war perfekt. Er schmeckte fantastisch, roch unbeschreiblich gut und war so angenehm warm wie es Sarmas Wüstensonne niemals hätte sein können.
Nach diesem ersten Moment der Erleichterung, der Madiha genug gab, um Kraft für ihre Worte zu schöpfen, da folgte die Aussprache. Die Tränen versiegten langsam. Sie fand ihre Sprache zurück. Und alles, was sie Caleb zu sagen hatte, war: "Ich habe so eine Angst, dass ich nicht reichen könnte ... dass ich übersehen habe, dass ... dass du so etwas niemals tun könntest. Dass du ... du hast mir versprochen, dass wir die Schritte gemeinsam machen und ich ... ich war so dumm ... Es tut MIR leid, Caleb ... ich ... ich habe so schlecht von dir gedacht und dann erfuhr ich nur noch..." Der Rest ging etwas unter. Ihre Worte schwebten zwar im Raum und Caleb hörte sie, aber er konzentrierte sich nur auf den ersten Part. Weder Kjetell'o war jetzt wichtig, noch ihre Reise oder dass sie gegen Azuras Vater ausgetauscht werden sollte. All das ließe sich noch klären. Aber...
"Du entschuldigst dich? Es ... gibt nichts, was dir leid tun müsste."
"Ich liebe dich so sehr, Caleb. Ich habe dir Unrecht getan. Verzeih mir."
"Das werde ich nicht. Es gibt nichts zu verzeihen, Madi. Wir sind einfach nur zwei Idioten, die einander lieben - einigen wir uns darauf."
Dieser Idiot lächelte sie mit seinem vertrauten Grinsen an, bei dem sich ein Mundwinkel etwas mehr anhob als der andere. Es war immer etwas assymmetrisch, passte nicht in die Ordnung dieser Welt. Es rebellierte, weil es frei sein wollte. So frei wie sein Träger. Caleb neigte sich vor und küsste Madiha erneut. "Ich liebe dich", raunte er ihr in einer Pause zu, ehe er sie wieder küsste und es wiederholte, wie ein Mantra. "Ich liebe dich so sehr." Und wie er es tat! Seine Hände glitten an ihren Hüften entlang, legten sich an ihren Hintern und kneteten dort in wachsender Leidenschaft. Derweil suchten Calebs Lippen jede noch so kleine Stelle Haut, die sie mit Küssen bedecken und verwöhnen konnten. Er atmete schwer, aber warm dagegen und drückte Madiha eng an sich. Es war ein kurzes Stelldichein, dafür umso intensiver. Caleb konnte sich gar nicht schnell genug von seiner Hose befreien und Madiha weit genug aus ihrer blättern, um ihr auch körperlich zu zeigen, wie sehr er sie liebte. Dabei war es ihm vollkommen gleich, ob Jakub in der Küche etwas hörte oder sich aus Anstand nun Salz- und Pfefferstreuer schnappte, um sich damit die Ohren zu verstopfen. Es kümmerte ihn nicht, ob Jivvin etwas mitbekam. Sollte sie! Sie sollte ruhig hören, gern auch nochmal sehen, dass er niemand Anderen jemals so lieben würde wie Madiha und unter keinen Umständen auch nur die Idee einer Scheinehe in seinem Geist Platz hätte. Lediglich beim Auftauchen von Estelle wäre er wohl etwas peinlich berührt, aber diese konnte zum einen nichts sehen und zum anderen erschien sie nicht. Sie brauche Jivvins Hilfe, um sich sicher in ihrem Haus bewegen zu können. Es gab nichts mehr, das Caleb aufhalten könnte, außer Madiha selbst. Aber er bemühte sich, sie zu verführen und die Tränenflüsse austrocken zu lassen, um den Boden mit seiner fruchtbaren Leidenschaft anzureichern. Es war kurz, intensiv und liebevoll. Nach dem Höhepunkt, den beide nahezu gleichzeitig erreichen mochten, brachte Caleb noch genug Kraft auf, Madiha auf seine starken Arme zu hieven und in den gemütlichen Sessel zu setzen, der sie mit seinem weichen, grünen Polster warm umfing. Er selbst kniete sich vor sie, legte den Kopf in ihrem nach Leidenschaft duftenden Schoß ab und schlang seine Arme erneut, aber locker, um ihre Hüften. "Zweifle an allem - meintwegen auch an manchen unbedachten Entscheidungen, die ich treffe. Aber niemals an meiner Liebe zu dir, Madi. Niemals!"
Er blieb eine ganze Weile so sitzen. Im Salon blieb es ruhig. Der Regen prasselte sanft gegen die Fenster, schuf das einzige Geräusch, abgesehen von einigen Schritten jenseits des Raumes. Man ließ dem Paar ihre Privatsphäre. Sie würden sich schon zeigen, wenn sie wieder bereit wären. Noch aber gab es nur sie. Doch mit der Zeit sickerte auch endlich die Information zu Caleb durch, die Madiha zwischen ihrem Schluchzen und der Entschuldigung offenbart hatte. Er hob den Kopf an und suchte ihren Blick.
"Kejtell'o und du reisen ab, um ... was zu tun? Azuras Vater?" Er löste sich etwas von ihr, um sich auf die Fersen zurückzulehnen. "Und wohin gehen wir?", fragte er unvermittelt.
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Madiha Al'Sarma
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Freitag 15. März 2024, 12:46

Madiha war so tief in ihrer Vergangenheit versunken, dass sie ihre Zukunft nicht mehr erkennen konnte. Sie hatte sich tief in den Morast ihrer verletzten Seele gegraben und drohte darin zu ertrinken, während ihr Blick bereits voller Schlamm war. Sie konnte nicht mehr sehen, dass auch andere Unzulänglichkeiten aufweisen konnten. Sie konnte nicht mehr sehen, dass nicht sie allein hilflos war. Dass sie allein Angst hatte. Auch andere besaßen eine Angst, eine geheime Hoffnung und vor allem: Niemand war frei von Fehlern. Madiha verkannte, dass ein Caleb sich nicht so sicher in der Welt bewegte, wie er manchmal den Anschein machte. Sie verkannte, dass es ihn verunsicherte, wenn eine Frau so direkt mit ihm umging. Sie übersah, dass dies aber kein Indikator für seine Gefühle war. Madiha war so sehr in ihrem Denken verhaftet, weil man es versäumt und regelrecht unterbunden hatte ihr einen Wert beizumessen. Alles was sie jemals gewesen war, war nichts. Ihre Gefühle, ihr Herz, ihre Gedanken und ihre Seele, das alles waren Dinge, die in Sarma keinen Platz hatten. Dabei entpuppte sie sich als jemand, der durchaus Wert besaß. Sie war liebevoll und aufrichtig. Sie war auf der Suche nach ihrem Platz, ging aber nicht über Leichen. Madiha war vorsichtig und tastete sich Schritt für Schritt heran, damit sie ein kleines bisschen Glück fand. Sie wollte jenes nicht verschrecken und zog sich lieber noch mal einige Schritte zurück, bevor sie es nie erreichen würde. Aber sie strebte danach, sich endlich sicher sein zu dürfen. Sie wollte ihr Seelenhaus nicht mehr angekokelt wissen. Sie wollte es renovieren, es aufhellen und in einem neuen Glanz erstrahlen lassen. Sie würde ihren Rücken dafür krumm machen, sie würde die Arme tief hinein in den Schlamm stecken. Sie würde riskieren und geben. Um die Hoffnung zu haben, etwas dafür zu erhalten. Das Mädchen aus Sarma – eine Frau, die es wert war geliebt zu werden. Madiha erkannte ihren Fehler in dem Moment, da Caleb endlich seine Sprache wiederfand. Als er sie endlich wieder ansah und sie jeden Zweifel verlor, weil er sie mit eben jenem Blick betrachtete, der ihr jedes Mal wie ein wärmender Kokon über die Seele glitt. Er war der Topf voller Gold, den sie am Ende ihrer Bemühungen finden wollte. Und er adelte sie, weil er sie liebte. Durch ihn durfte sie mehrere Schritte auf jenes Glück zu machen. Sie brauchte in seiner Gegenwart nicht zurückzuschrecken. Er liebte sie. Und sie durfte nie wieder daran zweifeln. "Du entschuldigst dich? Es ... gibt nichts, was dir leid tun müsste.“, beteuerte er ihr gegenüber und Madiha seufzte auf. "Ich liebe dich so sehr, Caleb. Ich habe dir Unrecht getan. Verzeih mir." "Das werde ich nicht. Es gibt nichts zu verzeihen, Madi. Wir sind einfach nur zwei Idioten, die einander lieben - einigen wir uns darauf." Sie lachte. Madiha lachte über seine Beschreibung und nickte glücklich. Sie konnte es kaum fassen, dass es SO einfach sein sollte. Das Mädchen spürte eine immense Erleichterung. Es war doch alles viel leichter zu ertragen, wenn wenigstens er sie als jemanden sah, den man mögen konnte. Wenn wenigstens er über den Makel ihres Lebens hinwegsehen konnte und sie in diese Wärme aus Zuneigung und Leben zog. Madiha erwiderte seine Küsse voller Leidenschaft, die dieses Mal allerdings aus ihrer Erleichterung geboren wurde. Immer wieder lachte und weinte sie vor Glück. Er raunte ihr Liebesschwüre zu, wenn sie kurz Luft holten und Madiha nickte, suchte aber sofort wieder seine Lippen. Plötzlich verselbstständigte sich ihr Tun. Sie spürte, wie das Glück überging in ein Verlangen. Es war ein drängendes, nötiges Verlangen, um noch näher beieinander sein zu können. Ihr Schoß pochte auf einmal, wo sich Caleb’s Hände schon suchend über ihre Kehrseite legten. Sie keuchte in seine Küsse hinein und ließ es geschehen. Mehr noch, sie folgte ihm, nestelte an seiner Kleidung, während er das Tempo erhöhte. Madiha war die Umgebung egal geworden. Was brauchte sie eine Jivvin oder einen Kathar? Sie waren nicht wichtig. Und es war nicht wichtig, was sie von ihr hielten, solange die richtigen Personen erkannten, wer sie war. Caleb… an erster Stelle. Und auch Corax schwor, dass sie immer Freunde blieben. Auch er war Teil ihres Glücks. Jakub war Teil dessen. Estelle, die Madiha nicht verurteilte. Während Caleb’s Lippen jede freie Haut fanden und sie reizte, dass sie kaum noch an sich halten konnte, erkannte Madiha, dass sie es waren, die ihr Glück bestimmten. Und sie es sein würde, die dieses Glück annahm und schmiedete. Sie musste sich auf das Gute konzentrieren, damit das Schlechte keine Chance hatte. Madiha schwor sich, während er sie von ihren Kleidern befreite und sich über sie beugte, dass sie fortan nicht so schnell zurückweichen würde. Er wich auch nicht zurück, sondern drang energisch vor, ohne sie zu verletzten.
Leidenschaft… Madiha stöhnte und schloss die Augen. Leidenschaft hatte sie niemals zuvor empfinden können, doch er weckte sie mit einem einzigen Blick oder einem kessen Anheben seines Mundwinkels. Seine Leidenschaft erfüllte sie mit einer Wärme, die ihre trüben Gedanken und das Leid, das Corax gerochen hatte, einfach verbrannte. Madiha konnte fühlen, dass jeder Stoß, ausgeführt in Liebe, dazu angeraten war, sie zu verwandeln. Noch vor wenigen Momenten hätte sie Corax‘ Federkleid jegliche Konkurrenz machen können. Doch jetzt… jetzt war sie es, die Andunie mit Glück überhäufte. Sie ergab sich jener Lust und Leidenschaft, die brennend in ihrem Körper loderte. Es dauerte nicht lang und dennoch war es das wohl schönste, was ihr nun hätte passieren können. Caleb zu spüren, ihn zu haben in sich, an sich und um sich herum, war so nötig gewesen. Er war ihre Sonne. Und sie würde sich niemals mehr von ihm entfernen, weil er einmal nicht hell strahlte. Caleb liebte sie. Und als er sie auf den Sessel setzte, um gemeinsam mit ihr für einen Moment dieser intensiven Vereinigung nachzuspüren, da lächelte sie endlich wieder. Madiha lehnte ihren Kopf an das gemütliche Polster, legte ihre Rechte auf seinen Kopf und strich sanft darüber. Sie war glücklich… er war der Schlüssel zu ihrem Glück. Niemand sonst.

