Auf den Eisfeldern

Einst war dieser Landstrich grün und schön wie alle anderen. Doch als sich der Drache zum bislang ewigen Schlaf bettete, liegt dieses Gebiet unter einer glitzernden Schneedecke. Es ist kalt und frostig. Hier leben die Eiselfen, aber auch die tapferen Mantroner.
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Eleyna d'Yaincre
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Dienstag 26. September 2023, 10:01

Ob es nun Pech oder ihr Schicksal war, konnte Eleyna nicht so genau sagen. Dafür hätte sie vermutlich an die Gottheiten im Allgemeinen glauben müssen. Beziehungsweise gestand sie anderen ihren Glauben an ihnen durchaus zu aber für sie selbst… Ob es sie alle wahrhaftig gab, nun das mussten andere beurteilen. Demnach hatte sie vermutlich einfach nur Pech. Ihr Leben lang schon. Die Mischlingselfe war es gewohnt, sich stets überall durchkämpfen zu müssen. Nichts hatte man ihr geschenkt, seit ihr Vater – vermeintlich – verstorben war. Nichts war ihr serviert worden. Immer hatte sie sich gegen alles und jeden behaupten und zur Wehr setzen müssen. Und trotzdem war sie noch recht umgänglich geworden, wie man durchaus mal behaupten durfte. Und Arvid? Arvid zog los und wollte jemanden töten, den er gar nicht kannte. Mochte ja sein, dass man ihn bearbeitet hatte und seinen Hass durch ständige Vergleiche schürte, doch sah er jetzt nicht wenigstens, dass sie nicht den morgerianischen Vorstellungen entsprach? Dass auch sie nur ein Mischling war, der von ihrer gemeinsamen Mutter gezüchtet wurde? War es nun das jugendliche Feuer, das aus ihm sprach und alle anderen Möglichkeiten verbrannte? Ihn einschloss in seiner Fixierung auf sie? Die Elfe wusste es nicht. Sie war gewillt ihrem Bruder näherzukommen, um ein Band der Familie zu knüpfen. Familie war ihr stets wichtig und sie konnte sehen, dass Arvid nur Opfer der schwarzen Finger von Morgeria war. Aber würde sie die Geduld aufbringen können? Vielleicht… aber würde sie es auch unbeschadet überstehen können? Vermutlich nicht. Denn bereits jetzt zeugten die Blessuren davon, dass Arvid keine Scheu hegte, gegen sie vorzugehen. Ob es nun beabsichtig war oder nicht. War ohnehin einerlei, denn Eleyna ließ diese Ausrede nicht gelten. Er wollte sie angreifen – das war ein Fakt. Wenn nicht mit Fäusten, so wollte er sie überrumpeln und außer Gefecht setzen. Auch das war ein Angriff und sie nicht im Mindesten gewillt, das durchgehen zu lassen. Während sich die Kontrahenten mit ihren Blessuren beschäftigten, reagierte Sylvaina auf das Gemurmel seitens Eleyna’s. Jene hob den Kopf und bereute es gleich. "Ich bezweifle, dass ihr in einigen Stunden eine Reise machen werdet." "Was redest du da? Natürlich fahren wir los!" Die Spionin schnaubte leise und hielt sich mit weiteren Kommentaren aber zurück. Arvid hatte überhaupt keine Ahnung, wie beschwerlich der Weg werden dürfte. Er glaubte, dass sie binnen einer Woche in Morgeria wären, doch der Weg war lang… und voller Gefahren. Allen voran ihr Miteinander. Das war wohl das größte Problem an der ganzen Sache und das sollte schon etwas heißen. Zudem glaubte Eleyna nicht, dass Arvid im Mindesten so vorbereitet war, wie es seinerzeit Laogh gewesen ist. Auch verfügte Arvid gewiss nicht über dieselben Mittel. Eleyna seufzte und befühlte noch mal vorsichtig ihre Wunden. "Ich entscheide, wann ich euch ein passendes Gefährt zur Verfügung stelle und wer diesen Ort verlassen kann. Das solltest du nicht vergessen." Setzte Sylvaina ein Machtwort und bevor noch ein Gegenargument zählen konnte, betrat die Magd das Zimmer.

Sie trug ein Tablett mit verschiedensten Utensilien und kam auf Eleyna zu. Jene blieb ruhig sitzen und musterte, was die Magd zu tun gedachte. Sylvaina kümmerte sich derweil um Arvid und Eleyna hörte in ihrem Rücken das Ächzen und Zischen. Offenbar war die Eiselfe nicht gerade zimperlich – oder Arvid ein gehöriges Weichei. Wie auch immer, auch Melya war rigoros und säuberte ihre Wunden. Doch Eleyna zuckte nicht. Sie verzog nicht mal ihr Gesicht. Schmerz auszuhalten und dabei seinem Peiniger ins Gesicht zu sehen war etwas, was sie hatte lernen dürfen. Ihre Schmerztoleranz galt allerdings auch als Handicap. Denn wo sie sich fit fühlte, musste das noch lange nicht heißen, dass auch ihr Körper fit genug war. Schon bei ihrem ‚Zusammenstoß‘ mit der Keule des Diebes, die Arvid im Wald geschickt hatte, musste sie erkennen, dass keine Schmerzen zu haben nicht bedeutete, dass man in Ordnung war. Die vier Tage der Ohnmacht waren ihr ein Mahnmal genug. So ließ Eleyna sich helfen und folgte gehorsam den Anweisungen. Sie kühlte ihr zugeschwollenes Auge und stöhnte, als sich ein wenig Linderung einstellte. Melya musterte sie noch, sodass die Elfe stutzte. „Danke?“, sagte sie, weil sie glaubte, die Magd würde darauf warten, bevor sie sich um Arvid kümmerte. Melya war gewissenhaft, tastete auch ihren Körper ab und konnte feststellen, dass ihre Arme und Beine in Ordnung waren. Einzig ihr Rumpf schmerzte etwas, was eine Prellung heißen konnte. Doch ansonsten war da nichts, was sie mehr beeinträchtigen würde, als das Auge. "Kopf gut?", fragte das Mädchen und Eleyna hielt einen Moment inne, um in sich hineinzuhorchen. „Es geht schon, danke.“, meinte sie abwiegelnd und würde sich an dem Dröhnen nicht aufhalten. Das würde vergehen und der Schwindel war auch vorbei. Dann aber stellte Melya eine Frage, die Eleyna innehalten ließ. "Bauch gut?" Arvid jaulte in dem Moment auf und zog für einen Moment die Aufmerksamkeit von Eleyna auf sich. Sie sah noch, wie Sylvaina den reponierten Finger losließ und drehte sich dann wieder zu Melya um.
„Hm?“, machte sie abgelenkt und legte dann eine Hand auf den Bauch. „Ja.. alles in Ordnung.“, murmelte sie nachdenklich. Woher sollte sie das wissen? Es ziepte und zog etwas, aber das verbuchte Eleyna an die Aufregung. Schmerzen hatte sie nicht und auch wenn sie an den Moment in Mantron dachte, wo sie sich ernsthaft Sorgen gemacht hatte, bis Juna ihr Entwarnung gab, so war das hier nicht vergleichbar. Obwohl auch damals ein heftiger Streit vorangegangen war… Eleyna rang sich ein schiefes Lächeln ab und nickte Melya zu. „Alles in Ordnung, wirklich!“, bestärkte sie noch mal und nahm ihre Hand wieder weg. Dann wandte sie sich an Sylvaina. „Lass uns morgen aufbrechen. Es wird schon gehen und er soll lernen, dass seine Sturheit sich nicht immer auszahlt. Die paar Blessuren werden uns nicht aufhalten können…“, bestärkte sie Arvid in seinem Vorhaben und wandte sich wieder ab. Warum? Warum nicht dagegen angehen? Die schlichte Antwort war: Es wurde Zeit. Eleyna spürte, dass sie vor Morgeria und vor allem vor ihrer Mutter keinen Schutz fand. Also musste sie dafür sorgen, dass sie ihre Augen und Ohren nirgendwo mehr hatte. Die Spinne in ihrem Netz würde sie die längste Zeit gewesen sein, wenn es nach der Spionin ging…

