Die verlassene Mühle

Prunkvoll mit goldenen Kuppeln, gebaut aus hellem Stein, erstrahlt er schon von weitem. Auch ist hier der Sitz des gefürchteten Königs. Die Stadt besteht sozusagen aus zwei Ringen, dem "Adelsring" und dem "Volksring".
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Die verlassene Mühle

Beitrag von Erzähler » Montag 18. Dezember 2023, 09:30

Ysara kommt von: Die Villa Valerion

Das Ablenkungsmanöver war einfach gut gewesen. Nandos hatte Ysara erheblich überrascht und die Krähe musste feststellen, dass er bei weitem nicht das war, was er allen weismachen wollte. Was allerdings die Frage aufwarf, wie er wirklich war und ob das, was Ysara kennenlernte echt oder auch nur aufgesetzt war? Ganz egal, sein Handeln brachte Ysara wertvolle Minuten und sie schaffte es ungesehen ihre Straße zu verlassen und sich schließlich durch das Viertel zu schlängeln. Inzwischen war es dunkler Abend geworden und auch wenn der Büttel sämtliche Straßenlaternen bereits entzündet hatte, wusste Ysi nach jahrelanger Erfahrung, wo sie in welche Schatten treten musste. Sie war eben nicht die Naive, die Nandos ihr unterstellte. Aber das würde sie ihm bei Gelegenheit vielleicht noch beweisen können. Allerdings war es auch im Grunde egal. Sie musste niemandem etwas beweisen. Nur sich selbst! Und das hatte dazugeführt, dass sie nun durch die Schatten huschte und sich auf den Weg zu der alten Mühle machte. Ysara kannte die Wege in Grandea spielend und hätte sie auch mit verbundenen Augen gefunden. Das war ihr zuhause, ihr Leben. Die ganze Stadt war ein großer, dreckiger Haufen, aber es war IHR dreckiger Haufen. Und sie hatte so viel vorgehabt. Sie wollte es besser machen… Nun? Nun musste sie Grandea im Stich lassen und weiterziehen. Was hatte sie damit erreicht? Besser war es jedenfalls nicht. Mit dunklen Gedanken und dem Versuch, sich nun nicht davon übermannen zu lassen, schlich Ysi weiter und hoffte nun, dass sich ihre Krähen bereits an ihrem vereinbarten Treffpunkt eingefunden hatten.

Ysara überbrückte mit einigen Kniffen den Engpass zwischen Arm und Reich und schaffte es schließlich im Armenviertel ein wenig Fersengeld zu geben. Hier war es leichter sich zu bewegen, denn die Armen flanierten nicht durch die Gassen. Die hatten ganz andere Sorgen… Ysara aber würde feststellen müssen, dass sie gut daran tat, auch hier sich nicht ganz so offen zu zeigen. Denn diese erwähnten Sorgen waren ein ungemein guter Indikator für Verrat. Immer wieder mal huschte ein Augenpaar dem blonden Schopf nach, wenn sie glaubte ungesehen zu sein. Ysi würde vielleicht erkennen, dass man dem armen Volk eine Belohnung geboten hatte, wenn es Hinweise gäbe. Nandos hatte Recht… sie musste verschwinden und Gras über die Sache wachsen lassen. Auch im Armenviertel würde sie nicht länger sicher sein können. Natürlich gab es einen gewissen Zusammenhalt. Man rutschte in der Not dichter zusammen, aber jetzt? Jetzt war sie die reiche Beute, der Schlüssel aus dem Elend. Wer konnte es den Ärmsten der Armen verdenken, dass sie sich danach die Finger leckten?
Nachdem Ysara erkannt hatte, dass sie sich auch im Armenviertel möglichst bedeckt hielt, führte ihr Weg sie bis zum Stadtrand. Einmal musste sie tatsächlich die Richtung ändern, denn sonst wäre sie in eine Gruppe Halbstarker geraten, die gerade darüber gesprochen hatten, die Belohnung der Dunklen einsacken zu wollen. Es war also für Informationen und das Ergreifen der Diebe ein Kopfgeld ausgesetzt worden. Ihr erstes Kopfgeld… da konnte man schon mal Stolz empfinden! Aber es war wohl der schlechteste Moment. Auf ihrem Weg zum Stadtrand fiel Ysara noch etwas auf: Auf der Suche nach den dreisten Dieben hatten die Soldaten in manchen Gegenden nicht gerade mit Sorgfalt gesucht. Sie hatten zum Beispiel die Marktstände auseinandergerissen und achtlos liegenlassen oder einige Türen hingen nun nur noch notdürftig in ihren Angeln. Fenster waren eingeschlagen… Menschen verängstigt. Kinder hielt man im Haus und so wurde die Gegend immer einsamer, je näher Ysi dem Rand der Stadt kam. Hier musste sie, wie schon die anderen Krähen mit Lianth, den Weg nach draußen wählen, den jeder Vagabund kannte: Durch die Müllschächte. Sie passten gerade so hindurch und es war etwas abschüssig, damit der Unrat auch hinaus vor die Stadtmauern fiel. Offizielle Ausgänge brauchte Ysara gar nicht erst zu versuchen. Dort wurden die Wachen verstärkt, damit niemand hinausgelangte. Aber an Müll dachte eben keiner.

