Auf den Eisfeldern

Einst war dieser Landstrich grün und schön wie alle anderen. Doch als sich der Drache zum bislang ewigen Schlaf bettete, liegt dieses Gebiet unter einer glitzernden Schneedecke. Es ist kalt und frostig. Hier leben die Eiselfen, aber auch die tapferen Mantroner.
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Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Montag 29. August 2011, 23:43

[kommen von Estria – auf der Suche]

Die ersten Meilen ihrer Reise waren eine elende Plackerei. Sie hatte ja ihre Eltern in der Nacht verlassen müssen, ohne sich selbst noch einmal eine Mütze Schlaf zu gönnen. Auf der Karte waren in der Ecke, die das Eisreich darstellte, keine Wege eingezeichnet, denn weder Elfenhand noch Menschenhand hatten hier Wege angelegt. Die meisten, die die Estria verließen und weiterwollten – also die Händler und die Jäger – gebrauchten Hundeschlitten und die Routen, auf denen die Landschaft angenehm zu befahren war, waren denen bekannt.

Während sie in der Dunkelheit über die Eisfelder lief und dabei nur eine grobe Ahnung hatte, wo der Nordosten lag, denn sie hatte weder Kompass, noch Kenntnisse der Sterne, fegte der eisige Wind um ihre Ohren und zerrte an ihrem Leib. Die Kälte kroch langsam in ihre Glieder.

Noch schlimmer war aber die Müdigkeit, die gepaart mit der sich kaum verändernden Umgebung und dem Mangel intelligentem Lebens zu einer Unaufmerksamkeit führte: In einem Tal auf einem Eisfeld trat sie gerade mit dem rechten Fuß auf, als es plötzlich ein Knacken gab und das linke Bein, das ihr Gewicht unterdessen trug, mit einem Schlag bis zum Oberschenkel im Boden zu versinken schien. Sie fühlte Nässe, mit der sich ihr Schuh voll sog, und eine Kälte, die unverzüglich ihr Bein taub werden ließ.
Offenbar war unter einer mit Pulverschicht bedeckten dünnen Eisschicht flüssiges Wasser und mit ihrem linken Fuß war sie eingebrochen. Es sah leider nicht so aus, als könnte sie das Bein mir nichts dir nichts herausziehen, um dann einfach weiterzulaufen. Jetzt war Vorsicht geboten. Aber allzu lange Zeit sollte sie sich nicht lassen.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Dienstag 30. August 2011, 10:14

Erschrocken japste Xiara auf, als sie das Gleichgewicht verlor und in das Eis unter sich einbrach. Das eisige Wasser drang in ihre dünne Leinenkleidung ein und sie hatte schon nach wenigen Augenblicken kein Gefühl mehr im linken Bein. Zitternd versuchte sie einen Halt zu finden, griff mit den Händen in den Pulverschnee, doch die Ebene vor ihr, die nicht eingebrochen war, war glatt und bot keinen Halt.
Fluchend und bangend versuchte sie sich hochzuhieven, krallte sich mit den Fingernägeln in die Eisschicht und rutschte im nächsten Augenblick wieder ab und zurück in das Wasser. Sie atmete hektisch und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sollte es das schon gewesen sein? Nein... das konnte nicht sein! Wegen so einem dummen Missgeschick?
Fieberhaft begann sie zu überlegen, griff dabei immer wieder von vorne in die Schneeschicht, in der Hoffnung doch noch einen Halt zu finden, denn ihr Fuß hatte auf jeden Fall keinen.
Bibbernd griff sie mit der rechten Hand an ihren Gürtel und zog den kleinen, silbernen Dolch hervor. Ihr fiel jede Bewegung sichtlich schwer.
Trotzdem rammte sie den Dolch in die Eisschicht vor sich und versuchte sich somit aus der Einbruchsstelle zu ziehen.

Keuchend und atemlos blieb sie einige Meter von der Einbruchsstelle entfernt liegen, drehte sich auf den Rücken und presste die Augen zusammen.
Ihre Hose hatte sich fast gänzlich mit dem Eiswasser voll gesogen, ihr Bein fühlte sich taub an, zugleich brannte ihr Fleisch.

Wenn sie schon jetzt in Gefahr geriet, wollte sie nicht wissen, was noch auf sie zu kam.

Xiara zog die Beine an den Oberkörper an und zog das Cape über ihren Oberkörper. Sie war zu erschöpft, um weiter zu gehen. Und es war zu dunkel, um genug zu sehen. Nur ein paar Stunden Schlaf... Nur ein bisschen Schlaf, schoss es ihr durch den Kopf, ehe sie in einen traumlosen Schlaf entglitt...

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 1. September 2011, 10:15

Der Halbelfe gelang es, ihr Bein herauszuziehen, wenn auch mit Mühe. Es war klatschnass und fühlte sich taub an. Der Rest ihres Körpers zitterte wegen der Unterkühlung. Vermutlich nicht der beste Zeitpunkt, um ein Nickerchen einzulegen.

Als sie erwachte, war wieder hell. Der Himmel war von einem einheitlichen Grau, die Wolken ließen nur wenig Licht durch, das sich gleichmäßig verteilt hatte. Den Stand der Sonne konnte man nicht erkennen. Es hatte geschneit, denn auf ihrem Leib lag eine dünne Schneeschicht.
Bei genaueren Betrachten war der Boden des Tals ziemlich eben und wenn überall Wasser unter einer Eisschicht wartete, dann hieß das, dass es sich hier um einen zugefrorenen See handelte. Vermutlich ein Salzwassersee, denn sonst wäre die Eisschicht viel dicker. Und das bedeutete, dass sie sich noch immer auf einer dünnen Eisschicht über eiskaltem Wasser befand.

Der Wind peitschte über sie und es war schrecklich kalt. Kälte kam vom „Boden“ und von der Luft. Die Nässe war wenigstens fort – nur unglücklicherweise verdunstete Wasser im Eisreich nicht, sondern es gefror. Was wiederum bedeutete, dass der ganze Stoff, der nass geworden war, nun erhärtet war. Und zusätzlich hing ein Teil ihrer Hose am Boden fest, weil sie darauf gelegen war und dieser festgefroren war.

Aber nicht nur die äußeren Umstände waren katastrophal – sie litt offenbar schon an einer Unterkühlung und zusätzlich musste sie husten und ihr Hals fühlte sich rau an. Wenn sie sich erhob, musste sie erst einmal mit Schwindel rechnen.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Donnerstag 1. September 2011, 13:35

Brummend schlug Xiara die Augen auf. Ihr Kopf dröhnte und sie hatte das Gefühl, dass ihr jemand mit einem Fels darauf geschlagen hatte. Blinzelnd sah sie sich um und blieb an der Einbruchsstelle von letzter Nacht haften. Dann wanderte ihr Blick zu ihrer Hose.
Ein leichtes Schnauben entfloh ihr, als sie versuchte, ihre festgeeiste Kleidung vom Boden zu lösen. Abermals versuchte sie es, diesmal mit mehr Energie. Ihre Leinenkleidung riss ein Stück weit ein, doch das kümmerte sie nicht. Langsam erhob sie sich, taumelte hin und her, denn plötzlicher Schwindel überkam sie und nahm ihr den Gleichgewichtssinn. Sie stolperte zurück und sackte auf den Boden zurück. Keuchend blieb sie hocken und starrte für eine Weile vor sich her. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf, doch keinen davon konnte sie wirklich greifen und verarbeiten.
Dann aber wanderte ihre Hand zum Wasserschlauch und sie nahm einen kräftigen Schluck daraus, in der Hoffnung das Kratzen in ihrem Hals würde nachlassen. Zitternd rieb sie sich die Arme.
"Tolle Idee...", grummelte sie vor sich her und rügte sich selbst. Wie konnte man nur so dumm sein und in dieser eisigen Kälte einschlafen?
Sie stellte ihren Fuß auf und stützte sich auf dem Knie ab. Diesmal schaffte sie es, sich aufzurichten, doch ein verräterisches Knacken drang an ihr Ohr. Ihre Augen weiteten sich und sie warf den Kopf über die Schulter. Hinter ihr auf dem Boden durchzogen kleine Risse diesen. Vorsichtig stellte sie sich nun gänzlich auf und griff nach ihren Schwertern und ihrer Tasche.
Wieder dieses Knacken.
Xiara hörte ihren eigenen Herzschlag und spürte selbiges in ihrer Brust. Es schmerzte fast vor Aufregung.
Langsam setzte sie einen Fuß nach vorn.
Abermals Knacken... diesmal lauter. Und es wiederholte sich.
Ihr Puls schoss nach oben und ohne großartig nachzudenken, rannte die Halbelfe los. Hinter ihr brach die dünne Eisschicht, die sie zuvor noch gehalten hatte, ein. Und schien sie zu verfolgen.
So schnell sie konnte, rannte sie über den zugefrorenen See, warf dabei immer wieder einen Blick über die Schulter. Das Eis brach mit einer Macht hinter ihr ein, welche sie mit in die Tiefe gerissen hätte, wenn sie nicht schnell genug wäre.
Keuchend hechtete sie über die Einsturz gefährdete Eisfläche. Dort vorne schien es wieder uneben zu werden. Würde sie dort wieder festen Boden unter den Füßen haben?
Mit letzter Kraft rannte sie auf das vermutete Ende des See's zu. Hinter ihr brach die glatte Eisfläche zusammen und wurde von den tiefen des See's verschluckt.
Atemlos blieb sie auf der kleinen Erhöhung liegen und starrte fassungslos auf die immer kleiner werdende Eisfläche hinter ihr. Diese war nun gänzlich zusammengebrochen und gab den See frei.
"Das war knapp...", keuchte Xiara und ließ sich hustend zurück in den Schnee fallen.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Samstag 3. September 2011, 22:24

