Tanz der Toten

Wie die Todesinsel aussieht, weiß man nicht. Wie man lebend zu ihr gelangt, ist ebenfalls unbekannt. Nur die Toten kennen sie, denn nur sie finden sich dort wieder. Aber was ist mit diesen blinden Wesen, die hier hausen?
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Gevatter Tod
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Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Sonntag 18. März 2012, 02:30

Azura kommt von Die Kunst, Wassermagie zu beherrschen

Was war geschehen? Sie hatte nur noch unerträgliche Hitze gespürt, gepaart mit Schmerz. Ein Schrei aus männlicher Kehle war an ihr Ohr gedrungen, dass es ein Klingeln erzeugt hatte und dann? Nichts mehr. Schwärze, aber auch seliges Nichtsfühlen. Fort waren Schmerz und Pein, fort der Geruch von verbranntem Fleisch und der Geschmack ihres eigenen speichelarmen Mundraums, weil die Hitze und vorherige Atemnot ihre Kehle ausgedörrt hatten. Hinfort mit alldem, ebenso wie das Gesicht dieser dunklen Hexe, dieser Feuermagierin. Zurück blieb nur die Schwärze - dachte sie.
Erneut drang etwas an Azuras Ohren. Hörte sie denn wirklich? Wo steckte sie? Es war nicht der Schrei von eben, der zu ihr durchdrang. Es war eine eigentümliche Musik. Ein Reigen aus lieblichen Saiteninstrumenten, die sich in ein harmonisches Spiel mit Klavier und lieblichem Harfenklimpern begaben. Jemand sang, sanft und hell, dass es sich wie ein begleitender Windhauch anhörte. Ach, reizend war diese Melodie, die zum träumen einlud. Sie besaß etwas, das Azura in den letzten Stunden reichlich vermisst haben mochte. Sie besaß diese anmutige Grazie mit einer Spur arrogant adliger Dekadenz, in der die junge Frau groß geworden war.
Nun gesellten sich weitere Töne zu dem fröhlichen Spiel. Stimmengewirr, aber nicht laut. Viele Grüppchen unterhielten sich in dezent höflicher Manier. Hier und da ließen sich Worte oder kleinere Satzfetzen aufschnappen. Da schmeckte jemandem der Wein vorzüglich, jemand Anderes betonte die reizende Dekoration, ein dritter lachte herzlich über den geschmackvollen Witz eines Gecken. Und schließlich erschienen Farben. Die Schwärze wich einem munteren Spektrum. Tücher in allen Regenbogenfarben und aus feinster Seide hingen sternförmig von einer gewölbten Decke, in deren Kuppelzentrum ein Kronleuchter aus feinstem Kristall unter den Schwingungen der Musik leicht vibrierte. Girlanden waren über mehreren Torbögen angebracht, welche durch offene Vorhänge hindurch Zugang in den Saal gewährten, in dem sich Azura wiederfand. Silberne Kandelaber mit weißen Kerzen erhellten zusätzlich zum Licht unter der Decke den Raum. Sie wurden vom polierten Parkett als helle Tupfen reflektiert. Blumenarrangements verschönten die Ecken, in denen man kleine Korbstühle aufgestellt hatte. Hinzu kamen überall kreisrunde Tische, auf denen sich Schalen mit allerlei Früchten, sowie Weinkaraffen und Gläser wiederfanden. Die Fenster des mit Goldverkleidung und Stuck verzierten Saales waren hoch und bogenförmig. Sie boten den Blick auf einen nachtblauen Sternenhimmel. Im Glas der Fenster spiegelten sich allerlei skurrile Gestalten wieder. Aber nein, es waren Menschen in bunten Rüschenkleidern und edlen Seidentuniken. Sie hielten sich Masken vor die Augen, so dass man nur das heitere Lächeln erkennen konnte. Einige von ihnen labten sich an Punch und kalten Häppchen, die an einer Wand des Saales auf langen Tischen serviert wurden. Gegenüber dieser Wand spielte ein kleines Orchester auf einer Tribüne auf. Davor versammelten sich Scharen dieser feinen Gesellschaft, lauschten den Klängen und prosteten sich mit vollen Weingläsern zu. Sie warteten ab, dass die Musik einen lebendigeren Ton annahm, damit man das Glas beiseite stellen und sich auf die Tanzfläche wagen konnte.

"Hohe Frau", wurde Azura plötzlich von jemandem angesprochen. Eine seltsame Gestalt verneigte sich vor ihr und jetzt erst merkte sie wohl, dass jene Person die ganze Zeit über neben ihr gestanden haben musste, während sie in einem der Korbstühle saß. Sie trug ein prächtiges Kleid, das in Prunk und Schönheit denen der anderen Frauen ins nichts nachstand. Die Person, die sie angesprochen hatte, hatte sich da für ein eher seltsames Kostüm entschieden. Es handelte sich um eine Harlekinsverkleidung aus Schwarz und Purpur, was den Fremden - sofern es denn ein Mann und nicht eine flachbrüstige Frau war - deutlich von den übrigen Gästen abhob, die sich eher hell und freundlich kleideten. Auch trug diese Gestalt eine Maske aus Purpur mit schwarzen Pailletten und Federn. Eines der Augen verließen aufgeschminkte schwarze Tränen. Unter dem anderen lächelte Azura ein aufgemalter Stern auf der Wange des Fremden entgegen.
"Sagtet Ihr nicht, Ihr wolltet tanzen? Das Orchester spielt gleich zu etwas Fröhlichem auf. Gewährt Ihr mir diesen ersten Tanz mit Euch, Verehrteste?" Erneut verneigte sich der Harlekin, dieses Mal noch tiefer, so dass seine weiß geschminkten Lippen hauchdünn über ihrer Handfläche schwebten und einen Kuss andeuteten.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Dienstag 27. März 2012, 15:35

Azura hätte durchaus schneller auf das Abfackeln ihrer Haare reagieren können, aber vor allem wollen, wäre ihre Lunge nicht derartig malträtiert gewesen. So hatte sie ausnahmsweise unabsichtlich so lange die andere Person ignoriert und nicht sofort ihre Beschwerden zu Gehör gebracht.
Nun allerdings war es zu spät, sie hatte kaum noch in das Geschehen eingreifen, geschweige denn ihre eigene Haut retten können. Alles ging viel zu schnell und in seiner Heftigkeit war es von einem Ausmaß, das sich die junge Frau niemals hätte erträumen lassen. Noch an dem gestrigen Vormittag war sie friedlich in ihrem elterlichen Garten gesessen und hatte nichts von Gewalt in ihrer Umgebung oder die ihr bald angetan werden würde auch nur im Geringsten geahnt! Schließlich gehörte sie zum Adel, dieser war nicht angreifbar in ihren Augen.
Umso schlimmer war es für sie gewesen, war ihr dann alles geschehen war und wie weit es gekommen war. Wenngleich sie dies nicht sofort begreifen konnte. Genauso wenig, wie sie, ganz ähnlich all den anderen in dem Saal, die beiden merkwürdigen, fremden Gestalten hätte wahrnehmen können. Lediglich ein leichtes Vibrieren des Bodens glaubte sie unbewusst, spüren zu können. Aber in ihr Bewusstsein drang auch das nicht.
Alles, was sie beschäftigt hatte, war das Brennen und heiße Gefühl auf ihrem Kopf gewesen, dem sie instinktiv ein Ende mit ihrer Begabung hatte machen können. Auch wenn in ihr ebenfalls ein wenig das Feuer schlummerte, war das Wasser immer schon vordergründig gewesen und vor allem in solchen Situationen hatte es sich schon oft bewährend gezeigt.
Nur diesmal hatte es nicht zu einer kurzen Unterbrechung und möglichen Beruhigung geführt, sondern hatte es noch schlimmer gemacht. So schlimm, dass alles um sie herum mit einem Schlag schwarz wurde und sämtliche Gefühle ausgelöscht wurden.
Das Letzte, was sie gesehen hatte, waren zwei Frauenhände und eine unnatürliche, schmerzende Helligkeit gewesen, die zu einer körperlichen Pein geführt hatte, die sie gar nicht mehr hatte registrieren können, dazu hatte die Hitze zu schnell ihre angeschlagene Lunge zum Versagen gebracht.

Stille und Dunkelheit umhüllten sie, lullten sie regelrecht ein und vermittelten ihr ein Gefühl von glückseliger Geborgenheit, frei von allen Sorgen, Gedanken, Empfindungen, Erinnerungen und dergleichen. Ein Zustand, in dem Azura sich mehr als hätte wohlfühlen können auf Dauer.
Doch ihr sollte dieser Frieden nicht lange vergönnt sein, denn ohne ein zeitliches Empfinden mischte sich immer deutlicher ein Geräusch in das unendliche Schweigen. Zuerst konnte sie es noch ignorieren, allerdings als es vehementer wurde, begannen ihre Überlegungen darum zu kreisen. Was war das? Woher kam es? Warum war es da? Wieso hellte sich die einhüllende Dunkelheit immer mehr auf? Sie wollte das ja nicht! Sie wollte hier bleiben, in diesem Zustand absoluter Ausgeglichenheit!
Allerdings fing die Art der Musik an, sie neugierig zu machen und anzulocken, sodass sie sich schließlich trotz allem aus dieser seligen Umarmung der Bewusstlosigkeit löste. Allmählich mischten sich darunter Stimmen. Wo war sie? Auf einem Fest?
Die junge Frau wagte es kaum zu hoffen, jedoch, als sie die Augen aufschlug und endlich Sekunden später ihre Umgebung erkennen konnte, wurde ihre Hoffnung bestätigt. Tatsächlich! Sie war auf einer Feierlichkeit, die ganz ihrem Geschmack und dem Gekannten entsprach!
Der Raum oder Saal, in dem sie sich gerade befand, war festlich dekoriert worden, die Kleidung aller war prächtig und farbenfroh, die Manieren wirkten auch wohlerzogen und alles in allem war das ein Ort, an dem sie sich wohlfühlen könnte. Aber wer veranstaltete dieses Fest? Und wo genau befand sich diese Örtlichkeit? Fragen, die relevant für sie waren, wollte sie schließlich jetzt, wo sie in dieser Feierlichkeit erwacht war, ihre Aufwartung dem Gastgeber machen, ohne einen gröberen Fauxpas zu begehen.
Überraschenderweise bemerkte sie erst im selben Moment, in welchem sie sich instinktiv erheben wollte, dass sie lediglich gesessen und nicht gelegen hatte, wie sie geglaubt hatte. Kurz blinzelte sie irritiert und schüttelte über sich selbst knapp den Kopf. Anscheinend hatte sie schon zu viel von dem erlesenen Wein, der hier serviert wurde, genossen, dass sie leichte Verwirrung verspürte.
Die letzten Ereignisse, die Demütigungen, der Schmerz, wurden von ihr rein intuitiv so weit verdrängt, als hätte es diese lediglich in einem Alptraum gegeben. Das hier, dieses Fest der hohen Gesellschaft, das war ihr Zuhause und ihre Wirklichkeit, nichts anderes!
Als sie kurz darauf erkannte, dass sämtliche Anwesenden Masken trugen, es sich also um eine fröhliche Maskerade handeln musste, hob sie unbewusst ihre Hand und tastete nach ihrem Gesicht, ob ebenfalls darauf eine befestigt war oder sie diese abgenommen hatte.
Dass sie das nicht mehr feststellen konnte, lag an der Stimme, die sich plötzlich und unerwartet an sie wandte und sie mitten in der Bewegung innehalten sowie aufsehen ließ. Ihr Kopf drehte sich ihm zu und sie konnte es nicht benennen, doch irgendetwas an dieser Verkleidung verwirrte sie noch stärker. Er wirkte irgendwie... unpassend, geradezu unheimlich an diesem Ort.
Ihr Brustkorb hob und senkte sich rascher, ohne, dass sie bemerkte, dass bei dieser natürlichen Bewegung der Aufregung etwas fehlte, nämlich der Herzschlag. "Sagte ich dies?", wiederholte sie leise und noch merklich zertreut, um etwas Zeit zu gewinnen.
Ihr Blick glitt erneut in die Runde, als suche sie jemanden, ohne selbst zu wissen, nach wem genau. Irgendwie sträubte es sich in ihr, diese Einladung anzunehmen. Allerdings... schien sie keinen Ausweg zu finden, denn es wäre mehr als unhöflich gewesen, ihn weiterhin zu ignorieren, als er ihre Hand ergriff und galant einen Kuss auf deren Rücken hauchte.
Azura schluckte und versuchte, noch ein paar Sekunden raus zu schinden, ehe sie Luft holte und die Lippen zu einer Antwort öffnete.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Donnerstag 29. März 2012, 09:53

"Seid Ihr einem Tagtraum verfallen, werte Dame?" Der Harlekin legte den Kopf schief, dass die Federn seiner Maske wippten. Da Nasenspitze und Mund freilagen, konnte Azura das Lächeln des Fremden ausmachen. Seine Stimme klang so furchtbar neutral. Sie war weder zu hoch noch zu tief, so dass man daran das Geschlecht hätte ausmachen können. Dieser Harlekin stellte wirklich etwas Sonderbares an diesem sonst so feierlichen Ort dar. Er passte nicht ganz hinein und doch fügte er sich ins Gesamtbild wie ein gewagter, aber zugehöriger Pinselstrich. Wenn Azura blinzelte, verschwamm er irgendwie, obwohl er direkt vor ihr stand.

Möglicherweise war die Maske schuld, denn auch sie trug offenbar eine. Es fühlte sich jedenfalls so an. Ihr Gesicht war kühl und eben, geradezu glatt. Es schmeichelte ihren Fingerspitzen wie feinstes Porzellan. Das konnte ja unmöglich ihre eigene Haut sein, auch wenn man ihr immer wieder beteuert hatte, wie zart und weich ihr liebreizendes Antlitz doch wirkte. Trotzdem war ihre Maske federleicht, sie spürte sie nicht einmal wirklich. Keinerlei Gewicht, keine Schnüre, die sie hielten. Ein Spiegel und sie hätte sehen können, welche Farben bei ihr dominierten. Ausgeschmückt schien ihre Maske allerdings nicht zu sein. Weder wippten Federn am Rand ihres Sichtfeldes, noch hatte sie Pailletten oder dick aufgetragene Malereien mit Farbe erfühlen können. Ob ihre Maske weiß war?

"Keine Sorge, Verehrteste. Ihr seid die Schönste hier im Saal. Euer Lächeln verzaubert Dutzende und Ihr könntet sie in eine Ohnmacht oder einen Krieg stürzen mit nur einem zuckersüßen Wort von Euren zart mit Rouge gefärbten Lippen." Der Harlekin schmeichelte ihr, aber es wirkte auf seltsame Weise nicht so geheuchelt, wie sie es von den Festen in ihrem Elternhaus gewohnt war. Dort wetteiferte man darum, demjenigen die größten und schmierigsten Komplimente zu machen, der aktuell den meisten Reichtum angehäuft oder auf andere Weise für viel positives Aufsehen gesorgt hatte. Doch wie sah es hier aus, in diesem Saal, während dieser Feierlichkeiten? Konnte sich Azura mit den anderen Gästen der Gesellschaft messen? Wie stand es derzeit um ihr adliges Erbe, wie um ihren Ruf?

