Bilgars Elternhaus

Stein ist zu selten und kostbar in Mantron und Holz wird zu schnell feucht, daher leben die Menschen hier in Hütten, die sie mit gegerbter Tierhaut bespannen. Die ist nicht nur sehr wetterfest, sondern hält auch die Wärme in den Häusern.
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Bilgars Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Freitag 28. Juni 2019, 08:46

(Bilgar kommt von: Taverne von Ulmgard Immerdurst)

Wie zu dieser späten Stunde erwartet, schlief Aria, seine Mutter schon fest unter ihrem Haufen aus Fellen. Als „Ausländerin“ in Mantron waren ihr die eisigen Nächte ein Gräuel, weswegen sie immer früh zu Bett ging. Auf dem Tisch stand kaltes Essen für ihren Sohn und ein einzelnes Licht brannte noch.

((Bitte beschreibe das Elternhaus und das Aussehen der Mutter an dieser Stelle gern genauer, damit man ein Bild von Bilgars Heimstatt hat.))
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Bilgar Schneeblick
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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Bilgar Schneeblick » Montag 1. Juli 2019, 22:19

Nur Schneeflocken waren seine Begleiter auf dem einsamen Weg durch die Straßen der Stadt. Erschöpft von den Strapazen des Tages und den Abenteuern der Nacht, rieb er sich die Augen, um die aufkeimende Müdigkeit zu bändigen. Ein Gähnen drückte die Kiefer auseinander und obwohl die Hand versuchte ihn zurückzudrängen, wurde dem Mantroner der innige Wunsch nach Erholung deutlich. Der getrübte Blick untersuchte die sich lichtenden Häuserreihen und immer weniger Fenster waren noch beleuchtet. Weit in der Ferne erstarb das letzte Licht eines großen Gebäudes. Das Haupthaus lag still auf dem Hügel in der Mitte Mantrons. Sturmschreier musste wohl in diesem Moment seine Befragung abgeschlossen haben und sich über Olof, sowie den heutigen Vorfall, eine Meinung oder vielleicht sogar ein Urteil gebildet haben. Trotz der trüben Ereignisse der letzten Stunden wollte das närrische Grinsen nicht aus seinen Mundwinkeln weichen und sogar der Gedanke an Eisenherz vermochte nicht die Freude über die versuchte Liebkosung der Wirtstochter verdrängen. Während am Horizont die ersten Sterne erloschen und das bevorstehende Ende der Nacht aufzeigte, betrachtete er die verlorenen Baumwipfel außerhalb der Stadtgrenzen. Schwarz hoben sich die Kronen vor den schneeweißen Dünen dahinter ab. Gedankenverloren strichen die Finger über den Bart, versuchten die sanften Lippen Jennas zu ertasten und die Wärme ihres Atems an den Spitzen zu fühlen. Leider war die Berührung nur flüchtig gewesen. Bilgar betrachtete seine Finger und streckte sie symbolisch dem fernen Wald entgegen. Verrückt, wie sich die Dinge entwickeln. Aber vielleicht bin ich auch einfach übermüdet und bilde mir Sachen ein. Zumal ich für so etwas keine Zeit habe. Außerdem wird sie mir später diesen verpatzen Dankeskuss unter die Nase reiben oder mich auf irgend eine andere Art ihrem Spott aussetzen.“ Inzwischen war sich Schneeblick darüber sicher, dass Jenna ihm danken wollte und nicht mehr dahinter steckte, als ein einfacher, vielleicht überschwänglicher Beweis von Dankbarkeit. Die langen Jahren der Freundschaft würde er nicht für eine Nacht der Leidenschaft oder einer unglücklichen Beziehung opfern. Und dennoch würde sich der junge Mann in genau diesem Moment selber verraten, würde er nicht zugeben, dass eine solche Vorstellung einen unüberwindbaren Reiz hatte. Aber schon drängten sich Olofs Worte in seinen Verstand. Wie er das Mädchen mit einem Honigtopf verglich und Bilgars Intention ihre 'Süße' zu genießen. „Mutterlose Kröte!“, entfuhr es ihm und bereits das zweite Mal an diesem Tag spie er auf den Namen Eisenherz. Das ein Vertreter der Drachenbootreiter, mit so einem schwarzen Verlangen in der Brust, als Held gefeiert wurde, war unvorstellbar. Obwohl sein Verstand nach Ruhe verlangte und sein Körper dringend die Wärme eines Bettes erflehte, regten sich Sorgen beim Jäger. Gerade die Position des miesen Hundes gab Anlass über die Folge der heutigen Tat nachzudenken. Was für ein Licht würde es auf die Familie Olofs oder dessen Zunft werfen? Wenn die Sonne am höchsten Stand würden sie mit Sicherheit auf andere Vertreter, darunter auch Unterstützer des miesen Vergewaltigers, treffen. Es sollte interessant werden - Dahingehend hatte Schneeblick Gewissheit. Doch war es an der Zeit zu gehen. Jenna hatte Recht, er hatte mit Sicherheit das Aussehen einer von Tieren besuchten Jauchegrube. Noch einmal den letzten Blick auf die vertrauten Wälder genießend, wandte er sich um und setzte mit knirschenden Schritten seinen Weg zur Heimstatt fort.

