Zwischen Jorsa und Jersa

Dies ist das südliche Königreich unter der Herrschaft des jungen und großzügigen König Richard dem Dritten. Armut findet man hier kaum, sondern meist Wohlstand und Zufriedenheit, einfach ein Reich zum Wohlfühlen.
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Marga
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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Marga » Donnerstag 6. November 2008, 21:33

Marga beobachtete, wie sich Alex und Belle langsam von der Tür entfernten, als der Anführer der Banditen sich rührte. Hatten sie Angst vor ihm? Gestern jedenfalls hatte Alex gezeigt, wie mutig er war und dass er den Banditen allein mit zwei Bratpfannen in Schach halten konnte und heute war dieser außerdem entwaffnet und vermutlich resozialisiert.

Ein bisschen desinteressiert verfolgte sie die Ereignisse draußen. Erst verschwand der Anführer im Unterholz. Die Halborkin bezweifelte, dass er abhauen wollte. Immerhin schien es fast beschlossen - ohne dass irgendjemand es aussprach - dass sie nicht dem Gesetz ausgeliefert wurden, wenn sie sich besserten und aufhörten, Leute zu überfallen. Vermutlich musste er nur seine morgentliche Notdurft verrichten. Und selbst wenn... Es hatte keine Bedeutung mehr für sie.

Das Pärchen erhob sich schließlich auch. Belenus und Laiya liefen in den Wald. Wollten sie überprüfen, dass der Bandit nicht die Flucht ergriff? Sie hatte keine Ahnung.
Etwas später kam jener wieder zurück, voll beladen mit Feuerholz. Er fachte das Feuerchen damit wieder an, bevor er sich erneut den Bauch rieb.

<b>Mich auch Hunger...</b>

, dachte sie, als ihr Bauch knurrte. Die letzte Mahlzeit lag etwas weiter zurück. Der Suppenrest vom gestrigen Tag. Und sie hatte keine Ahnung, wann die Banditen ihr letztes Mahl eingenommen hatten. Vermutlich mussten sie immer Hunger leiden, weil Luc ihnen alles wegfutterte.

Marga nahm ihre Tasche und stieg aus dem Wagen. Sie hob einen Stock vom Boden auf, holte eine Scheibe Schinken aus ihrer Tasche und wickelte diese um die Spitze. Sie setzte sich auf ein Sitzkissen und hielt den Stock über das Feuer. Sie achtete darauf, dass der Schinken nicht anbrannte oder - noch schlimmer - der Stock Feuer fing. Mit dieser primitiven Weise der Essenszubereitung musste man viel mehr aufpassen als mit einer Pfanne auf der geregelten Herdflamme.

Schließlich zog sie den Stock zurück und nahm das knusprig gebratene Stück Schinken vom Stock. Sie zerrupfte es in der Mitte in zwei Hälften und gab die eine dem Anführer und behielt die andere für sich selbst. Es war ein leckeres Frühstück, die wahrscheinlich beste Art, einen Tag anzufangen.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Samstag 8. November 2008, 18:12

Neugierig folgten Marga die Blicke von Alex und Belle, als jene den Wohnwagen mit ihrer Tasche verließ.

Der Anführer hingegen sah ihr in einer Mischung aus Vorsicht und Neugier entgegen. Aufmerksam aber schweigend verfolgte er ihre Handgriffe. Als sie den Stock mit dem Schinken über das Feuer hielt, grinste er verstehend und sah dann weg. Als würde ihn der Anblick des immer verlockender duftenden Schinkens nahezu Qualen verursachen. Und trotzdem beobachtete er weiterhin Margas geschickte Bewegungen aus dem Augenwinkel heraus. Huschte beinahe so etwas wie Bewunderung durch seinen Blick. Als sie den Stock vom Feuer zurück zog, knurrte der Magen des Anführers vernehmlich. Verlegen errötend rieb er sich erneut über den Bauch... und sah dann mehr als nur verwundert zu Marga, als jene ihm die Hälfte des Schinkens reichte. „Danke.“ Seine Stimme klang leicht rau und unsicher. Vorsichtig nahm er das knusprige Fleisch ab und ließ es sacht von einer Hand in die andere wechseln, um es ein bisschen abzukühlen. Dabei sah er nachdenklich zu der Halborkin. Schließlich räusperte er sich leise. „Es tut mir leid, dass wir euch gestern... nun... ihr wisst schon.“ Sein Gesicht wurde noch eine Spur röter. Schnell wandte er sich seinem Frühstück zu. Aß jedoch erstaunlich manierlich und langsam.

Der Geruch des gebratenen Schinkens schien auch endlich den Schlaf von Nell und dem Söldner zu durchdringen. Denn beide begannen sich zu regen. Der Söldner richtete sich sogar relativ abrupt auf und rieb sich mit einem leisen Grummeln über das Gesicht. Erst dann öffnete er die Augen, welche deutlich durchnacht und rötgerädert waren, einen kleinen Spalt breit. „Morg’n.“ Seine Stimme klang extrem rauchig und verschlafen –und eindeutig misslaunig. Kurz glitt sein Blick zu der sich langsam räkelnden Nell, bevor er mit einem weiteren Grummeln aufstand und zwischen den Bäumen verschwand.

Aus welchen in eben diesem Augenblick die Elfen zurück kamen. Arm in Arm schlenderten sie zurück zu ihrem Kissen und ließen sich elegant darauf nieder, wobei sie auch weiterhin dicht beieinander blieben. Fröhlich nickte Belenus Marga und dem Anführer zu. „Guten Appetit wünsche ich.“ Er selber schien, ebenso wie seine Gefährtin keinerlei Hungergefühl zu verspüren –oder eben mit dieser im Wald gefrühstückt zu haben. Laiya selber saß zwar kühl neben ihn, verstrahlte aber nicht mehr diese abstandschaffende Arroganz. Sie grüßte die beiden Frühstückenden sogar mit einem kleinen, beinahe freundlichen Nicken.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Marga » Dienstag 11. November 2008, 16:56

Marga wusste nicht so genau, wieso sie die Hälfte ihres morgentlichen Mahls abgegeben hatte. Das war reine Gewohnheit, so hatte man sie zu Hause erzogen. Ihr war der Magen des Banditen egal, aber es war unhöflich, an einem Tisch oder besser gesagt an einem Feuer zu sitzen und nicht zu teilen. Selbst Belle hatte gestern ganze zwei Scheiben bekommen. Sie rechnete eine Weile zusammen und fand heraus, dass sie schon die Hälfte ihres Schinkenvorrats aufgebraucht hatte. Und das, obwohl ihr Reiseziel ungewiss war. Wer konnte ihr sagen, wann sie das nächste Mal noch so gutes Fleisch zwischen die Zähne bekam? Sie musste sparsam mit den restlichen fünf Scheiben sein. Brot hatte sie auch keines mehr, doch das war billig und überall besorgbar.
Als der Bandit sich zögerlich für den Überfall entschuldigte, zuckte Marga nur mit Schultern. "Solang aufhören damit...", meinte sie kurz und knapp, bevor sie mit dem Essen anfing. Sie riss immer einen Fetzen Schinken ab und steckte ihn sich in den Mund und zerkaute ihn eine Weile bevor sie ihn runterschluckte, um den Geschmack zu bewahren, bevor sie das nächste Stück nachschob.
Beim Frühstück beobachtete sie die beiden Schlafenden. Der köstliche Geruch zog zu ihnen hinüber, denn das erste, was sie bemerkte, war ein Ziehen in ihren Nasen; Es war fast so, als würden sie im Schlaf schnuppern. Der Söldner erwachte, auch wenn seine Augen noch nicht offen waren. Marga konnte Augenringe unter ihnen entdecken. War er auch die Nacht über auf geblieben um auf die Schlafschneiderin Nell aufzupassen? Nicht nur an den Augen konnte man seine Müdigkeit erkennen. Er war auch etwa so schlecht gelaunt wie Orlo am Morgen.

Bald kamen Belenus und Laiya zurück. Belenus grüßte, indem er ihnen einen guten Appetit wünschte. Marga dachte darüber nach, den beiden auch anzubieten, ihnen etwas zuzubereiten, aber sie sahen gar nicht hungrig aus. Es war schwer hungrige Menschen zu erkennen, außer sie rieben sich ihren Bauch und starrten jede Speise in ihrer Nähe gierig an. Doch das war nur ein Extremfall. Entweder die beiden gehörten zu denen, die auch ohne Frühstück auskamen oder sie hatten sich in der Natur etwas zu essen besorgt. Belenus sah ja wie ein richtiger Naturbursche aus, bestimmt beherrschte er es, sich und Laiya allein mit den Früchten des Waldes zu versorgen. Aber zu dieser Jahreszeit? Weder Obst noch wilde Beeren wuchsen, vielleicht hatten sie ein Eichhörnchen um seinen Nussvorrat erleichtert. Ein essbares Tier zu finden hätte einfach zu lange gedauert.
Als sie mit dem Essen fertig war und sich das leckere Fett von den Fingern geleckt hatte, erhob die Halborkin sich und ging zu dem Paar hin. Ein paar Schritt vor ihnen blieb sie stehen und stellte ihre Frage:

"Meisterin, will fragen, wenn darf, wohin Reise gehen? Wo du hingehen, müssen auch mich hin, also dein Ziel auch mein Ziel."

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 13. November 2008, 15:25

Der Anführer nickte bei Margas kurzer Forderung ebenso knapp, aber ernst. Es schien, als würde er wirklich in Betracht ziehen, seine sogenannte Berufung aufgeben zu wollen. Denn als er sein von ihr spendiertes Mahl fortsetzte, aß er sehr langsam und nachdenklich. Und auch, als er sein Frühstück beendet hatte und sich ebenso wie Marga die Finger sauber geleckt hatte, blieb er in Gedanken versunken sitzen.

Als Marga aufstand und zu den Elfen ging, sahen jene abwartend zu ihr auf. Während bei Laiya noch immer leichter Widerwillen im Blick lag, ruhte Belenus Blick freundlich auf der Halborkin. Er deute ihr sogar an, sich auf das nun freie Kissen neben sie zu setzen. Bei Margas Frage huschte kurz Erstaunen über die Züge der Elfe. Offensichtlich hatte sie bisher nicht bedacht, dass Marga als ihre Schülerin mit ihnen reisen müsste. Kühl und doch nicht so betont arrogant wie die Mal zuvor antwortete sie Marga. „Wir sind auf dem Weg zu Belenus Familie.“ Sie grollte leise. „Also zum Wald Eldoras.“ Nach einem prüfenden Blick zu der Halborkin ergänzte sie dann leicht entnervt. „Der liegt im äußersten Nordosten des Landes. Wir haben also viel Zeit und Weg vor uns, um deine Fähigkeiten auszubauen.“

Da kam der Söldner bereits zurück. Genau in dem Moment, wo Nell sich endlich aufrichtete. Ein Zucken verriet, dass ihr wohl die Schulter weh tat, denn einen Moment später ließ sie ihre rechte Schulter kreisen und rieb sich gleichzeitig den Nacken. Dabei stand sie auf. Kaum das sie stand, legte sie die Hände in den Rücken und streckte jenen mit einem leisen Stöhnen durch. Der Söldner beobachtete sie dabei und konnte den Hauch eines Schmunzelns nicht unterdrücken. Zögernd blieb er etwas abseits vom Feuer stehen. Während Nell aufstand und nun ihrerseits stöhnend und humpelnd im Wald verschwand.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Marga » Samstag 15. November 2008, 22:53

Marga setzte sich auf das freie Kissen, als Belenus anzeigte, dass sie sich setzen durfte. Eigentlich hatte der Lehrer allein das Recht, zu entscheiden, ob die Schüler sich setzen durften - so war es in der strengen Schule zuhause Sitte gewesen - doch das war für Kinder. Sollte Laiya etwas dagegen dagegen haben, so brauchte sie es nur zu sagen.