"Zweifle an allem - meinetwegen auch an manchen unbedachten Entscheidungen, die ich treffe. Aber niemals an meiner Liebe zu dir, Madi. Niemals!" Tränen standen ihr vor Rührung in den Augen. Sie nickte. „Ich verspreche es dir… “, sagte sie mit aller nötigen Ehrlichkeit. „Es ist nur manchmal ein… ein so großes Wunder für mich, dass ich fürchte, dass es nicht von Dauer ist.“, flüsterte sie und lächelte schief. Sie strich ihm liebevoll durch das widerspenstige Haar und schloss die Augen. Sie spürte die Gefühle in sich nach und hätte wohl Stunden so verbringen können. Es kehrte Frieden ein. In den Salon aber auch und vor allem, in ihr Herz. Madiha regenerierte und fühlte sich gestärkt für das, was sie noch tun musste. Sie fühlte ein Schutzschild um ihre Seele, das Caleb ihr gegeben hatte. Mit Liebe im Herzen wurde alles leichter und… klarer. "Kejtell'o und du reisen ab, um ... was zu tun? Azuras Vater?" Madiha kehrte aus ihrem Seelenhaus, das jetzt auch einen Garten besaß, zurück und öffnete ihren Blick für Caleb. Sie erhob sich und griff nach seiner Hand, damit er nicht die ganze Zeit am Boden sitzen musste. Sie führte ihn auf das Sofa und setzte sich neben ihn, drehte sich leicht und blickte ihn an. Sie nickte. „Kjetell’o will mit mir Alycide van Ikari retten. Jakub fand heraus, dass man ihn gefangen hält.“, sie stockte kurz, „Oh, Kjetell’o ist Azura’s richtiger Vater!“, offenbarte sie ihm und seufzte leise, ohne aber wieder in diese bodenlose Tiefe aus Leid zu fallen. Trotzdem war es nicht leicht für sie. „Kjetell’o will Azura nicht dabeihaben, wenn wir Alycide retten. Er… er will mich.“, sie hob die Schultern und musste doch etwas schlucken. „Ich glaube, er… ich verstehe, dass er Azura in Sicherheit wissen will, aber … ja, ich fühle mich benutzt, weißt du?“, gestand sie ihm und räusperte sich. Sie schaute zu einem der regenverhangenen Fenster. Es war ein Novum, denn Madiha sprach selten aus, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlte. Es sollte aber den Moment ehren, dass sie diese Liebe erfuhr. Sie wollte Caleb’s Aufrichtigkeit nehmen und in etwas neues verwandeln. Also versuchte sie zu sagen, was sie fühlte. Damit sie nicht mehr in den Schatten zurückkehren musste. "Und wohin gehen wir?" Madiha wandte ihren Blick in seine Augen und starrte hinein. „Was?“, fragte sie perplex und blinzelte schon wieder, weil sie diese vollkommen ernstgemeinte Frage rührte. „Du… du kommst mit mir? Du … du bleibst nicht hier?“, sie konnte es kaum glauben. „Caleb ich… aber was wird aus deinen Plänen?“, wollte sie wissen. Sie rutschte dichter zu ihm und lächelte. Kein Abschied... sie musste ihn nicht zurücklassen! Trotzdem würde sich das nur verzögern, denn Madiha glaubte noch immer, dass Kjetell'o sie nutzen würde, egal wie. „Wir müssen nach Kosral… Jakub erzählte mir davon, dass es militant und von Dunklen geführt wird. Er… Caleb er wurde gefoltert dort und…“ sie schlug die Augen nieder. „Ich will ja helfen, ich habe gesehen, wie viel Hoffnung Azura und Aquila – ihre Mutter – hegen. Wie könnte ich ‚nein‘ sagen? Aber auf der anderen Seite…“, sie biss sich auf die Unterlippe und griff seine Hand. „Ich will nicht sterben…“, murmelte sie und seufzte. Sie befand sich in einem Dilemma. „Was soll ich denn tun? Ich kann unmöglich jedem hier das Glück verwehren, weil ich… angst habe dabei mein Leben zu lassen, oder?“, zuckte sie die Schultern und etwas Dunkelheit kehrte doch wieder zurück. Auch dieser Verrat, den sie glaubte, erkannt zu haben, tat ihr weh. „Aber ich habe es Kjetell’o versprochen. Ich habe eingewilligt seine Bedingung zu erfüllen und erhalte dafür Unterricht. Ich wusste nur nicht, worauf ich mich einlasse.“, murmelte sie.
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Erzähler » Sonntag 17. März 2024, 15:52

Calebs Vorstellungen von einem geeinten Andunie, in dem es ein Miteinander zwischen Völkern dies- und jenseits des Drachengebirges gäbe, waren keine Utopie. Denn so sehr unterschieden sich Menschen und Dunkelelfen nicht voneinander oder Zwerge und Goblins oder Waldelfen und Orks. Sie alle konnten Unsicherheiten verspüren, kaschierten diese, um sich nicht verletztlich zu geben. Sie alle machten Fehler. Sie alle schufen Gesellschaften, bei denen es immer Gewinner und Verlierer gab. Seien es Sklaven in Sarma, die reichen Pfeffersäcken dienen mussten oder als minderwertig angesehene, unreine Mischkinder, die sich dennoch einen Weg durch Morgeria zu bahnen hatten. Selbst in Andunie existierten diese unnötigen Gesellschaftsgrenzen und was dabei herauskommen konnte, hatte Madiha durch die Erziehung einer Azura van Ikari am eigenen Leib erfahren. Sie glaubte, zu den Verlierern zu gehören. Ihr Leben und die Narben auf ihrem Körper bildeten Beweisquellen, auf denen sie sich stützen konnte. Wenn man jedoch die Perspektive wechselte, konnte auch die gewinnend hervorstechen und endlich durfte sie es auch erkennen. Es waren Kleinigkeiten, aber sie besaßen so viel an Wert - so wie sie. Allein ihr Name konnte ihr Kraft und Mut spenden. Ihre Mutter hatte ihn wohlbesonnen gewählt. Eine Frau, die es wert war geliebt zu werden. Es konnte nicht verlangt werden, dass sie von jedem geliebt würde. Gleichzeitig aber musste sie auch nicht jeder Nichtliebe so viel Wert beimessen, dass sie daran zerbrach. Wichtig waren jene, die sich in ihrer Gegenwart wohl fühlten, ihr Wohl als gleichwertig ansahen und ebenso zu nähren suchten wie das eigene. Es waren die Dunias dieser Welt, die anerkannten, dass Madiha es wert war, Wissen vermittel zu bekommen. Es waren die Ilmys, die Kraft schöpfen konnten, weil ihre eigene Unsicherheit durch die mutigen Worte einer anderen Seele verwischt wurden. Es war ein Jakub, der die Schwere seiner eigenen Laster vielleicht am besten kannte, sie aber nicht länger in Alkohol ertränkte, sondern versuchte, seinen Teil bei jenen beizutragen, denen er Leid angetan hatte - in seiner stummen und doch schätzenswerten Art. Es war ein Corax, der trotz so viel erlebtem Leid den schillernden Glanz seines eigenen Glücks nicht verloren hatte, sondern es noch mit jenen teilte, die es wert waren, geliebt zu werden. So wie Madiha. Madiha, die von einem Caleb geliebt wurde, der so viele andere haben könnte. Andere, die perfekt waren wie Dunia. Andere, die reich und schön waren wie Azura. Andere, denen eine glorreiche Karriere und Einfluss bevorstanden wie Jivvin. Aber er entschied sich über all das hinaus, weil er in Madiha einen ganz besonderen Wert sah. Sie akzeptierte seinen Freigeist, unterstützte ihn für seine guten und scholt ihn für seine schlechten Ideen. In beiden Fällen aber wäre sie jederzeit bereit, mit ihm in die Presche zu springen. Sie, die sich vor seinen eigenen Unsicherheiten nicht fürchtete, sondern sie annahm und mit ihm gemeinsam entdeckte, dass es keinen Grund zur Furcht gab. Sie, die sein Herz mit ihrem eigenen Feuer erwärmte, damit seines - gestählt dadurch - für sie kämpfen konnte, wenn sie drohte, im Schlamm ihrer Vergangenheit zu versinken. Und so gebündelt, wandelten sich viele kleine Dinge zu einem großen Ganzen, das sie alle wertvoller machte. Erfüllt. Vollkommen.
Oder sie waren einfach nur verliebte Idioten, wie Caleb es ausdrückte. Auch diese Kleinigkeit zählte. Sie sprengte einen Teil des Trübsals, der sich über Madiha gelegt hatte, lockte ein Lachen hervor, das Befreiung verhieß. Es löste dicke, verschlammte Knoten, riss sie einfach entzwei und übrig blieb die Freiheit, die sie sich schon einmal erkämpft hatte. Wenn sie sich gegenseitig kleine Dinge von Wert schenkten, könnte keine Kette mehr sie jemals wieder binden.
Um diese Erleichterung zu feiern und sich gegenseitig noch einmal zu zeigen, wie sehr man einander wertschätzte, wie sehr man einander liebte, versanken Madiha und Caleb in einem Schmelztiegel der Leidenschaft. Es ging schnell, war im Grunde eher von wachsendem Begehren denn von Romantik getrieben und bedeutete gerade jetzt doch so viel. Sie fühlten einander, sie hielten einander und sie spürten ihren eigenen Wert, indem sie ihn sich einander zusprachen. Die guten Dinge im Leben schienen zu wachsen, wenn man sie teilte. Caleb war bereit jeden Krümel seiner Liebe mit Madiha zu teilen.
Einer ruhenden Königin gleich bettete er sie auf ihrem Thron aus weichen Polstern und kniete als ihr getreuer Ritter zu ihren Füßen. Er sog den Duft ihres Schoßes auf, den er soeben befriedet hatte. Hier würde fruchtbares Land erblühen. Hier wollte er sich für immer niederlassen. Sein Kopf ruhte schwer auf ihren Beinen und Madiha stricht durch die niemals zu bändigende Mähne. Sie war minimal länger geworden, so wie ihr eigenes Haar. Beide könnten Schere und Kamm gut gebrauchen, um sich wieder in Form zu bringen, doch das war für den Moment nicht wichtig. Für die Zukunft würde es Madiha auch nicht helfen. So langsam dümpelte die Erkenntnis zu ihr durch, dass sie Caleb nicht verloren hatte, sich dennoch würde von ihm verabschieden müssen. Sie würde dieses kleine, neu gewonnene Stück Glück wieder aufgeben müssen, um ein Versprechen zu halten und Kjetell'o auf eine Mission zur Rettung eines Mannes begleiten, dessen Freiheit zumindest seine Tochter nicht verdient hatte. Nicht, wenn es Madiha wäre, die sich würde dafür opfern müssen. Und trotzdem würde sie es tun, würde gehen. Denn die Samraerin besaß Ehre im Herzen und würde zu ihrem Wort stehen. Sie musste es jetzt nur noch dem Mann schonend beibringen, der für sie einstand, sie liebte und nur sie in seinem Herzen auf diese Weise einlassen wollte. Den Mann, den sie trotz all dieses Glücks nun würde zurücklassen müssen.
Madiha ergriff Calebs Hand und wechselte mit ihm den Platz. Es war besser, wenn sie beide saßen, so zog sie das größere Sofa vor. Es war nicht minder gemütlich. Auch die grünen Polster hier fühlen sich weich an, ein wenig eingedrückt durch die Abnutzung wie im Sessel. Das verriet nur, wie gern diese Möbel all die Zeit doch genutzt worden waren. Vielleicht hatte Caleb als Jugendlicher schon hier zusammen mit seiner Mutter gehockt, gelesen oder geträumt, kleine Basteleien gestaltet, die Estelle so behutsam in seinem Zimmer verwahrt hielt. Es waren seine Wurzeln, die ihn hier verankerten. Er würde in Andunie bleiben und man konnte es verstehen. Er hatte hier so vieles, das ihn wärmen würde, wenn Madiha und ihre Herzensflamme gen Kosral zögen.
"Kjetell'o will mit mir Alycide van Ikari retten. Jakub fand heraus, dass man ihn gefangen hält. Oh, Kjetell'o ist Azuras richtiger Vater!"
"Wirklich?! Das ... ist eine ... Neuigkeit", brachte Caleb hervor. Er hatte es sich also auch kein bisschen vorstellen können und den Grund murmelte er dann nachdenklich vor sich her, während er sein Kinn berührte. "Er ist so ruhig, besonnen und ... vernünftig." Dass er damit Recht hatte, bestätigte Madiha durch ihre weiteren Erklärungen. Caleb nickte dazu nur. Auch er erkannte sofort, dass es richtiger wäre, Azura im sicheren Andunie zu lassen, wenn man ihren Vater würde retten müssen. Dabei wusste Caleb noch nicht einmal, dass er in Kosral gehalten wurde. Ihm genügte das Wissen darum, was es für beide ihrer Väter bedeuten könnte, würde sie auf dieser Rettungsmission verletzt werden oder gar umkommen. Außerdem hatte er selbst am eigenen Leib zu spüren bekommen, wie launisch die Andunierin sein konnte ... welche Entscheidungen sie daraus traf und was es für ihr Umfeld bedeutete. Ohne die Gnade des Gevatter Todes wäre Caleb wohl in seinem Reich geblieben, nur weil er nicht an sich - aber auch nicht an Madiha - gedacht hatte, um Azura zu retten. Sie hingegen verübelte es ihm noch immer. Wahrscheinlich wäre sie nun auch Madiha sauer gegenüber, wenn diese ihren Vater nicht ordnungsgemäß so rettete wie sie es sich wünschte und das täte sie nicht. Denn Madiha war nicht Azura. Trotzdem würde sie sich opfern ... für sie und ihr Wohlergehen. Für ihr Glück.
"... ja, ich fühle mich benutzt, weiß du?" Von allen. Von Kjetell'o und seiner Tochter. Caleb verstand. Er nickte. "Der Elf neigt dazu, seine Ziele durch andere zu erreichen. Hm, vielleicht ist er wirklich mehr Azuras Vater als ich dachte. Erinnerst du dich an den Kampf gegen Corax' Peinigerin? Serpentis Mortis? Kjetell'o und ich hielten uns im Verborgenen. Er reichte mit den Einhorndolch und meinte, ich würde wissen, was ich tun muss, wenn der rechte Zeitpunkt gekommen sei. Er ... hätte es auch selbst durchführen können." Diese Erkenntnis kam Caleb erst jetzt. Mit nachdenklicher Miene ließ er sich in die Rücklehne des Sofas sinken. Die Entscheidung, die er nun jedoch aussprach, stand bereits vor der Erkenntnis für ihn fest. Er würde Madiha begleiten, denn endlich fragte er nach ihrem Ziel - ihrem gemeinsamen Ziel.
"Du ... du kommst mit mir? Du ... du bleibst nicht hier?" Madiha konnte es kaum fassen. Noch einmal schoss hoffnungsvolle Erleichterung durch ihren Leib und sprudelte in jeder Faser ihres Körpers hinein. Caleb wollte sie begleiten. Es würde keinen Abschied geben. Sie irrte sich nicht, denn er nickte. "Natürlich", erwiderte er fast ein wenig gekränkt. "Hatte ich nicht bereits gesagt, ich folge dir?" Caleb grinste schief auf. Er schaute nun ebenfalls durch das vom Regen verwaschene Fenster. "Ich würde zwar unendlich gern etwas für Andunie tun, aber ... dann hätte ich auch Jivvins Vorschlag über eine Heirat in Betracht ziehen müssen." Er schüttelte den Kopf. "Keine Option", beharrte er und schaute Madiha wieder an. Er ergriff ihre Hände, drückte sie leicht. Sein Daumen fuhr über den Edelstein in ihrem Ring. "Außerdem verkenne ich wohl die Tugenden der Andunier. Sie werden sich selbst helfen oder wenigstens durchhalten, bis wir zurück sind. Ich begleite dich - natürlich tue ich das, Madi. Ich hoffe, du willst mich überhaupt mitnehmen. Also, wo geht es hin?"
Madiha klärte ihn auf. Das bedeutete für ihn auch die Bestätigung, dass sie ihn nicht hier zurückließ. Wenn, dann zogen sie gemeinsam los. Das würde Kjetell'o akzeptieren müssen, falls er ein Wort des Widerstand auf den Lippen hätte. Caleb ließ nicht zu, sich von Madiha trennen zu lassen, wenn die Situation so gefährlich würde. Er ließ nicht zu, dass sie ihrem Schicksal mit dem Gefühl, benutzt zu werden, entgegenschritt. Er würde auf sie achten und ein Auge auf sie, aber auch auf Kjetell'o haben.
"Was soll ich denn tun? Ich kann unmöglich jedem hier das Glück verwehren, weil ich ... Angst habe, dabei mein Leben zu lassen, oder?"
"Dein Leben und dein Glück ist so wichtig wie jedes andere"
, erwiderte Caleb. "Mir sogar wichtiger als jedes andere! Deshalb komme ich auch mit. Ich decke dir den Rücken. Notfalls schnapp ich mir dich, klemm Kjetell'o unter den anderen Arm und wir hauen ab! Das wird schon klappen." Seine Pläne waren pure Improvisation und eine Spur Unbedachtheit, aber sie hatten ihn schon so oft aus heiklen Situationen geholt. Caleb an seiner Seite zu wissen, bedeutete durchaus, ein Stück Glück gepachtet zu haben. Der Dieb hatte sich dreizehn Jahre lang durch Sarmas Unterwelt gegraben, war über die Dächer der Wüstenstadt gesprungen und besaß noch alle Gliedmaßen. Er war weniger vernarbt als Madiha. Seine Pläne konnten gelingen!
"Außerdem hab ich dich dazu ermutigt, seinen Unterricht anzunehmen und der Bedingung zuzustimmen. Ist irgendwo demnach auch meine Schuld." Er grinste entwaffnend, hob die Schultern an. "Wir schaffen das. Vielleicht wäre es jedoch das Beste, vorher nochmal mit dem Elfen zu sprechen. Du weißt ja nun mehr. Wäre es nicht gerecht, wenn er seine Bedingung dir gegenüber wenigstens offenbart? Ich komme mit, aber ich möchte nicht unbedingt in ein offenes Messer laufen, wenn ich wissen könnte, dass es mich erwartet."
Caleb erhob sich. "Willst du sofort los oder dich noch etwas ausruhen? Du siehst aus, als könntest du es gebrauchen und ... oh .. .wir riechen beide nach ... äh ..." Seine Wangen röteten sich. Sein Blick glitt zu jener Stelle vor dem Kaffeetisch, wo der Teppich ein wenig zerwühlt aussah. Er wischte sich über die Haare und ließ die Hand im Nacken ruhen. "Ein Bad, umziehen und dann los? Ich könnte in der Zwischenzeit mit Mama sprechen und ihr ... sagen, dass ich gehen muss."
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Montag 18. März 2024, 21:55