Es waren so viele Personen hier, aber sie erkannte keine einzige Frau, nicht einen Mann! Sicher, sie trugen Masken, aber vertraute Bekanntschaften konnte man trotzdem üblicherweise ausmachen. Man kannte ihre Bewegung, die ganze Art, wie sie sich gaben und nicht zuletzt an der Stimme hätte sie vielleicht einen Bekannten ausmachen können. Doch nichts dergleichen. Sie schien wie eine Fremde bei diesem Fest. Trotzdem behandelte man sie, als sei sie ein geladener Gast wie jeder andere hier auch. Der Harlekin jedenfalls beglückte sie mit einem gehauchten Handkuss und wiederholtem Lächeln. "Wollt Ihr nun tanzen, Verehrteste? Ihr wärt das schönste Vögelchen auf dem Parkett. Schwanengleich."
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Donnerstag 12. April 2012, 21:55

Obwohl sie sich noch etwas irritiert und vor allem verwirrt war ob ihrer Situation, bemühte sie sich um ein verbindliches Lächeln in Richtung der merkwürdigen Gestalt. "Ja, scheint so.", erwiderte sie wenig glaubhaft, zuckte dann aber leicht mit den Schultern. Eine Geste, die mehr ihren eigenen Gedanken galt als ihrem Galan.
Ihr Lächeln bekam einen charmanteren Zug, um ihren möglichen Fauxpas in Puncto Unaufmerksamkeit ausmerzen zu können, sollte er bestehen. "Jedoch ist das Träumen jetzt vorbei, schließlich haben wir hier ein wunderbares Fest!", schmeichelte sie, da sie bisher noch nicht heraus gefunden hatte, wer überhaupt der Gastgeber war.
Woher sollte sie es auch wissen? Vielleicht war es ja ihr Gegenüber, der ihr die Ehre erwies, sie am meisten von den Anwesenden zu beachten. Die Möglichkeit dazu bestand schließlich, es wäre auch nicht das erste Mal gewesen, ohne, dass sie deswegen eingebildet gewesen wäre. Immerhin war es eine Tatsache, dass sie Aufmerksamkeit mit ihrer Schönheit auf sich zog und sie auch vollendete Manieren zeigen konnte, wenn es erforderlich war. Selbst dann, wenn ihr eigentlich nicht ganz wohl in ihrer Haut war.
Noch immer war sie leicht irritiert und diese Person neben ihr half ihr nicht gerade, diesen Zustand abzuschütteln. Er war irgendwie... seltsam, sein Wirken, allerdings hauptsächlich seine Stimme, die ihr einen unangenehmen Schauer über den Rücken jagte. Doch woran das lag, konnte sie nicht einmal genau benennen. Es war einfach so und das ließ sich erst recht schwer abschütteln. Blieb lediglich die Strategie des Verschleierns.
Auch er trug eine Maske und da sie nicht glaubte, dass sie die Einzige hier wäre, die sich nicht an die Kleiderordnung halten würde, wollte sie auch weiterhin heraus finden, ob und was sie in ihrem Gesicht trug. Sie hob ihre Hand und tastete danach, spürte etwas und war fest der Meinung, sie hätte eine wunderbar gefertigte Maske, obwohl sie das Gewicht weder spüren konnte, noch ihre Sicht dabei eingeschränkt würde.
Um nicht zu unhöflich zu werden oder erneut so zu wirken, als wäre sie nicht ganz bei sich selbst, unterließ sie es, jeden Millimeter zu ertasten, und baute darauf, bald auf einen Spiegel zu stoßen, um sich dieses Bild wieder in Erinnerung rufen zu können. Noch bevor sie soweit war, ihren Arm sinken zu lassen, um sich der anderen Person wiederholt widmen zu können, sprach er sie ein weiteres Mal an.
Daraufhin geschah etwas Seltenes, noch dazu, wo es ihr unabsichtlich passierte, denn seine Worte klangen viel glaubwürdiger und beinahe so, als wären sie ehrlich gemeint, wären sie nicht so übertrieben gewesen. Ihre Wangen röteten sich leicht und ihre Lippen zierte ein flüchtiges, verlegenes Lächeln, ehe sie ihren Fächer öffnete, der natürlich niemals bei ihrem Ensemble fehlen durfte, und so tat, als müsste sie sich Luft zufächeln.
"Ihr seid ein wahrer Galan, mein Herr. Aber ich darf Euch beruhigen, ich habe kein Interesse daran, dass sich edle Herren meinetwegen mit Waffen bekämpfen.", erwiderte sie geschmeichelt.
Obwohl... so ein Duell um ihretwegen, das wäre schon einmal etwas Neues! Jedoch nur dann, wenn beiden Kontrahenten lediglich ein paar wenige Haare gekrümmt werden würden, da sie trotz allem nicht Schuld tragen wollte am Tod einer Person. So etwas war selbst ihr zuwider, die sich sonst um nur wenige Dinge Sorgen machte.
Erneut glitt ihr Blick durch die Runde, als hätte sie ihre Suche nach einem bekannten Gesicht noch nicht aufgegeben, allerdings auch diesmal blieb sie erfolglos.
Seine Stimme holte sie zurück und nun hatte sie keine Ausrede mehr, dank jener sie sich hätte begründeterweise vor der Antwort drücken können. Also gab sie sich innerlich einen Ruck, setzte ein charmantes Lächeln auf und reichte ihm ihre zarte Hand mit den langen Fingern.
"Nun, dann nützen wir die Gunst der Stunde, die uns dieses herrliche Lied beschert hat.", entgegnete sie und hoffte, er wäre ein solch formvollendeter Tänzer wie Redner.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Montag 16. April 2012, 23:00

"Aber meine Liebe", lächelte ihr der Harlekin entgegen, "dieses Fest ist doch ein Traum! So unglaublich, das kann nicht die Wirklichkeit sein." Er neigte das Haupt, dass die Federn an seiner Maske leicht raschelten. Unfreundlich war diese Gestalt nun wirklich nicht, sondern schenkte Azura all ihre Aufmerksamkeit. Warum wohl? Hatte dieser seltsame Gecke ein Auge auf die geworfen? Azura konnte nicht erkennen, ob sie da ein stattlicher junger Mann umwarb, immerhin trugen sie ja allesamt Masken. Auch sie selbst. Kaum, dass ihre Hand hoch fuhr, um ihr Gesicht zu berühren - schließlicht wollte sie diese federleichte Maske erfühlen - da spürte Azura einen leichten Widerstand. Er konnte zunächst ignoriert werden, würde sie noch frühzeitig an etwas erinnern. Doch ihr Verehrer lenkte erneut Aufmerksamkeit auf sich und das Fest. Er wollte noch immer mit Azura tanzen, bat sie, aufzustehen und ihn auf die Tanzfläche zu begleiten. Er streckte ihr sogar seine Hand hin, damit sie ihre sanft in den weißen Handschuh legen konnte. Die andere Hand steckte übrigens in einem schwarzen Handschuhe. Beide schimmerten wie verarbeitete Seide.

"Wenn Ihr nicht wünscht, dass sich die Herren um Eure Gunst miteinander duellieren, so erlaubt mir, euch ein kleines Gefecht auf der Tanzfläche zu liefern. Ich möchte sehen, wie sich Eure Gewänder beim Drehen aufbauschen und möchte das flinke Trippeln Eurer Füße auf dem Parkett wahrnehmen. Gewährt mir einen Tanz, Edle. Ihr seht mich betteln! Zeigt Gnade." Ein letztes Mal verneigte er sich, ganz tief dieses Mal, dass die Federn seiner Maske Azuras Hand kitzelten. Endlich legte sie diese in die seine. Er jauchzte entzückt auf. "So weich und filigran! Elfengleich, meine Teure. Kommt, wagen wir ein Tänzchen!" Er zog sie auf die Beine und wollte sie schon mit sich nehmen, als der Fokus von ihm abfiel. Etwas zog an Azuras anderer Hand. Hielt sie da jemand fest? Sie kam nicht von der Stelle. Um ihr Handgelenk hatte sich ein hauchdünner Faden gelegt. Er schimmerte bläulich und violett, doch je weiter er ins Dunkel führte, das sich hinter einem zugehängten Torbogen befand, desto heller wurde der Schein. Er färbte sich golden, dann weiß und schließlich barg der Vorhang, wohin der Faden reichte. Er war gespannt, so dass Azura keinen weiteren Schritt tun konnte, ohne ihn bewusst zu zerreißen - falls das möglich war.
Der Harlekin lockerte seinen Griff, ließ aber nicht los. "Azura ... lasst ab von diesem Band. Es birgt nicht das, was Euch zusteht", sagte er, vollkommen ruhig.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Dienstag 17. April 2012, 20:33

Die junge Frau hielt ihr Lächeln aufrecht, seufzte allerdings beinahe lautlos. "Es gibt so vieles, das wie ein Traum erscheint. Da sollten wir uns lieber an der Wirklichkeit dieses Festes erfreuen.", hielt sie freundlich dagegen und hoffte, sich gut bewiesen zu haben.
Es war nicht so, dass Azura sonderlich zu Selbstzweifel neigte. Jedoch fühlte sie sich im Moment wie auf einem zu glatten Parkett, ohne, dass sie hätte sagen können, warum sie diese Gefühl empfand. Es war einfach nur da und jedes Mal, wenn sie dieses Gesicht vor sich ansah, verstärkte es sich noch viel mehr.
Trotzdem konnte sich ihr Interesse auch auf andere Dinge lenken, wie zum Beispiel den Umstand, dass sie auf einem Maskenball war. Was trug sie für ein Exemplar? Hatte sie überhaupt eines angelegt? Sie konnte sich nicht erinnern und wollte es deswegen zumindest im Ansatz nachfühlen. Merkwürdig war da nur ein leichter Zug an ihrem Handgelenk, das eine andere merkwürdige Empfindung in ihr wach rief, die sie nicht in Worte fassen konnte.
Sie erhielt dazu ja auch keine Gelegenheit, weil der Galan schon wieder etwas von ihr wollte, ehe sie zum Tanz schreiten könnten, den sie nicht länger ablehnen konnte, in Hinblick darauf, dass er gut möglich der Gastgeber sein könnte, den sie nicht abweisen durfte. Also musste sie ihre Gedanken auf später verschieben und sich ihm erneut widmen.
Zum wiederholten Male schenkte sie ihm ein charmantes Lächeln, während sich ihre Wangen minimal röteten. "So, so, Ihr glaubt also, meine Füße trippeln leicht zum Tanz und mein Kleid bauscht sich so, dass Ihr sie erkennen könnt? Macht Euch keine falschen Hoffnungen, bei mir bleibt alles schicklich!", kokettierte sie und gab sich innerlich den Ruck, ihm ihre Hand zu gewähren, sodass er sie auf das Parkett führen könnte, um sich seinen Wunsch zu erfüllen.
Sie verstärkte bei seinem nächsten Kompliment ihr Lächeln um eine Spur und nickte geschmeichelt, wenngleich sie es nicht für nötig befand, verbal darauf zu antworten.
Danach zog er sie in die Höhe und wollte sie mit sich führen, als da plötzlich etwas anderes war. Na nu? Wer hielt da ihr Handgelenk, ohne, dass sie es bemerkt hätte, wie sich eine solch dreiste Person ihr genähert hatte?
"Verzeiht einen Moment.", murmelte sie und wandte ihren Kopf ab, wollte schon Luft holen, um denjenigen zu sagen, was sie von so einer Aktion hielt.
Aber merkwürdigerweise... da war niemand! Nein, es gab lediglich einen feinen Faden, der sich um sie geschlungen hatte. Seltsam, wirklich äußerst seltsam! Und damit nicht genug, nein! Der Faden lief weiter, ihr Blick folgte ihm bis zu einem Torbogen mit einem ungewöhnlichen Schein, der irgendwie ihre Neugier weckte. Denn es beschlich sie das Gefühl, als sollte sie ihm folgen, dieses Geheimnis lüften, noch bevor sie den Tanz wagte mit einem Partner, der nicht vollkommen geheuer war.
Der allerdings seine Aufmerksamkeit haben zu wollen schien und Worte zu ihr sprach, deren Sinn sie nicht völlig begreifen konnte. Ihr Kopf wandte sich erneut ihm zu und sie rang sich ein Lächeln ab, während sie ihm ihre Hand entzog.
"Geduldet Euch noch ein bisschen. Ich bin sicher, dieses Lied wird nicht so schnell vorüber sein.", beschied sie ihn höflich, bevor sie sich von ihm wegdrehte und die ersten Schritte weit dem Faden folgte.
Schließlich wusste sie, wie man tanzte, hatte auch schon genug Partner gehabt, um sicher zu sein, dass er keine überragende Überraschung sein würde, die keinen weiteren Atemzug lang warten konnten. Nein, dieser Faden und vor allem das seltsame Leuchten an dessen Ende waren viel aufregender, zogen sie bei weitem stärker an.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Mittwoch 25. April 2012, 09:17

"Genau", antwortete der Harlekin, dass es wie ein sanfter Windhauch klang. Beruhigend und die Haut streichelnd. "Die Wirklichkeit dieses Festes. Dann lasst uns tanzen, Azura." Woher er ihren Namen kannte, hatte er bislang nicht gesagt, aber sie hatte ihn auch nicht gefragt. Vielleicht kannten sie sich ja, wer wusste das schon. Die Masken verhinderten, dass man näheres Vertrauen durch Erkennen aufbauen konnte.
Beinahe hätte sie sich seinem Vorschlag ergeben. Beinahe wäre sie ihm gefolgt, die Hand noch in seiner, wenn es da nicht dieses Ziehen an ihrem anderen Handgelenk gegeben hätte und wenn sie nicht den feinden Faden entdeckt hätte, der hinter dem Vorhang des Torbogens verschwand. Dort nahm er jedoch an Lichtintensität zu, so dass ihn ein feines Leuchten wie eine Aura umgab. Welch ein geheimnisvoller Faden! Wo er wohl her kam?
Der Harlekin hatte ihn ebenfalls entdeckt. Er kannte dessen Ursprung, er kannte überhaupt alles, was hier vor sich ging. Es war Azuras Form eines Jenseits. Die Welt des Gevatters - die Insel Kata Mayan - passte sich immer den Vorstellungen oder unbewussten Träumen und Ängsten der verstorbenen Seele an. Zum Glück überwiegten derzeit Azuras gute Gedanken von einer Nachwelt, so dass sie in diesem Festsaal hinein gewandelt war. Nun drohte der winzige Faden, ihr dies zu nehmen. Der Harlekin legte den Kopf leicht schief. Seine Maskenfedern raschelten und die Träne rutschte ein Stück seine Wange herunter. Aber sie war doch nur aufgemalt!
Er geduldete sich, das konnte er sehr gut. Wenn er wollte, konnte er ganze Zeitalter warten, ohne sich zu langweilgen oder besagte Geduld zu verlieren. Für jemanden, der ewig war, glichen sich ein Moment und ein Leben in der Länge der Zeit. "Wir werden wohl zu einem anderen Lied tanzen müssen", sagte er allerdings, denn Musik war mehr als vergänglich. Sicher, sie blieb im Ohr, in der Erinnerung, aber wie leicht waren solche Klänge doch manipulierbar! Man erinnerte sich ihrer erst, wenn sie sich irgendwann im Kreisel der Zeit wiederholten, ehe sie eines Tages heraus geschleudert und für immer vergessen würden.