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Montag 9. Oktober 2023, 12:46

Die Spionin erwartete sich zu viel von ihrem kleinen Halbbruder. Nicht nur, dass er sein Leben lang scheinbar an ihr gemessen worden war mit allem, was er tat, war er gänzlich und ohne väterlichen Schutz in Morgeria aufgewachsen. Ob er sich dort wohlgefühlt hatte oder nicht, wie er sich geschlagen hatte und wie es ihm überhaupt dort ergangen war, spielte dabei keine Rolle. Das Ergebnis blieb dasselbe und das konnte sie nicht innerhalb weniger Stunden ändern. Ja, nicht einmal die Zeit, die er wahrscheinlich schon hier weilte, und Sylvainas Art, ihre Meinung kundzutun, konnten das schaffen.
Hinzu kam, dass er gerade in jener Phase stand, in der er generell wenig Einfluss von außen, von Erwachsenen, zu zulassen bereit war. Vielleicht hätte es Laogh vermocht, ihm den Kopf rechtzeitig zurecht zu rücken, aber selbst er hatte es für sinnvoller gehalten, die Geschwister zu trennen, anstatt ihnen die Chance zum Reden zu geben. Hatte er schlichtweg gewusst, wie aussichtslos es wäre, oder hatte er andere Gründe für sein Handeln gehabt? Im Moment konnte sie ihn nicht fragen, ja, womöglich sogar nie mehr mit ihm sprechen, ganz gleich, wie gut er war und was er ihr versprochen hatte.
Doch sie konnte im Gegenzug wenigstens die Gelegenheit nutzen, um sich mit eigenen Augen und Ohren davon zu überzeugen, dass ihr Halbbruder sie töten wollte. Dafür stellte sich nun eher die Frage, wessen Sturheit die Größere und Langatmigere wäre. Ob sie in Arvid ihren Meister fand, was diesen Punkt ihrer Persönlichkeit betraf? Oder würde diese Gemeinsamkeit letzten Endes wider Erwarten zu einer verträglicheren Basis beitragen? Das war ungewiss und konnte nur die Zeit zeigen.
Jetzt hingegen wurden sie beide erst einmal versorgt, wobei der Mischlingself das zweifelhaften Vergnügen hatte, dass die Hausherrin persönlich sich seiner annahm. So sehr sie auch die Erstversorgung beherrschte, vermutlich aus ihrer Zeit als Kapitänin, und zu wissen schien, was sie tat, war sie dabei alles andere als zimperlich. Eine feinfühlige, rücksichtsvolle Heilerin hätte man ihr wahrscheinlich auch nicht zugetraut.
Trotzdem bemühte er sich um Haltung und darum, sich so wenig wie möglich von seinen Schmerzen anmerken zu lassen. So stumm wie seine Halbschwester konnte er jedoch nicht bleiben, während er tapfer gegen die Tränen ankämpfte, die durch die Pein ständig in seine Augen treten wollten. Die Lippen hielt er so fest es ging aufeinander gepresst und auch so manches Knirschen der Zähne war zu vernehmen.
Indes widmete sich Melya der eigentlichen derzeitigen Bewohnerin dieses Zimmers und versorgte die Wunden. Bei dem Dank zwischendurch hielt sie flüchtig verdutzt inne, ehe sie sich daran machte, den Körper abzutasten. Es war nichts gebrochen oder angeknackst, das war schon einmal eine gute Nachricht. Aber sie wirkte erfahren genug, um auch an das Innere zu denken, das sie eben weder erfühlen, noch einsehen konnte. Also hakte sie nach.
Das Abwiegeln schien ihr nicht sonderlich zu gefallen, wie ihr eindringlicher Blick zeigte, jedoch entsprach es nicht ihrer Art, noch deutlicher ihre Zweifel auszudrücken. Stattdessen zuckte sie leicht mit den Schultern. "Wenn spucken, liegen nur.", gab sie ihre Anweisung und widmete sich dem nächsten sensibleren Körperteil.
Das Aufjaulen des Jüngeren verhinderte eine sofortige Anwort, denn diesem war, ohne Vorwarnung oder Vorbereitung, der Finger wieder eingerenkt worden. Nun hatte er seine Hand aus dem Griff befreit und hielt sie mit seinen eigenen Fingern schützend umschlossen. Der Blick seiner tränenverschleierten Augen zu seiner Cousine war der eines beleidigten Kindes.
Indes widmete sich Eleyna wieder ihrer Helferin und gab endlich eine Erwiderung. Fragend sah die Magd ihr entgegen und selbst, als die Patientin noch einmal wiederholte, was sie zu glauben schien, wandte sie sich an ihre Herrin. "Soll ich Tabita holen?", sprach sie leise und in ihrer eigentlichen Muttersprache, die ihr sichtlich leichter fiel.
Sylvaina deutete ein Kopfschütteln an und schnappte sich nun doch erneut die Hand des Verwandten, um die Beweglichkeit der Finger zu überprüfen, unabhängig davon, dass er sich dagegen sträubte. "Wenn es Blut oder Schmerzen gibt, können wir die Hebamme immer noch wecken.", erklärte sie sowohl ihrer Magd, als auch Eleyna, von der sie annahm, dass sie keines Eseras mächtig war.
Letztere indes hatte schon ganz andere Gedanken, welche die Eiselfe mit einem skeptischen Funkeln in den Augen aufsehen ließ. Sie hörte sich die Worte an, schwieg dazu... und zuckte schlussendlich mit den Schultern. "Wie du meinst.", erwiderte sie und griff prompt ihrem Cousin unter den Arm, um ihn auf die Beine zu ziehen.
"Mal sehen, ob ihr beide dazu in der Lage seid.", erklärte sie noch und schob ihn kurzerhand aus dem Raum hinaus. Arvid versuchte sich, gegen den Griff zu wehren, doch gegen die zierlichere Frau hatte er erstaunlich wenig Chancen. Oder er verfolgte sein Ziel nur halbherzig und gab es deswegen schnell wieder auf. Vielleicht hatte sie auch eine besonders schmerzende Stelle im Griff, die ihn einsehen ließ, dass sein Widerstand fehl am Platze war.
Melya warf indes der Halbelfe noch einmal einen langen Blick zu, um sich zu vergewissern, dass sie ebenfalls gehen könnte. Als dies soweit war, nickte sie leicht und murmelte:"Gut schlafen."
Danach verließ auch sie den Raum, ließ allerdings die kleine Lampe zurück. Damit hatte Eleyna die Wahl, ob sie sich ausruhen und ihre versorgten Wunden lecken oder dem Rat der Magd folgen und noch etwas Schlaf suchen wollte.

