Der Weg der Bluthündin - Kap. 1 Ein neuer Auftrag

In dieser zugigen, alten Kaschemme treffen sich Rumtreiber, Bettler, aber auch Händler, die auf der Durchreise sind und sich teure Zimmer nicht leisten können.
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Der Weg der Bluthündin - Kap. 1 Ein neuer Auftrag

Beitrag von Rikka » Samstag 27. Oktober 2012, 13:00

Das helle Licht der ersten Sonnenstrahlen tanzte einen wilden Reigen auf der nackten Haut der Schläferin, die sich in einem der Zimmer der Schenke „Zum Bettler“ im Außenring Grandeas gerade im Schlaf murmelnd umdrehte. Wo die Sonne eben noch die nackte Haut ihres Rückens beschien, kitzelte sie nun die Nase der jungen Frau. Auch wenn sie sich nur wenig über den Horizont erhob, so reichte ihr Licht doch aus, um durch das Fenster auf das darunter stehende Bett zu scheinen, während ihr Licht im übrigen Zimmer lange Schatten warf. Mit einem Niesen öffnete Rikka ihre Augen und blinzelte mit zusammengekniffenen Augen gähnend in das eher fahle Sonnenlicht. Am liebsten würde sie ja noch ein wenig im Bett liegen bleiben, aber sie hatte sich heute einiges vorgenommen, was keinen weiteren Aufschub duldete. Stöhnend wälzte sie sich aus dem unbequemen Bett und blieb, den Kopf auf die Hände gestützt auf der Bettkante sitzen. Ihr Kopf fühlte sich an, als würde eine Horde Zwerge mit Spitzhacken und großen Hämmern von innen gegen ihre Schädeldecke schlagen.
Bei Manthala, das letzte Glas Wein gestern Abend war wohl schlecht. Mir ist, als würde eine Herde Rinder durch meinen Schädel trampeln. Leicht schwankend erhob sich die nackte Frau von ihrer Liegestatt und tappte zu der kleinen Waschstelle zwischen Tür und Kommode. Dort stand auf einem wackligen Schemel eine Schüssel mit eiskaltem Wasser, daneben lag ein zwar gewaschenes, dennoch nicht gerade sauber zu nennendes Handtuch Über dem Schemel an der Wand befestigt hing ein kleiner, bereits gesprungener Spiegel, der auch schon bessere Tage gesehen hatte. Überhaupt war die Einrichtung des Zimmers eher spartanisch zu nennen. Neben dem Bett und der Kommode gab es noch einen kleinen zerkratzten Holztisch und zwei knarrende Stühle. Mehr Einrichtung stand der Mieterin dieses Zimmers nicht zur Verfügung. Gegenüber der Tür, direkt über dem knarrenden und unbequemen Bett befand sich ein kleines Fenster zur Straße hin, durch das gerade das Sonnenlicht auf das Bett fiel, von dem Rikka soeben geweckt worden war.

Aus dem Spiegel grinste sie ein völlig übernächtigtes Gesicht an. Die Augen lagen tief in den Höhlen, die Zunge fühlte sich irgendwie pelzig an und ihr Haar glich eher einem Reisigbesen denn einer Frisur.
Aufstöhnend spritzte sich Rikka das kalte Wasser ins Gesicht und schüttelte den Kopf, ganz so, als wollte sie lästige Gedanken vertreiben. Wieder betrachtete sie ihr Konterfei im Spiegel und streckte dem Spiegelbild die Zunge raus. „Jetzt reiß dich aber mal zusammen Rikka. Du bist eine von Aurisgaard und eine von Aurisgaard bewahrt in jeder, aber auch wirklich jeder Situation Haltung. Also, Schultern nach hinten, Brust heraus und nach einer Erfrischung mit kaltem Wasser ein gutes Frühstück. Dann sieht der Morgen gleich wesentlich freundlicher aus.“, sprach sie zu sich selbst. Sich ordentlich waschend vertrieb sie den letzten Rest Müdigkeit und auch die Kopfschmerzen fühlten sich nicht mehr ganz so bohrend an. Dafür sah sie, als sie das Handtuch neben die Waschschüssel zurücklegte, darauf einen Blutfleck. Ein schneller Blick zum Bett, ja, auch dort hatte sich über Nacht ein roter Fleck auf dem Laken gebildet. Ihre Unterhose besah sie sich erst garnicht, da diese sicher auch einen entsprechenden Abdruck aufwies.
„Verdammt, und ich dachte das wäre endlich vorbei.“ Immerhin war es nun bereits fünf Tage her, dass sie ihre regelmäßigen weiblichen Beschwerden bekommen hatte. „Na schön, dann halt noch ein Tag Sauerei und Unterwäsche waschen. Hoffentlich ist es dann endlich vorbei.“ Glücklicherweise war sie gerade in Grandea abgestiegen, als ihre Beschwerden einsetzten, so hatte sie bald wieder knapp einen Monat Ruhe, um sich einen neuen Auftrag zu suchen.
Nachdem sie sich gewaschen hatte, zog sie sich den Nachttopf unter dem Bett heran und entleerte ihre über Nacht gefüllte Blase. Den Inhalt entsorgte sie mit etwas Wasser zum säubern durch das Fenster auf die Straße, nicht ohne etwaige Passanten unter dem Fenster vorher zu warnen. Es war gang und gäbe, seinen Unrat in dieser Form zu entsorgen und so verwunderte es nicht, dass es in den Straßen des Außenrings Grandeas auch entsprechend roch. Aber, es war normal und keiner störte sich in irgendeiner Weise daran. Den Nachttopf verstaute sie wieder unter dem Bett, dann ging sie zur Kommode und kramte eine frische Unterhose aus ihrem Reiserucksack. Die alte, mit ihrem Blut versaute, warf sie neben den Hocker mit der Waschschüssel. Sie würde sich darum kümmern, wenn sie wieder zurück kam. Sich weiter anziehend, überlegte sie, wie es weiter gehen sollte. Das Zimmer hatte sie für zehn Tage im voraus bezahlt, von denen erst fünf vergangen waren. Sie hatte also noch weitere fünf Tage Zeit. Leider belief sich ihre derzeitige Barschaft nur noch auf 100 Füchse, womit sie keine großen Sprünge mehr machen konnte. Gut, sie hätte Warren um etwas Geld bitten können, ihr kleiner Bruder hätte ihre Bitte bestimmt nicht abgeschlagen. Doch dafür war sie einfach zu stolz, eben ganz eine von Aurisgaard. Eine von Aurisgaard würde sich nie, unter keinen Umständen Geld leihen.

Fertig angezogen kam der Spiegel ein letztes Mal zum Einsatz, denn es galt ihre Besenfrisur zu bändigen. Ihr Spiegelbild sah nun wieder annehmbar aus, sogar ihre inneren Stimmen schwiegen ausnahmsweise, anstatt irgendeinen dummen Spruch von sich zu geben. Ihr weizenblondes Haar lag nun in leichten Wellen auf ihren Schultern. „Hmm, du siehst wieder verboten gut aus Rikka.“, war ihr zufriedener Kommentar, als sie die Haarbürste schließlich weglegte.
Da sie noch keinen neuen Auftrag hatte, beließ sie es diesmal dabei, ihr Haar so offen zu tragen. Es würde ihre Wirkung auf Männer noch erhöhen. Andererseits, der Pferdeschwanz verlieh ihr etwas Freches, was die Männer ebenso unwiderstehlich anzog. Schulterzuckend verschloss sie die Kommode mit ihrer Ausrüstung, legte sich ihren Umhang um und wollte gerade das Zimmer verlassen, als ihr noch rechtzeitig ihre allmorgendliche Andacht an Manthala einfiel. Sich auf den Boden knieend und mit der Strn den Boden berührend begann sie die Andacht:

„Führe uns Manthala, lehre uns Manthala, beschütze uns Manthala. In deinem Licht werden wir gedeihen, deine Gnade gewährt uns Schutz. Deine Weisheit beschämt uns. Wir leben, um dir zu dienen, unser Leben gehört dir.“[1]

Sie wiederholte die Andacht noch einige Male, dabei fühlte sie ihre Zuversicht mit jedem weiteren Mal mehr erstarken. Schließlich beendete sie ihr psalmonieren, erhob sich bedächtig und verließ das Zimmer, nicht ohne dieses noch abzuschließen.
Im Schankraum setzte sie sich an einen der vielen Tische, worauf der Wirt eilfertig an ihrem Tisch kam.
„Guten Morgen werte Dame. Darf ich euch etwas bringen?“ Die Vorauszahlung ihres Zimmers hatte in dem Wirt die Meinung gefestigt, dass Rikka einer der wohlhabenderen Gäste seiner Spelunke sei, weswegen er sich in der Hoffnung auf gutes Trinkgeld förmlich andienerte.
„Eine Schüssel mit dicker Grütze bitte und einen Krug Milch. Ach und Wirt...“ Im gehen innehaltend drehte sich der angesprochene zu seinem gast herum. „Hier, mein Zimmerschlüssel. Wenn ich wiederkomme erwarte ich, dass das Zimmer gesäubert und das Bett frisch bezogen ist. Und untersteht euch in meinen Sachen herumzuwühlen. Es könnte euch schlecht bekommen.“ Mit einer schwungvollen Bewegung warf sie dem Wirt ihren Zimmerschlüssel zu, welchen dieser ebenso gekonnt auffing. „Und nun eilt euch, ich habe heute noch viel zu tun.“
„Sehr wohl werte Dame. Es soll alles zu eurer Zufriedenheit erledigt werden.“, erwiderte der Wirt und trollte sich in die Küche, um Rikkas Bestellung zu erledigen.
Währenddessen zog Rikka einige zusammengefaltete Pergamente aus ihrer Hosentasche, die sich nachdem sie sie aufschlug als Steckbriefe herausstellten.
Der obenauf liegende zeigte die Abbilder dreier Frauen und eines Jungen. „Hm, wirklich interessant. 50 Drachmen und das für jeden von denen. Ein wahrhaft kleines Vermögen.“ Nachdenklich besah sie sich die Angaben, die zu den Personen gemacht wurden, faltete dann das Pergament wieder zusammen und ließ es in ihrer Hosentasche verschwinden. „Zu heikel.“, war ihr gemurmelter lapidarer Kommentar. Die Belohnung mochte ja fürstlich sein, dafür handelte es sich bei den Gesuchten aber auch um eine Gruppe mächtiger Magier. Es versprach zwar eine aufregende Jagd, doch lebensmüde war sie nicht. „Hm, vielleicht, wenn ich mit einem anderen zusammenarbeite ... Wie auch immer, die laufen nicht weg und wenn ein anderer schneller ist, auch gut.“
Sie studierte gerade das zweite Pergament, es zeigte einen recht muskulösen Mann mit einem für ihre Begriffe völlig verrückt aussehenden Helm als der Wirt mit der Schüssel Grütze und dem Milchkrug kam. Ehe Rikka die Pergamente aus der Hand legen konnte, gelang es ihm noch einen kurzen Blick darauf zu erhaschen.

[1] Entlehnung aus „Das Schwert der Wahrheit“ von Terry Goodkind. (Ich fand es passt einfach gut zu ihr.)

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Re: Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Beitrag von Gestalt » Sonntag 28. Oktober 2012, 19:47

Rikka war mittlerweile ein vertrauter Anblick in dieser Spelunke. Sie saß an ihrem üblichen Platz, eine Sitzecke nicht weit entfernt vom Tresen. Der Wirt verschwand sofort in der Küche, um seiner neuen Stammkundin, wie es schien, das Essen zubereiten zu lassen. Im Schankraum war es noch ziemlich ruhig, was vermutlich an der gestrigen Nacht lag. Es gab ein riesiges Saufgelage, ein Händler hatte ein ziemlich lukratives Geschäft abgeschlossen und hatte für alle Speis und Trank bezahlt. Man musste das Gesockse nicht zweimal fragen, ob sie mit ihm feiern wollten. Schließlich gab es Schnaps und Bier umsonst, das Essen war ein netter Beigeschmack, aber unnötig. Denn vier Bier waren doch auch eine Hammelkeule, oder? Das Bier was man hier trank war wirklich eine Mahlzeit, man musste sich schon zwingen diese klumpige, braune, dickflüssige Masse zu schlucken, oder besser gesagt, zu kauen. Die Kopfgeldjägerin hatte sich natürlich nicht lumpen lassen und bei der Feier kräftig mitgemacht. Was man ihr auch noch ansehen konnte. Sie hatte leichte Schatten um die Augen und eine Horde Orks spielten wohl gerade Goblinball in ihrem Kopf. Im Raum hing noch der Geruch von Kotze und vergossenen Alkohol, dazu mischte sich der Geruch der Küche und der Duft von Männern, die sich schon seit acht Wochen nicht mehr gewaschen hatten. Im Schankraum befanden sich noch drei andere Gäste: der fette Händler der gestern die Zeche bezahlt hatte, seine Leibwache und ein Mann den Rikka hier noch nie gesehen hatte. Der Händler, namens Friedrich Willnicht, trank gerade ein Bier, oder er versuchte es zumindest. Ständig stellte er das Gesöff nach einem kurzen Schluck ab und kaute die Masse. Dabei massierte er sich die Schläfen, seine Schweinsaugen hatten noch einen glasigen blick. Er brummelte etwas von 15 Drachmen und das ihn der Wirt wohl über den Tisch gezogen hätte. Sehr unwahrscheinlich, wenn man sich seine Statur ansah. Es gab ja Leute, die ein Doppelkinn hatten, der Händler hatte drei, dazu gesellten sich dicke runde Hamsterbacken, eine unreine Haut mit verteilten, dicken gelben Pickeln, die Schweineaugen und eine viel zu hohe Stirn. Friedrichs Köper hatte die Form von einem Fass mit viel zu kurzen breiten Beinen und kleinen Tippelfüßen. Seine fette Hand, an der ein paar Goldringe im spärlichen Licht des Schankraumes funkelten, hob sich kurz. Man müsste ihm wohl die Finger abschneiden um an die Ringe zu kommen. Sein Mittelfinger und Zeigfinger trafen sich kurz und ließen ein schnippendes Geräusch ertönen. Der Leibwächter, der zu seiner Rechten hinter ihm stand, beugte sich hinab zu seinem Gesicht.
Dieser Mann wirkte wie der Leibwächter, den man sich vorstellte, wenn man von diesem Beruf hörte. Er war hochgewachsen und von breiter Statur, besaß ein verwegenes Gesicht und dazu einige Narben im Gesicht. Der Leibwächter trug ein einfaches Kettenhemd mit einem Überwurf auf den eine Wüstenschlange auf dem Rücken abgebildet war. Dazu ledernde Beinkleider mit unnötig vielen Taschen und schwarzen Stiefeln. Im linken Schuh musste eindeutig ein Dolch versteckt sein. An seiner Hüfte befand sich eine lederne Peitsche mit silbernem Griff. Weitere Waffen konnte man nicht entdecken, aber Rikka rechnete mit weiteren, versteckten Klingen, wie bei seinem linken Schuh.
Der Händler flüssterte ihm etwas ins Ohr und wendete sich dann wieder seiner Kopfmassage zu. Sein Wächter erhob sich wieder und starrte mit ausdrucksloser Miene in den Raum. Dabei fiel sein langes, fettiges, schwarzes Haar wieder nach hinten auf seinen Rücken.
Rikka indess widmete sich den Steckbriefen, einige von ihnen waren wohl doch eine Nummer zu groß. Bei dem hünenhaften Mann war ihr Interesse mehr geweckt, auch seine Belohnung war nicht außer Acht zu lassen. Doch irgendwie fehlte ihr durch den Kater die Konzentration um weitere Pläne auszuhecken und so begutachtete sie den anderen Mann im Raum.