Derweil löste sich Azura aus der Hand des Harlekins, um dem Faden zu folgen. Der Vorhang kam in greifbare Nähe. Sie brauchte nur hindurch zu schlüpfen. Da erhob sich die Stimme ihres Galans ein letztes Mal: "Bist du sicher, Azura, dass du das willst? Es wird kein Zurück mehr geben." Er duzte sie, sprach sie vertraulich und noch immer mit ihrem Namen an, aber seine Worte waren ohnehin mehr als sonderbar. Er wusste jedoch, was dort jenseits des Vorhangs auf sie wartete. Der Faden würde weiter laufen, ein ganzes Stück weit noch, ehe sie das andere Ende erreichte. Sie würde fernab eines Festes und Tanzfeierlichkeiten sein. Kein Maskenball mehr. Die Maske würde sich von ihr lösen und präsentieren, wie sie wirklich aussah: verbrannte Haare, eine leicht verbrannte Stirn und angesengte Brauen. Ein toter Blick. Ja, sie war tot und sobald sie den Vorhang hinter sich ließ, könnte sie es erkennen. Denn ringsum fehlten all der Prunk, all die Schönheit eines nicht enden wollenden Festes, das Gevatter Tod ihr für die Ewigkeit zugestanden hätte. Sie würde Feuer sehen, dessen Hitze spüren und riechen. Vor allem ihrem Kopf würde ziemlich warm werden.
Azura könnte nicht verbrennen, nicht hier auf Kata Mayan, wo sie bereits als verstorbene Seele umher wandelte. Aber sie war ihrem Körper so nahe, dass sie dessen letzte körperliche wie geistige Emotionen würde wieder aufnehmen und selbst spüren können. Und je weiter sie dem Faden folgte, desto intensiver würden diese Gefühle. Aber es gäbe kein Zurück mehr, nicht wenn sie jetzt durch diesen Vorhang trat, um zurück ins Licht zu gehen.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Donnerstag 26. April 2012, 12:29

Zwar fiel es der jungen Frau auf, dass er sie plötzlich mit ihrem Namen ansprechen konnte, allerdings war sie ohnehin die gesamte Zeit über etwas verwirrt, sodass es möglich schien, dass sie ihm diesen bereits verraten hatte, ohne sich daran zu erinnern. Oder er kannte sie aus anderen Gründen, schließlich war die Elite stets relativ klein und überschaubar.
Nur... warum fiel ihr dann partout nicht ein, wie sie ihren Galan zu nennen hätte? Seit wann war sie derart vergesslich? Lag es tatsächlich lediglich an der Maske, die er trug und die verhinderte, dass sie seine Gesichtszüge eindeutig erkennen könnte? Sie wusste es nicht und dennoch beschäftigte sie es naturgemäß, weil er eigentlich eine markante Stimme besaß. Markant in dem Sinne, dass sie so androgyn klang, dass sie gerade dadurch ja auffallen und in Erinnerung bleiben musste. Seltsam also, dass ihr Gedächtnis sie im Stich zu lassen schien.
Doch diese Gedanken wurden unbedeutend ebenso wie sein Wunsch, endlich mit ihr tanzen zu können, als sie den Faden an ihrem Handgelenk erneut wahrnehmen konnte. Diesmal sogar derartig, dass sie ihren Blick in jene Richtung warf, aus welcher er kam, sodass sie das Leuchten an dessen Ende ausmachen konnte. Noch so eine merkwürdige Begebenheit.
Wer hatte sich hier einen Spaß mit ihr erlaubt und sie angebunden? Aus welchem Grund hatte sie das nicht einmal bemerkt?! So etwas hätte ihr auffallen müssen, wenn sie jemand berührt hätte, ohne, dass sie die Erlaubnis dazu erteilt hätte. Allerdings war da nichts in ihrer Erinnerung, kein Zusammenstoß oder dergleichen, womit ihr Interesse erst recht geweckt worden war.
Jetzt wollte sie auch wissen, wohin dieser Faden führen würde. Gab es denn neben diesem Saal noch einem Raum? Und wenn ja, was verbarg sich darin? Vielleicht ein Salon?
Prompt hatte sie das Gefühl, ihr Magen meldete sich, auch wenn dies allein eine Einbildung war, denn mit solch einer Räumlichkeit verband sie gute Getränke und kleine Knabbereien, die sie selbstverständlich anlocken würden.
Das Augenmerk auf das geheimnisvolle Leuchten gerichtet, bemerkte sie kaum noch, was ihr Galan neben ihr tat, weder seine Kopfbewegung, noch die nächste seltsame Sache mit der Träne. Es war bezeichnend für sie, dass sie einen Mann eher stehen lassen würde, sobald etwas oder jemand anderes ihr Interesse geweckt hatte, da sie bisher noch nicht so fixiert auf das andere Geschlecht war wie einige ihrer sogenannten Freundinnen. Sie kokettierte gerne und ließ sich umschwärmen, jedoch erhören würde sie einen erst nach ihrer Hochzeit, die nicht in nächster Zeit anstehen sollte. Und im Prinzip interessierte sie sich auf Dauer ohnehin nur für sich selbst. Das Herz an jemand anderes zu verlieren, könnte viel zu leicht ihren Untergang herbei führen, was sie selbstverständlich vermeiden wollte und auch musste.
Entsprechend wollte sie nun dem Faden folgen und vertröstete ihn. Seine Antwort sorgte aber dafür, dass sie ihm noch einen Blick wie ein besänftigendes Lächeln über ihre Schulter hinweg schenkte.
"Grämt Euch nicht, es kommen gewiss noch viele Lieder nach unserem Geschmack. Heißt es nicht für gewöhnlich, aufgeschoben ist nicht aufgehoben?", erwiderte sie säuselnd, damit er sie trotz allem in guter Erinnerung behielt und sich nach dem Einlösen ihres Wortes sehnen würde, während sie sich längst mit anderen Dingen beschäftigte.
Doch danach setzte sie ihr Vorhaben in die Tat um, setzte einen Fuß vor den anderen, kam dem Leuchten näher und wollte schon ihre freie Hand ausstrecken, um in die Falten des Vorhangs greifen zu können, als sie erneut angesprochen wurde. Am liebsten hätte sie ärgerlich reagiert, sie mochte Penetranz nur bis zu einem gewissen Grade, wäre die Bemerkung nicht so sonderbar gewesen, dass sie die junge Frau innehalten ließ.
In den folgenden Sekunden, in denen sie da stand, als wäre sie zu einer Statue geworden, bemerkte sie auch endlich einen feinen Geruch, der bis dahin ihre Nase nicht gekitzelt hatte. Irgendwie roch es... verbrannt. War dahinter wider Erwarten kein Salon? Hatte sie dort vielleicht schon mit der Küche zu rechnen? Oder war ein der Teil der Leckereien angebrannt, doch trotzdem serviert worden?
Schließlich zuckte sie unsicher minimal zurück, keinen halben Schritt, und drehte sich langsam um. Verwirrung glitzerte in ihrem Blick, als sie ihren Galan dicht hinter sich stehen sehen musste.
Was hatte er da zu suchen? Was wollte er noch von ihr, wenn sie sich ihm schon empfohlen hatte, um ihrer eigenen Wege vorläufig zu gehen?!
Allerdings fragte sie das nicht, sondern hakte sie in eine andere Richtung, die ebenfalls wichtig sein könnte, nach. "Was meint Ihr damit? Wieso sollte ich nicht hierher zurück kehren?" Demonstrativ blieb sie in der höflicheren Anredeform, denn ihr war nicht entgangen, wie vertraulich er auf einmal geworden war. Etwas, was sie nicht schätzte, besonders dann nicht, wenn sie es nicht ihrerseits zuvor gestattet hatte.
Gleichzeitig öffnete sie ihren Fächer, der niemals bei ihrer Garderobe fehlen und immer zu dem jeweiligen Kleid passen musste, um sich ein wenig Kühlung zu verschaffen. Ihr Blick glitt zu dem Vorhang zurück.
Hm... ob dort vielleicht doch die Küche war? Noch immer roch es leicht verbrannt und ungewöhnlich warm wurde ihr hier auch, weswegen sie ihren Fächer auch einsetzen musste, wollte sie nicht unschicklich zu schwitzen beginnen. Allerdings... so nahe am Tanzsaal? Das wäre mehr als ungewöhnlich und absolut unintelligent, denn jegliche Gerüche könnten eindringen und die Festlaune beeinträchtigen!
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Montag 30. April 2012, 01:05

Ihre Hand war schon fast am Vorhang und sie roch bereits dieses seltsame Aroma nach verbranntem Fleisch, als der Harlekin noch einmal die Stimme erhob. Seine Worte gaben Azura Grund genug, ihrem Vorhaben erst einmal nicht weiter zu folgen, sondern sich wiederholt zu ihrem Galan umzudrehen. Dieser stand dicht bei ihr, hielt aber noch genug Abstand, dass man es als gebührend bezeichnen konnte. Trotzdem war er in den letzten Momenten ziemlich aufdringlich geworden, als wollte er nicht, dass Azura ihn verließ. Hatte sie ihn dermaßen bezaubert? Nahm er sie bereits jetzt so eifersüchtig in Besitz, dass er kein Abenteuer ihrerseits duldete? Dann wäre er wohl kaum der Richtige, denn Azura war ein Freigeist und würde sich von keinem Mann Celcias einsperren lassen. Zu dumm nur, dass sie sich derzeit nicht wirklich auf Celcia befand ...
"Du wirst nicht hierher zurückkehren können, wenn du jetzt durch diesen Vorhang gehst. Jedenfalls vorläufig nicht, denn meine Herrin wird dafür sorgen, dass dich wieder erfüllt, was eigentlich verloren war." Er sprach in Rätseln. Aber so war er. Deutlich an allem, was der Gevatter aussprach und dessen man sich letztendlich nur wirklich sicher sein konnte, war der Tod. Seine Berufung konnte man jedoch auch nicht als sehr einfach bezeichnen. Er durfte über so vieles eigentlich nicht reden und bereits jetzt - im Gespräch mit Azura - wanderte er auf einem schmalen Grat. Sterbliche begriffen so wenig, konnten sich dadurch emotional so erschrecken oder in Verzweiflung stürzen, dass sie Kurzschlussreaktionen begingen. Der Tod war nicht dazu da, eine solche Reaktion auszulösen. Er war das Ende solcher Aktionen, zumindest in den meisten Fällen. Es kam schließlich auch Schlimmeres vor, beispielsweise dass ein Selbstmord Gefährdeter seinen Sprung überlebte. Der Glückliche durfte dann den Rest seines Lebens mit einem verkrüppelten Bein oder vom Hals abwärts als Gelähmter leben. Der Gevatter war es dann, welcher ihm letztendlich die Erlösung brachte.
"Aktiv darf ich nicht eingreifen", sagte der Harlekin. Denn damit verstöße er gegen ein ungeschriebenes Gesetz. Der Tod kam nur. Er führte die Seelen an einen sicheren Ort. Er sammelte sie auf, leitete sie, aber er drängte sie in keine Richtung. Wenn Azura jetzt durch den Vorhang gehen wollte, würde er sie genauso wenig aufhalten, wie wenn sie es sein ließ. Er gab ihr lediglich die Warnung mit auf den Weg, dass - einmal durch diesen Durchgang geschritten - ihr eingerichtetes Paradies vorerst nicht mehr zugänglich wäre. Denn dann würde sie dem Faden folgen müssen, der sie ins Leben zurück brachte. "Was wirst du jetzt tun? Wofür entscheidest du dich?"
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Dienstag 1. Mai 2012, 15:31

Es war merkwürdig. Einerseits interessierte es natürlich brennend, im wahrsten Sinne des Wortes, wohin der Faden führte und was sie hinter dem Vorhang erwarten würde. Aber andererseits, sollte das wider Erwarten tatsächlich die Küche sein, die hinter dem Vorhang lauerte, wollte sie es eigentlich gar nicht wissen. Das war ein Bereich, der sie lediglich langweilen würde, da sie damit nichts zu schaffen hatte. Schließlich war sie von hohem Stand und würde immer Dienstpersonal haben, das sich dort zu schaffen machen sollte, während sie das Essen danach genießen würde.
Also kam ihr die Ablenkung vor dem eigentlichen Durchgehen im Prinzip schon recht, da es ihr eine Denkpause verschaffen könnte, wenn dieser Galan nicht derart aufdringlich wäre, dass er ihre Gedanken längst wieder ablenkte. Er war ihr viel zu nahe gekommen und vor allem, er war ihr ungefragt gefolgt, um sich in ihre Entscheidung einzumischen. Etwas, das sie überhaupt nicht schätzte und ihn auch spüren lassen würde, wenn er noch aufdringlicher werden würde.
Hinzu kamen seine merkwürdigen Worte, bei denen sie natürlich nachhakte, denn das wollte sie genauer wissen. Es könnte immerhin auch sein, dass es irgendein Geheimnis wäre, das für sie noch relevant sein würde, egal, in welcher Hinsicht.
Jedoch... seine ein wenig präzisere Erklärung half ihr auch nicht sonderlich weiter. Entsprechend skeptisch hob sie ihre Augenbraue an und zeigte ihm nicht mehr jenes verbindliche Lächeln, das sie zuvor noch ausgezeichnet hatte.
"Ihr sprecht in Rätseln.", gab sie ihm auch schon etwas unwillig zurück, zum Zeichen, dass er ihre Geduld allmählich ernsthaft strapazierte. "Ich sehe keinen Grund, warum auch ich nicht wieder hierher zurück kehren sollte.", fügte sie noch an, ehe sie sich erneut dem Vorhang zuwandte und weiter überlegen wollte, ob ihre Neugier ausreichend dafür war, diesen zu durchschreiten.
Wenn sie nur wüsste, was dahinter liegen würde und ob es eine Küche oder etwas anderes wäre! Vielleicht könnte sie ja einmal hindurch spähen und sich danach entscheiden.
Kaum war ihr dieser Gedanken gekommen, machte sie schon einen halben Schritt voraus und wollte ein weiteres Mal nach dem Vorhang greifen, als schon wieder seine Stimme hinter ihr erklang.
Und wieder hielt er sie damit zurück, nur diesmal wandte sie sich ihm nicht völlig zu, sondern drehte lediglich ihren Kopf, um ihn über die Schulter hinweg anzusehen. "Bei was aktiv eingreifen? Drückt Euch endlich klar aus, Ihr seid dabei, mich zu langweilen." Ihr Tonfall wurde bereits eine Spur weit schärfer, um ihm zu zeigen, dass sie es ernst damit meinte.
Ihr Gesicht verfinsterte sich, denn statt einer Antwort, die ihr Einsicht bringen würde, wagte er es glatt, ihr eine Forderung zu stellen. Was ihr noch weniger gefiel als seine Aufdringlichkeit bisher. "Wie soll ich eine Entscheidung treffen, wenn Ihr mich dauernd in Beschlag zu nehmen wünscht?!", gab sie unwirsch zurück, ein Zeichen dafür, dass es mit ihrer Geduld nicht mehr weit her war, da sie bereits damit begann, deutlicher zu werden und die Etikette der Höflichkeit auszureizen, ohne direkt beleidigend zu werden.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Samstag 5. Mai 2012, 16:43

Wer spielte ihr da nur einen Streich? Ein Page, ein Küchenjunge? Möglicherweise in gewitzter Diener, der sich in ihre Schönheit verguckt hatte und sie mit dem Faden locken wollte. Seltsam blieb nur, dass dieser nach und nach leuchtete, je weiter sie sich dem Vorhang zuwandte. Kein einfacher Bursche vom Gesinde war in der Lage, solche Magie zu wirken! Das ging doch nicht, da hätte man ihn als Magier gefördert, damit er dem Adel mit seinen Fähigkeiten dienen konnte. Gerade Lichtmagier waren doch gefragt, sie konnten heilen, ohne auch nur ein Kraut aus dem Wald zu rupfen! Was wurde hier also mit Azura gespielt?
Kein Wunder, dass selbst bei ihr langsam die Fassade zu bröckeln begann. Ihr Lächeln schwand. Sie konnte nur hoffen, dass die Maske ihren Unmut verbarg, sollte der Harlekin wirklich der Gastgeber sein. Andernfalls könnte er sich auf den Schlips getreten fühlen und im schlimmsten Fall Satisfaktion fordern. Natürlich würde dann nicht Azura ein Duell um der Ehre Willen mit ihm austragen, aber sie würde jemanden stellen müssen. Wenn es ein Herausforderer bitter ernst meinte, verlangte er ein solches Duell bis zum dritten Blut, was soviel bedeutete, dass nur eine den Duellierplatz wieder lebend verlassen würde. Aber ihr Galan würde so etwas wohl kaum fordern, nur weil sie ihr Lächeln kurzzeitig verlor! Er selbst lächelte ja noch immer. Das war ihm aber auch nur in jener Gestalt des zweifarbigen Narren möglich. Der Gevatter besaß in seiner ursprünglichsten und bekanntesten Form keine Lippen, die sich hätten kräuseln können. Aber trotzdem wirkte ein bleicher Totenschädel stets, als grinse er über das Schicksal, das ihn ereilt hatte. Da der Gevatter Azura nicht mehr offenbaren konnte - nicht mehr offenbaren durfte - blieben ihm nur noch wenige Worte zu sagen. So trat er noch immer in Gestalt des Harlekins einen Schritt weit zurück, damit er anschließend Platz für die sehr tiefe und geschwungene Verbeugung besaß. Sie erinnerte fast an eine übertrieben schnörkelige Handschrift, was dem ganzen eine sehr bizarre Note verpasste. "Ich werde Euch nicht länger langweilen, holde Dame. So ... lebt ... denn wohl." Das Wortspiel amüsierte ihn. Er konnte es nicht bestreiten und so blieb das Grinsen unterhalb der Maske des Narren haften. Und dann glitt er in seine Ausgangsposition zurück. Er bog sich wie eine Espe im Wind, neigte sich so grazil und drehte sich wie eine Tänzerin auf der Fußspitze. Mit einer Eleganz, wie sie Azura nur von der Damenwelt her kannte, stolzierte der Harlekin von dannen, ließ sie einfach bei dem Vorhang zurück. Er reckte den Hals, hielt wohl nach anderen potenziellen Tanzpartnerinnen Aussschau, schwand jedoch alsbald in der Menge. Azura verlor ihn aus den Augen. Nun gab es niemanden mehr, der sich ihr aufdrängen oder sie daran hindern könnte, dem Faden hinter den Vorhang zu folgen, von wo aus es immer noch leicht verbrannt roch.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Montag 7. Mai 2012, 15:08

