Shyréa

Längst unbekannte ehemalige Rassen haben in den Tiefen des grünen Rankenwaldes Götter verehrt, die mit ihnen verschwunden sind. Doch ein Tempel steht noch. Birgt er Schätze oder Gefahren? Niemand weiß es, doch die, die loszogen, kehrten nicht zurück.
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Re: Shyréa

Beitrag von Erzähler » Montag 24. August 2020, 16:35

Syrella hatte sich sehr bemüht, ihr die Abläufe zu erklären, was sein musste und was nicht, aber im Endergebnis war Maruka hier ein ausführendes Werkzeug – das hatte sie schnell begriffen. Sie seufzte einmal schwer und machte den ersten Schritt durch die Zeit auf die Kreide zu.
Leite mich Schritt für Schritt durch das mit den Bannkreisen, Syrella! Sag mir was ich machen soll, führe meine Hand oder sonst was...
Maruka spürte, wie Syrella aufhorchte. Ihre Hand führen? Ja, das ging!
Ich kann... Du kannst... du kannst mir deine Hand.. 'überlassen', erklärte sie, oder auch mehr und Maruka spürte einen kühlen Nebel, der ihre rechte Hand zu umhüllen schien. Du musst nur... - wie erklär ich das? - 'beiseite treten'. Also: innerlich.
Sie spürte, wie Syrella wartete.
Das ist gefährlich. Als wäre die Hybridin nicht schon genug von allen möglichen Eindrücken abgelenkt, glaubte sie teils, ein leises Flüstern Syrellas wie ein Echo der Gedanken der Magierin wahrzunehmen. Sie spürte die Unruhe des Geistes, und dann vervielfältigte sich das Echo auch noch wie in mehreren Spiegeln zurückgeworfen, als Syrella merkte, dass Maruka gehört hatte, was Syrella leise dachte, und dass auch das gefährlich war und irritierte.
Es ist gefährlich, gestand Syrella nun auch 'laut' ein, aber sie wollte Marukas Vertrauen in sie auf keinen Fall erschüttern; sie durfte sie nicht hintergehen! Vor allem, wenn du mir mehr Kontrolle über dich gewähren würdest. Zumindest ist das etwas, was ich aus unseren Abenteuern weiß: Geister gieren wohl öfters danach, wieder einen Körper zu erhalten.
Ähm... ehrlich gesagt... ich würde deinen Körper aber gar nicht haben wollen. Eine Hybridin... Also bist du recht sicher, denke ich. Ich kenn mich mit dem Geist-Sein nicht so aus
, wurde ihr Tonfall trockener und war wohl eine Form von Humor, Aber deine Hand würde ich gerne führen dürfen, ja. Ich kann dir diese Symbole unmöglich erklären. Und Fehler können wir uns nicht leisten!

Ich werde alles versuchen, um Revien zu retten, sicherte sie Maruka zu und schien ihre Beweggründe durchaus zu verstehen. Oder? Sie selber schien die Liebe, die Maruka mit Revien verband und die Aufopferung, mit der sie sich um ihn gekümmert hatte, nur schwer nachvollziehen zu können. Maruka erhaschte emotionale Fetzen von der Magierin, die sie vermuten ließen, dass Syrella wohl mehrere Beziehungen gehabt hatte und dass keine von Bestand gewesen war. Aber egal - die Dämonologin gab ihr Wort und dieses hatte Gewicht. Sie war ehrlich. Und so schüttelte sie auch ehrlich den Kopf, als Maruka anfing, über etwas wie 'eine andere Realität' nachzudenken.
Der Dämon kann Belphegor mit in den Harax ziehen, das ist sicher möglich - und eine fürchterliche Strafe. Vermutlich angemessen. Das würde seine künftige Beschwörung noch weiter erschweren. Aber nicht unmöglich machen. Hmmm...
Ich sollte mich - nein, wir sollten uns konzentrieren
, unterbrach sie Gegrübel, wie sie Belphegor unschädlich machen konnten, als sie sah, dass sich der untote Krieger Anselm mehr bewegte, als gut für sie beide gewesen wäre: denn er machte Anstalten, als wolle er das Stück Kreide zum Mund führen und verschlucken!

Syrella 'griff' zu und schien mit eiserner Entschlossenheit einen Teil der Kontrolle über die Phiole zu übernehmen: Anselm erstarrte mitten in der Bewegung. Selbst Maruka hatte instinktiv inne gehalten. Danach übten sie sich darin, dass Syrella Marukas Hand führen durfte. Was folgte, fühlte sich mit zunehmender Übereinkunft wie ein Tanz an, in dem Maruka sich leiten ließ. Mit zunehmender Erschöpfung war es sogar verführerisch, sich geistig zurück zu lehnen und Syrella einfach machen zu lassen.
Sie nahmen Anselm die Kreide weg, auch wenn das bedeutete, dass Maruka mit ihren Klauen und den stark angerosteten Resten eines Dolches von seinem Gürtel ihm die Finger regelrecht aufschneiden und -brechen musste. Es war ein widerwärtiger Kampf der widerstrebenden Finger, der Kontrolle über die Zeit und dem Verlangen nach der Kreide.

Dann begann Syrella, zu zeichnen. Schnörkel und Schwünge, die die Magierin ihr tatsächlich niemals allein hätte erklären können. Jetzt aber wurde Maruka unfreiwillig auf die intensivste Art eine Schülerin, die man sich vorstellen konnte, denn sie spürte Syrellas Kenntnisse und dachte ihre Gedanken mit. Sie spürte in ihrer eigenen Hand, wann die Kreide einen Strich stoppte, auch wenn nicht sie den Befehl, zu stoppen, gab. Gleichzeitig schien Syrella für Celcia übliche Vorbehalte gegen Hybriden zu hegen, aber von den Fähigkeiten und der Geschmeidigkeit von Marukas Körper doch beeindruckt zu werden. Als ein Stück einer Planke sich allein schon wegen des Druckes der Kreide löste und zerbröselnd nach unten rieselte und es unter ihren Füßen bedrohlich knirschte, rettete sie sich mit einem Satz zur Seite, den die Menschenfrau so nie hin bekommen hätte. Verdammt! Nicht schlecht! Das war knapp! Dann fluchte die Magierin hingebungsvoll. Das unvermeidbare Loch im Boden mit dem Bannkreis zu umgehen, schien kaum möglich. Die 'Krüppellinien', wie Syrella sie nannte, sahen selbst für Marukas Laienauge furchtbar aus, aber sie mussten, mussten! geschlossen sein. Sie malten selbst in die Risse des Holzes hinein. Irgendwann fiel Maruka auf, dass die Kreide niemals hätte reichen dürfen. Zauberkreide. Mit Zutaten, die teils aus der Feenwelt kommen, erklärte Syrella nüchtern, oder was glaubst du, wie oft Magiere ansonsten nach Zyranus reisen müssten, bloß um Kreide zu kaufen? Wir können froh sein, dass hier überhaupt welche ist.
Wir hätten aber auch weniger Probleme gehabt, wenn er keine gehabt hätte...
, knurrte sie schließlich den für den ganzen Schlamassel verantwortlichen Schwarzmagier an.

Wie viel Zeit sie brauchten, hatte nie so wenig eine Rolle gespielt wie jetzt, aber irgendwann waren sie fertig. Syrella seufzte: Besser geht es nicht, und Maruka wusste, sie hatte sich wirklich alle Mühe gegeben.
Der wahre Name des Dämons war in die Phiole eingraviert, und aus Kreide war er nun auch Teil des Bannkreises. Belphegor sollte drinnen bleiben, auch sein Name stand verklausuliert durch magische Symbole im Kreis. Kaîr sollte drinnen bleiben. Revien sollte hinaus dürfen. Sein Name war fast so speziell wie der des Dämons, und es war ganz allein Marukas Verdienst, dass ihm nicht ein schreckliches Schicksal widerfuhr:
Denn SIE konnte Syrella erklären, dass der Wächter dieser Stätte aus zwei Wesen bestand, und dass der Elf Enveri Teil des Wesens Revien war. Sie korrigierte damit Syrellas erste Symbolik, denn ansonsten hätte 'Revien' hinaus gedurft, Enveri aber nicht...
Es hätte ihn zerrissen!, durchfuhr selbst Syrella ein Schreck, und sie musste all ihre Kenntnisse zusammen kratzen, um diesem Sachverhalt in magischen Symbolen Rechnung zu tragen.
Ich hab noch nie sowas gemacht. Hoffentlich klappt das.
Dutzende Symbole, die für ihrer aller Namen standen. Bannende Symbole. Beschwörende Symbole.

