Ankunft im Hafen

Xytras´ Hafen wird oft von Handelsschiffen aus Andunie angefahren, die weiter zum westlichen Santros wollen. Die Amazonen handeln gern und viel, manche reisen sogar auf wichtige Missionen aus.
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Ankunft im Hafen

Beitrag von Erzähler » Montag 29. September 2008, 11:30

<i>Alea kommt von Auf hoher See -> "Fliegende Fische an Bord?"</i>

Die Wellen teilten sich, die Gischt spritzte am breiten Rumpf des Schiffes <i>Stolze Magdalena</i> empor, als jenes kostbare Transportmittel die Hafeneinfahrt von Xytras erreichte. Hier, in der Stadt der Amazonen, herrschte immer Trubel. Die Frauen lebten vergnügt und im Einklang. Kein Mann sollte jenes Verhältnis jemals stören.
Aber heute und auch in den letzten Tagen herrschte besondere Aufregung. Den Grund dafür würde Alea vielleicht erfahren, wenn sie sich dafür interessierte und nachfragte. Die Besatzung der <i>Stolzen Magdalena</i> jedenfalls staunte nicht schlecht, als sie die vielen anderen Schiffe entdeckte, die an den Docks vertäut waren. Amazonen wanderten wie Ameisen auf die Schiffe, beluden sie mit Kisten, Vorräten und überraschenderweise auch Waffen. Was da wohl dahinter steckte?

Caitlin hatte Alea rasch geweckt, kaum dass die Frau im Ausguck die Insel Ardéris am Horizont gesehen hatte. Schnell drängte die Jung-Amazone ihre Freundin an Deck und meinte beiläufig sogar: "Dein Bruder Rejan ist auch schon oben." Und tatsächlich stand der Wüstendieb bereits zwischen zwei Schränken von Frauen an der Reling und schaute auf das Treiben auf den Docks herunter. Er lächelte dankbar, als er Alea erblickte. Seine Augen riefen: <i>Kannst du mich nicht von diesen Walkyren retten?</i>
Offensichtlich hatte Rejan keine Lust, ständig in Begleitung dieser Schrankfrauen zu sein. Er machte an sich auch keinen sehr aufgeweckten Eindruck. Die Nacht im Vorratsraum war wohl keineswegs so erholsam gewesen wie Aleas in der weichen Koje. Rejan hatte Ringe unter den Augen und wirkte ein wenig blass. Auf seinen Muskeln zeichnete sich eine Gänsehaut ab, aber das lag nicht an den Unannehmlichkeiten seiner aufgezwungenen Schlafstätte. In Xytras war es bedeutend kälter als in Sarma und dem Wüstendieb bot man keinen Pelzmantel an wie Alea, als er an Deck gebracht worden war. Sie fand sich sofort davon eingehüllt, denn Caitlin bemerkte die kleinen Härchen auf ihren Armen, die sich aufrichteten, um den Körper zu wärmen.
"Lass uns von Deck gehen oder willst du warten, bis sich eine Amazone findet, die deinen Bruder führt? In Xytras darf nämlich kein männlicher Besuch ohne amazonische Begleitung herum laufen. Wenn er sich nicht benehmen kann, legen wir ihm eine Handfessel oder ... ein Halsband der Züchtigung um. Männchen macht das nichts aus", fügte sie hinzu. Das Halsband der Züchtigung kam selbst bei einem Mann selten zum Einsatz. Es galt auch bei Amazonen als Sklavenwerkzeug verrufen, trotzdem wurde es in einigen besonderen Fällen genutzt. Die Frauen liebten aufbrausende, wilde Spender, denn sie erhofften sich dadurch temperamentvolle und leidenschaftliche Kriegerinnen als Nachkommen. Aber solche Spender mussten irgendwie ruhig gehalten werden und mit den Halsbändern funktionierte dies am besten.

