Ein neuer Wind...

Auf dem Marktplatz tummeln sich fast ebenso viele Händler wie Kaufwillige. Manches ehemalige Wohnhaus an diesem Platz wurde schon zum zweistöckigen Laden umfunktioniert. Jorsans Markt bildet einen wichtigen Treffpunkt in der Stadt.
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Areana Vandefur
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Ein neuer Wind...

Beitrag von Areana Vandefur » Donnerstag 11. Oktober 2012, 21:26

[Einstiegspost]

Areana zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht und stieß einen frustierten Seufzer aus. Sie hätte niemals gedacht, dass sie eines Tages die von Sand und Hitze geschwängerte Luft Sarmas derart vermissen würde - doch hier, im so viel kälteren Süden, tat sie es. Sie vermisste die Wärme, die sanfte Briese, die Weite der Wüste, die Sonne... und vielleicht auch ein wenig Aaaron und seine Launen.
In Jorsan war alles anders: Es pfiff ein bitterkalter Wind, es herrschte eine beinahe unerträgliche Enge auf den überfüllten Straßen und zu allem Übel wimmelte es auch noch überall von Wachen. Was war nur in dieser Stadt los? Irgendwie wirkten die Leute so ... unruhig. Aber vielleicht lag es auch einfach an der anderen Mentalität der Menschen.
Die junge Diebin schlang die Arme um den frierenden Leib und schob sich durch die Menschenmengen. Sie brauchte unbedingt wärmere Kleidung! Der dünne Stoff, aus dem das Kleid bestand, das sie trug, war einfach nicht für die Temperaturen im Süden gemacht und der schwarze Umhang hielt nur bedingt warm. Aber um sich neue Kleider kaufen zu können, brauchte sie erst einmal zwei Dinge: Erstens war ein Schneider von Nöten und zum Zweiten brauchte sie mehr Geld, wobei letzeres ganz leicht zu organsieren war.
Die Dunkelhaarige ließ sich von den Massen zum Mittelpunkt des Marktplatzes treiben. Schon als Kind hatte man ihr beigebracht, dass man sich immer so viele Wege zum Untertauchen offenhalten sollte, wie nur irgend möglich. Und die Mitte des großen überfüllten Platzes bot eine Vielzahl an solchen Fluchtwegen: Areana konnte zwischen den Ständen in Deckung gehen, in einer der Seitenstraßen verschwinden, sich in ein Geschäft retten oder sogar einfach in der Menge untertauchen - in diesem Gewusel würde eine kleine, schmale Frau wie sie nicht zu verfolgen sein. Aber zu Stehlen musste sie ihre Umwelt im Blick behalten können... Widerwillig warf sie die Kapuze ihres Umhangs in den Nacken. Sofort floss ein rabenschwarzer Haarschleier aus dem Stoff heraus und ergoss sich über ihren Rücken hinweg bis zur Taille hinab.