Syrella dirigierte Maruka an eine bestimmte Position des Zirkels und nun musste sie sich unglaublich konzentrieren, denn sie brauchten ihre Aufmerksamkeit eigentlich ganz auf dem Ritual und beim Gespräch mit dem Dämon, gleichzeitig durfte die Kontrolle über die Zeit nicht schwinden, wollten sie nicht vom gesteuerten Anselm doch noch angegriffen oder auch nur gestört werden!
Syrella ächzte: Ich kann das nicht. Großmeister der Magie können das, und es ist schweißtreibende Arbeit! Wir müssen das zusammen machen, Maruka: DU konzentrierst dich darauf, die Zeit an zu halten, du hast jetzt lange genug gespürt, wie das geht, ja? Halt einfach die Zeit an!
'Halt einfach die Zeit an'... Vor zwei Tagen noch hätte Maruka über eine solche Aufforderung nur ungläubig gelacht! Aber ja, sie hatte gespürt, was Syrella die ganze Zeit getan hatte und verstärkte mit ihrer linken Hand den Griff um die Phiole an ganz bestimmten Punkten, während sie sich konzentrierte. Sie hatte keine magische Kraft, aber genau das übernahm die Phiole, so viel hatte sie inzwischen verstanden. Sie konnte nicht zu Anselm sehen, denn sie musste in den Kreis zum Dämon schauen, aber sie stellte sich Anselm vor und zwang ihn zum innehalten, stellvertetend für die ganze Zeit um sie herum, so weit die Macht der Phiole reichte.

In der Rechten hielt Syrella einen Stock, um den sie umständlich, weil fast nur mit einer Hand, einen Fetzen Stoff geknotet hatte, um an einer bestimmten Stelle nun den inneren Kreis zu durchbrechen: sie wischte an einem Punkt die Kreide weg, kratzte über das Holz und unterbrach damit die Linie.
Beide hielten den Atem an.
Ein Sog entstand im Zentrum der Kreidekreise. Er umwirbelte Revien und bildete einen schwarzen Schatten, der in den äußeren Bannkreis sickerte und sich dort zu 'Pantherchens' Gestalt verfestigte.
Ist das auch Enveri? Er muss es sein, dachte Syrella unbehaglich und hoffte, mehr Lebenszeichen vom Wächter zu erhalten, doch dieser schien gerade kaum mehr wimmern zu können. Sie durfte nicht zu lange warten, der magische Strom, der die Kreide ersetzte, ließ nach. Es muss reichen! Sie ließ Maruka sich strecken und vor beugen, um den inneren Kreis wieder schließen zu können. Sie durfte auf gar keinen Fall das Gleichgewicht verlieren! Und tat es auch nicht. Mit katzenhafter Geschmeidigkeit kam sie wieder zurück in den aufrechten Stand.
Dein Körper ist ein Segen, dachte Syrella beiläufig und schaute prüfend auf den inneren Zirkel. In diesem befanden sich nun also nur noch der Dämon und ein vor Wut tobender, aber machtloser 'Belkaîr'.
Maruka und Syrella - oder Marella? - strafften ihre Gestalt und die Magierin sprach nun den Dämon direkt an:
"Vremyaspad! Höre mich! Ich biete dir die Freiheit an, in den Harax zurück kehren zu dürfen und nicht mehr an dieses Artefakt", sie hob die Phiole etwas an, "gebunden zu sein.
Habe ich dein Interesse?"

"Du hast meine volle Aufmerksamkeit, totes Mischwesen", fauchte es aus dem Kreis, während weiter bildliche Wirbel um ihn tanzten. In diesem Moment wurde ein Geier mit Blüten statt Federn krächzend in ein haiartiges Maul gezogen. Maruka versuchte, sich auf Anselm zu konzentrieren und irgendwie nicht zu genau hinzusehen. Selbst Syrella musste kurz um ihre Fassung ringen, als der Dämon so gemein war, sie selbst zu Lebzeiten zu zeigen, und wie ihr Körper in der Gefangenschaft des dunkelelfischen Nekromanten zerfiel.
"Was willst du?"
"Ich will, dass das Wesen, das einst Belphegor war, nie wieder unsere Welt der Sterblichen behelligen kann. Ich würde es begrüßen, wenn er die Lebenskraft verliert, die Kaîr ihm überlassen hat." Syrella atmete durch und sie beide wussten aus ihrer Erfahrung heraus, dass sie sehr sorgfältig formulieren musste. "Liegt es in deiner Macht, ihm die Lebenskraft zu entziehen?"
Der Dämon grinste. Zumindest sollte das Bild des Schlundes, das er zeigte, dies wohl suggerieren, auch wenn ihm dabei die Zähne verfaulten und ausfielen.
"Ja, das kann ich. Wem soll ich diese Lebenskraft geben?"
Maruka spürte, wie Syrella die Stirn furchte. "Musst du sie jemandem geben?"
"Ja. Sterbliche Zeit kann ich nur stehlen und leiten."
Syrella grübelte. "Ich verstehe."
Der Dämon grinste: "Ich könnte sie dir geben...", lockte er. Die Magierin zog die Luft ein, soweit ihr das in ihrer Gestalt möglich war, zumindest spürte Maruka die Verlockung.
"Ich habe keinen Körper."
"Hast du nicht...?" Augen, in denen das Licht des Lebens fortwährend erlosch, sahen das Serval-Mischwesen mitleidlos an.

Inspiration: Die Versuchung

Syrella schluckte. "Nein", sagte sie entschieden. "Aber danke für den Hinweis.
Gib die Lebenskraft, die du Belphegor entziehen sollst, diesem Hybridenwesen von Menschenfrau: Maruka. So soll einer meiner Befehle lauten, für die ich dir den angebotenen Gefallen tue."

Die Sprache der Dämonen tat Maruka in den Ohren weh, sie klang furchtbar und sie verstand überhaupt nur, was gesprochen wurde, weil sie Syrellas Gedanken wahrnahm, die sie für sie beide zwangsläufig übersetzte.
Der Dämon zischte: "Einer deiner Befehle?", echote er ungehalten und argwöhnisch, "Was willst du noch?"
"Was nach diesem Entzug von Belphegor übrig ist, sollst du mit dir in den Harax nehmen und bewachen, auf dass er NIE wieder in unsere Welt der Sterblichen gelange!"
"Das tue ich nicht", grollte der Dämon. "Ich bin ein Dieb. Kein Wächter."
Das schien nach Syrellas Verständnis - und vielleicht sogar nach Marukas - Sinn zu machen und Syrella grübelte abermals.
"Aber es schien, als hättest du durch Stians Opfer Belphegor bewacht - an der Rückkehr in diese Welt gehindert - was war tatsächlich der Fall?", versuchte sie zu verstehen.
"Es war Stians Wille, ihn zu bewachen. Stian war Wächter. Stians Magie hielt Belphegor zurück, so lange seine Lebenskraft währte. Sie war so gut wie aufgebraucht."
Wieder grinste der Dämon und Syrella schluckte erneut. Fragen drängten sich auf, allerdings Fragen, die sie nicht stellen wollte und von denen sie nicht erwartete, dass sie zu etwas führten.

