Der Auftrag

Handwerker, einfache Bürger und der Adel wohnen in kleinen Bezirken und doch teilweise Tür an Tür. Von der windschiefen Hütte bis hin zum schön verzierten Fachwerkhaus oder kleinem Anwesen mit Wasserspeiern aus Marmor ist hier alles zu finden.
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Luzien
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Re: Der Auftrag

Beitrag von Luzien » Freitag 30. Juli 2010, 14:50

„Keine Waffe an dieser Stelle also ...“ Sich mit diesem Trottel abgeben zu müssen, tat fast schon körperlich weh. Wie sah es denn aus, wenn jemand, der eindeutig den Plattenpanzer einer pelgarischen Stadtwache trug, komplett unbewaffnet durch die Straßen lief? Jeder der die beiden auf der Strasse sah, würde misstrauisch werden müssen, das stand außer Frage. Luzien bewegte sich langsam. Fürs erste musste er sich an das ungewohnte Gewicht gewöhnen, dass auf seinen Schultern ruhte. Es war lange her, dass er so etwas tragen musste. Zu seiner eigenen Zeit bei der Wache des Reichs, musste er ständig eine mit Stahl beschlagene Stoffrüstung mit dem passenden, spitzen Helm tragen. Das waren einfachere Zeiten gewesen, aber Luzien war niemand, der sich die Vergangenheit zurückwünschte wenn die Gegenwart einmal nicht passte. In den letzten Jahren hatte er die silberne Justiziarrüstung, die er sein eigen nannte, nur zu seltenen Anlässen getragen. Eine so schwere Panzerung war einfach Unpraktisch, wenn man von ihrem Schutz absah. Und auch auf diesen Plattenpanzer traf das zu. Eins stand außer Frage, in dieser Aufmachung konnte er sich keinen Fluchtweg über Fassaden und Dächer aussuchen. Aber wenn alles nach Plan lief, war das auch gar nicht nötig.
Wortlos stapfte Luzien ans Fenster und sah hinunter in die menschenleere Gasse. Langsam wanderte sein Blick nach Oben. Er hatte noch viel Zeit, die Sonne würde erst in einigen Stunden ihre bösartige Fratze zeigen.
Der Jäger, wie Montegomerus und der namenlose Diener ihn getauft hatten, Ging zurück zu den Resten des Kleiderpakets und hob das Garn auf, mit dem es verschnürt gewesen war. Mit diesem band er seine langen Haare zu einem Zopf auf dem Rücken zusammen. Es wäre mehr als unpraktisch, wenn die weißen Haare sich unter dem Topfhelm vors Visier verirrten und dem Nachtelfen den Blick raubten.
Noch immer war das mörderische Grinsen in Luziens Gesicht, als dieser den Helm aufhob und sich über den Kopf schob. Durch die kleinen Seh- und Atemschlitze war nichts von dem hübschen Gesicht zu erkennen, es lag vollkommen im Schatten. „Na dann mal raus mit mir“ kam es dumpf unter dem Helm hervor. Doch anstatt direkt zur Tür zu gehen, bewegte er sich auf die kleine Ölfunzel zu und drückte deren mickrige Flamme mit Daumen und Zeigefinger aus. Ein undeutliches Lachen war zu hören. Im dunkeln war es für den Hünen sicherlich wesentlich unangenehmer als sonst mit dem wahnsinnigen Nachtelfen alleine zu sein. Er selbst hatte ja keine Probleme hier zu sehen.
Aber für den Menschen gab es keinen Grund zur Sorge. Noch nicht. Denn kommentarlos verlies Luzien das Zimmer und ging die Treppe hinab zum Eingang. Draußen vor dem Haus beugte er sich an der selben Stelle nieder, an der sich beim betreten der Hütte auch der Riese hingekniet hatte. Sorgsam prägte er sich das Zeichen ein, welches das Gebäude markierte. Schließlich musste er es wiederfinden, um seinen Besitz zurück zu bekommen.
Dann endlich ging es durch das Gartentor hinaus auf die eigentliche Straße, wo Luzien auf den Diener wartete. Zum hohen Rat ging es rechts entlang, wenn sein Orientierungssinn richtig war, aber vielleicht hatte dieser Trottel ja noch mehr mit ihm vor ...