Wie auch immer die Spionin sich entschied, etwas mehr als eine Stunde später klopfte es leise gegen ihre Tür und Melya zeigte sich erneut mit einem Tablett in den Händen. Darauf befanden sich eine abgedeckte Tonschüssel, ein Becher und ein kleiner Krug, gefüllt mit eiskaltem Wasser. Dazu gab es noch ein Stück Brot. Scheinbar ihr Frühstück, für das die Eiselfe gesorgt hatte.
Als die Magd ihr Mitbringsel auf dem Tisch abgestellt hatte, drehte sie sich um und betrachtete die Fremde. Sollte diese sich noch nicht gerührt haben und liegen, würde sie zu ihr gehen und sie sanft an der Schulter berühren, um sie zu wecken. Ansonsten würde sie lediglich näher treten. "Wie fühlen?", fragte sie und wartete kurz auf die Antwort, um danach ihre eigentliche Botschaft zu überbringen.
"Wenn fertig, zu Herrin. Will reden." Damit nickte sie und harrte erneut auf eine Reaktion, ob sie noch gebraucht würde oder gehen könnte.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Dienstag 10. Oktober 2023, 20:57

Eleyna hatte keinen Bedarf daran, dass sich jemand nun über Gebühr um sie kümmerte. Ihre Schwangerschaft war kein Geheimnis, das hatte sie bereits mitbekommen. Aber sie wollte dennoch nicht, dass sich alles darum drehte. Überhaupt blendete sie diesen Umstand beinahe schon wieder aus. Es war das eine, sich mit dem Gedanken zu befassen, während man einem Traum nachjagte. Es war aber etwas völlig anderes, wenn man entführt und sogar angegriffen wurde. Ob das nun beabsichtigt war oder nicht. Eleyna lebte in einer Welt, die nicht für die ‚heile‘ Familie gemacht war. Ihr Umfeld duldete keine Schwäche und so verbannte die Spionin ihren Zustand in die entlegensten Winkel ihres Verstandes. Überleben lautete das Stichwort und das tat sie nun bereits seit Tagen. Die Kältr, die wenigen Mahlzeiten, der Stress. Alles war nicht gerade dafür gemacht, ein Kind in die Welt zu setzen. Und sie wusste auch gar nicht mehr, ob es das war, was sie wollte. Laogh konnte sie nicht vor allem beschützen und das wollte sie auch gar nicht. Eleyna wollte eine Freiheit leben, die ihr einfach nicht gegönnt wurde. Arvid und sein Handeln hatte ihr das deutlich ins Gedächtnis gerufen. Und wenn es nicht Arvid war, dann doch irgendjemand anderes, der sich bereichern oder aber bei ihrer Mutter beliebt machen wollte. Jemand wie Gwyn d’Yaincre scharrte viele Anhänger um sich. Und viele Anhänger strebten nach mehr Macht und eine bessere Position innerhalb eines inneren Zirkels. Eleyna wäre andauernd in der Gefahr, dass man sie für etwaige Zwecke missbrauchte. Und wie wäre es wohl erst bei ihrem Kind? Nein… Während endlich etwas Ruhe einkehrte, lag Eleyna noch einen Moment wach und starrte an die dunkle Decke. Ihr Kopf pochte unangenehm, dort wo die Haut aufgeplatzt war. Sie spürte ihren Bauch und das merkliche Ziehen. Auch wenn sie nicht verletzt wurde, war der Stress doch immens zurzeit. Aber sie schaffte es, mit ruhigem Atmen, dass sich alles wieder normalisierte, bis sie dann dich einschlief. Es fühlte sich an, wie ein paar Minuten, als sie schon wieder geweckt wurde. Völlig desolat und kurz nicht orientiert, schreckte sie aus dem Schlaf hoch, als Melya erneut in ihrem Zimmer stand. Eleyna ächzte und vergrub sich wieder in das Kissen, wodurch sie ihre Wunde belastete und zusammenfuhr. „Verdammte scheiße.“, knurrte sie unwillig, ehe sie sich aufrappelte und Melya ansah. “Wie fühlen?“, fragte Melya und erntete seitens Eleyna ein Kopfnicken. „Geht schon.“, brummte jene und war doch recht erschlagen von den Vorkommnissen. "Wenn fertig, zu Herrin. Will reden." Eleyna brummte erneut und hob den Kopf. „Sicher. Was auch sonst…“, murmelte sie weiterhin etwas ungehalten. Ihr Kopf pochte, Schlaf fehlte seit Tagen und sie hatte ohnehin nicht wirklich Interesse auf die ganze Farce. „Danke für das Essen.“, murmelte sie noch, bevor Melya sie verließ. Dann war sie wieder allein und hatte Zeit, sich ein wenig um ihre Laune zu kümmern. Eleyna rappelte sich auf und griff erneut nach einem Lappen, den sie in das eisige Wasser tunkte. Ob es nun zum Trinken gedacht war oder nicht, sie nutzte es, um sich etwas Linderung zu verschaffen. Die sah sich im Zimmer um und fand tatsächlich einen kleinen Handspiegel. Die Elfe musterte sich darin und seufzte. Sie hatte zwar schon schlimmer ausgesehen, aber trotzdem resignierte sie kurz. Sollte es immer so weitergehen? Die legte den Spiegel wieder beiseite und schaute kurz in das mitgebrachte Essen. Sie nahm sich etwas von dem Brot, aß etwas von dem Haferschleim, den sie am Abend zuvor bereits gegessen hatte und ließ das Wasser dann aber aus. Erst jetzt bemerkte Eleyna, dass sie sich bei der Auseinandersetzung in der Nacht wihl etwas gezerrt hatte, zumindest aber hatte sie Muskelkater. Alles in allem fühlte sie sich älter als sie war und trotzdem straffte sie die Schultern und ging zu Sylvaina. „Bevor du sagst, wir können nicht los… können wir.“, platzte sie gleich mit der Tür ins Haus und suchte die Elfe im Raum.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 12. Oktober 2023, 13:52