"Hallo, meine Schöne. Dich hab´ ich hier ja noch nie geseh´n"
Völlig unvermittelt baute sich ein wankender Mann vor der Diebin auf. Areanas Herz machte vor Schreck einen Satz."Du bist nich´ von hier." stellte er lallend fest. "Was macht ´n junges Ding so allein in ´ner Großstadt wie dieser? Wo ist dein Ehemann, Süße? Oder hast du keinen? Wie währ´s wenn wir uns bei mir Zuhaus´ weiter unterhalt´n? Oder sollen wir uns warmhalt´n?" Er setze ein Grinsen auf, von dem er wohl dachte, dass es schelmisch wirkte, und entblößte eine Reihe schlecht gepflegter Zähne.
Der Gestank von Wein und Bier und etwas, von dem sie garnicht wissen wollte, was es war, schlug der jungen Frau entgegen. Areana hob eine Augenbraue und sah ihn an, unsicher welche der dummen Fragen sie als erstes mit einer Ohrfeige beantworten sollte. Instinktiv tastete sie rasch nach ihrem Dolch, der wie immer an ihrer Taille hing. Ihr Gegenüber war groß, breitschultrig und hatte eine beeindruckend lange Nase. Zu versuchen ihn zu überwältigen, wäre närrisch... doch die junge Frau hatte das Überraschungsmoment auf ihrer Seite und mit etwas Glück entkam sie aus der Situation ohne viel Aufheben zu veranstalten, denn sonst währe die Diebestour für heute beendet.
Die Diebin setzte ein falsches, unschuldiges Lächeln auf und wollte sich wortlos an dem Mann vorbeischieben.
Doch sie hatte nicht mit der Behaarlichkeit ihres Gegenübers gerechnet, denn dieser packte ihr rechtes Handgelenk und zog sie dicht an sich heran.
"Ach, stell dich nich´ so an. Was´n gegen bisschen Spass zu sag´n?! Was schadet´s denn schon?" fragte er und hielt Areanas Gelenk auf kopfhöhe fest umklammert.
Noch während der Betrunkene sprach, zog die Frau den Dolch aus der Scheide und drückte ihn, vor den Blicken von Passanten unter dem Stoff ihres Umhangs verborgen, leicht gegen den Bauch ihres Angreifers. Noch floss kein Blut, doch nur eine winzige Bewegung der Dunkelhaarigen das ändern. Tief in ihr vergraben glimmte der Hauch der Angst auf, doch sie riss sich zusammen.
"Das, was ich in meiner Hand halte, würde Euch zum Beispiel schaden. " zischte sie im Flüsterton. Der Mann war ihr noch immer unangenehm nah und Areana hatte das Gefühl, dass sie von den vorbeiströmenden Menschenmengen noch enger zusammen gedrück wurden. Sie kämpfte den Ekel nieder und sah dem Mann entschlossen in die Augen, um ih zu zeigen wie ernst es ihr war.
Sprachlos starrte der Betrunkene sie an, als könne er nicht glauben was gerade geschah. Die junge Diebin konnte seine Fassungslosigkeit förmblich spüren. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kam die Realität in seinen vom Alkohol vernebelten Verstand an und er ließ sie los und trat wortlos zur Seite um Areana passieren zu lassen.
[color0#01019A]"Ich danke Euch."[/color] Areana schob ihn von sich und deutete hämmisch eine Verbeugung an, angetrieben von dem Übermut, der auf die Anspannung folgte. Doch als der Mann ungehalten mit den Zähnen knischte, beschloss sie, dass es klüger war, ihn nicht weiter zu reizen.

Erhobenen Hauptes maschierte die Diebin an ihm vorbei, aber nicht ohne ihm mit dem Dolch - den sie noch immer in der Hand hielt - den Geldsack aufzuschlitzen, der an seinem Gürtel hing und die Münzen darin geschickt aufzufangen und in ihre eigene Tasche gleiten zu lassen. Es waren zwar nur ein paar Füchse, aber der Mistkerl hatte die Peinlichkeit verdient, von einem Mädchen bestohlen zu werden.
Sie tauchte in der Menge unter und streunte eine Weile ziellos umher, blieb an de ein oder anderen Stand stehen, sah sich die Waren an und warf immer wieder verstohlene Blicke um sich, um sicher sein zu können, dass niemand ihre kleine Auseinandersetzung mitbekommen hatte - als sie sich ziemlich sicher war, dass niemand ihr versuchte zu folgen, schob sich die junge Diebin zwischen zwei Ständen hindurch in eine schmale, verlassene Gasse. Dort lehnte sie sich an die Hauswand und wagte erst jetzt wieder tief aufzuatmen. Noch immer hämmerte das Herz ihr wild in der Brust, wie das eines verschreckten Vögelchens. Wie sehr sie es hasste, wenn andere ihr auf die Pelle rückten! Am liebsten hätte sie ihm die Kehle durchgeschnitten! Doch sie musste sich zusammenreisen, ermahnte sich die junge Frau selbst. Anders würde sie niemals Informationen erhalten, die sie brauchte um Kevan zu finden!
Mit einen Mal tat ihr die kalte Luft gut. Sie half dabei einen klaren Kopf zu bekomen und wieder vernünftig Denken zu können. Vielleicht war ein neuer Wind, alles was sie brauchte um den ersten Schritt auf dem Weg zu Kevan zu tun...

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Re: Ein neuer Wind...