Die letzte Person, die sich neben Rikka noch in diesem Raum befand, war ein Mann, den die Jägerin hier noch nie gesehen hatte. Er saß nach vorn gebeugt, mit den Gesicht fast im Teller vergraben und witmete sich laut schmatzend seiner Speise. Sein braunes, mittellanges Haar hing fast im Essen, als Rikka genau hinsah, konnte sie erkennen, dass er die gleiche Speise zu sich nahm, wie sie es bald tun würde. Eine farblose, klumpige Masse die alles andere als appetietlich aussah. Der Löffel versank nur schwer in der Grütze und kam laut schmatzend zum vorschein um dann ebenfalls so geräuschvoll verschlungen zu werden. Das Gesicht des Herren strotzte nur so vor Dreck und lies nur schwer erahnen, wie die Person dahinter eigentlich aussah. Nur seine Augen hatten etwas Verspieltes und glitzerten in einem Smaragdgrün. Er musste mittelgroß sein, dass vermutete zumindest die Kopfgeljägerin, da es durch seine gebeugte Haltung schwer einzuschätzen war, wie groß der laut schmatzende Mann eigentlich war. Seine Kleidung konnte man auch nicht erkennen, da er sich im dunkelsten Teil des Tavernenraumes aufhielt.
Als die Kopfgeljägerin mit dem Begutachten des Fremden fertig war, erschien der Wirt mit einem Tablett in der rechten Hand aus der Küche. Auf dem Tablett standen eine Karaffe mit weißer Milch, auf der sich einige Wasserperlen befanden, und ein bräunlicher alter Tonkrug. Das Gefäß mit der Milch schwappte leicht bei seinem Gang. Der Teller mit der heißen Grütze befand sich direkt daneben und zog eine Dampfwolke durch den Schankraum. Als der Wirt Rikkas Tisch erreichte, wischte er noch einmal kurz mit seinem dreckigen Tuch, was an seiner Hüfte hing, über die Tischplatte und stellte dann alles ab. Der Mann im mittleren Alter, mit seiner fleckigen Schürze, wendete kurz das Wort an die attraktive junge Frau: „ Lassen sie es sich schmecken!“ Kurz nickte er und zog sich dann wieder hinter seinen Tresen zurück. Rikka brauchte für das Essen nicht zu bezahlen. Denn das Frühstück war im Preis für das Zimmer enthalten. Die Kopfgeldjägerin nahm gerade etwas von dieser grauen, klumpingen Masse zu sich als sich die Tür des Gasthauses öffnete, das Quieschen der Tür wurde von einem kurzen Lichtschein in dieser dunklen Kaschemme begleitet. Ein weiterer Mann betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich. Mit der geschlossenen Tür verschwand das helle Tageslicht und zum Vorschein kam ein Herr im Alter von 35 Jahren. Dieser Gesell war mehr als attraktiv, seine Haut war so rein wie der Hintern eines Babys. Das Gewand, das er trug, lies eindeutig vermuten, dass er zu den wohlhabenden Menschen Celcias gehörte. Er trug eine lange, rote Tunika, die mit goldenen Verschnörkelungen verziert war. Seine Beinkleider waren ebenfalls aus Stoff und tiefschwarz. Genau wie sein Schuhwerk. Ein dicker Beutel hing, an einen Gürtle befestigt, zu seiner Linken. Man konnte das Klimpern der Münzen schon von Weitem hören.
Der, vermutlich, Adelige ging ohne Umschweife auf Rikka zu und blieb vor ihrem Tisch stehen. Sein Gesicht war ein angenehmer Anblick im Schenkraum. Er hatte ein spitzes Gesicht, was durch einen sauber getrimmten, dunkelblonden Bart umrandet wurde. Seine eisblauen Augen strahlten förmlich, als sie die Kopfgeldjägerin erblickten. Sein Mund verzog sich zu einen Lächeln und wurde von zwei leichten Grübchen begleitet. Eine blonde Haarstähne seines etwas längeren Haares fiel ihm ins Gesicht. Er lies sie dort und die Lippen die zum Küssen einluden, öffneten sich: „Ich habe gehört, ihr wärt jemand, der sich um Probleme kümmert.“, er grinste wieder und setze sich ihr gegenüber. „Hättet ihr Lust nach Rumdrett zu reisen um euch um eine gewisse Person zu kümmern?“
Der Mann verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Lächeln war noch immer nicht verschwunden. Das interessante an dieser Situation war nicht, dass sich gerade jemand zu Rikka setzte sondern, dass der Wirt diesen Mann nicht seine Aufwartung machte. Auch der Leibwächter verhielt sich anders, er blickte jetzt nicht mehr sturr in den Raum, sondern hatte seinen Blick auf den Mann, der eben gerade den Raum betreten hatte, fixiert. Der laut schmatzende Mann in der dunklen Ecke schmatzte nicht mehr und blickte auch mit seinen grünen Augen zu dieser Person, die gerade neben Rikka saß. Irgendwie war die Atmosphäre des Raumes zu einem angespannten Schweigen geworden. Nur der Neuling schien als einziger entspannt: „Ach so, ich hatte ganz vergessen mich vorzustellen. Mein Name ist Salar Harlor. Freut mich eure Bekanntschaft zu machen.“
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Re: Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Beitrag von Rikka » Montag 29. Oktober 2012, 20:08

Rikka legte den Steckbrief des Mannes mit dem komischen Helm zurück zu den anderen auf dem Tisch und wartete bis der Wirt ihr das Essen und die Milch serviert hatte.
“Lassen sie es sich schmecken.“, meinte der Wirt schließlich noch, worauf sich Rikka mit einem „Dankeschön.“ bedankte. Zugleich erinnerte sie ihn noch einmal daran, ihr Bett frisch zu beziehen und das Zimmer zu säubern. „Sehr wohl die Dame“ quittierte der Wirt eilfertig und zog sich augenblicklich zurück. Allerdings hegte Rikka angesichts der Sauberkeit im Schankraum starke Zweifel, dass sich irgendwer um ihre Wünsche kümmern würde. Der Laden war alles andere als anheimelnd, aber was wollte sie von einer Taverne im Außenring Grandeas auch erwarten.
Nachdem der Wirt wieder verschwunden war, schenkte sie sich erst einmal den Tonkrug voll Milch und nahm einen kräftigen Schluck. Die Milch schmeckte wie sie aussah, reichlich wässrig, aber egal, Hauptsache es war reichlich, denn nach dem Gelage des gestrigen Abends hatte Rikka einen kaum löschbaren Durst. Den ersten Krug Milch stürzte sie daher mit nur zwei Zügen hinunter, schenkte sich den Krug erneut voll und begann erst dann ihre Grütze zu löffeln.
Das Zeug sah zwar aus wie Eierpampe, schmeckte dem Aussehen zum Trotz jedoch einigermaßen gut. Zugleich war die Grütze auch sehr nahrhaft und verleitete nicht zur Völlerei. Nebenher besah sich Rikka immer mal wieder die Steckbriefe, konnte sich aber nicht so recht darauf konzentrieren. Ihre Kopfschmerzen lenkten sie zu sehr ab. Also faltete sie die Papiere allesamt wieder zusammen und steckte sie in ihre Hosentasche zu dem schon dort verschwundenen ersten Steckbrief.
Nun, da sie nichts weiter zu tun hatte, begutachtete sie, während sie ihre Grütze weiter löffelte, erneut die drei anderen Gäste unauffällig durch ihre das Gesicht verdeckenden Haare. Es war immer von Vorteil im Falle eines Falles mit seiner Umgebung genauestens vertraut zu sein.
In dem einen Gast erkannte sie den Händler von gestern Abend, der die Gäste mit Freigetränken ausgehalten hatte. Im Dämmerlicht des Morgens betrachtet sah der Kerl alles andere als ansprechend aus. Man sah ihm an, dass er seinen Reichtum in vollen Zügen genoss, denn er war so fett, dass er mehr einem Mastschwein ähnelte als einem Mann in den besten Jahren. Es kam einem Wunder gleich, dass er noch genügend Luft bekam. Angewidert verzog Rikka das Gesicht. Da sie gerade einen weiteren Löffel Grütze in den Mund schob sah es für einen unbeteiligten Betrachter so aus, als würde sie das Gesicht wegen des Essens verziehen. Zumindest konnte es der Kerl nicht auf sich beziehen, sollte er zufällig in ihre Richtung schauen.
Bei dem Baumstamm hinter dem fetten Händler musste Rikka unvermittelt lächeln. Er sah zwar ziemlich martialisch aus und strotzte sicher nur so vor Waffen, aber Rikka bezweifelte, dass er es mit einem ausgebildeten Mörder oder Kopfgeldjäger aufnehmen konnte. Den wirklich gefährlichen Leuten sah man es meist am allerwenigsten an. In Gedanken wog sie ihre Chancen gegen ihn ab und kam zu dem Schluss, dass sie ihm aufgrund ihrer Gewandtheit durchaus ebenbürtig sein konnte.
Den Dritten hatte sie während ihres derzeitigen Aufenthalts in dieser Taverne noch nie gesehen. Er war schwer einschätzbar, da er gebeugt über einem Teller saß auf dem sich das gleiche Zeug befand, dass Rikka gerade in sich hineinschlang. Im Gegensatz zu den beiden anderen sah er schmutzig und abgetragen aus, war so ganz das Gegenteil seiner Tischnachbarn. Kurz wunderte sich Rikka, was solch ein Schmutzfink mit einem reichen Händler und seinem Leibwächter zu schaffen hatte, ließ es dann aber auf sich beruhen und löffelte still weiter ihre Grütze.
Die Ruhe dauerte nicht sehr lange an, denn nur kurz nachdem Rikka ihre Musterung beendete öffnete sich quietschend die Tür zum Schankraum und ein weiterer Gast betrat die Taverne. Im Gegenlicht das durch die offene Tür drang sah man nur seine Umrisse, erst als er diese schloss wurden Einzelheiten erkennbar.
Der Mann war mittleren Alters und unverkennbar wohlhabend. Allein sein Gewand musste ein kleines Vermögen gekostet haben. Zudem war er auch nicht unattraktiv, musste Rikka ehrlich zugeben. Seine ganze Erscheinung passte unter keinen Umständen in diese Taverne. Er war hier so fehl am Platz wie eine adlige Dame in einem Freudenhaus.
Seine Hosen waren aus edlem schwarzen Tuch und das Schuhwerk aus feinstem schwarzen Leder. Und als wäre dies nicht schon Hinweis genug baumelte an seinem Gürtel ein prall gefülltes Geldsäckel. Rikka konnte die Münzen förmlich klimpern hören.
So wie er aussah und sich bewegte vermutete Rikka, dass es sich um einen der Adligen Grandeas handelte. Einer jener Leute, die in prächtigen Villen und Schlössern im Innenring der Hauptstadt lebten. Einer dieser Männer, an die Rikka, wäre es nach ihren Eltern gegangen, eines Tages hätte verheiratet werden sollen. Ob er wohl ihre Familie kannte? Wie dem auch sei, es waren müßige Gedanken.
Während sie all dies aufnahm, unterbrach sie keine Sekund lang ihre Mahlzeit. Die Grütze wollte heiß gegessen werden. War sie erst einmal kalt, schmeckte sie um ein vielfaches weniger gut.
Nur kurz hielt sie inne, als sie gewahr wurde, dass der eitle Pfau schnurstracks auf ihren Tisch zuhielt. Skeptisch hob sie eine ihrer geschwungenen Augenbrauen, doch schon im nächsten Moment löffelte sie wieder wie unbeteiligt ihr Essen.
Das sich nähernde klacken seiner Schuhe auf den Holzdielen des Schankraums erstarb, als er vor ihrem Tisch zum Stehen kam. Gleichsam erstarb auch das Gespräch der anderen drei Gäste und ihre Blicke richteten sich auf den Neuankömmling. In der so plötzlich eintretenden Stille vernahm man nur noch das Geklapper von Rikkas Löffel, die ohne aufzusehen und ohne Unterbrechung stur ihre Grütze in sich hinein futterte.
Erst ein kurzes Räuspern des Mannes ließ sie ihre Tätigkeit unterbrechen und zu ihm aufsehen. Zugegeben, der Pfau sah garnicht schlecht aus. Sein zum Kinn hin spitz zulaufendes Gesicht mit dem sauber getrimmten Kinnbart und seiner vornehmen Blässe wirkte äußerst aristokratisch. Und dann erst noch diese blauen Augen, die sie förmlich anstrahlten, als sie ihn anblickte, zusammen mit seinem blonden Haar war er bestimmt der Traum vieler Frauen. Rikka jedoch ließ seine Erscheinung völlig kalt, wirkte auf sie wie die jedes anderen gewöhnlichen Mannes. Zugegeben, er sah besser aus als manch anderer, so wie er da vor ihr stand, doch ihr Herz höher schlagen ließ er nicht.
Mit leicht hochgezogener Augenbraue sah sie ihn an, was ihn sogleich veranlasste, das Wort an sie zu richten:
„Ich habe gehört, ihr wärt jemand, der sich um Probleme kümmert.“
„So, habt ihr das?“ Es war weniger Frage als Feststellung und zeigte nur, dass es Rikka nicht im Mindesten interessierte was er gehört oder auch nicht gehört hatte. Und um ihr Desinteresse noch zu unterstreichen nahm sie ihre unterbrochene Tätigkeit, nämlich die Grütze in sich hinein zu schaufeln, wieder auf.
Der Geck vor ihr zeigte sich von ihrem Gebaren völlig unbeeindruckt. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen lümmelte er sich ungefragt ihr gegenüber auf den Stuhl und fuhr an sie gewandt fort:
„Hättet ihr Lust nach Rumdett zu reisen, um euch um eine gewisse Person zu kümmern?“
Der Mann mochte ja reich und auch adlig sein, sein Benehmen zeugte allerdings nicht davon, noch dass er überhaupt selbiges anerzogen bekommen hatte. Reichlich indigniert von solcherart Unverfrorenheit wanderten nun beide Augenbrauen der Kopfgeldjägerin in Richtung Haaransatz während sie den gerade zum Mund wandernden Löffel sinken ließ.
Was bildete der Kerl sich eigentlich ein? Und schon legte Rikka, ihrem Unmut durch ihre leicht erhobene Stimme Ausdruck verleihend los:
„Ich kann mich nicht erinnern, euch an meinen Tisch eingeladen zu haben, noch habe ich euch aufgefordert Platz zu nehmen. Ihr mögt ja fein gekleidet und schön anzuschauen sein, an gutem Benehmen mangelt es euch dafür umso mehr. Die Höflichkeit hätte es geboten, dass ihr euch zuerst einmal vorgestellt hättet, um sodann die bereits anwesende Dame zu Fragen, ob es euch gestattet sei, am Tisch Platz zunehmen. Stattdessen poltert ihr herein, lümmelt euch ungefragt an meinen Tisch und besitzt auch noch die Unverfrorenheit, euch noch nicht einmal, was das mindeste gewesen wäre, vorzustellen.“ Dabei stieß sie mit jedem Weiteren Wort ihren Löffel wie ein Schwert in seine Richtung, so dass sich Spritzer der Grütze lösten und auf seiner Tunika landeten, wo sie hässliche kleine Flecken bildeten.
Mit vor der Brust verschränkten Armen lächelte sie der Besucher weiter an, auch wenn sein Lächeln aufgrund der Grützeflecken auf seiner Tunika etwas gequälter wirkte. Vielleicht waren es auch ihre Worte, die ihn trafen, denn endlich besann er sich und stellte sich ihr vor:
„Ach so, natürlich, ich hatte ganz vergessen mich vorzustellen. Mein Name ist Salar Harlor. Freut mich eure Bekanntschaft zu machen.“
Nun, Rikka konnte nicht behaupten, dass es ihr eine ebensolche Freude war, wollte aber ihrerseits nicht unhöflich sein und lenkte deshalb beschwichtigt ein:
„Na seht ihr, es geht doch. Und da ihr nun schon einmal hier sitzt, könnt ihr mir euer Anliegen gleich näher darlegen. Erst dann werde ich entscheiden, ob ihr richtig gehört habt und ob ich Lust habe, nach Rumdett zu reisen. Also der Herr, ich bin ganz Ohr.“
Zeitgleich verzehrte sie den Rest Grütze, der sich noch in der Schüssel befand, schob hernach die leere Schüssel von sich und spülte, indem sie den zweiten Milchkrug leerte, die letzte Grütze in ihrem Mund hinunter. Sie war so auf den Mann und ihr Essen fixiert, dass ihr erst jetzt gewahr wurde, dass sich der Wirt, ganz gegen seine sonstige Gewohnheit, noch nicht einmal seit er die Taverne betreten hatte, um den neuen Gast bemüht hätte. Nun, man würde sehen, ob dies etwas zu bedeuten hatte.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Beitrag von Gestalt » Dienstag 30. Oktober 2012, 22:19