Auch wenn die Magd sich um die Spionin kümmerte und für eine Eiselfe recht empathisch wirkte, blieb sie dennoch eine Fremde und niemand, der sich anderen aufdrängte. Sie stellte die für sie relevanten Fragen und nachdem Eleyna abgewiegelt hatte, gab sie sich damit zufrieden. Denn sie hatte auf ihre Weise getan, was von ihr gefordert gewesen war, und konnte sich beruhigt zurück ziehen. Auch die Hausherrin sorgte dafür, dass ihr unfreiwilliger Gast noch etwas Ruhe bekam.
Was mit Arvid geschah, blieb dabei ungewiss. Zumindest würde sie ihm keine neuerlichen Schmerzen zufügen und ihn zusammen schlagen oder schlagen lassen, so war sie nicht einzuschätzen. Eine Standpauke hingegen wäre durchaus im Bereich des Vorstellbaren. Und verdient hätte er es allemal! Oder auch er sollte in sein Zimmer gehen und dort für sich allein nachdenken.
Was auch immer geschah, es drangen keine Geräusche zu der Halbelfe und sie konnte ihrem Körper Ruhe gönnen. Dass sie dabei einschlief, war verständlich. Dennoch war es nicht gerade das Beste in Hinblick darauf, dass sie nach viel zu kurzer Zeit wieder geweckt wurde.
Entsprechend zerschlagen fühlte sie sich und hatte eine dazu passende Laune, als Melya eintrat und ein für die letzten Tage ungewöhnlich üppiges Frühstück brachte. Dazu gehörte auch eine neue Lampe, denn der Docht und das Öl der alten würden nicht ewig halten und von draußen drang so gut wie gar kein Licht herein. Schon gar nicht ausreichend, um sich ohne jegliche Hilfe zurecht finden zu können.
Während sie das Tablett auf den Tisch stellte, regte sich hinter ihr die Spionin und fluchte vor sich hin. Die Magd verzog keine Miene, drehte sich allerdings um und stellte ihre Frage. Das Brummen sorgte dafür, dass sie den Kopf leicht schräg legte und nicht sonderlich überzeugt wirkte.
Doch sie sagte nichts dazu, sondern gab ihre Botschaft weiter, wie ihr aufgetragen worden war. Erneut wurde ihr wenig Freude entgegen gebracht und noch weniger Anhalt dafür, länger zu verweilen. Trotzdem hielt sie noch einmal bei dem gemurmelten Dank inne und deutete ein knappes Nicken an.
Dann überließ sie Eleyna sich, ihrem Zustand und ihrem Frühstück. Wie viel Zeit sie sich dafür nahm, war ihre eigene Entscheidung. Niemand kam, um sie zur Eile zu drängen oder nachzusehen, ob mit ihr alles in Ordnung war. Schließlich hatte sie der Magd versichert, es wäre soweit gut mit ihrem Zustand.
Dennoch war sie schließlich fertig und kämpfte sich aus dem Zimmer raus, wieder hinunter in jene große Stube mit den verschiedenen Arbeitsbereichen, in denen sie am Vortag aufeinander getroffen waren. Tatsächlich befand sich Sylvaina bei den gestapelten Kisten, mit einer Liste in der Hand und schien den Inhalt damit zu kontrollieren.
Als sie die andere hören konnte, reagierte sie nicht. Erst, als sie konkret angesprochen wurde, hob sie einen Moment lang den undurchdringlichen Blick in ihre Richtung.
Dann zuckte sie mit den Schultern, griff legte das Papier auf einen geschlossenen Truhendeckel und machte sich eine Notiz. "Gut, du weißt, wo die Tür ist.", erwiderte sie kühl und ließ ihren Gast demonstrativ an sich vorbei ziehen, ohne sie scheinbar länger zu beachten.
Der Weg bis zur Eingangstür war kurz und blieb erstaunlich dunkel, abgesehen von den Lampen, die verteilt aufgestellt worden waren. Dieses Mal gab es keinen Wächter, der an der Tür aufpassen sollte, dass sie nicht weglief. Sobald Eleyna allerdings die Haustür öffnen würde, würde sie sich vor einer weißen Wand wiederfinden, von der einige kalte Flocken herein drangen und sich kühlend auf ihr mitgenommenes Gesicht legen konnten, um dort rasch zu schmelzen.
Indes lehnte in ihrem Rücken die Hausherrin sich lässig gegen den Türstock, verschränkte die Arme vor der Brust und wirkte emotional unbeteiligt wie eh und je. Bis auf ein feines Funkeln in den Augen, das beinahe schon nach Belustigung schrie... oder es war eine optische Täuschung aufgrund der unruhig flackernden Flämmchen der Lampen. Vielleicht auch beides, wer wusste das schon so genau zu sagen?
"Ein kleiner Schneesturm, bevor du fragst. Harmlos bei uns und typisch für diese Zeit. Draußen auf freiem Feld würd' ich jetzt nicht sein wollen. Kann ein paar Tage oder auch eine Woche dauern.", erklärte sie gleichgültig und besah sich dabei ihre Fingernägel.
Dann zuckte sie mit den Schultern. "Du siehst, ihr könnt' nicht los, egal, was ich dazu sage." Langsam kam sie näher, griff sich eine Lampe und besah sich in deren Licht das Gesicht der anderen.
Daraufhin huschte die Andeutung eines Grinsens über ihre Lippen, ohne es zu seiner vollen Form zu schaffen. "Also, es wäre nett, wenn du die Tür jetzt wieder schließt und die Zeit nutzt, um zu Kräften zu kommen. Oder du packst mit an. Aber ich sag's noch einmal, ich dulde keine Prügeleien in meinem Haus, weder von dir, noch von anderen." Damit nickte sie ihr zu und hätte von sich aus vorerst alles geklärt.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Freitag 20. Oktober 2023, 21:46

Eleyna war bereit immer ein Spielball gewesen. Nie bestimmte sie ihren Weg oder ihr Leben selbst. Eine einzige Entscheidung, traf sie damals aus freien Stücken: Die, zu den Menschen zu gehen und dort als Spionin Wiedergutmachung zu leisten. Wiedergutmachung an ihrem Vater, von dem sie lange nicht mal ahnte, wie er eigentlich dazukam, ihre Mutter zu ehelichen. Eleyna erinnerte sich an Laogh, der ihr erzählte, wie er es gewesen war, der ihre Mutter und ihren Vater zusammenbrachte. Und wie er ihren Vater aus den Fängen des Feuers hatte holen wollen und es bis nach Mantron schaffte, aber alles Hilfe zu spät war. Und wie er sich heute dafür noch zerfleischte. Sie waren sich ähnlich. Er und sie. Sie waren einander näher, als sie sich eingestehen mochten und es hatte lange gedauert, bis Laogh Eleyna endlich Absolution erteilt hatte. Indem er ihr sagte, was er empfand. Und Eleyna hatte das dringend hören müssen. Sie hatte es gebraucht, hatte es so sehr herbeigesehnt. Denn er war ihr schon längst viel zu sehr ans Herz gewachsen. Allerdings machte es ihr ihr Leben so unsagbar schwer, die schönen Dinge festzuhalten und die schlechten abzuschütteln. Schon wieder war sie an einem Ort, der feindlich gesinnt schien, auch wenn Sylvaina bisher durch Neutralität geglänzt hatte. Gleichwohl war Arvid es gewesen, der die Atmosphäre vergiftete und der für Eleyna zum Sinnbild ihres Lebens wurde. Es würde immer einen geben, der sich bereichern wollte. Der sie als Chance sah, um sich zu profilieren, sich einzuschmeicheln und seine Position zu verbessern. Sie blieb ein Spielball. Jetzt noch mehr denn je. Die Elfe spürte das Puckern in ihrem Gesicht, das sie wie wahnwitzig daran erinnern wollte, dass ihr Leben niemals anders verlaufen würde. Sie war nun über ein halbes Jahrhundert alt und gewiss fehlten da noch erhebliche Jahre, bevor sie sich überhaupt annähernd alt nennen durfte. Aber der Bezug zu den Menschen und das Gefühl von Zugehörigkeit dorthin vereinfachten ihr es, auch in diesen Zeitlinien zu denken. Sie lebte so lange, wie manch Mensch nicht alt wurde. Und sie hatte ein Leben aus Folter, Verlust und Flucht verbracht. Sollte sie nun wieder wegrennen? Sie würde es nicht mehr. Sie würde endlich etwas tun, was wahrlich etwas verändern würde. Wenn Arvid so erpicht darauf war, sie nach Morgeria zu bringen, dann würde Eleyna das zu nutzen wissen. Ihr Entschluss stand fest und ganz gleich, was sie glaubte in Mantron zu haben… es war eine Illusion. Alles davon. Es war eine herbeigesehnte Vorstellung dessen, was sie sich für ihr Leben erhofft hatte. Ein Haus, Kinder, einen Partner an ihrer Seite. Eleyna aber wusste, dass das Hirngespinste waren, seit sie entführt wurde. Seit sie gesehen hatte, wie Laogh sie über die Kante gestoßen hatte und verschwunden war. Sie wusste, was er davon halten würde. In Santros hatte er es ihr genaustens erklärt und doch… doch wollte Eleyna all dem ein Ende bereiten. Es musste sein. Wenn schon nicht für ihr Leben, dann doch aber für das Leben von Arvid und all den anderen, die sich am klebrigen Teil des Netzes verfangen hatten und nun nicht mehr loskamen, so sehr sie es auch versuchten.