"Wirklich?! Das ... ist eine ... Neuigkeit… Er ist so ruhig, besonnen und ... vernünftig." Madiha lachte leise und nur kurz. Es war nicht ihre Art gehässig zu sein, aber sie konnte es sich nicht verkneifen. Er hatte auch nicht Unrecht. Es war wirklich seltsam, dass ausgerechnet Kjetell’o der Vater von Azura van Ikari sein sollte. Doch Madiha lag nicht dieser Umstand im Magen. Sie war tatsächlich unzufrieden damit, dass es ihr Kopf sein sollte, der für das Glück anderer geopfert würde. Aber vielleicht machte es Madiha den anderen auch viel zu einfach. Das Mädchen versuchte es jedem irgendwie Recht zu machen. Sie bemühte sich redlich darum, dass sie zu den Worten stand, die sie gab und versuchte im gleichen Atemzug, dass niemand aufgrund ihrer Entscheidungen ein Nachsehen hätte. Ungeachtet der Konsequenzen. Allerdings musste sie erkennen, dass Caleb in ihr den drängenden Wunsch weckte, sich auch mal an dem Schmieden ihres eigenen Glückes zu versuchen. Sie würde gehen, nicht aber, ohne Caleb zu sagen, wie sie sich dabei wirklich fühlte. "Der Elf neigt dazu, seine Ziele durch andere zu erreichen. Hm, vielleicht ist er wirklich mehr Azuras Vater als ich dachte. Erinnerst du dich an den Kampf gegen Corax' Peinigerin? Serpentis Mortis? Kjetell'o und ich hielten uns im Verborgenen. Er reichte mit den Einhorndolch und meinte, ich würde wissen, was ich tun muss, wenn der rechte Zeitpunkt gekommen sei. Er ... hätte es auch selbst durchführen können." Sie hob die Augenbrauen. „Ja, wirklich?“, fragte sie mehr rhetorisch und runzelte daraufhin nachdenklich die Stirn. Madiha spürte kurz Wut in sich aufflammen, die sie aber nicht weiterverfolgte. „Er benutzt…“, murmelte sie und schüttelte den Kopf. Sie war enttäuscht. Jene konnte dann nur Caleb wieder verwischen, als er ihr mitteilte, dass er ihr zur Seite stehen würde. Unglauben machte sich in ihr breit und schürte etwas seine Kränkung. Madiha aber konnte ihre Freude und Erleichterung darüber nicht verbergen. Sie war einfach dankbar und immens glücklich, dass er es so sah. "Hatte ich nicht bereits gesagt, ich folge dir?" „Doch aber ich… ich..“, sie leckte sich über die Lippen und atmete erleichtert durch. „Ich glaubte, du würdest in Andunie bleiben wollen, um… ich will dich nicht von deinen Plänen abhalten, deshalb dachte ich.. naja..“, sie senkte etwas beschämt den Kopf.

Madiha musste wirklich verinnerlichen, dass es absolut in Ordnung war, wenn sie ihn bei sich haben wollte. Wenn sie sich nach seiner Unterstützung sehnte. Sie musste lernen, dass sie etwas wert war. Und Caleb hatte ihr an diesem Punkt gezeigt, wie wertvoll sie war. "Ich würde zwar unendlich gern etwas für Andunie tun, aber ... dann hätte ich auch Jivvins Vorschlag über eine Heirat in Betracht ziehen müssen.“ Sie schluckte. Allein der Gedanke daran, tat ihr noch weh und schürte den Unmut über die Dunkle. Madiha hatte angefangen ihr zu vertrauen. Und sie konnte nicht verhindern, dass es ihr missfiel, was sie gesagt hatte. "Keine Option. Außerdem verkenne ich wohl die Tugenden der Andunier. Sie werden sich selbst helfen oder wenigstens durchhalten, bis wir zurück sind. Ich begleite dich - natürlich tue ich das, Madi. Ich hoffe, du willst mich überhaupt mitnehmen. Also, wo geht es hin?" Sie lächelte ihn an. Noch immer rührte sie die Tatsache, dass er sie nicht in die Ecke stellte. Dass er nicht über sie hinwegsah und seine Ziele verfolgte. Zwar fiel es der Sarmaerin bedeutend schwer zu hören, dass er etwas tun wollen würde und ihr dennoch folgte, aber sie glaubte in sich die leise Wahrheit zu finden, dass es in Ordnung war. In Ordnung, dass sie mal das tat, was SIE wollte und was ihr helfen würde. Wenn sie schon das Ende in Aussicht gestellt bekäme, dann war es doch vielleicht nur legitim, dass sie es nicht allein verbringen wollte? Und so erzählte sie ihrem Dieb, was Kjetell’o von ihr wollte und mutmaßlich mit ihr vorhaben würde. Und sie vertraute sich Caleb an, dass sie Angst davor hatte, weil sie im Grunde nicht wollte, dass andere wegen ihres Zögerns litten.
Sie hatte bereits gesehen, was Azura tat, wenn ihr etwas missfiel. Und sie wollte gewiss nicht, dass ihre Weigerung bedeutete, dass sie dem wankelmütigen Zorn der van Ikari ausgesetzt wurde. Die letzte Begegnung mit Azura hatte Madiha gereicht. Sie würde sich nicht mehr freiwillig dem aussetzen, wenn sie es vermeiden konnte. "Dein Leben und dein Glück sind so wichtig wie jedes andere. Mir sogar wichtiger als jedes andere! Deshalb komme ich auch mit. Ich decke dir den Rücken. Notfalls schnapp ich mir dich, klemm Kjetell'o unter den anderen Arm und wir hauen ab! Das wird schon klappen."

Madiha musterte Caleb und… begann zu lächeln. Ihr wurde warm und sie senkte den Blick. Es waren ‚nur Worte‘ aber Madiha wusste, dass er sie genau so meinte. Und dass er dafür sorgen würde, dass ihr nichts geschah, wenn er dazu in der Lage wäre. Das allein half ihr, sich sehr viel wohler zu fühlen. Und sie zweifelte keine Sekunde daran, dass er ein Stück vom Glück gepachtet hatte. "Außerdem hab ich dich dazu ermutigt, seinen Unterricht anzunehmen und der Bedingung zuzustimmen. Ist irgendwo demnach auch meine Schuld. Wir schaffen das. Vielleicht wäre es jedoch das Beste, vorher nochmal mit dem Elfen zu sprechen. Du weißt ja nun mehr. Wäre es nicht gerecht, wenn er seine Bedingung dir gegenüber wenigstens offenbart? Ich komme mit, aber ich möchte nicht unbedingt in ein offenes Messer laufen, wenn ich wissen könnte, dass es mich erwartet." Sie nickte nachdenklich. „Sicher, du hast Recht… Ich schätze, es wäre wirklich klug ihn darauf anzusprechen. Im Grunde will ich ja helfen, aber ich will ihm auch sagen, dass ich nicht…“, sie biss sich auf die Unterlippe. Nein, sie durfte nicht schon wieder in diese Düsternis verfallen. Also straffte sie die Schultern. „Ich versuch’s.“ Sie nickte zuversichtlich und erhob sich mit ihm gemeinsam. Madiha spürte eine latente Müdigkeit in sich und lehnte sich lächelnd gegen Caleb. "Willst du sofort los oder dich noch etwas ausruhen? Du siehst aus, als könntest du es gebrauchen und ... oh .. .wir riechen beide nach ... äh ..." Sie kicherte mit hochrotem Kopf und schmiegte ihre Arme um seinen Körper, um ihn einfach mal fest zu drücken. Sie schloss die Augen dabei und sog diesen Moment in sich auf. Sie wollte ihn bewahren, für den Fall der Fälle. Sie war so… zufrieden.
Madiha war mit wenig zufrieden, denn sie hatte nie irgendetwas besessen. Einzig die Sicherheit, dass es jemanden gab, der sie schätzte, reichte ihr aus, damit sie sich gestärkt fühlte und jedes leichthin gegebene Versprechen einlösen würde. Aber eben nicht mit einsamem Herzen, das in Leid ertrank. "Ein Bad, umziehen und dann los? Ich könnte in der Zwischenzeit mit Mama sprechen und ihr ... sagen, dass ich gehen muss." Madiha löste sich von Caleb und blickte zu ihm hinauf. Sie verzog ihren Mundwinkel und schnaufte amüsiert. „Du kannst auch ein Bad gebrauchen!“, bestimmte sie und griff nach seiner Hand, um ihn mit sich zu ziehen. Madiha war befreit. Befreit von ihrem schweren Herzen und der Unsicherheit, die sie viel zu leicht wieder zuließ. Jetzt aber zog sie ihren Dieb hinter sich her und die Treppe hinauf.

Das Haus van Tjenn war für Madiha bereits jetzt etwas, das sie lieben lernen könnte. Dabei ging es ihr nicht um Prunk oder Protz, nicht um Größe oder Optik. Es war sein zuhause. Alles hier war Caleb und umgab sie ebenfalls wie der Dieb persönlich mit einer liebenden Wärme, die sie nur zu gerne zuließ. Sie strich mit ihren Fingern an dem verzierten Weinreben-Geländer entlang, übersah die fehlenden Portraits irgendwelcher Persönlichkeiten und sog lieber die kleinen Feinheiten in sich auf. Bis sie das Zimmer erreichten, das man als Bad auserkoren hatte. Madiha zog Caleb hinein und schloss die Tür. Das Mädchen öffnete die Hähne, deren Konstruktion beeindruckend gut funktionierte. Es knarzte etwas, gluckerte und dann sprudelte das Wasser durch die Pumpen in die Wanne hinein. Gleichwohl entzündete Madiha die darunter liegenden Scheite, damit es nicht auskühlte. Madiha legte Handtücher bereit und lächelte bei ihrem Tun immer wieder Caleb an. Während sie das Bad herrichtete, berührte sie ihn mal hier flüchtig oder mal da. Sie genoss sichtlich seine Aufmerksamkeit und versuchte sich gar darin, ihn ein wenig zu locken. Er löste das in ihr aus und Madiha sperrte alle Azura’s, Kjetello’s, und Jivvin’s aus. Sie konzentrierte sich nur noch auf Caleb. Als das Wasser hoch genug in der Wanne stand, ließ sie ein dezentes Duftwasser hineinfließen und holte tief Luft, bevor sie sich dann zu ihm umdrehte. Ihr Graublau loderte etwas auf und für einen Moment betrachtete sie Caleb lediglich. Ihr Gesicht bekam einen ernsten Ausdruck. Dann trat sie auf ihn zu und begann behutsam, ruhig und die Zeit vergessend, ihm langsam aus seinen Kleidern zu helfen. Madiha ging hierbei besonders langsam vor. Sie genoss diese Zweisamkeit, die Nähe, die Ungestörtheit über die Maßen. Es war ihr Moment. Und sie wollte ihn genießen.
Stück für Stück zog sie Caleb aus, bis er nackt vor ihr stand. Dabei blieben ihre Augen in seinen, während allerdings ihre Fingerspitzen sanft und liebevoll über seine Haut fuhren. Madiha entpuppte sich tatsächlich als besonders zärtlich, obwohl sie selbst niemals dieses Spiel hatte spielen dürfen. Caleb weckte dieses Bedürfnis in ihr und so glitten ihre Finger über seinen Körper und erspürten ihn genüsslich. Dabei blieb sie unschuldig und begann damit, ihre Kleider auszuziehen, sobald er in der Wanne saß. Danach kletterte sie mit hinein, drehte ihm ihren rücken zu und setzte sich zwischen seine Beine. Sie lehnte sich an seine Brust, bettete ihren Kopf an seiner Schulter und griff nach seinen Armen, um sie um sich zu legen. Dann schloss sie ihre Augen und atmete lange aus. Für eine ganze Weile saß das Mädchen einfach nur da und spürte seine Nähe. Sie spürte seinen Atem, hörte seinen Herzschlag und fühlte die Bewegung seiner Brust. Nach einiger Zeit griff sie schließlich einen bereitgelegten Lappen, tauchte ihn ins Wasser und begann schließlich damit, seine Arme damit abzureiben. Bis sie sich herumdrehte und vor ihm kniete. Das Wasser reichte ihr bis ein Stück über den Nabel, während ihre Brüste aus dem Wasser ragten. Madiha stützte sich an seiner Brust ab und begann damit, auch jene abzureiben. Dabei achtete sie auf ihr Tun und nahm sich auch hier immens viel Zeit. Es war eine ganz persönliche Nähe, eine Zweisamkeit, die sie brauchte und einforderte. Sie wollte ihn für jene Momente ganz für sich und genoss es sichtlich, diese Zeit auch haben zu dürfen. Dass die Stimmung durchaus auch kribbelnd auf sie wirkte, war ein schönes Gefühl. Er regte ihre Fantasie auf neue Weise an und ließ sie mal hier und mal dort erröten. Immer dann, wenn ihre Blicke sich trafen. Irgendwann ließ Madiha den Lappen sinken und betrachtete sein Gesicht. Sie hielt ihren Blick in seinen Augen, lange… Bis sie sich nach vorn neigte und ihn so zärtlich und liebevoll küsste, dass ihr tatsächlich eine Träne überschwappte.