Der Wirt blickte erschrocken in Richtung Rikka, als diese den Mann ihr gegenüber förmlich anschrie. Diese Alte ist doch nicht bei Trost, weiß sie denn nicht mit wem sie da spricht, dachte er sich. Kurz schüttelte er den Kopf und begann dann einen verdreckten Krug zu reinigen. Na ja, besser gesagt, er wischte den neuen Schmutz ab. Die Krüge waren über 30 Jahre alt, so richtig sauber, so wie sie damals sein Vater gekauft hatte, würden sie nie mehr werden.
Er dachte weiter: Ich konnte sie schon nicht leiden als sie zum ersten Mal meine Schenke betreten hat. Führt sich auf wie eine Adelige und hat aber gerade mal so viel Geld, dass sie sich HIER ein Zimmer nehmen kann. Ich hoffe Salar Harlor bringt sie nicht um, sondern schlägt sie nur bewusstlos. Dann könnte ich noch ein wenig Spaß mit ihr haben.
Der Wirt grinste in sich hinein, zum Glück verdeckte der Tresen seinen Lendenbereich, sonst hätte Rikka sehen können was sich da unten bei ihm abspielte.
Das Interesse des fetten Händlers wurde ebenfalls auf die Beiden gelenkt, als die Kopfgeldjägerin ihrem Gegenüber das gute Benehmen eines Mannes gegenüber einer Frau näher brachte. Durch die Lautstärke ihrer Stimme verzog dieser das Gesicht und als Rikka mit ihrem Essen fertig war, sprach er die beiden über die Tische an:
„Könnt ihr nicht leiser reden, ihr seht doch das eure lauten Stimmen meiner zarten Seele Schmerzen bereitet“ Beim Reden schwabbelte das Dreifachkinn des Mannes wild hin und her.
Salar grinste immer noch fröhlich, trotz der Tatsache dass er mit einem Löffel bedroht wurde und einige Grützereste auf seiner Kleidung lagen. Aber als sich der fette Händler an ihn wendete, war sein Lächeln verschwunden und seine Miene verhärtete sich. Sein Blick ging nur für den Bruchteil einer Sekunde zu dem Leibwächter und dem verdreckten Mann bevor sein Gesicht wieder weichere Züge annahm, als er das Wort wieder erhob: „Verzeiht Rikka von Aurisgard das dieser…“, der Leibwächter des Händlers packte den Kopf von Friedrich und machte eine ruckartige Bewegung. Es knackte kurz und der massige Körper des Mannes schlug lautstark auf den Boden. Er wirkte wie ein toter, gestrandeter Wall, wie er so vor den Füßen seines eigentlichen Leibwächters lag.
„…tote Fettsack unser Gespräch gestört hat. Mein Auftrag ist etwas delikat und nicht jeder sollte hören…;“ der dreckige Mann zog eine Einhandarmbrust unter dem Tisch hervor und schoss den Bolzen noch in der Drehung ab. Dieser traf den Wirt genau zwischen die Augen und auch er schlug mit weit aufgerissenen Augen und Mund auf den Boden. Sein Lebenssaft gab dem verdreckten Boden hinter dem Tresen einen neuen roten Anstrich.
„…was ich euch zu sagen habe. Ihr sollt mich begleiten…“ Salar Harlor machte kurz eine verscheuchende Bewegung mit der Hand und der Leibwächter ohne Schutzperson ging in die Küche. Sowie der verdreckte Schütze nach oben zu den Gästezimmern ging.
„… wie Ihr sehen könnt habe ich gute Männer um mir Pöbel vom Hals zu schaffen, aber ich brauche eure Fähigkeiten um einen Piraten aus Rumdett lebend zu bergen.“ Er stand kurz auf und ging zum Tresen. Rikkas Sinne, die durch das plötzliche Ableben der zwei Männer mehr als geschärft waren, nahmen jetzt jede Veränderung bewusster auf. So konnte sie trotz der verdreckten Fenster erkennen, wie sich zwei Männer vor den Eingang stellten. Dann hörte sie, wie anscheinend mehreren Leuten über ihnen das Leben ausgehaucht wurde und diese so nie wieder nach der durchzechten Nacht aufwachen würde. Dazu gesellte sich der Geruch von verbrannten Haaren aus der Küche. Aber immer noch waren die Beiden alleine im Schankraum. Salar ging hinter den Tresen und suchte etwas. Dabei ging sein rechter Zeigefinger die oberen Regale ab, indem sich die besonderen Getränke befanden.
„Wo hat er den denn hingestellt…?“, er gab dem toten Wirt einen Tritt. „…Ahja! Da haben wir ihn ja. Er stieß zwei Flaschen Wein mit einer Handbewegung um. Diese zersprangen Lautstark, als sie auf den Boden trafen. Der rote Traubensaft vermischte sich mit dem Blut des Mannes. Salar Harlor griff die Flasche, die sich hinter den Beiden befand, und ging wieder zurück zum Tisch. Noch beim Verlassen des Tresens nahm er sich zwei „saubere“ Krüge und platzierte sie dort, wo sie bis vor Kurzem noch gesessen hatten und füllte die beiden Gefäße bis zu Hälfte auf. Danach setzte er sich wieder und deutete auf den Platz, auf den zuvor Rikka noch gesessen hatte. Bevor die anderen Anwesenden umgebracht wurden. „Ihr könnt Euch ruhig wieder setzen, ich habe nicht vor Euch zu töten. Was sich bestimmt als nicht zu einfach herausstellen würde, oder?“, er lachte kurz und nahm einen Schluck des Roten. „Für so eine Spelunke ein recht guter Tropfen. Er stammt aus dem Grassland von irgendeinem Orden.“
Salar nahm noch einen Schluck bevor er weiter sprach. „Kommen wir aber zurück zum Geschäftlichen, Ihr sollt mir einen Piraten bringen. Keine Sorge, es handelt sich nicht um Roderick den Roten, auch nicht um Käpt'n Finn und erst recht nicht um Cattie. Vor allem nicht um Cattie. Es geht um einen Piraten, der sich zur Ruhe gesetzt hat. Sein Name ist Jagon Ulmson. Kommt Euch der Name bekannt vor?“
Wieder einmal nahm er einen kräftigen Schluck aus dem Gefäß, bei dieser Geschwindigkeit musste er doch langsam angeschwippst sein? Doch dem war nicht so, seine Wortgewandtheit war immer noch ausgezeichnet, auch sein Blick war noch so klar wie ein Bergbach.
„Nein? Vielleicht kennt Ihr ihn ja unter dem Namen Stein Faust. Ein ziemlich unpassender Name wie ich finde. Aber wer kann schon in den Kopf eines Piraten schauen?“
Seine Hand ging zu seinem braunen Ledergeldbeutel und er ließ ihn provisorisch einmal in der offenen Hand hoch hüpfen. Das Klappern der Münzen war nicht zu überhören. Wahrscheinlich hörten sogar die Toten über Rikka noch die Melodie des Geldes. Salar legte den Beutel zwischen sich und die Kopfgeldjägerin. „In diesem Beutel befinden sich 15 Drachmen, eine mehr als fürstliche Belohnung wie ich finde. Diese bekommt Ihr natürlich NUR wenn er mir lebend ausgehändigt wird. Sollte er sterben, wäre es für Euch besser, nicht in meiner Nähe zu sein.“
Er lies kurz ein Schnippen im Raum widerhallen, wie zuvor der fette Händler. Sofort hörte man eilige Schritte im ganzen Gebäude. Zuerst kam der Leibwächter aus der Küche, in seinem Gesicht konnte man vereinzelt Blutspritzer erkennen. Er lehnte sich entspannt an den Tresen, genau in diesen Moment kam der verdreckte Armbrustschütze aus der oberen Hälfte des Gebäudes. Dieser sah aus, als hätte er einen Ritualmord praktiziert. In seiner Hand befand sich eine Tasche, die er vor Rikka abstellte. Er selbst ging zurück zum Tresen und lehnte sich jetzt genauso entspannt wie der ehemaligen Leibwächter gegen ihn. Jetzt konnte man erkennen, dass diese beiden Männer genau gleich groß waren und sie auch eine identische Figur besaßen. Beim näheren Betrachten und außer Acht lassen des verdreckten Erscheinungsbildes des Einen, wurde einem sofort klar, dass sie Brüder waren, vielleicht sogar Zwillinge. „Mein Freund war so gütig und hat Eure Habe zusammengepackt, egal wie Ihr Euch entscheidet, es wäre, glaube ich, besser hier nicht mehr zu übernachten, wenn die Stadtwache eintrifft. Nun was sagt Ihr, habe ich Euer Wort, dass Ihr mir Jagon Ulmson ausliefert? Alle weiteren Details können wir dann noch entspannt auf meinem Schiff besprechen.“
Salar lehnte sich im Stuhl zurück und genehmigte sich noch einen Schluck.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Beitrag von Rikka » Mittwoch 31. Oktober 2012, 19:25