Die Elfe wälzte diese Gedanken, während sie auf die Tür starrte, die von einer Eiswand blockiert wurde. Es war kalt, als die nassen Flocken auf ihr Gesicht trafen und dort zischend kleine Schmerzreize setzten, weil die Haut so empfindlich war. Mit einem fassungslosen Rumms traf die Tür ihr Schloss und Eleyna wirbelte herum, als hätte Sylvaina das mit Absicht gemacht. "Ein kleiner Schneesturm, bevor du fragst. Harmlos bei uns und typisch für diese Zeit. Draußen auf freiem Feld würd' ich jetzt nicht sein wollen. Kann ein paar Tage oder auch eine Woche dauern. Du siehst, ihr könnt' nicht los, egal, was ich dazu sage." Eleyna schnaubte genervt. „Wunderbar!“, motzte sie leicht und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie machte auf dem Absatz kehrt und war halb durch den Raum, da hielt Sylvaina sie erneut auf, indem sie abermals die Prügelei ansprach: "Also, es wäre nett, wenn du die Tür jetzt wieder schließt und die Zeit nutzt, um zu Kräften zu kommen. Oder du packst mit an. Aber ich sag's noch einmal, ich dulde keine Prügeleien in meinem Haus, weder von dir, noch von anderen." die eisblauen Augen verengten sich kurz. Sie hatte die Tür geschlossen! Ihr Blick rutschte zu der Tür und sie sah, wie jene doch wieder aufgeschwungen war, ob ihrer Intensität beim Zumachen. Wortlos schritt Eleyna zur Tür hin und schloss sie demonstrativ erneut, bevor sie den Weg zurücklegte, den sie nun zum vierten Mal ging. „Schon gut, schon gut. Wie ich bereits sagte – mir musst du das nicht sagen. Arvid sollte seine Emotionen in den Griff bekommen, sonst wird das eine sehr kurze Reise! Und ich werde mich bei jedem Angriff – ganz egal woher er kommt – wehren!“, warnte sie die Eiselfe eindringlich.
Dabei war Eleyna nicht mal besonders unfreundlich oder laut. Sie sprach es aus – fertig. Das Nicken der Elfe sah Eleyna gar nicht mehr, denn sie befand sich bereits wieder auf der Treppe und folgte jener in den ersten Stock. Dort suchte sie erneut das Zimmer auf, das gestern Abend Schauplatz der Geschwisterliebe wurde. Die Elfe seufzte, als sie sich auf das Bett setzte und vorerst nicht recht wusste, was sie tun sollte. Wenn der Schneesturm eine Woche dauerte, dann hätte sie gewiss wieder viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Und bereits jetzt löste sie gewisse Bande, die sie eigentlich festhalten wollte. Aber so war sie… Eleyna konnte keine Bindungen eingehen und wenn, dann konnte sie sie nicht festhalten. Es war ihr Schicksal… ihr Los. Sie erinnerte sich an Arrond und dass auch er sie zwar zu schützen versuchte, ihr aber nun als Freund verloren ging. Was brachte dieses Leben, wenn alle bemüht waren, sie vor den unsichtbaren Fingern ihrer Mutter zu schützen, sie dafür aber keinen von ihnen je wiedersah? Über diese Gedanken und Empfindungen formten sich Bilder. Fetzen von Träumen, die sich ihr ins Gemüt schlichen. Sie vergiftete sich selbst mit jenen Informationen und Erinnerungen, über diese sie dann tatsächlich einschlief. Wie lange sie schlief, würde sich zeigen, doch Eleyna war unruhig, während Manthala ihren Schleier über sie breitete.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Samstag 21. Oktober 2023, 20:08

Wie die nächsten Wochen, Monate... vielleicht sogar das ein oder andere Jahr verlaufen wären, wenn sie nicht aus Mantron fortgeschafft worden wäre? Ob sie und der Schatten diese heile Familie sich bewahrt hätten? Oder wären sie sich wiederum zu ähnlich in ihrer Vergangenheit und in ihrem Wesen, als dass dies auf Dauer hätte gut gehen können? Schon mehrfach hatte sie bemerken können, dass er seine eigenen Wege ging, sobald es ihm zu langweilig wurde... oder zumindest zu werden drohte.
Wie es mit ihr gewesen wäre? Wäre er überhaupt gemacht für etwas Festes, Ernstes? Oder war er durch sein Dasein viel zu unstet geworden, als dass er sich irgendwo hätte häuslich niederlassen können?
Häuslich... gerade hatten sie eine Hütte in Mantron erwerben wollen, als... Nein, so schön diese Option auch gewesen wäre, es würde vermutlich immer ein Traum bleiben. Denn, selbst wenn sie keine Gefangene mehr wäre, woher sollte er wissen, wo sie sich aufhielt? Oder sie, wo er sich herum trieb, um nach ihr zu suchen? Eine Rückkehr nach Mantron... ja, das wäre eine Möglichkeit, dort auf ihn warten und darauf vertrauen, dass er irgendwann vorbei käme, vielleicht sogar, nachdem sie Mundl eine entsprechende Nachricht überbringen ließe.
Wenn da nicht eine andere Aufgabe dringlicher auf sie warten würde. Und sollte sie diese überleben, dann könnte sie immer noch diesen oder einen ähnlichen Faden weiter spinnen. Noch dazu, weil ihr eigener Zustand nicht ewig währen würde und spätestens, wenn ihr Bauchbewohner geboren wäre, musste sie ein halbwegs sicheres Umfeld schaffen.
Mantron bot sich durchaus an, sofern sie auf Dauer mit der Witterung klar kommen würde. Oder sie suchte sich einen anderen Ort, einen, an dem sie ihrer eigenen Mutter entkommen könnte. Es sei denn, sie würde ernst machen und Gwyn diese letzte Konfrontation zwischen ihnen beiden nicht überleben.
Und Arvid? Was würde sie mit ihm anstellen, mit diesem verblendeten Kind? Würde sie sich weiterhin um ihn bemühen wollen, trotz des Risikos, das er für sie darstellte? Oder würde er der gemeinsamen Mutter eventuell nach Kata Mayan folgen? Könnte sie das denn...? Nun, wenn er es erzwingen würde... vielleicht. Vielleicht aber wäre sie auch zu menschlich und gutherzig dafür. Auf jeden Fall hätten sie in den nächsten Tagen wohl oder übel Zeit dazu, es herauszufinden, denn an einen Aufbruch war ob dieses Wetters nicht zu denken.
Die Hausherrin indes gab sich unbeeindruckt von dieser Wendung. Natürlich, nicht nur, weil sie scheinbar generell so gut wie keine Gefühle zu haben schien als Reinrassige, sondern auch, weil es nicht überraschend zu kommen schien. Dabei hatten sie beide Glück gehabt, gestern das Gehöft schon erreicht zu haben, wie sie mit knappen Worten verdeutlichte. Und wenn schon eine wie Sylvaina bei diesem Sturm nicht draußen sein wollte... Nicht auszudenken, wie es Eleyna selbst ergangen wäre!
Doch damit nicht genug, schien die Eiselfe darauf aus zu sein, ein wenig mehr herum zu sticheln. Warum? Als Retourkutsche dafür, dass sie vor der eigentlichen Zeit hatte aufstehen müssen? Oder war das die Form ihres Unmuts darüber, dass sie ihre Gäste länger als geplant würde beherbergen müssen? Oder hatte Arvid noch mehr angestellt und sie als die große Schwester sollte das jetzt ausbaden?
Wie auch immer, die Spionin reagierte erstaunlich beherrscht, obwohl sie den gerade erst genommenen Weg erneut zurück legen musste, da der Wind die Eingangstür ziemlich erfolgreich wieder aufgedrückt hatte. Danach erst wandte sie sich an die Eiselfe, die ihr in aller Seelenruhe zusah und auch zuhörte. Um knapp zu nicken. "Ich habe ihn daran erinnert.", erklärte sie kühl, dass es empfindlichen Personen durchaus die feinen Nackenhärchen aufstellen könnte.
Ob die Halbelfe sich das wirklich vorstellen oder gar nachfragen wollte? Nein, lieber nicht, denn es könnte zu neuen, unschönen Momenten führen. Ohnehin war zwischen ihnen mehr oder weniger alles gesagt, sodass Eleyna sich in ihr temporäres Zimmer zurück zog. Dort hatte sie erneut ihre Ruhe, um ihre eigenen Gedanken zu wälzen, bis ihr Körper nach der Erholung verlangte, die er nach dem Zwischenfall benötigte.