"Dann nimm meine Lebenskraft und meine Magie, damit Belphegor im Harax bewacht wird."
Syrella und wahrscheinlich auch Maruka zuckten zusammen, als der schlappe schwarze Fellhaufen im äußeren Bannkreis plötzlich seine brüchige Stimme und seinen Kopf erhob, um wie mit letzter Kraft, aber entschlossen, zu sprechen.
"Lasse mir nur das Viertel einer Stunde, um Abschied zu nehmen."
Der schwarze Kopf drehte sich zu der Frau außerhalb. Unglaublich müde Augen suchten Marukas Blick.
Betritt nicht den Kreis!, warnte Syrella sie leise prompt. Aber sie hielt sie nicht auf und schien selbst abzuwarten, wie Maruka hierauf reagierte.

Revien streckte eine Hand nach Maruka aus, das schwarze Fell darauf hatte keinerlei Glanz und wirkte völlig spröde und stumpf. Es tat in der Seele weh, ihn so zu sehen. Seine Hand reichte nicht weiter als zur Kreidelinie, die den äußeren Kreis zog.
"Bitte, lass mich gehen", flüsterte er und blinzelte müde, "Es ist meine einzige Möglichkeit, meine Pflicht zu erfüllen und trotzdem endlich gehen zu können."

Inspiration: Lass mich gehen

"Du...
... hast mir noch ein mal gezeigt, was Leben ist." Er lächelte müde. Der Dämon stieß ein angewidertes Zischen aus.
"Und was Liebe ist."
Jetzt tobte der Dämon und wäre wohl am liebsten geflohen. Aber kaum jemand schien ihn zu beachten.
"Du hast mich ein letztes Mal mit mir selbst versöhnt. Mit dem Tier in mir versöhnt. Mit meinem Schicksal versöhnt."
Ihre Hände berührten sich über der Kreidelinie. Reviens Augen schimmerten, oder waren es die Tränen in ihren eigenen?
"Ich danke dir.
Es gibt ein Letztes, was ich für dich tun kann..."
Er schloss die Augen und schien sich zu konzentrieren. Wärme floss in ihre Hand, als er ihre Finger fester umschloss und sie glaubte, das vertraute grüne Leuchten zu sehen. Es schien durch ihre Augen in ihr Herz zu fließen.

Gleichzeitig machte sein Druck ihr Angst, und auch die Härte in seiner Stimme:
"Syrella! Sprich den Befehl! Sprich ihn!"
Revien machte ihr Angst, denn so herrisch hatte sie ihn noch nicht gehört, wo nahm er gerade die Kraft her? Selbst Syrella schien sich dem nicht entziehen zu können - nein, sie betrog sie in diesem Moment, denn sie drängte Maruka zur Seite, um erneut die Kontrolle über ihre Zunge zu übernehmen, egal ob diese wollte oder nicht.
"Vremyaspad! Höre mich! So lauten meine Befehle: Nimm die Lebenskraft, die jetzt noch zu Belphegor gehört und ..."

...es zerriss sie. Sie hörte wie durch Watte nur noch ein Flüstern Reviens:
"Ich stelle dich deinem Tiergeist vor, Maruka. Dies sei mein Geschenk: Ihr seid frei...
wenn ihr wollt..."
Sie spürte sein Lächeln.
Sie sah und fühlte sonst nichts mehr außer weicher Schwärze.

Irgendwo, irgendwann löste sich die Schwärze von ihr und sie merkte, dass es Pelz war. Sie lag irgendwo im Nirgendwo, konturloses Grau nur um sie herum.
Eine pechschwarze, geschmeidige Serval-Dame mit großen, abgerundeten Ohren und strahlend blauen Augen sah zu ihr, wandte sich ab, schlenderte ein paar Schritte, ließ sich dann nieder und putzte sich gelangweilt wirkend das Fell, während sie sie beobachtete. Abwartete.
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Re: Shyréa

Beitrag von Maruka » Montag 24. August 2020, 19:06

Maruka wurde freiwillig und auf die intensivste Art eine Schülerin, die man sich kaum vorstellen konnte, sie lernte und war doch in gewisser Weise nur Zuschauer. Und sie war GLÜCKLICH darüber! Sie spürte Syrellas Kenntnisse und dachte ihre Gedanken mit. Sie spürte in ihrer eigenen Hand, wann die Kreide einen Strich stoppte, auch wenn nicht sie den Befehl, zu stoppen, gab.
Es war eine Erfahrung die man gewiss nur einmal im Leben machte!