Beitrag von Erzähler » Freitag 12. Oktober 2012, 14:56

Es war alles andere als ein schöner Tag, den die junge Frau sich für ihren Gang zum Markt ausgesucht hatte. Das Wetter war trüb und schien nicht auflockern zu wollen, um wenigstens ein paar Sonnenstrahlen die Erde erreichen zu lassen. Auch waren die Temperaturen recht niedrig, wenngleich sie zu der Jahreszeit nun einmal passten.
Immerhin, ein kleines Trostpflaster war es, dass weder der Wind zu stark und kalt für diese Gegend blies, noch der Regen untertags einsetzte. Denn in der Nacht hatten sich die Wolken geöffnet, um das Wasser zu entlassen, das den Boden aufgeweicht hatte, wo er in der Stadt naturbelassen worden war. Also in den schmaleren Gässchen in den ärmeren Gegenden, wo es nun schlammig war.
Doch das sollte Areana nicht so sehr kümmern, sie hielt sich auf gepflasterten Straßen auf, die zwar nass, jedoch nicht verdreckt war. Nur rutschig waren noch manche der Steine, weswegen sie darauf achten musste, wo sie hintrat. Was gar nicht so einfach war bei der Menge an Personen, die zur selben Zeit ihre Erledigungen machen wollten.
Obendrein war die Wache verstärkt worden durch die neuesten Gerüchte und Befürchtungen, sodass man viel stärker beobachtet wurde. Jeder könnte ein Spion oder Verräter sein, das allgemeine Klima der Angst machte misstrauisch.
Aber auch der Alltag war noch in der Stadt vorhanden, wie sich zeigte, als die junge Frau von einem Betrunkenen angesprochen wurde, der wohl seinen Heimweg noch nicht gefunden hatte. Und das zu solch einer Uhrzeit! Der musste eine lange Nacht gehabt haben, wenn er kurz nach Sonnenaufgang, der derzeit recht spät erst erfolgte, schon derart betrunken war.
Natürlich war er aufdringlich, seine Hemmungen waren ausgeschalten und er wollte eindeutig die Nähe einer Frau. Es hätte auch eine Käufliche getan, doch er hatte sich eben Areana ausgesucht.
Was er bald bereuen würde… Denn sie war alles andere als wehrlos und leicht zu verschrecken, sodass sie ihn rasch los wurde. Und er seinen Geldbeutel…
Das Problem daran war nur, dass dieser Kerl zwar betrunken, allerdings nicht blöd dadurch war. Im Gegenteil, da er dann doch auf die Idee kam, sich eine Käufliche zu besorgen, stellte er viel zu rasch den Verlust seines geringen Vermögens fest. Was an sich noch nicht das Tragische dran war, hätte er sich nicht daran erinnert, dass er ja eigentlich einer angesehenen Familie entsprang, schwarzes Schaf hin oder her.
Also trat er an einen Wachmann heran und befahl diesem regelrecht, die Diebin zu finden. Dieser wollte den Betrunkenen nach Hause oder, besser noch, in eine Zelle zum Ausnüchtern schicken, wenn dieser nicht seinen Namen genannt hätte. Zwangsläufig musste die Wache somit den Auftrag annehmen und ließ sich die Frau beschreiben, die ihn vorhin so rüde abgewiesen hatte und der er diesen Diebstahl unterschieben wollte. Schließlich war er sich nicht sicher, wann es tatsächlich passiert war.
Dass er ihr in seinem Zustand zunahe getreten war, ohne das Recht dazu zu haben, verschwieg er dabei, grinste jedoch zufrieden in sich hinein. Denn er war kleinlich und rachsüchtig, sah die Schuld nie bei sich, sondern immer bei anderen.
Der Wachmann machte sich Minuten später mit ernster Miene auf die Suche, ohne Vertrauen darauf, die Schuldige zu finden. Hätte nicht der Zufall mitgespielt. Denn er wollte schon aufgeben, nachdem er den Markt zuerst mit Blicken und dann Schritten abgesucht hatte, und sich am Rand auf den Rückweg zu seinem Posten machen, als ihm eine Bewegung in einer Seitengasse auffiel.
Aufmerksam geworden sah er auf und rief befehlsgewohnt:„Halt! Stehen geblieben und umdrehen! Und als die Person gehorchte, trat er mit wenigen Schritten dicht heran.
„Kapuze abnehmen.“, kam auch schon die nächste Anweisung, denn er musste das Gesicht sehen, um es mit der Beschreibung vergleichen zu können. Dass er einer Frau gegenüberstand hatte er schließlich schon erkennen können.
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Re: Ein neuer Wind...