Ihr Schlaf dauerte länger als üblich und musste sogar recht tief gewesen sein, denn als sie wieder erwachte, hatte jemand, wahrscheinlich Melya, regelrecht lautlos ein neues Tablett mit einem inzwischen kalt gewordenen Brei, etwas Brot und frischem Wasser gebracht. Über den Geschmack würde sich in diesem Fall sicherlich streiten lassen, jedoch wäre diese Mahlzeit nahrhaft und nur das zählte.
Sobald sie von dem Brei jedoch kosten würde, könnte sie feststellen, dass er mit dunklen Beeren gesüßt worden war und dadurch auch erkaltet gar nicht so übel war. Obendrein beruhigte er den Magen, während die Wunden im Gesicht sicherlich noch pochten und an ihr Vorhandensein erinnerten.
Somit und in Ermangelung einer anderen Beschäftigung verbrachte Eleyna den restlichen Tag in ihrem Zimmer und wurde nicht wieder von ihrem kleinen Bruder aufgesucht. Dafür klopfte am Abend die Magd an und sah noch einmal nach ihren Verletzungen.
Ansonsten verlief diese Zeit sehr träge und bot eindeutig zu viel Raum für ihre Gedanken. Die kleine Lampe war recht früh schon nötig, um den Raum zumindest ein bisschen erhellen zu können und nicht im beinah komplett Finsteren zu sitzen. Dafür war sie erstaunlich langlebig und die kleine Flamme kämpfte zäh um ihr Überleben. Fast schon ein Sinnbild für die Spionin selbst...

Am nächsten Morgen, als Melya das Frühstück brachte, bot sie der anderen an, sich ihr anzuschließen und im Haushalt mitzuhelfen. Es blieb der Halbelfe überlassen, ob sie diese Möglicheit für eine Betätigung ergreifen wollen würde oder nicht. Sollte sie es tun, würde sie feststellen, dass trotz der eisigen Kälte draußen, auch ein eiselfisches Gehöft ganz banale Aufgaben zu verteilen hatte.
Neben Wäsche ausklopfen oder waschen, mussten einige Stücke geflickt oder gestopft werden. Geschirr gehörte gereinigt und das ausgelassene Fett vom Schlachttag zusammen gesammelt, während die Köchin, eine wortkarge Alte mit scheinbar unendlich langem, weißem Haar, das Fleisch haltbar machte, indem sie einen Teil zu Wurst verarbeitete und einen anderen dörrte. Insgesamt duftete es in der Küche köstlich nach all den Gewürzen und Kräutern, die dabei verwendet wurden, und die Mithelfer konnten in ihrem Mittagsbrei das ein oder andere Fleischstückchen finden, das einen ganz besonderen Geschmack verlieh.
Das Haus selbst stand Eleyna also mehr oder weniger offen, wenn sie es erkunden wollte. Nur in den Arbeitsraum der Hausherrin selbst gelangte sie nicht ohne Erlaubnis. Was wiederum verständlich war, denn Sylvaina wollte nicht, dass jemand unbemerkt Zugang zu ihren Unterlagen hatte, welcher Art genau sie auch immer sein mochten.
Dafür begegnete sie Arvid kein einziges Mal im Hauptgebäude. Entweder ging er ihr aus dem Weg oder seine Cousine hatte dafür gesorgt, dass er nicht mehr einfach so in ihre Nähe gelangen konnte. Einmal, als der Schneesturm etwas nachgelassen hatte und zu einem unerfreulichen Schneegrieseln geworden war, war er draußen im Hof unterwegs, weil er sich um die Tiere mit kümmern sollte. Aber ob sie das mitbekam, war zu bezweifeln, sofern sie sich nicht durch die Kälte zur Badehütte kämpfen wollte, da sie sonst keinen Grund hatte, vor die Tür zu gehen.

Auf diese Weise verging beinahe eine gesamte Woche, ehe der Sturm länger als ein paar Minuten nachließ. Es war gegen Mittag, als Sylvaina ihr ausrichten ließ, dass sie zu ihr in den Arbeitsraum kommen könnte zur weiteren Besprechung. Wie schon des Öfteren saß die Eiselfe hinter ihrem Schreibtisch und hatte offensichtlich gerade etwas zu Ende notiert, als die Spionin eintrat, denn sie streute etwas auf das Papier, damit die Tinte schneller trocknete. Diese Körnchen ließ sie danach wieder in eine kleine Dose rieseln, um ihn später wieder verwenden zu können.
Ansonsten hatte sich in dem Raum nicht wirklich etwas verändert, bis auf den Umstand, dass zur selben Zeit von draußen, also über den kleinen Vorraum, auch Arvid eintrat. Als dieser seine Halbschwester entdeckte, blieb er wie angewurzelt stehen und presste die leicht bläulich schimmernden Lippen fester aufeinander, offensichtlich, um eine Bemerkung hinunter zu schlucken. Er wandte den Blick ab und starrte demonstrativ auf die Wand zu seiner Rechten.
Während sie die Muße hatte, wenn sie es denn wollte, ihn zu mustern. Er war unverkennbar draußen an der frischen Luft gewesen, das verriet nicht nur die Kleidung aus wärmendem Fell, in dem die Schneekristalle rasch schmolzen und in dem Lampenlicht glitzerten. Auch die wenige freie Haut in seinem Gesicht verriet den Umstand, dass er bis vor kurzem noch kälteren Temperaturen ausgesetzt gewesen war.
"Morgen könnt ihr los.", begrüßte die Hausherrin sie beide, nachdem sie das Papier sorgfältig zu einer Rolle geformt und mit einem Band verschlossen hatte. Ihr Blick ruhte kurz auf der Halbelfe, ehe er zu ihrem Cousin wanderte. "Ich werde euch bis Estria begleiten. Es wäre ratsam, wenn ihr euch dort einer Gruppe anschließt, die in eure Richtung weiter zieht. Wenn wieder ein Sturm aufzieht, kann das lebensrettend sein.", fuhr sie, ungewöhnlich mahnend, fort.
Arvid ballte daraufhin die Hände zu Fäusten und es war ihm deutlich anzumerken, wie wenig ihm das gefiel. Doch er sagte nichts dazu... noch nicht.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Montag 23. Oktober 2023, 00:11