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Re: Ankunft im Hafen

Beitrag von Alea » Montag 29. September 2008, 21:26

Alea fiel in einen tiefen Schlaf und wurde sogleich von verwirrenden, dunklen Träumen heimgesucht. Sie umwaberten sie wie dunkle Schatten. All die Gedanken, die sie so zahlreich am Tage heimgesucht hatten und doch nicht verarbeitet werden konnten, wurden es nun.
Alea brauchte eine Weile, bis die Worte, die von der Ankunft der Stolzen Magdalena ankündigten, auch bis zu ihrem Bewusstsein vordrangen und verstanden wurden. Zunächst vermischte sich auch das noch mit ihrem Traum, doch die Geräusche um sie herum, die aufgeregten Stimmen, die eiligen Schritte und die Stimmen der Amazonen, die vor ihr realisierten, was los war und somit auch schneller reagierten, holten sie schließlich aus dem Reich der Träume zurück.

Sie schlug die Augen auf und starrte zur Decke über ihr. Sie brauchte einige Momente, bis sie sich erinnerte, wo sie war. Und bis sie wusste, was wirklich geschehen und was nur ein Traum gewesen war. Dennoch war sie durcheinander und auch wenn sie sich sehr erholt und ausgeschlafen fühlte, blieb im Inneren doch ein dumpfes Gefühl zurück.
Sie mochte es nicht, solche wirren Sachen zu träumen. Vor allem nicht, wenn es um so wichtige Dinge aus ihrem Leben ging. Rejan, Azlar, der Wüstenbund.

Wie auf ein Zeichen, um die vagen Erinnerungen an den schlechten Traum zu vertreiben, tauchte Caitlin auf, die sie trotz allem mit einem lächelnden "Guten Morgen" begrüßte. Die junge Amazone strahlte schon übers ganze Gesicht. Kein Wunder, sie waren in Xytras, ihrer Heimat, angelangt.
Augenblicklich spürte Alea, wie die Neugierde durch ihren Körper strömte und sich Nervosität vor Aufregung in ihr breit machte. Was würde der neue Tag bringen? Was würde heute alles geschehen?
Bisher hatte sie Rejans bevor stehende Aufgabe erfolgreich verdrängt. Nun jedoch wurde ihr klar, dass der Tag gekommen war. So schnell, dass sie noch gar nicht dazu gekommen war, über eine Lösung nachzudenken!

Doch Caitlin ließ ihr auch jetzt keine Zeit dazu, sondern nahm sie mit an Deck. Dort erwartete sie bereits reges Treiben. Ein kühler Wind, für Alea wohl eher kalt, da sie die sarmaische Sonne gewohnt war, erfasste ihre Haare und ließ die dunklen Strähnen kurz in der Luft tanzen, ehe die Diebin sie mit ihren Händen zur Ordnung rief. Ihre Augen suchten zu aller erst Rejan, der zwischen zwei der Amazonen stand und mehr als unglücklich aussah. Sie lächelte ihm aufmunternd zu, wusste aber nicht recht, wie sie ihn aus seiner misslichen Lage befreien konnte.
Sie lächelte Caitlin dankbar an, als diese ihr unaufgefordert einen dicken Pelzmantel reichte, der sofort seinen Dienst tat. Alea schlang ihn sich um die Schultern. Die Amazone erzählte ihr auch gleich von den Gesetzen, die hier herrschten: Kein "Männchen" durfte ohne Amazonenbegleitung die Stadt betreten.
Alea fröstelte es - die Gänsehaut würde wohl trotz des weichen, warmen Umhangs nicht so schnell verschwinden.