„Ich bin so glücklich in deiner Nähe, Caleb.“, flüsterte sie, als sie sich wieder löste. Madiha lehnte ihre Stirn gegen seine und schloss die Augen. „Und dankbar, dass du zu mir hältst, trotz allem.“, flüsterte sie weiter. Sie war sehr ergriffen und gleichwohl emotional. Es bedeutete der Samaerin einfach viel, dass sie hier mit ihm gemeinsam sein durfte. Dann wagte sie etwas Neues: "Dich lieben ich", versuchte sie es in seiner Sprache und wurde augenblicklich wieder rot. Erst danach setzte sie sich auf seinen Schoß, nachdem er die Beine etwas zusammengelegt hatte und blickte ihn wieder an. Sie legte ihm eine Hand an den Hals, hielt sich etwas fest, während die andere ins Wasser zwischen ihnen wanderte und ihn schließlich berührte. Madiha wollte ihn erneut spüren, auch wenn sie dieses Mal nicht so von Leidenschaft als viel mehr Liebe gepackt wurde. Sie setzte sich auf ihn und keuchte, während er sie ausfüllte. Sie wartete, bis er sich positioniert hatte, bis sie sich ganz langsam und wohldosiert zu bewegen begann. Dabei hatte sie ihren Blick in seinem Gesicht, tauschte intensive Küsse mit ihm und ließ ihre Liebe für Caleb in das tragisch erlernte Wissen einfließen.
Madiha verknüpfte beides nun zu etwas, das sie selbst vor Caleb nie erfahren hatte: Einer Vereinigung aus Liebe und daraus resultierenden Leidenschaft. Es war intensiv, anregend und beflügelnd, wie sie ihm zeigte, zu was sie in der Lage sein konnte, wenn sie mit ihm zusammen war. Das war nur für ihn. Sie zeigte nur ihm ihre wahren Gefühle, ihr vulnerables Herz. Madiha liebte Caleb in diesem Moment und schenkte ihm diese Vereinigung, damit er nicht vergaß, wie glücklich er sie machte. Nachdem sie das Badewasser erst zum Kochen und dann zum Auskühlen gebracht hatten, entstieg Madiha der Wanne und spürte ein angenehmes Glühen in ihren Wangen. Sie war leicht außer Atem und doch fühlte sie sich belebt, wie noch nie. Ihre Augen funkelten verliebt, während sie sich abtrocknete und schließlich die Kleidung wieder anzog, die sie bereitgelegt hatten. Sie räumte alles auf, was sie benutzt hatten und trat schließlich auf Caleb noch mal zu. Es folgte erneut ein Kuss. „Ich würde für immer mit dir hierbleiben…“, säuselte sie, bevor sie lächelte. „Aber zuvor müssen wir noch einen Adeligen retten!“, lachte sie scherzend. Ja, Caleb hatte wirklich sämtliche Macht über Madiha. Er bestimmte, wie sie sich fühlte und hätte, wäre er ein dominierender Charakter, sämtliche Trümpfe in der Hand, sie in den Himmel zu heben oder in den Harax zu stampfen. „Sind wir soweit?“, fragte sie und wartete, ob er bereit wäre, nun zu gehen. Jetzt würde sich zeigen, ob die Liebe wirklich alles überwinden konnte. Und ob sie bestehen würde, auch über das Schicksal hinaus…
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Erzähler » Dienstag 19. März 2024, 15:43

Caleb und Madiha waren sich einig: Sie würde mit dem Elfen sprechen müssen, ehe sie zu dritt nach Kosral aufbrachen. Es kamen immer mehr Unstimmigkeiten an die Oberfläche, die der Sarmaerin missfielen. Kjetell'o schien nicht nur sie ausgesucht zu haben, um seinen Nutzen daraus zu ziehen. Er hatte auch Caleb in eine Richtung gewiesen, die dem Dieb durchaus das Leben hätte kosten können. Als er ihm den Einhorndolch überreichte, entschied er, dass Caleb seinen Hals aktiv riskierte. Allerdings für eine Sache, die Madiha, ihm und Azura wichtig gewesen war. Sie hatten Corax aus Serpentis' Fängen befreien wollen. Kjetell'o kannte den Dunkelelfen bis dahin noch nicht einmal. Er konnte unmöglich sein Motiv gewesen sein. Andererseits mischte der Shyáner nun im Hintergrund in der Akademie mit. Er war es, dem Corax die illusion der Feuerhexe überwarf wie einen Umhang. Er agierte aktiv, ohne dass andere wussten, dass er sich hinter der dunkelelfischen Maske verbarg. Und was mochte er alles mit Corax in der einen Woche besprochen haben, in der Madiha und Azura bewusstlos wieder genesen mussten?
Jetzt würde Kjetell'o sie mit in die militant geführte Stadt Kosral nehmen, um Aquila und Azura van Ikari einen Gefallen zu tun. War sein Unterricht für die Sarmaerin nur ein Vorwand, um ihr Vertrauen zu gewinnen? Ehe sie weiter spekulierte, schien es das Beste zu sein, die Antworten wirklich direkt von ihm zu erhalten. Und dieses Mal durfte Madiha nicht nachgeben. Kein Verstecken in den Schatten mehr, kein Schweigen! Sie riskierte ihr Leben für etwas, das man ihr vorenthielt. Es wurde Zeit, das Spiel mit offenen Karten zu spielen. Vor allem ihre Mitspieler mussten sich an diese neue Regelung halten. Sie selbst hatte bereits genug getan. Es war Zeit für etwas mehr gerechtes Gleichgewicht.

Bevor sie sich allerdings auf den Weg zur Akademie der Wassermagie machen konnte, musste Madiha wieder vorzeigbar sein. Sie empfand, dass Caleb ein Bad jedoch ebenfalls nötig hatte und nahm ihn mit sich. Baden war wundervoll! Nicht nur, dass man dabei unheimlich entspannen und die Zeit einmal stillstehen lassen konnte. Es würde sie auch niemand stören, während sie sich wusch. Caleb dabei zu haben bedeutete also, ihn einmal ganz für sich zu haben. Madiha genoss es schon, als sie nur dabei war, Handtücher bereit zu legen und das Wasser anzuheizen. Der Dieb ging ihr natürlich zur Hand. Während Madiha also die gemeinsame Wanne vorbereitete, schaffte er frische Kleidung heran. Typisch andunisch und doch mit einem nautischen Charme, den auch die gesamte Einrichtung des Hauses van Tjenn besaß. In seinem Fall bedeutete es, dass Caleb wieder diese schicken, schwarzen Stiefel über einer braunen Hose aus weichem Leder tragen würde. Dazu einen passenden schwarzen Gürtel und das klassische, weiße Seefahrerhemd. Bevor sie loszögen, streifte er sich gewiss entweder einen Seefahrer- oder Kaufmannsmantel über. Ob Madiha es forderte oder nicht, er würde sich die Haare mit einem schwarzen Lederband zum kurzen Zopf im Nacken zusammenbinden. Letztendlich half es aber nichts, ihn so adrett wie einen Adligen aussehen zu lassen. Caleb würde niemals in dieses Bild hineinpassen. Seine Haarsträhnen wollten frei und ungezügelt sein wie er selbst.
Für Madiha hatte er tatsächlich einen moderneren Schnitt besorgt. Sie müsste sich in keinem langen, zu damenhaften Kleid abmühen wie Azura. Gewiss stünde es ihr, denn auch sie konnte sehr weiblich aussehen. Doch für ihre Zwecke war es unpraktisch. So erhielt auch sie dunkle Stiefel, schlank und bis zu den Knien reichend, so dass die eher dünne Hose ab dort bis hinunter zu den Knöcheln sie nicht frieren lassen würde. Darüber würde Madiha eine Tunika tragen, farblich passend zu ihren Augen und einen gefütterten Damenfrack mit weit geschnittenen Enden, dass sie allein vom Schnitt her an die Schwanzfedern einer Schwalbe erinnerten. Der Frack selbst war in Schwarz- und Grautönen gehalten, ummalte ihr Haar und ließ sowohl das Blau der Tunika als auch ihrer Augen satter hervorstechen. Eine weiße Bluse unter allem, die oben geradezu frech aus der offen gehaltenen Tunika-Schnürung herauslugen konnte, komplettierte das Bild. Caleb hatte allerdings auch noch ein Mieder aus weichem, dunkelbraunem Leder hinzugelegt, falls Madiha Bedarf an derlei Mode besaß. "Und das hier darf nicht fehlen." Er wedelte mit einem Satz kleiner Lederbeutelchen, die sie an das Mieder oder eben einige Laschen ihres Fracks anbringen könnte. Was immer Madiha dort verstaute, es wäre hilfreich, um die Hände frei zu haben. Für die Ausstattung war folglich gesorgt. Nun fehlte nur noch das entspannende Bad davor.