So gelangte Ysi hinaus und sie stellte fest, dass der Boden hier gefroren war. Auch der Wind nahm an Schärfe etwas zu. Die Mühle lag ein Stück außerhalb von Grandea, denn früher hatte man sie emsig betrieben. Heute wurde Brot aus Alberna oder Tromarn geliefert und der Müller hatte sie aufgegeben. Da sich niemand für alte Gebäude interessierte, waren die Mühle und die Lagerhalle am anderen Ende der Stadt eben gute Möglichkeiten zum Verstecken. Verlassen lag das gespenstisch wirkende Gebäude vor Ysi, die auf dem weiten Feld vor der Stadt, das inzwischen auch nur noch Brachland war, keine Sorge haben müsste, entdeckt zu werden. Die Soldaten waren angehalten den Blick nach Innen zu richten… Grandea war wirklich kein interessantes Ziel für von außen. Naja, vielleicht wenn Jorsan sich irgendwann mal entschied, aber… das war eine andere Sache. Nun konnte Ysara sehen, wie sich die alten Mühlblätter im kalten Wind hin und her bewegten und gespenstisch quietschten. Ein Mühlblatt fehlte, ein anderes hing nur noch in Teilen. Gerümpel lag herum und irgendwo suchte ein Streuner nach Futter. Er würde hier nichts finden, aber das schien er noch nicht zu wissen. Die Mühle lag verlassen da und kein verräterischer Mucks erklang. Doch Ysara kannte das geheime Signal, mit dem sich die Krähen verständigten, sodass sie das Zeichen über dem Eingang der Mühle entdeckte. Es war mit Kreide gemalt, kaum auffällig, wenn man nichts darüber wusste. Aber es war ihre Erlösung, denn die anderen waren bereits dort. Es hatte alles geklappt.
Drinnen in der Mühle war es etwas windgeschützt, aber trotzdem kalt. Die Jahreszeit war nicht die beste, zum Fliehen aber man suchte sich das ja auch nicht aus. Nun konnte Ysi im Dunkel der Mühle auch einen winzigen Feuerschein ausmachen. Ihre Krähen hockten um eine Kerze und bibberten leicht. Als sie Ysi entdeckten, erhoben sie sich erleichtert und tatsächlich umarmten sich alle gemeinsam. Jedem ist über die kurze Zeit der Trennung bewusst geworden, was sie angerichtet hatten. Und was ihnen nun bevorstand. Es war eine seltsame Stimmung und keiner der Krähen machte einen Scherz oder versuchte die Stimmung zu lockern. So etwas, hatte keiner von ihnen je erlebt und die bevorstehende Trennung, ließ jedem das Herz schwer werden. Und dann… dann knarzte die Mühlentür plötzlich doch noch mal und ließ die Diebe zusammenfahren. Tami sogar so sehr, dass sie einen Feuerstoß abgab und jener unkontrolliert gegen die Eingangstür knallte. Kurz wurde die Gestalt erleuchtet, die dort eingetreten war. Abwehrend hob sie die Hände und blinzelte. „He! Begrüßt man so einen Freund?“, murrte die bekannte Stimme. „Oh Scheiße, entschuldige!“, rief Tami ertappt. Alle waren nervös. Die Gestalt aber lachte leise und es klang seltsam zu dieser Stunde. Trotzdem war es tröstlich die Gestalt zu sehen: Cassian war gekommen und sah ihnen lächelnd und gleichzeitig traurig in die Gesichter.
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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Ysara » Montag 18. Dezember 2023, 21:18