Dass er sich nur in Begleitung bewegen dürfte war ja noch das geringste Problem. Doch dass sie tatsächlich Halsbänder der Züchtigung benutzten! Der Diebin schossen sofort Bilder von den Sklaven in Sarma durch den Kopf. Nahezu alle Hälse der Sklaven in Sarma wurden von diesen Halsbändern "geschmückt". Sie waren schrecklich und konnten schnell zum Tode führen! - Schauermärchen, die ihr erzählt wurden und die sie bedingungslos glaubte. Da konnte Caitlin auch noch so sehr beteuern, dass es ihnen kein Leid zufügen würde.
Mit etwas Pech würde sie heute auch eines tragen. Doch Rejan hatte sie davor bewahrt und auch sie würde alles dafür tun, dass er solch ein Halsband nicht tragen musste. Denn das bedeutete, dass jemand anderes Macht über ihn besaß. Schlimm genug, dass Rejan sich kaum bändigen lassen würde, Macht verdarb den Charakter und Alea konnte sich vorstellen, dass es nur allzu viele Amazonen gefiel, ihre Macht über die "Männchen" deutlich zu machen.

"Ich glaube, das ist nicht nötig", meinte sie sofort. Bei den Gedanken daran war sie etwas blasser geworden. "Er wird sich schon benehmen. Und ich würde ihn gerne begleiten... wenn das ginge." Sie wollte ihn diesen Frauen nicht einfach so überlassen. In seiner Nähe konnte sie etwaigen Übeltaten vielleicht etwas entgegen setzen.

Als sie Caitlin fragend ansah, fiel ihr Blick an ihr vorbei auf unzählige andere Schiffe, die hier angelegt hatten. Ganz Xytras, die Stadt, die im Hintergrund zu erkennen war und ebenfalls einen kurzen, staunenden Blick der Diebin erntete, schien auf den Beinen zu sein und die Schiffe zu beladen.
"Was ist denn hier los?", entfuhr ihr ihr erster Gedanke auch sogleich. Doch die Umstehenden wussten wohl genauso wenig, wie sie, was das zu bedeuten hatte.

Vielleicht war heute ihr Glückstag. Alle Amazonen würden ausfahren und niemand mehr würde sich an diese lächerliche Spenderei erinnern. Wunschdenken, das wohl kaum eintreffen würde. Da war Alea realistisch genug. Aber es wäre auch zu schön... <b>Ich muss mir unbedingt etwas einfallen lassen.</b> Allein schon der Gedanke, nichts dagegen tun zu können, zerriss ihr schier das Herz. Sie musste etwas unternehmen.
Ihr Blick huschte zu Caitlin hinüber und dann zu Rejan. Sollte sie sich ihr anvertrauen? Konnte sie sich sicher sein, dass die Freundin nichts verriet und ihr half, wenn sie ihr erzählte, was für eine Bindung sie tatsächlich zu Rejan hatte? Oder würde es ihr egal sein und sie frei nach dem Motto "Was dein ist, ist auch mein" handeln? Alea würde es nicht wundern, wenn die Amazonen tatsächlich solch ein Motto besaßen und es gerne auslebten.

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Re: Ankunft im Hafen

Beitrag von Erzähler » Dienstag 30. September 2008, 13:16

Rejan erwiderte Aleas Lächeln, wenn auch weniger munter. Bei diesem Frauen konnte er offensichtlich nicht seinen göttergegebenen Charme einsetzen und das hatte er vielleicht schon zu spüren bekommen. Allerdings wies Rejan keine blauen Flecken oder gebrochenen Gliedmaßen auf. Vermutlich war nur sein Ego etwas angekratzt, in Sarma seufzte ja jede zweite Frau schwärmerisch, wenn man ihn erwähnte.