Beitrag von Areana Vandefur » Freitag 12. Oktober 2012, 21:41

Langsam verfiel ihr Herz wieder in einen ruhigeren Takt. Die kühle Luft klährte ihre Gedanken und der Wind schien die Angst mit sich fortzunehemen.
"So ein Widerling..." murrte sie auf sendli und als die junge Diebin sicher, war, dass ihre Beine sie sicher tragen würden, atmete sie nochmals tief durch und stieß sie sich dann von der groben Steinwand ab.
Sie wand sich gerade zum Gehen als eine laute Stimme durch die Gasse hallte: "Halt! Stehen geblieben und umdrehen!"
Die junge Diebin erstarrte. Er ist einer der Wachen! , erkannte die junge Frau sofort. Die Art wie er sie ansprach, klang nicht, als wolle der Fremde sie etwas fragen oder höflichst um eine Auskunft bitten - es war die Tonart, mit der man Flüchtige ansprach. Flüchtige wie sie eine war!
Und wahrscheinlich hat er gesehen, wie ich den Widerling bestohlen habe... Ihr erster Impuls war er, den Befehl des Mannes zu ignorieren und davon zu laufen, aber sie kannte sich in Jorsan nicht aus, doch der Fremde hingegen kannte sicher viele Wege, die schneller die Ihren kreuzten, als Areana lieb war. Immerhin hatte er sie sogar in dem Durcheinander auf dem Marktplatz ausfindig gemacht... Wie hatte er das nur angestellt?

Schließlich gehorchte sie langsam, wenn auch nicht ohne Widerstreben in der Körperhaltung. Ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren. Wie war sie nur in diese missliche Lage geraten? Wie, bei allen Göttern, hatte der Wachmann sie finden können. Die junge Diebin hätte schwören können, dass ihr niemand gefolgt war. Entweder er war unglaublich gut darin, Diebe zu finden oder er hatte unverschämtes Glück - was auch immer es gewesen war, das ihn zu der Dunkelhaarigen in die Gasse getrieben hatte, ob Begabung oder Schicksal - Areana saß gehörig in der Patsche...
Als sie sich ihrem Verfolger schließlich vollständig zugewand hatte, starrte sie bedächtig auf seine Füße.
Die Stiefel des Wachmanns waren schlammbeschmiert und abgelaufen. Areana zwang sich, ruhig weiter zu atmen, doch die Luft brannte ihr in der Lunge und ihr Herz hämmerte ihr schon wieder hart gegen die Rippen. Der Fremde machte einen Schritt auf sie zu uns befahl: "Kapuze abnehmen!" Einen winzigen Moment zögerte sie, wägte die Alternativen ab, fand aber keine andere Möglichkeit als zu parrieren. Sei kein Feigling! Konzentriere dich, Kätzchen. Nur so bleibst du die Herrin über die Lage!!! hörte Areana die Stimme ihres alten Lehrmeisters in ihrem Kopf wiederhallten.
Sie musste die Situation im Griff haben, aber dafür musste sie ihren Gegenüber abschätzen können - und dafür wiederum musse die Diebin ihn ansehen können.
Also gehorchte sie erneut und streifte sich langsam die Kapuze ab. Einen Moment lang sah sie noch auf den Boden, dann hob sie den Blick und wand dem Wachmann schließlich ihr vollständiges Gesicht zu. "Ja, bitte?" fragte sie höflich, extra auf garmisch und hoffte darauf, das ihr pelgarischer Akzent nicht zu hören war - vielleicht hielt er sie ja so für eine Einheimische ... oder zumindest für eine Landsfrau. Die Diebin setze ihr unschuldigstes Läücheln auf, während ihre Hand für alle Fälle, langsam zum Dolch an ihrem Gürtel wanderte und sie den Wachmann kritisch beäugte. Er war um einiges größer als sie, hatte breite Schultern und ein attraktives, atoritäres Geschicht und kluge Augen.
Sie hatte heute schon einmal ein Risiko einfach so entkommen lassen - den Feher würde sie kein zweites Mal begehen. Wenn es sein müsste würde sie gegen ihn kämpfen... auch wenn sie auch hier wieder hoffen musste, dass Glück und Überraschungseffekt auf ihrer Seite waren.