<b>Dürfen Wort nie anzweifel...</b>

Ihre Meisterin schien auf einmal ihre weniger schlechte Laune zu verlieren. Entweder sie störte sich an den Gedanken, mit Marga reisen zu müssen - war das nicht eigentlich von Anfang an klar gewesen? - oder sie mochte Belenus Familie einfach nicht. Ein bisschen seltsam fand Marga das schon, dass eine Familie in einem Wald lebte. Ihr bescheidener und recht begrenzter Erfahrungsschatz sagte, dass die Leute in Dörfern lebten und die Dörfer außerhalb von den Wäldern gebaut wurden. Sie mussten also allein im Wald leben und deswegen waren sie Hinterwäldler oder besser gesagt Inwäldler, weil sie nicht hinter sondern im Wald lebten.

Marga beugte sich sogar interessiert ein bisschen vor, als Laiya die viele Zeit erwähnte. Das hörte sich gut an. Lieber lernen, als die Reisezeit ungenutzt verstreichen zu lassen. Außerdem konnte so eine Reise nicht schaden, man lernte neue Leute und Orte kennen. Das hier war ihre erste Reise und schon in drei Tagen hatte sie Leute getroffen, die sie trotz ihrer Rasse respektierten, und auch eine Lehrerin.

"Danke, Meisterin, werden versuchen, dich auf Reise so wenig ich kann zu nerven."

Bei einer anderen Person würde das lächerlich, sogar spöttisch klingen, doch Marga meinte das todernst. Ihre Ausbildung hing davon ab, dass es beide Seiten miteinander aushielten und deswegen sollten sie außerhalb des Unterrichts so viel Abstand wie möglich halten. Noch eine Weile blieb Marga sitzen und beobachtete währendessen Nell. Bald darauf verließ auch sie kurz den Lagerplatz, um genauso wie alle anderen hier kurz hinter dem Büschen zu verschwinden.

Bald kam sie wieder zurück und wo sie gerade schon stand, holte sie ihre Tasche von ihren alten Platz und setzte sich dann wieder neben das Pärchen. Sie wartete. Eigentlich gab es hier nichts mehr zu tun, es war nur noch eine Sache von Minuten, bis die Weiterreise anfing.
Die Halborkin wartete.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Sonntag 16. November 2008, 14:52

Bei Margas Worten lachte Belenus herzlich auf, drückte dabei Laiya sanft an sich. Die Elfe sah ihn befremdet an und versuchte, von ihm abzurücken. Was ihr aber nicht gelang. Also rollte sie nur mit einem entnervten Laut die Augen und nickte Marga zu. „Wir werden sehen, ob dir das gelingt.“ Die kühlen Worte der Eismagierin ließen den Elf an ihrer Seite erneut losprusten. „Ach was bin ich doch für ein Glückskind.“ Vergnügt zwinkerte er in die Runde. „Da habe ich gleich zwei von diesen gutgelaunten, sonnigen Gemütern an meiner Seite.“ Breit grinsend zog er Laiya erneut an sich und drückte ihr einen dicken Schmatzer auf die Stirn. Was jene zwar eine Grimasse ziehen ließ, aber auch kurz ein Lachen in den blassblauen Augen aufblitzen ließ.

Nell kam in diesem Moment wieder zurück und huschte umgehend in den Wagen. Ihr Gesicht war ungewohnt ernst und verschlossen. Als müsse sie eine innere Spannung im Zaum halten. Als sie wieder zu der Gruppe beim Feuer trat, hielt sie das rostbraune Kleid in den Armen. Zögernd lächelnd hielt sie es Marga hin. „Ich dachte, wo deines doch so verdreckt ist, würdest du deine Reise gerne in etwas sauberen fortsetzen. Es ist nichts besonderes, aber robust und wärmend.“

Alex und Belle standen in der Tür vom Wohnwagen. Die Hündin ließ Ohren und Schwanz traurig hängen. Der kleine Ork hatte sogar verdächtig feuchte Augen, als beide die Szene schweigend beobachteten. Ebenso wieder Anführer und Söldner, welcher sich ein paar Schritte hinter Nell postiert hatte.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Marga » Mittwoch 19. November 2008, 17:49

Marga war etwas verwirrt, als Belenus behauptete, er würde mit zwei fröhlichen Gemütern reisen dürfen. Das ergab doch keinen Sinn: Ihre Lehrerin schien keine Gefühle zu zeigen; Selbst wenn ihr Lebensgefährte sie küsste, konnte man bei ihr nur einen leichten Hauch, nur eine Andeutung ihrer Gefühle erkennen.

<b>Tun sie so oder haben sie echt wenig Gefühl?</b>

Die zweite Begleiterin war sie selbst und sie musste sich kurz selbst einschätzen: Nein, sie bezweifelte, besonders anders als Laiya zu sein, das war ihr sofort klar. Sie dachte wieder über Belenus Worte nach. Entweder er hatte eine gewisse Störung bei seiner Wahrnehmung, in etwa so wie Nell, und sah alles im rosaroten Licht oder es war nur so etwas gewesen, was ihr gerade nicht einfiel. So ein Wort, das mit I anfing. Wenn man etwas sagte, was nicht stimmte, was aber alle wissen, dass es nicht stimmt, um damit zu sagen, dass das Gegenteil stimmte... Das war doch verrückt. Die Halborkin hatte schon manchmal Probleme damit, zu verstehen, was manche Menschen überhaupt sagen wollten, und da wollte sie nicht noch herausfinden wollen, ob sie das so meinten oder nicht doch anders.
Sie schwieg weiterhin und als Nell zurück kam, wunderte sich Marga, wie verklemmt jene auf einmal aussah. Schließlich kam die Schneiderin wieder hinaus und trug das Kleid, das Marga schon am Morgen verwirrt hatte, hinaus. Dieses, welches sie vermutlich in der Nacht bearbeitet hatte.
Als sie offenbarte, dass sie es Marga schenken wollte, lief diese rot an und meinte etwas verlegen: "Das waren nicht nötig..." Tatsächlich hätte es Marga keine Probleme bereitet, ihr altes Kleid weiterhin zu tragen, Flecken hin oder her. Wen interessierte es schon, wie etwas aussah, solange man sich damit bedecken und wärmen konnte. Trotzdem dankte sie Nell und umarmte sie sogar kurz.

"Würden gerne dir schenken, aber leider jetzt nichts haben, was sich eignen.", gab Marga bedauernd zu. Dann verzog sie sich eine Weile im Wohnwagen, um das neue Kleid anzuprobieren. Sie kam schließlich wieder heraus und trug das braune Kleid am Leibe und das alte, blaue, zusammengelegte über dem einen Arm, den Mantel über dem anderen. Es passte perfekt, Nell war nicht nur eine Meisterin mit der Nadel, sondern beherrschte es auch, die Maße abzuschätzen, ohne ein Maßband anzulegen. Eigentlich mochte sie die Farbe Hellblau lieber, aber das dunkle Rostbraun war auch akzeptabel und auch unauffällig, was Marga auch für einen Vorteil hielt.
Nach einer Weile wurde es ihr dann aber doch zu kalt und sie zog den Mantel wieder über. Das zusammengefaltete, hellblaue Kleid legte sie in ihre Tasche. Es passte noch hinein, auch wenn sich nun langsam das Leder der Hülle nach außen drückte.
Zuletzt geändert von Marga am Mittwoch 19. November 2008, 17:49, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Dienstag 25. November 2008, 18:53

Belenus bemerkte wohl, dass Marga über seine Worte und deren mögliche Bedeutung nachdachte, was seine Belustigung noch zu verstärken schien. Auch wenn er sich nicht weiter dazu äußerte, sondern mit einem kleinen, amüsierten Lächeln und vor Lachen funkelnden Augen schweigend in die Runde sah. Auch Laiya war wieder in ihr anscheinend typisches, kühles Schweigen verfallen, verfolgte aber mit aufmerksamen, leicht zurückhaltenden Blick die einzelnen Gruppenmitglieder sehr genau.

Nell errötete leicht bei Margas Worten. Sie schien verlegen und beinahe unsicher. Als wisse sie selber nicht, was sie zu dieser Geste getrieben hatte. Als Marga sich jedoch bedankte, strahlte sie erleichtert und erwiderte die Umarmung fest –und mit einem leisen Schniefen. „Dein Dank ist mir Lohn genug.“ Und tatsächlich schien sie die Worte auch so zu meinen, denn als Marga in dem Wohnwagen verschwand strahlte sie wieder die gewohnte Fröhlichkeit aus. Als Marga dann in dem neuen Kleid heraus trat, glitt ihr Blick kritisch über die Gestalt der Halborkin, doch verriet ihr erfreutes Nicken, dass sie wohl auch mit ihrem Werk zufrieden war.

Das Elfenpärchen hatte sich erhoben, als Marga aus dem Wagen kam und schulterten ihre Beutel, während jene ihr altes Kleid in ihrem verstaute. Mit bedauernder Miene trat Belenus auf Nell zu und umarmte jene fest. „Es scheint, die Zeit zum Abschied ist gekommen.“ Er richtete sich wieder auf und sah fest den Söldner an, welcher seinen Blick ungerührt erwiderte. „Passt gut auf sie auf. Ich verlasse mich auf euch.“ Stumm nickte der Söldner und trat einen Schritt näher an Nell heran. Der Anführer nickte ebenso, sah aber leicht wehmütig zu Marga. Alex und Belle hatten den Wagen nun doch verlassen und eilten zu Nell. Während die Hündin sich dicht neben sie setzte, kletterte der kleine Ork förmlich in ihre Arme. Belenus grinste, zerwuschelte dann erst Alex und danach Belle den Kopf. „Das gleiche gilt für euch.“ Verschmitzt zwinkerte er, bevor er wieder zu der schweigend abseits stehenden Elfe ging und ihre einen Arm um die Hüfte legte. Jene nickte der Gruppe nur verabschiedend kühl zu, bevor sie abwartend zu Marga sah.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Marga » Dienstag 25. November 2008, 20:46

Es kam schließlich die Zeit des Abschieds vor der Abreise. Während Belenus fast zu jedem einzeln persönlich hinging, blieb seine Lebensgefährtin an Ort und Stelle, man könnte meinen sie wäre mit dem Boden verwurzelt, und beschränkte sich darauf, nur die Gruppenmitglieder zu betrachten, die gen Jorsa gehen würden, ohne irgendetwas zu sagen. Nachdem Belenus fertig war, ergriff Marga die Initiative, um auch sich zu verabschieden, wenn auch der abwartende Blick ihrer Lehrmeisterin auf ihr ruhte, der vermutlich gleich in die Ungeduld überschlug. Doch solange sie nichts sagte, untergrub die Halborkin auch nicht die Authorität ihrer Worte.

Ihre Worte fielen kurz und emotionslos aus, knapp gehalten und eindringlich. Zuerst ging sie zu Nell und sagte: "Du begabt mit Schneidern. Baun auf Kreis mit Kunden, dann nicht mehr abhängig von dich Mutter und ihr Freundinnen."
Sie beugte sich zu Alex vor: "Halten dich an Nell und lernen gut weiter so. Musst zeigen, dass wir nicht dumm." Zuletzt kam sie zu Belle, tätschelte ihren Kopf und beugte sich noch tiefer, dass nur die Hündin das hörte. "Du passen auf die beiden auf, klar? Du wissen ja, wie, hast gestern gut gemacht."

Damit hatte sie die kleine Familie abgeklappert. Ihr Blick kam auf die beiden Banditen, die jetzt zahm wie Schoßkatzen waren. Trotzdem richtete sie klare Worte an die beiden:
"Ihr haben von gestern gelernt? Wenn irgendwann wieder schlecht von euch hören, dann werden euch zeigen mein Lern erfolgt."