Der See war hinter ihr zusammengebrochen. Die Eisschollen hatten sich getrennt und waren versunken, zermalmten sich gegenseitig oder lagen in der Schräge. Doch nach einigem Blinzeln änderte sich die Lage doch seltsamerweise:
Die Ebene war wieder glatt und spiegelte das matte Sonnenlicht. Die Eisschicht über dem See war unversehrt - abgesehen von einem kleinen Loch, wo ihr Fuß eingebrochen war, das nun aber wieder annähernd zugefroren war. Und da war sogar noch einen Fetzen Leinen, der am Boden fest hing.
Hatte sie sich das alles nur eingebildet? Man sagte ja, dass man im Fieberwahn halluzinierte und ihre Stirn strahlte wirklich eine bemerkenswerte Hitze aus. Was auch immer sie sich eingefangen hatte, ein gewöhnlicher Schnupfen war es nicht. Sie schwitzte trotz der Kälte ziemlich stark und musste am ganzen Körper zittern.

Sie müsste bald einen Unterschlupf finden, irgendwo wo es warm war; wo es trocken war. In diesem Zustand würde sie es selbst im günstigen Fall, also wenn sie wusste, in welche Richtung genau sie gehen musste, nicht zur Grenze schaffen.

Im Tageslicht war wenigstens die Umgebung zu erkennen. Einige Hügel standen aus der flachen Landschaft hervor, während die Täler allesamt die charakteristische Flachheit eines zugefrorenen Sees hatten. In keiner Richtung gab es heraus stechende, geographische Besonderheiten. Würde man sich nicht von den Erhebungen herunterwagen, wäre man gezwungen ungünstige Umwege zu laufen. Dagegen lief Xiara bei den zugefrorenen Seen Gefahr, erneut einzubrechen und vielleicht nicht mehr so viel Glück zu haben. Außerdem könnte man von dort unten nicht mehr die Landschaft überblicken.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Sonntag 4. September 2011, 19:50

Sie fror am ganzen Körper und hatte zugleich das Gefühl, innerlich zu verbrennen. Dieses verdammte Fieber. Hatten ihre Sinne ihr einen Streich gespielt? War sie gar nicht in Gefahr gewesen?
Zitternd rieb sie sich über die kalten Arme und sah sich auf der flachen Ebene um. Weit und breit nichts zu sehen. Zurück zu gehen kam für sie nicht mehr in Frage. Viel zu weit war sie gekommen. Also blieb nur die "Flucht" nach vorn.
Langsam setzte sie ihre Füße in Bewegung und wattete durch den hohen Schnee.
Zwar gab die Sonne ein bisschen Wärme ab, doch nicht genug, um sie gänzlich aufzutauen.
Ihre Glieder fühlten sich noch immer steif an. Das Kratzen in ihrem Hals steigerte ihre Gemütsverfassung auch nicht gerade.
Schnaubend stieg sie durch den Schnee und sah sich dabei immer wieder um. Schnee, nichts als Schnee. Xiara hoffte, dass sie in die richtige Richtung gehen würde, war sich dessen aber gar nicht mehr so sicher. Was war, wenn sie die ganze Zeit im Kreis ging? Es gab nichts, an dem sie sich orientieren konnte.
Sie stieg den kleinen Hang hinunter und maschierte durch die Schneeanhäufungen. Ob hier jemand mal eine Art Weg angelegt hatte? Zumindest hatte es jemand mal versucht.
Suchend folgte sie dem Weg und kniff die Augen zusammen.
Weit entfernt sah sie kleine Rauchschwaden, die gen Himmel empor stiegen. Brannte dort ein Kamin?
Ihr Herz schlug für einen Augenblick schneller, als sie unweigerlich an heißen Ingwertee dachte und an ein warmes, gemütliches Bett. Ihr Gang beschleunigte sich, doch sie kehrte schnell zu ihrem normalen Schritttempo zurück. Ihr fehlte einfach die nötige Energie und Kraft schneller durch den kniehohen Schnee zu stapfen. Keuchend scheuchte sie sich weiter, animierte sich immer wieder dazu weiterzugehen, nicht aufzuhören und sich einfach fallen zu lassen.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 7. September 2011, 23:08

Ein kleiner Rauchstrom, der gegen Himmel gerichtet war, konnte vielleicht die Hoffnung auf Rettung darstellen. Es war vielleicht ein großes Haus in der Entfernung, das einen Kamin und eine warme Stube versprach. Aber vom nächsten Hügel stellte sich heraus, dass diese Vorstellung vielleicht etwas zu hoch gegriffen war. Es war kein weit entfernter dicker Qualm, sondern ziemlich in der Nähe. Die Rauchfahne war relativ dünn, was wiederum den Eindruck von großer Distanz erweckt hatte.
Die Quelle war im nächsten Tal, also einen der zugefrorenen Seen. Es war kein Haus, keine Hütte, sondern ein Iglu, dessen Oberseite eine kleine Öffnung für den Qualm besaß. Der See, dessen Eis wohl dick genug war, um diese Schneekuppel zu tragen, würde auch Xiara einen sicheren Übergang garantieren.

Ein Iglu versprach keine wohlig warmen Temperaturen, aber Iglus boten Schutz vor dem Wind und obwohl es aus gefrorenen Wasser bestand, konnte man in einer solchen Unterkunft Temperaturen etwas über dem Gefrierpunkt erreichen, ohne dass einem die Decke weg schmolz.

Der Eingang war mit einem Pelz verhangen, um die kalte Luft außerhalb nicht hereinzulassen. Im inneren lagen ebenfalls warme Pelze auf dem Boden, bis auf eine Stelle, wo eine Lampe brannte, die den dünnen Rauch verursachte, der aus der kleinen Öffnung an der Oberseite der Kuppel kam. An einer anderen Stelle wiederum war eine Öffnung ins Eis geschlagen, in die die Besitzerin eine Schnur hineintauchen ließ – offenbar fischte sie so.
Die einzige Bewohnerin des Iglus war eine alte Frau. Sie hatte graues, extrem langes verfilztes Haar, dunkle Haut, lange, schmutzige Fingernägel und braune Augen. Diese Augen waren auf den Neuankömmling gerichtet – zusammengekniffen und unfreundlich.
„Verschwinde…“, zischte sie. „Hau ab.“
Sie saß bloß da, sie drohte nicht und sie wirkte nicht, als könnte sie in ihren alten Jahren irgendjemanden noch von etwas abhalten.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Samstag 10. September 2011, 12:29

Neugierig hatte Xiara das Iglu betreten. Kurz blickte sie sich um, ehe sie die alte Frau entdeckte, die auf einem der Felle saß und sie unfreundlich anstarrte. Leicht erschrocken zuckte die Halbelfe zusammen und ging dann in die Hocke.
"Verzeiht mein unerlaubtes Eindringen. Ich habe Rauchschwaden gesehen und suchte nach einem Unterschlupf. Fürchtet Euch nicht, ich möchte nichts Böses von Euch, alte Frau.", sprach sie vorsichtig und räusperte sich. Das Kratzen in ihrem Hals nervte sie. Sie beobachtete die Reaktionen der Alten, doch diese schien wie aus Stein gemeißelt. Ihr Gesicht war extrem faltig und ihr braunen Augen weiterhin zu Schlitzen verengt. Xiara betrachtete die alte Frau weiter und bemühte sich, dass Gesicht nicht zu verziehen, als ihr Blick auf die dreckigen Fingernägel fielen. Und gut zu riechen, schien die Frau auch nicht.

Quälende Minuten, so kam es Xiara vor, regte sich rein gar nichts. Nur das kleine Feuerchen hörte sie vor sich hin prasseln und den kalten Wind draußen vor dem Iglu.
Als auch nach weiteren Augenblicken keine Antwort kam, riss sich Xiara zusammen. Es war ungewohnt für sie, einen Schritt auf andere Wesen tun zu müssen. Dennoch rutschte sie noch ein Stück zur alten Frau hin und reichte ihr die Hand.
"Ich bin Xiara aus Estria. Ich bin auf dem Weg zur Grenze, doch ich glaube, ich habe mich verlaufen.", sprach sie heiser und lächelte leicht beschämt. "Wer seid Ihr? Und könnt ihr mir sagen, wie ich zur Grenze komme?"

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Gestalt » Montag 12. September 2011, 21:56

Noch immer funkelten die Augen der Frau. Sie saß bewegungslos da, um die eine Hand hatte sie sich die Schnur gewickelt, mit der sie fischte, die andere war in einigen Fellen vergraben. Das Feuerchen hüllte sie in einen orangefarbenen Schein.
Was auch immer in der Frau vor sich ging, sie ließ es sich kaum anmerken, aber sie meinte bald: „Was auch immer du da gesagt hast, es klang, als würdest du mit einem kleinen Kind reden. Das kannst du dir sparen.“

Die Flammen in der Lampe loderten ein bisschen höher und wurden unregelmäßiger. Die Frau war uralt, aber die Gehässigkeit war noch immer ein reger Bestandteil ihrer Persönlichkeit. Und ihre Zunge war allemal schneller als der Rest ihres Körpers. Verstand hatte sie ebenso noch.