Azura war gerade ein wenig mit dieser Situation überfordert, auch wenn sie dies niemals jemand anderes gegenüber als sich selbst zugegeben hätte. Natürlich wusste sie, dass es Magie gab, auch andere Arten als jene Wasserspiele, mit denen sie sich manchmal die Langeweile vertrieb. Es gab gewiss auch Dinge, die Fäden oder sonstiges zum Leuchten bringen könnten. Allerdings war hier die Frage, warum geschah das.
Weswegen war hier ein Faden, der zu diesem Vorhang mit dem merkwürdigen Küchengeruch dahinter, gesponnen wordne. Und vor allem, wer hatte aus welchem Grund dessen eines Ende um ihr Handgelenk geschlungen?! Wann war der verantwortlichen Person das gelungen und was wollte er damit erreichen?
Außerdem war diese Umgebung ein wenig verwirrend für sie. Nicht das Fest an sich, solche Anlässe war sie gewohnt und es war für sie beinahe etwas Alltägliches, bei dem sie sich höchstens Sorge um ihre Garderobe machen musste. Nein, es war vielmehr der Galan und sein Verhalten, das sie so irritierte, gepaart damit, dass sie wohl ein wenig müde sein musste. Anders konnte sie sich ihre Erinnerungslücken, die sie im Moment hatte, nicht länger erklären. Sie waren zu deutlich, um sie vollkommen zu ignorieren, und trotzdem nicht mit einem Zustand verbunden, der es hätte erklären können.
Das alles führte dazu, dass sie womöglich zu rasch gegenüber ihres Galans die Geduld verlor, aber derzeit war er ihr zu aufdringlich, störte ihre Neugier und die Selbstsicherheit, die sie zuvor noch bezüglich ihrer Entscheidung, dem Faden nachzugehen, verspürt hatte. Hinzu kam eben dieser Geruch, der ihrer Nase nicht gefiel und der sie zusätzlich zögern ließ.
Seine Worte waren für sie alles andere hilfreich, sondern verstärkten ihren Zustand eher noch und zehrte an ihrer strapazierten Geduld. Sorgten dafür, dass sie ihre höfliche Fassade ein wenig verrutschen lassen musste, um ihm zu zeigen, dass er allmählich seine Grenze überschritt und sie das nicht gestattete.
Anscheinend schien er es zu verstehen, denn er machte einen Schritt zurück und vollführte eine formvollendete Verbeugung ihr gegenüber. Ihre Augenbraue zuckte bereits wieder in die Höhe, doch noch konnte sie sich zurück halten und ihre Skepsis verbergen, was das nun wieder sollte.
Allerdings verabschiedete er sich endlich von ihr, ließ sie ihrer Wege ziehen... ohne ihr eine konkrete Erklärung geliefert zu haben. Auch nicht gerade das, was sie gewollt hatte, jedoch hatte sie nun ihre Ruhe.
Obwohl es schon an ihrem Selbstbewusstsein nagte, dass er sich abwandte und ohne Rücksicht darauf, dass sie es gut sehen konnte, sich schon nach der nächsten Begleitung umblickte. Also wirklich!
Leise und beleidigt schnaubte sie und drehte sich demonstrativ um, sollte er noch einmal zurück sehen, damit er erkennen würde, dass sie nun gekrängt war von seinem Gebaren. Gut und schön, dass sie ihn auf später vertröstet hatte, jedoch bedeutete dies gewiss nicht, dass er sich sofort Ersatz dafür suchen sollte! Er sollte an sie denken und sie vermissen, nicht sich gleich darauf ablenken. Frechheit!
Nun wollte sie dem Faden erst recht folgen, in dem Versuch, dass dessen Ende ihr wenigstens etwas Trost bieten würde für diese Enttäuschung. Azura atmete noch einmal tief durch, ehe sie sich einen inneren Ruck gab, nach den Falten des Vorhangs griff und versuchte, diesen aufzuziehen, um hindurch schlüpfen zu können.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Erzähler » Samstag 12. Mai 2012, 10:15

Vielleicht würde Azura niemals Antworten auf ihre Fragen bekommen. Warum leuchtete der Faden und wer hatte ihn um ihr Handgelenk gebunden? Sie würde es allerdings niemals erfahren, wenn sie ewig hier stehen blieb und sich nicht doch hinter den Vorhang wagte. Lediglich der Hinweis - oder die Warnung - des Harlekins blieb im Raum stehen. Er selbst hatte sich bereits zurückgezogen, offenbar ohne jegliches Verlustgefühl. Er würde Azura einfach durch irgendein anderes Schönchen auf dem Fest ersetzen, was ihr im Augenblick wohl bitterer aufstieß als ihm. Doch seine Worte schwebten weiterhin im Raum. Wäre sie erst einmal durch den Vorhang, gäbe es kein Zurück. Was immer das auch zu bedeuten hatte.
Nein, sie würde nichts davon gelöst bekommen oder heraus finden, wenn sie nicht endlich eine Entscheidung traf und diese stand im Grunde bereits fest. Sie schob einige Falten des Vorhangs beiseite, wollte hinter das Geheimnis dieses dicken Stoffes blicken und dann ... wurde sie wie durch eine unsichtbare, aber sehr mächtige Gewalt ins Innere des Vorhangs gezogen. Welche Kräfte wirkten hier? In jedem Fall gab es nun keine Möglichkeit mehr, ihnen zu entrinnen. Der Stoff schmiegte sich an ihren Körper, wirbelte um sie herum, drückte sie zusammen und drehte sich um ihren Leib, dass man den Eindruck gewinnen könnte, sie würde in einem Meer aus dickem Samt ertrinken. Dann löste sich der Vorhang endlich von ihr, spuckte sie aus wie ein verfaultes Stück Apfel und sie fiel auf harten Grund. Der Stoff raschelte noch ein paar Mal, träge und schwer. All die Geräusche der fröhlichen Feier waren gewichen. Ein Wind wehte, jedoch nicht kalt und schneidend. Er schnürte die Luft ab, denn er war heiß. Es herrschte eine bedrückende Schwüle. Außerdem fanden sich hinter dem Vorhang keine weiteren Zimmer. Es gab hier keine Küche, die Mahlzeiten verbrannt hätte. Es war eine vollkommen andere und sehr bizarre Welt. Hier gab es Gestein. Azura befand sich in eine Landschaft aus schwarzem, warmen Gestein. Der Himmel war eine Mischung aus blutendem Rot und grauschwarzen Rauchwolken, die sich zu gewaltigen Massiven am Horizont türmten. Hin und wieder blitzte es in purpurrotem Schein auf, worauf ein Donnergrollen folgte. Seltsame, blubbernde und glucksende Geräusche umgaben sie. Plötzlich schoss dicht neben ihr eine gewaltige Fontäne kochenden und spritzenden Wassers empor. Die Götter allein bewahrten sie davor, von der siedenden Brühe getroffen und verletzt zu werden.
Nein, das hier war keine Gegend, in die man sich hinein wünschte. Außerdem fühlte man sich hier irgendwie beobachtet. Ständig schienen im Augenwinkel Gestalten und Schatten zu lauern. Man konnte sie beinahe atmen hören, ihr heißes Keuchen im Nacken spüren, dass es heiß und kalt die Wirbelsäule herunter rann. Wo war sie hier nur gelandet?!
Einzig und allein der leuchtende, goldene Faden war ihr geblieben. Nicht einmal ihr schönes Festkleid befand sich noch um ihren Körper. Sie trug simple Gewänder, an den Schultern und Armen war der Stoff jedoch leicht zerfleddert und verkohlt. Beinahe so, als hätte sie selbst gebrannt. Auch roch sie nun nach dieser Nachwirkung von Feuer, dass es unangenehm in der Nase zwickte. Nur der goldene Faden leuchtete heller, denn je. Er führte über die Ebene aus schwarzem Gestein, an heißen Wasserfontänen und seltsamen Bächen vorbei, die brodelnd und dickflüssig einen Weg durch die Landschaft suchten. Der Faden schien nicht enden zu wollen, schwand zwischen zwei aufragenden schwarzen Felsen.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Mittwoch 23. Mai 2012, 14:22

Der jungen Frau war unwohl in ihrer Haut, obwohl sie sich das nicht so recht eingestehen wollte. Die Worte dieses seltsamen Galans hatten sie stärker beunruhigt, als sie es zulassen wollte und es auch sollte. Denn nur, weil ihr jemand etwas zu denken gab, hieß das noch lange nicht, dass diese Person auch Recht hätte und sich nicht lediglich zu viel heraus nahm, um sich wichtig zu machen.
Jedoch irgendwie... hatte Azura nicht so wirklich das Gefühl, er hätte es deswegen gesagt, um bei ihr Eindruck schinden und sich geheimnisvoller machen zu können. Und genau das war es auch, das nun für dieses ungute Gefühl in ihr sorgte. Allerdings weckte es ebenso ihren Trotz, denn dadurch wollte sie erst recht ihren Vorsatz in die Tat umsetzen und ihm zeigen, dass sie sich nicht derart rasch einschüchtern lassen würde.
Selbst dann nicht, als er längst verschwunden war in der Menge der Gäste, als hätte er kein Interesse daran, auf sie zu warten, wo er zuvor noch so beharrlich gewesen war. Etwas, das natürlich an ihrem Stolz nagte, wodurch sie ihren Kopf bewusst noch höher trug, um zu zeigen, dass sie sich von solch einer Kleinigkeit nicht unterkriegen ließ. Ja, es gar nicht nötig hatte, solcherlei Launen eines Mannes zu beachten!
Dennoch... dieses unbehagliche Gefühl blieb, während sie sich innerlich einen Ruck gab und die Hand nach dem Vorhang ausstreckte, aus dem dieser seltsame Faden heraus stand.
Ihre Finger berührten den schweren, samtenen Stoff, sie zog ihn langsam zur Seite... und dann überschlugen sich die Ereignisse regelrecht. Mit einem Mal entstand ein derart kräftiger Sog, dass sie diesem nichts entgegen zu setzen hatte. Ihr Körper wurde aus dem Saal heraus gezogen, wie durch ein Tor, und sogar die Luft blieb ihr einen Moment lang weg, sodass sie nicht einmal verwundert aufschreien konnte. Zumindest hatte sie dieses Gefühl, denn es kam nichts aus ihrer Kehle, kein noch so leiser Laut.
Lediglich nach einigen Sekunden... oder waren es Ewigkeiten? Wie auch immer, ein feines Keuchen des Entsetzen kam ihr über die Lippen, aber das war es auch schon wieder.
Auch war da dieser Samt, der sich um sie schlang wie eine Würgeschlange, die sie als ihre Beute auserkoren und eingefangen hatte, um sie nun zu zerquetschen. Instinktiv wehrte sie sich gegen dieses Gefühl, wenngleich ohne Erfolg. Sie konnte nicht entkommen, weder dem Samt, noch dem Sog.
Was ging hier nur vor sich? Eigentlich erwartete sie, dass ihr Herz vor aufsteigender Furcht kräftig zu hämmern begann, ihr regelrecht in den Hals springen wollte, doch irgendwie... geschah das nicht. Etwas, was sie noch viel stärker beunruhigte! Hier stimmte etwas nicht, ganz deutlich, die Frage war nur... was? Und vor allem, was musste sie davon halten und wieso geschah es gerade ihr?!
Einen Moment zuvor war sie noch auf einem Fest gewesen, zwar in Gegenwart eines seltsamen Galans, doch immerhin in einer vertrauten Bewegung. Warum hatte sie nicht auf ihn gehört und den Faden ignoriert?
Azura hätte ihr edles Haupt geschüttelt, wäre ihre eine Bewegung überhaupt möglich gewesen und hätte sie sich nicht wie von Kopf bis Fuß eingepackt gefühlt. Nein, sie hätte nach seinem Verhalten nicht auf seine Worte achten können, das stand fest. Auch nicht, hätte sie gewusst oder verstanden, was ihr gerade geschah.
Dann, plötzlich löste sich ihr Gefängnis und sie landete nicht nur aprubt, sondern auch äußerst unangenehm hart auf einem ungewohnten Boden. Auf allen Vieren war sie hier und brauchte einige Sekunden, in denen sie blinzelte, bis sie sich allmählich fassen konnte.
Was war denn nun wieder passiert? Wo war sie?
Ihr Kopf hob sich langsam und sie begann damit, sich umzusehen. Als sie Luft holte dabei, verzog sich ihr Gesicht leidend, denn es fühlte sich an, als würde etwas Heißes in ihre Kehle eindringen und wie eine zähe Flüssigkeit darin hinab zu wandern.
Gleichzeitig drohte ihr Schweiß auszubrechen, was noch viel unangenehmer war als der Umstand, dass sie auf allen Vieren gelandet war. Instinktiv griff sie nach ihrem Fächer, um sich Kühlung zu verschaffen, noch bevor sie sich auf ihre Beine rappelte oder ihre Umgebung tatsächlich ausgemacht hätte.
Nachdem sie ersteres geschafft hatte, obwohl sie noch recht wackelig auf den Füßen war, sah sie sich erneut um und hatte das Gefühl, als müsste sie sich vor Schreck gleich wieder hinsetzen.
Dieser Ort war... unpassend, unheimlich und durch und durch sonderbar. Allerdings auch äußerst Angst einflößend, sodass sie mehrmals zu schlucken versuchte, um den Kloß hinunter zu würgen, der sich in ihrer Kehle gebildet hatte.
Mit erschreckender Plötzlichkeit schoss neben ihr etwas hoch, sodass sie mit einem leisen Aufschrei des Entsetzens zur Seite sprang. Hätte sie ihr Herz gespürt, wäre es vermutlich in ihren Hals gehüpft, um dort mit dem Kloß zu konkurrieren um den Platz darin.
Ihre Augen hatten sich vor Schreck geweitet und als sie mehr oder weniger spürte, dass bald noch so eine Fontäne hoch schießen würde, zwang sie sich dazu, sich zusammen zu reißen. Wo auch immer sie gerade war... das war kein Ort, an dem sie länger verweilen wollte, um sich Gedanken darüber zu machen.
Hinzu kam, dass ihr die Schatten, die sie nun bemerkte, immer mehr Angst einjagten, und sie obendrein zufällig zu dem Faden sah, der auch weiterhin an ihrem Handgelenk festgebunden war.
Instinktiv wollte sie in ihren Rock greifen, um ihn zu raffen und schnell vorwärts kommen zu können. Doch als ihre Finger das Material berührten, erstarrte sie erneut.
Ungläubig blickte sie an sich herab und konnte nicht begreifen, warum sie in solch einen Fetzen gehüllt war. Anstatt also endlich die Flucht zu ergreifen, blieb sie wie eine Statue am Fleck und starrte diese unwürdige Kleidung an ihrem Körper an, unfähig dazu, sich zu rühren, obwohl sie es sollte und es in einem Teil ihres Bewusstseins ihr das auch klar war.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Erzähler » Samstag 26. Mai 2012, 13:26