Die Begegnung mit Nandos blieb ihr nicht lange im Kopf hängen. Er hatte zwar Eindruck bei der blonden Krähe hinterlassen, aber sie ging davon aus, dass sie auch ihn erst einmal nicht wiedersehen würde. Diesen Umstand nahm sie jedoch ganz neutral hin. Ysara hatte einfach andere Dinge im Kopf, da war kein Platz mehr für einen fremden Elf mit undurchsichtigen Absichten. Vielmehr dachte der gesuchte Valerion-Spross daran, dass sie ihre Familie und Grandea hinter sich lassen musste, und das nagte an ihr. Sie hatte keine Gelegenheit mehr, sich von ihren Eltern und zumindest Cedric zu verabschieden oder sich zu erklären. Obwohl es eigentlich nichts zu erklären gab. Sie könnte die Unschuldige mimen und würde vielleicht sogar ihre Familie überzeugen. Aber Kan'egh Vashnar würde sie nicht täuschen können. Sie musste unbedingt unentdeckt zur Mühle gelangen und fokussierte sich auf diese Aufgabe. Wenn sie jetzt aus Unvorsicht den Dunklen in die Fänge geraten würde, wäre das ein unwürdiges und viel zu frühes Ende für sie. Nein, sie musste sich irgendwie mit dem Gedanken arrangieren, Grandea für eine Weile hinter sich zu lassen, damit Gras über die Sache wuchs. Sie musste untertauchen. Das wurde ihr spätestens bewusst, als sie die Halbstarken über die Belohnung diskutieren hörte, die sie sich einstreichen wollten. Es hatte schon einiges zu bedeuten, wenn ein Kopfgeld auf einen ausgesetzt wurde. Die Anführerin der Krähen erfüllte das tatsächlich auch mit etwas Stolz. Sie hatte etwas Großes bewirkt! Groß und bedeutend genug, dass die ganze Stadt über sie sprach und man einige Münzen für ihre Ergreifung zahlen würde! Das war schon etwas, das kein unbedeutender Fisch erreichte. Und es machte die Lage in Ysaras Augen etwas erträglicher. Sie hatte sich immer einen Namen machen wollen und im Moment suchte man sie, weil sie einem bedeutenden Dunkelelfen mit Rang und Name etwas wertvolles gestohlen hatte. Eigentlich war das kein schlechter Beginn für eine große Karriere, die sie immer angestrebt hatte. Aber es blieb die andere Seite der Medaille: der Preis, den sie dafür zahlen musste. Und dieser sorgte dann doch dafür, dass sich ihr Gesicht verfinsterte.