Die Halborkin drehte sich schließlich um. Sie hegte keine sonderlichen Sympathie für die beiden. Zwar fühlte sie sich ein bisschen zu dem Anführer hingezogen, seine Augen gefielen ihr, aber das war es auch schon.
Sie trat zu den Pärchen hin, als Zeichen, dass sie fertig war. Noch ein letztes Mal kramte sie in ihrer Tasche und prüfte die Kleidung, um sich zu vergewissern, dass sie nichts zurückließ. Alles war am richtigen Platz, nichts fehlte.

"Danke, Meisterin, für dein Geduldigkeit."

Marga dachte an die Geschehnisse zurück. Sie verzichtete darauf, alle ihre Handlungen genau zu analysieren. Stattdessen verließ sie sich auf ihr Gefühl. Und das sagte ihr, alles richtig gemacht hatte. Andere Leute hätten es möglicherweise besser, graziler, freundlicher, intelligenter gemacht, aber sie hatte ihre Ziele erreicht und das allein zählte. Sie war zufrieden mit dem, was sie getan hatte.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 26. November 2008, 15:00

Entgegen Margas Annahme zeigten Laiyas Züge keine Ungeduld. Die Elfe wartete einfach mit unbewegter Miene ab. Ließ ihren kühlen Blick dabei zwar der Halborkin folgen, doch schien dies eher beobachtend gemeint zu sein. Belenus, welcher seine zurückhaltende Gefährtin noch immer mit einem Arm umschloss, hingegen scheute sich nicht, seine Sorge, aber auch Rührung zu zeigen. Während auch er schweigend wartete bis Marga sich verabschiedet hatte.

Bei Margas Worten lächelte Nell mit einem verdächtig feuchten Schimmer in den Augen und nickte schweigend. Als würde sie ihrer Stimme nicht trauen. Alex blickte die Halborkin ernst an. Sehr ernst und nickte dann nach einer kleinen Weile energisch. Bevor er sein Gesicht in Nells Haaren versteckte. Belle spitzte bei Margas an sie gerichteten Worten aufmerksam die Ohren und winselte dann leise. Leise klopfte ihr Schwanz auf den Waldboden, als sie Marga ein letztes hundisches Grinsen schenkte.
Sowohl Anführer, als auch Söldner schienen bei Margas deutlicher Warnung nicht zu wissen, ob sie Grinsen oder Schlucken sollten. Der Anführer entschied sich für ein verlegenes Grinsen und kratzte sich am Hinterkopf, bevor er zögernd nickte. Der Söldner behielt zwar seine eher emotionslose Miene bei, doch funkelten seine Augen eindeutig belustigt, als er respektvoll und verstehend den Kopf leicht neigte. Beide schienen eine Wiederholung des Vorfalles vom Vortag nicht anzusterben.

Als Marga dann zu den beiden Elfen trat, richteten sich jene leicht auf. Belenus grinste ihr fröhlich entgegen, während Laiya auf den Dank hin leicht irritiert, aber wie immer kühl nickte. Dann wandten sich die beiden noch einmal der Gruppe zu und winkten ihr zu, bevor sie sich mit der typischen elfischen Eleganz auf den Weg machten. Und genau den Weg einschlugen, aus dem Marga und ihre Begleiter zuvor gekommen waren. Dabei liefen sie in einem gemütlichen, aber nicht zu langsamen Tempo.

Nell winkte ebenfalls noch einmal kurz, bevor sie sich abwandte und sich zusammen mit Söldner und Anführer an den Abbau des Lagers machte, während Alex und Bell wieder im Wohnwagen verschwanden.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Marga » Samstag 29. November 2008, 12:40

Sie erkannte, dass die Warnung an die beiden - hoffentlich ehemaligen - Banditen Wirkung zeigte. Noch immer geisterte die Sache mit dem eingefrorenen Feuer durch ihren Verstand. Sie hoffte, das auch zu erlernen. Doch vermutlich würde das ein langer, steiler Weg werden. Marga hatte aber noch nie harte Arbeit gescheut.
Nachdem auch Marga sich verabschiedet hatte, liefen sie los. Im Gegensatz zu dem Pärchen blickte Marga nicht zurück und winkte auch nicht mehr. Sie hatte sich ja schon längst verabschiedet. Warum brauchte man dann noch einmal zu winken?
Bald waren sie außer Sichweite des kleinen Lagers. Belenus und Laiya, die sich vermutlich besser auskannten, liefen vorne nebeneinander. Marga lief einige Meter hinter ihnen und sie bildetete die Spitze eines sehr langen Dreiecks.
Dabei stellte Marga eine Sache fest: Während ihre Schritte auf den Pflastersteinen klopfende Geräusche von sich gaben, bewegten sich Laiya und Belenus lautlos. Nach ein paar Minuten halbherziger Beobachtung, stellte sie fest, dass die beiden sehr elegant liefen, während sie selbst eher über die Straße stapfte. Sie versuchte eine Weile lang ihren Laufschritt zu immitieren, was jedoch scheiterte, wobei sie einmal sogar beinahe auf die Nase flog. Außerdem brachte das bei ihr nichts. Ihre Schuhe waren aus hartem Leder gefertigt, das fast nie nachgab, und mit ihren Plattfüßen hatte sie sowieso keine Chance, sich lautlos zu bewegen. Außerdem: Warum sollte man sich hier im Wald überhaupt lautlos bewegen wollen?

<b>Wenn Gefahr im Wald, dann sollen ruhig kommen, mich haben schon gestern groß Mann fallen gebracht, mich nichts Angst. Und wenn verletzt, dann sein Belenus da.</b>

Das beruhigte sie. Keine Gefahr dieser Welt konnte ihr noch etwas anhaben. Doch das war nicht genug: Sobald sie ihre Lehre abgeschlossen hatte, würde sich sogar die Gefahren vor ihr fürchten und niemand würde sie mehr wegen ihrer Rasse beleidigen. Sie würde nicht mehr als Marga, die dreckige Halborkin, sondern als Marga, die mächtige Eismagierin, angesehen werden.
Sie war eigentlich keine große Träumerin, doch das war eine Ausnahme. Eigentlich war es kein Traum, sondern eher ein Ziel und sie hatte den Plan.
Sie erwartete schon die erste Lektion.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Sonntag 30. November 2008, 13:41

Sie waren vielleicht ein paar Meile gelaufen, als das Elfenpärchen die Straße verließ und einem wohl nur für sie ersichtlichen Weg quer durch die Bäume folgten. Welcher sie direkt nach Norden gehen ließ und somit wohl um das Dorf Jersa herum führen würde.

<b>[weiter in „Unterwegs nach Eldar“]</b>

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Montag 10. Februar 2014, 08:59

(Delilah kommt von: Ein Funke in der Dunkelheit)

Das rhythmische Schaukeln hatte Delilah schläfrig gemacht und so merkte sie erst, dass sie angekommen waren, als Raphael sie leicht an der Schulter berührte. Seine ruhige und besonnene Art hatte die Reise über sie begleitet und ihr Schutz gespendet. Wenig Händler waren sie begegnet, was nicht verwunderlich war, bewegten sie sich ja auf die Linien der Front zu. Der Hof des Verstorbenen und seiner Familie lag nicht weit von Jersa entfernt und als Delilah ihre Augen aufschlug, ritten sie gerade durch ein grob gezimmertes Zauntor. Auf der Wiese daneben war das Heu lange nicht geschnitten worden und auch der Anblick des kleinen Hauses voraus, ließ nicht von Pflege oder Reichtum sprechen. Delilah merkte, wie sich der Templer in ihrem Rücken verspannte und wurde durch die veränderte Körperhaltung auch selbst aufmerksamer. Langsam lenkte er sein Pferd auf die Vorderfront des Häuschens zu.
„Es dringt kein Rauch aus dem Kamin“
Er hatte leise gesprochen und Delilahs Blick fiel auf die Haustür, die einen schmalen Spalt offen stand. Die Vorhänge an den beiden kleinen Fenstern waren zugezogen und um so näher sie ritten, um so unruhiger wurde das Pferd. Links neben der kleinen Veranda grenzte ein Schweinestall an das Haus, aber das Gatter war untergraben worden und die Tiere waren anscheinend geflohen. Etwa zehn Schritt vor dem Haus saß Raphael ab und hob Delilah aus dem Sattel, jedoch nicht ohne seine Umgebung aus den Augen zu lassen. Seine Hand ruhte auf seinem Schwertgriff und sein Gesichtsausdruck gefiel ihr überhaupt nicht. Wieso wirkte der Hof verlassen?
Im gleichen Moment in dem sie sich vielleicht diese Frage stellen mochte, drückte sich die Tür von innen auf und ein kleines Kind erschien im fahlen Dunkel.
„Papa?“
Die Stimme war leise und zitternd. Es war die Stimme eines Mädchens. Ihr Gewand war aus einfachem Leinentuch und fleckig. Ihr Füße waren bar und ihr Gesicht schmutzig. Die Haare standen ihr wirr vom Kopf und Spuren von Tränen hatten lange dunkle Streifen auf ihre Wangen gemalt. Delilahs Gedanken rasten. Gestern war ihr Vater gestorben, der vor vor gut einer Woche den grausigen Fund gemacht hatte und infiziert worden war. Er hatte sich nach Hause geschleppt und war von hier gleich in die Hauptstadt aufgebrochen. Wo war die Mutter und der Bruder, von dem er berichtet hatte? Es knisterte neben Delilahs Fuß im hohen Gras und ihr Blick zuckte hinunter. Eine Ratte huschte durch die Halme und blickte kurz zu ihr auf. Fast schien es der jungen Licht-Novizin, dass das Tier sie anblaffte. Raphaels Reaktion war eine andere. Sein Schwert zielte an die Stelle, an der die Ratte gleich sein würde und zerteilte das Tier in der Hälfte. Er murmelte leise und unverständlich vor sich hin, als er sich nieder kniete und den Kadaver betrachtete. Irgendetwas schien ihn sichtlich nervös zu machen. Es lag an Delilah sich um dieses Kind und den Rest der Familie zu kümmern.
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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Delilah » Dienstag 11. Februar 2014, 22:14