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Re: Ein neuer Wind...

Beitrag von Erzähler » Montag 15. Oktober 2012, 08:56

Der Mann führte diesen Auftrag nicht gerne aus, denn er zweifelte ernsthaft daran, dass dieser Betrunkene ehrliche Angaben gemacht hatte. Wahrscheinlich hatte er seinen Beutel auch schlichtweg verloren! Aber der Kerl hatte bedauerlicherweise einen klingenden Namen und somit musste er dem Fall nachgehen.
Schon wollte er aufgeben, als er in einer Seitengasse eine weibliche Gestalt entdeckte, die ihm ein wenig auffällig vorkam. Pflichtbewusst, wie der Wachmann war, musste er diesem nachgehen und machte sich auch sofort bemerkbar, ohne zu überlegen, ob er die Person übergehen und so tun sollte, als hätte er niemanden gesehen.
Und auch ihre Reaktion war für ihn verdächtig, da er sie viel zu gut kannte. Zwar gehorchte sie, allerdings mit einem gewissen Widerwillen in ihrer gesamten Haltung, sodass er erst recht misstrauisch wurde. Noch war ihm nicht klar, ob er tatsächlich die gesuchte Person gefunden hatte oder jemand anderen, doch auf jeden Fall war es jemand, der etwas zu verbergen hatte, das nicht ans Licht kommen sollte. Schon ein Grund genug in Zeiten wie diesen, sich näher damit zu beschäftigen, notfalls auch in der Kaserne selbst.
Um aber auf Nummer sicher gehen zu können und zu überprüfen, ob er womöglich auch die gesuchte Frau gefunden hatte, verlangte er natürlich, dass die Kapuze herunter gezogen wurde, um das Gesicht sehen zu können. Zumindest gehorchte sie, wenngleich auch einige Momente langsamer, als es von einem unbescholtenen Bürger zu erwarten war.
Sie zog den Stoff zurück und sah ihn sogar unaufgefordert an. Er musterte flüchtig ihr Gesicht, verglich es in seinem Kopf mit der Beschreibung und seufzte innerlich. Es passte viel zu gut, als dass er nun wirklich hätte laufen lassen können.
Grüßend nickte er ihr zu. „Verzeiht, die Dame, allerdings muss ich Euch bitten, mich zu begleiten. Es hat einen bedauerlichen Zwischenfall gegeben und es sieht so aus, als wäret Ihr darin involviert.“ Seine Worte klangen viel gestelzter als noch zuvor, ließen jedoch trotz allem keinen Widerspruch zu. Er war höflich, vor allem in Hinblick darauf, dass es sich auch als Irrtum heraus stellen könnte, trotzdem blieb sein Tonfall bestimmt genug, dass es kein Entrinnen gab, wollte die Person nicht noch mehr Ärger riskieren.
Denn mit ihrer Einschätzung hatte sie vollkommen Recht, er kannte naturgemäß die Straßen und Gassen seiner Heimatstadt viel besser als sie, auch die Schleichwege, mit denen er die Fluchtstrecke abschneiden konnte. Obendrein hörte er durchaus einen gewissen Akzent heraus, sodass er noch misstrauischer wurde. Denn Fremde konnten hier leichter stehlen oder sonstige Verbrechen begehen als Einheimische, die hier all ihr Hab und Gut hatten.
Umso mehr wollte und musste er das klären, wenngleich er hoffte, dass der Betrunkene den Weg nicht zur Kaserne gefunden hätte. Das würde dann zwar eine unangenehme Situation vermutlich schaffen, jedoch sträubte er sich etwas in seinem Inneren, diese Frau vor ihm zu verhaften, die auf ihn noch wirkte, als wäre sie noch ein halbes Kind.
Aber erst einmal musste er dem nachgehen, weswegen er betont höflich, allerdings auch entschlossen eine auffordernde Geste machte, an seine Seite zu treten und einen halben Schritt voraus zu gehen. So könnte er sie im Auge behalten.
Ihre Position würde sich erst notgedrungen ändern, müsste er Verstärkung anfordern, weil sie eine Flucht versuchen würde oder aus anderen Gründen, weil sie gemein gefährlich wäre oder so dumm, ihn anzugreifen. Denn, auch wenn es unter der Kleidung unauffällig verborgen war, trug er selbstverständlich wie alle Männer im Dienst seine Rüstung.
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Re: Ein neuer Wind...