Als Xiara versuchte, sich ihr anzunähern, wurde die Frau verärgert. „Finger weg von mir! Du kommst gegen meinen Willen in mein Iglu und jetzt wagst du es auch noch…“ Das Feuerchen der Lampe wurde wild und spritzte Funken. Dann wurde es schlagartig wieder ruhig. Die Frau stockte in ihrer Rede. Ihr Blick war nämlich auf das Handgelenk gefallen, wo die Ausläufer der Verfärbung sichtbar waren. Die Greisin verzog keine Miene, aber irgendwie hatte die Sichtung schon Einfluss auf sie gehabt, wenn auch es nicht ersichtlich war, was der Fund innerlich bei ihr ausgelöst hatte.

„Mit deinem eisigen Gesäusel kommst du bei mir nicht weit. Sprich gefälligst Celcianisch, wie jeder vernünftige Mensch. Dann kann ich dich auch verstehen. Wie würde es dir denn gefallen, wenn ich dir mit Sendli die Ohren voll plappere? Oder halt besser gleich den Rand.“

Aber etwas an dieser Tirade war unecht, vielleicht weil sie so lang war, obwohl die Sprecherin vorher kaum Atem an die unerwünschte Besucherin verschwendet hatte. „Kannst du überhaupt Celcianisch? Es gibt ja so ein paar Hinterwäldler, die nicht mal das schaffen. Aber echte Hinterwäldler können sich wenigstens in ihrem Terrain aus und brauchen nicht die Hilfe von einer Exi… ähm einer alten Frau.“
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Dienstag 13. September 2011, 06:39

Kurz war sie dazu verleitet, einfach aufzustehen und wieder zu gehen. Doch irgendetwas hielt sie davon ab, das Iglu einfach wieder zu verlassen. Stattdessen starrte sie die alte Hexe verwirrt an und bleckte dabei unabsichtlich die Zähne.
"Natürlich kann ich auch Celcianisch!", entgegnete sie der Alten bissig.
Langsam ließ sie sich zurück auf ihr Gesäß fallen, wandte den Blick dabei aber nicht von ihr ab. Stumm zog sie den Ärmel ihrer Tunika herunter, als sie den Blick der Greisin auf ihrem Unterarm spürte. Irgendetwas an ihr interessierte sie brennend. Vor lauter Faszination war es ihr einfach nicht möglich, den Blick abzuwenden. Obgleich sie die Alte für hässlich befand, so war sie doch vor Hässlichkeit fast schon wieder schön.
"Also noch einmal: Verzeiht, dass ich in euer Iglu eingedrungen bin, aber ich habe nach einem Unterschlupf vor der Kälte gesucht. Ich habe mir bei den Minustemperaturen wohl eine Grippe zugezogen. Außerdem kam Rauch aus dem Iglu. Ich ging davon aus, dass hier jemand lebt. Ich wollte Euch mit Sicherheit nichts böses.", versuchte sie freundlich zu bleiben und erwiderte den ausdruckslosen Blick der Greisin. "Wer seid ihr und warum lebt ihr hier allein?"

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Gestalt » Donnerstag 15. September 2011, 21:55

Die Alte blieb unfreundlich und grimmig, aber sie tat nichts, um Xiara davon abzuhalten, es sich bequem zu machen.
„Selbst wenn du mir etwas Böses wolltest, würde es dir nicht gelingen, es mir anzutun. Ich schlafe mit einem Augen offen, habe zwei Augen am Hinterkopf und bin mit allen Wassern gewaschen.“

„Warum wird wohl jemand hier allein leben wollen, Liebstes? Ich bin auf der Flucht vor dem Gesetz. Offenbar ist es in manchen Gegenden Celcias nicht ganz legal, junge Frauen umzubringen, die ihre Nasen in Angelegenheiten stecken, die sie nichts angehen. Aber hier draußen gibt es kein Gesetz, hier könnte man jemand einfach in ein Eisloch stecken und warten, dass die Öffnung zufriert. Ein Eisloch wie dieses hier. Hahaha, das würde ich natürlich nie tun.“
, meinte die Greisin mit dem skurrilem Sinn für Humor. Der Umstand, dass sie keine Miene dabei verzog, tat sein übriges, um die Scherze eher makaber wirken zu lassen.
„Dann könnte ich nämlich hier nicht mehr fischen.“

Wie aufs Stichwort gab es einen Ruck durch die Schnur. Mit purer Zähigkeit wickelte die Frau das Seil auf, bis der Fisch am Ende seiner Kräfte war – man konnte aber auch Schweißperlen auf der Stirn der Frau erkennen – und herausgezogen war. Urplötzlich hatte sie einen kleinen Hammer zu Hand – er war irgendwo zwischen den Fellen versteckt gewesen – und schlug dem Fisch, der zwei Handbreit lang war, damit so auf die Wirbelsäule, dass er sofort tot war.
Den Fisch legte sie auf die den Metallschirm der Lampe, die – ohne dass die Frau sichtbar irgendeinen Mechanismus auslöste – eine viel größere Flamme hervorbrachte, auf der man den Fisch braten konnte.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Donnerstag 15. September 2011, 22:17

Xiara starrte die Alte eine Weile lang stumm an. Dann schien sie sich wieder gefasst zu haben. Viel zu gebannt war sie von dem Vorgehen der Greisin gewesen. Sie schien schon lange hier zu leben.
"Ihr habt... Mädchen getötet? Warum?", fragte sie dann heiser. Ihre Stimme klang belegt und war kaum hörbar. Die junge Halbelfe verengte die Augen zu Schlitzen und setzte sich in den Schneidersitz gegenüber der Frau. Sie beobachtete jede Bewegung, zuckte kurz zusammen, als sie das widerliche Geräusch hörte, dass das Brechen der Wirbelsäule des Fisches verkündete.
"Ihr seid vor dem Gesetz geflohen. Man hat Euch nicht enthauptet. Wie habt ihr das geschafft? Und warum verdammt nochmal, bringt ihr Mädchen um?", sie wusste, dass sie sich wiederholte, doch es wollte ihr einfach nicht in den Schädel. Sie suchte zwar nach einer Erklärung, doch es kam ihr keine.
War die Alte wohl möglich geistig krank? Eine Verrückte? Manchmal konnte es vorkommen, dass man in der Einsamkeit verrückt wurde. Doch wie kam es, dass eine augenscheinlich schwache, alte Frau Mädchen umbrachte?
Der Halbelfe traten Schweißperlen auf die Stirn, als die Flammen aufzüngelten, doch sie bemerkte es nicht.
Sie hatte ohnehin das Gefühl, innerlich zu verbrennen. Das Fieber schien anzusteigen. Kurz presste sie die Augen zusammen und atmete tief ein. Dann blinzelte sie und starrte die Greisin weiterhin an.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Gestalt » Sonntag 18. September 2011, 10:39

Dass die Eiselfe so geschockt reagierte, nahm die alte Frau mit einem Grinsen zur Kenntnis. „Verstehst du denn nicht? Das war ein Scherz. In Anlehnung an die Tatsache, dass DU eine junge Frau bist, die ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts angehen.“
Sie wendete den Fisch auf der Flamme. „Dich hat man wohl als Kind zu heiß gebadet, nicht wahr? Oder bist du überhaupt eine junge Frau? Bei euch Elfen, da erkennt man nur schwer den Unterschied zwischen 19 und 90.“

Die Greisin blickte sie prüfend an, kurz schwenkte der Blick auf den verborgenen Unterarm, dann wieder zurück. „Außerdem habe ich noch nie in meinem Leben gemordet. Jedenfalls nichts auf zwei Beinen. Ein paar tausend Fische vielleicht und die Träger dieser warmen Pelze.“

Ihr Blick wurde kurz glasig, dann fasste sie sich wieder und die Hitze in ihren Augen trat erneut in den Vordergrund. „Und ich werde auch nicht mit dem Morden anfangen, indem ich dich in dem Zustand raus schicke. Wenn du also wenigstens so tust, als hättest du etwas im Kopf und wenn du schön still bleibst, dann kann ich deine Anwesenheit möglicherweise weiter ertragen.“

Man sah, dass sie sich wirklich überwinden musste, dieses kleine Zugeständnis zu machen. Sie verkniff die Augen dabei und ihre Mundwinkel wirkten gequält.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Sonntag 18. September 2011, 12:17