Eleyna schlief, doch so recht erholsam war es nicht. Sie kannte das schon. Gerade sie hatte stets mit Albträumen zu kämpfen und sich an den unruhigen Schlaf gewöhnt. Ihr Körper hatte gelernt, mit wenigen Stunden auszukommen und auch das Konzentrationsdefizit ausgeglichen. Jedenfalls bis sie Laogh getroffen hatte. Noch bevor sich etwas intensives zwischen ihnen hatte entwickeln können, schlief sie bereits besser neben ihm, als in all den Jahren zuvor. Jetzt jedoch blieb ihr das vergönnt, denn sie war allein. Die Elfe wälzte sich also mehr als dass sie richtig schlief und doch dauerte diese Episode deutlich länger als normal. Die Nachwirkungen des nächtlichen Besuchers – übrigens ein Teil ihrer problembehafteten Schlafenszeiten- ärgerten sie zusätzlich und so wachte sie immer halbwegs auf zwischendurch, um wieder einzuschlafen und irgendwann reichlich gerädert aufzuwachen. Eleyna fühlte sich kaum in der Lage, die Augen zu öffnen. Vermutlich wäre es leichter gewesen, einfach nicht zu schlafen.. Ihr Blick fiel, sobald sie ihn gerade ausrichten konnte, auf das Tablett. Es war alarmierend, dass sie nichts mitbekommen hatte. Ihre Fertigkeiten begannen zu leiden, wie sie bitter feststellen musste. Alles, was sie in letzter Zeit erfahren, erlebt und erlitten hatte, führte unweigerlich dazu, dass sie nicht mehr richtig handeln konnte.

Eleyna murrte leise, zog die Decke über ihren Kopf und schlief wieder ein. Dieses Mal aber nur kurz, denn schon klopfte es gefühlt 2 Minuten später und erneut trat Melya ein. Eleyna rappelte sich nur mühsam auf, doch schüttelte sie nur den Kopf, als die andere ihr anbot, während der häuslichen Pflichten mitzuhelfen. Die Spionin würde sich hüten, hier einen Finger zu rühren. Sie war weder freiwillig hier, noch daran interessiert irgendwen zufriedenzustellen. Es lag gewiss nicht daran, dass sie arbeitsscheu gewesen wäre, aber das ging dann doch zu weit. Sobald sie aber etwas im Bauch hatte und zumindest das Wasser in vollen Zügen geleert hatte, wusch sie sich vernünftig und schlenderte dann selbst durch alle Bereiche die sie aufsuchen durfte, ohne jemandem vor den Kopf zu stoßen. Dabei beobachtete sie einige der Gepflogenheiten, die hier tagein und tagaus abliefen und während der Schneesturm die ganze Woche dauern sollte, da prägte sie sich, sich wiederholende Abläufe gut ein. Arvid sah sie indes nicht einmal und das war auch gut so. Sie brauchte jetzt nicht gleich die nächste Konfrontation und das würde auch ihre Strategie bleiben. Arvid hatte deutlich gemacht, dass er sie hasste.
Und Eleyna würde ihn einfach dazu benutzen, an ihre Mutter heranzukommen. Sollte er doch versuchen sich mit ihrer Auslieferung zu profilieren. Am Ende stünden sie vor ihrer Mutter und Eleyna bekäme ihre Chance. Vielleicht würde sie dann wieder ruhig schlafen? Nun aber bestritt sie ihren tristen Alltag am Rande des Eisreiches damit, dass sie sich die Beine vertrat und hier und dort zuschaute, wenn jemand seinen Aufgaben nachging. Ansonsten blieb sie in ihrem Zimmer und rührte sich kaum. Sie sprach auch kaum mit jemanden. Freunde fand sie hier nicht, dazu hätte sie es wollen müssen. Sie saß ihre Zeit ab und wartete auf den Tag der Abreise. Schlafen tat sie indes immer nicht sehr gut aber es reichte, dass sie nicht verrückt vor Müdigkeit werden würde. Die Spionin bat Melya einmal darum, sich ein Bad einlassen zu können und half sogar bei der Bereitung mit. Dabei spürte sie die bittere Kälte, die draußen herrschte und lief erst da einmal Arvid über den Weg. Er hatte ein deutlich unangenehmeres Los erhalten, doch das schadete nichts. Es war schließlich seine Idee gewesen. Nun musste er sich eben auch darum bemühen, dass seine Cousine nicht die Geduld verlor.

Endlich kam der Tag, an dem Sylvaina sie zu sich rief. Eleyna war bereits aufgefallen, dass der Sturm weitergezogen war und dass sich das Wetter allgemein etwas besserte. Somit hatte sie die Hoffnung gehegt, dass sie bald gerufen würde, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Wie gehabt saß die Eiselfe an ihrem Schreibtisch und arbeitete. Eleyna konnte durchaus anerkennen, dass Sylvaina diesen Clan leitete und das offenbar sehr erfolgreich. Doch mehr hatte sie zu der anderen nicht zu sagen. Auch ihr war sie die Woche aus dem Weg gegangen. Plötzlich öffnete sich eine Tür und Arvid trat ein. Sofort lag wieder dieser Hass in seinem Blick. Eleyna wandte ihren Blick demonstrativ ab und musterte Sylvaina abwartend. "Morgen könnt ihr los. Ich werde euch bis Estria begleiten. Es wäre ratsam, wenn ihr euch dort einer Gruppe anschließt, die in eure Richtung weiter zieht. Wenn wieder ein Sturm aufzieht, kann das lebensrettend sein." Eleyna bemerkte die Anspannung seitens Arvid und musterte ihn einen Moment. Dann aber löste sie ihre Arme aus der Verschränkung und nickte Sylvaina zu. „Wunderbar. Bis morgen dann.“, meinte sie knapp, drehte auf dem Hacken um und würde ihr Zimmer aufsuchen, um bis zur Abreise darin zu bleiben. Was brachte es, Arvid erneut schimpfen zu hören? Nichts… was brachte es, Sylvaina zu widersprechen? Nichts. Zumal sie das gar nicht würde. Sollte die Eiselfe dich tun, was sie wollte. Eleyna störte das nicht. Und was auch immer Arvid zu sagen hatte… sollte er daran ersticken.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 25. Oktober 2023, 13:41