Wie viel Zeit sie brauchten, hatte nie so wenig eine Rolle gespielt wie jetzt, aber irgendwann waren sie mit den Bannkreisen fertig. Der wahre Name des Dämons war in die Phiole eingraviert, und aus Kreide war er nun auch Teil des Bannkreises. Belphegor sollte drinnen bleiben, auch sein Name stand verklausuliert durch magische Symbole im Kreis. Kaîr sollte drinnen bleiben. Revien sollte hinaus dürfen. All die anderen Erkenntnisse schwebten im „dazwischen“. Maruka musste sie nicht verstehen, aber sie verfolgte alles sehr genau. Syrella dirigierte Maruka an eine bestimmte Position des Zirkels und nun musste sie sich unglaublich konzentrieren, denn sie brauchten ihre Aufmerksamkeit eigentlich ganz auf dem Ritual und beim Gespräch mit dem Dämon, gleichzeitig durfte die Kontrolle über die Zeit nicht schwinden, wollten sie nicht vom gesteuerten Anselm doch noch angegriffen oder auch nur gestört werden! Also bekam Maruka die einzelne Aufgabe:
'Halt einfach die Zeit an'...
Vor zwei Tagen noch hätte Maruka über eine solche Aufforderung nur ungläubig gelacht! Aber ja, sie hatte gespürt, was Syrella die ganze Zeit getan hatte und verstärkte mit ihrer linken Hand den Griff um die Phiole an ganz bestimmten Punkten, während sie sich konzentrierte. Dies war der Punkt an dem sie sich noch ein bisschen mehr zurück lehnte, bzw. in ihrem „innern“ beiseite trat um Syrella die Führung zu überlassen. Sie hatte die Sorge, dass selbst ihre Gedanken sie sonst stören könnten und das hier war wichtig!
Dann ging es los. Sie wischten an einem Punkt die Kreide weg, kratzten über das Holz und unterbrachen damit die Linie. Beide hielten den Atem an. Ein Sog entstand im Zentrum der Kreidekreise. Er um wirbelte Revien, den Mann den sie liebte, und bildete einen schwarzen Schatten, der in den äußeren Bannkreis sickerte und sich dort zu 'Pantherchens' Gestalt verfestigte. Maruka fühlte Angst in sich aufsteigen, Angst um Revien, Pantherchen und Enveri, aber sie wischte sie fort. Ihre Konzentration galt einzig ihrer Aufgabe MUSS ES! Syrella ließ Maruka sich strecken und vor beugen, um den inneren Kreis wieder schließen zu können. Sie durfte auf gar keinen Fall das Gleichgewicht verlieren! Und tat es auch nicht. Mit katzenhafter Geschmeidigkeit kam sie wieder zurück in den aufrechten Stand. Im inneren Zirkel befanden sich nun also nur noch der Dämon und ein vor Wut tobender, aber machtloser 'Belkaîr'.
Maruka und Syrella - oder Marella? - strafften ihre Gestalt und die Magierin sprach nun den Dämon direkt an und die Verhandlungen begonnen:
"Vremyaspad! Höre mich! …
Eine Weile hörte Maruka irgendwo einfach nur still im hintersten Winkel ihrer Selbst zu. Bis sich die Stimmung plötzlich änderte. Der Inhalt der Worte war wichtig für das Ritual, aber die Schwingungen darunter nahm Maruka feiner als jedes andere Wesen war. Der Dämon grinste und wurde zum Verführer:
"Ich könnte sie dir geben..."
, lockte er. Die Magierin zog die Luft ein, soweit ihr das in ihrer Gestalt möglich war, zumindest spürte Maruka die Verlockung, aber verstand sie nicht mal gleich. Was war das hier gerade für ein Angebot?
"Ich habe keinen Körper."
"Hast du nicht...?"
Oh...
Syrella schluckte.
"Nein...Aber danke für den Hinweis...“
Die Verhandlungen gingen weiter, ohne das Maruka darauf Einfluss nahm. Sie wusste einfach, dass es so richtig war, selbst als leichtes Erstaunen sie ergriff und SIE Lebensenergie bekommen sollte. Aber verstand sie, was das bedeutete? Nein, also machte sie sich auch keine Gedanken darüber. Dann ging es aber um Lebensenergie, die wohl im Harax benötigt wurde...
"Es war Stians Wille, ihn zu bewachen. Stian war Wächter. Stians Magie hielt Belphegor zurück, so lange seine Lebenskraft währte. Sie war so gut wie aufgebraucht."
Wieder grinste der Dämon und Syrella schluckte erneut. Fragen drängten sich auf, allerdings Fragen, die sie nicht stellen wollte und von denen sie nicht erwartete, dass sie zu etwas führten. Plötzlich unterbrach eine Stimme den Handel.
"Dann nimm meine Lebenskraft und meine Magie, damit Belphegor im Harax bewacht wird."
Syrella und Maruka zuckten zusammen, als der schlappe schwarze Fellhaufen im äußeren Bannkreis plötzlich seine brüchige Stimme und seinen Kopf erhob, um wie mit letzter Kraft, aber entschlossen, zu sprechen. Maruka konnte plötzlich nicht mehr atmen und begann in kurzen Zügen zu hecheln.
"Lasse mir nur das Viertel einer Stunde, um Abschied zu nehmen."
Der schwarze Kopf drehte sich zu der Frau außerhalb. Unglaublich müde Augen suchten Marukas Blick.
Betritt nicht den Kreis!
, warnte Syrella sie leise prompt, was auch gut war, denn Maruka wusste rein auf emotionaler Ebene, was hier gerade passierte. Seine Stimme klang so sehr nach Abschied, aber sie erlaubte sich keinen klaren Gedanken. Einzig ihr Herz flehte nach einer letzten Berührung. Revien streckte eine Hand nach Maruka aus, das schwarze Fell darauf hatte keinerlei Glanz und wirkte völlig spröde und stumpf. Es tat weh, ihn so zu sehen. Seine Hand reichte nicht weiter als zur Kreidelinie, die den äußeren Kreis zog. Maruka zitterte an ganzen Körper. Langsam hob sie ihre Handfläche seiner entgegen.
"Bitte, lass mich gehen"
, flüsterte er und blinzelte müde.
"Es ist meine einzige Möglichkeit, meine Pflicht zu erfüllen und trotzdem endlich gehen zu können. Du... ... hast mir noch ein mal gezeigt, was Leben ist."
Er lächelte müde. Der Dämon stieß ein angewidertes Zischen aus.
"Und was Liebe ist."
Jetzt tobte der Dämon und wäre wohl am liebsten geflohen. Aber kaum jemand schien ihn zu beachten. Marukas Tränen rannen in ihr Fell und brannten auf ihren Wangen, aber sie …
...lächelte.
"Du hast mich ein letztes Mal mit mir selbst versöhnt. Mit dem Tier in mir versöhnt. Mit meinem Schicksal versöhnt."
Ihre Hände berührten sich über der Kreidelinie. Reviens Augen schimmerten wie ihre, aber ihr Herz schickte ihm all ihre Liebe!
"Ich danke dir. Es gibt ein Letztes, was ich für dich tun kann..."
Er schloss die Augen und schien sich zu konzentrieren. Wärme floss in ihre Hand, als er ihre Finger fester umschloss und sie glaubte, das vertraute grüne Leuchten zu sehen. Es schien durch ihre Augen in ihr Herz zu fließen. Ihr Atem erbebte und sie atmete tief ein. Er ging und was auch immer er ihr gab, sie nahm alles dankbar an. Tief in sich fühlte sie, dass es ihr letzter gemeinsamer Moment war. Die Härte in seiner Stimme, ließ sie leicht zucken, aber noch hielten seine Finger die ihren umschlossen. Noch war er bei ihr. Ihr Schluchzen war leise, aber sie konnte es nicht unterdrücken, auch wenn sie für ihn stark sein wollte... Ihr Herz drohte mit ihm gehen zu wollen.
"Syrella! Sprich den Befehl! Sprich ihn!"
Wo nahm er gerade die Kraft her? Vielleicht auch von ihr, von ihrer Liebe? Syrella drängte Maruka zur Seite, um erneut die Kontrolle über ihre Zunge zu übernehmen, egal ob diese wollte oder nicht.
"Vremyaspad! Höre mich! So lauten meine Befehle: Nimm die Lebenskraft, die jetzt noch zu Belphegor gehört und ..."
...es zerriss sie! Sie hörte wie durch Watte nur noch ein Flüstern Reviens:
"Ich stelle dich deinem Tiergeist vor, Maruka. Dies sei mein Geschenk: Ihr seid frei...
wenn ihr wollt..."

Sie spürte sein Lächeln.
Ich liebe dich!
Sie sah und fühlte sonst nichts mehr außer weicher Schwärze.



Irgendwo, irgendwann löste sich die Schwärze von ihr und sie merkte, dass es Pelz war. Sie lag irgendwo im Nirgendwo, konturloses Grau nur um sie herum. Eine pechschwarze, geschmeidige Serval-Dame mit großen, abgerundeten Ohren und strahlend blauen Augen sah zu ihr, wandte sich ab, schlenderte ein paar Schritte, ließ sich dann nieder und putzte sich gelangweilt wirkend das Fell, während sie sie beobachtete. Abwartete.
Ich hab ihn geliebt!
Maruka spürte den Nachhall ihres Leides in jeder Zelle. Nur langsam begriff sie, dass irgendetwas anders war. Zögerlich streckten sich ihre Gedanken zu der Katzendame aus:
...Servali?
Noch zögerlicher versuchte sie sich selbst wieder gewahr zu werden und noch viel später ihrer Umgebung.
Was... ist passiert? Was... ich... bin ich? …Wo bin ich?
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"Ich schreibe so lange, wie der Leser davon überzeugt ist, in den Händen eines erstklassigen Wahnsinnigen zu sein."
Stephen King

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Re: Shyréa

Beitrag von Erzähler » Sonntag 30. August 2020, 20:32

Ich liebe dich!
Ja, er hatte ganz sicher ihre Stärke gebraucht. Und wenn es auch nur das Vertrauen gewesen war, das er in ihren Augen hatte sehen können. Denn er hatte durch sie wieder vom Leben gekostet, und wer ließ das schon gerne los?
Und nun war er tot, sehr sicher... endlich - nach seinem Empfinden. "Es ist meine einzige Möglichkeit, meine Pflicht zu erfüllen und trotzdem endlich gehen zu können."
Irrwitzigerweise hatte das so hoffnungsvoll geklungen! Und doch tobte nun Leid durch sie. Leid, das eine undefinierte Zeit lang selbst ihr eigenes Dasein überschattete.
Ich hab ihn geliebt! Maruka spürte den Nachhall ihres Leides in jeder Zelle. Nur langsam begriff sie, dass irgendetwas anders war. Zögerlich streckten sich ihre Gedanken zu der Katzendame aus:
...Servali?

Konnte das Katzenwesen sie hören, ihre Gedanken hören? Maruka hörte nichts, und die Selbstverständlichkeit, mit der sie seit einer Weile mit der 'anderen Stimme' in sich kommuniziert hatte, ließ nun einen Nachhall von Einsamkeit entstehen. Als ginge es ihr nicht schon dreckig genug! Nicht nur Revien war tot: das Wesen, mit dem sie zuvor verbunden gewesen war, hockte wenige Schritte von ihr entfernt
und schien sie nicht zu hören.

Die Frage, ob es hier - wo immer 'hier' war - überhaupt Geräusche gab, erübrigte sich, als von Maruka ein Stöhnen erklang. Sie hörte sich selbst, und auch die Katze schien den Klang zu hören, denn ihre Ohren zuckten sofort und richteten sich zu ihr aus.
Die Schnurrhaare wölbten sich nach vorn, und Maruka hörte einen sehr leisen Laut, der irgendwie fragend klang. In der Servaldame regte sich Mitleid, das konnte sie erkennen. Sehr eindeutig sogar. Es schien ihr so offensichtlich, dass sie es spontan mit einem "Bist du in Ordnung?" übersetzt hätte, wäre die Katze ein Mensch gewesen.
Natürlich war nichts in Ordnung, und das schien auch der Katze klar zu sein, denn zögerlich kam sie näher und schnurrte beruhigend - tröstend? Dann leckte sie über die blasse Haut der Menschenfrau. Ihre Zunge war fast unangenehm rauh auf ihrer Hau...