Caitlin nickte. "Wenn er sich zu benehmen weiß, wird es nicht nötig sein, das ist richtig. Wir sind schließlich keine Unfrauen." Sie lachte kurz auf, schaute dann über die Reling. "Du kannst ihn gern begleiten, Alea, ebenso wie ich. Aber wir beide sind noch keine vollwertigen Amazonen. Eine meiner Schwestern wird auf ihn achten."
"Ja, und das bin ich!", rief es plötzlich hinter den beiden. Brynia stand bei ihnen, groß und ebenfalls in einen Pelz gehüllt. Allerdings hatte sie einen Ärmel so weit hochgezogen, dass es auffiel und sofort die Aufmerksamkeit von dem freien Arm auf die Hand fiel. Dort funkelte der Ring, den sie von Alea gewonnen hatte. Die Amazone kam zu den beiden hinüber und gab mit einem Nicken zu verstehen, dass sich die bisherigen Wächterinnen Rejans nun fortbegeben konnten. Eindeutig erleichtert machen sich die weiblichen Schränke auf den Weg.
"Wenn ihr beiden gleich mit zu den drei weisen Jungfrauen kommen wollt? Ich muss das Männchen für die Spende melden." Brynia schaute Alea an. "Du solltest auf jeden Fall mitkommen. Wenn du Amazone werden willst, solltest du deinen Antrag bei unseren Oberhäuptern vortragen. Es sind gerechte Frauen, die drei."

Bevor Alea jedoch einwilligte, fragte sie erst einmal frei heraus, was dieser Tumult am Hafen überhaupt sollte. Brynia und Caitlin zuckten mit den Schultern. Sie wussten es nicht, schließlich waren sie auch eben erst wieder in Xytras eingetroffen.
"Das können wir die drei Jungfrauen auch fragen. Sie verweigern selten eine Antwort", meinte Caitlin.
"Was sie von den männlichen Herrschern des Festlandes unterscheidet", fügte Brynia hinzu. Sie warf Rejan einen Blick zu, der mehr als eindringlich war und verlautete, dass er sich ja ruhig verhalten sollte.

"Dann lasst uns hier nicht weiter herumstehen, gehen wir los. Ich muss bald auf die Amazonenburg und meinem Schätzchen sagen, dass ich zurück bin. Na los, Männchen, schwing deinen Hintern!" Brynia gab Rejan einen Klaps auf eben jenen und er setzte sich rasch in Bewegung. Im Vorbeigehen warf er Alea einen Blick zu. Ob sich der Wüstendieb unter einer Schar von solchen Frauen selbst als Spender wohlfühlen würde?

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Re: Ankunft im Hafen

Beitrag von Alea » Dienstag 30. September 2008, 21:39

Alea war erleichtert, als Caitlin ihr sagte, dass sie ihn ebenfalls begleiten konnte. Würde sie nicht sehen, was Rejan hier, auf einer Insel voller Frauen, tat, würden Ungewissheit und Eifersucht sie wohl zerfressen. Und die Schuldgefühle, ihm nicht beistehen zu können, wenn es die Situation erforderte.
Dass Brynia die vollwertige Amazone war, ließ Alea noch ein kleines Stückchen leichter ums Herz werden. Und sofort kam ihr ein zweiter Gedanke. <b>Vielleicht ist das schon die zweite Frau, die ich brauche.</b> Die Idee drang einem Flüstern gleich in ihren Kopf und wurde dort eingeschlossen, um bei Gelegenheit wieder hervor gekramt zu werden. Doch nicht nur die Idee kam, langsam zeichnete sich ein Plan in dem Kopf der Diebin ab.

<i>"Wenn ihr beiden gleich mit zu den drei weisen Jungfrauen kommen wollt? Ich muss das Männchen für die Spende melden."</i>
Sie spürte die Gänsehaut auf ihrer Haut nur noch deutlicher. Und jetzt wurde ihr auch bewusst, dass sie bisher gar keine Möglichkeit gehabt hatte, etwas wegen dieser ganzen Spendenaktion, geschweige denn dagegen zu sagen.
Bei ihrer Ankunft war sie von Hjalka und diesem ungewöhnlichen Auftrag für ihren "Bruder" so aus der Fassung gebracht worden, dass es ihr die Sprache verschlagen hatte. Und wirklich Zeit zum Reagieren hatte man ihr auch nicht gelassen.