Es war Rikka nicht bewusst, wie laut sie überhaupt gesprochen hatte. Erst die Stimme des fetten Händlers, der sich mit hoher Fistelstimme darüber beschwerte, dass ihre Lautstärke sein empfindsames Gehör beleidigen würde, machte ihr wieder klar, dass sie nicht allein im Schankraum saßen. Gleichzeitig drehten sie und Salar Harlor ihre Köpfe zu dem Fettsack, doch während Rikka ihn nur abschätzig mit kaltem Blick maß, wandelte sich Salars fröhliches Lächeln zu einem sardonischen Grinsen.
Ein kurzer, kaum wahrnehmbarer Blickwechsel von ihm zu dem Leibwächter und dem verdreckten Fremden, bevor er mit weichem Lächeln an Rikka gewandt sein Anliegen verdeutlichte:
„Verzeiht Rikka von Aurisgaard ...“ Wie von der Sehne geschnellt fuhr Rikkas Kopf zu ihm herum, ihr Blick nun ganz gespannte, nein, angespannte Aufmerksamkeit. das dieser…“, das ihr wohl vertraute Geräusch brechender Knochen ließ ihren Kopf wieder zu den drei anderen Gästen herumfahren, wo gerade der Körper des fetten Händlers tot zu Boden sackte. Salar sprach indes so beiläufig weiter, als würde er mit ihr bei einem gemütlichen Tässchen Tee sitzen: „…tote Fettsack unser Gespräch gestört hat. Mein Auftrag ist etwas delikat und nicht jeder sollte hören…;“
Rikka machte sich nicht die Mühe ihren Kopf erneut ihm zuzuwenden, stattdessen behielt sie die kleine Gruppe weiter wachsam im Auge, denn just zuckte der Arm des dreckigen Fremden, den er die Ganze Zeit unter dem Tisch verborgen hatte hoch und enthüllte eine Einhandarmbrust, ganz ähnlich der ihrigen. Gekonnt aus der Bewegung schießend setzte er den Wirt mit einem Bolzenschuss mitten in die Stirn außer Gefecht, so dass dieser sofort tot hinter dem Tresen zu Boden polterte und noch einige Tonkrüge mit auf den Weg nach unten nahm, wo sie klirrend zu Bruch gingen.
„…was ich euch zu sagen habe. Ihr sollt mich begleiten…“, vollendete Salar seine Rede.
Mit einem Satz war Rikka auf den Beinen. Ihr Stuhl flog poltern hinter ihr zu Boden. Sprachlos schaute sie zu dem vor ihr sitzenden Adligen, der gerade seine beiden Kumpane, denn dass diese zu ihm gehörten stand nach den Geschehnissen soeben außer Zweifel, mit einer verscheuchenden Handbewegung zum Gehen aufforderte. Wer war dieser Salar Harlor? Und woher bei Manthala kannte er ihren vollständigen Namen? Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen! Die gebeugte Haltung des Schmutzfinken! Er hatte den Löffel in der linken Hand und saß nur deshalb so gebeugt, weil er die Armbrust unter dem Tisch verdeckte. Was war sie doch dumm. Nein, nicht dumm, sie war nur nicht ganz beisammen und noch vom Saufgelage des Vorabends benebelt. In völlig nüchternem Zustand wäre ihr eine solche Unaufmerksamkeit nicht unterlaufen. Auf jeden Fall betrachtete Rikka den Mann nun mit völlig anderen Augen. Kurz kam ihr eine Ausage Morticias in den Sinn, welche diese ihr gegenüben bei ihrem einzigen Zusammentreffen gemacht hatte.
Beurteile einen Menschen nie nach seinem ersten Eindruck, denn dieser täuscht in den meisten Fällen. Wie wahr, sie hatte sich von seinem Aussehen täuschen lassen. Unter normalen Umständen wäre ihr das nicht passiert, aber nach dem Gelage gestern. Wie auch immer, das soeben Geschehene hatte sie schlagartig ernüchtert. Ihr erster Impuls war, den Kerl niederzustrecken sobald seine Helfershelfer den Schankraum verlassen hatten und schleunigst das Weite zu suchen, doch dann gewann ihr kalter Verstand endgültig die Oberhand. Salar war kein Dummkopf, er zog so etwas nicht durch, ohne sich gegen alle Widrigkeiten abzusichern.
Also blieb sie mit vor der Brust verschränkten Armen stehen und wartet ab. Salars nächste Worte bestätigten sogleich ihre Vermutung:
„… wie Ihr sehen könnt habe ich gute Männer um mir Pöbel vom Hals zu schaffen, aber ich brauche eure Fähigkeiten um einen Piraten aus Rumdett lebend zu bergen.“
„Das bezweifle ich doch stark.“, fand Rikka endlich ihre Sprache wieder. „Mir scheint, dass ihr und eure Leute Manns genug sind, gewisse Probleme eigenhändig aus der Welt zu schaffen.“ Ihre Stimme zitterte um keinen Deut, auch wenn sie in ihrem Inneren nicht ganz so ruhig war. Doch einem solchen Mann gegenüber galt es Furchtlosigkeit und Stärke zu zeigen. Nur so würde sie eine Chance haben lebend aus dieser verzwickten Sache herauszukommen. Denn eines war ihr sonnenklar, Salar konnte es sich nicht erlauben, sie, sollte sie ihn nicht zufriedenstellen, lebend ziehen zu lassen. Nicht nachdem sie die soeben verübten Morde mit angesehen hatte.
Verdammte Kopfschmerzen, verdammte Nachlässigkeit.
“Ja meine Liebe, das kommt davon, wenn man dem Alkohol zu sehr zuspricht. Jetzt steckst du verdammt in der Klemme. Ausnahmsweise widersprach sie ihren inneren Stimmen einmal nicht, es war schon sonderbar genug, dass sie sich diesmal einig waren und nicht wie gewöhnlich stritten.
Salar hatte sich inzwischen erhoben und schlenderte zum Tresen, hinter dem noch immer die Leiche des Wirts lag. Von oben, wohin der schmierige Kerl mit der Armbrust verschwunden war, wurde nun lautes Gepolter und vereinzelt leise Schreie hörbar. Rikka wollte besser nicht wissen, was sich über ihr gerade abspielte. Stattdessen verfolgte sie mit Argusaugen Salar und jede seiner Bewegungen. Dabei gewahrte sie auch die beiden Gestalten vor dem Eingang. Also hatte sie sich diesmal nicht in ihm geirrt. Ohne weiteres würde sie diese Taverne nicht verlassen. Die Situation soweit durchgegangen, wurde die Kopfgeldjägerin wieder etwas ruhiger. Solange Salar etwas von ihr wollte, war sie vorerst sicher. Erst wenn sie sein Ansinnen abschlägig beschied, würde sie sich ernsthafte Gedanken um ihr Wohl machen müssen. Vorsorglich hielt sie nach einem Fluchtweg Ausschau während Salar hinter dem Tresen etwas Bestimmtes zu suchen schien. Im hinteren Teil des Schankraums, der fast völlig im Dunkeln lag, konnte Rikka eine weitere Tür ausmachen, möglicherweise ein Hintereingang oder ein Zugang zum Keller. Zumindest eine Möglichkeit aus dem Schankraum zu entkommen. Im Zweifel blieb auch noch ein Sprung aus dem Fenster. Allerdings müsste sie dann ihre Habe zurücklassen. Nein, das war keine Option für die blonde Kopfgeldjägerin.
„Wo hat er den denn hingestellt…?…Ahja! Da haben wir ihn ja.“, wurde sie von Salar Harlor aus ihren Gedanken gerissen. Sie hörte ein paar Flaschen zu Bruch gehen, deren Inhalt sich nun mit dem Blut des Wirts mischte. Schließlich zog der Mann eine Flasche aus dem Regal und kam mit selbiger und zwei Weinkrügen wieder zu Rikka an den Tisch. Bei jedem Schritt knirschten die Scherben der zersprungenen Gläser und Flaschen unter seinen Schuhen.
Die Krüge stellte er auf den Tisch und schenkte beide randvoll, sodann setzte er sich und deutete gönnerhaft auf Rikkas umgefallenen Stuhl:
„Ihr könnt Euch ruhig wieder setzen, ich habe nicht vor Euch zu töten. Was sich bestimmt als nicht zu einfach herausstellen würde, oder?“
Oh, da bin ich mir nicht ganz sicher., dachte Rikka bei sich, während sie ihren Stuhl wieder an den Tisch stellte und sich setzte. Dabei nickte sie Salar würdevoll zu, ganz so als wollte sie ihm damit sagen, dass er mit seiner Frage durchaus richtig lag.
Während Salar nun zum eigentlichen Kern der Sache kam, nippte Rikka an dem Wein, um daraufhin ebenfalls einen größeren Schluck zu nehmen. Der Tropfen war tatsächlich entschieden besser als das Gesöff vom Vorabend. Im Gegensatz zu Salar trank sie jedoch weniger. Sie wollte den gleichen Fehler nicht zweimal begehen.
„Kommen wir aber zurück zum Geschäftlichen, Ihr sollt mir einen Piraten bringen. Keine Sorge, es handelt sich nicht um Roderick den Roten, auch nicht um Käpt'n Finn und erst recht nicht um Cattie. Vor allem nicht um Cattie. Es geht um einen Piraten, der sich zur Ruhe gesetzt hat. Sein Name ist Jagon Ulmson. Kommt Euch der Name bekannt vor?“
„Tut mir Leid Salar, es haben mich so einige Aufträge nach Rumdett geführt, aber von einem Jagon Ulmson habe ich noch nie etwas gehört.“
„Nein? Vielleicht kennt Ihr ihn ja unter dem Namen Stein Faust. Ein ziemlich unpassender Name wie ich finde. Aber wer kann schon in den Kopf eines Piraten schauen?“
„Hm.“, nachdenklich tippte Rikka mit dem Zeigefinger an ihren Mund und nahm noch einen kleinen Schluck Wein. „Den Namen hab ich wohl ein- oder zweimal gehört. Gehörte nicht zu einem der drei Piratenclans. War wohl ein ziemlicher Einzelgänger, aber auch ein verwegener Kerl. Soweit ich weiß lebte er nur nach seinen eigenen Regeln. Was wollt ihr von ihm?“
Salar Harlor überging ihre Frage mit einem gewinnenden Lächeln. Stattdessen warf er einen Beutel mit klingender Münze auf den Tisch.
„In diesem Beutel befinden sich 15 Drachmen, eine mehr als fürstliche Belohnung wie ich finde. Diese bekommt Ihr natürlich NUR wenn er mir lebend ausgehändigt wird. Sollte er sterben, wäre es für Euch besser, nicht in meiner Nähe zu sein.“
15 Drachmen! Mit dem Geld konnte Rikka für eine lange Weile recht gut auskommen, wenn da nicht ein kleines Problem wäre und dieses Problem trug den Namen Salar Harlor. Schweigend saßen sich der Adlige und die Kopfgeldjägerin gegenüber und maßen sich mit ihren Blicken.
Allerlei Gedanken schossen der Blonden durch den Kopf dazwischen immer wieder zwei Stimmen, die im Widerstreit lagen.
Schlag ein und nimm das Geld.
Bedenke, du gehst einen Pakt mit Faldor ein!
Na und, der Einsatz ist das Risiko wert.
Quatsch, lass die Finger davon. Der Kerl ist eine Nummer zu groß für dich.
Es ist eine Herausforderung.
Es ist Selbstmord!