Haut.

Bei Ventha, sie war...

eine Mantronerin!
Sie hatte ihren Körper wieder! Sie sah aus, wie... die Mantronerin Maruka!

Als die Servali das überraschte Zucken der Menschin fühlte, zuckte auch sie zurück und duckte sich abwartend, leicht misstrauisch. Fluchtbereit. Die Ohren bewegten sich in einer Art, die Unentschlossenheit verriet.

Wo sie waren? Das ließ sich nicht ermessen. Sie konnte sich hinstellen. Sie hatte das Gefühl, sich zwicken zu können. Aber sie hatte außer der Servali in ihrer Nähe keinerlei Umgebung, die Reaktionen verriet. Sie war sich nicht einmal sicher, ob hier 'Luft' im herkömmlichen Sinne war, auch wenn sie keine Angst hatte, zu ersticken.
War sie selber tot? Bewusstlos? Träumte sie?
Was auch immer zutraf, sie hatte nie derartiges erlebt.
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Re: Shyréa

Beitrag von Maruka » Montag 31. August 2020, 08:10

Das hier musste ein Traum sein! Die Umgebung passte auch, so eintönig wie sich gerade ihr Herz anfühlte. Servali hörte nicht ihre Gedanken, sehr wohl aber ihr Seufzen. Ihr Fell fühlte sich so weich an zwischen Marukas Fingern, die sie gedankenversunken kraulten. Sie war zu Maruka gekommen, leckte über ihre Hau...
Haut.
...
Bei Ventha... Finger, Haut...
In der Bewegung verharrend sah Maruka auf ihre Hand und drehte diese langsam vor ihren Augen. Die Krallen waren fort, das seidige Fell, … alles war wie früher....
Ich bin eine Mantronerin!
Sie hatte ihren Körper wieder! Sie sah aus, wie... die Mantronerin Maruka! Wie die Menschenfrau ihrer Vergangenheit, die Revien nie gekannt...
...nie geliebt hatte.
Wo was das geblieben dass sie ausmachte, das sie mit ihm verband? Ein Teil von ihr sollte sich gewiss freuen, aber in ihrer Trauer fühlte sie nur eins:
Verlust.
Sie hatte Revien verloren, Servali und nun auch das einzige, auf das sie gelernt hatte stolz zu sein. SIE hatte doch Revien gezeigt, dass sich den Körper mit einem Tier zu teilen, nichts schlimmes war. Hatte er bis zum Ende nicht verstanden, dass sie glücklich war – so wie sie war? Das sie ihre fellige Haut geliebt hatte? Er hatte sie doch auch so geliebt, wie sie war... oder?
Warum wird mir alles genommen? Alles...was mich an ihn erinnert? Revien? Wolltest du das so?
Alles in ihr sträubte sich noch gegen die Veränderung, denn das Leid war noch zu nah. Maruka wollte sich noch an ihren Erinnerungen festhalten. Das war irrational, gewiss, aber sie fühlte gerade so. Maruka hatte das überraschte Zucken der Katze nicht mal bemerkt. Als sie dann zu ihr sah, sah sie ihr Misstrauen. Fluchtbereit hockte sie da. Die Ohren bewegten sich in einer Art, die Unentschlossenheit verriet. Sie war ganz Tier und Maruka ganz Menschenfrau. Warum fühlte sich das so falsch an?
„Wirst auch du mich verlassen?“
Maruka hatte in der Sprache der Katzen zu ihr sprechen wollen, war sich aber selbst nicht sicher, ob selbst das noch funktionierte, oder ob sie auch das verloren hatte? Alles fühlte sich auf einmal so unwirklich und fern an. Sie selbst, die Umgebung...
Bin ich tot? Bewusstlos? Träumte ich?
Wo war sie? Das ließ sich nicht ermessen. Sie richtete sich langsam auf um Servali nicht noch mehr zu ängstigen und zwickte sich in den Arm. Tat es weh?
„Hast du auch Angst?“
, fragte sie die Katze besorgt. Hatte sie überhaupt etwas an oder war sie wie erwartet nackt? Vorher hatte sie ja auch was angehabt und nicht nur ihr Fell getragen. Plötzlich fühlte sie sich in ihrer eigenen Haut unglaublich nackt und verletzlich.
Ich habe Angst.
Maruka sah sich um und versuchte in all dem Grau eine Veränderung zu finden, aber sie hatte außer der Servali in ihrer Nähe keinerlei Fixpunkt, so dass ihr bald die Augen weh taten. Sie war sich nicht einmal sicher, ob hier 'Luft' im herkömmlichen Sinne war, auch wenn sie keine Angst hatte, zu ersticken. Sie machte ein paar vorsichtige Schritte durch dieses Nichts und achtete darauf, nah bei der Katze zu bleiben.
Warum bin ich hier? Manthala? Hast du mich erneut zu dir geholt? ...jetzt da mein Auftrag beendet ist?
Maruka erinnerte sich zurück an das letzte „Versetzen“ durch die schattenhafte Göttin, doch auch wenn sie viele Parallelen fand, so war das hier auch ganz anders. Sie streckte die Hand nach der hochbeinigen Raubkatze aus und hoffe, das diese sich nicht auch so verloren fühlte. Ihre Finger suchten das dichte Nackenfell und hielten sich daran fest. Erst dann rief sie erst leise, dann lauter werdend:
„Ist da jemand? … Ist da jemand?“
...
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Re: Shyréa

Beitrag von Erzähler » Freitag 9. Oktober 2020, 03:53

Verlust.

Das Gefühl drohte, alles zu beherrschen.
Warum wird mir alles genommen? Alles...was mich an ihn erinnert? Revien? Wolltest du das so?
Eine Frage, auf die sie hier keine Antwort bekommen würde. Außer, wenn sie sich an seine letzten Worte erinnern wollte:
"Ich stelle dich deinem Tiergeist vor, Maruka. Dies sei mein Geschenk: Ihr seid frei...
wenn ihr wollt..."


Wenn sie wollten?

Ja, da hockte die Servali vor ihr, mit der sie verbunden gewesen war und die Trennung fühlte sich für Maruka falsch an. „Wirst auch du mich verlassen?“, fragte sie und das für eine Hauskatze deutlich zu große schwarze Katzenwesen legte den Kopf etwas schief. Ein Auge schloss sich zuckend, was man bei einem Menschen klar als Zwinkern gedeutet hätte und vielleicht als "lustig" bewertet worden wäre, aber Maruka wusste sehr genau, dass sie an der Servali Unentschlossenheit beobachtete, eine Art "Ich weiß es noch nicht?".
Langsam, um die Katze nicht zu erschrecken, richtete Maruka sich auf und zwickte sich schmerzhaft in den Arm. Ja, sie fühlte sich selbst, definitiv. Im Stehen wurde ihr ihre Größe etwas unangenehm bewusst, denn die Servali wirkte nun plötzlich so klein! Kleiner, als ihr Selbstbild es ihr vorher vorgegaukelt hätte.
Servalis Nase zuckte missmutig, als sie an der nackten Maruka empor schaute. Auch ihr schien die Menschenfrau zu groß zu sein und sie drehte sich einmal im Kreis um sich selbst und streckte sich sehr demonstrativ und austestend. Ein unwilliger Laut:
"Ich komme mir vor, als wäre ich zu klein." Noch mal sah die Katze hoch und schien nun etwas zu vermissen - dass sie vorher durch den Anteil der Mantronerin in sich größer gewesen war?