Ysara war inzwischen wieder im Armenviertel und schlich sich von Ecke zu Ecke und von Haus zu Haus. Viele von diesen Häusern waren bei der Durchsuchung der Dunkelelfen ramponiert worden und als sie das realisierte, meldete sich direkt ihr schlechtes Gewissen. Vermutlich hatten nun einige Menschen nicht wenig Lust, sie zu verraten und sich für den Ärger zu rächen, den sie im Armenviertel angerichtet hatte. Ysaras Nerven waren angespannt und sie legte nochmal einen Zahn zu, als ihr bewusst wurde, dass sie nirgends mehr sicher war. Nicht mal mehr hier unter den Bedürftigen, denen sie so oft geholfen hatte und auf deren Seite sie stand. Auf der Suche nach einem Fluchtweg hinaus aus der Stadt fand sie sich irgendwann vor einem Müllschacht wieder, der nicht ihr beliebtester, aber der sicherste Weg nach draußen war. An den Müll dachte niemand und das musste sich die Diebin jetzt zunutze machen. Ohne Scheu, aber dennoch mit dem einen oder anderen Naserümpfen, quetschte sie sich durch den engen Gang, der dreckig und schmierig war. Ysara dachte lieber nicht genauer über den Unrat nach, der bald an ihren Händen und der Hose klebte, und beeilte sich lieber. So schnell sie konnte, kroch sie auf allen Vieren vorwärts und schnappte erleichtert nach Luft, als sie endlich das Ende des Schachtes erreicht hatte. Kaum hatte sie den gefrorenen und trockenen Boden unter ihren Füßen, fühlte sie sich etwas sicherer, was ihre Verfolger anging. Diese waren vermutlich der Überzeugung, dass sie früher oder später nach Hause kommen würde und muteten ihr sicher nicht zu, die Stadt zu verlassen. Ysara konnte sich ja selbst kaum das vorstellen, das sie vor Stunden noch rigoros abgelehnt hatte. Doch Dinge änderten sich und sie wusste, dass sie in Grandea früher oder später entdeckt werden würde. Sie nahm eine gerade Haltung ein und drehte sich um, wo ihr Blick die Stadtmauer von Grandea hinauf glitt. Sie seufzte tief. Ich werde dich vermissen, olles Drecksloch. Dann wandte sie sich ab, kletterte über allerlei Gerümpel und griff nach dem erstbesten Lumpen, um sich ihre Hände und Hosenbeine so sauber wie möglich abzureiben. Dann stapfte sie mit gesenktem Kopf zur Mühle, um dem kalten Wind standzuhalten, der ihr entgegen schlug, und schlang schon bald die Arme um ihren Körper. Die Kleidung, die sie von Sadia angezogen hatte, war zweckmäßig für eine Diebin, aber nicht für eine lange nächtliche Reise vorgesehen. Sie trug keinen Mantel und hoffte, dass Sadia auch an ihr Gepäck gedacht hatte. Falls sie es überhaupt geschafft haben. Der Gedanke kam so unvermittelt, dass sich Ysaras Herzschlag und mit ihm ihre Schritte direkt wieder beschleunigten.