Linker Hand erschien alsbald das Gehöft des jungen Haflgor Schwerbauch. Ein Schlittenbauer von mittelmäßigem Talent, aber nicht wenigen Aufträgen. Hin und wieder kaufte dieser ihm sogar ein oder zwei Felle ab, um damit die kargen Holzbänke zu polstern. Plötzlich blieb der junge Mann stehen, senkte den Kopf und stöhnte schwer. „Ich habe meine Sachen in der Taverne liegen lassen, verdammte Axt!“, dachte er bei sich und hieb sich mit der Faust gegen die Stirn. „Ich muss wohl nach dem morgigen Treffen noch einmal dort vorbei.“ Natürlich war die Vergesslichkeit im Angesicht der heutigen Ereignisse entschuldbar, aber dennoch ärgerte sich Schneeblick darüber. Frustriert trat er nach einem hölzernen Eimer, verfehlte diesen jedoch, so dass nur etwas Schnee gegen die nahe Häuserwand klatschte. Dies war ein deutliches Zeichen der Göttin, dass ihm heute nichts mehr gelingen würde und so setzte Bilgar seinen Weg fort, allerdings nicht ohne einen Fluch auszustoßen. Etwas schmollend zog er an den Nachbarhütten vorbei, einige groß und aus Holz, andere klein und nur mit Leder überzogen. Die Ausstattung der Behausungen war häufig abhängig von der Dauer ihres Bestehens. Jemand der bereits über längere Zeit sein eigenes Heim hatte, konnte bereits wichtige Dinge mit anderen Städtern erhandeln und sich somit einen gewissen Wohlstand sichern. Natürlich würde jemand der östlichen Welt eine Bretterhütte niemals als Luxus bezeichnen. Doch für einen Mantroner gab es kaum eine bessere Möglichkeit.
Das Heim des jungen Jägers war seit über vier Generationen im Besitz der Familie und nach dem Tod seines Vaters und dessen Vater bereits ihm versprochen. Es gab niemanden mehr, der noch ein Recht auf das geschichtsträchtige Heim beanspruchen konnte. Trotz des Alters gab es keine Anzeichen für Protz oder Prunk. Weder die Größe, noch die Ausstattung waren bemerkenswert oder außergewöhnlich. Für Bilgar gab es weder einen Grund noch eine Möglichkeit dies zu ändern. Sein Geschäft war das Tauschen und Jagen. Nichts womit sich ein für Mantroner unsinniger Wohlstand hätte erwirtschaftet werden können. Für das Überleben in der Kälte des Westens war es nur wichtig etwas zu Essen, warme Kleidung und ein Dach über dem Kopf zu haben. Immer wieder sah er wie die Ausländer in teuren, bunten Kleidern die Schiffe verließen. Sie zitterten, warfen sich schnell dicke Pelze über und glichen sich dann wie ein Ei dem anderen. Die Menschen des Festlandes mussten ein sehr trauriges Leben führen, da war sich Bilgar sicher. Immer wieder verkauften sie lebenswichtige Ware, um glänzende Gold- oder Silberstücke zu erhalten, welche man weder Essen noch verbrennen konnte. Und Schneeblick hatte es versucht. Sie schmeckten widerlich und vermutlich konnte man das weiche Metall nicht einmal für Waffen verwenden. Zudem man viel zu viel davon benötigte. Er kannte die Handelswaren des Ostens, da die ersten Händler versuchten, seine Felle mit diesen Metallscheiben zu zahlen. Beim ersten Mal fiel er darauf herein und sein Vater schalt ihn für dessen Dummheit. Seine Mutter erklärte ihm, dass man mit dem 'Geld', so nannte sie es, in der restlichen Welt Dinge erwerben konnte. Für Feuerbart damals und für dessen Sohn heute noch eine unvorstellbare Unart - Aber ein Mantroner urteilte nicht darüber, wie andere Völker lebten, sondern blickten nur kritisch auf die verschiedensten Traditionen. Mitunter war aber auch diese Form der Gesellschaft ein Grund für Bilgar, die Welt und diese seltsamen Traditionen kennenzulernen. Doch bevor ihn der Gedanke zu stark umfing, betrat er das kleine Gehöft durch einen alten, hölzernen Torbogen, welcher links und rechts mit einem lückenhaften Zaun umgeben war. Früher hatten seine Ahnen hier Schafe und Ziegen gehalten, was allerdings mit der Zeit verloren ging, als es schwierig wurde, Futter für die Herden zu erwirtschaften. Es wuchs kaum verwertbares in den Wäldern und es von außenstehenden Personen zu kaufen war kaum möglich gewesen. Die grünen Augen suchten die verwahrlosten Raufen ab und dabei erinnerte sich der junge Mann daran, dass es sein Großvater war, der die Familie mit der Jagd verband. Zwar war Feuerbart ein Teil der örtlichen Wachen, aber Bilgar konnte sich immer noch an seine Freude darüber erinnern, dass seine Leidenschaft bereits im Vorfeld einen Teil seiner Familie begeistert hatte. Schnell stieg er die wettergegerbte Treppe hinauf, dass der Schnee in Tropfen davon herunterfiel. Es knarzte bei fast jedem Schritt. Dies war dem Alter des Materials geschuldet. Zwar hingen auch hier Lederstücke hinter den Fensterläden, aber dennoch konnte man erkennen, das im Inneren kaum noch Licht brannte. Das schwache Flackern verwies auf eine letzte, verwaiste Quelle irgendwo im Hause hin. Es gab zwar einen Zwischenboden, aber da dort nur Nahrung oder andere Dinge gelagert wurden, konnte der junge Mann davon ausgehen, dass dort niemand ein offenes Feuer hatte brennen lassen. Wie in ihrer Kultur üblich war das Haus eher länglich, als verwinkelt oder hoch. Schnell suchte Bilgar mit kalten Fingern, denn er hatte seinen Handschuh nicht wieder ausgezogen, den breiten Schlüssel für die Eingangstür heraus. Die meisten Leute in Mantron schoben des Nachts einen Riegel vor und wussten sich sicher. Aber da Schneeblick auch über die Nacht hinweg Jagd auf Tiere machte oder sogar mehrere Tage wegblieb, war es praktischer gewesen sich vom örtlichen Schlosser einen einfachen Mechanismus fertigen zu lassen. Dafür musste ihm der Jäger zwölf reine Nerze erbringen. Es war also einfach, aber auch ein hoher Tauschwert gewesen. Da der eisige Wind es erschwerte, dauerte das Öffnen etwas, aber nach einer Weile knackte es laut und schnell huschte Bilgar in den Vorraum. Ein wohliges Seufzen drang ihm aus den Mund, denn der Innenraum war noch herrlich vom Herdfeuer. Damit diese Wärme die Räume nicht verließ, lehnte sich der junge Mann gegen die die schweren Eichenbretter und ließ die Pforte zu fallen. Zufrieden mit sich, fand der Schlüssen seinen Platz in der Manteltasche wieder, welchen Schneeblick zusammen mit dem Umhang und Handschuhen an einen in die Wand getriebenen Nagel hing. Die breiten Hände griffen in die langen Haare und entfernten den dortigen Riemen. Daraufhin schüttelte er kräftig den Kopf, um den restlichen Schnee oder andere Hinterlassenschaften zu entfernen. Dabei klatschte die Mähne von allen erdenklichen Seiten in sein Gesicht. „Endlich daheim. Mutter wird sicherlich schon eingeschlafen sein, aber ich schaue sicherheitshalber nach.“ Normalerweise musste sich Bilgar nicht um seine Mutter sorgen, denn sie war trotz ihrer achtunddreißig Zyklen eine starke Frau und hatte in der Umgebung viele Freunde und Bekannte. Dennoch wollte er sicher gehen, dass es Aria gut ging. Beim Weg durch den relativ nackten Vorraum fiel sein Blick wie so oft auf die Schnitzereien, welche den Stuck dekorierten und von jeder Generation erweitert wurden. Wenn er einmal alt und grau war, so würde auch der junge Jäger seinen Teil dieser Gravur beitragen. Bis zu diesem Tag zeigten sie Jagdszenen, der Kampf gegen das Ungetüm der Meere und einige alltägliche Arbeiten, welche man jederzeit in der Heimat der Tapferen verfolgen konnte. Durch diese Kunstwerke konnten die Gäste direkt beim Eintreten erkennen, was die Familie bei der man einkehrte bereits errungen hatte. Mit einem kleinen Satz erklomm Schneeblick die zwei Stufen in den größten Raum des Domizils: Der Wohnkammer. In der Mitte konnte man sofort die erkaltete Feuerstelle sehen, über der immer noch Töpfe, Pfannen und Spieße baumelten. Sie war mit Steinen umrundet und zu Teilen in den Boden gelassen worden, damit die umstehenden Dielen kein Feuer fingen. An östlichen Seite gab es einen Tisch mit wenigen Stühlen, auf dem eine scheinbar kalte Mahlzeit wartete. Dort konnte man sich setzen, aber lieber verblieb man in der nähe der wärmenden Flammen. Zu diesem Zweck gab es Schemel, welche willkürlich verteilt wurden. Gleich daneben fand man die Wäsche des Tages, welche in der Stube getrocknet wurde, denn in der frostigen Luft war es beinahe unmöglich. Am anderen Ende, neben der Schlafkammer des Familienoberhauptes, fand man die Leiter zum Zwischenboden. Es war üblich, dass die Familie in Betten längsseits der Wand nächtigte, aber Schneeblicks Familie hatte das Glück, für die ältesten Bewohner eine abgegrenzte Kammer ihr Eigen zu nennen. Dort schlief Aria. Behutsam nahm Bilgar die schwach glimmende Talgkerze vom nahen Waffenschrank. Dort wurden Bögen, Pfeile oder diverse Werkzeuge gelagert. Vorsichtig begann der junge Mann seinen Weg durch das Halbdunkel des Raumes zu suchen, stolperte allerdings über einen der Schemel, welcher polternd zu Boden ging. „Das ist nicht mein Abend heute ...“, zischte er leise und setzte sich nun noch langsamer in Bewegung. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde die Tür zum Nachtlager der Mutter geöffnet. Aria lag unter einer Vielzahl an Pelzen und Fellen begraben in ihrem Bett. Es war erstaunlich wie wenig man von dem Alter seiner Lebensspenderin sah. Vermutlich sorgten die Sommersprossen um die Nase und das rundliche Gesicht für das jugendliche Auftreten. Ihre langen, brauen Haare trug die Pelgarerin selten offen und so war sie auch dieses Mal damit zu Bett gegangen. Auch hatte die Frau den Schmuckstein, welchen ihr Heval zur Bundfeier schenkte, nicht abgenommen. Vermutlich lag Aria noch eine Weile wach und wurde dann von der Müdigkeit überwältigt. Langsam und leise zu sich ihr Sohn zurück und verschloss die Tür wieder. Nach einem erneuten Irrlauf durch das Mobiliar setzte sich Bilgar an den Esstisch, stellte die beinahe erlöschende Kerze neben sich und zog die Schüssel mit kaltem Fleisch heran. Es war zwar nicht mehr warm, aber durch die Würze sicherlich noch eine kleiner willkommene Zwischenmahlzeit. Den Schädel auf einen Arm gestützt nahm der junge Mann einen Bissen zu sich. Seine Mutter verstand sich auf die Kochkunst, aber dennoch war ihr Jan weit überlegen. Das würde er ihr gegenüber aber niemals zugeben. Allerdings hatte Schneeblick seine Müdigkeit unterschätzt und noch bevor dieser einen zweiten Bissen zu sich nehmen konnte, rutschte sein Kopf herunter und fiel neben die Schüssel. Unter einem Wulst aus Haaren begraben begann ein lautes, tiefes Schnarchen. Dieser Tag war eindeutig zu lang gewesen und forderte nun seinen Tribut. Und wer weiß, was die Sonne mit sich bringen würden.

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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Dienstag 2. Juli 2019, 17:35

((ooc: Bitte keine Bilderlinks in den Posts verwenden. Auch keine Musik oder anderes. Das ist nur uns Mod's vorbehalten. Nächstes Mal bitte per Pm schicken. Du kannst aber im OT-Bereich *Bilder-Bilder-Bilder* posten und ggf. zum entsprechenden Thread verlinken. ))

Schneeblick hatte seine Müdigkeit unterschätzt und noch bevor dieser einen zweiten Bissen zu sich nehmen konnte, rutschte sein Kopf herunter und fiel neben die Schüssel. Unter einem Wulst aus Haaren begraben begann ein lautes, tiefes Schnarchen. Dieser Tag war eindeutig zu lang gewesen und forderte nun seinen Tribut. Und wer wusste schon, was die Sonne mit sich bringen würde.