Den Kopf energisch schüttelnd verscheuchte Rikka ihre Quälgeister. Sie hatten beide recht, die Frage war nur, schloss sie wirklich einen Pakt mit Faldor, wenn sie das Angebot annahm? Salar Harlor hatte bereits bewiesen, dass er ein ernstzunehmender und skrupelloser Gegner wäre. Setzte sie also wirklich ihr Leben aufs Spiel wenn sie einschlug?
Harlor wurde das Warten anscheinend zu lang, denn auf ein Fingerschnippen tauchten seine beiden Spießgesellen umgehend auf. Beide sahen reichlich blutbesudelt aus. Der schmierige Kerl hatte anscheinend die übrigen Gäste im Obergeschoss ins Jenseits befördert. Gleichzeitig war er auch in ihr Zimmer eingestiegen, denn er warf schwungvoll ihren Reiserucksack auf den Tisch neben den Geldbeutel.
„Mein Freund war so gütig und hat Eure Habe zusammengepackt, egal wie Ihr Euch entscheidet, es wäre, glaube ich, besser hier nicht mehr zu übernachten, wenn die Stadtwache eintrifft. Nun was sagt Ihr, habe ich Euer Wort, dass Ihr mir Jagon Ulmson ausliefert? Alle weiteren Details können wir dann noch entspannt auf meinem Schiff besprechen.“
Kurz zögerte Rikka, dann nahm sie grinsend den Geldbeutel an sich und verstaute ihn in ihrem Rucksack.
„Mein Herr, ihr habt euch soeben meiner unschätzbaren Dienste versichert.“, lächelte sie ihn nun ebenfalls gewinnend an. „Bevor wir jedoch aufbrechen, gestattet mir, noch kurz eine Nachricht zu schreiben.“
Im Grunde war es keine Bitte, sie würde Warren auf jeden Fall eine Nachricht schreiben. Allein dass Salar sie kannte besagte, dass er zu den höchsten Kreisen des Adels in Grandea gehörte. Und wenn dies so war, dann wusste Warren vielleicht etwas über ihn, was ihr von Nutzen sein könnte. Während Salar seinen Wein austrank stöberte Rikka nun selbst hinter und unter dem Tresen herum. Zwischen einigen Büchern, in denen die Einahmen und Ausgaben der Taverne verzeichnet waren fand sie schließlich ein Tintenfass mit Feder, Pergament und etwas Siegelwachs und begann in aller Eile zu schreiben:

„Liebster Bruder,

da mich mein Weg wieder einmal nach Grandea führte, wollte ich die Zeit nutzen und dir einen kleinen Besuch abstatten. Zu meinem allergrößten Bedauern wurde mir soeben ein sehr kurzfristiger aber gewinnbringender Auftrag angeboten, was mir einen Besuch leider verwehrt. Wir müssen, so wie es aussieht, noch heute nach Rumdett reisen. Ich kann dich nur um Verständnis bitten. Vielleicht, liebstes Brüderlein, ist dir ja mein Auftraggeber bekannt. Sein Name ist Salar Harlor. Nach allem was ich an ihm beobachten konnte, scheint er zum Hochadel Grandeas zu gehören, was zu der Vermutung Anlass gibt, dass er dir oder auch Richard oder gar Vater bekannt ist. Er sprach mich als Rikka von Aurisgaard an und wie du weißt dürfte nur den Wenigsten meine Herkunft bekannt sein.
Also Warren, wenn du etwas über diesen Salar Harlor weißt oder von Richard oder Vater in Erfahrung bringen kannst, schreibe mir bitte umgehend. Dein Bote wird mich in Rumdett antreffen. Warren, ich habe bei diesem Mann ein ungutes Gefühl.

Auch habe ich in den letzten Tagen Gerüchte vernommen, dass sich unser König entschlossen hat, sich an einem Straffeldzug gegen Sarma zu beteiligen. Ich bete zu Manthala, dass du und deine Einheit von diesem Feldzug verschont bleiben. Doch solltet ihr dazu eingezogen werden, so bitte ich dich inständig Warren, pass auf dich auf. Warren, du bist mein einziger Halt, meine einzige Verbindung zu meiner Familie. Deswegen, pass auf dich auf und verlass mich nicht.

In Liebe
Rikka“

Sie faltete das Pergament zusammen, träufelte etwas Siegelwachs auf die sich berührenden Ecken und siegelte das Pergament mit ihrem Siegelring. Den Ring auf den Ringfinger ihrer rechten Hand schiebend reichte sie Salar Harlor das Pergament. „Bitte sorgt dafür, dass dieser Brief Warren von Aurisgaard überbracht wird.“
Nun endlich schob sie ihre Armbrust in das Holster und den Köcher mit ihren Pfeilen auf den Waffengurt neben den bereits dort sitzenden Langdolch und schnallte sich ihren Rucksach um.
„Nun, werter Salar Harlor, ich wäre dann soweit. Wir können diesen ungastlichen Ort gern verlassen. Ich gebe euch recht, es wäre unklug, wenn uns die Wachen zwischen all den Toten aufgreifen würden.“

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Re: Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Beitrag von Gestalt » Sonntag 4. November 2012, 18:13

Als Rikka den Auftrag annahm und den Geldbeutel in ihre Tasche steckte, blitzten die Augen von Salar Harlor kurz auf. Schwer zu sagen, ob es Freude war oder doch einfach nur die Erkenntnis, dass er sich nicht in der Kopfgeldjägerin geirrt hatte. Auf ihre Frage hin, ob sie kurz einen Brief schreiben könnte, nickte der Auftraggeber und trank den letzten Schluck aus seinem Krug. Rikka brauchte auch nicht lange zu suchen und fand das benötigte Schreibmaterial, die darauf folgende Versiegelung hätte sich die ehemalige Adelige sparen
können. Hinter ihrer befanden sich noch einige Gläser und in der Spieglung konnte Salar alles lesen was sie schrieb. Jemand wie er konnte ohne Schwierigkeiten in Spiegelschrift schreiben sowie auch lesen. Doch ließ es sich Salar nicht anmerken, dass er wusste, was in dem Brief stand und nahm ihn mit dem gewohnten Lächeln entgegen. „Natürlich werde ich Eurer Bitte nachkommen, der Brief wird umgehend an Euren kleinen Bruder zugestellt.“ Das Geschriebene verschwand einfach so in seiner Hand, anscheinend war Salar Harlor ein gewitzter
Dieb, was in Grandessa eigentlich nicht verwunderlich wäre. Denn nur hier gab es den Zunftgarten.
„Ach ich bin ja wieder so vergesslich…,“ er fasste sich dabei mit der Hand, in der der Brief verschwunden war, an die Stirn. „…Leider werdet Ihr ohne mich zum Schiff reiten müssen, es gibt noch ein paar dringliche Kleinigkeiten die ich vorher erledigen muss. Aber meine Männer werden Euch zu meinem Schiff begleiten. Dort werden wir uns wiedersehen!“
Der ehemalige Leibwächter trat einen Schritt auf Rikka zu. „Werte Dame, wenn Ihr so freundlich wärt mir und meinem Bruder zu folgen?!“ Sein Bruder stand an der Tür die Rikka noch vorher für eine eventuelle Flucht vorgesehen hatte. Salar selbst ging zum Hauptausgang und hielt den Türknauf fest umschlossen, als er sich noch
einmal an die Kopfgeldjägerin wandte. „Rikka! Denkt bitte daran, dass Ihr den Geldbeutel erst öffnet wenn Ihr mir Jagon lebend ausgeliefert habt. Andernfalls… ach! Sagen wir einfach, tut es lieber nicht.“ Salar Harlor fuhr sich mit seiner Brief-Verschwinde-Hand in einer wischenden Bewegung übers Gesicht. Genau dieses hatte sich auf einmal in eine ganz andere Person verändert. Diesmal war sein Gesicht nicht spitz sondern rundlich, seine Nase hatte nicht mehr die Aristokratische Anhebung, sondern wich einer gebrochenen Klumpigen Nase, die an eine Knolle erinnerte. Die einst so feinen Lippen wurden durch fleischige, spröde Lippen ersetzt und kein Bart bedeckte mehr einen Teil seines Gesichts, sein ganzer Kopf war kahl. Das Einzige, was noch an den Mann, der mit Rikka ihren neuen Auftrag besprochen hatte, erinnerte, waren die Kleidung und diese blauen Augen. Nur war aus ihnen jegliche Freundlichkeit verschwunden und diese wurde durch Berechnung und Gefühlskälte ersetzt. Ohne ein weiteres Wort zu sagen öffnete er die Tür, diesmal gab es keinen kurzen Lichtschein in
der Taverne, sondern ein eisiger Windstoß durchflog den Raum. Dieser verfing sich im Mantel der Kopfgeldjägerin, der sich daraufhin kurz aufbäumte. Die Eingangstür schloss sich mit einem Quietschen und mit dem Schließen ebbte der Wind wieder ab. Die beiden Männer vor der Eingangstür verschwanden zusammen mit ihrem Boss. Die ehemalige Adelige blieb mit den beiden Brüdern und den Leichen alleine zurück. Der Dreckige räusperte sich kurz: „Wie mein Bruder schon sagte, wir müssen gehen, die Stadtwache wird jeden Moment
da sein!“ Als er dies sagte, öffnete der Mann die Tür, vor der er stand. Ein Treppengeländer war zu erkennen, anscheinend würde ihre Flucht wohl dort beginnen. Doch waren Keller nicht meist eine Sackgasse?

Anscheinend schien es den verdreckten Bruder nicht zu interessieren und er wurde eins mit der Dunkelheit, man konnte das Knarren der Treppenstufen hören, als er hinabstieg. Der ehemalige Leibwächter stand noch immer in der Nähe von Rikka. Er bemerkte ihren inneren Kampf mit sich selbst. Also wandte er sich noch einmal kurz an sie. „Wie mein Bruder schon sagte, wir müssen gehen, keine Sorge, das gehört alles zu Salars Plänen. Sie schlagen niemals fehl!“
Ein Lächeln entstand auf seinem Gesicht, eine Gefühlsregung, die sie bei ihm noch nie gesehen hatte. Doch war dieses Lächeln ein wirklich ehrlich gemeintes und gab einem das Gefühl, dass man diesem Mann trauen konnte. Was an und für sich seltsam war, wenn man überlegte für wen er arbeitete.
Als sich Rikka endlich dazu durchringen konnte die dunkle Treppe hinabzusteigen, hörte man von Draußen das Geräusch von galoppierenden Pferden. Das konnte nur die Stadtwache sein. Der Leibwächter stieß die Kopfgeldjägerin kurz an, damit sie jetzt schleunigst die Treppen hinabstieg. Er selbst schloss die Tür zum Keller und verriegelte sie von innen. Schnell stiegen die beiden die Treppe hinab, begleitet von dem Ächzen der Stufen. Um sie herum war nur Dunkelheit, doch weiter unten konnte sie einen Lichtkegel sehen und dazu die Umrisse
einer Person. „Lauft schneller, es sind noch zwanzig Stufen!“ Über ihnen hörte Rikka wie die Eingangstür geöffnet wurde, mit ihren charismatischen Quietschen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie den Boden, das Knarren der Stufen hatte sich bei der Anspannung so laut angehört wie eine Horde Männer in einem Bordell. Der Verdreckte leuchtete der Gruppe den Weg und lief voran. Man bekam ein beklemmendes Gefühl, wenn man so durch diesen Raum ging, durch die Dunkelheit die hier herrschte, gepaart mit dem spärlichen Licht der Lampe, konnte man vielleicht zwei, drei Meter sehen. Zur Linken und zur Rechten reihte sich ein Fass nach dem anderen, auf dem Boden davor lag verteilt ab und an mal ein Sack mit Obst oder Mehl. Die Ratten hatten sich an einigen dieser Behälter schon zu schaffen gemacht. Manche Säcke hatten Löcher und einige Äpfel lagen auf dem Boden verstreut. Hier konnte man deutlich Bissspuren sehen. Zum Glück hatte Rikka hier keinen Apfelkuchen
gegessen, wahrscheinlich hätte der Wirt die angefressenen Stücke ebenfalls mitverarbeitet. Lange mussten sie nicht laufen, nach kurzer Zeit stoppte ihr Führer vor einem Fass das direkt vor ihnen Stand. Eine Ratte quiekte irgendwo im Keller kurz auf und von oben hörte man wie einer der vermutlichen Wachen rief: „Hier sind noch mehr! Durchsucht die komplette Taverne!“
Ihre beiden Begleiter ließen sich davon nicht einschüchtern, der ehemalige Leibwächter ging ans Fass und klopfte in einem bestimmten Rhythmus dagegen. Daraufhin begann sich der Deckel nach innen zu drehen und zum Vorschein kam ein kleiner Junge. „Man, ich dachte ihr kommt gar nicht mehr“ Er zog eine Frauen Leiche in den Keller, der Leibwächter machte ihm Platz und die Frau wurde ein paar Meter entfernt an ein anderes Fass
gelehnt. „Hey Lor leuchte mir mal bitte kurz!“ Der verdreckte, der anscheinend Lor hieß, ging zu der Frau und hielt die Lampe so hin das man ihren Körper besser sehen konnte. Sie trug die gleiche Kleidung wie Rikka, auch war ihre Statur mit der der Kopfgeldjägerin identisch. Die Haare hatten die richtige Färbung und Länge, nur war ihr Gesicht grausam durch einen Bolzen der durch das Kinn geschossen wurde und aus der Oberen Kopfhälfte
wieder raus ragte, entstellt. Der Junge griff in eine Tasche die an seiner Hüfte hing und holte die gleichen Steckbriefe hervor, die Rikka bei sich trug und stopfte sie in die Kleidung der Frau. Lor legte der Leiche seine Armbrust in die Hände, somit sah es aus, als ob sie sich selbst gerichtet hätte. Der Leibwächter blickte auch noch mal das eindeutige Rikka- Double an. „ Das hast du gut gemacht Mietz.“ Der Kleine lächelte und jetzt, durch die Lampe von Lor, konnte man ihn richtig erkennen. Sein Haar war feuerrot und auch dieses hatte schon eine gewisse Länge.
Hatten alle Männer von Salar Harlor langes Haar? Musste es wohl der Kopfgeldjägerin durch den Kopf gehen. Seine Augen leuchteten bernsteinfarbend, was wohl erklärt warum er Mietz hieß. Sein Körper hatte die übliche Statur eines Kindes, vielleicht nur ein wenig sehniger. Nur trugen normaler Weise keine Kinder passende geschwärzte Lederrüstung und dazu zwei Dolche, die über die Brust mit einem Gürtel geschnallt waren. Dazu gesellte sich noch die Tragetasche, die er jetzt hinter seinen Rücken geschoben hatte.
„Danke! War auch echt nicht leicht sie durch die ganzen Tunnel zu ziehen.“ Der Leibwächter nickte und gab ihm einen Stoß mit der Faust. „Echte Männer scheuen sich nicht vor Drecksarbeit. Sind die Pferde bereit?“ Mietz nickte und ging wieder ins Fass. Lor folgte ihm auch sogleich mit der Lampe. Wieder einmal bemerkte
der Leibwächter das Gesicht von Rikka. „Keine Sorge, sie hatte den Tod verdient. Ein paar eurer Freunde die, ihr gegen das Kopfgeld eingetauscht habt, sind auf der Suche nach euch. Salar war so freundlich euch ein wenig Ruhe durch euer „Ableben“ durch sie zu verschaffen.“
Dabei deutete er auf die tote Frau als es oben an der Keller Tür rüttelte. „ Die Tür ist hier verschlossen!“ Der Ruf wurde kurz darauf von lautem Fußgestampfe begleitetet. „Los Aufbrechen! Sofort!!!“ Der Leibwächter ging gebückt vor Rikka durchs Fass und wartete bis sie selbst durchgegangen war. Danach verschloss er den Deckel und die beiden befanden sich schlagartig in einem langen Tunnelsystem, mit dutzenden Abzweigungen.
Mietz ging voran, er selbst hatte jetzt eine Fackel in der Hand, Lor lief als letztes hinter der Gruppe, somit erweiterte sich das Sichtfeld der Anwesenden in dieser alles umfassenden Schwärze.