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Re: Der Auftrag

Beitrag von Gestalt » Dienstag 3. August 2010, 11:17

Seine Feststellung, die mehr oder weniger eine Wiederholung des Gesagten war, ließ den Hünen leicht verächtlich schnauben. Natürlich bekam er die Waffe jetzt noch nicht. Abgesehen davon, dass sie auffällig war, selbst im Vergleich mit den Patrouillen, die in Pelgar herum streiften, war es für ihn viel zu gefährlich, sie diesem Kerl in diesem Zimmer schon zu geben. Außerdem hatte er sie hier nicht gelagert, weil sie viel zu leicht gefunden werden könnte. Nein, sie würde erst gebracht werden, wenn sein Herr ihn offiziell als neuen Wachmann für den Hohen Rat vorstellen würde.
Auch wenn er diesem gerne geraten hätte, eine Attrape zu verwenden, aber dann könnte er den Auftrag nicht mehr ausführen.
Ausdruckslos, mit regelrecht steinerner Miene beobachtete der Leibwächter, was der Typ daraufhin tat, und beinahe hätte er grinsen müssen. Tja, schon blöd, wenn man sich solch lange Haare wachsen ließ. Da hatte er ja eindeutig weniger Probleme.
Trotz allem blitzte es in seinen Augen schadenfroh auf deswegen, denn er kam auf den selben Gedanken, dass sie dem Jäger die Sicht unter dem Helm nehmen könnten und somit war ein Hilfsmittel notwendig. Die ohnehin eingeschränkt wäre, was dem Hünen nur recht war.
Durch das Verfolgen der Augen war sein Blick auch wieder auf den Handschuh mit den glitzernden Steinen gefallen.
Warum sollte er solch ein wertvolles Ding hier liegen lassen? Natürlich könnte er es und vermutlich würde außer ihm auch niemand mehr jenen Raum betreten. Jedoch konnte er ihn auch nicht absperren. Sollte es also wider besseren Wissens soweit kommen, wäre der Handschuh das Erste, was danach fehlen würde. Die Kleidung wäre weniger bedeutsam, nur diese Steine... Ja, er nahm ihn besser gleich mit.
So schnaubte er lediglich ein weiteres Mal, wie als Antwort auf seinen Entschluss als auch auf die Bemerkung des anderen, dass er raus solle. Ganz so, wie er es verlangt hatte.
Als er sich von ihm abwandte, sah der Leibwächter wieder zu dem Handschuh, grinste flüchtig und schnappte ihn sich im Rücken des Jägers, sodass dieser es nicht so recht mitbekommen konnte. Was jener allerdings in der Zwischenzeit tat, stieß ihm ein wenig sauer auf. Nicht nur, dass das spärliche Licht plötzlich ausging, musste er auch noch dieses irre Lachen wieder einmal hören, das ihm sogar die feinen Nackenhärchen aufstellte.
Hastig bemühte er sich, mehr zu erkennen, denn lediglich Grau und Grau, da er mit einem Angriff rechnete. Was zu seiner Erleichterung nicht passierte, weil er sich im Moment kaum ernsthaft hätte verteidigen können.
Er ließ die Luft, die er unbewusst angehalten hatte, über die Lippen entweichen, als er Geräusche auf der Treppe hören konnte. Trotzdem blieb er noch einige Sekunden, wo er war, und lauschte angestrengt.
Seine Augen gewöhnten sich allmählich ausreichend an die Lichtverhältnisse, sodass er erkennen konnte, dass er wirklich allein war.
Also machte er sich auf den Weg, um dem Jäger zu folgen, den er auf der Straße vorfand. Was ihn jedoch erstaunte, war, dass er tatsächlich auf ihn gewartet hatte.
Der Hüne brummte etwas Unverständliches und deutete wortlos nach links, schräg vor, da der andere zwar nicht voraus, aber zumindest an seiner Seite gehen sollte, damit er ihn im Auge behalten könnte. Zwar verlief der offizielle Weg zum Gebäude des Hohen Rates nach rechts von hier, doch es gab ein paar Gassen, wodurch sie sich Zeit ersparen würden.
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Re: Der Auftrag