Die Welt schien Kopf zu stehen und sich einen Spaß daraus zu machen, Azura zu verwirren. Ihre Erinnerungen waren eine einzige Lücke, vor dem Fest schien ihr Leben überhaupt nicht stattgefunden zu haben und jetzt war auch diese prachtvolle Szenerie vor ihr gewichen wie ein Tagtraum, aus dem man sie ruckartig heraus gerissen hatte. Seltsamerweise spürte sie ihr Herz nicht schlagen. Sie fühlte sich auch nicht gequetscht, obgleich der Vorhang von eben ihr doch beinahe die Luft abgeschnürt hätte. Aber da fehlte etwas. Obwohl sie keuchte, ihr Körper nahm keinen Zustand der Panik ein. Typische Merkmale, die Gehetztheit oder Angst oder sonstige Emotionen verrieten, blieben aus. Dies war im Normalfall das erste Anzeichen für eine verstorbene Seele, dass sie ihren Tod erkannte. Kata Mayan spielte jedem dorthin Geführten eine andere Welt vor. In den meisten Fällen war es eine gute Welt, in der die Seele Frieden fand und die Ewigkeit genoss. Aber es gab Ausnahmen, wie Azura, die noch immer irgendetwas mit ihrem alten Leben verband. Solche Seelen spürten früher oder später instinktiv, dass etwas nicht stimmte. Sie begannen, Fragen zu stellen und Zweifel an dem zu haben, was der Tod und sein Reich ihr bereit hielten. Azura gehörte zu diesen Seelen. Sie war inzwischen zu weit gegangen, um einen Rückzieher zu machen. Der Gevatter hatte sie in Form des Harlekins gewarnt. Sie hätte ihr Paradies haben können, wenn sie den Faden auf ewig ignoriert oder sogar durchtrennt hätte. Wenn sie nicht durch den Vorhang geschritten wäre. Nun war es zu spät. Sie hatte ihr Ruhereich verlassen und jetzt zeigte sich Kata Mayan in einem anderen Gewand. Eine Welt, die nicht zu ihr passte, die unschön und unheimlich war. Eine Welt, die dem Leben näher lag als jede andere.
Der Anblick einer solchen Ödnis, durchtränkt von Geysiren, die heißes Wasser und Luft spuckten und gepaart mit seltsamen Schatten, lud zu einer Flucht ein. Doch anstatt sich Hals über Kopf in eine unbekannte Sicherheit zu flüchten, erstarrte Azura an Ort und Stelle, kaum dass sie ihr Kleid erblickt hatte. Genauer gesagt, die Überreste davon, denn es waren zerrissene Lumpen, die ihr nun anhafteten und die bereits nach Schwefel, sowie verbranntem Stoff stanken. Aber gerade weil sie sich nicht mehr bewegte, weil sie nicht lief, erregte sie Aufmerksamkeit. Die Schatten scharten sich zusammen, sie wuchsen heran und aus ersten von ihnen formten sich Lebewesen, deren Köpfe hinter den Felsen auftauchten. Sie schauten nicht, denn sehen war ein Sinn, den sie verloren hatten. Wo ihre Augen hätten sein sollen, fanden sich nur metallische Sichtschutze oder Platten, die die leeren Höhlen verbargen. Auch andernorts hatten sich diese humanoid geformten Wesenheiten mit Metall ausgestattet. Sie trugen es am Leib wie eine Rüstung, die mit ihnen verwachsen war. Sie krochen auf allen Vieren näher, sie geiferten und schnupperten. Da war etwas zum Plündern, etwas zum Ausschlachten, das ihr Überleben sicherte. Denn sie waren die wirklich einzigen Wesen Kata Mayans, denen man Leben nachsagen konnte. Die Ankh hatten Azura entdeckt und waren neugierig geworden.

Zur gleichen Zeit hatte noch etwas Anderes sie bemerkt. Jenseits der beiden, hoch aufragenden schwarzen Felsen verspürte etwas, das nur teils in diesem Reich weilte, ihre Präsenz. Es erhob sich, blickte sich um, wo es doch wie die Ankh nichts sehen konnte. Ihm waren sogar weitere Sinne verwehrt in dieser Welt, die noch nicht die seine war. Es konnte nur fühlen, spürte etwas Kleines, das leuchtete und Wärme ausstrahlte. Nein, nicht Wärme, sondern Leben. Und es war ganz in der Nähe. Das Etwas fühlte eine Verbundenheit. Das Licht und es selbst waren miteinander verbunden. Es tastete an sich herab, wo es doch nichts Stoffliches fühlen konnte. Denn es war selbst nur ein Lichtschein, ohne Körper. Aber es fand den Faden an seinem Handgelenk. Golden und warm war er, führte zu den Felsen und auf deren andere Seite. Von dort kam weitere Wärme, angenehm, lebendig. Das Licht wollte es näher an sich spüren, denn es tat gut. Es wollte wissen, wer dieses Leben verströmte. So machte es ein paar Schritte.
Azura würde wohl zuerst auf das Leuchten aufmerksam werden. Zwischen den Felsen erhob es sich als eine menschlich wirkende Gestalt und purem Licht. Golden, bis ins Weiße gehend, aber nicht so sättigend in der Farbe wie der Faden, der beide miteinander verband, stand die Gestalt da. Ihr fehlten die geschwungenen Kurven, denen man Weiblichkeit nachsagte. Schultern und Nacken waren breiter als bei einer Frau. Das Lichtwesen besaß weder Augen, noch einen Mund. Es schillerte wie die Sonne und es bewegte sich, als suchte es etwas. Der Faden festigte sich, Azura konnte es sehen. Er nahm ein noch intensiveres Gold an, strahlte Gefühle aus, die in ihr selbst fehlten. Angst, der Wunsch zu atmen und einen Herzschlag, den sie bisher nicht einmal vermisst hatte. Pochend pulsierte er durch den Faden, schwang immer wieder von der Lichtgestalt zu Azura zurück. Do-domm, do-domm, do-domm. Aber er lockte auch die Ankh weiterhin an, die bereits hinter den Felsen hervor gekommen waren und nur noch wenige Meter von Azura entfernt kauerten.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Montag 28. Mai 2012, 16:39

Bislang hatte die junge Frau noch immer keinen blassen Schimmer, wo sie sich überhaupt befand und was mit ihr geschehen war. Das letzte, halbwegs klare Bild war ihre Anwesenheit auf diesem Maskenball gewesen und selbst das war ihr merkwürdig vorgekommen, als hätte sie sich dort nicht zurecht gefunden, obwohl sie es sollte. Immerhin war das ihr Leben lang ihre Welt gewesen!
Sie hatte keine Idee, nicht einmal eine winzig kleine, was diesen Wandel ausgelöst haben könnte. Was mit ihrem Durchgang durch den Vorhang, der mehr dem kräftigen Ziehen eines Unbekannten entsprochen, ohnehin nichtig wurde.
Es geschah alles viel zu schnell und gleichzeitig mit einer schier entsetzlichen Langsamkeit, dass Azura regelrecht dabei zusehen konnte, wie eigentlich Panik in ihr hochsteigen sollte. Ihr Herz sollte rasch schlagen, der Atem noch rascher werden und sie nahe an eine Ohnmacht bringen. Doch irgendwie... geschah es nicht, was alles nur noch schlimmer machte. Sie fühlte, die Panik musste da sein, aber die körperlichen Anzeichen blieben schlichtweg aus, sah man von ihren entsetzt geweiteten Augen einmal ab.
Der Ort, an dem sie landete, als dieser Sog endlich aufhörte, an ihr zu zerren, war... gelinde gesagt, unheimlich. Und selbstverständlich hatte sie den Impuls zu fliehen, besser gestern als heute.
Trotzdem, gerade, als sie es in die Tat umsetzen wollte, passierte etwas, das dieses Vorhaben vorerst gründlich zunichte machte. Verständnislos und nicht minder entsetzt als bisher seit dem Beginn ihrer "Reise" blickte sie an sich herab und versuchte zu verstehen, was sie da überhaupt sah.
Wie konnte das sein, dass sie in solch einem Fetzen rum lief? Warum? So etwas würde sie niemals freiwillig anziehen! Außerdem hatte sie schließlich gerade zuvor noch eine wunderschöne Garderobe am Leib gehabt, allen Konventionen des Anlasses entsprechend und sie sehr vorteilhaft kleidend. Was war in diesen kurzen Momenten, die sich wie Ewigkeiten angefühlt hatten, mit ihr geschehen? Sie hatte kein Reißen und Zerren an ihrem Körper selbst gespürt, abgesehen von dem allgemeinen Sog, und dieser komische Vorhang um ihren Leib herum hätte ihre Kleidung ebenfalls schützen sollen! Wie kam es also, dass sie so etwas zu Gesicht bekam, das ihr absolut zuwider war, denn es rührte an kindliche Erinnerungsschemen, die sie längst vergessen glaubte?! Und aus welchem Grund... stank es hier auf einmal derart erbärmlich nach Schwefel und verbrannten Dingen?! Ihre kleine, feine Nase rümpfte sich immer öfter, als käme sie nicht umhin, ihre Beschwerde länger für sich zu behalten.
Wäre da nicht mit jeder Sekunde mehr Bewegung um sie herum gewesen, die sie in ihren Augenwinkeln trotz allem wahrnehmen konnte, wäre sie vermutlich noch Minuten hier gestanden, um an sich herab zu starren.
So allerdings hob sie ihren Kopf und spürte, wie sie blass wurde. Zumindest fühlte es sich so an, ob die Farbe tatsächlich aus ihrem Gesicht wich, konnte sie in Ermangelung eines Spiegels gerade nicht sagen. Alles in ihrer Umgebung schien noch... unheimlicher zu werden.
Anfangs konnte sie es nicht anders für sich selbst beschreiben, solange, bis sie die erste merkwürdige Figur zu Gesicht bekam. Blinzelnd starrte sie nach rechts, auf dieses metallische Etwas, das sich langsam auf sie zu bewegte und das auf eine äußerst seltsame Art.
Vielleicht hätte sie ihren Mund geöffnet, eine Frage gestellt oder ihren Unmut geäußert, hätte diesmal ausnahmsweise nicht ihr Instinkt die Überhand genommen. Denn tief in sich drinnen spürte sie ein Entsetzen, das nur eine Reaktion kannte: Laufen! Azura griff, rein aus Gewohnheit, nach dem Fetzen, der mal ihr Rock gewesen zu sein schien, hob ihn an und begann zu rennen, als ginge es um ihr Leben. Was sie nicht wissen konnte... in einem gewissen Sinne war es schließlich auch so.
Ohne lang darüber nachzudenken oder sich dessen überhaupt bewusst zu sein, folgte sie weiterhin dem Faden und bemühte sich darum, ihrem Körper mehr sportliche Ertüchtigung abzuverlangen, als es sonst ihrer üblichen Verhaltensweise entsprach. Eigentlich hätte ihr Herz ihr beinahe aus der Brust springen müssen, schon nach den ersten paar Schritten, aber sie hatte keine Zeit, sich über dessen Ausbleiben zu wundern. Instinktiv begriff sie, dass, wenn sie noch einmal stehen bleiben würde, sie in mehr als verdammt großen Schwierigkeiten stecken würde.
Am liebsten hätte sie dem Impuls nachgegeben und sich ängstlich über die Schulter geblickt, um zu sehen, wie wenig Abstand zwischen ihr und diesem namenlosen Grauen wohl noch übrig geblieben war, jedoch sagte eine deutlich vehementere Stimme in ihr, dass sie sich das zeitlich nicht leisten konnte. Also lief sie weiter, bemerkte allmählich das stärker werdende Leuchten vor ihr und dass sich mit dem Faden etwas tat, ohne es verstehen zu können.
Dem könnte sie sich erst später widmen, jetzt versuchte sie erst einmal, noch immer zu rennen und nicht über die eigenen Füße zu stolpern oder über eins der zahlreichen Hindernisse des Bodens. Ein Straucheln könnte mehr als verhängnisvoll für sie ausgehen, obwohl sie mehrmals schon sehr nahe daran war. Nur aufgegeben, das hatte sie bisher noch nicht.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Erzähler » Dienstag 29. Mai 2012, 00:22

Die Ankh waren kein Volk, das man fürchten musste, denn grundsätzlich bösartig waren sie nicht. Aber sie galten als von der Welt vergessen, lebten sie doch in einer Welt, die anderen Sterblichen so nicht einfach zugänglich war. Ihr Leben war nicht einfach, erst recht nicht, wenn außer ihnen kaum etwas auf Kata Mayan lebte. Sie stahlen sich an die Ränder der aus verstorbenen Seelen geborenen Paradieswelten, zu denen sich die Magie der Insel formte, wenn ein neuer Toter vom Gevatter hierher gebracht wurde. Sie schlichen sich in diese Welten hinein, ohne auffällig zu werden. Die Ankh hielten sich ohnehin lieber scheuer im Hintergrund, aber diese magisch geschaffenen Nachwelten waren gute Nahrungsquellen für sie. Dort fanden sich meist glückliche Familien, endlose Feiern oder zauberhafte Traumgeschichten, bei denen es nicht auffiel, wenn etwas verschwand. Kehrten die Verstorbenen aber aus ihrem Reich in das richtige Antlitz von Kata Mayan, so waren sie diesen Wesen vollkommen ausgeliefert und die Ankh kämpften um ihr Überleben in einer Welt ohne Leben.
So brauchte man sich nicht darüber zu wundern, dass für diese erblindeten Wesen Azuras Erscheinung und alles, was ihre Seele noch ausstrahlte, geradezu hervor stach. Es lockte und reizte die verbliebenen Sinne der Ankh und sie wollten dieser Seele nahe sein, wollten sie erkunden und heraus finden, was sich von ihr noch zum eigenen Vorteil verwerten ließ. Wenigstens schafften es die Ankh auf diese Weise, Azura aus ihrer Starre ob des zerrissenen Fetzens an ihrem Leib zu reißen. Und das gerade rechtzeitig. Sie setzte sich fluchtartig in Bewegung, kaum dass der erste, heran krabbelnde Ankh nach ihr schnappte. Er griff ins Leere, folgte ihr jedoch mit flinken Bewegungen. Sie musste sich eilen. Der einzige Strohhalm, nach dem sie scheinbar greifen konnte, war der Faden, noch immer mit ihrem Handgelenk verbunden. Eifrig packte sie danach und folgte ihm, auf ein sich ebenfalls näherndes und größer werdendes Licht zu.
Den Ankh sollte sie so entkommen, nicht aber der Lichtgestalt, welche sich auf sie zubewegt hatte. Mit ihr prallte Azura nämlich zusammen. Es gab keinen Knall, aber Wärme und Licht, anschließend Schmerz. Schmerz in Form von zurückgekehrtem Leben. Ein Wirbeln, alles drehte sich und dann stach es dermaßen heftig im Kopf, dass schwarze Sterne vor ihren Augen tanzten. Zugleich durfte sie feststellen, dass Leben in ihren Körper zurückkehrte. Nein, anders formuliert: Sie kehrte in ihren Körper zurück und drängte ihn zum weitermachen. Die Lungen blähten sich auf, füllten sich mit Luft, welche durch Nase und Mund aufgenommen wurde. Der kalte Lebensatem schmerzte in den ausgetrockneten Nasenhöhlen, deren Schleimhäute sich erst wieder befeuchten mussten. Ähnlich ging es der Luftröhre, die sich staubtrocken anfühlte. Das Herz begann erneut zu schlagen. Langsam erst, dann heftiger werdend. Es schlug anfangs noch leise, fast so wie ein verstaubtes Uhrwerk, das man erst wieder neu aufziehen musste. Dann aber hämmerte es kräftiger, lebendiger. Azuras Extremitäten kribbelten, dass es brannte, als das Blut von neuem zirkulierte und durch die Adern strömte. Nach einer Weile ließ der Schmerz nach, abgesehen von einer zentralen Stelle an ihrem Kopf. Dort ziepte und brannte es, dass sie zunächst kaum einen klaren Gedanken fassen konnte und sich so auch noch nicht gewahr wurde, wo sie sich denn eigentlich befand.