Irgendwas weckte ihn... ein leise schabendes Geräusch.
Bilgars Arm rutschte vom Tisch und riss der Schwerkraft folgend den größten Teil seines Oberkörpers mit sich, den er so ungemütlich auf das Mobiliar gebettet hatte. Mit dem Fallen seines Armes, schoss sofort auch ein reißender Schmerz in seinen Nacken, als sein Körper aus dem Reflex heraus versuchte sich abzufangen. Der Kopf wollte sich wieder grade drehen, konnte aber nicht. Zu lange hatte er in dieser unbequemen Position gelegen. Der Schmerz führte seinerseits dazu, dass er seine andere Hand heben wollte, um sich im fallen hoch zu stemmen oder abzufangen, die jedoch unter einer dicken Felldecke gelegen hatte und die er nun mit sich riss. Verheddert und zu plötzlich erwacht, orientierungslos, drehte er sich dabei auch noch und rutschte nun vollends vom Schemel. Polternd und schnaufend kam er endlich zu Ruhe und das Gesicht seiner Mutter erschien verkehrt herum in seinem Sichtfeld. Ihr Haar war schon wieder neu frisiert und eng in großen Zöpfen um den Kopf gewunden, damit es sie bei der Arbeit nicht störte. Sie beugte sich über ihn und lächelte, was aus seiner Sicht wie ein Schmollen wirkte.
„So, junger Mann! Wenn du schon da unten liegst, reich mir meinen Nähkorb hoch.“
Dieser stand wie gewöhnlich an seinem Platz unter dem Tisch und das schabende Geräusch, was ihn geweckt hatte, war wahrscheinlich ein Stück Fell oder Leder, was Aria gerade kunstvoll bearbeitete um es später mit Stickereien zu versehen. Ihre Motive waren unter den Mantronerinnen sehr begehrt, da sie durch ihre Herkunft etwas „exotisches“ an sich hatten. Aria verdiente sich durch dieses Handwerk gern etwas dazu und vor allem machte es ihr Freude.
„Wird das heute noch was? Und warum um Venthas Willen bist du denn nicht in dein Bett gegangen? Du weist schon, dass du keine 10 Jahre mehr bist, wo ich dich noch tragen konnte, wenn du am Tisch eingeschlafen bist?! Himmel, jetzt steh endlich auf und wasch dich! Du stinkst wie der alte Haflgor! Der wäscht sich auch nie! Kein Wunder, dass der kein Weib abbekommen hat! Und wenn du damit fertig bist, dann bring mir einen Eimer Schnee. Bei deinem spärlichen, bis nicht vorhandenen Handelsgeschick wird es heute nur Suppe geben.“
Damit spielte sie mehr als deutlich auf das Fehlen von Bilgars Einkünften an, die er letzte Nacht ja in der Schenke vergessen hatte, etwas dass sie nicht wissen konnte.
„Du hast jetzt lang genug geschlafen! Wer weiß, wann du heute ins Bett gekommen bist. War denn irgendetwas nicht in Ordnung gestern? Will mein Sohn mir nicht berichten, was ihn umtreibt? Hurtig auf die Beine, die Sonne steht schon hoch am Himmel, mein Jung.“
Sonne
hoch
am
Himmel?
Moment!
Jetzt war es aber wirklich höchste Zeit sich aus der wirren Umklammerung der Decke zu lösen und nachzusehen, wie lange er geschlafen hatte! Gegen seinen steifen Körper ankämpfend und heute deutlich mehr humpelnd als gestern, kämpfte sich Schneeblick auf die Beine, wobei das Fell fast noch einmal gewonnen hätte, als er sich mit einem Fuß darin verfing. Seine alte Verletzung grollte ihm und der Nacht am Tisch entweder, oder es stand ein Wetterumschwung bevor.
Als er es endlich geschafft hatte, eine Abdeckung an den Fenstern kurz geöffnet hatte, stellte er mit einigem Verdruss fest, dass die Sonne tatsächlich fast schon ihren höchsten Stand erreicht hatte. Ihm blieb vielleicht noch eine Stunde bis zum Treffen im Haupthaus und seine Mutter wusste noch nicht einmal über die Vorgänge der Nacht bescheid. Seine Sachen hatte er auch noch aus der Taverne holen wollen und weitere Felle warteten am Hafen versteckt unter seinem Stand. Das alles würde er nie und nimmer rechtzeitig schaffen! Er musste Prioritäten setzten!
Gehörte Reinlichkeit auch dazu? Seine Mutter würde ihn schelten, wenn er so zu Thure ging, selbst wenn diesen es niemals stören würde, aber andererseits wusste sie ja nichts von dem bevorstehenden Treffen. Jetzt gerade sah sie ihn aus ihren scharfen eindringlichen Augen an und wartete auf eine Erklärung. Ihre Nase zuckte dabei immer wieder missbilligend und ließ so die Sommersprossen auf ihrer Haut tanzen. Auch wenn ihr Mund unzufrieden zu schmalen Lippen zusammen gepresst war, so sprachen ihre Augen doch von der Wärme einer liebenden Mutter voller Sorge.
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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Bilgar Schneeblick » Samstag 6. Juli 2019, 00:39

Die Dunkelheit war wie Wasser. Fingern gleich zogen sich die dicken Fäden über die Wände und verschluckten mit jeder Sekunde die verging das letzte Licht in dem schmalen Gang. Diese Welt war ihm fremd und sein Verstand konnte den Umstand nicht begreifen, der den Jäger an diesen Ort geführt hatte. In der Ferne spielte eine fremde Musik. Etwas in seinem Innersten befahl ihm sich dem fernen Klang zu nähren, doch da war auch eine Stimme. Sie versuchte gegen die Melodie anzukämpfen. Doch die langen schwarzen Fänge lösten sich von Boden und Wand, griffen nach seinen Händen. Voller Schreck schüttelte der junge Mann die eiskalten Berührungen ab und bewegte sich, seinem Drang nachgebend, in Richtung der Musik. Immer wieder warf er einen Blick nach hinten, wurde verfolgt und der Weg versank in ewiger Nacht. Mit einem Mal verlor sich der Boden und ließ Bilgar schwer stürzen. In einem Raum, durchzogen von brennenden Kerzen, tanzte jemand auf und ab. Im hinteren Teil sah man Musiker, die, verhüllt in alten Tüchern, dem unbekannten Rhythmus folgten. Der Tänzer wirbelte wie an Fäden geführt über den alten Holzboden. Jetzt offenbarte sich das Gesicht und zeigte Jennas feine Züge, doch die Augen waren leer und ohne Leben. Nur zwei Stücken Kohle. Ihre Zügen waren voller Schmerz und Trauer, doch gerade als Schneeblick nach ihr griff, wurde sein Körper zurückgezogen. Um die Glieder der jungen Wirtstochter spannten sich Ketten die immer wieder von geisterhafter Hand bewegt wurden, um das Mädchen springen zu lassen. Erst jetzt bemerkte er die blutigen Stümpfe, wo einstmals ihre Füße waren. Der Mantroner wollte vor Wut brüllen, doch in genau diesem Moment drängte sich Olof in sein Sichtfeld. Mit einer verzogenen Fratze ging dieser auf die Tochter Immerdursts zu und lachte tief. Seine Finger nährten sich ihrem Brustkorb und als die dreckigen Pranken die feine Haut berührten, brach der Boden ein und begleitet von Jennas gequältem Schrei stürzte Bilgar in die schwarze Ewigkeit.