Xiara schnaubte erleichtert und spürte im gleichen Augenblick, wie sich ihr Körper ebenfalls entspannte.
"Das war nicht lustig.", erwiderte sie verbissen. Sie beobachtete die alte Greisin während diese die Fische auf der Flamme herumdrehte. Dann hob sie die Hände und genoss die Wärme, die von den Flammen herkam und ihre Haut aufwärmte. Ihre Finger fühlten sich nicht mehr so taub an.
"Ich bin 21. Keine 90. Es gibt viele Eiselfen in Estria die sehr alt sind, bei manchen war ich mir nie sicher, wie alt sie wirklich waren. Ich bin mir nicht einmal sicher, wie alt ich werden könnte.", sprach die junge Halbelfe und folgte dem Blick der Greisin auf ihren Unterarm. Sie verzog den Mund und presste ihre linke Hand drauf. "Nun... habt Dank, dass ich für eine Weile bei Euch bleiben darf."
Dann tat sie wie ihr geheißen und schwieg und starrte dabei in die Flammen, beobachtete ihren Tanz und schien in Gedanken zu versinken. Ihr Blick wurde leer und starr. Sie dachte darüber nach, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, Estria zu verlassen. Das sie die alte Frau gefunden hatte, war reines Glück gewesen, es hätte auch anders laufen können. Ganz anders. Und wenn sie daran dachte, wieder in die eisige Kälte raus zu müssen, gefror ihr Blut schon jetzt. Xiara hatte keine Ahnung, wie lange es noch dauern würde, bis sie die Grenze erreichte. Ob sie diese überhaupt erreichte war dann auch nochmal eine andere Frage. Sie vermisste ihre Eltern, ihre Mutter die ihr mit Sicherheit wärmende Felle gegeben hätte und ihr eine heiße Milch gemacht hätte. Ihren Vater, der in die Stadt gegangen wäre, um heilende Kräuter zu kaufen. Sie biss sich auf die Unterlippe. Bei allem was ihr heilig war, sie war so verwöhnt! Am liebsten hätte sie sich selbst geohrfeigt. Es war jetzt einmal so, wie es war. Sie hatte es sich selbst ausgesucht.
Seufzend sank sie zurück auf den Po und blinzelte. "Wie lautet eigentlich euer Name?", fragte sie dann die Greisin und fixierte diese mit ihren Augen. Normalerweise hatte sie kein Problem damit, eine Weile still zu sein, doch irgendwie machte sie diese Stille zwischen ihr und der Alten nervös.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Gestalt » Dienstag 20. September 2011, 11:03

Der Fisch war nun fertig. Die alte Frau packte ihn an der Schwanzflosse und nahm ihm vom Feuer, das auch wieder ruhiger wurde. Die Greisin hatte kein Essbesteck zu Hand. Mit dem Angelhacken öffnete sie den Bauch des Fisches and aß mit den Fingern Stücke des Filets. Xiara bot sie nichts davon an.
Sie aß gemütlich den Fisch, wobei sie schmatzte und sich den Mund am Ärmel abputzte. Offenbar dachte sie auf einmal daran, dass sie einen Gast hatte: Sie hielt inne und blickte die Halbelfe an. Dann zuckte sie mit den Schultern und schmatzte weiter unappetitlich vor sich hin. Nach der für eine alte Person reichhaltigen Mahlzeit legte sie die Überreste sorgsam zur Seite. Sie nahm sich einige gute Stücke – darunter auch die Kiemen und Fettstücke beiseite und warf den Rest des Fisches ins Loch, um wieder neue Fische anzulocken. Sie piekste etwas von den Stücken, die sie übrig gelassen hatte auf den Angelhaken, den sie erneut auswarf.

„Mein Name ist Audax Caloris.“, erklärte die alte Frau, wobei sie erneut aussah, als würde diese Offenlegung ihr sehr unangenehm sein. „Aber rede nicht so viel mit mir. Du magst vielleicht glauben, dass ich eine harte Schale und einen weichen Kern habe, aber dem ist nicht so. Mein Kern ist noch härter – so hart, dass meine harte Schale sich jeden Abend in den Schlaf weinen muss, wenn er daran denkt, zu was mein Kern alles in der Lage ist.“

Die nächsten Tage könnten ereignislos ablaufen, die alte Frau war still und es würde keine Störungen von außen geben. Es stellte sich heraus, dass sie eine Selbstversorgerin war, die in dem Eisloch fischte und sich somit ernährte. Das Eisloch bearbeitete sie gelegentlich mit dem Hammer, damit es nicht zufror. Die Lampe brannte weiter ohne sichtbar Brennstoff zu benötigen.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Dienstag 20. September 2011, 21:11

Die Halbelfe beobachtete die Alte, sie spürte das Gluckern in ihrem Magen, doch sie unterdrückte das Hungergefühl. Sollte sie doch essen was sie wollte, zur Not konnte sie noch ein Stück Brot essen, welches sie sich lieber sparte.
Xiara blinzelte immer wieder und versuchte die Augen offen zu halten, doch das Fieber war in ihre Knochen gekrochen und eine unsägliche Müdigkeit machte sich in ihrem Körper breit. Sie hatte nicht mehr die Kraft, großartiges zu vollbringen und so lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die Wand des Iglus und verschränkte die Arme vor der Brust. Immer wieder riss sie die Augen auf, wenn sie merkte, dass sie einschlief. Doch irgendwann konnte sie der Sehnsucht nach Schlaf nicht mehr stand halten und schloss komplett die Augen.
Sie vergaß alles um sich herum, es war ihr auch egal, wenn die Greisin ihre Tasche durchsuchen würde, oder sonst irgendetwas tun würde. Alles war ihr gleich. Sie wollte nur noch schlafen. Xiara sank in einen tiefen Schlaf, während draußen vor dem Iglu ein Schneesturm tobte.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Freitag 23. September 2011, 12:15

Der Schlaf, in dem sie fiel, schien nicht aufzuhören. Das Fieber hatte ihren Körper übermannt und selbst wenn sie nicht schlief, arbeitete ihr Verstand nur mühevoll und die Umgebung war unverständlich. Häufig wiederkehrend war ein harter Griff – immer gefolgt von warmer Flüssigkeit, die ihr eingeflößt wurde und die nach Fisch schmeckte.

Als sie schließlich endgültig erwachte, war es vermutlich einige Tage später, aber genau konnte man es nicht sagen. Das Fieber war verschwunden, die Stirn trocken und lauwarm. Xiara war dick in Fellen eingewickelt und der Geruch von getrocknetem Schweiß kam von ihnen. Sie hatte beinahe alle Flüssigkeit, die sie in letzter Zeit aufgenommen hatte, aus den Poren wieder heraus gejagt.
Im Iglu war das Eisloch wieder zugefroren. Neben der Halbelfe lag ein Blechbecher, in dem die Fischsuppe gekocht worden war. Xiaras Gepäck war entgegen aller Erwartung nicht angerührt worden. Die Lampe aber stand nicht mehr an ihrem Stammplatz.

Die Lampe befand sich jetzt bei der alten Frau. Sie hatte die Arme um das Gefäß geschlungen, welches das kleine Feuer hielt. Audax, sofern das ihr richtiger Name war, war ebenfalls in Felle eingewickelt. Ihre Augen waren glasig und leer, ihre Stirn schweißüberströmt und gerötet. Ihre Nase lief, aber sie tat nichts dagegen. Das einzige Lebenszeichen, das von ihr kam, war ein ständiges Zittern. Es waren die gleichen Symptome.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Freitag 23. September 2011, 17:38

Es dauerte eine Weile, bis sich ihr Blick geklärt hatte und sie nun mehr als nur die unscharfen Umrisse erkennen konnte. Endlich war dieses Gefühl der Mattheit vorbei. Langsam strich sich Xiara die Haare aus dem Gesicht, die an ihrer Stirn festklebten und sah sich um. Wie lang hatte sie bloß geschlafen? Waren es nur Tage gewesen, oder schon eine ganze Woche? Es kam ihr zumindest vor wie eine halbe Ewigkeit.
Zwar war das Fieber nun völlig gewichen, aber eine gewisse Schwäche verspürte sie noch immer in den Gliedern. Sie musste erst einmal wieder zu Kräften kommen.
Ihre Gedanken verflogen binnen weniger Sekunden, als sie Audax erblickte, die mit triefender, roter Nase und tiefen Augenringen in Felle gekuschelt gegenüber saß und die Lampe umklammerte.
"Oh nein...", entfuhr es der Halbelfe und sie krabbelte auf allen Vieren zu der Alten, legte ihr die Hand auf die Stirn, die Audax versuchte weg zuschlagen und registrierte, dass es wohl nun auch Audax erwischt hatte. Xiara fuhr herum und erblickte die Schüssel mit Fischsuppe, die noch einigermaßen warm war. Sie holte das Schüsselchen und hielt es eine Weile an die Lampe, die immer noch von der Alten umklammert wurde. Nicht zum ersten Mal staunte Xiara, als die Flammen aufstoben und zu bemerken schienen, dass es etwas zum wärmen gab. Ob dies Magie war?
Stumm bestaunte Xiara das kleine Feuerspiel, so etwas hatte sie nie zuvor gesehen.
Dann zog sie die Schüssel von der Flamme weg und hielt sie Audax vor die Lippen.
"Hier, trinkt. Ihr habt mich gesund gepflegt, nun ist es meine Pflicht Euch zu helfen, Audax.", sprach Xiara und flößte ihr die Suppe ein. Erst als die Schüssel leer war, setzte sie ab und ignorierte das zornige Husten der Alten. Dann griff sie nach dem Eispickel und schlug mit aller Kraft auf das zugefrorene Eisloch ein. Nur mit Mühe schlug sie das dicke Eis auseinander und strich sich den Schweiß von Stirn. Sie tunkte zwei Lappen in das Eiswasser, um sie nass zu machen und begann abermals die Lampe in Anspruch zu nehmen. Sie legte die anderen Felle, die zuvor sie gewärmt hatten über Audax und wusch ihr die Stirn mit den warmen Lappen.
"Wollt ihr nicht ein bisschen schlafen?", fragte sie und sah die Alte besorgt an.
Auch wenn sie ihr fremd war, so war sie der Greisin zu Dank verpflichtet. Es verwunderte sie, dass sie Xiara gesund gepflegt hatte. Irgendwie hatte sie die Alte anders eingeschätzt.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Dienstag 27. September 2011, 21:46

Die alte Frau war zwar bisher recht rüstig erschienen, aber das Alter forderte nun mal seinen Tribut ein. Sie war noch schlimmer als Xiara betroffen und atmete nur noch mit Mühe. Ihre Augen waren müde und in die Ferne gerichtet. Die Flammen der Lampe waren nur noch klein.
Als die Halbelfe sich näherte, flackerte das Lebenslicht in ihren Augen und in der Lampe noch einmal auf. Ihre Stimme erklang krächzend. „Ich habe dir nicht aus Nettigkeit geholfen, sondern weil…“ Sie stockte. Es war offensichtlich, dass ihr kein schnippischer Spruch mehr einfiel. Langsam bröckelte ihre Fassade. „..weil es eine dumme Gewohnheit von mir ist.“ Sie keuchte.