Beitrag von Areana Vandefur » Dienstag 16. Oktober 2012, 13:06

Wortlos, aber mit stolz in die Höhe gerecktem Kinn, ließ die Diebin die Musterung des Wachen über sich ergehen. In seinem Gesicht blitze langsames Erkennen auf - also hatte der Widerling ihr tatsächlich die Wachleute auf den Hals gehetzt! Und er hatte ihnen gewiss nichts von seinem ungebührlichen Verhalten berichtet... stumm verfluchte Areana den Widerling und seine gerade zu erbärmliche Falschheit. Einen Moment lang machte der Wachmann den Eindruck als würde er lieber etwas anderes tun, als sie festzunehmen - denn ganz offensichtlich war gerade im Begriff genau dies zu tun.
Doch dann sagte er: „Verzeiht, die Dame, allerdings muss ich Euch bitten, mich zu begleiten. Es hat einen bedauerlichen Zwischenfall gegeben und es sieht so aus, als wäret Ihr darin involviert.“ Die Worte eigenartig hözern und stählern zugleich. Wenigstens schien der Wächter ein Mann zu sein, der ein Gefühl für Gerechtigkeit besaß... Nur dumm, das Areana eben nicht unschuldig war und ihre Ansichten von Gerechtigkeit wohl weit auseinander gehen würden. Denn die Diebin war der Ansicht, dass der Verlust seines Geldes ihm gerade recht gerschah. Aber offensichtlich hatte sie jemanden bestohlen, der einen klanghaften Namen hatte, denn kein einfacher Bauer oder Handwerker hätte einen Wachmann dazu bewegen können, für eine handvoll Füchse den Marktplatz nach einen einzelnen Mädchen zu durchkämmen - und wenn das zutraf, würde die Strafe für sie hart ausfallen...
Die junge Frau unterdrückte mühevoll ein Schaudern. "Bedauerlicher Zwischenfall?" wiederholte sie langsam. Ich hätte dem Widerling doch die Kehle durchschneiden sollen, als ich die Chance dazu hatte! EIn Toter hätte zwar Aufsehen erregt, aber ihr wenigstens keinen Wachmann nachgehetzt.
"Es muss sich um ein Missverständnis handeln, mein Herr." sagte sie und neigte leicht den Kopf um ihr Bedauern zu bekunden. "Offenbar sucht Ihr jemanden - doch mich gewiss nicht, denn ich bin in keinerlei bedauerliche Zwischenfälle involviert, wie ihr es so schön formuliertet." Die Worte waren nicht einmal so weit von der Wahrheit entfernt, denn das einzige was die Dunkelhaarige bedauerte, war den Widerling am Leben gelassen zu haben.
Dennoch bewegte sie sich nicht von der Stelle. "Ist es wirklich nötig Euch zu begleiten? Das klingt als wollt Ihr mich verhaften, wie eine Diebin." Die sie ja auch war, aber das konnte der Wachmann ja nicht wisssen. Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln, ein recht erbärmlicher Versuch, den Hals mit Charme aus der Schlinge zu ziehen - doch auf die Schnelle fiel ihr kein geschickterer Weg ein.

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Re: Ein neuer Wind...