Wie wohltuend heißes Wasser dem Körper doch tun konnte, erkannte Caleb zuerst. Nachdem Madiha ihn mit einer fast schon erotischen Gemächlichkeit von seiner alten Kleidung befreit hatte und er ins Badewasser gestiegen war, entkam ihm ein zufriednes Seufzen. Er lehnte sich mit dem Rücken an den Zuber und wollte schon die Augen schließen, aber dann legte auch seine Liebste ab. Sie gewann sofort Calebs volle Aufmerksamkeit. Er beobachtete jede ihrer Bewegungen, betrachtete sich wie das Licht auf ihren nackten Körper fiel und genoss die Aussicht mit glühenden Wangen.
Als Madiha zu ihm ins Wasser stieg und sich gegen seine Brust lehnte, brauchte sie nicht einmal nach Calebs Armen zu greifen. Er konnte sie gar nicht schnell genug damit umschließen und an sich drücken. "Mein Feuer...", raunte er gegen ihr Ohr, küsste ihre Schläfe und gemeinam verbrachten sie eine ganze Weile damit, zusammen zu schweigen. Die gegenseitige Nähe half beiden, sich geistig und körperlich wieder mit neuer Energie zu versorgen. Seelische Wunden heilten, körperliche verblassten. Die Wärme, welche sie etwas einlullte, rührte nicht nur vom Badewasser her.
Für Madiha war es reinster Balsam und sie wollte Caleb ein gleiches Gefühl zurückgeben. Sie wollte ihm zeigen, wie sehr sie ihn liebte und wie glücklich sie darüber war, dass er von sich aus weder Jivvin noch ihre Idee einer Scheinehe überhaupt in Erwägung zog. Er hatte sich für sie entschieden, für Madiha allein ... und es gab für ihn keine andere mehr.
So wandte sie sich um, präsentierte ihm ihre eigene Schönheit. Caleb genoss sie bedingungslos. Er stellte weder Vergleiche zu anderen Frauen an, noch beklagte er sich über Makel. Im Gegenteil, er nahm alles an, was Madiha ihm bot, denn so war es für ihn perfekt. Dass auch der Moment reine Perfektion sang, hörten sie gemeinsam, als Madiha erneut das Lied der Liebe anstimmte. Im Wasser vereinten sich ihre Körper geradezu mühelos und ohne jegliche Vorbereitung. Es ging aber weder ihr noch ihm derzeit um Lust. Es ging um Nähe und was sie gemeinsam füreinander waren. Caleb umfasste Madihas Hüften locker, damit sie den Takt vorgeben konnte. Er streichelte sie dennoch und schon bald stimmte er in ihren Gesang aus sanftem Keuchen, erregtem Atem und leisesm Stöhnen ein. Es war nicht einmal wichtig, hier und jetzt dabei erneut diesen bombastischen Höhepunkt zu erreichen wie gemeinsam auf dem Schiff oder in der Nische ihrer Gasse. Nichts war wichtig, außer dass sie gerade zusammen waren und einander liebten.
Unter zahlreichen Küssen, Zärtlichkeiten, einem warmherzig korrigierten "Ich liebe dich" und der Reinigung ihrer Seelen erfolgte bald auch die Pflege ihrer Körper. Nach dem vereinten Liebesspiel erfolgte tatsächlich noch das Waschen und so wie Madiha zuvor Caleb mit reichlich Zeit eingeseift hatte, erhielt sie es zurück. Der Dieb schenkte ihren Schultern sogar eine sanfte Massage, um auch die letzten Knoten zu lösen. Ganz weich, locker und das Herz neu angefüllt mit erwiderter Liebe entstieg Madiha schließlich dem Zuber, um sich anzuziehen. Caleb tat es ihr gleich. Dennoch verließen sie das Bad reichlich später als geplant. War es wichtig? Nur bedingt. Es gab kein zeitliches Ultimatum, bis wann Azuras Vater gerettet sein müsste. Jakub selbst hatte sogar Madiha gegenüber erwähnt, dass man Kjetell'o ein wenig zum Warten zwingen müsste, damit auch er sich etwas erholte. Sie hatte alles Recht gehabt, ihre eigene Zeit mit Caleb ausgiebig und nicht in Eile verbringen zu dürfen. So ließ das Paar sich nun auch Zeit, den Raum zu verlassen und noch einmal ins gemeinsame Schlafzimmer zu verschwinden. Caleb wollte ein paar Dinge mitnehmen, darunter auch den Einhorndolch, den er an seinem Gürtel befestigte. Ein eleganter Säbel kam noch hinzu. Außerdem packte er sich einen kleinen Rucksack mit allerlei Materialien, die aus seiner Sicht für eine Rettungsmission von Interesse wären. Weder er noch Madiha wussten schließlich, ob Kjetell'o sofort los wollte. Sie konnte es nur erahnen, denn er hatte durchaus angedeutet, bei ihrer Rückkehr zu dem Shyáner abreisefertig zu sein.
"Sind wir soweit?"
"Ich möchte Mama noch Lebewohl sagen." Diese Gelegenheit hatte Caleb bisher nicht erhalten. Er griff Madiha an der Hand und nahm den kurzen Weg vom gemeinsamen Schlafzimmer hinüber zu seinem einstigen Kinderzimmer. Jivvin hatte erwähnt, dass seine Mutter dort nächtigte. Höflich klopfte Caleb gegen die Tür. "Mama? Bist du wach? Dürfen wir hereinkommen?"
"Oh, Caleb! Ja, doch, mein Schatz." Man hörte es rascheln und dann landete etwas mit einem dumpfen Aufprall am Boden. Es war zu leicht für einen Körper, dennoch hörten sowohl Caleb als auch Madiha, dass etwas gefallen war. Der Dieb betrat sofort das Zimmer, gefolgt von seiner Geliebten. Sogleich schlug Madiha wieder diese Gemütlichkeit entgegen. Auch oder gerade weil hier alles mit so viel Herz und liebevollem Klimbim vollgestopft war, fühlte es sich kostbar an. Inmitten der Schätze aus der Vergangenheit des jungen Caleb van Tjenn saß seine Mutter auf dem einstigen Kinderbett. Erneut hing ein schwarzer Schleier über ihre geblendeten Augen. Ansonsten trug sie dieses Mal aber eher legere Kleidung. Ein schlichtes Kleid aus dicker Wolle, darüber eine Zierschürze mit Rüschen und kleinen Ankern als Muster. Nur die goldenen Spangen um Handgelenke und die wertvoll aussehende Halskette ließen selbst dieses eher schlichte Modestück adlig wirken. Jemand hatte Estelles Haar gebürstet und zu einem Kranz aus geflochtenen Zöpfen um ihren Kopf gebunden. Dadurch fielen die zierlichen Muschelohrringe schnell auf.
Die alte Dame lächelte gen Tür, als sie die Schritte hörte. "Liebling, mir ist mein Strickzeug heruntergefallen. Würdest du-?"
"Hier, Mama!" Caleb war schnell und legte ihr ein Knäuel aus roter Wolle zusammen mit den Stricksachen zurück in ihre Finger. Dankbar nickte die Mutter und hielt alles nun gut fest. "Ich bin eine so glückliche Frau, dich zu haben, mein Liebling."
"Mama, ich..." Caleb setzte sich neben sie auf das Bett, überließ es Madihas Entscheidung, sich dazu zu begeben oder stehen zu bleiben. Er legte seine Hände über Estelles. "Mama, es gibt etwas, bei dem ich aushelfen muss. Das bedeutet, dass ich Madi begleite. Wir reisen nach Kosral, um ... zu helfen. Und ich weiß nicht, wann wir zurückkehren." Die Frage, ob es überhaupt eine Heimkehr gäbe, überging er. Dafür schaute er seine Mutter prüfend an, suchte nach einer Reaktion. Sie war ehrlich, zeigte ihre Gefühle offen und trotz des Schleiers über ihrem halben Gesicht erkannte man, was sie kurz darauf in Worte fasste.
"Du warst schon immer ein guter Junge, jederzeit bereit, den Schwächeren zu helfen. Bitte, pass mir gut auf deine Madi auf. Lass sie nicht von der Angel, mein Sohn! Sie ist ... ein Schatz, den man hüten muss. Aber ohne Umarmung lasse ich niemanden von hier fort!" Caleb drückte seine Mutter innig, schaute dann zu Madiha herüber. Auch sie war eingeladen, sich gebührend von Estelle zu verabschieden. Die alte Dame nahm es mit einem aufrichtigen Lächeln an.
Als Caleb sich schon wieder der Tür zuwandte, erhob sie noch einmal die Stimme: "Dein Vater wäre stolz." Das ließ ihn innehalten, während seine Hand sich fest um den Türknauf legte. Er nickte nur, brachte kein Wort heraus. Da Estelle aber noch immer lächelte, schien sie zu ahnen, was diese Worte für ihren Sohn bedeuteten. Kurz darauf waren er und Madiha aber schon in der Eingangshalle.
Caleb nahm zwei schwere Regenmäntel von der Garderobe, streiften einen sich und den anderen Madiha über, inklusive den weiten Kapuzen. Trotzdem nahm er sich noch einen großen Schirm mit, unter dem glatt vier Personen hätten Platz finden können. Er öffnete die Tür des Haupteingangs, doch ehe er Madiha hinaus ließ, stutzte er nochmal. "Ist Jakub schon aufgebrochen? Warte hier, ich sehe nach ihm!" So lehnte er den Schirm neben die Tür und huschte erst einmal Richtung Küche. Dorthin war der Erste Maat zuletzt verschwunden. Kaum dass er Madiha allein zurück ließ, vernahm sie ein knappes Räuspern. Doch ehe sie überhaupt mit mehr als einem Blick in die Richtung des Geräuschs reagieren konnte, packte sie jemand an der Schulter und zog sie zur Tür heraus und auf die Seite. Das kleine Vordach über der flachen Veranda schützte sie und die andere Person vor dem Regen. Endlich ließ man von ihr ab und mit verschränkten Armen lehnte Jivvin sich zwischen Haustür und Fenster an die Wand des Gebäudes. Sie wich Madihas Blicken aus, starrte geradezu stoisch nach vorn auf die Straße. Der Regen hatte bereits all den alten Schmutz fortgespült, jegliche Erdfugen des Gehwegs aufgeweicht und ließ die Pflastersteine der Straße seit Tagen nun schon feucht und dunkel glänzen. Auf der gegenüberliegenden Seite hockte eine vom Regen vollkommen durchnässte Katze an der Pforte, kratzte am Holz der Tür und maunzte kläglich. Sie wurde hereingelassen, kaum dass Jivvin die Stimme erhob. Nur den Kopf behielt sie unbewegt.
"Ja, er ist mehr als von den Göttern gesegnet ausgestattet und ... es hat wirklich seinen Reiz ...", begann sie. Dann holte sie tief Luft. Darauf kam es ihr offenbar nicht an. Sie wirkte nicht so selbstbewusst wie sonst, auch wenn sie versuchte, sich reserviert zu geben. Endlich huschte ihr goldener Blück zu Madiha herüber. Er kreuzte sich aber nur flüchtig mit dem ihren, bevor Jivvin wieder nach vorn sah. "Eigentlich bin ich gar nicht wirklich an ihm interessiert." Eine Pause entstand, in der nur der Regen ein Geräusch zu verursachen schien. Jivvin löste die Verschränkung ihrer Arme auf, aber nur, um sie nun umgekehrt neu zu formen, als wüsste sie nicht, wohin mit ihren Armen. "Morgerianische Ehen entstehen aus dem Bedarf an Vorteilen oder Privilegien. Sei es ein besserer Stand in der Gesellschaft, mehr Einfluss oder nur die dringend benötigte finanziell reichhaltige Mitgift. Seltener erhofft man sich, das beste Blut für einen Erben gefunden zu haben. Reines Blut!" Sie schnaubte. "Aber in Morgeria heiratet niemand aus Zuneigung. Niemals." Sie presste die eigenen Arme enger an den Leib, dass es aussah, als wollte sie sich selbst halten, um nicht zu fallen. "Ein rechtschaffenes Herz ist so selten und exotisch wie goldene Augen bei einer Dunkelelfe ... und beides ist gleichermaßen unerwünscht in den Kreisen der Reinsten ... der Dunkelsten." Sie seufzte und stieß sich mit Schwung von der Wand ab. Endlich lösten sich ihre Arme. Einen winkelte sie an, so dass die Hand in der Hüfte ruhte. Den anderen ließ sie tatenlos am Körper herabhängen. Ihr Blick richtete sich auf Madiha. Er war fest und verschlossen wie eine Schatztruhe, die keinem ihr Geheimnis preisgeben wollte. "Ich bin sicher, er wird dich von allem Düsteren fernhalten. Er ... tut es bereits." Ihr Mundwinkel zuckte freudlos. "Passt beide auf euch auf." Es klang wie eine Drohung und doch irgendwie ... unbeholfen. Schritte vom Hausinneren waren zu hören. Caleb kam zurück. Jivvin atmete noch einmal tief durch und schickte sich an, hinein zu gehen. Ob sie dem Dieb einen Abschied mit auf den Wegen geben würde, war fraglich.
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Donnerstag 21. März 2024, 12:36

Madiha musste erst noch lernen, dass sie nicht darauf angewiesen wäre, ihren eigenen Wert in den Augen anderer zu finden. Im Moment war sie noch unbeholfen mit der Freiheit, die sie sich so wünschte, dass sie sich in Teilen zurück in Ketten begab, um nicht vollkommen den Halt zu verlieren. Sie suchte Bestätigung und Nähe, um Gewissheit zu haben, dass sie existierte. Es würde noch Zeit in Anspruch nehmen, bis Madiha aufgrund von eventuellen Taten oder Geschehnissen erkannte, dass sie es ganz allein wäre, die ihren Wert bestimmte. Indem sie herausfand, wer sie sein wollte, was sie für andere sein wollte. Ihr Herz hatte in der Vergangenheit so manche Entscheidungen übernommen und einen Weg vordefiniert. So würde sie vermutlich niemals gewissenlos oder gar verletzend agieren. Es lag nicht in ihrer Natur, sich an anderen zu bereichern und sie war auch nicht darauf aus, überall schlechte Kunde zu verbreiten. So würde sie einen rechtschaffenen Weg gehen und darüber hinaus entdecken, dass sie ganz gewiss kein Mensch zweiter Klasse wäre. Jetzt aber benötigte sie dafür noch Menschen wie Caleb. Er war es, der sie an die Hand nahm den Weg mit ihr gemeinsam ging. Der ihr zeigte und sie vor allem daran erinnerte, dass sie mehr war als das Leben aus ihr gemacht hatte. Er war es, der ihr jetzt die Sicherheit bot und die Zuneigung, die es ihr leichter machten, sich wohlzufühlen. Den dunklen Schleier von ihren Augen zu nehmen, damit sie wahrlich sehen konnte. Corax hätte es ihr ebenso gern abgenommen. Das Angebot dazu war erfolgt, aber Madiha wollte nicht, dass er ihr etwas abnahm. Sie wollte nicht, dass der Rabe sich opferte, weil Madiha’s Schicksal es nicht gut mit ihr meinte. Und gleichzeitig war es sehr viel effektiver, dass sie nun selbst erkannte, dass es nicht so war, wie sie geglaubt hatte. Madiha lernte. Sie lernte gerne und wollte viel mehr lernen. Und so versuchte sie sich gar an Caleb’s Heimatsprache. Vielleicht konnte sie das ja irgendwann auch? Wieso den Versuch nicht wagen? Madiha seufzte in seine Worte hinein und lächelte glücklich. Gerade war alles einfach perfekt! Für sie war es das. Nachdem sie das gemeinsame Bad beendet und sich beide angezogen hatten, zupfte sie hier und dort noch etwas an ihren neuen Kleidern herum. Sie strich mit einem entzückten Glanz in den Augen über den Stoff des schwarz-grauen Fracks und befühlte sie edel wirkenden, silbernen Knöpfe daran. Er war wahnsinnig schick, wie sie fand.
Gleichwohl gefielen ihr die Tunika in dem Graublau und die gutsitzende Hose. Sie drehte sich einmal und gefiel sich selbst sehr. Die Kleidung in Andunie hatte einen ganz anderen Zweck und Schnitt als in Sarma. Auch das mochte Madiha, jedenfalls ansehen, denn besessen hatte sie nur das weiße Hemd, in dem Caleb sie damals aus dem Sand gerettet hatte. Madiha dachte kurz an das atemberaubende Kleid, das sie auf Caleb’s Schiff gelassen hatte und erinnerte sich noch einmal glücklich daran, wie sie es trug. Ihr Blick fiel auf ihren Dieb und wie er sich ebenfalls in andunische Mode kleidete. Das Wirrwarr seiner Haare brachte sie zum breiteren Lächeln, bevor sie sich vor ihrem geistigen Auge tanzen sah. Mit ihm und auf dem Schiff, während die Lichter über sie wie Sterne funkelten. Ihr kroch eine Gänsehaut über den Körper und sie schloss die Augen.