Sie setzten sich in Bewegung und ihr Blick schweifte wieder zu Caitlin. Sie konnte das doch nicht einfach so hinnehmen. Sie drängte sich näher zu der Amazone und beugte sich ein wenig verschwörerisch zu ihr hinüber. "Ähm...Caitlin?" Sie war mehr als verunsichert und nervös. Wie würde sie reagieren? Aber was noch viel wichtiger war: Was wollte sie eigentlich sagen oder eher wie sollte sie es sagen, ohne zu viel zu verraten?
"Muss das.... die Spende, ich meine", sie seufzte kurz, "das geht einfach nicht." Sie sah sie bittend an und zum ersten Mal konnte man sehen, wie sehr Alea das Bevorstehende zu schaffen machte.
Doch sie fasste sich relativ schnell wieder, denn allein dadurch glaubte sie nicht die Amazone überzeugen zu können. Jetzt klang auch ihre Stimme wieder etwas fester: "Er ist verheiratet." Sie sah Caitlin für einen Moment bedeutungsschwer an. "Ich, wir können doch meiner Schwägerin so etwas nicht antun. Seine Frau würde ihn umbringen, wenn das heraus käme und außerdem schwor er ihr ewige Treue."

Sie sprach so leise, dass nur Caitlin es hören konnte. Vielleicht wäre es besser, wenn auch Rejan zuhörte, doch dann würden es auch andere Amazonen hören. Und bei Caitlin hoffte sie auf das größte Verständnis zu treffen. Sie hoffte inständig, dass die Amazone das Problem erkennen würde und das alles verhindern konnte.
Wenn nicht gab es da ja noch die Oberhäupter der Insel. Doch von denen erwartete Alea schon wieder eher härteres Durchgreifen und größere Ignoranz. Vielleicht hatte sie eine Chance, mit diesem Grund durchzukommen. Die Idee von der Heirat fand sie gar nicht so schlecht. Frauen legten doch schließlich soviel Wert auf Treue. Oder war sie etwa die Einzige?
Zuletzt geändert von Alea am Dienstag 30. September 2008, 21:41, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Ankunft im Hafen

Beitrag von Erzähler » Freitag 3. Oktober 2008, 12:55

Immer stärker festigte sich die Gewissheit, dass Rejan von den Amazonen wirklich als Spender für deren Nachkommen herhalten sollte. Jetzt, da sie sich in Xytras' Hafen befanden, war diese Erkenntnis so sehr präsent, dass Alea sie nicht länger gedanklich beiseite schieben und ignorieren konnte. Nein! Sie musste jetzt eine Entscheidung treffen. Entweder würde sie zulassen, dass sich Rejan mit wer wusste schon wie vielen Frauen die Nacht um die Ohren schlug oder sie verhinderte, dass auch nur eine einzige Amazone ihm jemals so nah kam wie sie selbst.
Doch wie?
Der mutmaßlich rettende Einfall kam mit einem Gedanken, den der Wüstendieb in letzter Zeit ebenfalls häufig gehabt hatte – wenn auch in einem anderen Zusammenhang.

Noch während die Gruppe aus Brynia, Caitlin, Alea und Rejan langsam die Docks entlang schritt und den Hafen mit all den großen Schiffen und vielen Seefahrerinnen verließ, wandte sich Alea an die Jung-Amazone.
Caitlin schaute in ihre Richtung, lief nun ein Stück langsamer als die beiden Vorangehenden und blickte fragend. Ihre Stirn bildete allerdings nachdenkliche Falten, nachdem Alea zu sprechen begonnen hatte.
"Natürlich muss die Spende sein", beharrte sie. "Sonst hätten wir deinen Bruder nicht mitnehmen brauchen. Oder geht es nicht, weil er unfruchtbar ist? Ein Eunuch vielleicht?"