weiter bei Die Stille Ebene ‹ Die Hafenstadt Andunie ‹ Der Tempel Venthas -> Der geschändete Tempel
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Erzähler » Freitag 28. August 2020, 15:17

Azura kommt von Die Zwergenstadt Nogrot -> Handels- und Marktviertel -> Waschen und Entspannen auf Zwergenart

Friedvolle Schwärze.
War sie tot? Nein, das konnte doch nicht geschehen sein! So sehr hatte Azura sich nicht verausgabt. Sie war nur erschöpft gewesen. Aber ... hier war alles so finster und still. Zugleich wurde sie von der reinsten Form einer Seele erfüllt. Sie fühlte ... nichts und doch alles. Keine Emotion brachte sie ins Wanken, denn keine davon war vorhanden und doch konnte sie mit Sicherheit sagen, dass sie nicht zu einem gefühllosen Eisklotz mutiert war. Sie fühlte ... etwas. Wissen, dass alles im Hier und Jetzt, inmitten der Schwärze, in Ordnung war. Sie war in Ordnung. Und dass nicht alles Finsternis bedeutete, zeigten ihr die übrigen Sinne. Sie roch eine Erinnerung. Es handelte sich um ein mehr als angenehmes Aroma, das Azura aus Hunderten von Düften sofort hätte erkennen und deuten können. Andunische Apfeltinktur für die Haare, mit einer winzigen Essenz Mandelöl, damit das Haar nach dem Waschen auch schön glänzte. Aber die gepressten Apfelblüten in der Tinktur erzeugten diesen harmonischen Duft, der bei jedem Wippen ihrer zurechtgemachten Locken direkt in ihr fein gepudertes Näschen strömte. Sie wusste, dass sie geschminkt war. Sie spürte den Puder auf ihrer Haut, schmeckte das aufgetragene Lippenrot und fühlte die Schwere ihrer Wimpern, die sie mit schwarzer Tusche kaschiert hatte, damit sie bei jedem Augenaufschlag voller wirkten, um die Männerwelt zu bezaubern. Sie fühlte aber auch die Bahnen an Stoff, die schwer an ihrem Körper hingen. Ein Leiden, das jede Adlige kannte und durch das sie allesamt durch mussten, wenn sie sich einen Ehepartner von Rang und Namen erhofften. Wenigstens konnte Azura von etwas Beinfreiheit sprechen, denn ihre weiten Gewänder wurden mittels eines metallischen Reifrings gehalten, so dass sie sichelrich wie eine augegangene Blume aussehen musste. Wo war nur ein Spiegel in all der Finsternis? Sie wollte sich anschauen und all ihre Schönheit bewundern, bevor es andere taten.
Befanden sich überhaupt fremde Augen in der Nähe, die sie mit Neid bestaunen würden? Die Antwort lautete Nein, aber dass Azura nicht gänzlich allein war, hörte sie. Stimmen unterhielten sich, tuschelten miteinander, doch es war schwer, zu deuten, woher sie genau kamen und vor allem, wer da miteinander sprach. Azura konnte soviel wahrnehmen, als dass eine Stimme definitiv weiblich war, die andere ... vermutlich männlich. Denn Letztere war sehr tief, kratzte etwas, als würde jemand mit blanker Klinge über Knochen schaben. Sie hallte bei jedem Wort aber auch nach, dass es einen frösteln ließ. Die Frauenstimme war da deutlich angenehmer, voll und zugleich etwas tief, als hätte die Dame über all ihre Lebensjahre hinweg zu viele alkoholische Getränke genossen. Es fehlte jedoch der kratzige Beigeschmack, sie klang rauchig und geheimnisvoll. Beide Stimmen unterhielten sich und Azura konnte inmitten des Gesprächs hinein lauschen.
Die volle Frauenstimme sprach: "... danke dir, dass du mir ein Stück Kulisse zur Verfügung stellst."
"Nur zu. Unsere Domänen liegen doch eng beieinander", erwiderte die nach Grabesruhe erscheinende Männerstimme. "Ich bin neugierig, ob sie meine Mühen von damals wiedererkennen wird."
"Gewiss wird sie das. Vor allem dich, wenn du mir den Gefallen tun willst, erneut das Kostüm überzustreifen."
"Oh nein, das kann ich leider nicht für dich tun. Ich gewähre dir die Umgebung mit meinem Bühnenwerk, aber die Schauspieler musst du erschaffen, Verehrteste. Immerhin ist für sie noch nicht die Zeit gekommen."
"Ich weiß, du bist wegen ihm hier."
"So ist es. Wir werden sehen, ob auch er nach dem Faden greift. Er hält ihn schon, klammert sich verzweifelt daran. Seine Sehnsucht ist groß, aber ob sie auch erwidert wird? Ich möchte das Schauspiel beobachten."
"Das wirst du. Aber lass mich die Bühne füllen, vor allem das Kostüm, welches du nicht tragen willst. Sosnt wird es langweilig."
"Ich wünsche dir viel Spaß, Verehrteste."
Die Stimmen verklangen. Dafür schwand auch nach und nach die Dunkelheit. Endlich! Wenn Azura nun einen Spiegel fände, würde sie sich betrachten können. Oh, sie hörte schon die Musik! Das Fest war noch in vollem Gange. Ein wenig Bitterkeit lag in dem Gedanken, dass niemand sie vermisst hatte, nachdem sie sich auf so unschickliche, aber abenteuerlustige Weise davongestohlen hatte. Nur noch der schwere Vorhangstoff trennte sie von den Feierlichkeiten mit Musik, Tanz, feinsten Speisen, Wein und nicht zuletzt einer Vielzahl an entzückten Galanen, die ihr den Hof machen wollten. Für wen sie sich wohl entschied?
Da öffnete sich plötzlich der Vorhang, hinfort gezogen durch die schlanke Hand einer ebenso schlanken Persönlichkeit in kariertem Schwarz und Purpur. Gleichermaßen gefärbt war die Maske, an der nebst Pailletten auch schöne, schwarze Federn schwer herab hingen. Beinahe verbarg die Schminke auf dem wie Porzellan so blassen Gesicht. Linkserseits und unterhalb der Maske waren drei schwarze Tränen zu sehen. Auf die rechte Wange hatte man einen großen Stern geschminkt. Um dem weiten, weißen Rüschenkragen waren silberne Glöckchen befestigt, ebenso wie an dem Stecken der Gestalt, welche ein lachendes Gesicht zierte, unter dem mehrere schwarze und purpurne Bänder um den Stecken geflochten waren und die als Halsschmuck des Holzkopfes in einer Schleife, sowie weiteren Glöckchen endeten.
Wo hatte Azura diese Persönlichkeit schon einmal gesehen? Die Erkenntnis blitzte in ihrem Geist auf und endlich wusste sie wieder, wo sie sich befand. Es war der charmante Harlekin, welcher sie schon den ganzen Abend lang begleitet hatte. Er hatte sie von ihrem gelangweilten Platz in einem der Korbstühle zur Tanzfläche begleitet, um mit ihr einen stimmungsvollen Reigen zu tanzen. Die umstehenden Gäste, allesamt adrett und hell gekleidete junge Männer hatten Azura in einem Meer aus Jubel, Staunen und Begehren beobachtet. Oh, das war ein so wundervoller Tanz gewesen, der ihr die Schamesröte ins Gesicht getrieben hatte. Zugleich war es ein Spaß zu sehen, wie viele ihr verfallen waren. Sie hatte an diesem Abend reichlich Auswahl. Wer würde der Eine werden, mit dem sie durch ihre Ehe die perfekten Handelsbeziehungen beider Familien einging? Wer würde die Ehre haben, aus ihr eine Frau zu machen?
"Oh, aber das ist längst geschenen, Verehrteste." Der Harlekin verneigte sich tief. Hatte er soeben ihre Gedanken gelesen oder wusste er, was sie wusste. Sein charmantes Lächeln fühlte sich an wie der Kuss sanfter Lippen auf ihren und sie sehnte sich nach mehr. Da wusste sie, was er nur einen Herzschlag später aussprach: "Eure Unschuld ist bereits befleckt, holde Maid. Jungfrau darf Euch keiner mehr nennen. Aber verzagt nicht, man hat den Übeltäter bereits gestraft. Ihr könnt Eure Reinheit zurückerlangen, wenn Ihr mir nur folgen wollt, meine Liebe."
Grazil streckte der Harlekin Azura seine freie Hand entgegen, um ihre Linke zu ergreifen. Die linke Hand musste es sein und bloß nicht die Rechte. Warum nicht? Etwas glomm in Azuras Gedanken. Es war golden und dünn wie ein einzelnes Haar, doch sie wusste es noch nicht zu greifen.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Freitag 4. September 2020, 18:42

So, wie sie zuvor nicht damit gerechnet hatte, wie viel sie inzwischen in der Lage war, mit ihrer Magie wirken zu können, hatte sie keine Vorstellung davon, wie sehr es sie erschöpfen würde. Und selbst wenn, hätte es wohl kaum dazu ausgereicht, um das Wasser weniger zu bewegen, dermaßen aufgewühlt, wie ihr Inneres gerade war.
Noch kämpfte sie gegen die aufsteigende Müdigkeit an, die ihre Lider bleischwer werden ließ. Aber früher oder später würde sie diesen Kampf verlieren, schoss es ihr durch den Kopf. Und es geschah früher, doch dagegen war sie nun endgültig machtlos. Obwohl sie gestützt wurde und die davon ausstrahlende Wärme sie tröstlich umfing, konnte die Quelle nicht länger dafür sorgen, dass sie in dieser Welt blieb.
Die Umgebung begann vor ihrem Auge zu verschwimmen und ihr schwanden die Sinne. Mit einem Mal wurde alles finster und still um sie herum. Bis dieser Zustand plötzlich ein Ende hatte.
Wie lange war sie weg gewesen? War sie nur bewusstlos gewesen oder... anderes? Nein, bestimmt war sie lediglich eingeschlafen.
Langsam öffnete sie blinzelnd ihre Augen, was ihr erstaunlich schwer fiel, so, als wären sie verklebt. Warum? Sie hatte nicht geweint oder sonstwie tränende Augen gehabt... oder? Nein, bestimmt nicht!
Also kämpfte Azura gegen die schweren Lider an, öffnete diese endlich und... sah nichts? Hm, das war so nicht richtig, sie konnte lediglich nichts erkennen. Trotzdem verspürte sie keine Angst vor dieser unerwarteten Dunkelheit. Vielmehr erfüllte diese sie mit... Ruhe? Es war wahrlich merkwürdig.
Nach dieser Erkenntnis traf sie noch eine, die ihre Nasenflügel zum Beben brachte. Da war ein Duft, der ihr vertraut vorkam, der schöne Erinnerungen verbunden mit dem Gefühl von Richtigkeit bescherte. Der Wunsch nach einem warmen, wohltuenden Bad mit pflegender Haarwäsche stieg in ihr auf und entlockte ihr ein leises Seufzen, das ihr viel zu laut für diese Umgebung vorkam und sie leicht zusammen zucken ließ.
Jedoch tat sich nichts, sodass sie leicht den Kopf über sich selbst schüttelte und sich eine Närrin schalt. Dabei spürte sie das vertraute Gewicht ihrer Haare auf ihrem Kopf, wenngleich nicht auf ihren Schultern, was darauf hindeutete, dass sie eine hochgesteckte Frisur trug.
Unwillkürlich zwinkerte sie und merkte, dass sich ihre Wimpern erneut nicht sofort voneinander lösen wollten. Zögerlich hob sie ihre Hand und tippte mit ihrer Fingerspitze behutsam dagegen. Dann strich sie wie ein Hauch über ihre Wange und schob ihre Zungenspitze leicht zwischen ihre Lippen, um zu kosten. Ja, die Hinweise waren deutlich, sie war geschminkt! Wann war das denn passiert?
Sie griff sich an ihren Brustkorb oberhalb ihres Dekolletés und spürte ihre eigene, warme Haut. Sie war somit nicht zugedeckt oder ähnliches. Jedoch war ihr auch nicht kalt und ihre Atemzüge fühlten sich etwas gehemmt an, ganz so, als wäre sie geschnürt so wie früher.
Langsam glitt ihre Hand weiter hinunter und konnte edle Stoffe spüren, die sie einhüllten. Mit dieser Entdeckung merkte sie auch das Gewicht all jener Röcke, die ihren Körper verhüllten und ihr dennoch schmeichelnde Aufmerksamkeit bescheren sollten. Gab es diese hier überhaupt? Die junge Frau versuchte, in der Dunkelheit um sich herum etwas zu erkennen.
Das war jener Moment, in dem sie die Stimmen in ihrer Nähe wahrnahm und die Worte auch verstehen konnte. Worte, die sie die Stirn runzeln ließ und für sie keinen Sinn ergab. Kulisse? Domänen? Mühen von damals?! Und welches Kostüm?! Und überhaupt, wo war sie hier eigentlich?! Es begann in ihrem Kopf zu arbeiten, ohne, dass sie sich tatsächlich einen Reim aus dem Gehörten machen konnte.
Bis mit einem Mal die Stimmen verklangen und die Finsternis sich zu lichten begann. Azura blinzelte irritiert und starrte auf dicke Stoffbahnen, welche die Geräusche eines Festes dahinter dämpften. Sie schluckte leicht und tasteten unbewusst nach ihrem Haar, ob dieses auch noch korrekt saß. Das war etwas, das ihr in Fleisch und Blut übergegangen war und sie auch in solch einer Situation nicht völlig beiseite schieben konnte.
Während es hinter ihrer Stirn noch immer herum wirbelte und keine rechten Antworten lieferte, erschien eine Hand und öffnete den... Vorhang? Verwirrt blinzelte sie und musterte die langgliedrigen Finger, ließ ihren Blick den Arm entlang zur Schulter bis hinauf zu dem maskierten Gesicht wandern.
Sie legte ihren Kopf ein wenig schief, als würde ihr das beim Nachdenken helfen können. Seltsam... irgendwo war da eine Erinnerung, das fühlte sie, aber sie konnte diese nicht recht greifen. Wo war sie hier und was würde an diesem Ort gespielt?! Sie war auf einem Fest, es war rauschend gewesen und der Tanz mit diesem Unbekannten ein Traum! So viele Blicke, so viele unausgesprochene Wünsche, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, um allein mit ihr und ihrer Gunst zu sein!
Die Stimme durchbrach ihre vermeintliche Erinnerung und holte sie zurück. Zuerst sah sie ihr Gegenüber nur verständnislos an, ehe sie allmählich begriff und ihre Wangen sich röteten, sodass sie einen anziehenden Hauch von Farbe unter dem Puder zeigten, das schon einige ihrer Galane hatte schwach werden lassen. Doch er war noch nicht fertig, sondern machte ihr deutlich, was er von ihr wusste, wie viel von ihrem tiefsten Geheimnis er kannte.
Die junge Frau schluckte schwer und merkte, wie ihr die Knie weich wurden vor Verlegenheit. Er hielt ihr hilfreich die Hand hin und sie war versucht, diese zu ergreifen. Instinktiv wollte sie trotz seiner Haltung ihm die Rechte reichen und spürte einen feinen Druck an ihrem Gelenk, der sie innehalten und dorthin sehen ließ.
Hm... trug sie seit neuestem eine goldene Armkette, dünn und fragil, um edel und teuer zu sein? Merkwürdig... Schon wollte sie diesen Gedanken beiseite wischen und wieder ihren Verehrer vor sich ansehen, um ihm zu antworten.
Sie öffnete den Mund... und schloss ihn wieder. Irgendetwas war hier nicht... richtig? Sie war nicht mehr unberührt, aber warum?! Ein Gefühl von Wasser, Küssen, Berührungen keimte in ihr auf und... Lust? War... war es etwa freiwillig gewesen, was sie getan hatte, ohne verheiratet zu sein?! Die Erinnerung an ein Stöhnen, während sie Nägel in festes Fleisch grub, ließ sie unwillkürlich schauern.
Und mit einem Mal war da etwas, das sie sich nicht erklären konnte. Es überrollte sie wie eine Welle. Plötzlich verfinsterte sich ihre Miene und sie ließ ihren Arm sinken. Mit einem kleinen, jedoch entschlossenen Kopfschütteln trat sie einen halben Schritt zurück. "Ihr wisst nicht, wovon Ihr sprecht!", begehrte sie auf und begriff nicht, was sie da von sich gab oder warum.
Auf jeden Fall spürte sie, wie Wut in ihr aufstieg und das Bedürfnis, diesen... Übeltäter in Schutz zu nehmen. "Nichts an mir ist befleckt, was erlaubt Ihr Euch?! Es gibt keinen, der bestraft werden muss! Ich verlange, dass Ihr das sofort klar stellt und mich zu ihm bringt! Jetzt!", befahl sie in gewohnt adeliger Arroganz.
In ihren Gedanken stellte sich zwar die Frage, um wen es sich dabei handeln könnte, allerdings spürte sie, dass sie sich gerade nicht irrte. Wenn sie nur wüsste, was hier los war!
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Freitag 4. September 2020, 19:11

(Kazel und Janay zu Gast, "bleiben" bei: An fernen Ufern , aber können hier der Einfachheit beschreiben wie sie zusehen.)