Die Erinnerung daran rührte sie sehr und sie bewahrte sie in sich, um nie wieder so sehr zu leiden.
Nachdem sie gemeinsam das Bad aufgeräumt und verlassen hatten, folgten sie in das Zimmer, das ihnen zugeteilt worden war. Sie griff nach den Lederbeutelchen und hängte jene an einen Gürtel, den sie sich um die Hüften legen musste, damit die Hose nicht rutschte. Das Mieder hatte sie zurückgelassen. Schließlich verstaute Madiha darin die geweinte Perle von Corax, die sie Kjetell’o geben sollte und die schwarze Feder, die er ihr gegeben hatte. Madiha erklärte Caleb, was es mit den Kleinoden auf sich hatte und verwahrte beides sicher an ihrem Gürtel. Daraufhin zog sie die Muschelkette hervor und legte sie sich wieder um den Hals. Es war die kleine Muschel mit Loch, die sie nach ihrem Erwachen mit Caleb am Strand gefunden hatte. Auch das war ein sehr wichtiger Moment. Ihr Blick ruhte auf Caleb. Wärme umfing ihr Herz, denn immer war er es, der diese Momente mit ihr teilte. Es war nicht gesund, so sehr zu lieben, aber… Madiha tat es. Sie stürzte sich mit allem, was sie hatte und war, hinein in diese Zuneigung und niemals musste Caleb daran zweifeln, was sie fühlte. So unsicher Madiha in vielen Dingen war… darin nicht. Nachdem sie ihre Kleidung komplettiert hatten und Caleb auch seinen Dolch und gar einen Säbel trug, grinste Madiha etwas auf. „Du siehst aus, wie ich mir einen Piraten vorstelle!“, lachte sie und folgte ihm daraufhin zu Estelle. Natürlich musste er sich von seiner Mutter verabschieden. Madiha trat hinter Caleb ein und blickte auf den Boden, wo das Wollknäul hinuntergefallen war, aber Caleb war schneller. Sie betrachtete am Türrahmen die Szene zwischen Mutter und Sohn.
"Ich bin eine so glückliche Frau, dich zu haben, mein Liebling." Madiha lächelte leicht. "Mama, es gibt etwas, bei dem ich aushelfen muss. Das bedeutet, dass ich Madi begleite. Wir reisen nach Kosral, um ... zu helfen. Und ich weiß nicht, wann wir zurückkehren.", berichtete er dann von dem geplanten Aufbruch und Madiha seufzte tonlos. Sie hielt den Atem an, weil sie auf Estelle’s Reaktion gespannt war. Sie glaubte den Schmerz darüber zu erkennen und schon wollte sich das schlechte Gewissen wieder melden, als Estelle ihre Worte wählte: "Du warst schon immer ein guter Junge, jederzeit bereit, den Schwächeren zu helfen. Bitte, pass mir gut auf deine Madi auf. Lass sie nicht von der Angel, mein Sohn! Sie ist ... ein Schatz, den man hüten muss. Aber ohne Umarmung lasse ich niemanden von hier fort!" Madiha starrte die Verschleierte an und ihr klappte etwas der Mund auf. Mit einem Mal wurde ihr furchtbar warm ums Herz und ihre Wangen brannten vor Rührung. Ihr Herz klopfte freudig, weil Estelle es ihr nicht ankreidete, dass Caleb ihr folgen wollte. Erleichterung machte sich in dem Mädchen breit, während sie die kurze Distanz überbrückte und nach Caleb ebenfalls die zierliche Frau umarmte. „Danke Estelle!“, flüsterte Madiha in das Ohr der Blinden. Sie drückte die Frau herzlich. „Ich danke euch!“, wiederholte sie und verstärkte den Druck noch etwas. „Ich bringe ihn wieder zu euch zurück! Ich verspreche es…“, murmelte sie noch leise und nickte, auch wenn die andere das nicht erkennen konnte. „Passt auf euch auf, ihr seid eine bemerkenswerte Frau…“, gab Madiha zurück und lächelte ehrlich. Bevor sie den Raum verließen, wurde Caleb noch mal daran erinnert, dass auch er geliebt und geschätzt wurde. "Dein Vater wäre stolz." Das Mädchen ließ ihren Blick von Estelle zu Caleb wandern und erkannte, wie viel ihm diese Worte bedeuteten. Sie lächelte ihm zu, legte ihre Hand zärtlich auf seine und nickte. Er wurde geliebt und auch sein Vater liebte ihn. Auch wenn das den Verlust nicht fortwischen konnte.

Schließlich fanden sie ihren Weg hinab zum Eingang und dort zog sich Madiha wieder den Regenmantel an. Sie wollte Caleb gerade einen Schirm abnehmen, damit auch er sich anziehen konnte, da stutzte er. "Ist Jakub schon aufgebrochen? Warte hier, ich sehe nach ihm!" Sie hob nur unwissend die Schultern, bevor sie nickte und bestätigte, dass sie warten würde. Jakub sollte nicht vergessen werden. Der Maat hatte ihr zur Seite gestanden und sie schätzte ihn. Sie würden gemeinsam zu Kjetell’o gehen, denn auch Jakub konnte den Elfen erklären, was in der Villa Ikari vorgefallen war. Madiha wartete geduldig, bis sie auf einmal gepackt wurde. Ein überraschter Laut entfuhr ihr, ehe sie gegen die Wand gedrückt wurde und ihr der Atem etwas gepresst entwich. „Was zum..?!“, wollte sie loslegen, doch dann fiel ihr Blick auf Jivvin. Sofort spannte sich Madiha an und ihr Gesicht verlor das freundliche. Die Elfe sah sie nicht an und stand nur wie ein Felsmassiv da, doch Madiha wollte gerade deutlich machen, dass sie kein Interesse an ihrer Nähe hatte, indem sie wieder hineinging, als Jivvin doch noch Worte fand: "Ja, er ist mehr als von den Göttern gesegnet ausgestattet und ... es hat wirklich seinen Reiz ..." sofort flammte es in ihrem Herzen auf und ließ ihren Blick lodern. „Sprich nicht so!“, verlangte die Sarmaerin und ballte ihre Hände zu Fäusten. Ihre Blicke kreuzten sich, doch Jivvin zog ihren wieder zurück. "Eigentlich bin ich gar nicht wirklich an ihm interessiert." Madiha konnte nicht anders als ein Schnauben von sich zu geben. „Eigentlich?!“, zischte sie und verengte ihre Augen. Es war ungewöhnlich, dass ausgerechnet Madiha sich zu diesen Gefühlen hinreißen ließ. Aber sie war sauer. Sauer auf die Frau, die ihr gesagt hatte, dass sie mehr Wert besaß! Die sie Glauben lassen hatte, dass sich niemand minderwertig fühlen sollte. "Morgerianische Ehen entstehen aus dem Bedarf an Vorteilen oder Privilegien. Sei es ein besserer Stand in der Gesellschaft, mehr Einfluss oder nur die dringend benötigte finanziell reichhaltige Mitgift. Seltener erhofft man sich, das beste Blut für einen Erben gefunden zu haben. Reines Blut! Aber in Morgeria heiratet niemand aus Zuneigung. Niemals. Ein rechtschaffenes Herz ist so selten und exotisch wie goldene Augen bei einer Dunkelelfe ... und beides ist gleichermaßen unerwünscht in den Kreisen der Reinsten ... der Dunkelsten." Madiha konnte kaum glauben, was sie da hörte. Was war das hier? Eine Rechtfertigung? Eine Erklärung? Das Mädchen beobachtete, wie sich Jivvin neu positionierte und konnte nicht verbergen, dass sie immer noch wütend war. "Ich bin sicher, er wird dich von allem Düsteren fernhalten. Er ... tut es bereits. Passt beide auf euch auf."
Einen Moment starrte Madiha nur, bis Jivvin sich anschickte zu gehen. „Wenn du das alles weißt, hättest du erst Recht nicht so etwas vorschlagen sollen!“, klagte Madiha Jivvin an und funkelte ihrem Rücken entgegen. „Wenn du weißt, wie selten und unerwünscht dein Herz und deine Herkunft sind, dann verstehe ich nicht, wieso du das getan hast! Wieso du davon sprichst! Du musst gewusst haben, wie sehr deine Worte verletzen. MICH verletzen!“, sie war nicht bereit sich nun auf Jivvin’s Seite zu schlagen. „Du redest davon, dass ich meinen Wert erkennen soll und dann das! DU misst mir auch keinen Wert bei! Sonst hättest du dich nicht so verletzend mir gegenüber geäußert und du hättest vor allem nicht vorgeschlagen, ich solle mich im Hintergrund halten wie… wie eine Sklavin und Mätresse!“ Madiha’s Stimme wurde lauter. Sie schüttelte den Kopf. „Nein Jivvin- verstecke dich nicht hinter Gepflogenheiten, die du nicht mal selbst ertragen kannst! Du hast dich falsch verhalten aber deine Worte sind keine Entschuldigung dafür!“, ließ sie die andere nicht vom Haken. Jivvin hatte Madiha’s Leid heraufbeschworen, sie verunsichert und auch in jenem Glauben gelassen. Sie hatte sie beschämt und schlussendlich doch wieder in den Hintergrund drängen wollen, aus dem sie sie zuvor noch hatte herausziehen wollen. Madiha war gewiss niemand, der nachtragend war oder Fehler nicht vergaß. Aber das hier war keine Entschuldigung und sie noch immer mehr als getroffen von Jivvin’s Taten. Als sich im Innern dann allerdings Schritte näherten, da löste Madiha’s Anspannung sich auf. Sie seufzte. „Wie auch immer. Ich brauche dein Wohlwollen nicht!“, zischte sie und nun war sie es, die sich abwandte und zur Straße blickte. Dieses Mal nicht. Dieses Mal würde sie nicht einfach akzeptieren und die Kränkungen hinnehmen. So einfach machte sie es der Dunklen nicht. Sie würde gehen und Jivvin mit ihren Worten allein lassen. Sollte sie doch darüber nachdenken oder es mit einem Schulterzucken abtun. Was scherte es Madiha noch? Sie hatte anderes zu tun und sie brauchte Jivvin nicht…
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Erzähler » Freitag 22. März 2024, 07:35