Ein Traum. Der junge Mann lauschte den Geräuschen die ihn umgaben. Vögel vor dem Haus sangen ihre Lieder, stritten sich und flatterten wild von Ast zu Ast. In der Ferne bellte ein gezähmter Wolf und man konnte die Stimme seines Herren vernehmen. Haflgor hämmerte in der Werkstatt. Doch das immer wiederkehrende, schabende Geräusch kam nicht von Schwerbauchs Werkstatt. Doch wollte Schneeblick die Augen nicht öffnen, zu schön war das Gefühl des Schlafes und die Wärme des Felles, das ihn umgab. „Ich wusste gar nicht, dass ich mir etwas übergeworfen hatte ...“, erwies ihm sein noch träger Verstand einen Bärendienst. Höchstwahrscheinlich war Aria bereits aufgestanden und hatte ihm das gute Stück gegen die Kälte gegeben, bis ein Feuer den Innenraum wieder gewärmt hatte. Damit ihm noch ein kurzer Moment der Entspannung vergönnt wäre, wollte der junge Mann seinen Kopf drehen, doch da spürte er den krampfhaften Schmerz in seinem Nacken. Es war als hätte jemand zwei Schlitten an seine Schultern gebunden und diese angewiesen in die jeweils andere Richtung davon zu gleiten. Durch diese unerwartete körperliche Einschränkung überrascht, stoppte er und versuchte mit dem Arm der betroffenen Stelle Linderung zu verschaffen. Allerdings gehorchte ihm sein Körper noch nicht und durch eine ungeschickte Drehung rutschte der immer noch recht massige Körper vom Mobiliar. Beim Versuch sich festzuklammern griff Bilgar nur in den Pelz seiner Decke, polterte zu Boden und verhedderte sich letztendlich darin. Vollkommen überrumpelt öffnete sich das Grün seines Blickes und erkannten verschwommen das Gesicht seiner Mutter, die ein für ihn unpassend freundlichen Ausdruck auf den Lippen trug. Der Raum war hell erleuchtet und es brannte unangenehm in den Augen.
Schweigend, die Lider vor Schmerz und Müdigkeit zusammengepresst, tasteten die Finger über den hölzernen Boden. Auf der Suche nach dem Nähkörbchen seiner Mutter, fand er zwar eines der Tischbeine, aber erst nach der erneuten Aufforderung erwischte der Jäger das Flechtwerk. Ohne einen Kommentar wurde dieses über den Kopf nach oben gereicht. So hing die 'Beute' einen kurzen Moment, bis sich Aria erbarmte und ihm das Material abnahm. Natürlich kam das Schaben von ihrer Näh- und Webkunst.Allerdings war ihm vollkommen unverständlich wie jemand um diese Zeit bereits solcher Arbeit frönen konnte.
Mit zehn Jahren hast du mich auch nicht tragen können ...“, stammelte Bilgar in seinen Bart hinein, rieb sich die Augen und wischte den letzten Rest Schlaf damit aus dem Gesicht. „Es war eine lange Nacht - Bier, Fleisch und Triebe. Uawwh!“, gab er ein lautes Gähnen von sich und streckte die Gliedmaßen von sich. Dabei wurde der Esstisch etwas von seinem angestammten Platz abgeschoben. Jetzt stieg der herzhafte Gestank, welcher sich unter den Achsel sammeln konnte, auch bei ihm auf und davon unangenehm überrascht, rümpfte der Jäger die Nase. „Schon gut, schon gut ... wenn deine Herzenswärme ihn nicht zum schmelzen gebracht hat, bringe ich dir Schnee mit rein.“, gab Bilgar spitz zurück und richtete sich langsam auf. Auf die Anspielung mit dem mangelnden Einkommen ging Arias Sohn gar nicht erst ein, da er es besser wusste und seiner Mutter diesen Seitenhieb gönnen wollte. Die versteifte Seite des Körpers drehte der junge Mann bewusst weg und wollte dem misshandelten Fleisch etwas Ruhe geben. Die aufkeimende Taubheit im gebrandmarktem Bein wurde ihm erst bewusst, nachdem die fehlende Kontrolle über Bewegung und Richtung seines Schritte beinahe zum Verlust des Gleichgewichts geführt hatte. „Das nächste Mal schlafe ich den Rausch in der Taverne aus.“ Doch verunsicherte ihn der Kommentar über den Stand der Sonne. Hatte er wirklich so lange geschlafen? Nachdem sich das Fell unzählige Male um ihn gewickelt und die Bewegung eingeschränkt hatte, stolperte der junge Mann zu seinem Bett und schob den Schutz darüber zur Seite. Tatsächlich hing die goldene Scheibe weit über den rauchenden Dächern der Stadt. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Das Treffen mit Sturmschreier stand an und war mit Bestimmtheit wichtiger als alle anderen Aufgaben des neuen Tages. Seine Sachen waren in der Taverne sicher und das Fell am Hafen könnte nach dem Urteil geholt werden. Ein Verlust, wenn auch unwahrscheinlich, war unangenehm, aber nicht tragisch. Es gab ausreichend Wild im Wald, um die Waren zu ersetzen. Der zweite Teil seines Handelsguts könnte man sicherlich auf dem Weg vom Hafen mitnehmen. Wie um sich selber zu bestätigen, nickte Bilgar kraftvoll und rutschte rückwärts von der Schlafstätte herunter. Für den Moment musste der Jäger den unerträglichen Geruch loswerden und neue Kleider finden. Langsam und humpelnd suchte sich Bilgar den Weg durch den Wohnbereich. Das von Aria entfachte Feuer erwärmte die alten Wände und machte es schwer, diesen Ort zu verlassen. Allerdings wurde der Gestank so penetrant, dass selbst Schweine sich hätten übergeben müssen. Im Vorraum angekommen, entledigte sich der junge Mann seiner restlichen Kleider und legte diese neben seine Stiefel am Boden. Gezielt fanden die mit kaltem Bratfett verunstaltenden Finger eine juckende Stelle am Gesäß und erlösten den kantigen Kerl durch kraftvolles Kratzen vom jochartigen Juckreiz. Bereit es mit der frostigen Kälte des Morgens aufzunehmen, trat der Mantroner durch die Eingangstür und als ob Ventha ihn persönlich begrüßen wollte, rutschte eine Wehe vom Giebel herunter und begrub den jungen Mann. Nur der Kopf schaute mit weit aufgerissenen Augen daraus hervor. Es dauerte einen kurzen Moment, aber dann löste sich Bilgar aus der Starre und begann seinen Körper mit dem Schnee abzureiben. Eine einfache, billige und effektive Methode jedweden Schmutz und Dreck loszuwerden. Nachdem nichts mehr länger seine Nase zu foltern vermochte, nahm sich Bilgar den Eimer neben der Treppe, ging ein paar Meter zur Seite und füllte diesen mit der weißen Pracht, welche seine empfindlichen Regionen noch nicht berührt hatte.
Doch jetzt musste der junge Mann aus der Kälte und sich schnell wieder ankleiden. Das Blut seiner Mutter zollte der frostigen Luft erneut einen Tribut. Mit quietschendem Henkel, zusammengeschrumpfter Manneskraft und einem betörend erfrischendem Bukett unter den Armen, kehrte Bilgar in die befeuerte Stube zurück. Der leere Platz neben seinen Stiefeln wies auf eine eifrige Mutter hin. Mit der freien Hand durchfuhr er nochmal Kopf- und Gesichtshaar, um auch den letzten frostigen Rest zu entfernen und stellte dann den Eimer in der Nähe des Eingangs ab. Im war bewusst, dass seine Mutter noch auf eine Antwort wartet. Leider wusste Schneeblick zu diesem Zeitpunkt nicht, ob er ihr davon berichten sollte oder nicht. Allerdings gab es keinen Grund aus der Situation ein Geheimnis zu machen. Mit größter Sicherheit würde der Dorftratsch schneller bei Aria ankommen als es ihr Sohn täte. Zudem war dieser junge Mann niemand, der eine Meinung oder Erklärung hinter dem Eisberg hielt. Während er also zurück in den Wohnbereich ging und bei der fertigen Wäsche nach neuer Kleidung suchte, wurde der letzte Abend knapp zusammengefasst. „Eigentlich war mein Besuch bei Immerdurst nur ein Zufall gewesen und trotzdem ein glücklicher Zufall. Olof hatte diesen gierigen Glanz in den Augen - Ich folgte ihm und er wollte sich wirklich an Jenna vergreifen. Während ich ihn beschäftigt hielt kam Jan herein und setzte diesen Eisenherz außer Gefecht. Wir holten Thure und zur Mittagsstunde sollen wir ihn im Haupthaus treffen.“, schloss Bilgar, während dieser auf einem Schemel saß und sich trotz seines tauben Beines in eine der Hose zog und zerrte. Für ein ausgiebiges Frühstück blieb keine Zeit. Im kleinen Beutel an seinem Gürtel waren noch ein paar Steifen Trockenfleisch für den Notfall. Er würde auf dem Weg davon nehmen. „Mutter, ich weiß nicht, wann ich zurück sein werde, aber ich versuche etwas mitzubringen, dass dich freut.“, erwiderte der junge Mann und humpelte in den Vorraum, wo er sich Mantel und Umhang überwarf. Nachdem auch der korrekte Sitz der Axt im Rückenhalfter kontrolliert war, konnte Schneeblick aufbrechen. Eigentlich war es schade, denn heute hätte er sich vielleicht einen ruhigen und ereignislosen Tag gewünscht. Hoffentlich konnte seiner Mutter verstehen, warum kaum Zeit für Zweisamkeit blieb. Zumindest heute. Doch dann machte Bilgar auf dem Absatz kehrt, kam zurück zu seiner Mutter und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Tut mir Leid!“, sagte er kleinlaut und blickte die letzte verbleibende Verwandte in seinem Leben aus flehenden Augen heraus an. Doch dann mussten ihn die Schritte in die Stadt führen und dem entgegen, was bei Thure Sturmschreier auf ihn warten würde.