„Hast du auch Angst?“, fragte Maruka sie, aber in einer diesmal tatsächlich sehr menschlich wirkenden Geste schüttelte die Katze den Kopf und ließ den Blick etwas schweifen.
"Nein. Ich bin hier zuhause." Sie betrachtete die Menschenfrau und stellte lakonisch, mit einer Spur von Mitleid fest: "Im Gegensatz zu dir."
Sie kam wieder näher und schmiegte sich seitlich an Marukas Bein, schnurrte beruhigend:
"Gräme dich nicht zu sehr. Männchen kommen und gehen eben."
Es klang nur einen Fitzel bedauernd, eher so gleichgültig, dass es schmerzen und verletzend wirken mochte, obwohl es tröstend gemeint gewesen war! Leicht unsicher sah die Katze an ihr hoch.
"Aber du fühlst anders, nicht?", versuchte sie immerhin, zu verstehen. "Ist das bei Menschen immer so? Musst du um jedes Männchen trauern?" Die Vorstellung schien sie abzuschrecken.

Maruka machte ein paar vorsichtige Schritte durch das Nichts und nicht nur sie achtete darauf, bei der Katze zu bleiben, sondern diese schien selbst daran interessiert, sie zu begleiten. Nach ein paar Schritten, die für Maruka keinerlei Unterschied machten, schnaufte die Katze, und es wirkte irgendwie belustigt. "Du stehst mitten in einem Baum."
Die Kommunikation zwischen ihnen war gerade ohnehin seltsam, wenn man näher auf die Details achtete:
Die Katze 'sprach' nicht in menschlichem Sinne, sondern die Mantronerin wusste extrem gut ihre Körpersprache zu deuten. Die wenigen Laute, die die Katze von sich gab, ergaben in dieser Komposition tieferen Sinn, wo andere Menschen eben nur ein 'Maunzen' hörten. Aber es war auch noch mehr als das - wenn es komplexer wurde, hatte Maruka trotzdem das Gefühl, ganze Sätze zu verstehen. War das in ihrem Kopf? Waren sie doch noch gedanklich ein bisschen verbunden? Wollte Maruka über solche akademischen Details überhaupt nachdenken und diese Phänomene analysieren?
Wahrscheinlich eher nicht.
Anderes beschäftigte sie:
Warum bin ich hier? Manthala? Hast du mich erneut zu dir geholt? ...jetzt da mein Auftrag beendet ist?
Ob sie sich jetzt daran erinnerte, was Revien gesagt hatte? Sie ihrem Tiergeist vorstellen... was bedeutete das?

Katze sah in einer ungerührten Art zu ihr, dass Maruka vermuten musste, dass die Servali diese Gedanken nicht gehört und auch nicht anders wahrgenommen hatte. Und die Mondgöttin schien unwillens, sich auf den Zuruf zu äußern, was ein Gefühl von Einsamkeit nur verstärkte. Die Katze schien sich hier ganz und gar nicht verloren zu fühlen, im Gegenteil.
„Ist da jemand? … Ist da jemand?
Die Katze streckte erneut die Vorderpfoten weit nach vorne und drückte ihr Rückgrat durch, schüttelte ein Hinterbein aus und löste sich durch das Strecken dezent aus Marukas Griff, den sie ein bisschen unangenehm zu finden schien. Dann hoppste sie... in die Luft?!... drehte sich, dass sie Maruka anschaute und setzte sich. Jetzt waren ihre Augen etwa auf gleicher Höhe. Nur, dass... die Katze... in der Luft saß... also... im Nichts schwebte.
Marukas Verstand ächzte, während sich die Schnurrhaare der Servali belustigt nach vorne wölbten.
"Siehst du hier wirklich nichts?
Und nein, hier ist niemand anderes. Also, eigentlich schon, aber... die sind weit weg, irgendwo anders. Das hier ist mein Revier."
Ein leises Knurren begleitete die letzte Aussage, und die Katze wirkte für einen flüchtigen Moment stolz und selbstbewusst.
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Re: Shyréa

Beitrag von Maruka » Dienstag 13. Oktober 2020, 08:56

Dieser merkwürdige Ort, das Nichts um sie herum, verwirrte den menschlichen Geist. Ja, es machte ihr Angst und so fragte sie:
„Hast du auch Angst?“
Die Katze schüttelte sehr menschlich den Kopf und ließ den Blick etwas schweifen.
"Nein. Ich bin hier zuhause."
Sie betrachtete die Menschenfrau und stellte lakonisch, mit einer Spur von Mitleid fest:
"Im Gegensatz zu dir."
Zuhause...
Prompt fühlte sich Maruka noch einsamer. Die Servali kam wieder näher und schmiegte sich seitlich an ihr Bein, schnurrte beruhigend:
"Gräme dich nicht zu sehr. Männchen kommen und gehen eben."
...kommen und gehen...ja, das mag wohl sein... aber es tut trotzdem weh...
Leicht unsicher sah die Katze an ihr hoch.
"Aber du fühlst anders, nicht?"
, versuchte sie immerhin, zu verstehen.
"Ist das bei Menschen immer so? Musst du um jedes Männchen trauern?"
Die Vorstellung schien sie abzuschrecken und auch Maruka war beim Gedanken nicht wohl.
Muss ich das? ...
„Ich weiß es nicht. Revien war meine erste Liebe. Mein erstes Männchen. Wenn es jedes Mal so weh tut, dann würde ich lieber auf diese Erfahrung in Zukunft verzichten.“
Die Antwort klang verbittert, war aber in diesem Moment ehrlich gesprochen, doch wusste Maruka eben noch nicht viel von der Welt und ihren Emotionalen Irrwegen. Ihr Herzschmerz saß tief und in ihrer Jugend und Unerfahrenheit, da fühlte sich dieser wie das Ende der Welt an. Vielleicht würde er vergehen, vielleicht würde sie eines Tages wieder lieben, oder andere Männchen haben. Wer wusste das schon. Aber jetzt gerade tat es noch so weh, dass ihr jeder Gedanke an andere Männchen unmöglich war. Gleichzeitig hatte aber die Katze ihren tierischen Gedankengang in Marukas Kopf gesetzt und er begann langsam in ihrem Unterbewusstsein Wurzeln zu schlagen. Wenigstens lenkte es sie ab und sie sah sich wieder um. Maruka machte ein paar vorsichtige Schritte durch das Nichts und nicht nur sie achtete darauf, bei der Katze zu bleiben, sondern diese schien selbst daran interessiert, sie zu begleiten. Nach ein paar Schritten, die für Maruka keinerlei Unterschied machten, schnaufte die Katze, und es wirkte irgendwie belustigt.
"Du stehst mitten in einem Baum."
„Was? Wo?“
Das Mädchen sah sich suchend um. Die Kommunikation zwischen ihnen war gerade ohnehin seltsam, aber darüber dachte Maruka nicht nach. Anderes beschäftigte sie:
Warum bin ich hier? Manthala? Hast du mich erneut zu dir geholt? ...jetzt da mein Auftrag beendet ist?
Die Katze schien sich hier ganz und gar nicht verloren zu fühlen, im Gegenteil.
„Ist da jemand? … Ist da jemand?“
Die Katze streckte erneut die Vorderpfoten weit nach vorne und drückte ihr Rückgrat durch, schüttelte ein Hinterbein aus. Dann hopste sie... in die Luft?!... drehte sich, dass sie Maruka anschaute und setzte sich. Jetzt waren ihre Augen etwa auf gleicher Höhe. Nur, dass... die Katze... in der Luft saß... also... im Nichts schwebte. Marukas Verstand ächzte, während sich die Schnurrhaare der Servali belustigt nach vorne wölbten.
"Siehst du hier wirklich nichts?“
Maruka schüttelte verneinend den Kopf und rieb sich über kurz über die Augen.
„Und nein, hier ist niemand anderes. Also, eigentlich schon, aber... die sind weit weg, irgendwo anders. Das hier ist mein Revier."
Ein leises Knurren begleitete die letzte Aussage, und die Katze wirkte für einen flüchtigen Moment stolz und selbstbewusst. Diesen Stolz und dieses Selbstbewusstsein hätte sie jetzt auch gern gespürt, aber Maruka und die Servali waren nicht mehr mit einander verbunden. Plötzlich kam ihr ein Gedanke.
Wenn das hier ihr Reich ist, dann bin ich vielleicht in ihr... also... so wie Enveri ein Teil in Pantherchen war. Ist das möglich????...Habe ich mich in sie zurück gezogen? Was hat Revien gesagt?... Er stellt mich meinem Tiergeist vor...
Das Jonglieren mit solchen Gedanken machte Kopfschmerzen, also fragte Maruka einfach:
„Sag mal, da wo du jetzt bist, siehst du da wieder ganz normal aus? So wie früher, bevor wir uns begegnet sind? So wie ich dich hier sehe? Bist du wieder ganz Tier?“
Und dann kam der Gedankenknoten:
„Bin ich jetzt dein Menschengeist?“
Maruka betrachtet die Höhe, wo die Katze in der Luft saß. Saß sie auf einem Stein oder Ast? Ihr Verstand versuchte sich die Umgebung durch die Augen der Katze vorzustellen, einen Blick hinaus zu erhaschen und ächzte wieder.
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Re: Shyréa