Sie liefen auf einem Steinsteg entlang, zur Rechten befand sich massiver Stein an dem Moos wuchs, was wohl durch die hohe Luftfeuchtigkeit, die hier herrschte, wachsen konnte. Links vom Gang gab es eine Senke, wo sich Wasser sammelte und langsam dahin kroch. Der Geruch, der hier herrschte war mehr als gewöhnungsbedürftig. Doch war dieses Tunnelsystem keine Kanalisation, sondern ein seit Jahren von der Diebesgilde gebautes Fluchtnetzwerk. Dies erzählte der Leibwächter Rikka auch und das ihr Weg wohl noch einige Stunden dauern
würde. Doch am Schluss würden sie eine Höhle erreichen, von der aus man ins Freie gelangte, weit außerhalb der Stadt.
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Re: Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Beitrag von Rikka » Montag 5. November 2012, 22:39

Das Verschwinden ihres Briefs in Salars Hand nahm Rikka mit ausdrucksloser Miene zur Kenntnis. Auch sie konnte, wenn es darauf ankam, recht undurchsichtig erscheinen. Nun, da sie Salars Auftrag angenommen hatte, sah sie keinen weiteren Grund, ihre Aufmerksamkeit mehr als gewöhnlich auf seine Männer zu richten. Für den Moment gehörte sie dazu und war relativ sicher. Sie war sich allerdings im Klaren darüber, dass diese Sicherheit eine trügerische war. Ein Fehler, eine Unachtsamkeit und sie konnte ebenso enden wie der Wirt oder die Gäste dieser Taverne. Sie war sich noch immer nicht ganz einig, ob die Annahme von Salars Auftrag nicht ein gewaltiger Fehler war. Doch, hatte sie überhaupt die Wahl gehabt? Ihre Augen bohrten sich in die Salars als dieser wie beiläufig meinte, dass er noch einige dringende Dinge erledigen müsse und sie somit vorerst mit seinen Männern als Begleitung vorlieb nehmen müsse.
Welche Schandtaten er wohl mit diesen dringenden Dingen meinte?
„Schade. Ich hatte mich schon auf eure Gesellschaft gefreut.“, entgegnete Rikka und zeigte,ihre Gedanken Lügen strafend ein neckisches Lächeln. Und hätte zu gern mehr über euch erfahren., fügte sie gedanklich noch an. Tatsächlich lagen ihr noch einige Fragen auf der Zunge, allen voran woher er sie und ihre Familie so gut kannte, aber das musste nun warten bis sie auf seinem Schiff waren. Schiff! Ihr graute schon jetzt bei dem Gedanken, sich wieder einem dieser schwankenden Holzsärge anzuvertrauen. Das letzte Mal, als sie ein Auftrag nach Sarma führte, hatte sie die gesamte Überfahrt über seekrank in der Kajüte verbracht.
Im selben Moment als sie dies sagte und dachte trat der Leibwächter an sie heran und bat sie, ihm und seinem Bruder zu folgen. Dieser stand bereits an der Tür, die Rikka vorhin noch als möglichen Fluchtweg im Auge hatte.
Soviel zum Thema Fluchtweg., dachte die Kopfgeldjägerin sarkastisch, ohne dabei auch nur eine Regung ihres Gesichts erkennen zu lassen. Sie würde diesem Salar Harlor nicht die Genugtuung geben, Verblüffung über sein perfektes Ränkespiel zu zeigen. Eins musste sie ihm aber neidlos zugestehen, er hatte die ganze Aktion perfekt geplant und durchgeführt, hatte nichts dem Zufall überlassen, nur um sie für diesen Auftrag zu gewinnen.
Das war übrigens auch so eine Frage, die ihr auf der Seele brannte. Warum brauchte er überhaupt jemanden, wo er diesen Jagon Ulmson sicher auch selbst mit seinen Helfershelfern einkassieren konnte.
Frag dich nicht warum er überhaupt jemanden braucht, frag dich lieber warum ausgerechnet dich?
„Guter Einwand.“ Salar, der bereits den Türknauf des Vordereingangs in der Hand hatte, drehte sich leicht überrascht herum: „Wie meinen?“ Nicht wissend was Salar wollte, schaute Rikka in fragend an, erst dann wurde ihr bewusst, dass sie mal wieder ihrer inneren Stimme tatsächlich für andere hörbar geantwortet hatte.
„Ach nichts.“, winkte sie mit einer belanglosen Geste ab. Ich habe anscheinend laut gedacht. Ein wissendes Lächeln stahl sich auf Salars Gesicht und schreckte Rikkas innere Stimme noch einmal auf. Pass bloß auf Mädchen, der Kerl weiß mehr von dir als dir lieb sein kann. Salar schien noch etwas eingefallen zu sein, denn Rikkas inneres Ich wurde abrupt unterbrochen:
„Rikka! Denkt bitte daran, dass Ihr den Geldbeutel erst öffnet wenn Ihr mir Jagon lebend ausgeliefert habt. Andernfalls… ach! Sagen wir einfach, tut es lieber nicht.“ Sich mit der Hand, in der Rikkas Brief verschwunden war, über das Gesicht fahrend ging mit einem Mal eine merkwürdige Veränderung mit ihm vor. Dort wo eben noch ein gut aussehender Aristokrat stand, zeigte sich kurz nach dieser Bewegung ein kahlköpfiges Vollmondgesicht mit roter Knollennase. Statt Aristokrat grinste sie nun ein hässlicher Säufer an. So sehr sich Rikka um ein ausdrucksloses Gesicht bemühte, konnte man doch für einen winzigen Augenblick Verblüffung in ihren Augen erkennen. Und zum wiederholten Mal stellte sie sich die Frage Wer bei Manthalas hintergründigem Lächeln war dieser Kerl?
Ein kalter Luftzug, der bei Salars Verlassen der Taverne zur Tür herein wehte bauschte Rikkas Umhang auf und lies sie kurz frösteln. Oder war es doch die unheimliche Ausstrahlung ihres neuen Auftraggebers? Die blonde Kopfgeldjägerin war sich dessen nicht so sicher.
Ein Räuspern lenkte ihre Aufmerksamkeit zu dem dreckigen der beiden Brüder, welcher an der Hintertür stand.
„Wie mein Bruder schon sagte, wir müssen gehen, die Stadtwache wird jeden Moment da sein!“
„Ja, ihr habt recht, es wäre wohl nicht sehr klug von uns, wenn uns die Wachen inmitten dieses Blutbads ...“, das Wort betonte sie besonders, nur um zu zeigen, was sie von Salars Methoden hielt, „aufgreifen würden. Wenn ihr also die Güte hättet vorauszugehen.“ Der Lumpenhund ließ sich das nicht zweimal sagen und öffnete die Tür, welche einen finsteren Gang nach unten in den Keller preis gab. Sofort verschwand der Kerl in dem Treppengang und verschmolz mit der Dunkelheit. Noch zögerte Rikka, ihm in die Dunkelheit des Kellergangs zu folgen. Keller hatten unter normalen Umständen keine Ausgänge, am Ende entpuppte sich dieser Weg als Falle.
„Wie mein Bruder schon sagte, wir müssen gehen, keine Sorge, das gehört alles zu Salars Plänen. Sie schlagen niemals fehl!“ Dabei zeiget er ein Lächeln, dass sie dem Mann nie zugetraut hätte. Leider hatte Rikka in all den Jahren als Kopfgeldjägerin die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass jeder, ausnahmslos jeder früher oder später einen Fehler beging. Sie selbst musste diese Erfahrung bereits machen und beging seitdem nicht mehr den Fehler, zu glauben sie wäre unfehlbar. Niemand war das, nicht einmal die Götter. Doch das behielt sie für sich. Sollten Salars Helfershelfer ruhig an seine Unfehlbarkeit glauben, sie wusste es besser. Dieses Wissen war schließlich ihre Hoffnung unbeschadet aus ihrer misslichen Lage heraus zu kommen. Auch Salar Harlor würde irgendwann einen Fehler begehen. Und es lag an ihr, diesen dann zu erkennen und für sich zu nutzen. Schließlich gab sie sich einen Ruck, gleichzeitig erhielt sie von dem ehemaligen Leibwächter des Händlers, einen Stoß in den Rücken, der sie in den Kellergang taumeln ließ.
„He, seid gefälligst etwas vorsichtiger ja! Oder wollt ihr, dass ich auf dieser dunklen Treppe stürze und mir den Hals breche? Würde mich brennend interessieren, wie ihr das dann eurem Herrn erklärt.“ Am liebsten hätte sie dem Kerl eine schallende Ohrfeige verpasst. War das etwa die rechte Behandlung einer edlen Dame? Das unwillige Knurren des Kerls und zugleich vernehmbares Hufgetrappel von außerhalb der Taverne überzeugten Rikka davon, dass die rechte Behandlung einer adligen Dame nicht ihr vordringlichstes Problem war. Ganz im Gegenteil, Eile war geboten, sollten die Wachen ihnen nicht doch noch auf die Schliche kommen. Der Leibwächter, welcher den Schluss der kleinen Gruppe bildete, verriegelte noch die Tür, während Rikka bereits die Stufen nach unten eilte. Noch weiter vorn lief der Bruder des Leibwächters, der sie nun ebenfalls zur Eile mahnte. Im Kegel der Lampe, die er hielt, waren die Umrisse seiner Gestalt gut erkennbar. Auf ihrer Flucht nach unten, oben wurde gerade quietschend die Tür geöffnet und Kommandos gebellt, fuhr ein erschreckender Gedanke Rikka durch den Kopf. Die Wachen würden die Leichen aller Gäste der Taverne finden, alle bis auf ihre eigene. Dummerweise war der Nachbarschaft nicht entgangen, dass sie sich in der Taverne eingemietet hatte. Wenn nun ihre Leiche fehlte, musste der Verdacht doch automatisch auf sie fallen. Also war Salar doch ein Fehler unterlaufen. Sie teilte ihre Erkenntnis sogleich dem Leibwächter hinter ihr mit. Der lächelte nur hintergründig und meinte salopp: „Wartet es ab, ich sagte doch, Salar begeht keine Fehler.“ Rikka war da zwar anderer Meinung, beugte sich aber der Unerschütterlichkeit ihrer Begleiter.
Unten angekommen ging die Flucht weiter durch die dunklen Kellerräume. Beiderseits ihres Wegs lagerten Kisten und Säcke, einige wiesen bereits Löcher auf aus denen Mehl, Äpfel und andere Dinge quollen. Hin und wider huschte eine Ratte aufgeschreckt davon. Angewidert verzog Rikka das Gesicht, als sie gewahr wurde, wie die Lagerung der Lebensmittel der Taverne erfolgte. Nur gut, dass sie sich mit der Grütze begnügt hatte. Die war wenigstens abgekocht. Wenn sie sich vorstellte, was z. B. alles in dem angebotenen Apfelmus drin war. Brrrrrr , ekelhaft.
Vor einem der vielen Fässer blieb die kleine Gruppe plötzlich stehen. Verwundert drehte sich Rikka einmal um sich selbst und schaute dann fragend ihre Begleiter an. Einer der beiden klopfte gegen das Fass, das genauso unscheinbar wie alle anderen Fässer in diesem Keller aussah. Doch das war es beileibe nicht. Kaum war das Klopfen verklungen, drehte sich der Deckel des Fasses zur Seite und der Kopf eines Jungen tauchte aus dem Fass auf.
Reflexartig zog Rikka ihre Armbrust, zwei schnelle Handgriffe, ein Pfeil lag auf der gespannten Sehne und die Armbrust zielte auf den Kopf des Jungen. Das Ganze ging so schnell vonstatten, dass Rikkas Begleiter keine Möglichkeit zum Eingreifen blieb.
„Die Waffe runter! Sofort!“ zischte der Dreckige, während der andere, also der Leibwächter, sie erschrocken anblaffte:
„Nicht schießen, der Junge gehört zu uns.“
„Ach, und wann hattet ihr vor, mir dieses kleine Detail mitzuteilen? Oder hieltet ihr das einfach nicht für nötig?“ Langsam senkte sich die Armbrust, der Pfeil wurde wieder von der Sehne genommen und im Köcher verstaut. Die Armbrust in das Holster schiebend funkelte Rikka die beiden Ganoven an.
„Nun, wir dachten es wäre selbstverständlich ...“
„Sooooo, ihr dachtet? In solch einer Situation? Ich will euch mal sagen was in solch einer Situation selbstverständlich ist. Ich bin auf meine Sicherheit bedacht, das ist selbstverständlich. Also solltet ihr das nächste Mal besser vorher sagen, was uns erwartet, ehe es in einer Katastrophe endet.“
Den Jungen schien der Disput herzlich wenig zu interessieren, da er ihn ziemlich rüde mit den Worten „Man, ich dachte ihr kommt gar nicht mehr“ unterbrach. Er kletterte aus dem Fass und hob hernach noch eine weibliche Leiche heraus, bei deren Anblick Rikka beinahe die Kinnlade herunterfiel. Es gelang ihr nur unter Aufbietung all ihrer Kraft ein völlig ausdrucksloses Gesicht an den Tag zu legen. Es war aber auch zu schaurig. Diese Frauenleiche glich ihr in Kleidung und Gestalt aufs Haar. Nur das Gesicht war ein anderes, nun, zumindest bevor es von einem längs darin steckenden Armbrustpfeil völlig entstellt wurde. So jedoch konnte kaum jemand sagen, ob dies tatsächlich Rikka von Aurisgaard war oder nicht.
Um die Täuschung perfekt zu machen, steckte der Junge noch die gleichen Steckbriefe, die auch sie bei sich trug, in die Hosentaschen der Frauenleiche und der Dreckfink legte ihr seine Armbrust in die Hand. Nun, im Licht der Lampe konnte Rikka den Jungen genauer betrachten. Am auffallendsten waren seine feuerroten Haare, die er lang und nach hinten gebunden trug. Salar Harlor schien eine Vorliebe für langhaarige Helfer zu haben, was Rikka erst jetzt auffiel. Sie schob den Gedanken sofort als nebensächlich beiseite. Ansonsten sah er aus wie ein Kind, sah man einmal von der Lederrüstung, den Dolchen, der Tragetasche auf seinem Rücken und der mitgebrachten Frauenleiche ab. Das Salar Harlor auch Kinder in seine Reihen aufnahm machte ihn Rikka nicht gerade sympathischer.
Trotzdem war sie ein weiteres Mal geschockt und beeindruckt zugleich, das Salar Harlor auch an dieses Detail in seiner Planung gedacht hatte. Wüsste sie es nicht besser, sie würde Stein und Bein schwören, dass sie, Rikka von Aurisgaard, hier unten im Keller, in auswegloser Lage sich selbst das Leben genommen hatte. Im Verlauf des kurzen Gesprächs, das die Drei nun führten, bekam Rikka mit, dass der dreckige Kerl Lor und der Junge Mietz genannt wurde. Mietz wohl wegen seiner katzenartigen bernsteinfarbenen Augen. Auch nannte ihr der Leibwächter, dessen Namen sie noch nicht wusste, den Grund für diese Scharade. Sie hatte sich allerdings selbst schon gedacht, dass es ihrem Schutz und der Ablenkung diente. Außerdem erwähnte Mietz noch irgendwelche Tunnel, doch konnte sich Rikka nicht an Tunnel unterhalb Grandeas erinnern. Kanalisationstunnel konnten es nicht sein, denn so etwas wie eine Kanalisation gab es nicht.
„Was für Tunnel?“, wollte sie daher wissen. Mietz hob gerade zu einer Antwort an, doch das schallende Kommando von oben, die Kellertür aufzubrechen, enthob ihn einer Antwort. Hurtig verschwand einer nach dem anderen in dem Fass, der Leibwächter als letzter, den Deckel des Fasses wieder ordentlich verschließend.
Der Einstieg durch das Fass endete kurz danach in einem verzweigten Tunnelsystem. Anders als bei einer Kanalisation waren die Tunnel direkt in den felsigen Untergrund Grandeas gehauen. Da sie diesmal zwei Lampen hatten, wurde ihr Weg deutlicher ausgeleuchtet als vorher auf der Kellertreppe. Die Gruppe lief auf einem vorspringenden Sims, zur rechten der nackte Stein, linkerhand eine leicht abfallende Senke in der modrig riechendes Sickerwasser dahinkroch. In regelmäßigen Abständen zweigten seitliche Tunnel ab, so dass es aussah, als würden diese Tunnel dem Verlauf der Wege und Gassen an der Oberfläche folgen. Das ganze System machte den Eindruck einer im Bau befindlichen oder besser einer begonnenen und nicht vollendeten Kanalisation. Die Senke sollte wohl einmal der Abwasserkanal werden, im Moment floss ein Rinnsal Schmutzwasser darin. Gelegentlich konnte man auch den Kadaver irgendeines Tieres erkennen, das hier unten verendet war.
Ob dies die legendären Tunnel und Fluchtwege der Diebesgilde waren, die Rikka bislang vergeblich zu finden hoffte? Tatsächlich bestätigte der Leibwächter kurz darauf ihre Vermutung. Erneut fand Rikka Salars Verhalten verwunderlich, verwunderlich insofern, dass die Gruppe um ihn ihr diese Fluchttunnel so bereitwillig präsentierte. Der Mann war und blieb ihr ein Rätsel. Doch im Moment machte sich Rikka weniger Gedanken darüber, sondern vielmehr darum was sie am Ende des Tunnels erwartete. Der Leibwächter hatte irgendwas von Pferden erwähnt. Geraume Zeit folgten sie dem breiten Hauptgang, bogen dann links in einen schmaleren Seitengang. Dieser war feuchter als der Hauptgang und an den Wänden hatte sich im Laufe der Zeit einiges an Moos gebildet. Der Sims war glitschiger und sie mussten besser darauf achten wohin sie ihren Fuß setzten. Dadurch kamen sie langsamer voran als vorher im Hauptgang. Der Seitengang führte stetig leicht bergan und je weiter sie kamen desto besser wurde die Luft. Wie es schien war dieser Tunnel als Belüftungstunnel angelegt, denn er endete schließlich in einer Höhle, die kurz darauf ins Freie führte. Die Erbauer des Systems hatten den natürlichen Höhlenzugang dazu benutzt, die Tunnel mit frischer Luft zu versorgen, die Diebesgilde nutzte ihn nun als geheimen Zugang zur Stadt und Fluchtweg aus der Stadt.
Die Höhle war nicht allzu groß und gerade mal so hoch, dass man nicht gebückt darin laufen musste. Genau genommen war es eine Hunderte von Jahren alte Regenwasserauswaschung, deren Zugang durch Gebirgshebung inzwischen über der Wasserlinie lag, so dass sie nun völlig trocken war.
Als sie endlich aus der Höhle ins Freie traten atmete Rikka innerlich auf. Den ganzen Weg über hatte sie sich beklommen gefühlt. Es gab nicht viel was ihr Unbehagen bereitete, aber Tunnel und Höhlen gehörten auf jeden Fall dazu. Als Fernkämpferin fühlte sie sich in übersichtlichem Gelände wohler, dort wo sie freies Schussfeld und gute Sicht hatte. Dunkle Gänge oder gar Höhlen und Tunnelanlagen luden förmlich zu Hinterhalten für geschulte Nahkämpfer ein. Rikka war jedoch alles andere als eine versierte Nahkämpferin. Ja, sie konnte sich einigermaßen gut verteidigen, aber gegen einen gut ausgebildeten Nahkämpfer würde sie den Kürzeren ziehen. Daher war sie froh, als sie ins Freie traten und sich das offene Gelände des kleinen Hochplateaus vor ihr ausbreitete. Nach Osten hin fiel des Plateau terrassenförmig bis in eine mit Heidekraut und Buschwerk bewachsene Ebene ab, welche sich bis zur fernen Küste hin erstreckte. Links im Hintergrund erhoben sich die Mauern Grandeas, die sie gerade hinter sich ließen.
Am Rand des kleinen Plateaus standen vier Pferde in den Büschen versteckt und knabberten zufrieden die Rinde der Büsche und kleinen Bäumchen ab.
„So, da wären wir.“, meinte Mietz zufrieden. „Ab hier geht es zu Pferd weiter. Bis zur Küste ist es noch ein gutes Stück. Wir sollten sie, wenn alles gut geht, gegen Abend erreichen.“
„Ich hoffe für dich, die Pferde sind frisch und ausgeruht.“, brummte der Leibwächter. „Wir haben es wie du weißt eilig.“
Bevor Mietz aufbrausen konnte, mischte sich Rikka, die die Pferde mit Kennerblick musterte, ein:
„Da braucht ihr keine Sorge haben. Die Tiere sind erstklassig und voller Tatendrang. Reinrassige Vollblüter, keine Frage, wie geschaffen für einen schnellen Ritt.“ Vorfreudig schnalzte sie mit der Zunge, was die Pferde sofort aufmerksam in ihre Richtung blicken ließ. Anerkennend klopfte die Kopfgeldjägerin Mietz auf die Schulter:
„Hervorragend ausgesucht Junge. Ich freue mich schon, einem dieser Prachtpferde die Zügel schießen zu lassen. Zu lange ist es her, dass ich ein solch prächtiges Tier unter mir hatte.“
Noch bevor es sich die drei recht versahen trat Rikka zu den Pferden und suchte sich das beste Pferd aus.
Sanft seinen Hals tätscheln machte sie sich mit dem ihr fremden Pferd bekannt. In der Zwischenzeit hatten sich auch die drei Männer ein Pferd genommen und taten es Rikka gleich, Mietz ausgenommen, da er die Pferde bereits hergebracht hatte. Als ihre Pferde durch ein zufriedenes Schnauben zu erkennen gaben, dass sie ihre neuen Herren akzeptierten, saß die vierköpfige Gruppe auf und trabte an. Zuerst ging es im Schritt einen schmalen in Serpentinen in das Tal führenden Pfad entlang. Im Tal angekommen ließ Rikka die Zügel locker und gab ihrem Pferd die Ferse. Augenblicklich schoss der rotbraune Hengst im Galopp davon.