Caitlins kritischer Blick sauste zu Rejan. Er lief vor ihr und Alea. Seine Rückpartie bewegte sich mit jedem Schritt den er tat. Rejan war kein Muskelpaket, aber besaß durchaus einen trainierten Körper. Die Schultern besaßen eine durchschnittliche Breite für einen Mann, der Rücken lud Wassertropfen ein, von der braun gebrannten Haut abzuperlen und ja auch sein Hintern konnte sich sehen lassen, stramm wie er war.
Dass Caitlin bei diesem Anblick nicht weiche Knie bekam!

<i>"Er ist verheiratet."</i> Caitlins Augen weiteten sich. Sie starrte Alea an und wäre fast stehengeblieben. "Warum hast du das nicht schon eher gesagt?!", platzte es aus ihr heraus und zwar laut genug, dass dies auch Brynia und Rejan hören konnten. Die Amazone drehte sich zu den beiden um. "Was gesagt?"
"Dass ihr Bruder verheiratet ist!"
Brynia starrte Alea an. Ein peinlicher Moment der Stille entstand. Schließlich aber fragte sie ungläubig: "Warum hast du das nicht gleich auf dem Schiff erzählt, als wir entschieden, ihn als Spender einzusetzen?"
"Typisch Mann, kann ich da nur sagen. DEM ist es doch egal, wenn er seiner Frau zu Hause das Herz bricht. Ihm geht es nur darum, mit einer Amazone ins Bett zu steigen." Caitlin wirkte auf einmal ziemlich kühl, obwohl sie so aufbrausend sprach. Sie streckte einen Zeigefinger vor und wedelte damit vor dem vollkommen perplexen Rejan herum, der ihre Worte kaum mehr mitbekommen hatte. Der Wüstendieb starrte seinerseits nämlich Alea an und formte verwirrt das Wort "verheiratet".

"Ja, so seid ihr alle. Aber glaube ja nicht, das Spenden wird ein Zuckerschlecken! Bisher waren die Männer vom Melken nicht sehr begeistert, jawohl!" Caitlin packte Alea am Arm und schritt mit hoher Geschwindigkeit weiter voran.
"Das hättest du sagen sollen", warf sie ihrer Freundin vor. "Jetzt ist es vermutlich schon zu spät, einen Rückzieher zu machen. Wegen einem Männchen fahren wir nicht extra zum Festland hinüber. Mal sehen, was die drei weisen Junfgrauen entscheiden werden. Am besten erzählst du ihnen von der Ehe. Dann sperren sie deinen Bruder vermutlich nur so lange in die Amazonenburg, bis sich eine Überfahrt zum Festland mit einem Männlein an Bord auch lohnt."

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Re: Ankunft im Hafen

Beitrag von Alea » Dienstag 7. Oktober 2008, 14:29

Gespannt wartete Alea Caitlins Reaktion ab. Ihr Herz klopfte wie wild gegen ihre Brust. Die Idee mit der Unfruchtbarkeit, wie es die Amazone zunächst vermutete, hatte sie zuerst gehabt. Doch noch immer konnte sie diese Frauen mit ihrer Selbstsicherheit und den Muskeln schwer einschätzen. Wer konnte schon sagen, ob sie unbrauchbares Fleisch nicht einfach abschnitten…?

Alea hatte glücklicherweise nicht mehr Zeit, sich dieser Vorstellung hinzugeben, denn da kam auch schon die heiß erwartete Antwort von Caitlin. Diese war mehr als überrascht von ihrer Offenbarung – kein Wunder. Und Alea wusste ganz genau, wieso sie das nicht vorher gesagt hatte. Nämlich genau deswegen, weil er so nicht als Spender geeignet war und es so keinen Grund gegeben hätte, ihn mitzunehmen. Doch Alea schwieg. Und es war auch nicht nötig, etwas zu sagen, denn es entbrach ein kurzer, recht hitziger Wortwechsel in der Gruppe.