Beitrag von Erzähler » Freitag 19. Oktober 2012, 08:26

Der Mann selbst war noch relativ jung, keine dreißig Jahre alt, und man konnte ihm seine Gefühle teilweise noch anmerken, sofern er es zuließ. So auch sein Bedauern, dieses Vorgehen überhaupt beschreiten zu müssen.
Trotzdem war und blieb er pflichtbewusst und würde sich nicht so einfach abbringen lassen. Diese Entschlossenheit war ebenfalls in seinem Blick deutlich zu lesen. Auch wenn er höflich blieb und die junge Frau neutral behandelte, in dem Bemühen, sie nicht im Vorhinein schon zu verurteilen.
Schließlich war es mehr als möglich, dass der Betrunkene sich geirrt hatte, und dieser Wachmann war jemand, der sehr viel Wert auf Gerechtigkeit legte. Somit verhielt er sich stets korrekt und hatte noch keine Person, die nicht eindeutig ein Täter gewesen waren, schlecht behandelt. Nur die Verstockten lernten ihn von einer anderen Seite kennen, wenngleich nicht zu Schlägen und dergleichen greifen musste, sondern es allein mit Strenge und Unnachgiebigkeit bislang bewältigt hatte.
Sein Gegenüber indes hielt er im Prinzip schon für unschuldig, allerdings hatte ihr Verhalten ihn per se misstrauisch gestimmt, sodass er sie erst recht zur Sicherheit mitnehmen wollte. Zwar glaubte er nicht daran, dass in einem Verhör mit ihr sonderlich viel zutage treten würde. Jedoch versuchen würde er es wahrscheinlich trotz allem müssen.
Ihr Nachhaken ließ ihn knapp, richtig militärisch nicken.
Dann aber fuhr sie fort und er sah sich genötigt, ihr eine ausführlichere Antwort als eine kurze Geste zu geben. „Ich bin ebenfalls der Ansicht, werte Dame. Trotzdem ist es meine Aufgabe und meine Pflicht, dem nachzugehen. Deswegen bitte ich Euch, mich zu begleiten, damit sich die Angelegenheit rasch klären kann.“ Und davon würde er auch nicht abrücken.
Gleichzeitig hoffte er, dass diese Frau Vernunft annehmen und freiwillig mit ihm mitkommen würde. Er wollte ungern in seiner Rüstung durch die Straßen und Gassen hetzen oder sogar Verstärkung rufen müssen, da er eine Flüchtige einfangen müsste.
Bei ihrem unterschwelligen Vorwurf lächelte er schmal und hob begütigend die Hand. „Nein, nein, werte Dame, eine Verhaftung ist dies ganz gewiss nicht. Erst einmal bitte ich Euch schlichtweg, mit mir zu kommen und das klärende Gespräch zu suchen.“ Er wurde wieder ernst, sein Blick beinahe streng. „Solltet Ihr Euch allerdings weigern, sehe ich mich gezwungen, Euch tatsächlich zu verhaften. Das würde nicht nur viel Aufsehen erregen, sondern auch unangenehme Fragen nach sich ziehen. Ich glaube nicht, dass Ihr das ernsthaft in Erwägung zieht.“
Damit war sein Standpunkt klar und deutlich ausgesprochen und davon würde er keinen Millimeter weit abrücken. Selbst dann nicht, wenn sein Gegenüber, so wie jetzt, ein charmantes Lächeln zeigte. Für solcherart Dinge war er unempfindlich und viel zu korrekt.
Also deutete erneut in Richtung Marktplatz. „Wenn Ihr so gütig seid und mich jetzt bitte begleiten würdet.“, wiederholte er, schon eine Spur strenger als zuvor, aber noch immer freundlich neutral.
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Re: Ein neuer Wind...

Beitrag von Areana Vandefur » Dienstag 6. November 2012, 12:30

„Solltet Ihr Euch allerdings weigern, sehe ich mich gezwungen, Euch tatsächlich zu verhaften. Das würde nicht nur viel Aufsehen erregen, sondern auch unangenehme Fragen nach sich ziehen. Ich glaube nicht, dass Ihr das ernsthaft in Erwägung zieht.“ Tatsächlich war es so, dass Areana genau dies getan hatte, doch der mahnende Unterton, der in den Worten des Wachen mitschwang hinterte sie daran, auf dem Absatz kehrt zu machen und zu flüchten.
"Mir bleibt also keine Wahl, nicht wahr?", fragte sie mit einem echten bedauernden Lächeln auf den Lippen. Doch offenbar traf die Dunkelhaarige bei ihrem Gegenüber auf blinde Augen, denn die Charme-Masche zeigte keine Wirkung.
Areana konnte sich ein leises, resigniertes Seufzen nicht verkneifen. Sie gab sich geschlagen - ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als dem Wachmann tatsächlich zu folgen.
Dabei hatte sie Besseres zu tun, als ihrenwelchen Uniformierten hinterher zu laufen, wie ein Hündchen seinem Herren!
"Und wohin bringt Ihr mich?" Die Frage sollte eigentlich ängstlich klingen, ganz so wie man es von einer jungen Frau erwartete - doch in Wirklichkeit klang sie, selbst in Areanas Ohren, neugierig und fast schon herausfordernd.
Sie fragte sich, ob sie unterwegs die Chance bieten würde, zur Sicherheit die Füchse in ihrer Tasche verschwinden zu lassen... Andererseits waren die paar Geldstücke diesen Aufwand und die damit verbundene Gewahr überhaupt nicht wert. Wen interessierte es schon ob sie 4 oder 5 Münzen bei sich trug?
Schwiriger wurde es schon, wenn sie dem Widerling gegenüber treten musste, denn er würde Areana sicher erkennen... dann würde sie einfach steif und fest behaupten, diesen Mann niemals in ihrem Leben gesehen zu haben.
Oder sie erfand eine haarstäubende Geschichte, die so abenteuerlich war, dass sie einfach der Wahr klingen musste - denn eigenartiger Weise glaubten die meisten Menschen eine Lüge so viel leichter als die Wahrheit.
Die Wahrheit würde sie wohl nicht erzählen, dies würde nämlich im schlimmsten Fall den Galgen bedeuten - und darauf wollte die junge Diebin unbedingt verzichten.