Nicht nur Caleb wollte sich von seiner Mutter verabschieden. Als Madi sich Estelle näherte und sie in ihre Arme zog, zuckte die alte Dame zunächst überrascht auf. Schnell aber erwiderte sie die Geste, drückte Madiha sogar eng an sich. Sie lauschte ihren Worten, schob die junge Frau schließlich auf Sichtweite von sich, auch wenn ihre Auge niemals das Antlitz ausmachen würden. Sie nickte ihr unter einem Lächeln zu. "Ein Schatz, fürwahr", meinte sie mild. "Pass mir gut auf dich und meinen Sohn auf." Estelle wagte es sogar, ihre Finger nach Madihas Gesicht auszustrecken und an ihre Wange zu legen. Seit langer, wirklich sehr langer Zeit kam in der Sarmaerin die Erinnerung an ihre Mutter auf, welche bei der kleinen Madiha eine ähnliche Geste immer dann ausgeführt hatte, wenn das Kind sich in irgendeiner Form wehgetan hatte.
Dieses Gefühl der mütterlichen Wärme verflog mit Jivvins Auftauchen. Sie zog Madiha zu sich nach draußen auf die niedrige Veranda. Unter dem Prasseln des Regens hatte sie ihrem Gast ein paar Worte zu sagen. Vielleicht war es ein Versuch, sich zu erklären. Vielleicht stellte Jivvin sich auch etwas unbeholfen bei einer Entschuldigung an. Dunkelelfen hatten bekanntlich so ihre Schwierigkeiten damit, den eigenen Stolz herunterzuschlucken. Aber es half nicht, sie weckte dadurch nur Madihas Zorn. Die Sarmaerin hatte viel Vertrauen in die kurzen Begegnungen mit dieser Frau gesetzt. Jivvin hatte ihr Mut gemacht, zu sich zu stehen und ihren Wert zu erkennen. Dass ausgerechnet sie es war, die Madiha als heimliche Geliebte hatte in Calebs und ihren Schatten stellen wollen, verletzte sie ungemein. Das machten auch ein paar Worte, denen in der Formulierung gänzlich eine Entschuldigung fehlte, nicht wieder gut. Im Gegenteil. Madiha hatte sich die anderen Dinge zu herzen genommen, die Jivvin ihr einst gesagt hatte. Daher erkannte sie ihren Wert, stand zu sich selbst und verpasste der Elfe eine verbale Schelle.
"Eigentlich?!", hakte Madiha nach, die bereits die ersten wenigen Worte von Jivvin auf eine Goldwaage legte. Die Dunkelelfe seufzte unter einem freudlos schiefen Auflächeln. Sie nickte. "Eigentlich", wiederholte sie. Es klang ... überraschend aufrichtig. Caleb übte also einen Reiz auf sie aus mit seinem Körper und vielleicht mehr. Dennoch leugnete sie ihr Interesse oder besaß kein so großes, um ihn - Caleb als Person - wirklich spannend und attraktiv zu finden? Aber sie wollte ihn heiraten?!
Jivvin erklärte die Umstände, unter denen eine Ehe in Morgeria zustande kam, verwies auf unerwünschtes Mischblut in der eigenen Linie, zumindest aus Sicht vieler Familien und streute einen Hinweis ein, den Madiha sofort durchschaute. Sie hatte in ihrem Leben noch nicht viele Dunkelelfen gesehen, aber bisher tatsächlich nur eine einzige mit goldenen Augen. Vielleicht hätte sie Corax oder besser noch Kathar fragen sollen, ob das normal war. Doch in ihr regte sich bereits ein Verdacht. Die Art und Weise, wie die andere Frau diesen Umstand indirekt betonte, verdeutlichte, dass auch sie unter ihresgleichen um ihren eigenen Wert kämpfen musste. Offenbar mehr als einmal. Doch das verletzte Madiha nur umso mehr, weil ausgerechnet sie es war, die dann ihren Schmerz hervorgerufen hatte. Und das teilte sie Jivvin sehr deutlich mit.
"Wenn du das alles weiß, hättest du erst Recht nicht so etwas vorschlagen sollen!" Sie nickte. Jivvin nichkte nur. Sie wusste auch das bereits. Trotzdem hatte sie es getan. Ihre Armverschränkung verfestigte sich minimal. "Du musst gewusst haben, wie sehr deine Wotte verletzen. MICH verletzen! Du redest davon, dass ich meinen Wert erkennen soll und dann das! DU misst mir auch keinen Wert bei!"
"Es ... tut ..." Sie wandte sich schon halb zu Madiha um, da ließen herannahende Schritte sie rasch verstummen. Ihre Wangen bekamen rote Flecken und sie wich wieder dem Blick der anderen aus. Als Caleb erschien, wanderten ihre Augen jedoch zu ihm. Vonwegen kein Interesse! Dafür sah sie ihn mit einer zu offensichtlichen Sehnsucht an und dennoch ... es war bei weitem nicht so, wie Madiha ihren Dieb betrachtete. Etwas war anders.
"Wie auch immer. Ich brauche dein Wohlwollen nicht!"
Caleb blinzelte Madiha entgegen. "Was ist denn hier los?", fragte er in die Runde und plötzlich schob die Elfe sich an Madiha vorbei. Sie legte ihre Arme um Calebs Hüften und sah zu ihm auf, als wollte sie ihn gleich küssen. Es trat nicht ein - noch nicht. "Du bist unerträglich charmant", raunte sie ihm entgegen, dass der Schmerz in ihren Worten das Kompliment dahinter wegwischte. Es klang eher anklagend, aber auch nur halbherzig. "Du schleichst dich in anderer Leute Herzen und bemerkst es nicht einmal ... All meine Disziplin geht an dir zu Bruch, Caleb van Tjenn. Und eine einzige Minute der Schwäche hat dafür gesorgt, dass ich-"
"Jiv... bitte..." Calebs Augen huschten zu Madiha. Er war rot angelaufen vor Verlegenheit, aber dieses Mal - nach ihrer Aussprache - besaß er genug Fassung, um zu handeln. Sanft, dennoch bestimmt löste er Jivvins Hände von seinem Körper. Er hielt sie an den Handgelenken, nicht forsch, und schaute sie an. "Ich habe dir doch schon auf dem Weg zu Harm gesagt, dass ich das nicht ... möchte. Ich ... hab doch jemanden." Er schaute an ihr vorbei, zu der Frau seines Herzens. Er lächelte. "Madi." Jedes Mal, wenn er Sendli nutzte, schürte er ihr inneres Feuer mit Glut aus Liebe. Doch er konnte sich nun nicht an diesem Feuer wärmen. Seine Aufmerksamkeit kehrte zu Jivvin zurück. Sie hatte ihm ihre Hände entzogen und schlang sie erneut um sich selbst. Caleb schob zwei Finger unter ihr Kinn, um ihren Blick auf sich zu richten, indem er ihren Kopf etwas anhob. "Mir schuldest du dafür aber keine Bitte um Verzeihung." Er nickte zu Madiha herüber. "Sie beißt nicht."
Die Dunkelelfe sog scharf die Luft ein. Oh, es kostete sie viel, sich wieder zu der Sarmaerin herumzudrehen. Im Gegensatz zu Azura waren es jedoch weder Arroganz noch Stolz, die sie zu überwinden hatte. auf ihrer Stirn stand Scham geschrieben. Sie wagte es kaum, Madihas Blick zu begegnen. Dann straffte sie sich, vor allem, als Caleb ihr eine Hand auf die Schulter legte. Er spendete Kraft, obwohl er endlich auch seinen Standpunkt noch einmal klar definiert hatte. Es würde niemals jemanden geben, der sich zwischen ihn und Madiha würde stellen können. Nicht einmal dann, wenn ihm vor Verlegenheit heraus die Worte fehlten. Auch Jivvin rang darum. Es kam nicht häufig vor, dass sie sich entschuldigen musste - aufrichtig entschuldigen.
"Verzeih mir. Meine Worte an dich, deinen Wert zu erkennen, waren echt und ich meine das auch immer noch so. Ich wollte nur..." Sie schaute wieder über die Schulter zurück. Caleb nickte ihr aufmunternd zu. Sie lächelte erst ihn an, aber es erreichte auch Madiha, als Jivvin den Kopf wieder drehte. Es war ein schwaches Lächeln, fast scheu und es passte so gar nicht zu dem Bild dieser selbstbewussten, starken Dunkelelfe, die sie bei der ersten Begegnugn wahrlich hatte einschüchtern können. "Ihr könnt euch glücklich schätzen für das, was ihr habt. Ich ... wollte das auch haben. So sehr, dass ich für eine Weile mich selbst vergessen habe und wer ich sein muss. Es kommt nicht wieder vor!" Da war sie wieder. Das Selbstbewusstsein kehrte in ihre Haltung, ihre Worte und auch ihren Blick zurück. Das Gold funkelte weniger warm, sondern war nun wie blanker Stahl. Eine Frau mit diesem Blick tötete, ohne Skrupel. Eine Frau wie diese, legte nicht die Arme um sich, weil es sonst niemand tat. Sie stämmte eine Hand in die Hüfte, die andere hing fast lässig an ihrer Seite. Nichts war mehr von ihren schwachen Momenten zu sehen. Sie machte einen Schritt zurück, um nun auch Caleb in ihren Blick mit einspannen zu können.
"Kehrt wohlbehalten zurück, sonst muss ich mich vor Estelle rechtfertigen", sagte Jivvin mit gewisser Distanz.
Caleb lächelte ihr zu. "Bitte, kümmere dich gut um meine Mutter." Er zögerte, fügte dann jedoch an: "Wenn wir zurück sind, erhältst du eine Umarmung als Lohn." Er meinte es, wie er es sagte. Unverfänglich, ohne Hintergedanken. Es war ein freundschaftliches Angebot, denn manchmal brauchte es nicht mehr. Dass Jivvin es annahm, verriet das kurze Aufblitzen in ihrem Blick. Es strafte ihre Worte Lügen. "Verzichte...", erwiderte sie, zögerte ebenfalls und nickte dann. "Aber Danke. Geht jetzt, ihr trödelt!"
Damit wandte sie sich ab und verschwand im Haus. Caleb bot Madiha nicht nur einen Schirm an, sondern auch seine Hand. Sie waren ein Paar und er würde es nicht geheimhalten, vor niemandem. Wenig später spazierten sie gemeinsam durch die Straßen, Richtung Akademie. Plötzlich erzählte Caleb: "Sie hat mich auf dem Weg zu Harm gefragt, ob ich sie küssen würde. Oh, ich ... ich konnte gar nichts sagen zunächst. Allein deshalb hat sie einen Umweg gemacht und Messer mit einem weiteren Pieks aus ihrer Nadel wiederholt ins Reich der Träume geschickt. Sie gab mir Gelegenheit, mich zu fassen und ihr zu antworten. Ich sagte, dass ich sie nicht küssen kann, aber ihre Anwesenheit durchaus zu schätzen weiß. Und dass sie nicht denken sollte, es läge an ihrem Äußeren. Sie ... d-du musst zugeben, dass sie hübsch ist." Er rieb sich wie so oft den Nacken, aber Caleb hatte auch ein Auge für Dunia übrig gehabt. Wie er Madiha wohl sah? "Sie kann dir nicht das Wasser reichen. Sie ist hübsch, aber du bist die Schönste für mich." Er räusperte sich. "Ich klinge wie einer dieser Minnesänger aus einem Theaterstück!", lachte er auf. Dann wurde er wieder etwas ernster. "Ich glaube, Jiv kämpft und zwar allein. So sehr ich ihr helfen will, eine Liebe aus Mitleid wäre keine Lösung. Außerdem ... hab ich dich."
Als sie beinahe die Akademie erreicht hatten und sich das große Eingangstor schon vor ihnen erhob, meinte Caleb aus dem Nichts heraus: "Kjetell'o hat sie noch gar nicht kennen gelernt. Was meinst du, wie steht er zu Dunkelelfen mit goldenen Augen, hm? Passt doch zu den goldenen Sprenkeln in seinem Blick!"
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Madiha Al'Sarma » Sonntag 24. März 2024, 16:23

Niemand hatte Madiha je darauf vorbereitet, dass sie irgendwann etwas so Schönes haben würde, wie mit Caleb. Es war einfach entstanden und die anfängliche, heimliche Schwärmerei wurde zu einer tiefempfundenen Liebe. Dass jene nun auch gewisse Besitzansprüche stellte, war fast schon abzusehen gewesen. Dabei ging es Madiha nicht darum, dass sie etwas nicht teilen wollte, dass ihr gehörte. Es war die nackte Angst davor, dass sie am Ende allein dastehen würde, während alle anderen auf sie niederblickten und lachten. Madiha hatte noch nie etwas für sich beansprucht und würde es vermutlich auch nicht. Aber sie wollte auch nicht mehr tatenlos zusehen, wenn ihr das Kostbarste durch die Finger gleiten sollte. Sie wollte kämpfen, sie wollte zumindest gesehen und gehört werden. So auch bei Jivvin. Die Dunkle hatte ihr gesagt, sie solle aus den Schatten treten und keine Sklavin sein. Dass sie dies in ihrem Hause nicht mehr sein würde. Und trotzdem stieß sie die Samaerin nach hinten und in die Schatten zurück. Sie war es, die vorschlug, dass Madiha die heimliche Geliebte bliebe, hinter Schloss und Riegel, versteckt vor aller Augen. Das war zu viel. Sie konnte Jivvin nicht einfach so verzeihen. Ausgerechnet sie, die immer für alle Verständnis und Güte aufbringen konnte. Sie konnte in diesem Punkt nicht vergessen und vor allem nicht vergeben. Dieses Mal nicht. Dass es Jivvin war, die Madiha’s hart erlernte Lektion abbekam, traf zumindest nicht grundsätzlich die Falsche. Sicher hatte auch sie ihre Päckchen zu tragen und auch sie war gewiss nicht frei von Schmerz. Das konnte Madiha auch nicht zum ersten Mal beobachten. Aber wieso musste Jivvin ausgerechnet IHR etwas wegnehmen wollen? Ihr, die sowieso schon nichts besaß. Die Wut war echt und sie wurde aus Kränkung geboren. Und dann ließ Jivvin jedes Wort lachend zu Boden fallen und trampelte darauf herum, als sie Madiha stehenließ und Caleb umarmte, als wären sie einander näher. Madiha starrte auf das ‚Pärchen‘ und konnte nicht verhindern, dass sich mit einem Mal Wärme in ihrer Hand sammelte. Sie bündelte ihre Magie darin, wollte Jivvin notfalls mit ihrer Hilfe von Caleb trennen. "Du bist unerträglich charmant. Du schleichst dich in anderer Leute Herzen und bemerkst es nicht einmal ... All meine Disziplin geht an dir zu Bruch, Caleb van Tjenn. Und eine einzige Minute der Schwäche hat dafür gesorgt, dass ich-"
"Jiv... bitte..."
Madiha wurde ebenfalls rot. Vor Zorn.

Für ihren Geschmack war Caleb noch viel zu zaghaft. Er stieß sie weder von sich, noch machte er mit energischen Worten klar, dass Jivvin das nicht tun sollte. Gleichwohl war es aber Jivvin, die sich einen Dreck darum scherte, was Madiha ihr eben noch vorgeworfen hatte. Stattdessen umarmte sie ihn ungeniert, säuselte irgendwelche süßlichen Worte und strafte Madiha ein weiteres Mal. In Jivvin’s Augen war sie überhaupt nichts wert. Madiha musste erkennen, dass die Elfe schlicht und ergreifend eine Heuchlerin war! Eine, die auf ihren eigenen Vorteil bedacht war. "Ich habe dir doch schon auf dem Weg zu Harm gesagt, dass ich das nicht ... möchte. Ich ... hab doch jemanden." Madiha erwiderte den Blick von Caleb. Als sie auf das Grünblau traf, verrauchte ein Großteil ihrer Wut auf Jivvin. Madiha lockerte ihre angespannte Haltung und starrte Caleb nur an. Ihr Gesicht zeigte klar, dass sie diese Scharade nicht verstehen konnte. "Mir schuldest du dafür aber keine Bitte um Verzeihung. Sie beißt nicht." Madiha schluckte leer. Ihr Blick glitt zu Jivvin und erneut spannte sie sich an. Nein, sie konnte ihr nicht mehr vertrauen. Jivvin hatte just in dem Moment alles dafür getan, um es restlos zu verspielen.
"Verzeih mir. Meine Worte an dich, deinen Wert zu erkennen, waren echt und ich meine das auch immer noch so. Ich wollte nur..." Diese Blicke… Madiha wandte den Blick selbst ab. Sie ertrug das nicht. "Ihr könnt euch glücklich schätzen für das, was ihr habt. Ich ... wollte das auch haben. So sehr, dass ich für eine Weile mich selbst vergessen habe und wer ich sein muss. Es kommt nicht wieder vor!" Madiha wandte den Blick zurück und noch immer war da kein Funken Milde zu erkennen. Jivvin widersprach sich am laufenden Band und das Mädchen glaubte kein Wort. Wenn Madiha allein nach Kosral ginge, würde die Dunkle alles daransetzen, Caleb für sich zu gewinnen. Nun war es an Madiha die Schultern zu zucken. Jivvin aber setzte eine Maske auf. Und Madiha seufzte. Ihr Blick brach etwas, während sie Caleb einen leichten Blick zuwarf. Dann schüttelte sie den Kopf. „Du belügst dich selbst, Jivvin.“, sagte sie. „Du bist nicht… das da!“, deutete sie auf ihre selbstbewusste Haltung. „Und wenn du das nicht erkennst und annimmst, wirst du niemals dein Glück finden!“, sagte sie mit trockener Stimme. Nein, es war nicht alles gut. Aber Madiha war gewiss niemand der auf andere herabsah. Sie wollte Jivvin nicht bestrafen, weil jene ihr ‚Spielzeug‘ hatte benutzen wollen. Sie war tief gekränkt, weil ausgerechnet auf Caleb die Wahl fiel, um ihr das aller wertvollste, teuerste und liebste zu stehlen. Und Madiha wusste, sie war kaum stark genug, das zu verhindern.