An der Suppe verschluckte sie sich und musste stark husten. „Ich werde sterben. Ich weiß es, ich habe schon zu lange gelebt.“, stieß es plötzlich aus ihr heraus, als Xiara das Eisloch wieder aufschlug. Als diese die angefeuchteten Lappen auf die Lampe legte, tropfte etwas Flüssigkeit auf das Feuer. Audax wand sich dabei, als das Feuer zischte und sie ächzte laut auf.

Als sie sich wieder etwas beruhigt hatte, fing sie langsam an, wegzudämmern. „Schlaf…“, murmelte sie. Aber sie nickte nicht ein, sondern versank im Fieber. Gelegentlich murmelte sie vereinzelte Sätze. Wirres Zeug, unsinniges Geschwafel. Höflichkeitsfloskeln, Einkaufslisten, gelegentliche Schimpfwörter und auch sonst alles Mögliche. Nur ein paar Phrasen waren deutlicher als andere und man erkannte ein Funkeln in ihren Augen, als sie diese von sich gab.
„…raus und links zum Meer…“, „…ich war’s nicht, auch wenn’s jeder glaubt…“ „…Federzoni interessiert sich bestimmt für die Flecken…“

Bald sank sie fort und ihre Augen schlossen sich. Und es vergingen bloß einige Stunden, bis auf einmal die Lampe, dessen Feuer immer schwächer wurde, erlosch und nur das blasse Sternenlicht durch die Rauchöffnung des Iglus Helligkeit brachte. Audax Caloris hatte aufgehört zu atmen.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Xiara » Dienstag 27. September 2011, 22:39

Xiara zitterte am ganzen Körper vor Aufregung. Sie wusste nicht, wie sie Audax helfen konnte. Erschrocken war sie zurück gewichen, als die Flammen aufstoben und kurz danach kleiner wurden.
Immer wieder versuchte sie die Greisin bei Bewusstsein zu halten, doch es half alles nichts. Das Licht erlosch und mit den Flammen auch die Hektik in Xiara. Die Halbelfe hatte sich in die Nähe der Alten gesetzt, die Beine angezogen und den Kopf in den Armen vergraben.
Immer und immer wieder schossen ihr die letzten Worte von Audax durch den Kopf. Wer oder was war Federzoni? Und woher wusste Audax von den Flecken an ihrem Unterarm? Was hatte sie getan? Was wurde ihr angehangen? Seufzend hob sie den Kopf und warf einen Blick auf die Leiche der Alten.
Die Halbelfe wusste nicht, wie sie sie am besten begraben sollte. Hier im Eisreich gab es keinen Boden den sie hätte ausheben können, um sie dort würdig zu beerdigen. Xiara's Blick blieb an dem aufgeschlagenen Eisloch hängen. War das wirklich würdig? Sie schluckte schwer und griff nach dem Eispickel, um das Loch größer zu schlagen.
Es kam ihr vor wie eine halbe Ewigkeit, bis das Loch so groß war, dass sie Audax hinein sinken lassen konnte. Sie wickelte die Greisin in die Bärenfelle, steckte, warum auch immer sie das tat, die erloschene Lampe zwischen ihre verschränkten Arme und schob den Leichnam vorsichtig in Richtung Eisloch. Kurz vorher dachte sie noch einmal darüber nach, doch dann schüttelte sie den Kopf, schloss die Augen und versenkte die tote Audax im eisigen Wasser.
"Möge Eure Seele sicher wandern....", flüsterte sie, griff eilig nach ihrem Hab und Gut, packte sich das übrig gebliebene Bärenfell und warf es sich über die Schultern und verließ in Windeseile das kleine Iglu.

Der Schneesturm hatte aufgehört, doch die Kälte kroch binnen weniger Sekunden in Xiara's Knochen.
Was hatte Audax gesagt? Links zum Meer...
Die Halbelfe warf den Kopf zur Seite und fixierte den Horizont. Das Meer konnte nicht weit sein.
So stapfte Xiara durch den meterhohen Schnee, in das Fell gekuschelt und in Gedanken versunken, die sie doch nicht greifen konnte...

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Samstag 8. Oktober 2011, 21:42

Das Eisreich zeigte, warum es so hieß. Die tiefen Temperaturen waren allgegenwärtig und es gab nichts viel mehr als eintönige Landschaft. Aber mit dem letzten Hinweis der Greisin war zumindest die Orientierung abzuhaken.
Die Öffnung des Iglus wies grob in Richtung Süden und wer sich links hielt, der ging folglich nach Osten, wo man früher oder später auf das Meer stoßen musste. In diesem Fall sogar eher früher als später, denn es war keine Stunde Fußmarsch vergangen, da lag ihr schon der Rand der tiefblauen See zu Füßen. Der Strand bestand aus einer Sandbank, die sich wie Stein unter den Füßen anfühlte, weil das gefrorene Wasser die Sandkörner zusammenhielt. Es gab zwar noch keine nennenswerte Vegetation, aber es gab einige zähe Küstenvögel, die sich ihre Mahlzeiten vom Meer besorgen konnten.

Der Weg in Richtung Norden war durch die Küstenlinie vorgegeben und weil der Boden trittsicher war und weil gelegentlich eine alte Fischerhütte zum Übernachten zu finden war, wurde die Reise um einiges erleichtert. Die wenigen, vereinzelten Bewohner des Küstengebiets ignorierten oder mieden Xiara, während sie ihr tristes Dasein fristeten.

Die Luft verlor allmählich ihre raue Härte, es war nicht mehr bitterkalt, während das Eisreich hinter ihr zurückblieb. Mörderisches Schneegestöber wurde von trübem Nebel ersetzt. Die Erde ging auf und ab und war nur spärlich gefroren. Die Menschen würden weniger grimmig sein, sondern feiste Gesichter von guter Ernährung und zwergischen Bier tragen. Das war das Reich der Dunsthügel.

[kannst einen neuen Strang dort eröffnen]

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Sonntag 9. April 2023, 13:49

Eleyna kommt von Eine Seefahrt, die ist lustig...


Bei ihr im Boot befanden sich der Boss, die Plaudertasche, der mal wieder rudern musste, und, wie sollte es anders sein, der Bogenschütze. Im anderen Gefährt saßen ebenfalls vier Eiselfen, allesamt Kerle, und der Ruderer legte sich eindeutig mehr ins Zeug, denn sie schossen regelrecht an ihnen vorbei. Das hatte auch seinen Grund, denn sobald sie das Ufer erreicht hatten, sprang einer aus dem Boot und stapfte zu der Hütte hoch, um dort einige Dinge zu regeln, während die anderen den Vorrat ausluden und dafür sorgten, dass die Brandung ihren fahrbaren Untersatz nicht wieder aufs Meer hinaus trug.
Sobald auch sie angekommen waren, kümmerten sie sich ebenfalls darum, während der Boss gemächlicher die Düne hinauf stieg. Gefolgt von den beiden Crewmitgliedern und der Mischlingselfe. Ob sie gefesselt war oder nicht, hatte bei ihr gelegen, entkommen war sie jedenfalls nicht.
Kurz, bevor sie die Hütte erreichten, kam ein Mann, ebenfalls sichtlich ein Eiself, heraus, nickte dem Matrosen zu und ging zu dem Verschlag. Gemeinsam hantierten sie darin, bis sie nach wenigen Minuten insgesamt vier Schlitten, gezogen von je einem Rentier, herausführten.
Diese waren bei weitem nicht so wie diejenigen in Mantron, von kuschelig oder gar der Möglichkeit, die Reise bequem im Liegen zu verbringen, ganz zu schweigen! Nein, hier waren sie so geformt, dass es auf den Kufen einen kleinen, breiteren Holzbalken zum Sitzen gab, lange genug um einem Erwachsenen oder zwei Kindern Platz zu bieten, und dahinter genug Holz unter den Füßen zum Stehen. Nur ein Schlitten war anders, bot keinen Sitzplatz und sobald die Matrosen damit begannen, die Kuhle vor dem Stehplatz mit dem Proviant zu füllen, war auch klar, warum.
"Wie immer, meine besten Tiere.", wandte sich der Mann, scheinbar der Besitzer hier, an den Boss.
Die Frau nickte ihm zu und warf ihm einen kleinen Beutel zu, in dem es klimperte, als er ihn geschickt auffing. "In einer Woche kriegst du sie wieder.", erwiderte sie, sodass der Mann nickte und sich wieder in seine Hütte zurück zog. Nicht jedoch, ohne der Mischlingselfe einen kurzen, beinahe schon für seinesgleichen als überaus neugierig zu nennenden Blick zuwarf.
Die andere indes deutete auf eine Sitzbank. "Los, da ist dein Platz. Halt dich gut fest.", wies sie ihre Gefangene an. Wobei es darauf ankäme, für welche Reisevariante sie sich entschieden hätte. Wäre sie frei in ihren Bewegungen, könnte sie sich rittlings auf das Holz setzen und die beiden Holme, in denen die hochgezogenen Kufen endeten, als Handgriffe benutzen. Sollte sie allerdings gefesselt sein, wären ihre Hände fest an ihren Rücken gepresst, sodass ihr nichts weiter übrig bleiben würde, als sich die gesamte Fahrt über mit ihren Knien anzuklammern. Das kannte sie zwar vom Reiten, aber... je nachdem, wie lange ihr Weg dauern würde, würde ihre Muskulatur irgendwann überanstrengt nachgeben.
Oder sollte sie sich fallen lassen, um an geeigneter Stelle wegzulaufen? Ein Blick in die verschneite Ebene, durch die es wohl oder übel gehen würde, offenbarte ihr rasch, dass dies keine Option wäre, wollte sie keinen Pfeil im Rücken haben.
Denn natürlich kam der Schütze, auf einem weiteren Schlitten, gelenkt von der Plaudertasche, mit. Bis auf einen Mann, für den es aufgrund des Proviantschlittens keinen Platz gab. Wenngleich ihm nicht anzusehen war, ob er enttäuscht war oder das von Anfang an festgestanden hatte.
Nach wenigen Minuten also konnte die Fahrt losgehen und Eleyna erlebte das Vergnügen, wenn der Boss den Schlitten durch den Schnee lenkte und das Rentier zeigen ließ, welche Kraft in ihm steckte. Es lief schnell und die kalte Luft wehte ihr noch eisiger entgegen, während sie kein wärmendes Fell hatte, um sich davor zu schützen.
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Samstag 15. April 2023, 22:25