Wäre der Schatten nun an ihrer Seite, sie hätte vermutlich eindeutig besser geschlafen. Nun ja... soweit sie in seinen Armen eben zum Schlafen überhaupt kam! Er hätte ihr wahrscheinlich auch gegen Arvid zur Seite gestanden und sie vor so manchem bewahrt. Jedoch... sie hatte es bis vor kurzem auch allein geschafft und das würde sie eben wieder aufnehmen müssen, nach diesem kleinen Intermezzo. Besser also, sie stellte sich schnell wieder darauf ein, allen voran auch deswegen, weil sie bald jemanden bei sich hätte, auf den sie Tag und Nacht zusätzlich achten müsste. Da würde der Schlaf noch stärker zu kurz kommen als ohnehin schon. Wie lange es wohl dauern würde, bis die Erschöpfung sie vollständig im Griff hatte? Aber noch ließ sich die nahende Zukunft verdrängen.
Es gab so oder so dringlichere Probleme zu bewältigen. Wenngleich dazu nicht der Haushalt in diesem Gehöft zählte. Die Eiselfe hatte es ihr freigestellt, ob sie sich einbringen wollen würde oder nicht. Warum eigentlich ließ sie ihr diese Wahl? Schließlich war sie nicht freiwillig an diesem Ort und mochte es noch weniger, dass die Natur sie hier festhielt. Es wäre vermutlich ein Leichtes für Sylvaina gewesen, sie kurzerhand zur Arbeit einzuteilen. Oder war es ihr gleichgültig, wie sie den Tag verbrachte, solange sie nicht negativ auffiel? Der ganze Betrieb lief schließlich offensichtlich schon länger und das auch recht erfolgreich, obwohl die Spionin genaueres nicht wissen konnte.
Doch die Mahlzeiten waren ausreichend sättigend und regelmäßig, trotz des Sturms draußen, sodass zumindest in dieser kurzen Zeit keine Not zu herrschen schien. Wie auch immer, Eleyna hatte kein Interesse an großartiger Beteiligung, auch nicht, um sich abzulenken oder das Gespräch mit dem Gesinde zu suchen. Auf diese Weise hatte sie jedoch viel mehr Zeit, ihren Gedanken nachzuhängen, und die Minuten der nächsten Tage zu zählen, wenn sie nicht doch einmal ihr Zimmer verließ und sich ein wenig umsah.
So zog sich ein Tag nach dem anderen dahin, bis es endlich soweit war und die Hausherrin sie zu sich rief. Es war eine Abwechslung und barg auch eine gewisse Hoffnung darauf, dass die elende Warterei vorbei wäre. Tatsächlich hatte sie dieses Mal Glück, auch wenn es bedeutete, dass sie ihrem Halbbruder begegnete.
Dieser war alles andere als erfreut, sie zu sehen, das war ihm deutlich anzumerken. Ebenso wie der Umstand, dass Sylvaina vorhatte, sie beide zu begleiten, sobald der Aufbruch stattfinden würde. Während die Spionin nur knapp reagierte und danach gleich wieder verschwand, holte er Luft, um seinen Unmut kund zu geben. Sie hörte es nicht mehr, denn die Tür hinter ihr war schnell geschlossen und sie hatte auch kein Interesse daran. Was auch immer er noch zu klären hatte, sollte er gefälligst alleine tun und ohne sie noch mehr mit hinein zu ziehen, als sie es ohnehin schon war.
Somit hielt sie nichts und niemand auf, den restlichen Tag in ihrem Zimmer zu verbringen. Lediglich am Abend wurde sie noch einmal von Melya aufgesucht, die neben dem Essen auch erneut Verbandsmaterial brachte. "Anschauen vor Weggehen.", erklärte sie und wartete mit fragendem Blick, ob die andere damit einverstanden wäre oder nicht.
Sollte sie sich nicht dagegen aussprechen, würde sich die Magd noch einmal die Verletzungen ansehen und könnte durchaus zufrieden mit dem Heilungsprozess sein. Nach der Schwangerschaft würde sie allerdings nicht mehr fragen, denn für sie war das Abwiegeln vor ein paar Tagen ausreichend gewesen, um sich nicht weiter darum kümmern zu müssen. Schließlich war sie keine Hebamme, sondern kannte sich nur ein bisschen mit Verletzungen aus. Wenn Eleyna allerdings ablehnte, würde Melya sie nicht dazu zwingen, sondern nur mit den Schultern zucken und, sollte sie nicht zurück gehalten werden, wieder gehen.
Dann wäre sie wieder allein mit sich und ihren Gedanken sowie mit dem Versuch, ein weiteres Mal Schlaf zu finden. Schließlich wäre sie in ein paar Stunden unterwegs und wer wusste zu sagen, wann sie es wieder so warm um sich herum hätte?

Am nächsten Tag wurde sie noch vor Sonnenaufgang geweckt und mit Frühstück wie mit neuer, wärmender Kleidung versorgt, denn die Hausherrin wollte eindeutig mit dem ersten Tageslicht aufbrechen. Somit sollte sich die Spionin, sobald sie bereit wäre, im Hof einfinden, der noch von Fackelschein erhellt werden musste. Die letzten Vorbereitungen bei den beiden Schlitten wurden getroffen, Vorräte verstaut und letzten Endes auch zwei kräftig wirkende Rentiere geholt, um sie anschirren zu können.
Die Luft um sie herum war klirrend kalt und ein Blick zum Himmel verriet sofort, warum dem so war. Es war absolut wolkenlos und die verblassenden Sterne blinkten zu ihnen herunter. Der Himmel versprach also einen schönen, bald schon sonnigen Tag, sofern am Horizont keine Wolken aufziehen würden. Doch das bedeutete eben gleichzeitig äußerste Kälte.
Kein Wunder, dass selbst Sylvaina, die neben den Schlitten stand und mit ihrem Verwalter noch letzte Details zu besprechen schien, in ein dickes Fell gehüllt war. Und auch Arvid war bereits anwesend, starrte ausdruckslos in Richtung Tor und schien all seine Konzentration darauf zu verwenden, nicht herum zu zappeln. Einen Bogen trug er um seine Schulter und hatte auch einen Köcher, mit Pfeilen gefüllt, umgeschnallt. Er war noch dicker eingemummelt als seine Cousine, dennoch wirkten seine Lippen bereits jetzt bläulich.
Oder lag es daran, wie still er hielt? War er womöglich schon länger an der frischen Luft? Ob sie sich wohl an Laogh erinnerte, wie sie ihn in Mantron zur Rede gestellt hatte mitten im Schnee und befürchten musste, dass er festgefroren war, während sie ihm den Kopf zurecht rückte?
Wenige Minuten später, die Kälte kroch ebenso in die Kleidung hinein wie die Sonne allmählich über den Horizont, entließ die Eiselfe ihren Untergebenen und trat zu der Spionin. "Wir sind soweit. Wenn das Wetter hält, sind wir in zwei Tagen ins Estria.", erklärte sie und deutete auf jenen der beiden Schlitten, der nicht mit Gepäck vollbepackt war und somit Platz zum Sitzen bot. Es würde also wieder eisig und ungemütlich für sie werden, trotz der wärmeren Schichten auf ihrem Leib und der bereit gelegten Decke.
Nur... wenn sie saß, wer würde ihren Schlitten lenken? Würde die Hausherrin dem kindlichen Cousin die Waren, die sie offensichtlich mitnehmen wollte, anvertrauen? Oder sollte er etwa... in Eleynas Rücken stehen, die gesamte Fahrt über?!
Als könnte sie Gedanken lesen... oder sich schlichtweg vorstellen, welche davon bei ihrem unfreiwilligen Gast herum spuken würden, deutete sie mit dem Kinn auf den Mischling. "Er muss lenken. Da hat er keine Zeit für Blödsinn.", meinte sie schlicht und stapfte damit zu ihrem Schlitten, um aufzusteigen und ihre eigenen Zügel in die Hand zu nehmen.
Als hätte er darauf nur gewartet, obwohl er ihnen beiden den Rücken zugewandt hatte, taute auch Arvid auf und ging wortlos zu seinem ihm zugewiesenen Posten. Stur darauf bedacht, seine Halbschwester nicht anzusehen, griff er nach den Zügeln und wartete auf das Zeichen zum Aufbruch. Noch waren die Tore geschlossen, aber das Licht wurde merklich besser und es war nur noch eine Frage von Minuten, bis es endlich soweit wäre.


Die Tore öffnen sich für Eleyna nach Mitfahrgelegenheit gesucht
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