Sie fühlte Rejans Blick auf sich und sah ihn nur entschuldigend an. Gleichzeitig deutete sie ein Schulterzucken an. Es war nicht die beste Idee, aber sie hoffte, damit durchzukommen. Außerdem kannten sie doch Rejan nicht. Denn dann hätten sie ihr diese Lüge niemals abgekauft. Es war absurd und lächerlich, den Wüstendieb als verheirateten Mann hinzustellen. Jeder, der ihn kannte, wusste, dass dies kaum jemals geschehen würde. Alea mit eingeschlossen.
"Nunja, ich war so überrascht von dieser ganzen Sache", versuchte sie dazwischen zu gehen und die Gemüter zu beruhigen, vor allem weil Caitlin jetzt noch begann Rejan einen Vortrag über die eheliche Treue zu halten.
<b>Ist vielleicht aber auch ganz gut so. Vielleicht denkt er dann auch mal daran, wie es mir bei seinem speziellen Auftrag geht</b>, dachte sie leicht verdrießlich.

Zu mehr kam sie zunächst nicht, denn da wurde sie schon am Arm gepackt und hinter Caitlin her geschleift.
<i>"Ja, so seid ihr alle. Aber glaube ja nicht, das Spenden wird ein Zuckerschlecken! Bisher waren die Männer vom Melken nicht sehr begeistert, jawohl!"</i>
<b>Netter Ausdruck</b>, dachte die Diebin schockiert bei sich. Ein weiteres Mal stellte sich heraus, dass die Amazonen allgemein nicht viel von Männern hielten. So wie sie sprachen, erinnerte es Alea immer eher daran, als würden sie über lästige, sture Tiere reden.
Die folgenden Worte trugen auch nicht gerade zu ihrer Aufmunterung bei. <i>Wenn</i> sie es also schaffte, die weisen Jungfrauen zu überzeugen, würde man Rejan zurück aufs Festland schaffen. Also entweder legte er sich zwischen etlichen, willigen Frauen und konnte bleiben oder wehrte sich und wurde von hier fortgeschafft. Und wofür würde er, der Frauenheld Sarmas, der vermutlich die verschiedensten Betten gesehen hatte, sich wohl entscheiden…? Das waren keine schönen Aussichten für ihre Zukunft.

Alea hätte in ihrer nahenden Verzweiflung am Liebsten irgendetwas zerschlagen. Alles schien so aussichtslos. Am meisten traf sie die Tatsache, dass sie sich nahezu sicher war, dass Rejan das Ganze nichts ausmachen würde. Sie schüttelte die dunklen Gedanken ab und versuchte stattdessen Caitlin wieder zu beruhigen.
"Ja ich weiß, ich hätte es eher sagen sollen. Aber er hat so sehr gebettelt, mitzukommen und meinen Beschützer zu spielen… ich konnte ihn doch nicht einfach so zurück lassen. Oder würdest du deinen Bruder einfach so aussetzen? Oder Schwester?", fügte sie nach einer kurzen Pause schnell hinzu. Aber das war ein interessanter Gedanke. Was machten sie eigentlich mit ihren Söhnen? Eine Frage, die beantwortet werden wollte. Und zwar gleich. Außerdem fiel ihr in diesem Bezug gleich noch etwas anderes ein.

"Was passiert eigentlich mit den Söhnen?" Sie sah sich kurz um. "Hier scheint es ja wirklich nur Frauen zu geben." Dann machte sie eine kurze Pause und tat so, als würde ihr Folgendes erst nach einigen Momenten einfallen. "Oder denkt ihr, die sind weniger abenteuerlustig als wir Frauen? Das seid ihr doch, oder? Ich meine für jedes Abenteuer zu haben." Sie lächelte Caitlin fragend an. Ihre Augen funkelten vielsagend. Sollte sie ruhig wissen, dass mehr hinter Aleas Worten steckte. Denn die hatte beschlossen, dass es allmählich Zeit zum Handeln war.