Beitrag von Erzähler » Freitag 29. Januar 2021, 22:26

Plötzlich kam Maruka ein Gedanke.
Wenn das hier ihr Reich ist, dann bin ich vielleicht in ihr... also... so wie Enveri ein Teil in Pantherchen war. Ist das möglich????...Habe ich mich in sie zurück gezogen? Was hat Revien gesagt?... Er stellt mich meinem Tiergeist vor...
Das Jonglieren mit solchen Gedanken machte Kopfschmerzen, also fragte Maruka einfach:
„Sag mal, da wo du jetzt bist, siehst du da wieder ganz normal aus? So wie früher, bevor wir uns begegnet sind? So wie ich dich hier sehe? Bist du wieder ganz Tier?“


Die Servali legte den Kopf schief und leckte sich kurz über das Fell, was wohl nur eine Geste war, während der sie nachdachte. Noch während eine Antwort auf sich warten ließ und Maruka die Frage nachschob: „Bin ich jetzt dein Menschengeist?“, versuchte sie, sich "durch die Augen der Katze" die Umgebung vorzustellen.
Das klappte besser, als erwartet: Für einen kurzen Moment war es, als existierten in Marukas Kopf zwei Bilder, und eines davon zeigte ihr aus der Position der Katze heraus einen dichten Wald, auch wenn die Farbgebung ungewohnt und fremd war: sie sah einige wilde Blüten in sattem Rot leuchten, sonst wirkte vieles eher in verschiedenen Grautönen und trotzdem extrem scharf konturiert. Ja, und vor der Katze stand die geistartige Menschenfrauengestalt, halb in einem Baum steckend, als wäre sie gar nicht stofflich existent. Für einen Moment fühlte sich der Wald unheimlich vertraut an und das Gefühl, "zuhause" zu sein, drängte einen Teil von Marukas Schmerz kurz in den Hintergrund.
Dann wurde sie aus dieser Wahrnehmung raus geschoben. "He!" Die Servali fauchte ungehalten: "Revien hat uns nicht diesen Moment gegeben, damit du mich ungefragt einfach wieder in Beschlag nimmst, also lass das!"
Etwas schien das Katzenwesen zu ärgern. Und warum hatte sie das 'wieder' so betont, als wäre das schon mal passiert?
Die Katze war auf dem Ast aufgestanden und wölbte sich größer machend den Rücken.
"Hier gelten meine Regeln und ich erlaube dir nicht, schon wieder ungefragt meine Fähigkeiten zu benutzen!"
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Re: Shyréa

Beitrag von Maruka » Samstag 30. Januar 2021, 15:35

Für einen Moment fühlte sich der Wald unheimlich vertraut an und das Gefühl, "zuhause" zu sein, drängte einen Teil von Marukas Schmerz kurz in den Hintergrund. Sie atmete auf.
...atmen...laufen...leben...
Dann wurde sie aber auch schon wieder aus dieser Wahrnehmung raus geschoben.
"He!"
Was? NEIN! Bitte....
Die Servali fauchte ungehalten:
"Revien hat uns nicht diesen Moment gegeben, damit du mich ungefragt einfach wieder in Beschlag nimmst, also lass das!"
Etwas schien das Katzenwesen zu ärgern.
Sie hat das 'wieder' betont, als wäre das schon mal passiert... Ich hab nix getan! Was soll das?!
Die Katze war auf dem Ast aufgestanden und wölbte sich größer machend den Rücken.
Sie droht mir! Will sie kämpfen? Warum?
"Hier gelten meine Regeln und ich erlaube dir nicht, schon wieder ungefragt meine Fähigkeiten zu benutzen!"
Vielleicht waren sie zu lange miteinander verbunden gewesen, vielleicht war es auch einfach Marukas jugendlicher Geist der es nicht mochte angefaucht zu werden, denn sie fauchte zurück:
„HE! Das kann ich auchcchchchchhchchhhhhhh...“
Nur hörte es sich gewiss nicht so schön oder bedrohlich an, wie wenn es die Servali machte.
„Ich weis von keinem Moment, in dem ich dir irgendwas getan hätte! Und wenn hier deine Regeln herrschen, dann … wirf mich doch raus!“
Maruka wollte hier weg. Diese Leere um sie herum war fast unerträglich, besonders weil der Geist, dem sie sich verbunden gefühlt hatte, sich plötzlich gegen sie wandte. Was war hier los? Eben hatten sie sich noch an sie geschmiegt und getröstet, jetzt fauchte sie und warf ihr Dinge vor, die sie nicht verstand, die nicht wahr waren. Sie waren eins gewesen, zwei Seelen in einem Körper, aber gleichberechtigt am Steuer.
Der Katzengeist verhielt sich nicht wie früher, pöbelte sie an, fauchte und der Mensch verstand den Sinn dahinter nicht. Was sollte das für ein Geschenk sein? Im Moment war es etwas, dass sie nicht wollte. Der Moment, den Revien ihnen gegeben hatte entwickelte sich mehr und mehr zum Albtraum. Vor allem weil gerade Revien ihr immer wieder erklärt hatte, wie sehr er unter diesem geteilten Zustand gelitten hatte. War es das was er wollte? Hatte er sie im Moment seines Todes noch spüren lassen wollen, wie kaputt er war, wie sehr es schmerzte in der Leere verloren zu sein? Ein Geist zu sein? Sie hatte es verstanden!
Maruka kam es gerade wie eine Strafe vor und die Servali untermalte es leider mit ihrem Fauchen. Ihr Verstand konnte mit der leeren Umgebung nicht umgehen, also tat er das einzige war er konnte. Er wehrte sich. Unlogische Wut stieg in ihr auf, geboren aus Angst.
„Lass mich hier RAUS!“
Die Leere war ein schlimmeres Gefängnis als der Käfig unter Deck des Piratenschiffes, als das merkwürdige Zimmer im Palast des Sammlers, oder die Gladiatoren-Zelle in der Arena. Wo hin sie auch sah, sie konnte sich an nichts festhalten außer dem Wesen, dass sie aus irgendeinem Grund nun „attackierte“. Die Angst, die Trauer und die Wut der Mantronerin begannen sich zu ballen und in ihr zu bündeln. Sie war noch immer eine Kämpferin. Für einen Bruchteil richtete sie sie auf das einzige Wesen was gerade da war, dann schüttelte sie sich.
„...Ich... Nein!... Ich halt das hier nicht aus!“
Und auch wenn es vielleicht dumm war, tat sie das einzige, was ihr im Moment richtig erschien, denn so wütend, verwirrt, traurig und ängstlich sie auch gerade war, was auch immer sie gerade für Unsinn erzählt hatte, wie unlogisch und über emotional sie gerade reagierte, sie wollte der Servali auf keinen Fall weh tun! Sie war nicht „böse“.
Also...
...rannte sie weg...