...

Tod neigte sich nach vorne und betrachtete das Geschehen konzentriert.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Kazel Tenebrée » Sonntag 6. September 2020, 12:54

Kazel nahm es dem Gevatter nicht übel, dass er lachte. Er konnte ja nicht einmal nachvollziehen, warum. Aber es fühlte sich irgendwie gut an. So familiär. Und wer sich sich wohl fühlte, der öffnete sich auch, um vertrauensvolle Fragen zu stellen, beispielsweise über das eigene Ableben. Naja, darüber vielleicht nicht, außer man war ein derzeit zum Geist abkommandierter Mischlingself, der Aufträge für den Tod selbst zu erledigen hatte und im Grunde noch mit knapp 100 Seelen bei ihm in der Schuld stand.
Der Gevatter sah darin aber sofort eine Verhandlungsbasis. Kazel hob beschwichtigend die Hände. "Nein, ich frage nur. Meine Schulden bei dir sind doch ohnehin schon hoch genug." Er hatte damals nicht mitgezählt. Anfangs wollte der Gevatter 100 Seelen für seine eigene haben. Seither war der Elf wie ein Todesbote durch das Lager der Orks gezogen, hatte seine einstige Ärztin Landria Sinal umgebracht und die Dunkelelfen vernichtet, die beinahe Janay auf dem Gewissen gehabt hätten. Wie viele Seelen waren das nun insgesamt? Auf jeden Fall noch nicht genug. Der Tod würde schon erkennen, wann die Schuld beglichen wäre. Seltsam nur, dass er Andeutungen machte, dass Kazel seine eigene Verwandtschaft nicht für diesen Schuldenberg nutzen konnte. Vielleicht sind ihre verkommenen Seelen nichts wert. Das musste es sein. Also fiel der Plan wohl flach, sich für all die Folter zu rächen. Demnach hieß es, sich vor Tante und anderen Tenebrées zu verstecken, solange er Janay und sich nicht hatte aus Morgeria bugsieren können ... und solange dieser Schuft noch am Leben war, der die Seelen unschuldiger Hybriden missbrauchte. Auf ihn hatte der Tod es abgesehen, also würde Kazel sich als erstes wirklich um diesen Mann kümmern müssen.
Aber der Gevatter schien einen guten Tag zu haben, dass er Kazel etwas Hilfe zusprach, falls dieser sich geplant das Leben nehmen wollte, um einer Folter oder Schlimmerem zu entkommen. "Sterben ist nicht unbedingt angenehmer", entgegnete der Mischling. Er würde demnach nicht mutwillig den eigenen Tod jedes Mal in Erwägung ziehen, wenn es schwieriger wurde. Tatsächlich fühlte es sich noch unangenehmer an, aus dem Tode wieder zurück ins Leben zu finden. Zu erkennen, dass man Atmen musste. Die Schmerzen des zeitweise toten Leibes wieder ertragen. Nein, lebendig werden war wirklich kein Zuckerschlecken. "Danke", murmelte der Mischling dennoch. Irgendwie war er ja nun doch einen Handel eingegangen. Wenigstens forderte der Gevatter keinen höheren Tribut ein.
"Dein Lieblings lässt sich aber ganz schön Zeit."
Oder doch?
"M-mein ... was? Du meinst...?!" Kazel schaute umher, als könnte er dadurch plötzlich Janays Gestalt irgendwo ausmachen. Und dann war sie da, einfach so, eine weitere nackte Schönheit in Geisterform. Kazel achtete aber nicht auf seine Körperreaktionen, er starrte ihr entgegen. Und dann sprang er auf. "D-du bist gestorben? Was haben sie dir~?!"
Der Tod unterbrach ihn und beorderte beide auf ihre Plätze zurück. Damit sie ruhig blieben, gab er ihnen sogar jeweils eine Tüte mit aufgepupfftem Mais aus. Es roch köstlich, aber Kazel hatte plötzlich weder Lust dazu, der Vorstellung zu folgen, noch die Köstlichkeiten zu probieren. Warum war Janay hier? Hatte seine Tante sie erwischt und umgebracht? Würde sie zurückkommen können?
Am liebsten hätte er sich nun vor dem Gevatter auf die Knie geworfen, um ihn zu bitten, sie zurückzuschicken. Notfalls würde er einfach bis in alle Ewigkeiten der Seelenernter für den Skelettschädel spielen. Kazel konnte sich jedoch nicht rühren. Seine Geisterglieder bewegten sich nicht, sobald er erst einmal saß. Es blieb ihm nichts Anderes übrig, als die Vorstellung zu verfolgen. Wenigstens gelang es ihm, die Hand nach Janay auszustrecken. Doch ihr Schicksal kümmerte ihn gerade mehr als das dieser pompös zurechtgemachten Prinzessin und ihres seltsamen Harlekins.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Erzähler » Sonntag 6. September 2020, 13:22

Die Umgebung erschien Azura vertraut, gleichermaßen wie der Harlekin. Fast, als sei er ein alter Bekannter, doch so ganz konnte sie sowohl ihn als auch den Ball nicht einordnen. Hatte sie geträumt? War das hier die Wirklichkeit? Wenn ja, litt sie wohl unter einem leichten Problem mit ihrem Gedächtnis, denn sie wusste zwar, dass etwas mit ihrem Körper geschehen war, aber nicht mit wem und zum anderen empfand sie es nicht als Befleckung ihrer Selbst.
Stattdessen waberten Erinnerungen wie ungreifbare Fische im Wasser umher. Sie sah sie unter der Oberfläche. Sie konnte deren Schuppen aufblitzen sehen, aber jedes Mal, wenn sie versuchte, nach ihnen zu packen, entwischten sie im letzten Moment. Nur das Wasser erinnerte sie an etwas. Ja, Wasser. Warm und mit reichlich Dampf. Auch von ihrem nackten Körper war Dampf aufgestiegen. Sie hatte geschwitzt und es genossen, während ein anderer ... Nein, sie bekam den essentiellen Gedanken nicht zu fassen. Es fühlte sich so an, als entriss man ihn ihr bewusst, genauso wie sie es nun bei dem Harlekin tat. Der schwarz und purpur Karierte verzog hinter seiner Maske keine Miene. Stattdessen lauschte er ihren Forderungen und verneigte sich dann in einem grazilen Bogen. Dabei kam er ihrem Rocksaum so tief, dass die Federn seiner Maske ihn berührten, als sie nach vorn kippten.
"Ich erlaube mir alles, Verehrteste. Vergesst nicht, ich bin nur ein Narr." Unter einem charmanten Kichern erhob er sich wieder und bot ihr seinen Arm an. "Wie Ihr mit dem Übeltäter handhaben wollt, ist allein Euch überlassen. Das wissen hier alle und wir werden Eure Entscheidung wie immer akzeptieren. Es ist nur ein Rat ... ein Hintertürchen, um Euch für die wartenden Galane wieder so attraktiv zu machen wie zuvor. Denn vergesst nicht: Euer Wert ist trotz allem durch diesen Schandfleck dort gesunken."
Und der Harlekin schob zwei tuschelnde Männer beiseite. Azura konnte noch Wortfetzen und etwas Tratsch aufschnappen. Über sie wurde gesprochen und man unterhielt sich wohl, ob es dem eigenen Namen schadete, eine bereits "gebrauchte Frau" zu ehelichen. Andererseits seien Mitgift und der Name ihres Vaters eine gute Partie ... und wenn sie ihrem Künftigen nur genug Erben aus dem Schoß presste, würde niemand mehr negativ über ihre voreheliche Unzucht sprechen.
Der Traum in weiß und Gold schien zum Albtraum zu werden, sollte Azura sich intensiver auf die Klatschgespräche im Hintergrund fokussieren. Andererseits reizte der goldene Käfig vor ihr durchaus ebenso, die Aufmerksamkeit auf ihn zu richten. Um das kleine vergitterte Ding scharten sich die maskierten Gäste. Sie alle betrachteten den Übeltäter im Inneren. Wie hatte er sie - Azura - beflecken und ihr das Heiligste ihres unverheirateten Lebens nehmen können? Es war doch nur ein ... Küken.
Zerrupft, mit mehr schwarzem Flaum als ausgewachsenen Federn kauerte der junge Rabe inmitten des Käfigs. Er hockte auf seinen eigenen Exkrementen, dass es ihm die Krallenfüße bereits verklebte. Oder war das Blut? War er verletzt? Zwischen den schwarzweißen, stinkenden Klecksen am Käfigboden fanden sich auch einige rötlich schimmernde Tropfen. So rot wie die Augen des Raben. Er musste also ein unnatürliches Wesen sein.
"Unnatürlich", kommentierte auch der Harlekin, welcher sich von Azura löste, um den Vogelkäfig halb zu umrunden. So stand er ihr genau gegenüber, dazwischen das Rabenküken. Die Tür zu seinem Käfig fand sich auf Azuras Seite.
Inzwischen stimmten die Umstehenden dem Kommentar des Narren unter eifrigem Nicken zu.
"In der Tat..."
"Unnatürlich, führwahr..."
"Und er hat unsere bezaubernde Schönheit geschändet?"
"Beschämt und geschändet, dieser Dämon!"

"Er gehört nicht hierher..."
"Man sollte ihm das Genick brechen."
"Entmannt ihn, sage ich!"
Die Stimmen wurden lauter, die Forderungen energischer. Nur der Harlekin blieb ruhig. Sein Blick haftete auf Azura. Er nickte ihr zu und wies mit einem einzigen ausgestreckten Finger auf die Käfigtür. Doch davor lag eine schwarze Schere auf dem Tisch. "Die Entscheidung liegt bei Euch, Verehrteste. Und ich bedaure Euch. So viele Möglichkeiten, so viele Konsequenzen. Wärt Ihr doch mit mir auf ewig auf dem Tanzboden geblieben."
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Janay » Sonntag 6. September 2020, 17:49

Was war mit ihr passiert? Sie fühlte sich seltsam und begriff nicht, warum sich ihre Umgebung so plötzlich verändert hatte. Es war ihr nichts geschehen, davon war sie eigentlich überzeugt, denn nachdem Nikani ihr sogar bei Manthala geschworen hatte, ihr nicht weh zu tun, war ihr tatsächlich ihre Haut nicht aufgeschlitzt worden, so wie sie es eigentlich befürchtet hatte. Im Gegenteil, ihr waren Erklärungen geliefert worden und sie hatte sich bemüht, diese soweit anzunehmen, um nicht wieder Unmut zu wecken.
Dieses Rasieren war ihr dann trotz allem noch immer als das kleinere Übel erschienen und so hatte sie auch nach kurzem Zögern artig die Augen geschlossen. Natürlich nicht, ohne sich fest auf die Zunge zu beißen, nachdem sie noch eine Frage hatte stellen müssen. Eine, die sie nicht nur beschäftigt hatte die gesamte Zeit schon, sondern auch dabei helfen sollte, dass sie nicht noch einmal einen Fehler begehen könnte. Im Endeffekt wollte Janay schließlich ihre eigene Haut retten und ihren eigenen Vorteil herausschlagen, um mit ihrem Freund rasch ihre Geburtsstadt wieder verlassen zu können.
Zwar hatte sie erstaunlicherweise eine Antwort erhalten, jedoch keine, die ihr wirklich weiter geholfen hätte. Sie hatte ihre Unwissenheit und aufsteigende Unsicherheit nicht gerade schmälern können. Doch hatten ihr die Beiden nicht länger die Gelegenheit zum Denken zu geben, da sich das Prozedere als recht bald beendet erwiesen hatte, ohne ihr dabei tatsächlich Schmerzen zu zufügen.
Und was danach kam... Obwohl sie das Gefühl hatte, an einem völlig anderen Ort zu sein und den Grund dafür nicht begreifen konnte, erschauerte sie wohlig bei der Erinnerung daran.
Dennoch merkte sie, dass der Auslöser... verschwunden war, sodass sie langsam, blinzelnd ihre Lider anhob und sich umso mehr wunderte, was geschehen war. Wo war sie denn nun wirklich? Und wieso? Hatten die Beiden ihr verschwiegen, dass sie auch Zaubern konnten? War das... war das womöglich ein weiterer Test, ob sie dieser neuen Aufgabe würdig wäre?
Mit einem leisen, gequälten Stöhnen, weil ihr diese vielen Fragen allmählich Kopfschmerzen zu bereiten begannen, drehte sie sich zur Seite und drückte ihren Oberkörper ein wenig in die Höhe. Um innezuhalten und verwundert an sich runter zu sehen. War das... Sand? Ihr Blick wanderte in Richtung des Geräuschs von Wasser und ihre Augenbraue wanderte in die Höhe. War sie an einer Küste? Wie war das nun wieder möglich?!
Sie schluckte leer und sah sich stockend weiter um, bis ihr Blick eine Art Wand aus Wasser ausmachte, mit drei Stühlen davor und in einem davon saß... Die junge Frau spürte, wie sie blass wurde... oder es zumindest zu werden glaubte, während ihr dieser Anblick alles andere als geheuer war. Im Gegenteil, er jagte ihr Angst ein, ohne, dass sie in ihm den Tod selbst erkennen konnte. Schließlich hatte sie mit ihm noch nie direkt zu tun gehabt... glaubte sie!
Am liebsten wäre sie aufgesprungen und davon gelaufen, um diesem Skelett entkommen zu können. Doch, obwohl sie sich tatsächlich erhob, steuerten sie ihre Schritte stattdessen direkt auf ihn zu. Solange, bis sie die zweite Person dort erkannte. Im ersten Moment blieb sie wie angewurzelt stehen und rieb sich die Augen, als müsse sie von einem Trugbild ausgehen.
Dann sprach er sie an und vernichtete damit ihren Impuls, sofort zu ihm und in seine Arme zu laufen, weil sie heilfroh war, ihn endlich zu sehen. Er hatte sich schließlich auch viel zu lange Zeit gelassen! Nein, sie blieb wie angewurzelt stehen und konnte nicht fassen, was er sie da fragte. Sie blinzelte und schüttelte verständnislos den Kopf.
Im nächsten Moment fand sie sich jedoch auf dem letzten freien Stuhl wieder, ohne sich an ihre Bewegung zu erinnern. Das angsteinflößende Skelett kam zu ihnen und schien sich auf irgendetwas zu freuen, das nun folgen sollte.
Doch dafür hatte sie keinen wirklichen Blick, sondern sah zu Kazel, beugte sich auch leicht zu ihm hinüber, was ihr erstaunlich schwer fiel. Ganz so, als müsse sie sich durch eine zähe Flüssigkeit bewegen. "Wovon redest du?", wisperte sie ihm so leise wie möglich zu und ihre Augen senkten sich unbewusst.
Jetzt erst nahm sie bewusst seine Nacktheit wahr, die sich anscheinend noch immer nicht geändert hatte. Wo war eigentlich die löchrige Decke hin? Und wieso hatte sie gerade das Gefühl, dass sich bei ihm trotz der unheimlichen Gesellschaft etwas regte? Warum? Was hatte das zu bedeuten?!
Eine heiße Flamme der Eifersucht schoss in ihr hoch, da sie bislang nicht daran gedacht hatte, ob sie eigentlich der Auslöser dafür sein könnte, weil auch sie nichts am Leibe trug. Aber hier war es angenehm warm, kein Lüftchen wehte trotz des Wassers und irgendwie... war sie ja zuvor schon nackt gewesen, sodass es für sie nichts Neues war, das ihr bewusst gewesen wäre.
Wie Kazel hatte auch sie keinen rechten Blick für das Geschehen, das sie sich ansehen sollten. Vielmehr fixierte sie den Mischling mit einem leicht verärgerten Blick und hochgezogener Augenbraue, als könne er so haargenau wissen, was sie gerade verstimmte. Deswegen auch ignorierte sie die Hand, die er ihr hinhielt, ebenso wie ihren eigenen Wunsch, sich in seine Umarmung zu kuscheln, froh darüber, dass sie endlich wieder beisammen waren, ohne dabei um ihr Leben rennen zu müssen.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Azura » Sonntag 6. September 2020, 18:40