Beitrag von Luzien » Dienstag 3. August 2010, 16:16

Ein scharfer Wind fegte die Straße entlang und brachte die Kälte der Nacht mit sich. Luzien begann leicht zu zittern. Eigentlich hatte er kein Problem mit der Kälte, aber das hier war etwas anderes. Dieses tragbare Bollwerk aus Metall würde sich sehr schnell aufs unerfreulichste abkühlen und dann wäre das dünne Wams, dass der Nachtelf unter dem Panzer trug auch keine große Hilfe mehr. Die Devise lautete also, die Plattenrüstung so schnell wie möglich wieder los zu werden.
Luzien hatte die Arme vor der Brust verschränkt und klopfte mit dem linken Fuß ungeduldig auf den Boden. Der Hüne lies sich Zeit um ihm zu folgen. Wahrscheinlich war dem Riesenbaby das Herz in die Hose gerutscht, als das Zimmer plötzlich im dunkeln lag und nun rechnete er mit einem heimtückischen Angriff. Bei dem Gedanken entwich dem „neuen Gardisten“ ein verächtliches schnauben. Endlich vernahm er in seinem Rücken das Quietschen der Eingangstür und drehte sich um. Der Leibwächter stapfte langsam auf Luzien zu. Dabei gefiel dem Elfen das selbstgefällige Grinsen im Gesicht des Riesen überhaupt nicht. Er hatte eindeutig irgendetwas angestellt, doch konnte Luzien sich nicht wirklich vorstellen was. Vielleicht hatte er sich so viel Zeit gelassen, um oben den Kampfstab des Nachtelfen zu zerbrechen? Aus reiner Gehässigkeit wohl ...
„Ich hatte schon Angst dich hätte der Schlag getroffen, Mensch. Ich will los, also beweg dich!“ Der Große brummte etwas und deutete dann nach links. Es wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn man den direkten Weg zum Ratsgebäude gewählt hätte. Irgendetwas war ja immer. Allerdings verkniff sich Luzien dieses eine Mal einen Kommentar. Stattdessen marschierte er einfach los. Vorweg gehen konnte er nicht, denn schließlich hatte er keine Ahnung welchen Weg er einschlagen musste. Hinter dem Riesen her zu trotten hätte aber auch komisch ausgesehen, dann so wirkte er als benötigte er als Stadtwache einen Führer. Deshalb blieb der Jäger an der Seite des Leibwächters.
Dabei viel ihm ein weiteres Mal die Masse des Mannes auf. Er selbst war ja nun wesentlich breiter, denn der pelgarische Plattenpanzer hatte schon seinen Umfang, doch im Vergleich zu dem Menschen wirkte er noch immer fast wie ein Kind.
Es ging weiter durch enge, verwinkelte Gassen. Wie das letzte mal, als Montegomerus Diener den Führer gespielt hatte, verlor Luzien schon sehr bald die Orientierung. Dieses Mal jedoch, weil er sich nicht auf den Weg konzentrierte sondern auf seine Bewegungen. Noch immer wirkte es nicht so, als wäre er an das ständige Gewicht gewöhnt, aber langsam wurde es besser. Dennoch, etwas störte erheblich. Die Rüstung war von schlechter Qualität und eine Schulterplatte rieb auf die darunter liegende Brustpanzerung. Jedes Mal wenn er den rechten Fuß aufsetzte, knirschte das Metall unangenehm. Er selbst hatte leider kein Öl und auf der Straße würde er auch keins finden. Dann musste er das eben auf andere Weise ausgleichen.
Wieder fiel dem Nachtelfen auf, dass niemand auf der Straße war. Angeblich sollte es hier doch von Untoten nur so wimmeln? Aber vielleicht waren die ja in einem anderen Stadtteil ...
„Wann sind wir endlich da“ knirschte Luzien genervt, ohne den Menschen dabei anzusehen.