Es blieb reine Schikane, die sie erfuhr. Eleyna gab sich keiner Illusion hin, dass sie hier auf dem Schiff eine andere Behandlung erfuhr als es sämtliche Gefangene dieser Welt taten. Es gab nur zwei Möglichkeiten und wenn sie es genau bedachte, war ihr diese bedeutend lieber. Entweder man schikanierte sie oder aber folterte. Und Eleyna war zwar hart im Nehmen, doch wenn sie die Wahl hatte, dann würde sie weiterhin lieber stinkende Eimer leeren. Natürlich roch sie den beißenden Geruch, wusste, dass diese Eimer für sämtliche wiederkehrende Körperflüssigkeiten benutzt wurden. Doch was blieb ihr anderes? Sie war sich wohl bewusst, dass sie mit einer Weigerung nur Tür und Tor öffnete, für weitere und sicher weitaus schlimmere Gemeinheiten. Nein… Die Mischlingselfe war clever genug, um sich nicht davon leiten zu lassen, was ihre persönliche Toleranz anbelangte. Sie würde diese Eiselfen damit kriegen, dass sie sich nicht unterkriegen ließ. So schrubbte sie diese Eimer durchaus gewissenhaft, denn es wurde zu einem inneren Antrieb, diese Aufgabe so zu erfüllen, dass man ihr daraus gar keinen Strick würde drehen können. Das Brennen der Augen ignorierte sie, ebenso das Kratzen im Hals, aufgrund der Ausdünstungen, durch das Schrubben. Nur ein paar Mal hustete sie, ließ sich ansonsten aber nicht davon abbringen. Im Grunde hatte sie derzeit auch keine andere Wahl… Die Eiselfen saßen am längeren Hebel und zudem war Eleyna bewusst, dass sie derzeit nicht nur für sich Sorge trug. Wäre sie vielleicht noch nicht in anderen Umständen, hätte sie es womöglich auf eine Konfrontation ankommen lassen, doch so… Was wäre ihre Alternative? Schläge? Schmerzen? Womöglich Verletzungen, die ihr schlecht verheilten und Infektionen nach sich zogen, weil sie trotzdem die Latrinen putzte? Nein. Die Elfe beendete ihre Aufgabe und straffte die Schultern. Mit gerecktem Kinn funkelte sie der anderen entgegen und ließ das eisige Blau herausfordernd blitzen. Wenn sie die Aufgaben ohne Murren erledigte und sie die Eiselfe richtig einschätzte, dann musste jene zu ihrer Reputation stehen und würde nicht unfaire Strafen auferlegen. Sie schlug sie mit ihrer eigenen Integrität, die sie für das Kommando eines solchen Schiffes bitter nötig hatte. Dass sie nun stinkend und ungewaschen in ihr Zimmer verfrachtete, war eine ganz andere Sache. Eleyna ließ es über sich ergehen, begehrte nicht auf, sondern verhielt sich weiterhin ruhig. Auch die folgenden Tage harrte sie fast schon stoisch aus. Wer sie kannte wusste, dass ihr Dickkopf nicht leicht zu brechen war. Der Gestank war bereits so natürlich geworden, dass zumindest sie ihn nicht mehr roch. Dabei musste ihre Kammer wirklich erbärmlich riechen, da sie nicht mal die Möglichkeit bekam, sie zu lüften. Eleyna wurde auch gleich Zeugin dessen als der Redselige ihre Kammer aufsuchte. Seine Mimik sprach Bände. Eleyna selbst kauerte auf dem Boden, hatte den Kopf auf ihre Arme gelegt und schaute nur auf als die Tür endlich mal geöffnet wurde. Und zwar länger als ihr nur eine Mahlzeit zuzuschieben. Sie blinzelte, ob der plötzlichen Helligkeit und schnaubte dann nur. „Damit rieche ich immer noch besser als du!“, gab sie bissig zurück und erhob sich. Sie spürte, dass sie die Tage wenig zu Essen bekommen hatte. Sie fühlte sich geschwächt, ausgelaugt und müde. Schlafen war eine Notwendigkeit, die sie halbwegs ausgeführt hatte. Aber die Nächte waren jenseits von gut und Böse. Manthala war nicht gnädig zu ihr gewesen und hatte sie mit ruhigen Nächten gesegnet. Immer lauschte sie auf Gefahr, immer auf das Treiben an Deck. Die Halbelfe wartete einen Moment, in der sich das Plappermaul echauffierte, ehe sie durch die Tür trat und ihre Hand schützend vor ihre Augen legte.

Das helle Tageslicht blendete sie und ihre Augen mussten sich erst daran gewöhnen. Man sah ihr gewiss die Tage an, doch sie stand immer noch aufrecht. Die Halbelfe schaute zu der Eiselfe, die ihr gleich die nächste Warnung um die Ohren fegte. Eleyna hob abwehrend die Hände und schüttelte den Kopf, zum Zeichen, dass sie keine Dummheiten machen würde. Ob sie nun als gebrochen angesehen wurde oder als clever, war ihr einerlei. Sie jedoch wusste ihre Kräfte einzuschätzen und jetzt einen Kampf zu führen, gegen die gesammelte Mannschaft – das war kein Plan, das war Selbstmord. So folgte sie schweigsam den anderen, folgte dem zugewiesenen Platz und setzte sich. Während sie die letzten Meter bis zum Strand überwanden, starrte Eleyna auf die Küste. Sie suchte die Landschaft mit den Augen ab, sah nach jedem Hinweis oder Anhaltspunkt. Noch immer war es bitterkalt und sie hatte nichts am Leib, was ihr Wärme spenden würde. Ihre Sachen hatte man ihr nicht wiedergegeben, somit trug sie die Leihgabe der Kapitänin. Offenbar hatten sie das Eisreich noch nicht verlassen. Ob es doch Arvid war, dem sie ins Netz gegangen war? Doch was dann? Würde er sie töten, wenn sie erst am Ziel wäre, so wie Laogh es prophezeit hatte? Eleyna folgte weiterhin wortlos und betrachtete die Hütte, sowie anschließend die Schlitten. Erinnerungen wollten sich hinaufkämpfen, doch sie drückte sie wieder hinunter und sperrte sie gut gehütet weg. Sie durfte nicht daran denken, wie sie noch vor ein paar Tagen das Leben hatte leben dürfen. Wie es sich für sie zum Guten verändert hatte und wie diese Blase von Heimat zerplatzt war. Sie schluckte kurz, auch weil ihre Kehle trocken und der Magen leer war. Zudem fühlte sie sich einfach nur ausgelaugt.
Offenbar wurde das ungeborene Leben in ihr zu einer Art Parasit, der ihre Kräfte schneller schwächte, weil er selbst überleben musste. Sie musste das einplanen, für die nächste Zeit, sonst würde sie nicht so lange durchhalten können, wie sie es gewohnt war. Jetzt aber wies man ihr den gar unangenehmsten Platz des Schlittens zu. Kurz nur erwiderte sie den Blick des Schlittenverleihers, doch dann setzte sie sich dorthin, wo man sie haben wollte. Eleyna griff nach dem Brett zwischen ihren Beinen und hielt sich fest. Sie ahnte bereits, dass diese Reise weitaus weniger angenehm werden würde als es die letzte Zeit auf dem Schiff gewesen war. Die Mischlingselfe blickte die Anführerin ungerührt an. „Oh, ich bin sicher ihr sorgt schon dafür, dass ich nicht verloren gehe.“, bemerkte sie nüchtern und wandte den Blick wieder ab. Der kalte Wind biss unangenehm in ihrem Gesicht und ihre ohnehin gereizten Augen, tränten ob des Fahrtwindes. Es war bitterkalt und sie konnte nicht abstellen, dass sie zu zittern begann. Eleyna merkte bereits schnell, dass sie nicht mehr die körperliche Kondition besaß, wie sie anfangs glaubte. Ihr fehlten Nährstoffe, die gerade jetzt um so wichtiger waren. Der Körper hatte mehr zu versorgen als nur ihren eigenen Körper. Sie schloss auf der Fahrt ab und zu die Augen und betete mantraartig, sie möge durchhalten. Irgendwann würde auch diese Fahrt enden und irgendwann würde sie endlich dort ankommen, wo man sie offensichtlich haben wollte. Vielleicht wurde dann das Bild etwas klarer.