Die junge Frau fühlte sich merkwürdig. Einerseits befand sie sich in einer Umgebung, die sie zu kennen glaubte und in der sie sich zu bewegen wusste... normalerweise. Andererseits war hier irgendetwas an dem gesamten Szenario, das einen leisen Widerwillen in ihr hervorrief, dessen Ursache sie allerdings nicht benennen konnte. Und es gefiel ihr nicht, wie sie behandelt wurde.
Natürlich war ihr der eigene Wert wichtig, war es immer gewesen und sollte ihren Wohlstand absichern, indem er ihr eine vorteilhafte Partie verschaffte. Jedoch empfand sie es als Beleidigung, auf ihren angeblichen Verlust so unverhohlen vor allen angesprochen und degradiert zu werden. Nicht, weil sie sich nicht wieder verbessern wollen würde, dafür hätte sie im rechten Moment durchaus einiges getan.
Sondern weil... weil es sie empörte, dass dem Übeltäter dafür die Schuld zugewiesen wurde. Nein, sie war keine Heldin und ihr Egoismus war nicht geschwunden. Aber irgendetwas in ihr sagte ihr, dass sie es nicht wollte, nicht so und denjenigen verteidigen musste, weil... weil... Wieso hatte sie das Gefühl, dass ihr ein wenig wärmer ums Herz war in jenem Gemisch aus Wasser und Dampf, in dem ihr Wert anscheinend geschmälert worden war?
Ihre Verwirrung mischte sich mit ihrem Ärger und sie tat, was sie gelernt hatte, nämlich ihre Gefühle hinter vorgeblich gerechtfertigter adeliger Arroganz verbergen. Ihr Gegenüber verbeugte sich daraufhin und entlockte ihr einen leisen, beleidigten Laut mit seinen Worten. "Auch ein Narr wird früher oder später zur Rechtfertigung herangezogen.", erwiderte sie betont kühl, um ihren Unmut noch deutlicher zum Ausdruck zu bringen.
Wenigstens schien ihre Haltung Wirkung zu zeigen, denn der andere begann, sich versöhnlicher zu zeigen, obwohl seine Worte sie noch immer trafen. Ihre Miene verschloss sich zu einer hochmütigen Maske, obwohl sie ihm die Gunst ihres Arms erwies, als sie sein Angebot annahm. Dennoch hielt sie sich aufrecht, beinahe schon steif, und vor allem ihr Kinn war angriffslustig vorgestreckt.
"Sollte ich für sie nicht mehr attraktiv genug sein, ist das allein ihr Problem. Ich weiß um meinen Wert und den kann mir niemand klein reden... auch Ihr nicht!" Die letzten drei Worte folgten nach einer flüchtigen Pause, um deren Wirkung noch zu unterstreichen. Es wunderte sie etwas, wie ruhig und beherrscht sie dabei klang, denn ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust und ihre Knie fühlten sich unnatürlich weich an.
Schließlich konnte sie bei ihrem kurzen Weg zu einem ihr noch unbekannten Ziel durchaus deutlich vernehmen, was über sie getuschelt wurde. Azura bemühte sich, dadurch ihre Wut zu nähren, um nur ja kein Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Das Getratsche war von einer Art, die ihr unter anderen Umständen die Tränen in die Augen und die Röte in die Wangen getrieben hätte. Aber noch konnte sie die Zähne zusammen beißen und sich aufrecht halten, als höre sie nichts davon.
Doch dann bekam sie einen ersten Blick auf das Innere des Käfigs und den Grund, warum sich so viele darum scharrten. Unwillkürlich blieb sie wie angewurzelt stehen, während sich ihr Herz zusammen krampfte. Irgendetwas war an diesem Wesen, das sie viel stärker berührte als es normalerweise der Fall wäre. Sie mochte Tiere und hatte aufgrund ihrer privilegierten Stellung durchaus auch Erfahrung mit Raubvögeln machen dürfen. Allerdings noch nie mit einem Raben...
Trotzdem musste sie schwer schlucken und gegen aufsteigende Tränen ankämpfen, die sein Anblick bei ihr auslösten. "Oh Ventha...", hauchte sie entsetzt und blinzelte hastig, um nichts hervor treten zu lassen. Stattdessen löste sie sich von ihrem Begleiter und eilte zu der nun freien Stelle vor dem Käfig, als könne sie dadurch einen Schutz bieten, den die Stäbe nicht hatten. Sie hatte nur noch Augen für diese arme, geschundene Kreatur, die ihr so leid tat, weil es offensichtlich war, dass sie hatte leiden müssen.
Allerdings völlig ausblenden konnte sie die Worte nicht, sie wollte diese nur lediglich nicht hören. Vielmehr suchte sie nach dem Türchen und fand es auch, um nach dem Griff zu haschen und es zu öffnen. Die Schere bemerkte sie nicht einmal, geschweige denn, wozu diese da liegen könnte.
Vorsichtig streckte sie die Hand hinein und hoffte, dass der Kleine nicht sofort nach ihr mit dem Schnabel oder seinen Krallen hackte. "Sch, sch, alles ist gut, mein Kleiner, sch...", flüsterte sie beruhigend und war mutig genug, sich ihm soweit zu nähern, dass sie mit der Spitze ihres Zeigefingers über sein Köpfchen zu streicheln, sollte es das zulassen.
Sie wollte sich sein Vertrauen verdienen und ihn in einem günstigen Moment heraus holen, um ihn schützend in ihrem Arm zu bergen. Sobald ihr das gelungen wäre, würde sie ihn wieder auf dem Köpfchen streicheln und ihn mit ihrem eigenen Körper wärmen, ungeachtet der Flecken, die er dabei auf ihrem teuren Kleid hinterlassen würde.
Erst, als ihr ob seines Zustandes die Tränen zu kommen drohten, sah sie auf und in ihrem Blick loderte die Wut wie eine Flamme. "Wie könnt Ihr nur?!", wisperte sie fassungslos und warf auch den umstehenden Galanen einen Blick voller ehrlich empfundener Empörung zu.
"Ihr solltet Euch schämen, allesamt! Mag sein, dass mein Wert gesunken ist, aber viel lieber ist mir das, als noch mit einem von Euch Tierschändern etwas zu tun zu haben!", fauchte sie und konnte jene einzelne Träne nicht aufhalten, die sich aus ihrem Augenwinkel löste und eine feuchte Spur durch ihre Schminke zog.
Es war ihr erstaunlich gleichgültig! Alles, was sie gerade kümmerte, war der Schutz dieses kleinen, hilflosen Wesens in ihrem Arm.
Langsam wanderten ihre Augen zurück zu ihrem Begleiter und sie spürte nur noch Verachtung für ihn, der sie einst fasziniert hatte, dessen war sie sich sicher. "Ich bin nicht zu bedauern, Ihr vergreift Euch im Ton! Wie konntet Ihr nur zulassen, dass er so gequält wird?! Ich verlange, dass Ihr mir Wasser und ein Tuch bringt, damit ich ihm wenigstens ein bisschen Linderung verschaffen kann, nachdem Ihr ihn so zugerichtet habt.", fuhr sie ihn mit absoluter Entschlossenheit an.
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Re: Tanz der Toten

Beitrag von Gevatter Tod » Montag 7. September 2020, 16:17

"M-mein ... was? Du meinst...?!"
Kazel schaute umher, als könnte er dadurch plötzlich Janays Gestalt irgendwo ausmachen. Und dann war sie da, einfach so.
"D-du bist gestorben? Was haben sie dir~?!"
Der Tod unterbrach ihn und beorderte beide auf ihre Plätze zurück und wenn er Augen gehabt hätte, dann hätte er vielleicht sogar bei Kazels Ausruf diese verdreht. Er murmelte jedoch nur leise, hinter seiner knochigen vorgehaltenen Hand als er leise gähnte.
„Immer diese übereilten und verdrehten Annahmen...“
Wenigstens gelang es Kazel, die Hand nach Janay auszustrecken, die vom Sandstrand dann auch innerhalb eines Wimpernschlages neben ihm saß. Ihr Schicksal kümmerte ihn gerade mehr als das dieser pompös zurechtgemachten Prinzessin und ihres seltsamen Harlekins.

Janay fand sich jedoch auf dem letzten freien Stuhl wieder, ohne sich an ihre Bewegung zu erinnern. Das angsteinflößende Skelett im Kuttenmantel saß bei ihnen. Doch dafür hatte sie keinen wirklichen Blick, sondern sah zu Kazel, beugte sich auch leicht zu ihm hinüber.
"Wovon redest du?"
, wisperte sie ihm so leise wie möglich zu und ihre Augen senkten sich unbewusst. Jetzt erst nahm sie bewusst seine Nacktheit wahr, die sich anscheinend noch immer nicht geändert hatte. Wo war eigentlich die löchrige Decke hin? Und wieso hatte sie gerade das Gefühl, dass sich bei ihm trotz der unheimlichen Gesellschaft etwas regte?
Wie Kazel hatte auch sie keinen rechten Blick für das Geschehen, das sich vor ihnen abspielte. Vielmehr fixierte sie den Mischling mit einem leicht verärgerten Blick und hochgezogener Augenbraue, als könne er so haargenau wissen, was sie gerade verstimmte. Deswegen auch ignorierte sie die Hand, die er ihr hinhielt, ebenso wie ihren eigenen Wunsch, sich in seine Umarmung zu kuscheln, froh darüber, dass sie endlich wieder beisammen waren, ohne dabei um ihr Leben rennen zu müssen.

Der Tod hatte sich in seinem gepolsterten Lehnstuhl nach vorne gelehnt und hielt seinen Kopf so, dass man sich mit seinen fehlenden Augen nicht ganz sicher sein konnte, ob er nun auf die Leinwand sah, oder doch die beiden Seelen neben sich beobachtete. Er mischte sich vorerst in ihr Geflüster nicht ein und stopfte sich noch eine Hand voll Puffmais zwischen die kahlen Zähne. Anstatt einfach aus dem unten offenen Kiefer wieder hinaus zu fallen, vergingen sie dort aber wie verglühende Papierfetzen. Dann erhob er aber doch seine Stimme, denn Unwahrheiten mochte er noch nie und sein Lehrling hatte da gerade eine Mutmaßung in den Sand gesetzt, die er nicht so stehen lassen konnte.
„Wenn euch der Traumstreifen nicht interessiert, könnt ihr euch gern über eure Problemchen unterhalten. Ist ja nicht eure Zeit.“
Tod grinste... wie immer.
„Aber da ihr nun schon mal hier seid hätte ich einen Vorschlag...“
Er stellte seine braune Papiertüte auf dem Boden ab und sah kurz zur Wasserwand, gluckste amüsiert und wandte sich dann wieder seinen Gästen zu.
„Herzallerliebst die beiden! Auch so eine Seele die mir immer wieder entwischt.... Aber nun zu euch!“
Er wandte sich nun ganz den beiden zu.
„Kazel, du solltest deiner Liebsten langsam mal sagen, dass der Vater ihrer Kinder ein zukünftiger 'Massenmörder' ist. Wir haben schließlich noch viel vor du und ich.“
Er sah dabei Kazel ins Gesicht und die Dunkelheit seiner Augenhöhlen wirkte fast hypnotisch, so tief war sie.
„Vergiss nicht, es sind nicht irgendwelche Seelen! Es sind jene die mir absichtlich vorenthalten werden! Du weist wodurch. Diese Kristalle sind echt übel fürs Geschäft. Und du Janay...“
Er sah an Kazel vorbei zu ihr.
„Du und deinesgleichen verschafft mir viel Gratis-Zeit. Dankeschön dafür! Wenn die Sterblichen sich mehr 'lieben' würden, müsste ich nicht so straff haushalten. So ein 'kleiner Tod' macht sich gut an meinem Stand. Aber das muss alles sehr verwirrend sein für dich! ... Kazel, willst du es ihr erklären, oder soll ich? Ihr habt alle Zeit der Welt. HAHA! Könntet euch mal über eure Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterhalten. Wann wenn nicht jetzt. Wer weiß wann ihr mal wieder so eine Gelegenheit bekommt?“
Das wusste er wohl am besten. Gevatter Tod sah seinen Lehrling an und nickte ihm aufmunternd zu.
„Ihr könnt auch herum wandern, wenn ihr wollt. Ihr werdet schnell merken, dass ihr hier nicht wirklich voran kommen werdet, aber es ist manchmal nett, sich die Beine zu vertreten, auch wenn es auf der Stelle passiert. Wenn ihr also nicht zuschauen wollt...“
Er wedelte mit der Knochenhand grob in Richtung der Wand.
„...wobei die beiden hier gewissermaßen Parallelen zu euch aufweisen und ihr vielleicht noch etwas lernen könntet...“
Er ließ den Satz und den Rest der Geschichte offen. Tod wandte sich wieder der schimmernden Wand zu, beachtete die beiden nicht mehr. Kazel und Janay waren somit entlassen. Er legte seine rechten Fußknochen auf das linke Knie. In der Kuhle, die seine Kutte dabei bildete, sammelten sich dann zusehends Krümel vom hellen Puffmais, was einen krassen Kontrast bildete. Die Tüte hatte er wieder aufgenommen und nun widmete er sich erst einmal seelenruhig dem Geschehen hinter dem Seelenspiegel, außer Kazel würde ihn darum bitten Janay zu erklären wo sie hier waren. Das hatte er ja angeboten.
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