Gerade als sie schläfrig die Augen öffnete riss ein kleiner Windstoß an ihren Sachen und automatisch zog sie den Umhang enger um ihre Schultern. Sie waren wohl angekommen an der Wohnstätte des Verstorbenen. Nova blinzelte. Sie war noch nie so weit weg von Jorsa gewesen, auf ihren seltenen Ausflügen außerhalb der Mauern, hatte sie noch jedesmal die Türme der Stadt sehen können. So nah wie hier war sie auch der Front noch nie gewesen, die doch immer eine gewisse Präsenz in ihrem Leben gehabt hatte. War es die sanfte Hand ihres Vater gewesen, die sie aus ihrem Dämmerzustand gerissen hatte...? Aber nein, woran dachte sie denn?! Sie ritt gerade mit Raphael auf den kleinen Hof! Sie passierten ein Holztor, grob gebaut wie auch der Rest der Umzäunung. Das Haus und sein Garten sahen einfach aus, so wie auch einige Häuser Jorsas einfach aussahen, aber dieses hier war auch noch ungepflegt. Keine fleißige Hand hatte sich um die Pflanzen des Gartens gesorgt, die Wände gestrichen, geschweige denn das Dach repariert und... „Es dringt kein Rauch aus dem Kamin“
Sie spürte seine angespannte Haltung und auch sie studierte nun aufmerksamer ihre Umgebung. Nun fielen ihr andere, noch ungewöhnlichere Dinge auf... Die Tür stand offen... Die Fenster verdunkelt... alles sah so verlassen aus... sogar der Stall...
Das Pferd wurde unruhig und Raphael stieg ab, half auch ihr aus dem Sattel. Immer noch war sein ganzer Körper angespannt, sein Blick aufmerksam und sein Gesicht dunkel. Was war hier los?
Man hatte das Gefühl die Stille auf den Lippen schmecken zu können, ein Gefühl der Kälte kroch langsam den Rücken entlang und eine Gänsehaut breitete sich aus. Irgendetwas... aber was? Nova konnte es nicht benennen. Doch dann, gerade als dieses Gefühl, dieses Zittern in der Luft unerträglich zu werden schien durchschnitten zwei Dinge die eisige Kälte. Das Quietschen einer Tür und ein einziges Wort.
„Papa?“ Eine leise, zitternde Stimme. Verzweifelt.
Selten hatte Delilah ein so verdrecktes Mädchen gesehen; klein und barfüßig stand es da. Die Haare schmutzig und wirr, verlangten nach einer Bürste und das fleckige Gesichtchen benötigte eine gründliche Wäsche. Sie trug nur ein einfach Leinengewand, das ebenso verdreckt war wie der Rest des kleinen Wesens. Delis Herz zog sich zusammen. Nein, der Vater würde nicht kommen. Aber wo war die Mutter? Wie konnte sie zulassen, dass ihr kleines Mädchen so verwarloste? Es war doch kaum mehr eine Woche vergangen seit dem ... Unfall. Der ganze Hof musste schon länger so verkommen... und die Kinder... die KindER! Einen Jungen gab es doch auch noch? Wo war er? Und die Mutter? Außer dem Mädchen war sonst niemand zu sehen... Deli zerriss es innerlich. Einerseits schrie etwas in ihr danach, das Mädchen zu trösten und in die Arme zu nehmen, ihm zu sagen, dass alles gut werden würde und sich ersteinmal um es zu kümmern. Doch alle ihre anderen Sinne hielten sie an Ort und Stelle. Die Stille des verlassenen Hauses schrie in ihren Ohren, die kalte Luft brannte auf ihrer Haut, ihre Augen wurden von der Verwarlosung geblendet... und neben ihr schlich eine Ratte durchs ungeschnittene Gras. Eine Sekunde starrten sich Mensch und Tier an. Erschrockene braune Augen trafen den bösen schwarzen Blick des ekelerregenden Nagetiers. Und im nächsten Augenblick lag es zerteilt im Gras. Nova zuckte zurück und blickte auf Raphael, der das Schwert nun in der Hand hielt. Er kniete sich hin und inspizierte das tote Tier. Er murmelte vor sich hin und Nova bemerkte eine für den sonst so ruhigen Templer untypische Nervosität. Doch ihr Blick wurde von dem Kind abgelenkt, das Mädchen... verwaist stand es noch immer in der Tür. Vorsichtig tat Deli einen ersten Schritt auf das Haus zu. Noch immer behagte ihr die ganze Situation so gar nicht. Doch sie konnte das arme kleine Licht, doch nicht alleine lassen. "Sei gegrüßt, Fünkchen. Sag... ist deine Mutter daheim?" Etwas befahl der jungen Novizin den Abstand zu wahren, auch wenn ihr Herz beim Anblick des Kindes zu zerspringen drohte und sie sich um das kleine Ding kümmern wollte.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 12. Februar 2014, 19:24

Vorsichtig tat Deli einen ersten Schritt auf das Haus zu, wahrte jedoch Abstand.
"Sei gegrüßt, Fünkchen. Sag... ist deine Mutter daheim?"
Das Kind musterte halb verängstigt, halb neugierig den Templer und die Novizin und machte einen halben Schritt zurück in den Türrahmen.
„Papa hat gesagt, ich soll nicht mit Fremden sprechen.“
Fast entschuldigend fügte sie hinzu:
„Wir wohnen zu nah an der Grenze. Manchmal kommen böse Menschen hier vorbei. Seid ihr böse?“
Delilah konnte gar nicht anders als ihr liebstes Lächeln aufzusetzen und den Kopf zu schütteln. Vielleicht war es Zeit sich vorzustellen. Das Mädchen redete mit ihr, das war schon mal ein großer Erfolg, auch wenn sie immer wieder misstrauisch und irgendwie traurig Raphael taxierte. Dann, als erinnere sie sich an die Frage, reckte sich ihr Kopf über ihre linke Schulter, als hätte sie von dort etwas vernommen.
„Mama ist da, ja … Sie kann aber nicht an die Tür kommen… Sie schläft… Ich darf niemanden hinein lassen, hat sie gesagt. Ihr seid doch nicht böse, oder? ... Wenn ja, mein Bruder ist auch noch da!“
Die großen dunklen Augen des Kindes schienen förmlich nach einer Ausrede, nach Argumenten von Delilah zu schreien, damit sie sie hinein lassen dürfte. Trotzdem war klang der letzte Satz, die Erwähnung ihres Bruders, wie eine Lüge. Anscheinend hatte dieses kleine Mädchen gelernt abschreckend zu wirken, wenn Gefahr drohte. Jedoch war da auch Vereinsamung und auch ein großes Maß an Verwirrtheit, dass aus diesen Augen sprach. Ihre winzige Hand umklammerte den Türknauf. Delilah sah aus dieser Entfernung eine schwarze Stelle auf dem Handrücken. In diesem Moment drehte der Wind und einen kurzen Moment wehte ein übler fauliger Geruch ihr entgegen. Die Mischung aus süßer Verwesung, ranzigem Talk und säuerlicher Milch, kroch in jede Pore ihrer Nase um sie zu vergiften. Es war jene Art von Gestank, den man selbst nach gründlichem Zähneputzen und Gurgeln nicht los wurde und noch Stunden danach an sich kleben glaubte.
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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Delilah » Mittwoch 19. Februar 2014, 18:54

„Papa hat gesagt, ich soll nicht mit Fremden sprechen. Wir wohnen zu nah an der Grenze. Manchmal kommen böse Menschen hier vorbei. Seid ihr böse?“
Deli blinzelte. Ein Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet und wollte nicht weichen. An den Rat hielt man sich lieber, die Gegend hier war auch ihr selbst nicht geheuer und die Ratte sprach nicht gerade von Sauberheit... Wenigstens sprach die Kleine mit ihr. Die Novizin zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen, eines das ein Gesicht zum Strahlen bringen kann. "Nein, böse sind wir nicht, Fünkchen." Sie atmete noch einmal kurz ein. Die Novizin sprach sanft und ruhig. "Ich bin Nova und das dort ist mein Freund Raphael." Sie wies auf den Templer und lächelte diesem schief zu. Noch immer fühlte sie sich in dieser Situation nicht wohl. "Wie ist dein Name?" Deli hielt noch immer Abstand zu dem Mädchen, sie hatte das Gefühl wäre sie nähergetreten wäre das Mädchen nur zurück gewichen. "Wir kommen aus Jorsa... ich bin Schülerin in der Akademie des Lichts, weißt du? Ich arbeite dort auch im Heilertrakt. Ich würde wirklich gerne mit deiner Mutter sprechen..." Die Schülerin betrachtete das Mädchen näher, während diese sprach. Auf ihrem Händchen, das sich an den Griff der Tür klammerte, schimmerte etwas schwarz. War es noch mehr Dreck? ... es sah ungesund aus. „Mama ist da, ja … Sie kann aber nicht an die Tür kommen… Sie schläft… Ich darf niemanden hinein lassen, hat sie gesagt. Ihr seid doch nicht böse, oder? ... Wenn ja, mein Bruder ist auch noch da!“ Lügen, ... das Mädchen log... Deli erkannte ein kleines Mädchen das schwindelte, denn auch wenn sie im Grunde ein braves Kind gewesen war... die ein oder andere Notlüge war bei mancher Spielerei doch von Nöten gewesen. Aber WARUM log sie? "Könntest du deine Mutter weck-", Deli brach unvermittelt ab und wich einige Schritte zurück. Der Geruch den der Wind ihr entgegen bließ war abscheulich. Noch nie war ihr so etwas Schreckliches in die Nase gestochen und er war ihr auch völlig unbekannt. Doch Bilder schossen der jungen Novizin durch den Kopf... Krankheit... Tod... schwarze Flecken... ihre Augen weiteten sich vor Sorge.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 20. Februar 2014, 10:00

Delilah schossen Bilder von Tod, Verwesung und Krankheit durch den Kopf. Sie war eine Novizin der Lichtmagie und hatte sich auf heilende Fähigkeiten spezialisiert, was auch das Studium des gesunden, wie kranken Körpers beinhaltete. Ihr Gehirn arbeitete rasend schnell und sie sah sich in einem der Klassenräume mit anderen Schülern sitzen. Vorne, an einem Pult, stand Magus Quaturus, der Shyáner dem sie an ihrem ersten wachen Tag in der Akademie begegnet war. Seine weißen Augen lasen aus einem gewaltigen Buch vor, das aufgeschlagen vor ihm lag. Delilah versuchte sich an seine Worte zu erinnern, doch noch fehlten ein paar entscheidende Puzzelteile um das Gesamtbild zusammen zu fügen. Delilah wusste, sie musste in dieses Haus um den Feind zu erkennen. Sie hatte sich mit ihrem Magi-Namen vorgestellt und das Kind vor ihr schien langsam zu ihr Vertrauen zu fassen. Als es hörte, dass sie eine Heilerin sei brachen alle Dämme und ein heftiges Schluchzen ließ den kleinen Körper erbeben.
„Dann … dann könnt ihr Mama wecken! Bitte, Nova! Bitte weckt meine Mama auf!“
Das Flehen in den tränenvollen Augen ließ den Klos in Delilahs Hals noch weiter anschwellen. Das Mädchen streckte seine Hand nach ihr aus und machte ein paar kleine Schritte von der Tür auf die Veranda hinaus, bevor es plötzlich los stürmte und sich an Delilahs Schoß klammerte. Ihre winzigen Hände klammerten sich in ihr langes Gewand und Delilah sah ihr aschblondes Haupt unter sich in Bauchhöhe. Mehr unterbewusst, nahm Delilah kleine schwarze Punkte auf ihrer Kopfhaut wahr, die sich bewegten. Eine andere Bewegung neben ihr ließ Delilah jedoch aufschauen und sie sah in Raphaels ernstes Gesicht, das nicht erfreut über diese Entwicklung schien. Er sah das Kind an, als ob es der Feind wäre, tat aber nichts. Ein innerer Zwist tobte hinter seiner gerunzelten Stirn. Er schaute auf das Kind, auf sein Schwert, zum Haus und wieder zu Delilah, aber seine Miene wurde dabei nur noch erster.
„Geh mit ihr hinein und finde heraus, was geschehen ist. Wir müssen ganz sicher sein …“
Leiser, mehr zu sich selbst, fügte er noch hinzu:
„... wenn es nicht schon zu spät ist.“
Das Mädchen zog schon an Delilahs Hand und führte sie in das kleine Bauernhaus.
Aus der Nähe betrachtet war es nicht so schäbig wie es im ersten Moment gewirkt hatte. Die Balken waren solide und fest vernagelt. Das Dach war dicht und ein aus grob behauenen Naturteinen aufgetürmter Kamin offenbarte sich gleich zur linken an der Hauptwand. Es war schmutzig, aber die Zeichen des Verfalls waren erst ein paar Wochen alt. Deli konnte sich zusammen reimen, dass erst nachdem der Vater das Haus verlassen hatte, die Entwicklung begonnen hatte. Es hing sogar noch ein Kessel mit ranzigem Eintopf über der erloschenen Feuerstelle. Deli wurde weiter gezogen. Es ging vorbei an einem kleinen Tisch mit drei Stühlen, einem Regal mit Töpfen und allerlei Gerätschaften, hin zu einem Vorhang, den das Mädchen nun beiseite schob.
„Mama, wach bitte auf. Hilfe aus der Stadt ist da.“
Das Mädchen warf sich auf den leblosen Körper seiner Mutter. Eingefallene Wangen, graue Haut und aufgebrochene Geschwüre hatten die schlanke blonde Frau gezeichnet. Die schwarzen Flecken bedeckten den ganzen linken Arm, der leblos auf dem Strohsack ruhte. Delilah konnte kaum atmen. Zu einem Teil vor dem Entsetzen, was sich in ihr ausbreitete, zum anderen vor dem Gestank.
Das Mädchen wischte sich mit dem schmutzigen Ärmel die Tränen weg und setzte sich neben den Leichnam seiner Mutter. Sie legte die schlaffe Hand in ihren Schoß und streichelte die knittrige Haut, während sie leise zu sprechen begann:
„Du kannst doch meine Mama aufwecken, oder?“
Sie sah auf und schniefte.
„Sie ist schon seit zwei Tagen so. Ich hab alles versucht. Mama hat gesagt, sie friert, aber … das Feuer ... Ich hab ihr Wasser gebracht und Suppe gekocht, aber ich war so schrecklich müde! Mir ist das Feuer ausgegangen. Bin ich schuld, dass Mama nicht aufwacht? Pepe war so wütend als Mama eingeschlafen ist. Er hat lauter komische Sachen geschrien. Ich hab ihn auch angeschrien, er soll nicht gehen. Er ist so doof! Nur weil er zwei Sommer älter ist schreit er mich ständig an. Dabei hat er doch Papas Kiste aufgemacht, was uns verboten ist. Mama hatte das Ding zurück gelegt, aber als sie eingeschlafen ist, hat er es wieder raus geholt und hat gesagt, er bringt es denen zurück die es uns gebracht haben. Er hat mich allein gelassen! … Er hat mich einfach allein gelassen.“
Wieder kullerten dicke Tränen über die schmutzigen Wangen. Unwillkürlich wanderte Delilahs Blick durch den Raum zu einer Kiste, die am Fußende des Bettes stand. Der Deckel war zugeklappt, aber das das Schloss war offen. Beim Anblick der Mutter kamen ihr wieder die Worte ihres Lehrers der Heilkünste in den Sinn und plötzlich war alles wieder da. Sie hörte ihn in ihrer Erinnerung laut und deutlich eine Krankheit rezitieren:
„Der Hauch Morgerias!
Beschreibung:
Es ist eine höchst tödliche Krankheit, die aber keine Dunkelelfen und Orks befällt oder nur in den seltensten Fällen. Meist handelte es sich dabei ebenfalls um sehr geschwächte Individuen. Es wird gemunkelt, dass Leute aus anderen Rassen dagegen resistent sein können, was aber nur sehr selten auftritt. Sie wird von Tieren/Flöhen/Insekten übertragen.
Symptome:
Schüttelfrost, eitrige Beulen am ganzen Körper, hohes Fieber, Gestank. Wenn keine Behandlung erfolgt, stirbt der Erkrankte nach spätestens 2 Tagen, außer er ist sehr willensstark und war bei guter Gesundheit vor der Krankheit.
Heilmethode:
Beulen aufschneiden und den Erkrankten warm halten, dann besteht die Möglichkeit, dass der Patient überlebt. Man sagt, die Elfen von Neldoreth hätten eine Heilsalbe dagegen erfunden, was aber nicht bestätigt ist. Hygiene ist das wichtigste um eine Ausbreitung zu vermeiden. Chorkalkbäder minimieren das Ansteckungsrisiko und verseuchte Gebiete sind unter Quarantäne zu stellen, gegebenenfalls nieder zu brennen oder mit einer gelben Fahne zu markieren. "
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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Delilah » Freitag 28. Februar 2014, 16:00