...hinein in die Leere.
Ich will ihr nicht weh tun...das bin ich nicht! Warum passiert das?
Sie lief.
Warum zeigt mir Revien sein Leid, diesen unnatürlichen Zustand? Seinen Fluch! Ich hatte ihn genau da heraus geholt und jetzt stürzt er mich in diese Welt? Seine Seele war fast daran zerbrochen so geteilt zu sein... so verloren.
Sie lief.
Es ist nichts natürliches daran, nichts gutes, nichts lebenswertes als Geist an ein anderes Wesen gekettet zu sein. Niemand weis das besser als ich... niemand außer Revien. Er hat so darunter gelitten! Warum … warum soll ich jetzt das gleiche erleiden?
Sie lief.
Ich hab ihm gezeigt, dass es nicht schlimm ist Hybrid zu sein, dass ich mein Dasein akzeptiere. Doch ER hat viel schlimmeres erlebt. Er war geteilt. Wie ferngesteuert, wenn der andere Teil von ihm am Ruder saß. Warum wirft sie mir das vor....? Weil wir jetzt geteilt sind? Revien warum tust du mir das an?
Sie lief.
Ich … zerbreche … zerfließe in dieser Leere … verloren … warum? …
Sie lief, weil sie nichts anderes mehr tun konnte oder wollte. Ein winziger Hoffnungsschimmer begleitete sie tief in ihrem Herzen, eben jener, den die vergangenen Abenteuer in ihre Seele gepflanzt hatten. Ein Licht, dass sie in sich trug.
Doch wohin lief sie? Gab es ein Ziel für sie? Vor allem lief sie vor ihrer Wut davon, vor dem Gefühl der Ungerechtigkeit, vor ihrer Angst sich in der Leere zu verlieren und doch tat sie vielleicht gerade genau das und ließ das einzige Wesen, das ihr vielleicht helfen könnte hinter sich.
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Re: Shyréa

Beitrag von Erzähler » Montag 15. März 2021, 08:41

Irgendwie lief hier alles schief. Dieser Moment, dieser Augenblick geschaffen von Revien, fühlte sich in keiner Weise wie ein Geschenk an. Maruka verstand die Welt nicht und konnte nicht nachvollziehen, wieso die Servali ihr drohte. Waren sie nicht seit langem eins? Hatten sie etwa nicht seit geraumer Zeit den Körper und den Geist miteinander geteilt und hatten so einige schwierige Hürden gemeinsam gemeistert? Wieso also dieser Umschwung, warum lief alles aus dem Ruder? Konnte es wahr sein, was die Vertreterin des Katzenvolkes da andeutete? Noch bevor Maruka herausfinden sollte, was es mit der Feindseligkeit der Katze auf sich hatte, entschied sie sich zu fliehen. Doch wohin? Einmal im Kreis gedreht empfing sie nichts als Leere. Hier gab es für sie keine Richtung, keinen Anhaltspunkt. Doch Maruka wartete nicht darauf, bis der logische Verstand einsetzte: Sie handelte wie schon unzählige Male zuvor instinktiv. Sie rannte. Immer weiter hinein in die Schwärze die drohte ihre geschundene Seele auszufüllen. In einem Moment hatte sie sich noch mit ihrem neuen Dasein arrangiert, mehr noch sie hatte es akzeptiert und konnte sogar Stolz und Neugierde empfinden. Sie hatte neuen Mut geschöpft, alles mit Hilfe von und für Revien. Und jetzt? War dies das Vermächtnis von ihm an Maruka? Sie hatte ihn geliebt – liebte ihn noch, konnte seinen Tod nicht verstehen und hatte ihn sicher noch nicht akzeptiert und dennoch, während sie rannte, richtete sich auch gegen ihn die Wut die sich in ihr gebildet hatte.

Maruka konnte nicht verstehen, was das alles zu bedeuten hatte. Die Zeit die Revien noch geblieben war hatte einfach nicht für Erklärungen ausgereicht. Sie musste selber erkennen, worin der Sinn dieser Leere bestand. Doch wie es ihrer Katzen-Natur am nächsten kam, versuchte Maruka dem Schmerz, der Einsamkeit und der Leere zu entkommen indem sie weglief. Es hatte sich bewährt, wenn man nicht weiter wusste. Es änderte vielleicht die Gegebenheiten und vielleicht würde es auch dieses Mal funktionieren. Und ihre Mitstreiterin? Ihre Freundin, ihre Vertraute? Wenn Maruka sich umdrehte, um nach ihr zu sehen, ob sie die Verfolgung aufgenommen hatte, konnte sie erkennen, dass die Katze in einigem Abstand hinter ihr war. Sie fauchte, miaute und schlug immer wieder nach Maruka, traf sie jedoch nicht. Sicherlich hätte die schwarze Großkatze sie eingeholt, doch offenbar ging es eher um das Treiben, nicht das Verletzen. Drohend grollte die Stimme der Katze hinter Maruka auf, trieb sie weiter.

Die Mantronerin konnte nicht mehr einschätzen wie lange sie lief. Vor allem aber wusste sie nicht, wie weit. In der Dunkelheit wurden Zeit und Raum aufgehoben, sodass sie ziemlich schnell die Orientierung verlor. Doch während ihre Gedanken kreisten, ihr Atem sich beschleunigte und sie die Auswirkungen ihres Weglaufens körperlich spürte, mischte sich noch ein anderes Gefühl bei: Unter ihren pfotenartigen Füßen konnte Maruka tatsächlich Boden spüren. Er wirkte sogar vertraut und wenn sie es schaffte, sich etwas darauf zu konzentrieren, dann würde sie feststellen, dass es Waldboden war. Nach dieser Erkenntnis, begann die Leere vor ihr immer mal wieder seltsam zu flimmern. Ab und an wurde das Dunkel von einem allzu bekannten Grün unterbrochen. Schemenhaft, kaum lange genug, um sich zu orientieren doch ganz offensichtlich, änderte sich etwas. Maruka lief weiter und das Flimmern wurde mehr und mehr, sodass sich nach und nach die Schwärze aufzulösen schien. Unter ihren Füßen die sie nun schon eine Weile lang getragen hatten, verdichtete sich der Boden und sie könnte Blattwerk, Erde und Zweige erfühlen. Sehen konnte sie sie noch nicht, doch ganz eindeutig entsprangen diese Empfindungen keiner Einbildung. Und je länger die Hybridin weglief, desto mehr löste sich das Gebilde des absoluten Nichts auf. Immer mehr Bruchstücke kamen zum Vorschein, immer mehr wurde die Einsamkeit von einem vertrauten Gefühl der Heimat abgelöst.
Doch plötzlich war von der Katzenfreundin nichts zu hören, nichts zu sehen oder zu spüren. Maruka hatte sich vielleicht von dieser Erkenntnis ablenken lassen, oder freute sich einfach darüber, dass die Schwärze gebannt war, denn plötzlich durchzuckte ein Schmerz ihren rechten Fuß. Sie wurde unsanft in ihrem Lauf unterbrochen, prallte zurück, als wäre ihre Leine hier zu Ende. Ein Brennen jagte ihr Bein hoch, dann verlor sie das Gleichgewicht nach vorne und fiel. Sie fiel für schrecklich lange Sekunden, ehe sie auf dem Waldboden aufschlug- so heftig, dass ihr die Luft wegblieb. Nur kurz hielt dieser Moment an, dann spürte die Mantronerin, dass sich ihr Körper erneut in Bewegung setzte. Er rollte, er rollte mit einem Mal eine Böschung hinab und hier und dort schürften Äste und Zweige das weiche Katzenfell auf. Moment- Fell? Könnte es ihren Geist durchbohren, bevor Maruka endlich langsamer wurde und schließlich zum Erliegen kam. Leider riss ihr Unglück noch lange nicht ab: Mit dem letzten unfreiwilligem Purzelbaum, traf ihr Kopf etwas Hartes und all die Erinnerungen, als die Angst, die Sehnsucht und Trauer lösten sich in dem sich ausbreitendem Kopfschmerz in Wohlgefallen auf, während schützende Schwärze sie erneut umfing. Sie war bewusstlos.

->Maruka wacht im Dorf Hajikya auf.Nochmal von vorne
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