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Re: Ankunft im Hafen

Beitrag von Erzähler » Freitag 10. Oktober 2008, 11:34

Brynia zeigte scheinbar Verständnis für Aleas Erklärung. Sich hielt Rejan zwar weiterhin am Arm fest wie ein Schraubstock, aber sie lächelte die Wüstendiebin an. "Im Grunde kann es dir niemand übel nehmen, Schwester. Das alles muss furchtbar aufregend für dich sein, vor allem, da sich dein eigener Traum hier erfüllen wird. Du wirst eine Amazone. Da ist es nicht ungewöhnlich, dass man sein Männchen vergisst." Sie lachte herzlich.

Doch Caitlin zeigte sich nicht so verständnisvoll. Sie packte Alea einfacher kurzerhand am Arm und zog sie mit sich, während sie sich böse Worte über den Mann im Allgemeinen von der Seele redete. Zudem lernte Alea einen neuen, aber unter Amazonen sehr gebräuchlichen Begriff kennen: Melken.
Es klang irgendwie nicht sehr angenehm, wenn man berücksichtigte, dass dieser Begriff einen Bezug zum Spenden männlicher Erbanlagen besaß. Es klang fast wie Folter und vielleicht meinte Caitlin genau das!

Alea versuchte inzwischen, Caitlins hitziges Gemüt wieder beruhigen zu können. Diese aber lachte zunächst nur lauthals auf. "Du willst dich von einem Männchen beschützen lassen?!"
<i>"Oder würdest du deinen Bruder einfach so aussetzen? Oder Schwester?"</i>
Caitlin verfiel in Schweigen. Bedeutete das ein Ja? "Schwestern unterscheiden sich von Brüdern. Eine Amazone lässt keine ihrer Schwestern zurück", gab sie nur zur Antwort. Plötzlich schien sie es noch eiliger zu haben, den Hafen zu verlassen. Brynia und Rejan kamen kaum hinterher.
Doch Alea ließ nicht locker. Sie fragte nach den männlichen Nachkommen und deren Verbleib. Caitlin seufzte. "Ich werde es dir erklären, weil auch du bald eine von uns sein willst."

Sie verließen den Hafen und steuerten durch eines der unbewachten Tore in die Stadt hinein. Die Straßen waren gepflastert, die Häuser glänzten bezaubernd und zeigten die Handwerkskunst von Frauen. Fachwerk, schön geschnitzte Fensterläden und Blumenkästen davor. Zu dieser Jahreszeit waren die meisten jedoch leer. Über die Straßen spannten sich teilweise lange Leinen, die ob der aufgehängten Wäsche schwer nach unten gezogen wurden.
Caitlin spazierte unter ihnen hindurch. Sie hatte als Ziel das Frauenhaus, welches noch ein Stück weit entfernt lag.
"Sollte das Unglück geschehen, dass eine Amazone, die sich als Spendenempfängerin zur Verfügung gestellt und neun Monate lang der Schwangerschaft erlegen war, einen Jungen zur Welt bringt, so wird er im Frauenhaus lange genug aufgezogen, bis man der Meinung ist, er braucht seine Mutter nicht mehr. Dann fährt eine Gruppe Amazonen das Kind zum Festland und übergibt es dort entweder dem Strand, den Piraten oder einer Fischersfamilie, je nachdem, wo man anlegt. Männchen sind nicht weniger abenteuerlustig. Im Grunde ist es bei ihnen viel schlimmer und deshalb lassen wir uns von ihnen nicht herumschubsen. Wenn sie ihre Abenteuer in fremden Betten suchen oder an ihren Töchtern ausleben. Wenn sie ... die Mütter schlagen, weil diese ihnen keinen Sohn geboren haben." Caitlin begann leicht zu zittern und ihre Hand umschlang Aleas Arm jetzt mit enormer Kraft. Die Jung-Amazone bebte vor innerer Wut. "Wir sind gleich da", warf sie ein, um sich selbst zu zügeln und zeigte auf ein großes Gebäude, das direkt vor ihnen lag.

<i>weiter in Das Frauenhaus -> "Im Frauenhaus von Xytras"</i>

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