„Der Hauch Morgerias!"

Wie gelähmt stand Delilah im Raum als ihr diese Erinnerung in den Kopf schoss. Sie erinnerte sich auch noch daran, wie der Magus erklärte, dass ganze Städte von der Krankheit dahin gerafft worden waren. Ihre Gedanken rasten, so wie es auch ihr Herz tat. Was sollte sie tun? Eine schreckliche Krankheit war ausgebrochen, hatte das erste Todesopfer verlangt. Der Sohn, mit höchster Wahrscheinlichkeit ebenfalls Träger der Krankheit war verschwunden. Wohin? Was wollte er wem zurück bringen? Egal wer es war, die Leute mit denen der Junge in Berührung kommen würde waren in Gefahr.
Aber es war nicht das einzige, was ihr durch den Kopf ging. Eine weitere Szenerie wurde hochgespült. Ein weinendes Mädchen neben seiner Mutter, das Gesicht voller Tränen und bittend auf eine leblose Gestalt einredend... Blonde Locken, Rosenblüten... Delis Hand fuhr zu ihrer Brust, dort wo das Medaillon zu hängen pflegte, doch nun lag es wie gewohnt in der Schublade neben ihrem Bett. Sie schüttelte den Gedanken fort... oder versuchte es zumindest.
Nova holte tief Luft. Das Mädchen war krank, schwarze Beulen waren hier und da auf ihrem Körper erkennbar. Die arme Seele, man musste ihr dringend helfen. Aber was, wenn sich die Krankheit in Jorsa ausbreitete, brachte Deli das Mädchen an die Akademie? So viele Unschuldige... sie glaubte sich zu erinnern, dass die Ansteckungsgefahr sehr hoch war. Vielleicht sollte sie sich auch Sorgen um sich selbst machen, aber das schob sie im Moment zur Seite. "Nein, Fünkchen. Auch ich kann deine Mutter nicht mehr aufwecken..." Ihr wurde das Herz schwer. Nein, Tote konnte man nicht wecken. Egal wie sehr man es versuchte... Wie lange hatte sie nicht damals neben ihrer Mutter gelegen. Wie lange hatte sie nicht versucht, die Tote zu wecken. Doch auch sie wusste nicht, wie man jemanden über einen solchen Verlust hinweg tröstete. "Aber es ist nicht deine Schuld, dessen sei dir bitte sicher! Ich glaube auch wir hätten ihr nur schwer helfen können. Du hast sicher dein Bestes getan." Sie lächelte dem Mädchen zuversichtlich zu. "Sie wird immer auf dich aufpassen, Fünkchen. Unabhängig davon, ob du sie sehen kannst oder nicht... und allein bist du jetzt auch nicht mehr... ", sie war in die Knie gegangen und sprach sanft auf das Mädchen ein. Es gab noch dringende Fragen. "Was haben sie euch gebracht? Und wer war das? Wo ist Pepe?"
Während sie sprach überlegte sie immer noch, was sie nun tun sollte. Sie konnte doch schlecht das Mädchen greifen und ihr Haus niederbrennen?!
Und die Krankheit nach Jorsa tragen...? Und wo war der Junge? Und die Ratten vorm Haus... die Insekten im Haar des Mädchens... hier war es nicht sicher. Ihr Instinkt schrie zu rennen, doch ihr Herz hielt sie hier. Sie warf einen verzweifelten Blick zu Raphael. "Du weißt, was es ist, oder?"

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 6. März 2014, 09:28

Dem kaum sechs Sommer zählenden Mädchen flossen die Tränen über die Wangen. Ein wahrer Sturzbach ergoss sich aus ihren Augen und bildete dunkle Flecke auf der staubigen Kleidung. Erst nachdem sie sich in Delilahs Armen wieder schniefend beruhigt hatte, begann sie erneut in deren Robe zu nuscheln:
„Papa hatte so ein Ding vom Feld mitgebracht. Es war da in der Kiste. Ich glaube, Pepe meinte, dass das Ding uns dieses ganze Übel beschert hat. Er und Papa haben manchmal über unsere „bösen Nachbarn“ geredet. Unser Feld im Norden liegt sehr nah an der Grenze. Bestimmt ist er dahin aufgebrochen. Aber Papa ist doch in die Stadt gegangen, oder? Deswegen bist du doch hier? Er hat dich zu uns geschickt, damit du helfen tust, oder?“
Die Trostlosigkeit der Situation war erdrückend und Nova war noch eine so junge Novizin. Was als Hilfs-Auftrag für die Familie des Verstorbenen begonnen hatte, entpuppte sich als eine höchst gefährliche Krisensituation. Delilah stand vollkommen unerwartet vor der Situation alle Informationen zusammen tragen zu müssen und dann Entscheidungen zu fällen. Fast flehend sah sie zu ihrem Begleiter dem Templer hinaus, aber der versprach nicht die größte Hilfe zu sein. Er war für ihren Schutz verantwortlich. Auf ihre Frage hin:
"Du weißt, was es ist, oder?"
Gab er ihr ein Handzeichen, dass sie kurz zu ihm hinaus kommen sollte. Delilah gebot dem Kind einen Moment zu warten und ging hinaus um sich mit Raphael zu beraten.
„Ich ...“
Der Templer sprach ungewöhnlich zögernd und hielt sogar Abstand.
„Ich glaube es zu ahnen. Ich habe zugehört. Aber du bist hier die Heilerin. Du musst entscheiden was nun zu tun ist. Hat … hat das Mädchen eine Chance zu überleben?“
In seiner letzten Frage klang eine Schwere mit, die Delilah nicht gleich verstand. In Raphaels Augen schimmerte eine unbestimmte Endgültigkeit mit, die sie noch nicht zuordnen konnte. Fragend sah sie ihn an.
„Unsere erste und wichtigste Aufgabe ist es, die Seuche aufzuhalten! DAS muss dir klar sein! Wenn du meine Ahnung bestätigst und du mir sagst, dass das Kind noch eine Chance hat, dann werde ich sofort losreiten und … Maßnahmen treffen, damit die Menschen hier und unser Land nicht dem Untergang geweiht ist.“
Er sah auf sein Schwert mit der er die Ratte getötet hatte und begann in seinem Mantel zu kramen. Er holte eine kleine Feldflasche hervor und goss den scharf duftenden Inhalt über die Klinge. Es war Alkohol. Dann streifte sie ein Blick, der deutliche Abschätzung in sich trug. Langsam begann die Novizin Nova zu ahnen, was er ihr damit unterschwellig sagen wollte. Raphael würde alles tun, damit das Übel, dass hier seinen Ursprung gefunden hatte, sich nicht weiter ausbreiten würde. ALLES! Sein Blick zum Haus zeigte deutlich seine menschliche Abneigung gegen seine unausgesprochenen Gedanken, doch er war zu diszipliniert um noch mehr Menschenleben zu gefährden. Delilah schaute unwillkürlich auf ihre Hände. Das Kind war krank. Sie hatte sie berührt, gestreichelt. Sie war nun sicher auch ein Träger. Der Junge war höchstwahrscheinlich in Richtung Front aufgebrochen, in Richtung Grandessa. Sie musste alles bedenken! War in der Zwischenzeit hier jemand auf dem Hof gewesen? Waren Tiere ausgebrochen? Gab es noch andere Wege, wie Morgerias Hauch sich verbreiten könnte? Noch war der Herd klein und die Wege überschaubar, aber was würde geschehen wenn sie etwas übersah? Wenn zum Beispiel eine nette Nachbarin der kranken Frau hatte helfen wollen? Die ganzen „Wenns“ begannen Delilah das Herz einzuschnüren. Wenn sich Morgerias Hauch ausbreiten sollte, würde es hunderte Tote geben! In der Geschichte Celcias hatte es zum Glück wenige Fälle einer Epidemie gegeben, aber alle waren katastrophal ausgegangen. Das geflügelte Sprichwort „Das Übel im Keim zu ersticken“ lag ihr genauso auf der Zunge wie in Raphaels entschlossenen Augen. Was war zu tun? Raphael wartete angespannt auf ihre Anweisungen.
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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Delilah » Montag 17. März 2014, 15:34