Ihr Blick senkte sich bereits wieder in zurückziehender Manier. Dunkelheit wollte abermals aufsteigen und sie einhüllen. Unsicherheit wollte Jivvin’s Vorhaben unterstützen. Doch dann stutzte sie abermals und hob den Blick, statt ihn zu senken. Madiha blickte Caleb an. Lange. Schließlich aber füllte sich ihr Herz mit Wärme, statt mit Zweifel und Trauer. „Ich brauche keine Angst zu haben…“, flüsterte sie ihm zu und lächelte leicht. "Kehrt wohlbehalten zurück, sonst muss ich mich vor Estelle rechtfertigen" "Bitte, kümmere dich gut um meine Mutter. Wenn wir zurück sind, erhältst du eine Umarmung als Lohn." Madiha schluckte abermals. Noch war das leichte Piksen nicht getilgt, aber sie verging nicht mehr vor Angst, verstoßen zu werden. So betrachtete sie die trotz Jivvin’s Worten, vertraute Verabschiedung. Madiha selbst sagte nichts mehr. Sie wollte Jivvin nichts Böses – SIE nicht. Aber sie konnte jetzt auch niemandem Absolution geben, der sie schlicht und ergreifend zur Seite stellte. Sie wollte das nicht mehr. Und Jivvin war nun die erste, die es zu spüren bekam. Madiha würde nicht weichen und freiwillig das Feld räumen. Sie wollte bewahren, was sie hatte, und sie wollte zeigen, dass sie es auch wert war. Madiha ließ Jivvin mit ihren Taten allein und schaute nicht zurück. Sie griff Caleb’s Hand und drückte jene als müsse sie sich vergewissern, dass er wirklich bei ihr war. Sobald sie das Haus van Tjenn und Jivvin hinter sich gelassen hatten, entspannte sich Madiha auch wieder merklich. Sie fühlte sich tatsächlich auch etwas schlechter Jivvin gegenüber, jetzt, da sie ein wenig Abstand gewonnen hatte. Allerdings war es auch in Ordnung, dass sie klarmachte, dass die Dunkle viel zu weit gegangen war. Mehrfach.
"Sie hat mich auf dem Weg zu Harm gefragt, ob ich sie küssen würde. Oh, ich ... ich konnte gar nichts sagen zunächst. Allein deshalb hat sie einen Umweg gemacht und Messer mit einem weiteren Pieks aus ihrer Nadel wiederholt ins Reich der Träume geschickt. Sie gab mir Gelegenheit, mich zu fassen und ihr zu antworten. Ich sagte, dass ich sie nicht küssen kann, aber ihre Anwesenheit durchaus zu schätzen weiß. Und dass sie nicht denken sollte, es läge an ihrem Äußeren. Sie ... d-du musst zugeben, dass sie hübsch ist." Madiha räusperte sich und ließ seine Hand los. Sie seufzte. „Sicher…“, meinte sie und runzelte leicht die Stirn. Caleb machte es nicht besser irgendwie. "Sie kann dir nicht das Wasser reichen. Sie ist hübsch, aber du bist die Schönste für mich." Zögernd hob sie ihren Blick und musterte ihn. Sie konnte nichts als Ehrlichkeit in seinem Blick erkennen, aber sie war offenbar auch nicht gut darin, ehrliche Absichten zu lesen. Einzig bei ihm glaubte sie, dass sie es könnte. "Ich klinge wie einer dieser Minnesänger aus einem Theaterstück!" „Minnesänger?“, sie sah ihn fragend an. Sie kannte das Wort nicht. "Ich glaube, Jiv kämpft und zwar allein. So sehr ich ihr helfen will, eine Liebe aus Mitleid wäre keine Lösung. Außerdem ... hab ich dich." Leicht lächelte Madiha. Seine Worte waren freundlich gewählt, aber sie brachten Madiha auch zum Nachdenken. "Kjetell'o hat sie noch gar nicht kennen gelernt. Was meinst du, wie steht er zu Dunkelelfen mit goldenen Augen, hm? Passt doch zu den goldenen Sprenkeln in seinem Blick!" „Mag sein..“, stieg sie irgendwie nicht so recht auf seinen Witz ein. Madiha wandte den Blick wieder ab und schaute einen Moment lang auf den Weg vor sich. Der Regen machte ihr inzwischen kaum mehr etwas aus. Sie hatte sich daran gewöhnt.

„Ich war… hart zu Jivvin.“, sprach sie dann plötzlich und verzog das Gesicht. Sie legte sich eine Hand auf die Herzgegend. „Aber… sie hat mich so enttäuscht. Ich… Verlange ich zu viel, Caleb?“, fragte sie ihn und blieb stehen. „Ich meine… ist es denn falsch von mir, dass ich mal etwas nicht teilen möchte? Jemanden?!“, sie sah ihn hilflos an. „Jivvin ist hübsch! JA“, rief sie frustriert aus. Sie breitete ihre Arme aus und machte eine große Geste. „Sie sind alle immer hübsch, sie sind alle wortgewandt, charmant und…“, sie seufzte, ließ die Arme sinken. „Ich bin ein Scheusal…“, murmelte sie. „Ich will dich für mich haben und ich… ich fühle mich irgendwie so verärgert.“ Ihr Kopf wurde rot aber eher vor Verlegenheit. „ Es tut mir leid… wirklich. Ich kann gar nichts dagegen machen.“, versuchte sie dahinter zu steigen, dass sie eifersüchtig war. Und dass jenes Gefühl – in Maßen – vollkommen normal war, wenn man jemanden so sehr liebte, wie sie es tat. „Ich weiß einfach nicht, wieso ich mich so fühle…“, zuckte sie die Schultern nachdenklich. Sie erkannte sich selbst nicht und musste wohl noch sehr viel über die Liebe lernen…
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Re: Das Haus der Famlie van Tjenn

Beitrag von Erzähler » Montag 25. März 2024, 16:34

Madiha kannte mehr und mehr ihre Freiheiten. Mit ihnen ging auch etwas Neues herbei, auf das sie zuvor niemals Anspruch erhoben hatte, denn Sklaven war es selten erlaubt, überhaupt etwas ihr eigen zu nennen. Inzwischen trat sie jedoch mehr und mehr aus dieser Rolle, schüttelte die alten Ketten ab und entwickelte wie jeder andere, gesunde Verstand auch den Wunsch nach Eigentum. Das musste in Madihas Fall nicht einmal etwas Materielles sein. Sie wollte einfach behalten, was sie glücklich machte. Sie wollte die entdeckte Freiheit ebenso wenig verlieren wie ihre Möglichkeiten, Celcia endlich weiträumiger zu entdecken und die Welt zu sehen. Vor allem aber wollte sie Caleb nicht verlieren - weder an waghalsige Rettungsmissionen, Götter oder andere Frauen. Besonders nicht an andere Frauen. In Madiha regte sich eine bislang unbekannte Emotion, die Besitzansprüche stellte - aus Angst, ansonsten wieder im Schatten zu stehen und andere bei ihrem Glück beobachten zu müssen, während man selbst alles aufopferte, damit sie es erreichten. Diese Aufgabe stünde ihr noch mit Alycide van Ikaris Rettung bevor. Umso wichtiger war es deshalb, dass sie sich mit Dingen und Personen umgab, die ihr so lange wie möglich das eigene Herz höher schlagen ließen. Wer könnte das besser als Caleb?
Doch nicht nur auf die Sarmaerin besaß er einen solchen Einfluss. Auch Jivvin war ihm verfallen und dadurch entdeckte Madiha ihrerseits in sich dieses neue Gefühl, diesen frustreichen Zorn, sobald Caleb eine andere auch nur anschaute.
Je mehr Abstand sie zu Jivvin und dem Haus van Tjenn gewann, desto mehr wurde ihr bewusst, dass die Elfe mit den goldenen Augen auch nur aus ihrem Schatten hatte treten wollen. Madiha hatte sie noch dafür verurteilt, dass sie zu einem Muster zurückkehrte, das man ihr auf den Leib geschrieben hatte. Ihr Ausbruch war fehl am Platz gewesen, vor allem, nachdem sie der einstigen Sklavin so viel Mut gemacht hatte, ihren Wert erkennen und dafür einstehen zu müssen. Und ausgerechnet Jivvin hatte sie anschließend mit Füßen getreten. Da halfen ihre erklärenden Worte nicht, ebensowenig das Eingeständnis, dass sie ihren eigentlichen Pfad verlassen hatte und doch war es genau das, womit Madiha ihre Tirade gegen sie beendete. Sie sollte sich diese Maske nicht aufsetzen, sich selbst nicht verleugnen. Sie sollte ruhig zugeben, dass ihr das Leben nicht gefiel, in das man sie bisweilen zwängte. Sie sollte aus den Schatten treten, kämpfen und sich an Dingen und Personen erfreuen, die ihr Herz beflügelten! Sie sollte ... genau das tun, was Madiha selbst für sich entdeckt hatte. Auch sie hatte aus den Schatten ihres Schicksal treten wollen und Caleb war derjenige, der sie dazu ermutigt hatte - bewusst oder nicht, er war dazu in der Lage. Wer könnte es besser nachempfinden als Madiha? Für sie bedeutete es alles, nur einen verliebten Blick von diesem Mann zu erhalten. Warum sollte es nicht anderen Frauen ebenso gehen, die sich im Grunde nur von ihren eigenen Ketten zu lösen versuchten?
"Ich war ... hart zu Jivvin."
Caleb musterte seine Begleiterin. Sie trat unter dem Schirm hervor. Der Regen kümmerte sie schon nicht mehr. Außerdem wirkte ihr Gemüt noch immer so überhitzt, dass die Tropfen sie vermutlich nicht einmal abkühlen könnten. "Sie wird es überstehen", versuchte Caleb, die Situation etwas zu lockern. Wie auch immer seine Meinung aussah, er blieb eher auf Madihas Seite. Sie war ihm eben wichtiger. Letztendlich blieb er aber auch nicht das, was eine Azura sich vielleicht von Corax wünschte. Er würde einen eigenen Standpunkt haben und diesen trotz aller Liebe vertreten. Glücklicherweise sah es im Moment nicht so aus, als sähe Caleb Jivvin hier im Recht. Sie hatte sich in Widersprüche verrannt, ihre eigenen Prinzipien fallen gelassen und Madiha dadurch mehr als verletzt. Die Hoffnung, der eigenen Einsamkeit zu entgehen, veränderte und führte zu Risiken. Jivvin war mit ihren Versuchen gescheitert, hatte nun eine verbale Abreibung erhalten und würde entweder daran zerbrechen oder wachsen. Sie verschanzte sich zunächst hinter altbekannten Mustern - etwas, in dem Madiha und sie sich durchaus glichen - und würde das Erlebte im Stillen verarbeiten, um ihre eigenen Lernprozesse daraus zu ziehen. Gleichermaßen musste Madiha dies nun tun. Sie musste die neuen Gefühle kennen lernen, die mit Zuneigung daher kamen und mit ihnen umgehen.
"Verlange ich zu viel, Caleb?" Noch immer betrachtete er sie unter dem Schutz des Regenschirms hervor. Er antwortete ihr nicht, aber sie konnte anhand seiner nachdenklichen Miene erkennen, dass er die Frage abwägte. "Ich meine ... ist es denn falsch von mir, dass ich mal etwas nicht teilen möchte? Jemanden?!"
Calebs Brauen hoben sich zunächst überrascht. Dann legte sich eine Milde auf seine Züge, die auch ein wenig in Verlegenheit umschlug. "Es ist vollkommen verständlich", erwiderte er. "Ich würde dich auch mit niemandem teilen wollen." Und doch hegte er nicht diesen Zorn in sich. Er umarmte Jivvin und Corax und Azura und Kjetell'o und ... nicht einmal flammte sein Blick auf, wenn Madiha es tat. Wie machte er das, wo er doch über alles hinaus noch das Offensichtliche festgestellt und laut ausgesprochen hatte?!
"Jivvin ist hübsch! JA! Sie alle sind immer hübsch, sie sind alle wortgewandt, charmant und ... Ich bin ein Scheusal..." Madiha ließ die ausgestreckten Arme sinken, die Schultern hängen. "Ich will dich für mich haben und ich ... ich fühle mich irgendwie so verärgert."
"Madi..." Ihr Name genügte, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Das vertraute Sendli legte allerdings etwas Warmes um alles. Caleb hörte nicht nur ihre Worte. Er hörte ihr zu. Mit zwei Schritten war er bei ihr und schob prasselte der Regen nicht mehr auf ihren Kopf herab. Sie hörte das Trommeln der Tropfen auf den gespannten Stoff über ihr. Caleb schob zwei Finger unter ihr Kinn, damit sie den Blick zu ihm anhob. "Komm schon, sieh mich an, du kleines Scheusal." Er grinste ihr schief und warm entgegen. Schalkhaft funkelte es auf den Gewässern seiner tiefblauen Fjorde. Dann drückte er ihr den Schirm in die Hand und ging vor Madiha in die Hocke. Nun war er es, der zu ihr aufschaute. "Nehmen wir einmal an, es stimmt", begann er. "Sie sind hübsch, wortgewandt, charmant ... und trotzdem..." Er griff nach ihrer freien Hand, umschloss sie mit seinen eigenen von allen Seiten. "Ich bin hier, bei dir."
"Es tut mir leid ... wirklich. Ich kann gar nichts dagegen machen. Ich weiß einfach nicht, wieso ich mich so fühle..." Caleb schüttelte den Kopf. "Ist schon gut, Madi", meinte er. "Ich glaube, das ist ganz normal, irgendwo. Solange du gegen niemanden vorgehst, um mich bei dir zu haben, ist es doch nur natürlich. Das allein wäre mir wichtig ... Mach allen anderen klar, dass du es bist, die mein Herz erobert hat, aber sperr es nicht ein, indem du mir verwehrst, neben dir andere Freunde zu haben. Freunde, mit denen ich freundschaftlich umgehen kann." Er erhob sich wieder, behielt ihre Hand aber in seiner. Er hielt sie, drückte sie leicht. Er blieb bei ihr.
"Ganz gleich wie schön, wortgewandt und charmant sie alle sein mögen, wirst du immer diese eine Stufe über ihnen stehen, Madi. Du bist die Schönste mit der besten Wortwahl und einem Funken sprühenden Charme, dem ich mich nicht entziehen kann. Nicht will! Mit der Zeit wirst du das erkennen und bis dahin: Mach dir keine Sorgen, ja? Rede mit mir, falls es so ist." Er blickte seitlich zu ihr herüber. Sein Mundwinkel hob sich zu diesem diebischen Grinsen an, das sie so gern an ihm sah. Plötzlich schwang er herum, griff Madiha unter die Schenkel und hob sie an. Er drehte sich mit ihr, wirbelte sie und den Schirm durch den Regen, bis er anhielt und sie an sich drückte, um sie lang zu küssen. "Wenn alles nichts hilft, treibe ich dir dieses kleine Scheusal aus ... mit Vorzügen, die keine andere jemals wird genießen dürfen. Das gehört allein dir. Ich gehöre allein dir, Madi. Ich liebe dich."
Langsam setzte Caleb sie zurück auf das Pflaster. Er nahm ihr den Schirm ab und bot ihr an, sich bei ihm einzuhaken, um den Weg gen Akademie fortzusetzen. "Weißt du, dass du am schönsten bist, wenn du mich ansiehst?", fragte er, ohne sie anzusehen. Dann sinnierte er weiter. "Und das beste Wort mein Name, gesprochen von deinen Lippen ist? Und du am charmantesten bist, wenn ich dir in irgendeiner unpassenden Situation meine Liebe gestehen kann? Das kann gar keine andere hinkriegen, denn da fehlt dieser Part an allen anderen, der es wert ist, von mir geliebt zu werden." Er drückte ihre Hand. "Wieder besser? Dann lass uns gehen. Irgendwo da oben erwartet uns ein Elf, der dir einige Antworten schuldig ist." Caleb steuerte den langen Weg zum Haupttor der Akademie der Wassermagie an und irgendwie schaffte es in diesem Moment ein einzelner, dünner Sonnenstrahl, sich durch die Wolkendecke zu schieben, um die Turmspitze des magischen Instituts für zwei Herzschläge etwas aufzuhellen.

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