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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 4. Mai 2023, 13:18

Womöglich wären ihr die Eimer für die Notdurft erspart geblieben, wenn sie weniger frech vor aller Augen zum Boss gewesen wäre. Vielleicht aber auch nicht. Das war eine reine Gedankenspielerei und änderte nichts an der Gegenwart, die wiederum bedeutete, dass sie das stinkende Zeug reinigen sollte und danach stinkend weiter in ihrer Kajüte herumlümmeln durfte. Solange, bis sie an ihrem vorläufigen Ziel angekommen waren und der Landgang für sie befohlen wurde.
Immerhin hatte ihr derzeitiger Geruch auch etwas Gutes, nachdem ihre Nase ausreichend Zeit gehabt hatte, sich daran zu gewöhnen: Plaudertasche hielt bevorzugt Abstand zu ihr und schien keinerlei Ambitionen mehr zu hegen, ihr an die Wäsche zu gehen. Vorläufig zumindest...
Ob das im Endeffekt der Plan hinter der Aufgabe gewesen war? Solch ein querer Gedankengang würde zum Schatten passen, ohne Zweifel. Aber wie sah es mit der zierlichen Eiselfe aus? Wäre sie derart... nett, um ihre Geschlechtsgenossin auf diese Weise zu schützen, sodass dies wiederum niemandem im Endeffekt auffallen würde?
War ihre Zeit an Laoghs Seite mitunter zu lange gewesen, als dass sie sich mit der simplen Erklärung, dass sie nichts weiter als hatte schikaniert werden sollen, zufrieden geben könnte? Oder lag es an den vielen Stunden, die sie allein mit sich und ihren Gedanken verbracht hatte, dass sie alle möglichen Ideen in ihrem Kopf herumspuken lassen musste? Nun, eines war wenigstens sonnenklar: Ein Nachfragen hätte einerseits keinen Sinn und wäre andererseits auch noch gefährlich, sollte sie sich verkalkulieren oder der Boss sich genötigt sehen, eventuelle geheime Pläne zu ändern und sie doch noch dem Lustmolch zu überlassen.
Dann lieber schweigend vor sich hin stinken, nicht wahr? Und frieren. Oh, was war das kalt hier an Land! Irrte sie sich oder fühlte es sich noch kälter als in Mantron an? Oder lag es an ihrer neuen Kleidung? Daran, dass sie auf einem Holzschlitten sitzen sollte, ohne irgendeinem wärmenden Fell oder Körper, der sie hielt?
Unbequem würde es auf Dauer auch werden, denn sie konnte sich nirgends anlehnen und musste stattdessen die Knie stets leicht zusammendrücken, als würde sie sich auf einem Pferderücken befinden, um nicht herunter zu kippen. Auch wenn das Zugtier hier alleine und dennoch dank der längeren Beine schneller als die Hunde in Mantron war, zu reisen verstanden die Menschen auf der eisigen Insel definitiv bequemer!
Der Wind, auch wenn er nicht sonderlich stark war, pfiff ihr um die Ohren bei der Geschwindigkeit, während der Schnee in der schier endlosen Weite ihr in die Augen biss, so sehr strahlte er unter dem blitzblauen Himmel. Beinahe hätte sie meinen können, Lysanthor würde sich über sie lustig machen, denn in Mantron, wo ihr Leben eine derart positive Wendung genommen hatte, hatte sie kaum einen Sonnenstrahl zu Gesicht bekommen in all den Wochen, während hier nicht einmal eine leichte Schleierwolke zu sehen war.
Den Eiselfen selbst schien es nichts auszumachen, weder die Kälte, noch das grelle Licht, sodass sie unbeirrt die Handvoll Schlitten einem ihr weiterhin unbekannten Ziel lenkten. Lediglich schweigsam waren sie alle, aber das mochte grundsätzlich an der Rasse liegen.
Irgendwann, das Zeitgefühl war rasch abhanden gekommen, sodass es sowohl lediglich ein paar Minuten, als auch bereits eine Stunde her sein mochte, seit sie losgefahren waren, gab die Eiselfe hinter ihr das Zeichen zum Anhalten. Hier, mitten im schneebedeckten, glitzernden Nirgendwo! Warum? Nun, das konnte die Mischlingselfe zwar bei den kurzen Worten in Esera nicht verstehen, aber dafür das Ergebnis erleben, als ihr eine Felldecke zugeworfen wurde.
Ob sie diese mit ihren steifen, zitternden Fingern fangen konnte oder das kostbare Gut erst aus dem Schnee aufklauben musste? Jedenfalls wurde ihr erstaunlicherweise diese Zeit gelassen, während ihre Fahrerin die Zügel wieder ergriff.
"Du bist schon ganz blau.", bemerkte sie trocken und so, als hätte sie festgestellt, dass am Himmel die Sonne schien. War es Provokation? Oder ein Hinweis darauf, dass auf ihr leibliches Wohl in den Grundzügen geachtet wurde, damit sie tatsächlich lebendig am Ziel ankäme? Nichts in der Mimik und dem Timbre der anderen gab einen Hinweis auf die Antwort. Und dennoch wäre die Mischlingselfe vermutlich dankbar für diese trotz allem gute Tat, dank der sie sich zumindest ein bisschen vor der Kälte schützen konnte. Nicht, dass das nun viel nützte, nachdem sie schon ordentlich ausgekühlt war, aber es war besser als nichts!
So ging es noch einige Stunden weiter, bis sich die Sonne sichtlich dem westlichen Horizont näherte, zu ihrer Rechten, wodurch sich schließen ließ, dass sie nach Süden fuhren. Bemerkenswert, wenn sie bedachte, dass sie mit dem Schiff zuvor nach Norden gesegelt waren. Warum hatten sie nicht gleich den direkten Weg ins Eisreich gewählt, wenn sie nun tiefer in jenes vordrangen? War der Landweg vom Süden aus vielleicht blockiert? Oder war es eine Finte, in der Annahme, dass ihnen jemand auf den Fersen wäre? Oder... was nicht gänzlich ausgeschlossen war, sollte sie lediglich länger in Ungewissheit und Kälte leiden, um sie gefügig zu machen oder sogar zu brechen?
Wie auch immer, der Tag verstrich und während im Osten und Süden am Horizont die Umrisse von Bergen das eintönige, blendende Weiß aufzubrechen begannen, färbte sich im Westen der Himmel allmählich in ein romantisches Rosa. Wie spät es wohl sein mochte? Und was würden sie nun tun? Die Antwort erhielt sie bald, denn während das Tageslicht immer weiter schwand, gab die Eiselfe erneut das Zeichen zum Halten. Ohne ein Wort sagen zu müssen, begannen ihre Leute damit, an Ort und Stelle, inmitten des Schnees, ein kleines Lager aufzubauen. Sogar Feuerholz hatten sie mitgebracht, das bald für ein wenig Licht und einem Hauch Wärme zwischen der Handvolle Zelte aus Rentierhaut sorgte.
Die Schlitten wurden rundherum aufgestellt als Sitzgelegenheiten und die Tiere an ihren Zügeln am Boden angepflockt, damit sie nicht auf die Idee kämen, wegzulaufen. Sobald alle Aufgaben erledigt waren, fanden sich die Reisenden rund ums Feuer ein und es wurde daraufhin endlich Essen verteilt. Nichts Warmes, sondern altbackenes Brot und viel zu kaltes, beinahe gefrorenes Trockenfleisch. Trotzdem für einen leeren Magen eine Wohltat! Und mehr noch!
Während sie allesamt schweigend kauten, hatte der Schütze einen großen Tonkrug ins Feuer gestellt, sodass dessen Inhalt sich in dieser Zeit erwärmen konnte und heiß war, als der Met schließlich in kleine Becher ausgeschenkt wurde. Oh, und wie gut das tat, nachdem man sich die Zunge daran verbrannt hatte! Es ließ einen beinahe die eisige Kälte auf der Fahrt und im Essen vergessen, sobald eine kleine Menge davon heiß die Kehle hinab lief und sich wärmend bis in die Fingerspitzen ausbreitete.
Schließlich deutete der Boss auf eines der Zelte. "Dort hinein. Versuch gar nicht erst, abzuhauen. Auch nachts sieht man hier weit genug, um dich schnell wieder einzufangen.", gab sie ihr deutlich zu verstehen und brauchte dabei nicht einmal sämtliche Punkte, die gegen eine Flucht sprachen, zu erwähnen.
Denn selbst, wenn sie ungesehen weit genug weg käme, wohin sollte sie sich wenden? Wenn sie mit dem Schlitten schon einen guten Tag von der Küste entfernt waren, würde sie zu Fuß mindestens das Doppelte brauchen, in einer Umgebung, die im Prinzip lebensfeindlich war! Auch in die anderen Richtungen ergäbe es absolut keinen Sinn, es zu wagen. Die Berge waren viel zu weit weg und wer wusste schon zu sagen, wo sich die erste Ansiedlung von Eiselfen darin befände. Im Westen hingegen gäbe es ebenfalls das Meer, aber die Art von Küste war unbekannt und eine Gelegenheit, um nicht schwimmend in eisigen Fluten vorwärts zu kommen, hätte sie ohnehin nicht. Natürlich, sie könnte eines der Tiere nehmen und wegreiten, jedoch waren diese ebenfalls erschöpft von ihrem Tagewerk und sie wusste nicht, wie sie auf einen Reiter reagieren würden. Außerdem konnte sie annehmen, dass es stets einen in der Mannschaft gäbe, der Wache hielt.
Nein, besser, sie blieb vernünftig und nähme das ihr zugewiesene Zelt mit dem mit Fell ausgelegten Boden. Viel Platz war nicht darin und sie konnte sich glücklich schätzen, dass sie es nicht teilen musste, allerdings war sie vor der größte Kälte geschützt und in das ihr gegebene Fell gehüllt könnte sie beinahe schon in geborgener Wärme schlafen. Sofern ihr erschöpfter Körper zur Ruhe fände und sie die Gedanken abschalten könnte, die in ihrem Kopf herum wirbelten. Was wohl der morgige Tag bringen würde...?
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Re: Auf den Eisfeldern