Delilah blickte auf ihre Hände. Die Hände, die das Mädchen tröstend gestreichelt hatten. Das kleine unschuldige Mädchen, das niemandem etwas zuleide getan hatte, das so viel durchleiden hatte müssen in den letzten Tagen. Ihr Herz wurde ihr schwer, so schwer. Wie Blei drückte es gegen Fleisch und Knochen, brannte sich durch das Gewebe. Sie stand starr, nur ihre Brust bewegte sich unter ihren leicht zitternden Atemzügen. Eine eisige Kälte kroch ihr von den Fingerspitzen über die Arme bis ins Herz, löschte das heiße Blei, hinterließ kalte Ruhe. Es war als würde ihr Herz die Hülle aus Eis begrüßen. Rational, radikal,... sie musste jetzt an das große Ganze denken. So viele Menschen waren in Gefahr... das Mädchen war vielleicht nur die erste von so so vielen. Sie mussten die Krankheit im Keim ersticken... und dieses Haus, diese Kinder WAREN der Keim. Nova unterdrückte das Zittern, auch wenn sie es noch unter der Haut spüren konnte.
Sie wusste, was eigentlich zu tun war, dass auch sie gefährdet war und sich schleunigst reinigen musste. Sie wusste welche Maßnahmen die Richtigen wären.
Das Haus niederbrennen, dem Jungen folgen, die entflohenen Tiere suchen, die Häuser in der Umgebung kontrollieren und das Mädchen... der Funken. Sie war der Funken, der einen verheerenden Waldbrand entfachen konnte. Doch... war sie in der Lage die endgültigen Worte zu sprechen? Den Funken zertreten zu lassen? Delilah verneinte resolut, doch Nova war anderer Meinung.
Radikal, rational, kalt. Du musst ruhig sein!, wollte sie sich selber sagen. Gab es keine andere Möglichkeit? Innerhalb von Sekunden jedoch hatte Nova bereits eine Diagnose gefällt und die sah nicht gut aus. Kalt hielt sie Delilah die Fakten vor. Der innere Konflikt zwischen dem was sie einmal war und dem was sie zu werden begann hielt an. Es war ihr im Moment nicht möglich das lachende Mädchen zu sein, dass JEDEM helfen wollte und daran zerbrach, wenn es nicht gelang. Sie musste stark sein, für alle die noch gerettet werden konnten! Und bei diesem Mädchen war es äußerst unsicher, ob sie nocht zu retten war. Nova hatte einen schwarzen Fleck am Hals des Mädchens entdeckt. Wahrscheinlich würde er innerhalb weniger Stunden anschwellen. Eine sehr schmerzhafte Wirkung des Hauchs. Hatte sie bereits das Fieber gepackt?? Nova war nichts aufgefallen, doch wenn sich die Beulen bereits ausbreiteten dann musste sie schon längst über dieses anfängliche Stadium hinweg sein. Ein Wunder, dass das Mädchen noch bei so klarem Verstand sein konnte! Sie hatte gelesen, dass bei Ausbruch der Krankheit Fieberwahn und Schmerzen einem alle Sinne raubten. Die von Flöhen verbreitete Krankheit brach innerhalb weniger Tage aus und tötete seine Opfer ebenso schnell. Das Mädchen brauchte dringend Hilfe, sonst wäre es bald um sie geschehen. Hilfe aus Jorsa zu holen würde wahrscheinlich schon zu lange dauern, dann wäre kaum noch zu helfen und an diesem schrecklichen Ort sollte das Mädchen sowieso lieber nicht bleiben... aber .. sie konnte keine tödliche Krankheit in die Hauptstadt ihres Landes tragen. Egal welchen Weg sich Delilah erdachte, er endete schrecklich. Bei dreien von ihnen starb das Mädchen auf jeden Fall, beim vierten gab es eine geringe Chance sie zu retten, doch damit würde sie eine gesamte Nation gefährden. Delilah fand keinen Ausweg und wollte sich verzweifelt fallen lassen, als Nova - die Heilerin - erneut das Zepter ergriff. Sie musste Leben retten. Doch...leider stand hier eines in der Waage gegen das Leben so vieler Anderer. Sie musste wählen.
Sie starrte immer noch auf ihre Hände, all ihre Gedankengänge hatten nicht viel Zeit in Anspruch genommen, als sie leise aber fest die Perspektiven aufzählte. "Sie könnte gerettet werden... ", Nova atmete kurz durch. "Aber nur, wenn man sie direkt in den Heilertrakt bringen könnte... die Zeit ist knapp, um Hilfe hierher zu holen reicht sie wahrscheinlich schon nicht mehr. Doch wir wissen beide, dass das nicht geht. Wir können dieses schleichende Monster nicht in die Mauern Jorsas tragen. ... hier kann ich dem Mädchen jedoch auch nicht helfen... ich kann dem Mädchen nicht helfen.", wiederholte sie leise und mit einer Endgültigkeit, die Delilahs Herz zerbrechen ließ. Nova spürte einen dumpfen Nachhall, gemischt mit dem hohen Ton von Glassplittern die am Boden auftrafen.
Nur sie - Nova - blieb zurück, die Reste ihres zersplitterten Herzens in den Händen, dass bis eben noch zwei Mädchen gehört hatte.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Dienstag 18. März 2014, 09:53

Der Templer hörte schweigend ihre Worte:
"Sie könnte gerettet werden... Aber nur, wenn man sie direkt in den Heilertrakt bringen könnte... die Zeit ist knapp, um Hilfe hierher zu holen reicht sie wahrscheinlich schon nicht mehr. Doch wir wissen beide, dass das nicht geht. Wir können dieses schleichende Monster nicht in die Mauern Jorsas tragen. ... hier kann ich dem Mädchen jedoch auch nicht helfen... ich kann dem Mädchen nicht helfen."
Wie grausam doch das Schicksal sein konnte! Raphael starrte auf Delilahs gesenktes Antlitz und schüttelte langsam zustimmend den Kopf. Er sah sie an und versuchte Hoffnung in ihren Augen zu finden. Auch wenn sie sich noch nicht all zu lange kannten, so sah er sie doch lieber lachen, sah sie helfen oder hoch konzentriert lernen. Er hatte ihrer Großmutter versprochen über sie zu wachen, hatte die Geschichte ihrer Kindheit gehört, wie konnte er da zulassen, dass sie diese schweren Entscheidungen zu treffen hatte. Er wollte sie beschützen, sie führen aber nicht diese Hoffnungslosigkeit in ihren Augen sehen!
Die erste logische Schlussfolgerung in dieser Situation ging ihm durch den Kopf, doch nur ein Blick auf Delilah genügte, dass sie diesen Weg niemals gehen durfte! Wenn es auch nur eine noch so kleine Chance geben würde, so musste die junge Novizin den langen Weg gehen und um sie kämpfen! Er atmete einmal langsam ein und aus und flüsterte kaum hörbar in der Sprache der Allgemeinheit, da das Mädchen noch zu jung war um sie flüssig zu verstehen. Er wollte sich wohl sicher sein, dass sie nicht von ihr belauscht wurden.
„Nova, … Ich könnte … es … tun. Aber ich will es genau sowenig wie du! Es wäre sauber, schnell und endgültig, aber trotzdem nicht richtig. Sie würde keine Schmerzen haben. Du musst es entscheiden, dass kann ich dir nicht abnehmen. Du müsstest mit dieser Entscheidung leben und würdest dich immer fragen, ob du genug getan hast.“
Er zögerte und dachte angestrengt nach.
„Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Ich kann dir Zeit verschaffen. Du kümmerst dich um das Kind hier, hilfst ihr wie auch immer es dir möglich ist. Ich kenne deine Mächte nicht. Und wenn es nur ist, dass sie nicht alleine bleibt. Ich sichere die Umgebung und mach mich auf die Suche nach Hilfe. Dafür müsste ich dich hier alleine lassen. Ich könnte die Stadt informieren, vielleicht finde ich auch einen zuverlässigen Boten. Ich werde schon irgendetwas finden, irgendeine Form von Hilfe. Aber wenn ich es nicht rechtzeitig zurück schaffe, wenn nicht, dann … wenn sie anfängt zu leiden … dann …“
Er musste es nicht aussprechen. Nova wusste nur zu gut, was sie dann tun musste. So wie der Vater des Kindes von seinen Leiden erlöst worden war, so durfte auch dieses kleine Wesen nicht dem Wahnsinn verfallen. Die Seele dieses jungen Wesens durfte nicht in die Schatten von Schmerz, Leid und Verdammnis fallen. Eine so junge Seele durfte nicht vor der Blüte durch so viel Leid verdorben werden. Lysanthors Lehren waren da eindeutig. Barmherzigkeit hatte hier einen grausamen Nachgeschmack, denn sie würde nur dem erteilt werden, den sie erlöste und nicht dem, der sie erteilte. Auch das war eine Lehre die der Templer in seinem schon einige Jahrzehnte längerem Leben, einige Male erteilt bekommen hatte. Für Nova war es jedoch das erste Mal.
„Wir brauchen Hilfe, wir können das unmöglich alleine schaffen. Wir brauchen Helfer, die bescheid wissen. Wir müssen den Hauch eindämmen, bevor er die Stadt erreicht!“
Er sah Delilah eindringlich an.
„Kann ich dich alleine lassen? Kommst du damit klar?“
Delilah wusste nicht ob sie genickt hatte, oder nicht. Das Flimmern vor ihren Augen ging erst weg nachdem sie kräftig geblinzelt und geschluckt hatte. Man sah Raphael an, wie gern er sie zum Abschied in die Arme genommen hätte, doch er stand stock- steif da und sagte nur mit warmer dunkler Stimme:
„Tapfer!“
Sein Lächeln war eine Mischung aus Stolz und Bewunderung. Dann machte er ein paar Schritte rückwärts und kramte in seinen Satteltaschen. Da er dort nichts passendes fand starrte er nach ein paar Minuten auf die goldgelbe fein bestickte Satteldecke, die sein Pferd als ein Reittier der Templer, der Wächter des Lichts, auswies. Kurzerhand löste er den Gurt am Bauch des stolzen Tiers und murmelte leise:
„... ein paar wunde Stellen werden dich nicht umbringen, mein alter Freund.“
Nachdem er wieder aufgesattelt hatte, schnitt er mit einem Dolch die Decke in schmale Streifen. Auf den Größten schrieb er mit einem Wachsstift aus seiner Tasche:

„MORGERIAS HAUCH“

Es war ein unmissverständlicher Hinweis, den er am Torbogen zum Grundstück aufspannte. Das gelb war weithin sichtbar und würde jedem eine Warnung sein, der hier vorbei kam.

Raphael Cinzento – der „Graue“ - Templer der heiligen Inquisition und Wächter des Lichts war vom Hof geritten und hatte Delilah ihrer Aufgabe überlassen. Irgendwann, sie wusste nicht wie lange sie draußen gestanden und ihm hinterher gesehen hatte, hatte Nova den Mut gefunden und war zurück in das kleine Haus gegangen. Es war Nova, nicht Delilah die über die Schwelle trat und das weinende Kind am Bett ihrer toten Mutter betrachtete. Delilah war irgendwo dort draußen geblieben, dort wo der Wind durch die Felder strich und die Ähren das Lied vom nahenden Unheil weiter trugen.

...

Zwischensequenz

Der „Graue“ war geritten, als wären alle Dämonen des Harax hinter ihm her. Überall auf seinem Weg, jeder Seele der er begegnet war, hatte er die Nachricht von der Krankheit zugerufen:
„LIEBE LEUTE! BLEIBT ZU HAUSE! MORGERIAS HAUCH WEHT ÜBER UNSER ARMES LAND! WER SICH KRANK FÜHLT, HÄNGE EINE GELBE FAHNE ZUM ZEICHEN AN SEIN HAUS, DANN BEKOMMT IHR HILFE!“
Noch schneller als der Templer reiten konnte, verbreitete sich das Lauffeuer der schlechten Nachrichten. Auf den wegen sprach man bald von nichts anderem mehr, auch wenn es nur ein furchtsames Flüstern war. Sein Weg führte ihn in einer großen Spirale immer weiter von dem Ursprung fort und zu bald wurde er fündig. Als erstes fand er das entlaufende Vieh vom Hof der Familie in der Nähe eines Baches. Er streckte es mit seiner Armbrust nieder und verbrannte es an Ort und Stelle. Sofort ritt er weiter. Dann berichtete eine Frau, dass ihr Sohn vom Feld gekommen war und binnen zwei Tagen krank danieder lag. Er war dem Jungen begegnet, dem er einen Apfel geschenkt hatte. Er ritt weiter. Auf einem abgelegenen Hof fand Raphael nur noch eine alte Frau, die schon im frühen Stadium der Krankheit ihr Leben ausgehaucht hatte. Das Alter und der Hauch hatten ihr ein schnelles Ende geschenkt. Seltsamer Weise sah sie dem kleinen Mädchen irgendwie ähnlich, aber die Zusammenhänge erschlossen sich nicht gleich. Vielleicht war es eine Verwandte, die zu Besuch gekommen war. Sein Weg führte ihn weiter und weiter und überall rief er den Menschen Mut zu. Wer helfen konnte, sollte helfen, doch er riet überall zur Sauberkeit und Vorsicht.