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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Sonntag 7. Juli 2019, 13:08

Bilgar war niemand, der eine Meinung oder Erklärung hinter dem Eisberg hielt. Während er also zurück in den Wohnbereich ging und bei der fertigen Wäsche nach neuer Kleidung suchte, wurde der letzte Abend knapp zusammengefasst:
„Eigentlich war mein Besuch bei Immerdurst nur ein Zufall gewesen und trotzdem ein glücklicher Zufall. Olof hatte diesen gierigen Glanz in den Augen - Ich folgte ihm und er wollte sich wirklich an Jenna vergreifen...“
Seine Mutter hatte die Bauen zusammen gezogen und sah über diese Nachricht wenig glücklich aus. Auch sie mochte Jenna, auch wenn sie sich vielleicht ein anderes Mädchen als ihre Schwiegertochter wünschen würde. Still saß sie da und ihre fleißigen Hände hatten aufgehört die Stickereien zu bearbeiten. Leise, kaum hörbar, wiederholte sie den Namen:
„...Olof … Olof ...Eisenherz.“
und schien in Gedanken, während sie ihrem Sohn weiter lauschte.
„... Während ich ihn beschäftigt hielt kam Jan herein und setzte diesen Eisenherz außer Gefecht. Wir holten Thure und zur Mittagsstunde sollen wir ihn im Haupthaus treffen.“
, schloss Bilgar, während dieser auf einem Schemel saß und sich trotz seines tauben Beines in eine der Hose zog und zerrte.
„Mutter, ich weiß nicht, wann ich zurück sein werde, aber ich versuche etwas mitzubringen, dass dich freut.“
, erwiderte der junge Mann. Aria sah auf und wirkte, als tauchten ihre Gedanken gerade aus dunklen Gewässern auf. Still wie Eis saß sie da und klimperte nicht einmal mehr mit den Wimpern. Bilgar und humpelte wärenddessen in den Vorraum, wo er sich Mantel und Umhang überwarf. Nachdem auch der korrekte Sitz der Axt im Rückenhalfter kontrolliert war, konnte Schneeblick aufbrechen. Eigentlich war es schade, denn heute hätte er sich vielleicht einen ruhigen und ereignislosen Tag gewünscht. Hoffentlich konnte seiner Mutter verstehen, warum kaum Zeit für Zweisamkeit blieb, zumindest heute. Doch dann machte Bilgar auf dem Absatz kehrt, kam zurück zu seiner Mutter und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Tut mir Leid!“
, sagte er kleinlaut und blickte die letzte verbleibende Verwandte in seinem Leben aus flehenden Augen heraus an. Als er sich gerade wieder aufrichten wollte, um zu Thure zu eilen, griffen Arias zarten schlanken Finger kraftvoll nach seinem Handgelenk und drückten es auf den Tisch.
„Ich - komme - mit!!!“
Den Ton kannte er! So wie sie jedes Wort einzeln betonte... hier war jede Diskussion zwecklos.
Aria stand auf und schob ihren Jungen dabei nach hinten. Sie drängte an ihm vorbei und murmelte:
„Ich werde doch nicht meinen einzigen Sohn allein lassen, wenn er zum Spielball dieser Barbaren wird...“
So redete sie eigentlich nur, wenn sie sich sehr über jemanden geärgert hatte. Aria mochte die Mantroner! Dass sie in ihre Muttersprache verfallen war, zeigte um so mehr, dass sie sich sorgte. Da hatte sie auch schon ihren Mantel über geworfen und setzte sich noch ihre Fellmütze auf.
„Los los! Wo bleibst du?! Lass uns gehen.“
Verständnislos, als würde er mit Absicht herum trödeln, stand sie da und sah in an, als wäre er noch der 10 jährige Junge, der gern zu lange liegen blieb.

(weiter bei: Ein Tag des Rechts – ein Gerichtstag)
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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Dienstag 6. August 2019, 19:02

(Bilgar kommt von: Ein Tag des Rechts – ein GerichtstagEin Tag des Rechts – ein Gerichtstag)

Zu Hause erwartete ihn schon seine Mutter.
Auch sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute abwartend zu ihrem Sohn auf, der sie um einiges überragte, sich aber sicher gerade deutlich kleiner vor kam. Wann immer er zu gefährlichen Ausflügen aufbrach hatte sie diesen ganz bestimmten Blick aufsetzt, der ihn zwang alles ganz genau vor ihr auszubreiten, bevor sie ihn dann hoffentlich erlaubte zu gehen.
Hatten sich denn heute alle Frauen gegen ihn verschworen?
Na ja, alle vielleicht nicht... Nur die, denen er am Herzen lag.

((Bitte Inventarliste in deinem nächsten Post in Stichpunkten erwähnen (vielleicht einen Notizzettel?), mit den Sachen die du mitnimmst und im Profil anpassen. Danke.))
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Bilgar Schneeblick
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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Bilgar Schneeblick » Donnerstag 8. August 2019, 22:39