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Re: Der Auftrag

Beitrag von Gestalt » Mittwoch 4. August 2010, 19:37

Als der Hüne bei seiner Ankunft im Licht der Nacht erkennen konnte, dass der andere ein klein wenig zitterte, begann er schadenfroh zu grinsen.
Hätte er ihm denn eine schützende Kleidung für darunter auch geben sollen? Davon war beim Auftrag seines Herren keine Rede gewesen und somit hatte der Jäger einfach Pech gehabt. Bei einem anderen Verhalten hätte der Leibwächter womöglich dazu geraten, ein bisschen etwas von den eigenen Sachen anzubehalten, aber dem hier war es ihm nur recht.
Deswegen ließ er sich erst recht Zeit, als er das Gebäude verlassen und ihn schon gesehen hatte, sodass er noch ein paar lange Momente brauchte, bis er das Gartentürchen betätigte.
Das Quietschen war zwar leise, jedoch passte es ihm eindeutig nicht.
Warum musste immer dann ein Laut entstehen, wenn es ihm am wenigsten passte? Allerdings schlief um diese Zeit schon der Großteil der Bewohner in der Hörweite und der Rest wollte lieber mit nichts etwas zu tun haben, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Somit war man hier lieber blind und taub, egal, was draußen geschah, solange es einen nicht direkt betraf.
So gelangte er schließlich an sein vorläufiges Ziel und gab dann den Weg bekannt. Doch das Grinsen blieb in seinem Gesicht, als wäre es zur Maske erstarrt. Was nicht allein an der Tatsache lag, dass dem anderen vermutlich gehörig kalt noch werden würde, sondern auch daran, was er in seine Tasche gesteckt hatte und bei jedem Schritt zu spüren bekam, wie ein Versprechen auf ein saftiges Trinkgeld. Oder eine neue Waffe, wenn sie auf seine Hand passte...
Als der Jäger erneut einfach losstampfte, schnaubte der Hüne noch einmal leise und unwillig. Beschloss aber, dazu nichts zu sagen, da sie ja nun nicht mehr ungestört bleiben konnten, wenn sie sich... unterhielten. Was auch immer darunter zwischen diesen beiden Männern zu verstehen war.
Stattdessen setzte er sich betont lässig und gemütlich in Bewegung und genoss es, dass der andere diesmal darauf wirklich angewiesen war, in seiner Nähe, am besten an seiner Seite, zu bleiben.
Das Knirschen der schlecht sitzenden Rüstung wurde zum ständigen Begleiter der Beiden. Tatsächlich konnte sie nicht perfekt sitzen, abgesehen davon, dass sie nicht für Luzien maßgeschneidert worden war. Sie hatte auch schon ein paar Dienstjahre hinter sich und war somit gespickt mit Ersatzteilen, die dadurch nicht völlig passten.
Dass dies ihn behindern könnte, daran hatte der Leibwächter bisher nicht gedacht, jedoch nun, wo er es beständig hörte, blitzte es in seinen Augen schadenfroh auf. Wo das Ding wohl überall unangenehm drücken mochte? Hoffentlich würde es lange genug bleiben, um den anderen unaufhörlich zu nerven.
Nur leider war sie nicht sonderlich leise um diese Uhrzeit, sodass der Hüne sich ein wenig Sorgen machte, ob sie nicht wider besseren Wissens und Erfahrung auffallen würden. Andererseits, sollte einer der hier ansässigen Bewohner irgendwie aufmucken versuchen, würde er ihm mit Genuss die Quittung präsentieren.
Durch unzählige verwinkelte, dunkle Gassen führte er ihn schließlich zum Bereich des Ratsgebäudes.


Luzien wird gebracht zu: Vor dem Ratsgebäude
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