Bestandsaufnahme

Nova hatte einige Stunden lang ihre Gedanken sortiert und Zeit zum schmieden ihrer Pläne gebraucht. Irgendwie musste sie das Mädchen am Leben halten, aber dabei gab es auch dunkle Arbeit zu tun. Die Leiche der Mutter musste aus dem Haus! Sie musste verbrannt werden und dies würde vorerst ihre schwerste Prüfung werden. Das Haus musste gereinigt, oder besser noch ausgeräuchert werden. Sie musste sich umschauen, was für Möglichkeiten die Umgebung ihr schenkte. Nachdem sie also das Kind in ihr Bettchen gelegt hatte, wo es ihr noch zuflüsterte:
„Nova … ich heiße Oliana. Mama nennte mich Olia. Kannst du auch, wenn du magst.“
und es dann vor Erschöpfung fast sofort in einen tiefen Schlaf gefallen war, begann sich die junge Novizin erst einmal umzusehen. Im Haus gab es alles was sie zum Desinfizieren brauchen konnte. Leinentuch, Laken, Decken, alles musste abgekocht werden. Sie sehnte den Kräutergarten des Akademie herbei, wo sie das ganze Jahr über Heilmittel züchteten, doch diese standen ihr hier nicht zu Verfügung. Wenigstens fand sie beim Sichten der Gegenstände eine große Flasche Selbst-gebrannten. Er roch scharf nach Gerste. Auch eine kleinere Flasche dunklen Wein, der schon etwas nach Essig roch, war zu finden. Sein Geschmack zog einem die Wangen zusammen und er würde seine Adstringenz in voller Wirkung auf warmen Tüchern entfalten, wie es Delilah in der Heilstation bei der Behandlung von offenen Geschwüren gelernt hatte. Ein paar getrocknete Kräuter wie Petersilie und Fenchel baumelten von der Decke und die letzten Winteräpfel, Gefäße mit braunem Zucker, dunklem Mehl und ein kleinen Korb Kartoffeln standen in einem der Regalen. Ein großer Bottich zum Baden stand in einer anderen Ecke aufrecht an die Wand gelehnt.
Dann ging Delilah hinaus und atmete tief die noch vom vergangenen Winter kalte Luft tief ein. Ihr Blick schärfte sich und sie lief schaute sich den Hof einmal genauer an. Vor dem Haus der Familie gab es außer dem Brunnen wenig zu sehen. Der Weg zum Torbogen führte Kerzengerade zur Straße. Ein kleiner einfacher Zaun aus Holzlatten umsäumte teilweise das kleine Grundstück. Daran grenzten sofort die dazugehörigen Felder an. Eine Scheune und ein Stall standen etwas abseits und die beiden großen Flügeltüren des Stalls standen weit offen. Eine kleine Koppel gab es auch, aber nirgends war ein Tier zu sehen. Delilah umrundete das Haus und zu ihrer Überraschung fand sie dahinter, auf der Südseite ein kleines Gewächshaus angrenzend. Dach und Wände waren aus vielen kleinen Scheiben zusammengesetzt und dahinter schimmerte es grün. Vermutlich hatte hier die Mutter im Winter ihren kleinen Gemüsegarten angepflanzt. Delilah öffnete die Tür und ein Schwall relativ warmer Luft kam ihr entgegen. Solange die Sonne am Tag ein paar Stunden schien, würden hier Pflanzen wachsen können. Im Innern sah sie am Boden kleine Beete, aber auch jede Menge kleine Triebe, die in flachen mit Erde gefüllten Schalen an Ketten gleich Regalen übereinander hingen. Alle Pflanzen wirkten trocken, aber vielleicht noch nicht ganz verdorrt. Unkraut begann sich auszubreiten, aber es war noch nicht verwildert. Hier hatte jemand mit sehr viel Liebe gewirtschaftet. Am anderen Ende des kleinen Gewächshauses stand sogar ein kleiner Ofen, der zusätzliche Wärme abgeben konnte, sollte der Frost zu stark hier eindringen. Hier fand sie sogar ein paar runzelige Rüben und andere kaum noch zu erkennende Pflanzen. Nova nahm alles in ihren mentalen Bestand auf und machte sich zum Stall auf. Hier war der Anblick deutlich enttäuschender. Die Gatter waren aufgebrochen, vermutlich von den Tieren, als der Hunger zu groß geworden war. Das Heu war feucht geworden und begann an manchen Stellen schon zu schimmeln. Die üblichen Gerätschaften waren ordentlich an einer Wand aufgehängt, nur mitten im Gang lag einsam eine Mistgabel. Vielleicht hatte das Mädchen noch versucht alles alleine Ordnung zu halten, es aber dann aufgegeben. Nova verließ den Stall und sah zur Scheune hinüber, als sie das sich nähernde Geräusch von einem Pferd hörte. Sie wandte sich um und sah jemanden auf einem weißen Pferd die nahe Straße hinunter reiten. Er würde bald am Torbogen vorbei sein. Sollte sie um Hilfe rufen? Was wollte sie ihm sagen?
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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 19. März 2014, 12:22

Nahaki kommt von: Der Krankheit auf der Spur

Einige Stunden später, der Druide hatte ohne es zu bemerken die Grenze zum Königreich Jorsa überschritten in dem er einem kleinen Pfad zwischen ein paar Feldern gefolgt war, begann sich die Atmosphäre zu verändern. Das stetige Gemurmel der Pflanzen erstarb langsam und hinterließ eine seltsame Stille. Zu der Stille der Pflanzen mischte sich eine weitere Stille die darin gründete, dass keinerlei Tierlaute noch an Nahakis Ohren drangen. All die Geräusche die die Welt um einen herum sonst unbewusst lebendig wirken ließen waren verklungen. Die Felder um den Tabiki wirkten mit einem Mal leblos. Während er weiter ging, bemerkte er, wie eine seltsame Dunkelheit sich über dem Weg auszubreiten schien. Alles wirkte dunkler und bedrohlicher, obwohl die Sonne selbst noch am Himmel stand. Doch irgendwie erreichten ihre wärmenden Strahlen den Boden nicht. Es war, als ob sich eine verhängnisvolle Kuppel über die Landschaft gelegt hätte und jedes Geräusch verhinderte. Mitten in dieser Lautlosigkeit stand Nahaki und konnte nur raten, was um ihn herum passierte. Seine Schlange gab nicht einmal ihr sonst so typisches Zischeln von sich, wodurch man ihr deutlich anmerken konnte, wie unangenehm sie die Umgebung fand. Als sich der Druide zu den Ähren des Feldes neben ihn hinunter beugte, vorsichtig ihre wertvollen Halme berührte und sanft über ihre Blüten strich, konnte er mit einem mal erneut ihren Gesang vernehmen. Doch er war nicht fröhlich und laut wie sonst. Stattdessen folgten den bekannten Tönen eine mitreißende Hoffnungslosigkeit. Das Klagelied war so eindringlich, das dem Tabiki beinahe die Tränen in die Augen stiegen und doch so leise, das selbst seine geschulten Ohren nur Fetzen davon aufschnappen konnten. Die Pflanzen klagten über Ratten die es sich zwischen ihren Wurzeln gemütlich machten und weinten, weil sich schon lange niemand mehr um sie gekümmert hatte. Nahaki konnte etwas von einem Bauern heraushören, doch so trocken und ungepflegt wie die Erde dieses Feldes aussah, konnte dieser lange nicht mehr hier gewesen sein. Plötzlich schreckten den Tabiki das klappern von Hufen auf. Ein Reiter ritt an ihm vorbei, jedoch ohne den jungen Mann, der zwischen den Ähren gut versteckt war, zu bemerken. Der Reiter schien ein klares Ziel zu haben. Der Druide richtete sich ein wenig auf und glaubte in der Ferne einen Hof erkennen zu können. Die sich ausbreitende Seuche strich durch seine Gedanken. Sollte er einmal nachsehen, ob er dort helfen konnte?
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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Nahaki » Mittwoch 19. März 2014, 19:36