Schau mich nicht so vorwurfsvoll an, klar?“ Sich keiner Schuld bewusst stierten die schwarzen, kleinen Augen den scheinbar wütenden, jungen Mann unter sich an. Interessiert und neugierig legte der Rabe den Kopf mal nach Rechts und mal nach Links, vermutlich darauf wartend was als nächstes passierte. Aufgeregt bewegte sich das Tier auf dem Giebel eines nahen Hauses, plusterte sich auf und ließ ein anklagendes Krächzen verlauten. Bilgar schnalzte abwertend mit der Zunge. „Wenn das dumme Ding und ihr Bruder mitkommen würden, wäre ihr Leben in Gefahr und ich werde nicht, nur weil Näktergal zur Anführerin der Ziegen wird, meine Meinung ändern. Ich bin lieber ihr Sündenbock als ihr Henker, so viel steht fest!“, schloss der Mantroner und wirkte bei den letzten Worten nachdenklicher als sonst. Es war eine schwere Bürde sich für die Freundschaft und gegen die Freunde zu entscheiden. Doch noch hatte er Hoffnung, dass es nur einer dieser entrüstenden Augenblicke war, in denen Jenna ihren Emotionen erlag. Sein Blick fixierte den Finger, welcher damals unter dem Griff der Wirtstochter nachgab, und schwelgte in Erinnerungen, während die Füße ihn Zielsicher zur heimatlichen Hütte trugen. Der Rabe flatterte kurz mit den Flügeln, ließ sich fallen und begann, nach einer sanften Landung, am Boden nach Nahrung zu suchen, welche das seltsame Menschlein vielleicht hatte fallen lassen.
Das leidende Bein hinterließ beim Humpeln immer wieder längere Furchen, so dass seine Spur leicht zwischen den anderen Abdrücken auszumachen war. Doch dafür hatte Schneeblick in diesem Moment keinen freien Gedanken. Zudem war diese Behinderung schon so sehr zu einem Teil seines Lebens geworden, dass ihm die Einschränkungen nur noch selten auffielen. „So gibt es wenigstens einen Grund heil zurückzukehren - Ich kann mich entschuldigen und nochmal versuchen meine Entscheidung zu erklären. Und falls ich es nicht schaffen sollte ...“, Bilgar stoppte kurzerhand und ließ ein Fuhrwerk instinktiv passieren. Selbst den Gruß des Fahrers hörte er nicht und hob mehr mechanisch die Hand, als wirklich darüber nachzudenken. „ … Sollte ich es nicht schaffen, so hoffe ich, dass ich aufrecht sterbe. So gesehen, gibt es keinen besseren Gegner als Venthas Geschöpfe und ihren kalten Hauch.“ Es wäre ungewöhnlich, wenn ein Westländer aus Mantron die Gefahr als Bedrohung und nicht als Herausforderung ansehen würde. Auch Schneeblick war dabei keine Ausnahme. Dumm jedoch war Bilgar nicht. Es stimmte, dass er bereits ein oder zwei Mal auf der anderen Seite des Kanals jagen war. Allerdings immer in einer Gruppe. Jenseits des Eises waren die Wälder noch ungezähmt und wild. Bestien, Bären oder andere große Tiere wagten sich selten in die Nähe der Stadt, denn dort gab es zwar Beute, aber es war auch lauter und durch die Wachen, Krieger und Jagdgesellschaften eine stetige Bedrohung. Selbstverständlich war auch der Forst um die Ortschaft herum kein Hort der Erholung und des Friedens, allerdings kein Vergleich mit der Flora und Fauna dort.
Wie aus einer Starre erwachte der junge Mann, als ein junge Paar scherzend und lachend an ihm vorbei ging. Natürlich spürte er ihre fragenden Blicke, als er seinen Weg fortsetzte. Ihm kam es vor wie Stunden, als endlich die Umzäunung seines Heim auf dem Hügel erschien. Mit schnellen Schritten trat das Grünauge ein und verzichtete darauf, den Mantel, Umhang oder ein anderes Kleidungsstück abzulegen. „Mutter? Mutter wir müssen reden!“, hallte es über die Dielen. Aria antworte ihm aus dem Inneren der Hütte heraus und forderte ihn auf, nicht aus dem Schatten mit ihr zu sprechen. Sofort kehrte Bilgar in den Hauptraum ein und sah die Pelgarerin wieder bei den Näh- und Stickarbeiten. Natürlich war ihr Blick wenig erfreut über die Aufmachung des Sohnes. Allerdings nicht wegen dem Schmutz oder der ungebührlichen Sitte, sondern viel mehr der Tatsache wegen, dass sie ein solches Verhalten bereits kannte. „Verdammt, erst Jenna, dann der Rabe und jetzt auch noch du?“, klagte der junge Mann und ließ die Schultern ermattet hängen. „Ich brauche wohl nicht mehr erzählen, dass Jan und ich einen Ausflug in die Stadt machen wollen, oder?“, war die rhetorische Frage Bilgars und ohne auf einen unnötige Antwort zu warten, sprudelte es einfach aus seinem Mund hervor. „Fin ist Eirik hinterher und ich werde ihn begleiten. Wäre ich nicht so dumm gewesen und hätte Eirik an diesem Abend persönlich zur Rede gestellt, dann wäre dieser Mistkerl nicht in der Lage gewesen, davonzufahren.“ Während Schneeblick sprach, durchkämmte er den Raum nach etwas Essbaren und wurde fündig, als das kalte Fleisch von gestern Abend noch zu großen Teilen in einem Topf lag. Schnell griffen die Finger danach. Warme Nahrung war natürlich gut, aber in diesem Moment konnte niemand darauf warten, dass eine dampfende Mahlzeit aufgetischt wird. Somit stopfte Bilgar einfach ein möglichst passenden Brocken in den Mund und drückte diesen mit dem Zeigefinger nach. Natürlich hatte seine Mutter nicht aufgehört ihre Meinung zu seiner Unternehmung kundzutun. Der junge Jäger kannte es nicht anders und versuchte die üblichen, umsorgten Tiraden und das zugespitzt Erzieherische auszublenden. „Fate …!“, versuchte er mit dem Mund voller Fleisch zu sprechen, doch es brachte nichts. Mühsam zerkaute das Mischblut seine Mahlzeit, schluckte gut hörbar und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Der saftige Leckerbissen hinterließ ein dünnes, fettiges Rinnsal in seinen Mundwinkeln und dieser Umstand war trotz des plötzlichen zu organisierenden Aufbruchs nicht angenehm. „Warte! Ich muss das tun, Mutter. Ich habe den Pfeil verschossen, ich kann nicht riskieren, dass der Wolf die Nachtigall reißt, nur weil ich nicht fähig war, das Biest zur Strecke zu bringen! Dieses eine Mal, wirst auch du mich nicht aufhalten können.“ Während Bilgar sich ein weiteres Stück Fleisch in den Mund steckte, führten seine Schritte ihn zum Waffenschrank in der Nähe des Einganges. Dort verwahrte er die Ausrüstung für Jagd, Ausflüge oder allgemeine Notwendigkeiten. Quietschend öffneten die geübten Finger die beiden Flügeltüren des schulterhohen Möbelstücks. In einer geschmeidigen Bewegung, streifte der Jäger seine Axt und das Messer ab, legte die beiden Werkzeuge auf der Oberseite ab. Auch Umhang und Mantel hinderten ihn daran, den Lederharnisch überzustreifen. Schnell fanden die Schnüre, Schnallen und Ösen den richtigen Sitz. Prüfend drehte Schneeblick den Brustkorb. Nichts war zu eng oder hinderte die Beweglichkeit. Eine gute Arbeit und mitunter ein wertvoller Besitz. Doch ohne den entsprechenden Schutz, konnte man schneller zum Opfer werden, als es den meisten bewusst war. Wallend senkte sich das lange Wollrock über der Rüstung, wurde Revers zusammengelegt und fand sich alsbald bedeckt durch den Wolfsfellumhang. Diese Kleidung sollte für die nötige Wärme sorgen. Vorerst. Ein Seil am Boden des Schrankes wickelte er um das untere Ende des Gurts für die Axt, nahm diesen auf und legte ihn sich um die Schulter. Die schwieligen Finger umgriffen den Köcher, untersuchten diesen auf Beschädigungen und legten ihn dann sorgsam über die andere Schulter, so dass Köcher und Gurt sich überkreuzten. Danach bestückte Bilgar diesen mit zehn Pfeilen. Dabei fiel ihm auf, dass seine Haut wirklich ungewöhnlich rau war. Sehr viel rauer als die seiner Mutter oder Jennas. Aber wie sonst sollte sich eine Hand anfühlen die mehrmals in der Woche einen massiven Lärchenbogen spannen musste. Eilig sammelte der Jäger noch Feuerstein und Zunder ein und verwahrte diese in seinem Lederbeutel am Gürtel. „Beinahe fertig ..., dachte er und nahm den kurzen Jagdspeer heraus. Das Gewicht wirkte vertraut, selbst wenn der junge Mann diese Waffe nur selten mit auf die Jagd nahm. Allerdings wusste er auch nicht, was dort warten würde. „Ich bin soweit, Mutter. Ich werde mir etwas von dem Fleisch und dem Gebranntem mitnehmen. Nur zur Sicherheit. Ich ...“, er stockte und ließ sich kurz auf einen Stuhl in der Nähe fallen. Vielleicht hatte man etwas schwerwiegenderes erwartet, oder die Wahrheit wollte nicht über seine Lippen gehen. „Ich hoffe es bleibt noch etwas übrig.“, lächelte Bilgar schwach und griff neben sich in den Topf, fischte etwas Essen heraus und verspeiste auch dies. Viele würde denken, dass ihn eine Erschöpfung plagte, aber vielleicht wollte er auch nur auf Jenna warten. Vielleicht um ihr die Meinung zu sagen, vielleicht um sie noch einmal zu sehen oder vielleicht auch einfach nur, weil er versprochen hatte, dass sie sich verabschieden würden können. Und zudem: Auch seine Mutter würde das überstürzte Aufbrechen des Sohnes vermutlich verstören. So entschloss sich Schneeblick noch einen Moment zu verharren. Am Ende konnte es sein, dass Eirik bereits tot oder geflohen war, doch sollte er, Bilgar, zurückkehren, so wäre ein verstimmtes Haus oder eine enttäuschte Freundschaft ein weitaus schlimmeres Los. Dabei konnte er noch einmal alle Dinge im Kopf durchgehen:
  • Mantronischer Jagdbogen aus Lärchenholz
  • Kurzer Jagdspeer
  • 10 Pfeile in einem Köcher
  • Ein Seil (4m)
  • Feuersteine und Zunder
  • Etwas gekochtes Fleisch
  • Einen Schlauch mit selbst gebranntem Schnaps
  • Lederharnisch

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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Sonntag 11. August 2019, 14:45