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Re: Der Weg der Bluthündin - Ein neuer Auftrag

Beitrag von Gestalt » Freitag 9. November 2012, 22:50

Salar Harlor

Währendessen sich Rikka mit ihren neuen Begleitern durch die versteckte Tunnelanlage der Diebesgilde schlug, beobachtete Salar in aller Seelenruhe das Gebäude, indem er sich zuvor mit der ehemaligen Adeligen besprochen hatte.
Salar befand sich in einer Seitengasse auf der gegenüberliegenden Seite der Taverne.
Im Schutz der Schatten konnte er beobachten, wie sich die Stadtwache in die Taverne begab und wie ein Haufen wilder Gänse durch die Gegend lief.
Er musste dabei ungewollt lächeln, es war doch zu schön wenn ein Plan funktionierte. Kurz überlegte der Puppenspieler, so nannten ihn seine Feinde, ob er persönlich noch einmal in die Taverne gehen sollte. Doch schnell verwarf der Mann mit dem falschen Gesicht diesen Einfall. So oder so würde er bald wissen wie die Untersuchung der Wache ausgegangen war, wofür hat man schließlich Spitzel?!
So drehte sich Salar vom Geschehen weg und nickte seinen beiden Begleitern kurz zu. Diese Männer passten hervorragend zu seinem neuen Gesicht.

Der Herr zu seiner Linken war ein wahrer Berg von einem Mann, wahrscheinlich hatte er schon Muskeln auf den Muskeln. Sein blondes, verfilztes Haar trug er zu einem Zopf gebunden. Er trug eine schwarze hautenge Lederrüstung, wahrscheinlich damit auch jeder Blinde erkennen konnte, dass sein Körper wie aus Granit gemeißelt war. Auf seinem Rücken war ein Symbol abgebildet, ein azurblauer, gefüllter Kreis, in dessen Mitte sich zwei weiße Hände befanden, die sich mit den Fingerspitzen berührten und somit ein Dreieck formten.

Der Mann zur Rechten war nicht weniger schmächtig, nur war er nicht besonders groß. Was natürlich an seiner Abstammung lag. Denn dieser Herr war ein Zwerg, sein Gesicht wurde durch einen braunen Bart verdeckt, der vom Kinn an, zu einem Zopf geflochten war und ihm bis zur Brust reichte. Auch trug er die gleiche Rüstung wie sein deutlich größerer Kamerad und sein langes Haar wurde auch mit einen Zopf im Zaum gehalten.
Beide Männer trugen eine Streitaxt auf dem Rücken, in deren Kopf das gleiche Symbol wie auf ihren Rüstungen eingraviert war.

Salar Harlor lief mit seiner Eskorte entspannt durch die Seitengasse, er hatte noch einiges zu erledigen. Sein erstes Ziel war für Heute der Friedhof von Grandea.