Noch lange galten seine Gedanken dem armen Dorf Bersa. Wie gerne hätte er den Menschen dort geholfen. Ob der Starrsinn, den sie an den Tag legten, wirklich die Krankheit fernhalten könnte? Hoffentlich. Dieser Hauch war etwas Unnatürliches, das wusste der Druide einfach. Wie sich die Pflanzen verhielten, sprach Bände. Noch nie hatte er eine Krankheit erlebt, die derart auf alles um sie herum übergriff. Schon fast mochte man meinen er würde daran verzweifeln. Aber so war der Druide nunmal nicht. Nahaki sieht in der Seuche eine Herausforderung, die auch und vielleicht sogar zu einem großen Maße ihn prüfen wollte. Während der langen Wanderszeit ließ der Druide das Geschehene Revue passieren. Zumindest hatte er das richtige getan, indem er die Leute zwar nicht länger belästigt hatte, ihnen aber dennoch Instruktionen und ein paar Kräuter hinterließ. Der Mann, der ihn angriff, tat ihm Leid. Wie verzweifelt musste er gewesen sein, um sich dem Druiden gegenüber derart verhalten zu haben? Auch einer der Gründe, wieso sich Nahaki dazu entschieden hatte, nicht seinen Stock oder seine Kampfkunst einzusetzen. Was hätte dies zur Sache getan? Mehr Blut, mehr Leid und noch mehr Gewalt. Manch eine Kerze sollte man erst dann anzünden, wenn es wirklich dunkel wird. Auch war es wohl sinnvoll, ein kleines Mahnmal nicht unweit des Dorfes in die Erde zu zeichnen. „Gefahr!“ in der örtlichen Sprache, ein Dolch und ein Wegpfeil waren die gewählten Symbole. Hoffentlich könnten somit weitere Konflikte vermieden werden.
Je weiter er lief, desto bedrückender wurde die Stimmung. Etwas Schreckliches schien hier den Pflanzen zu widerfahren, so viel stand fest. Am liebsten würde der Druide der Natur helfen, die Kuppel mit allem Elan vertreiben und verbannen, aber zum einen lag dies nicht in seiner Macht, zum anderen würde er sich seine Energie aufsparen müssen, falls denn der Grund dieser Seuche auftäuchte. Er gehörte nicht zu den großen Magiern der Legenden, die so viel zaubern konnten, wie ihnen beliebte. Er musste darauf aufpassen, wie viel er verwenden dürfte, wie ein Hirte auf seine Schafe. Was er jedoch tun konnte, war die Dunkelheit zu ignorieren. Und so löste jede Blume die voll trotz gegen die Bedrückung blühte ein lächeln aus, jeder standhafte Baum, der mit seinen Blätter prahlte ein Kichern und jedes noch halbwegs fruchtbare Feld gar ein Lachen in ihm aus. Mitten in dieser Unnatürlichkeit fand er eine Ähre, die besonders schön vor sich hin blühte. Ein Musterbeispiel für eine Pflanze. Stolz und stramm. Doch bei genauerem Hinblicken hörte er ihr Lied. Fröhlich und trotzig, aber nur eine Wiederholung, um das Drumherum zu leugnen. Alle Ähren die sich noch in der Nähe befanden, hatten bereits resigniert und sangen ein Lied ihres eigenen Unterganges. Wie konnte so etwas nur passieren? Und wieso? Entgegen seines eigentlichen Vorhabens entschied sich der Tabiki dazu, doch ein wenig seiner kostbaren Magie zu opfern und den stolzen Halm zu verstärken, seine Wurzeln tief schlagen und seine Frucht dick werden zu lassen. Auch änderte ein wenig in der Konstruktion der Pflanze. Sie würde nun stärker durch die Nacht und somit durch den Boden Energie aufnehmen. So könnte sie noch lange standhaft bleiben, ihr Mut könnte ungebrochen sein und das Lied könnte andere Pflanzen ermutigen. Gleichzeitig wurde aber die Fortpflanzung des Gewächses so gehemmt, dass nur normale Ähren daraus erwachsen könnten. Schließlich wollte Nahaki nicht das vegetative System zerstören, indem er eine Überpflanze kreierte. Die anderen Ähren hingegen sangen von Trauer, Nagern und anderem Leid, so leise, dass er es kaum noch hören konnte. Hoffentlich würden sie durch die Oberähre geleitet, wieder zu voller Stärke heranwachsen und wieder laute und glückliche Lieder singen können.
Als der Reiter an ihm vorbeipreschte, erschrak der Druide zunächst, brach dann jedoch in schallerndes Gelächter aus. Ach, was da für ein Kerl vorbeigeritten kam! Temperament, Eile, Leidenschaft im Blut. So ein Reiter war eine willkommene Abwechslung, die leider allzu schnell verblasste. Gelacht wurde dennoch weiter, während der Druide in einen leichten Laufschritt fiel. Auch der Hof, der sich vor ihm in kaum ersehbarer Ferne auftat, drängte ihn mehr und mehr dazu, einfach weiterzulaufen. Vielleicht würde er dort Menschen antreffen, den Reiter zum Beispiel. Oder jemand anderen. Denen könnte er helfen, wenn sie denn schon unter der Krankheit litten. Zumindest die Ratten waren ein Indiz dafür. Ratten hielten sich oft in der Nähe von Menschen auf. Entweder, sie drängten zurück, weil es am Hof nichts mehr gab oder sie drängten vor, um dort etwas Lebendes zu finden. Was auch der Grund war, er schien beunruhigend zu sein. Was, wenn die Ratten gelockt wurden, mit Magie? Wenn ein Magier ihnen einen bösen Willen einflüsterte und sie nur von einem neuen Trieb befallen heranstürmten? Viele Fragen, auf die er hoffentlich Antworten finden würde. Dafür müsste er also weiter laufen. „Los! Auf uns wartet eine neue Herausforderung!“, rief er seiner Schlange zu, die es sich mittlerweile zwischen seinen Kleidungstüchern gemütlich gemacht hatte.
In nicht allzu langer Zeit erreichte Nahaki schließlich eine Distanz, aus der er den Hof bereits gut erkennen konnte.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 20. März 2014, 08:33

Als der Reiter an ihm vorbei preschte, erschrak der Druide zunächst, brach dann jedoch in schallendes Gelächter aus. So konzentriert er dem Gesang der Ähren gelauscht hatte, hatte er ihn nicht kommen hören und er hatte geduckt im hohen Stroh gekauerte, so dass er selbst auch nicht gesehen worden war. Ach, was da für ein Kerl vorbeigeritten kam! Temperament, Eile, Leidenschaft im Blut und einen wehenden Mantel mit dem Wappen eines Löwen auf dem Rücken. Bei dem ungewohnten Geräusch in diesen Tagen, drehte der Reiter kurz seinen Kopf über die Schulter zu ihm zurück und ein Schmunzeln erwiderte Nahakis herzliches Lachen. Dies geschah oft und so auch hier, dass der Naturmagier ein Lachen schenkte und es ebenso vergolten bekam. Nur in letzter Zeit war den Menschen dieser Gegend das Lachen anscheinend vergangen.
Der Boden unter dem Pferd wurde von seinen Hufen aufgerissen und das tote Erdreich der Wege spritze in alle Himmelsrichtungen. Der Reiter hatte es anscheinend eilig auch wenn das Tier kaum angestrengt aussah. Der kurze Blick Nahakis genügte um ihm zu verraten, dass mindestens das Tier von edlem Blute war. Der Mann darauf war zumindest dem Mantel nach gut gekleidet, doch dann war er auch schon wieder fort und ritt voraus. Nahakis Blick folgte ihm und er erspähte in einiger Entfernung den Torbogen eines Bauernhofes. Die Straße führte am Hof vorbei und noch ließ der Reiter sein Pferd laufen, als die Wolkendeck kurz aufriss und etwas goldenes in einiger Entfernung zwischen den Häusern schimmerte. Gleich einem kurzen Hoffnungsstreif berührte ein Sonnenstrahl das Land, erlosch jedoch gleich wieder.
„Los! Auf uns wartet eine neue Herausforderung!“
, rief er seiner Schlange zu, die es sich mittlerweile zwischen seinen Kleidungstüchern gemütlich gemacht hatte. Und so setzte er seinen Weg fort.

Delilah hörte und sah den Reiter näher kommen und sein Pferd war schnell. Wenn sie sich beeilte, konnte sie ihn vielleicht am Torbogen abpassen und so seine Aufmerksamkeit erregen, denn mit jeder Sekunde die verging, schien ihr die Gestalt vertrauter zu werden, als hätte sie ihn schon einmal gesehen. Doch damals, es schien ihr unendlich lange her, ritt er langsam über einen Marktplatz und tauchte dann in der Menge unter, bevor sie ein Wort wechseln konnten. Vor allem das Pferd rief die Erinnerung wach. Wie viel war doch seit dem geschehen! Als kleines Mädchen war es immer ein großes Ereignis gewesen, wenn die Ritter in der Stadt waren und beim edlen König Richard dem III Hof gehalten wurde. Noch heute ergriff so manche junge Frau das Herzklopfen, denn die edlen Herren ihre Aufwartung machten. Delilah erinnerte sich dunkel an ein großes lächelndes Gesicht, dass sich einmal zu ihr herab gebeugt hatte und mit warmer dunkler Stimme zu ihr gesprochen hatte, als sei sie eine kleine Prinzessin. Die Erinnerung war schon so alt, dass das Gesicht schier riesig wirkte und alles andere darum, wie ein goldener Traum. Um so näher der Reiter kam um so wacher wurde jedoch die Erinnerung, denn sein Gesicht ähnelte eben jenen aus der Vergangenheit doch sehr, nur war er jung und voller Kraft, so dass das Bild nicht das selbe sein konnte, war es doch schon zu viele Jahre her. Der rhythmische Schlag der Hufe riss sie aus ihren tagträumen. Jetzt galt es zu handeln.

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Re: Zwischen Jorsa und Jersa

Beitrag von Delilah » Samstag 22. März 2014, 15:59

Die Routine der Arbeit bewirkte, dass sich Novas aufgewühlter Geist ein wenig beruhigen konnte. Die Aufgaben, die sie nun zu bewältigen hatte waren hart – sowohl für ihren Körper als auch für ihren Geist - doch sie ging ihnen zielstrebig nach. Während sie Stube und Kammer ausfegte, bis sie das Gefühl hatte noch den letzten Floh und das letzte Staubkorn hinaus befördert zu haben, machte sie sich Gedanken über ihr weiteres Vorgehen. Sie kochte Wäsche ab und wusch das Mädchen von Kopf bis Fuß, reinigte seine Kleidung und kämmte ihr Haar. Nachdem sie das Kind in ein gesäubertes Bett zum Schlafen gelegt hatte, Olia hieß ihr Fünkchen, machte sie sich an die schwerste Aufgabe. Erst als sie sicher war, dass Olia auch tief und fest schlief, legte sie die Leiche der Mutter in ein großes Laken, packte die vier Ecken und zog so das Bündel unter Einbezug all ihrer Kräfte aus dem Haus. Der Körper machte ein grauseliges Geräusch, als er aus dem Bett fiel und Nova schauderte. Nachdem sie, endlich nach Stunden wie es ihr vorkam, die Tote auf den Hof hatte zerren können, machte sie sich daran die Leiche zu verbrennen. Sie hatte bereits ein Feuer im Haus entzündet und nahm nun einen Span davon. Das Laken fing Feuer und griff auf die Kleidung der Verstorbenen und die neben ihr aufgeschichteten Äste über bis der ganze Leichnam brannte. Es qualmte und stank fürchterlich und Nova wandte sich ab. Sie hoffte, dass ihre Tochter nicht dasselbe Schicksal widerfahren würde. Sie sandte ein Gebet an Florencia und ihren Sohn Feylin, bat sie darum auf den Geist der Verstorbenen und auf ihre lebenden Kinder zu achten, des weiteren bat sie Lysanthor um Kraft in diesem aussichtslos erscheinendem Kampf.
Genau in diesem Augenblick entdeckte Nova eine weitere Ratte. Aus schwarzen kleinen Augen starrte sie sie an und saß einfach nur da. Es war wohl ein kleines Exemplar, nicht halb so angst-einflößend wie die Vorherige. Nova schauderte und sie packte einen Spaten, hielt ihn der Ratte entgegen wie eine Waffe. „Komm nicht näher, verfluchtes grandessanisches Ungetier!“ Sie hatte bereits vorhin eines der Monster aus dem Haus gejagt, mit einem Besen bewaffnet und heilfroh, dass es wirklich geflohen war und sich nicht dazu entschloss anzugreifen. Dieses Mal jedoch war es noch etwas anders. Hinter ihr im Haus schlief Olia und Nova wollte dieses Tier um nichts in der Welt auch nur einen Rattenschritt näher an das Kind lassen. Als würde allein seine Anwesenheit den Tod bringen. Entschlossen hob sie den Spaten, fest gewillt, das Tier zu erschlagen sollte es näher kommen. Doch es gab nur einen kleinen, kaum hörbaren Piepston von sich, sah sie aus beinahe enttäuschten Augen an, drehte sich um und verschwand im hohen Gras. Die Novizin ließ das Gartengerät sinken und sah dem Tier ratlos hinterher. Sie war so müde...

Sie hatte das Haus durchsucht, nach Dingen die vielleicht nützlich werden konnten und dabei einige weniger Kräuter und ein Gewächshaus entdeckt. Gerade als sie den Stall auskundschaftete hörte sie einen Reiter näher kommen. Konnte es schon Hilfe aus der Hauptstadt sein? Sie rannte zum Tor, das Herz voller Hoffnung, doch als sie den Reiter sah, sank diese erneut. Es sah nicht aus, als würde sich dort einer der Heiler nähern sondern es schien eher ein Ritter zu sein...
Kannte sie die Gestalt nicht? Sie kam ihr so vertraut vor. Erinnerungen aus alten Zeiten, aus einem alten Leben, einem sorgloseren.
Egal, wer er war, sie musste ihn zumindest vor der Gefahr in dieser Region des Landes warnen!
Sie tat einen Schritt nach vorn, halb auf die Straße und hob eine Hand. Halb unterbewusst schämte sie sich in Gegenwart dieser leuchtenden Gestalt. Sie sah sicherlich völlig zerzaust aus, das graue Gewand der Schüler befleckt, den schwarzen Umhang wärmend um die Schultern gelegt. Sie würde ihm raten schnell weiterzuziehen, vielleicht auf Symptome der Krankheit bei sich zu achten und sich im gegebenen Falle Hilfe zu suchen.
Wie sie ihm so entgegenblickte, glaubte sie ein Stückchen hinter ihm den Weg entlang, eine kleine, kräftige Gestalt zu entdecken...

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