Aria versuchte natürlich wortgewandt ihren Sohn aufzuhalten, aber merkte schnell, dass dieser eine Ernsthaftigkeit an den Tag legte, die noch etwas ungewohnt bei ihm war. Also hörte sie ihm nachdenklich zu, während er aß und durch das Haus humpelte:
„Warte! Ich muss das tun, Mutter. Ich habe den Pfeil verschossen, ich kann nicht riskieren, dass der Wolf die Nachtigall reißt, nur weil ich nicht fähig war, das Biest zur Strecke zu bringen! Dieses eine Mal, wirst auch du mich nicht aufhalten können.“
Nebenbei räumte Bilgar seine sieben Sachen zusammen.
„Ich bin soweit, Mutter. Ich werde mir etwas von dem Fleisch und dem Schnaps mitnehmen. Nur zur Sicherheit. Ich ...“
, er stockte und ließ sich kurz auf einen Stuhl in der Nähe fallen. Vielleicht hatte man etwas schwerwiegenderes erwartet, oder die Wahrheit wollte nicht über seine Lippen gehen.
„Ich hoffe es bleibt noch etwas übrig.“
, lächelte Bilgar schwach und griff neben sich in den Topf, fischte etwas Essen heraus und verspeiste auch dies. Aria trat zu ihrem Sohn und legte die Hand auf seine Wange. Ihr Blick hielt ihn wo er war und etwas Traurigkeit mischte sich in ihre Stimme:
„Du enthältst mir etwas vor. Ich weiß das das Wetter umschlagen wird! Ich habe Augen im Kopf und du kriegst dein Bein kaum gehoben! Und trotzdem willst du den Helden spielen?“
Sie schüttelte den Kopf und senkte den Blick. Natürlich kannte sie den Gang ihres Sohnes und ihre Sorge wuchs durch diesen Umstand nur noch.
„Du willst das für Jenna tun, das verstehe ich. Aber wenn du stirbst, wer passt dann auf sie auf? Ihr großer Bruder ist stark, aber ihm rollen nur zwei drei Murmeln durchs Oberstübchen. Du bist der von euch, der den Grips hat und die Kleine zu bändigen weiß.“
Ihre eigene Sorge, ihre Einsamkeit, der Verlust ihres Mannes und die Angst jetzt auch noch ihren Sohn zu verlieren, das alles sprach sie nicht einmal an und trotzdem standen diese Themen deutlich im Raum. Bilgar war ihr einziger verbliebener Verwandter. Was würde aus ihr werden, wenn ihm etwas passierte? Aria sah von Boden auf, in Richtung ihrer Bettstatt. Die Kiste mit den Habseligkeiten ihres verstorbenen Mannes stand vor dem Fußende und ihr Blick leerte sich für einen langen Seufzer so wie ihr Herz. Bilgar fühlte sicher noch selbst den Verlust und vermisste das donnernde Lachen, die starken tröstenden Arme und die Liebe, die vor seinem Tod diesen Raum und sein Leben erfüllt hatten. Seine Mutter schluckte schwer.
„Du wirst gehen, du willst es... Aber ...“
Spielte sie nun doch diese Karte? Würde sie es schaffen sein Gewissen so zu beladen, dass er hier blieb? War sein Herz vielleicht jetzt schon schwer genug?
„...aber wenn du nicht heil in spätestens einer Woche zurück bist, werde ich höchst selbst in den Schnee hinaus gehen und dich suchen! Und ich werde dabei umkommen und einen hübschen Eiszapfen abgeben, der dich dann in deinen Albträumen besuchen kommt!“
Ihre Stimme hatte zum Ende hin einen drohend scharfen Unterton bekommen, den Bilgar bei ihr nur kannte, wenn sie es erst meinte!
„Also untersteh dich nicht zurück zu kommen! … Ich liebe dich.“
Bevor Bilgar jedoch etwas erwidern konnte, klopfte es an der Tür. Aria straffte die Schultern und zog den Mantel fester um Bilgars Schultern. Ihre Augen wirkten etwas feucht, aber sie blinzelte ein paar Mal und wandte sich dann ab. Ihre sanfte Hand schob ihn dabei unnachgiebig zur Tür, vor der Jan und ein Stück dahinter auch Jenna standen. Jan trug die Felle und Habseligkeiten aus der Taverne und auch einen Großteil dessen was Bilgar unter dem Stand am Hafen versteckt gehabt hatte und fragte:
„Wohin?“
Bilgar wies auf eine Ecke des Hauses wo er alles ablegen konnte und sah hinaus zu Jenna. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und widmete sich etwas was sie auf den Armen trug. Jan trat ins Haus und Bilgar ein paar Schritte hinaus. Dabei fiel ihm ein leicht unangenehmer Geruch nach Urin auf, der der Fracht in Jans armen anhaftete, doch als Jenna sich umdrehte und mit tränennassen Wangen und vor Glück glühenden Augen ihn ansah, war der kurze Eindruck schon wieder vergessen. Auf ihrem Arm trug sie einen ...Welpen?
„DESHALB wolltest du mich nicht dabei haben! Jetzt versteh ich auch warum Norna heute morgen dabei war. Das war ein abgekartetes Spiel von dir!!! Du hast den Welpen bei ihr erstanden, ihn am Hafen für mich versteckt, damit … damit ...“
Die Tränen rollten erneut.
„Damit ich dich nicht vermisse und beschäftigt bin während du weg bist! Das ist soooo süß von dir!“
Äääähhh...
Jenna war beim sprechen näher gekommen und rieb die Wange an dem kleinen Wesen. Jetzt stellte sie sich auf die Zehenspitzen und der junge Wolf wurde zwischen ihnen eingeklemmt. Ein kurzer, tränenfeuchter Kuss landete süß und salzig auf Bilgars Lippen und wurde von einem warmen Lächeln und klimpernden Augen verfolgt.
„Ich werde gut auf ihn acht geben und wenn du wieder da bist, dann geben wir ihm einen Namen.“
Der kleine Wolf gähnte und zeigte eine Reihe nadelfeiner spitzer Zähnchen, hickste einmal und nieste. Sein dunkelgrau meliertes Fell war noch weich und seidig, wie die aller Jungtiere. Er sah so flauschig aus und mit seinen riesigen gelben Augen schaute er zwischen den beiden nahen Gesichtern hin und her und leckte dann Bilgars Wange und knabberte an seinem Barthaar. Der Kleine war wirklich niedlich und hatte bei Jenna wohl eine Art Mutterinstinkt geweckt, der sie von ihrer Sorge um Bilgar ablenkte. Sie stand ganz nah bei ihm und lehnte sich mit der Schulter an seine breite Brust, schmiegte sich mit ihrer ganzen Seite an ihn. Gemeinsam sahen sie auf das kleine Wesen in ihren Armen hinunter... wie eine kleine Familie. Der Kleine hickste noch einmal, gab einen jaulenden Laut von sich und schob sein Köpfchen in Jennas Ausschnitt... etwas das bisher kein Mann bei ihr gedurft hatte und sie trotzdem zu ließ.
„War aber ganz schön riskant, mein Lieber! Er war schon ganz kalt und hat sich zwischen den Fellen versteckt.“
Sie klang zwar maßregelnd aber bekam das selige Lächeln nicht aus ihrem Gesicht. Dann sah sie Bilgar wieder in die Augen:
„Danke.“
und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, wieder hinunter auf das Fellbündel in ihren Armen schauend. Plötzlich fiel Bilgar das Bild ein, wie er Norna gebeugt und suchend hatte durch die Gassen schleichen sehen... DAS hatte sie also gesucht und der kleine Welpe hatte in Ermangelung einer anderen Wärmequelle sich in seinem Stand gemütlich gemacht. Aria trat gerade jetzt hinaus und fragte, während sie um die beiden herum ging:
„Bilgar, du hast deinen Dolch verg... Was ist denn hier los? So vertrau...oooohhh! Ist der süß!“
und streckte sofort die dolchfreie Hand nach dem Kleinen aus, der seinen Kopf bei der neuen Stimme aus Jennas Wärme gezogen hatte. Diese antwortete prompt:
„Den hat Bilgar mir geschenkt! Niedlich oder?“
„Herzallerliebst!“

Sie sah ihren Sohn einen Moment kritisch an und witzelte:
„So spendabel und so einfühlsam kenne ich ihn garnicht. Du musst ihm sehr am Herzen liegen!“
, streichelte das kleine Tier aber weiter, während Jennas Ohren eine deutliche Nuance röter wurden. Fast hätte Bilgar geglaubt, sie würde sich sofort wieder von ihm entfernen, aber sie blieb bei ihm stehen und seufzte einmal leise. Nun kam auch noch Jan heraus und stellte sich dazu. Er schwieg, aber sah Bilgar still an. Hatte er etwas im Gesicht seines Freundes gesehen, dass nicht zu dieser Geschichte passte? So oder so, er behielt seine Meinung für sich und zuckte mit den Schultern, als würde er sagen: „Was nicht ist, kann ja noch werden.“
Nun gut, entweder Bilgar klärte das Missverständnis sofort auf, oder er ging zu Norna, zu der er ja ohnehin wollte und erwarb wirklich, wenn auch verspätet den Welpen für Jenna.