Beitrag von Eleyna d'Yaincre » Dienstag 9. Mai 2023, 12:40

Eleyna hatte sich entschieden, dass es derzeit klüger war, einfach mitzuspielen. Sie ließ sich zwar nicht einschüchtern und unliebsame Aufgaben verrichtete sie, als wären sie nicht demütigend, doch sie begehrte auch nicht unnötig auf. Kleinere Frechheiten führten eben zu einem Tadel, aber damit konnte sie gut leben. Eleyna wusste zwar nicht, ob das Kalkül gewesen war, sie die ekelhaft stinkenden Eimer schrubben zu lassen, doch die Aufgabe hatte den interessanten Nebeneffekt, dass die Plaudertasche sie in Frieden ließ. Es wäre auch mehr als lästig gewesen, sich neben ihrer Entführung, Gefangenschaft und Ungewissheit auch noch gegen körperliche Übergriffe wehren zu müssen. Da stank sie lieber und hatte den Sabbernden vom Hals. Was allerdings stark an ihren Nerven zerrte, war die Tatsache, dass man sie leicht bekleidet in das Eisreich entführte. Inzwischen hatte sie sich durchaus denken können, dass man sie in die Heimat der Eiselfen führte. Es war bitterkalt und im Gegensatz zum Rest der Crew, war sie nicht daran gewöhnt. Ohne wärmende Felle und Feuer, würde sie entweder sofort erfrieren, oder aber nach geraumer Zeit an einer leidlichen Lungenentzündung sterben. Auf dem Schlitten bekam sie nicht unbedingt den besten Platz und sie musste sich stark darauf konzentrieren, sich festzuhalten, um nicht auch noch gänzlich im Schnee zu laden. Allerdings beanspruchte das ihre Muskeln auf eine Weise, die jene kaum noch länger aufrechterhalten konnten. Ihr war einfach nur kalt. Ihre Finger waren bereits taub, ihre Nase ebenso und alles an ihrem Körper sehnte sich nach einer warmen Hütte, windgeschützt und mit einem prasselnden Feuer. Hinzu kam, der wenige Schlaf in den letzten Tagen, der ihre Augen noch empfindlicher gemacht hatte. Das grelle Licht hier auf weißem Grund erschwerte ihr die Sicht, sodass sie immer wieder gegen das Tränen der Augen ankämpfen musste. Beißend war der Fahrtwind und sie glaubte schon, nicht länger aushalten zu können, als sie endlich anhielten. Ihr wurde eine Felldecke zugeworfen, die sie nicht im Stande war zu fangen. So fiel sie neben ihr in den Schnee und mit steifen Gliedern, musste sie umständlich danach greifen. Trotzdem sagte sie nichts. Sie schüttelte die Decke so gut es ging aus, legte sie sich um die Schultern und bildete sich eine nicht existente Wärme ein. "Du bist schon ganz blau." Eleyna schnaubte und fluchte innerlich. Wozu die Mühe, sie am Leben zu erhalten, wenn man sie dann doch erfrieren ließ? Immerhin trug sie nicht die wärmste Kleidung und hatte lediglich notdürftig etwas bekommen. Mochten ihre Entführer unnahbar und unempathisch sein – das war einfach nur dämlich!

Trotzdem ließ sie sich nichts anmerken, sondern griff wieder nach dem Brett, auf dem sie saß und hielt sich zusätzlich mit den Beinen fest. Sie fuhren weiter und an ihrer Situation hatte sich nichts geändert. Noch immer war ihr furchtbar kalt und inzwischen spürte sie auch eine Müdigkeit, die sicher nicht aufgrund von Schlafmangel herrührte. Warum sie fuhren, wohin sie fuhren und den Weg wählten, den sie eben nahmen, vermochte Eleyna derzeit nicht zu ergründen. Ihre Gedanken waren träge, ihr Körper auf Sparflamme und sie versuchte einfach nur noch, nicht zu erfrieren. Sie zitterte immer wieder unkontrolliert und hatte den Blick längst nach innen gerichtet, da sie ohnehin nichts mehr erkennen konnte. Was auch immer Sinn und Zweck dieser Art der Behandlung sein mochte, sie brachten Eleyna näher an den Rand des Erfrierungstodes als alles andere. Ohnehin war ihr Zustand kräftezehrend und ihr Körper wandte viel mehr Energie auf, um alles am Laufen zu halten. Da hatte das karge Mahl an Bord und die Fahrt an Land nicht unbedingt die besten Voraussetzungen geschaffen, um sie eigenständig zu halten. Während die Fahrt offenbar vorerst endete und ein jeder wusste, was er zu tun hatte, saß die Mischlingselfe einfach nur da und fror. Selbst wenn man sie gezwungen hätte, sie hätte überhaupt nicht helfen können. Ihre Finger, rot und blau von der Kälte, ließen sich nur mühsam bewegen. Eleyna sprach nicht, sondern bemühte sich, das Fell um ihre Schultern zu behalten und nicht bei jedem Schütteln wieder zu verlieren. Das Trockenfleisch nahm sie zwar an, aß aber nichts. Sie fühlte sich nicht in der Lage, kräftig davon abzubeißen. Alles fühlte sich nur noch steif und taub an. Bis sie einen Becher mit heißem Met erhielt. Um jenen schloss sie gleich ihre Finger und schloss zudem die Augen. Es war im ersten Moment eine Wohltat, dann aber wurde es schmerzhaft, als sich ihre Finger etwas erwärmten. Noch immer zitternd und bibbernd versuchte sie nichts zu verschütten und nippte an dem heißen Getränk. Es roch würzig und süßlich und es war wahrlich eine Wohltat, es zu genießen. Allerdings war das auch nicht ausreichend, um ihren Körper wieder auf gesunde Temperaturen zu bekommen. Es reichte aber, dass sie den Anweisungen des Bosses folgen konnte und allmählich wieder Lebensgeister in ihre Beine bekam. So erhob sie sich steif und folgte dem scheinbar endlosen Weg zum Zelt. "Dort hinein. Versuch gar nicht erst, abzuhauen. Auch nachts sieht man hier weit genug, um dich schnell wieder einzufangen." Eleyna schnaubte abermals. Was glaubte sie denn?? Sie hatten schließlich ordentlich dafür gesorgt, dass sie keine zwei Meter weit mehr gehen konnte.
So ignorierte Eleyna den Wink, sondern folgte ihrer Müdigkeit und der eisigen Kälte, dem beißenden Kratzen in ihren Lungen und verzog sich in das Zelt. Sie würde es allein beziehen, das war doch mal etwas. Doch im Grunde war ihr das derzeit egal. Vermutlich wäre es weitaus klüger gewesen, wenn sie einen Körper zum Wärmen bekommen hätte. Doch so kauerte sie sich auf der Seite zusammen und zog die Felldecke bis zur Nasenspitze. Ihr fror. Bitterlich. Dass das Zelt Windstille versprach, war gut so und half auch ein wenig, doch die Kälte blieb. Erst das unfreiwillige Bad, dann die weniger warmen Klamotten, das Zehren ihrer Kräfte, Schlafmangel, Nahrungsentzug und die lange Fahrt im Eisreich… Eleyna war langsam am Ende ihrer Kräfte. Und so schlief sie ein, ohne wirklich viel dagegen machen zu können. Wer wusste schon, ob sie am nächsten Morgen überhaupt wieder aufwachte. Ihr war so schrecklich kalt und da war doch Manthalas Reich eine willkommene Zuflucht.

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