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Re: Ein neuer Wind...

Beitrag von Erzähler » Dienstag 13. November 2012, 12:29

Es war sicherlich klüger, dass die junge Frau nicht sofort die Flucht ergriff. Alles andere wäre ein Schuldeingeständnis, egal, ob nun für jenes Vergehen, weswegen er sie aufgesucht hatte, oder wegen eines anderen. Es würde sie endgültig verdächtig machen und wäre für sie demnach genau der falscheste aller Wege. Umso besser, dass sie ruhig blieb und sich scheinbar fügte.
Der Wachmann lächelte begütigend. „Selbstverständlich habt Ihr die Wahl, meine Dame. Allerdings würde Eure Weigerung unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen, die nicht zu wünschen sind.“, erwiderte er unverbindlich.
Immerhin, er blieb weiterhin freundlich und bemühte sich darum, den Eindruck zu vermitteln, dass er sein Gegenüber zu nichts zwingen wollte, ohne nachgiebig zu wirken. Denn er hatte gar keine andere Wahl und wollte nicht nur der Dame Mühen und Ärger ersparen, sondern sich selbst eine in seinen Augen sinnlose Verfolgungsjagd.
Wenigstens schien sie Einsicht zu zeigen, da sie nachgab und ihm voraus ging, wo er sie hinleiten würde. Ihre Frage, welches Ziel es geben würde, war indes berechtigt und er hatte keinen Grund, diese Information zurück zu halten.
Er nickte knapp, dass er sie verstanden hatte, und erwiderte:„In die Kaserne, werte Dame. Dort haben wir die Räumlichkeiten, um sich zu unterhalten.“
Und eben auch die Möglichkeiten, jemanden ins strengere Verhör zu nehmen oder gar gewaltsam festzuhalten. Auch wenn diese Zimmer natürlich voneinander so getrennt waren, dass eine Frau, die höchstwahrscheinlich unschuldig war, sich nicht sorgen oder gar fürchten musste.
„Aber keine Angst, Euch wird selbstverständlich nichts passieren.“ Weder von seinen Kameraden, noch von irgendwelchen Insassen, die sie gar nicht zu Gesicht bekommen würde. Dafür würde er sorgen, schließlich zählte das zu seinen Prinzipien.
Dass ihr Tonfall indes alles andere als angemessen gewesen war, beinahe schon etwas zu neugierig, hatte er in dem Fall bewusst überhört. Es war gewiss eine aufregende Situation und jeder ging anders mit solchen um, sodass es durchaus sein konnte, dass sie tatsächlich ein gewisses Interesse daran hatte, was auf sie zukommen würde. Besser so herum, als wenn sie vor Angst gar nicht mehr in der Lage wäre, überhaupt einen Schritt vor den anderen zu setzen.
Wenngleich er ebenfalls noch immer den günstigsten Fall annehmen wollte, nämlich, dass der mögliche Ankläger viel zu betrunken war, um seinen Weg bis in die Kaserne zu finden. Bedauerlicherweise konnte die Wache nicht davon ausgehen und somit führte er die junge Frau erst einmal an jenen Ort, wo es nun weiter gehen würde.

Areana wird geführt nach: Schuldig?
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