(Füge der Liste noch ein Jagdmesser hinzu ;-) )
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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Bilgar Schneeblick » Montag 19. August 2019, 22:31

Bilgar wusste nicht, ob er dieses riskante Unternehmen nur für Jenna auf sich nahm. Natürlich war es wichtig, dass dem Mädchen nichts passieren durfte und auch für die Zukunft musste man dafür Sorge tragen, dass Menschen wie Olof und in erster Linie Olof selbst keinen Zugang mehr zur Gesellschaft erhielten. Allerdings war der junge Mann auch davon überzeugt es für sich zu tun und damit einen Fehler zu bereinigen, der ohne seine Untätigkeit nicht entstanden wäre. Auch die kleine Spitze gegen Jan und Jenna halfen nicht über die Tatsache hinweg, dass es Dinge auf dieser Welt gab, die weder Aufschub noch Zögern duldeten. Die Geschwister waren bereits verbunden, lange bevor sie auf Bilgar trafen und noch heute dachte der junge Mann, dass sein Fehlen kaum Gewicht hätte.
Schweigend folgten die grünen Augen Arias und ruhten auf der Kiste des Vaters. “Was Vater wohl in dieser Situation getan hätte? Als Mantroner gab es keinen Rückzug, selbst wenn einem das Herz vor Furcht gefrieren will. Er wusste das und hätte sich nicht seinen Bedenken ergeben. Ich werde es auch nicht tun. Bilgar ballte die Hand zur Faust.
Doch plötzlich riss Arias Aussage den jungen Mann aus seiner Überzeugung er musste kurzerhand schlucken. Natürlich war er alles was sie noch hatte, aber dass diese Frau jetzt ein solches Mittel einzusetzen wagte, hätte der junge Mann nicht gedacht. Herausgefordert durch ihre Drohung, musste Schneeblick nun doch ein wenig grinsen. „Das meinst du nicht ernst? Du denkst, dass ich nach einer Woche da draußen, noch am Leben bin? Du überschätzt deinen Sohn!“, feixte er und stichelte auf diese Weise zurück, selbst wenn er wusste, dass seine Aussage nicht falsch war. Seine Mutter hatte kaum Erfahrung außerhalb der Stadt. Bei Sturm und Wetter außerhalb der Mauer zu überleben war schwer und beinahe unmöglich. Selbst ohne schwere Witterung konnte man in den Sommermonaten kaum mehr als drei Tage überleben. Aber gerade als er die Worte seiner Mutter erwidern wollte, pochte es an er Pforte. Aria sortierte die Kleidung ihres Sohnes und versuchte zu verhindern, dass dieser ihre aufkeimenden Tränen sah. Doch jemand wie Bilgar entging so etwas nicht, aber jedes weitere Wort war unnötig. Mutter und Kind hatten sich auf ihre Art von einander verabschiedet.
Schnell stand der junge Mann nun auf und eilte zum Eingang, wo Jan auf seine Anweisung hin die Waren ablegte. Sie stanken und Bilgar wäre kein Jäger, würde er diesen Gestank nicht erkennen. Es war Urin. Innerlich hoffte er darauf, dass Jenna nicht auf Hass auf seine Entscheidung ihr Geschäft auf den Fellen verrichtet hatte. Doch noch, bevor Bilgar die Wirtstochter hätte fragen können, drehte sich diese um und hielt einen Wolfswelpen im Arm. Natürlich konnte Schneeblick die Ereignisse zusammenzählen. Das musste das Junge sein, welches Norna in der letzten Nacht gesucht hatte. Und der Gestank seiner Waren war wohl darauf zurückzuführen, dass sich das Tier in seinem Stand vor der Kälte und dem Wind hatte schützen wollen. Was ihm allerdings noch viel mehr verwunderte, war die Theorie, welche Jenna bereits als reine Wahrheit für sich erkannte. Selbstverständlich war der Welpe nicht für das Mädchen und auch Norna hatte keinerlei Kenntnis davon. Doch bevor Schneeblick einen klaren Gedanken hätte fassen können, küsste die Wirtstochter den Jäger auf die Lippen und schien die pure Lebensfreude in sich zu tragen. Eine unbekannte Hitze breitete sich in seinem Innersten aus, als würde der Inhalt eines Metkruges seine Kehle hinablaufen oder die wohlige Wärme eines Kaminfeuers seine Eingeweide wärmen. Was war dieses Gefühl? Zuneigung oder gar mehr? Obwohl Bilgar in den letzten Tagen darüber nachgedacht hatte und es sich sogar ein oder zwei Mal gewünscht hatte, wusste er nun, da es eingetreten war nicht, wie er es wirklich bewerten sollte. Doch das Niesen des Tieres entzog Bilgar die geistige Ruhe und dieser beschloss, dass er über diesen Kuss später nachdenken sollte. Dennoch leicht abwesend, strich der Jäger dem Welpen durch das Fell und verfolgte dessen junghaftes Spiel. Es war wohl das Glück des jungen Mannes, dass Jenna so außer sich war, dass das klare Denken ihr abhanden kam. Schließlich hatte Norna bei der Verhandlung gesagt, dass der Welpe davon gelaufen war. „Ja … Ich muss mich mit Norna nur noch endgültig einigen, aber … in der Zeit kannst du sicherlich schon einmal feststellen, ob ihr miteinander auskommt.“ Es war nicht Bilgars Absicht zu Lügen. Es passte einfach nicht zu ihm und er verabscheute ein solches Verhalten. Daher vermied er Aussagen, die Jennas Vermutung eindeutig unterstützten. Aber es wäre auch sehr dumm gewesen, wenn Schneeblick diese Situation ohne vorherige Rücksprache mit Norna einfach aufgelöst und die Emotionen wieder hochkochen lassen hätte. Vielleicht könnte er mit ihr tatsächlich über den späteren Verbleib des Welpen sprechen. Immerhin schuldete Bilgar der Wolfshüterin bereits einen Gefallen. Einer mehr oder vielleicht ein überteuerter Tausch würde sicherlich nicht ins Gewicht fallen. Allerdings konnte die rothaarige Frau sehr gerissen und verschlagen sein. So wie ihre Tiere. Der Welpe jedoch vergnügte sich mit dem Barthaar des Jägers und nur mit etwas Mühe konnte dieser seinen Gesichtsschmuck vor den nadelartigen Zähnchen retten. Aria erschien und beinahe sofort entbrannte ein Feuerwerk aus Bekundungen über die Niedlichkeit des haarigen Bündels. Nur Jan konnte, wie es Männer untereinander hielten, mit wenig Mimik in Bilgars Augen lesen. Natürlich gab er dem Riesen zu verstehen, dass er stillschweigen bewahren sollte und erhielt eines seiner berühmten Schulterzucken. Mit einer fließenden Bewegung schnappte sich Bilgar das Jagdmesser und betrachtete es kurz. Es war das Messer seines Vaters gewesen. Ein Horngriff mit breiter Klinge zum Ausweiden. Nichts von besonderer Handwerkskunst, aber von sentimentalem Wert – Ein besonderes Zeichen seiner Mutter. Behutsam steckte er die Waffe neben das andere Messer an seinem Gürtel und sicherte sie. Jennas Seufzen holte den jungen Mann in Jetzt zurück. Seine Augen wanderten hinauf zur Sonne, welche sich bereits ein gutes Stück der Erde genährt hatte und stellte fest, dass diese Aufgabe keine weitere Zeit für den Abschied ermöglichte. Vollkommen aus dem Bauch heraus entschieden, küsste er Jennas Haarschopf, schlug Jan auf die Schulter und bedachte seine Mutter mit einem vielsagendem Blick. „Im Sack, den Jan mitgebracht hat, befindet sich Mehl und etwas Wein aus den Ostlanden. Backt euch Brot und trinkt auf mich, dass mich Ventha zu euch zurück führt. Und spuckt auf ihren Namen, sollte sie mich ihren Winden und Wesen opfern.“ Bilgar lächelte, hob Jenna sacht von seiner Brust und umarmte noch einmal seine Mutter, bevor er sich zum Gehen wandte. Einem Abenteuer entgegen, dessen Ausgang unbekannt, neu und gefährlich sein würde.

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Re: Bilgars Elternhaus

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 22. August 2019, 09:42

„Ja … Ich muss mich mit Norna nur noch endgültig einigen, aber … in der Zeit kannst du sicherlich schon einmal feststellen, ob ihr miteinander auskommt.“
Es war nicht Bilgars Absicht zu Lügen und gelogen war es nicht. Ganz wahr war es auch noch nicht. Aber Jenna nickte einfach nur glücklich und Bilgar begann zu fühlen, dass sich hier etwas veränderte. Aus der langjährigen Freundschaft drohte ...mehr zu werden und auch der Kuss hatte schwerwiegende Folgen, sollte er wiederholt werden. Wenn er hier nicht bald weg kam, drohten ihm noch weitere Gefühle, die ihn dann in seiner Entscheidung vielleicht doch einknicken lassen würden. Seine Augen wanderten hinauf zur Sonne, welche sich bereits ein gutes Stück der Erde genährt hatte und er stellte fest, dass seine Aufgabe keine weitere Zeit für den Abschied ermöglichte. Vollkommen aus dem Bauch heraus entschieden, küsste er Jennas Haarschopf, schlug Jan auf die Schulter und bedachte seine Mutter mit einem vielsagendem Blick.
„Im Sack, den Jan mitgebracht hat, befindet sich Mehl und etwas Wein aus den Ostlanden. Backt euch Brot und trinkt auf mich, dass mich Ventha zu euch zurück führt. Und spuckt auf ihren Namen, sollte sie mich ihren Winden und Wesen opfern.“
Jan grinste breit und nickte. Bilgar lächelte, hob Jenna sacht von seiner Brust und umarmte noch einmal seine Mutter, bevor er sich zum Gehen wandte. Einem Abenteuer entgegen, dessen Ausgang unbekannt, neu und gefährlich sein würde. Die drei wichtigsten Personen in seinem Leben standen beieinander und sahen ihm hinterher.

(weiter bei: Nornas Wolfshütte)
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