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Rikka

Rikka gab ihrem Pferd die Sporen, die zwei Männer und der Junge blickten sich kurz an und zuckten alle gleichzeitig mit den Schultern. Dann gaben auch sie ihren Pferden zu verstehen, dass sie schneller werden sollten. Der ehemalige Leibwächter ritt auf einer grauen Stute, der Junge auf einem Braunen und der Dreckige auf einem weißen Hengst. Sie brauchten auch nicht lange um die Kopfgeldjägerin einzuholen. Lange Zeit ritt die Truppe wortlos durch die Landschaft. Wenn sie das Tempo weiter halten könnten, würden sie wahrscheinlich wirklich zur Dämmerung die Küste erreichen. Doch so schnell sollte ihre Reise wohl nicht sein. In der Ferne konnte man eine Staubwolke sehen und es dauerte auch nicht lange und aus der Wolke entstanden Reiter. Lor blickte verwundert zu Mietz und dieser zuckte nur mit den Schultern. Den sauberen Bruder war dies natürlich auch nicht entgangen, nur verriet seine Miene, dass ihm dies nicht gefiel. Mietz war der Erste, der die Stille durchbrach.
„Gill! Die gehören nicht zu uns! Greifen wir an, wie immer?“
Der ehemalige Leibwächter, der, wie Rikka endlich erfuhr, Gill hieß, nickte kurz.
„Ja wie immer! Du reitest vor und wirfst ihnen deine Dolche entgegen. Lor und ich kümmern uns um den Rest.“
Rikka musste erst auf sich aufmerksam machen, damit Gill sie in seine Pläne einweihte. Aus den paar Reitern wurden 20 Mann und man konnte schon von Weitem erkennen, dass es Banditen waren. Wahrscheinlich Bürger Grandeas die aufgrund der teuren Nahrung dazu gezwungen wurden die Händler zu überfallen, damit sie nicht verhungerten.
„Ihr habt doch wohl nicht Angst vor dem Haufen dort! Ich sehe doch schon von Weitem, dass die so abgemagert sind, dass Mietz die wahrscheinlich im Alleingang erledigt.“
Doch viel Zeit um sich darüber zu streiten, ob dieses Unterfangen Selbstmord war oder nicht, hatten sie nicht mehr. Der erste Pfeil schlug nur um Haaresbreite vor Rikkas Pferd in den Boden. Dem Tier machte dies nichts aus und es galoppierte einfach weiter, denn für solche Situationen war es gezüchtet worden.
Die Banditenbande näherte sich vom Norden her, Mietz lenkte sein Pferd gerade auf Konfrontationskurs, als sie aus östlicher Richtung eine weitere Staubwolke erblickten.
Zur Verwunderung von Rikka bildete sich bei ihrem Begleiter ein Lächeln im Gesicht, als sie in der Ferne den ersten Reiter mit einer Flagge in der Hand erblickten. Das Blau der Flagge war schon von Weitem zu sehen und irgendetwas Weißes war in der Mitte dargestellt.
Gill blickte wieder zu Rikka und lächelte sie wieder mit seinem charmanten Grinsen an.
„Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber Salar Harlors Pläne scheitern nie!“
Die Banditen erblickten jetzt auch was sich da gerade auf sie zubewegte. Über den ersten Reiter lächelten sie kurz, aber als zehn weitere zu ihm aufschlossen, wurden ihre Gesichter ernst.
Mietz ließ sich es nehmen, jetzt erst recht auf die Banditen zuzureiten. Lor wollte noch gerade etwas sagen, da preschte er davon. „Verdammt!“ Sagte er nur kurz und lenke sein Pferd in dieselbe Richtung.
Gill blieb bei der Kopfgeldjägerin und lenkte sein Pferd stur weiter Richtung Küste den Anderen entgegen. Aus den 11 Reitern wurden schnell 30 und die ersten hatten schon ihre Bögen im Anschlag, als sie in Schussnähe waren, flogen die Pfeile gen Himmel.
Die Banditen, die schon in der Nähe befanden, hatten keine Chance mehr auszuweichen. Die ersten Fünf wurden noch im Ritt von den Pfeilen getroffen und fielen zu Boden. Den Rest der Truppe reichte das als Abschreckung und sie lenkten ihre Pferde wieder in die Richtung aus der sie gekommen waren. Mietz, der sie schon fast erreicht hatte, schrie ihnen entgegen: „Ihr verdammten Feiglinge! War euer Vater ein Karnickel?!“
Er spuckte aus, als Lor ihn erreichte, gab es eine Kopfnuss. Was er zu ihm sagte, konnte Rikka aufgrund der Entfernung nicht verstehen.
Gill drosselte die Geschwindigkeit seines Pferdes als die Verstärkung näher kam. Es dauerte auch nicht lange und eine Traube aus Reitern hatte sich um die beiden formiert.
Rikka war nun mit dem ehemaligen Leibwächter in der Mitte der Formation. Sie musste schon ein seltsames Gefühl bekommen, bei all den Männern die sich gerade um sie herum befanden.
Es gab hier fast jeden Typ Mann, von dünn bis kräftig, klein oder groß, schön oder hässlich. Teilweise auch Männer aus verschiedenen Völkern, zwei Elfen die mit ihren Spitzohren nicht zu übersehen waren und zwei Zwerge. Der Rest stammte wahrscheinlich von der Rasse Mensch ab, so schien es jedenfalls. Doch zwei Sachen waren bei allen gleich: Und zwar zum einen ihre Rüstung und dann natürlich die Haare. Jeder von ihnen hatte längeres Haar. Entweder mochte Salar Männer mit langen Haaren oder es gab einen Grund und so wie Rikka ihren Auftraggeber kennen gelernt hatte, gab es sicherlich einen Grund dafür. Sie konnte es auf die Liste der Fragen packen, die sie ihm noch stellen wollte.
Einer der Zwerge ließ sein Pferd ein Stück vortreten. Er hatte mittelanges, schwarzes Haar, was ihm wild ins Gesicht fiel. Allen Klischees zum Trotz trug er keinen Bart, sondern hatte ein glattrasiertes Kinn. Somit kam sein riesiges Kinn, was zu dem klotzigen Kopf passte, besser zum Vorschein. Zwei große, braune Augen musterten kurz Rikka, bevor sie zu Gill blickten.
„Salar meinte ihr könntet Hilfe gebrauchen, einer seiner speziellen Boten hatte uns das mitgeteilt. Seitdem ihr an Land gegangen wart, sind hier einige dubiose Gestalten entlang gekommen.“
Mietz und Lor schlossen sich gerade in den Kreis ein, als der Zwerg sich an Rikka wandte.
„Verzeiht, werte Dame, dass ich mich nicht vorgestellt habe, mein Name ist Grunkbert Starkarm. Ihr müsst Rikka von Aurisgaard sein.“, der Zwerg nickte ihr höflich zu, bevor er weiter sprach. „Wir werden es nicht mehr schaffen das Schiff vor dem Abend zu erreichen, auf unserem Weg haben wir eine Dunkelelfen- Patrouille entdeckt. Die sahen nicht ganz so freundlich aus wie sonst!“ In den Reihen lachten ein paar Männer, andere spuckten ihre Meinung über dieses Volk in den Boden.
„Wir müssen einen kleinen Umweg nehmen, in der Nähe gibt es ein kleines Wäldchen, da können wir dann unser Lager aufschlagen. So wie ich Salar Harlor kenne, wird er schon wissen das wir dort sind.“ Jetzt lachten ausnahmslos alle Männer und der Kreis um Rikka öffnete sich wieder. So konnte die Reise weitergehen

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Re: Der Weg der Bluthündin - Kap. 1 Ein neuer Auftrag

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 22. November 2012, 23:00

Abschlusssequenz

Im gestreckten Galopp preschte der zehnköpfige Reitertrupp der Stadtwache unter dem Kommando von Leutnant Rodenthal um die Ecke direkt vor der Taverne „Zum Bettler. Rodenthal war an diesem Morgen der diensthabende Offizier der Stadtwache. Als ein atemlos und nach Luft ringender, aufs äußerste aufgeregte Bürger in das Wachlokal gestürmt kam und Schreie und Hilferufe aus der Taverne meldete, war Rodenthal sofort mit den gerade verfügbaren Mannen aufgebrochen, um in der Taverne nach dem Rechten zu sehen.
„Hoooh“, mit einem Ruck riss der Leutnant die Zügel zurück und brachte sein Pferd zum stehen.
„Alles absitzen! Zwei Mann sichern die Tür. Soldat Meisinger! Nehmen sie sich einen ihrer Kameraden und sichern sie einen möglichen zweiten Ausgang. Der Rest kommt mit mir“
„Jawohl Leutnant!“, wurden seine Befehle bestätigt. Zwei Soldaten nahmen neben der Vordertür Aufstellung während zwei andere im Hof der Taverne verschwanden. Die restlichen sechs Mann stürmten hinter dem Leutnant in den Schankraum.
Routiniert verteilten sie sich augenblicklich im Raum und sicherten jeden Winkel, während sich Rodenthal einen Überblick über die Situation verschaffte. Zuerst entdeckte er den auf dem Boden liegenden Händler. Ein Wink und einer der Soldaten eilte zu dem Mann, untersuchte ihn kurz und schüttelte den Kopf.
Mit schneidender Stimme erteilte Leutnant Rodenthal weitere Befehle:
„Korporal Reibisch, sie und zwei Mann untersuchen die Gästezimmer und befragen die Leute.“ Dann wandte er sich an zwei der drei noch verbliebenen Männer: „Sie befragen die Leute in der Nachbarschaft, ob ihnen etwas ungewöhnliches aufgefallen ist.
Wieder wurden die Befehle bestätigt. Inzwischen hatte der Soldat, welcher den Händler untersucht hatte, den toten, in seinem Blut liegenden Wirt und die Leichen in der Küche entdeckt und machte seinem Vorgesetzten Meldung.
„Bei Lysanthor! Welch Gemetzel. Ich will, dass der Verantwortliche für diese Schweinerei gefasst wird!“
„Leutnant!“, der Ruf kam von dem dritten Soldaten, der inzwischen den Schankraum untersuchte. Von oben konnte man derweil hören wie Korporal Reibisch die Zimmer durchsuchte.
„Was ist Soldat?“
„Hier ist eine verschlossene Tür. Möglicherweise ein Fluchtweg.“
Die Tür zum Schankraum wurde aufgerissen und die zwei Soldaten, die nach einem Hinterausgang suchen sollten betraten den Raum. „Kein Hinterausgang vorhanden Leutnant!“
Im selben Moment kam der Korporal mit seinen beiden Leuten herunter und meldete, dass in allen Zimmern bis auf eines die Leichen der Gäste der Taverne lagen. Sie waren aufs übelste von Armbrustpfeilen durchbohrt.
„Mein Gott!“, stöhnte Leutnant Rodenthal. „Wer tut so was? Männer, brecht die Tür auf! Vielleicht finden wir noch eine Spur der Mörder.
Mit einem der Tische des Schankraums dauerte es keine Minute und die Tür flog aus den Angeln. Leutnant Rodenthal schickte seine Leute in den Gang, der augenscheinlich in den Keller führte. „Jeder Widerstand ist gnadenlos zu brechen ist das klar? Ich will die Schweine, die das hier angerichtet haben! Ich will sie am Galgen baumeln sehen!“ Die Männer brüllten ihre Befehlsbestätigung und stürmten in den Kellergang.
„Korporal, welches Zimmer war unbewohnt?“
„Zimmer 8 Leutnant.“
„Sehr gut. Im Gästebuch nachschauen wer in dem Zimmer gewohnt hat!“
Zackig salutierte Korporal Reibisch und machte sich hinter dem Tresen zu schaffen. „ Ah, hier steht es. Eine gewisse Rikka Herr Leutnant.“
„Und? Weiter, der Name?“
„Kein weiterer Name, hier steht nur Rikka.“
Aus dem Kellergang drang lautes gepolter, dann tauchten die Soldaten wieder auf, eine Frauenleiche , die in der Hand eine Armbrust umklammert hielt mit sich schleppend.
„Meldung!“, forderte Rodenthal,
„Nichts Herr Leutnant, nur diese Frauenleiche und ein paar Steckbriefe. Wahrscheinlich eine Auftragsmörderin oder Kopfgeldjägerin. Sieht so aus, als wäre sie für die Sauerei hier oben verantwortlich. Hat sich anscheinend, als sie keinen Ausweg mehr sah, selbst mit einem Pfeil ihrer Armbrust gerichtet.“
„Nun, dann ist das wohl geklärt. Wahrscheinlich ist sie diese Rikka. Bleibt nur die Frage, warum sie alle getötet hat? Nun gut, Korporal, sie und ihre Männer bleiben hier und sichern den Ort des Verbrechens. Sobald die beiden Soldaten auftauchen, die die Nachbarschaft befragen, nehmen sie deren Aussagen zu Protokoll. Ich werde Hauptmann Meiffart über dieses Massaker informieren und den Abtransport und die Beisetzung der Toten sowie die Unterrichtung etwaiger Angehöriger veranlassen. Ich will wissen wer diese Frau ist und wieso sie alle in der Taverne gemeuchelt hat. Das alles ergibt für mich keinen Sinn und ich kann und will nicht an die Tat einer Wahnsinnigen glauben.“
Leutnant Rodenthal verließ die Taverne und ritt zurück zum Wachgebäude im Innenring. Unterdessen verstärkte Korporal Reibisch die Posten vor der Taverne und bezog selbst mit den verbleibenden drei Soldaten der Wache Posten in der Taverne. Er war sich nicht so sicher wie sein Vorgesetzter, dass sie je erfahren würden, was hier wirklich vorgegangen war. Aber vielleicht konnten die beiden, die noch die Nachbarschaft befragten, etwas Licht ins Dunkel dieser Tat bringen.

Abschließende Anmerkung:

Bei künftigen Posts in der Taverne bitte beachten, dass vorher ein neuer Wirt eingeführt werden sollte.
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