Erst als sie vor der Mühle stand und das Zeichen über der Tür sah, atmete sie erleichtert auf. Schnell und ohne darüber nachzudenken, dass sie die anderen erschrecken könnte, riss sie die Tür auf und sah ihre Freunde vor der Kerze sitzen. "Bin ich froh, euch zu sehen!", stieß sie zitternd vor Kälte aus und drückte ihre Freunde nacheinander fest an sich. Im Kreise ihrer Freunde fiel der Klotz der Anspannung von ihr ab und sie merkte erst jetzt, wie schwer und belastend er gewesen war. Ihr Herz zog sich zusammen vor Freude darüber, dass sie alle wohlbehalten hier waren. "Habt ihr Lianth unentdeckt abgesetzt?", versicherte sie sich, ehe sie von ihrem wenig erfolgreichen Ausflug berichten wollte. "Bei mir Zuhause ist der Harax los. Überall sind die Dunkelelfen und warten auf mich. Überall! Es gab kein Herankommen. Vashnar persönlich ist gerade dort und.." Da wurde die Tür in ihrem Rücken aufgerissen und Ysara zuckte vor Schreck zusammen, während sie herum wirbelte. Dann erschrak sie erneut, als neben ihr ein Feuerschein die Luft durchschnitt, bis ihr Blick an der Person hängen blieb, die davon erhellt wurde. "Cassian!", entfuhr es ihr gleichermaßen überrascht, verwirrt und erleichtert. Sie hatte nicht damit gerechnet, ihn noch einmal wiederzusehen und die Verblüffung darüber stand ihr ins Gesicht geschrieben. Gleichzeitig machte ihr Herz einen Hüpfer, als sein Lachen an ihre Ohren drang, und zog sich dann schmerzlich zusammen, als ihr das ganze Drama wieder bewusst wurde. Der Tag war ein einziges Auf und Ab gewesen. Mit Cassians Anblick erwachte auch sofort die Erinnerung an ihren Beinahe-Kuss und der Blick aus den grünen Augen, mit denen sie Cassian ansah, konnte man durchaus als schwärmend bezeichnen. Ysara eilte zu ihm und umarmte ihn ohne weitere Vorwarnung - so wie sie auch alle anderen Krähen gerade eben erst umarmt hatte. Die Begrüßung war wie immer und doch ganz anders und fühlte sich, mit dem Geschehenen im Hinterkopf, irgendwie seltsam an. Ysara, die noch immer vor Kälte zitterte, drückte Cassian an sich, aber nur für einen Moment. Sie wollte so auftreten wie immer und dieser Druck ließ ihre Bewegung eher etwas hölzern wirken, weil sie unsicher war, wie sie sich am besten verhalten sollte. "Was machst du hier? Geht es dir gut? Wie konntest du vom General verschwinden?", fragte sie und vergaß dabei, dass Cassian gar nicht wusste, dass sie vorhin bei ihrem Elternhaus gewesen war und seine Kutsche gesehen hatte. Aber bevor er etwas erwidern konnte, fiel ihr etwas anderes ein. "Ich habe ihnen noch gar nichts davon erzählt." Sie machte einen Schritt zurück und suchte seinen Blick. Sie wählte ihre Worte nicht unüberlegt, denn sie sollten ihm klarmachen, dass sie niemandem von dem Kuss erzählt hatte - und ihre Geste, mit der sie Abstand nahm, zusammen mit ihrem Blick zeigten, dass das auch so bleiben sollte, wenn es nach ihr ginge. Sie wollte nicht für zusätzlichen Aufruhr in der Gruppe sorgen, denn genau genommen tat der Kuss zwischen ihnen nichts zur Sache. In einem anderen Leben - aber eben nicht in diesem. Ysara wollte den Kuss und die Erinnerung daran für sich behalten, wo niemand etwas davon zerstören konnte. Trotzdem huschte für einen Moment die Vorstellung durch ihren Kopf, wie Cassian die Rolle des Verlobten fallen ließ, sie einfach zu sich zog und sie entgegen aller Regeln hier und jetzt küsste. Konzentrier' dich, rief sie sich selbst zur Ordnung und räusperte sich, weil sich ihre Kehle plötzlich so trocken anfühlte. All das durchlief in Sekunden ihren Kopf. Der Beginn ihres Satzes war nicht nur dafür geeignet, Cassian klar zu machen, dass der Kuss noch ein Geheimnis war, sondern auch um zu den anderen Neuigkeiten überzuleiten, von denen die Krähen ebenfalls noch nichts wussten. "Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu: Cassian wird nach seiner Hochzeit nach Morgeria ziehen." Ysara klang traurig dabei, sie bemühte sich um einen neutralen Ton, aber jeder der Krähen wusste, dass sie beste Freunde waren. Wieso sollte sie ihre Emotionen also zurückhalten? Sie wollte nicht, dass er ging. Erst jetzt drehte sich die blonde Anführerin wieder zu den anderen in ihrem Rücken herum, blieb jedoch neben Cassian stehen. Sie musste einfach jede Minute in seiner Nähe auskosten. Ysara wartete ab, bis sich der erste Tumult etwas legte, aber dann stahl sich tatsächlich ein Grinsen auf ihre Lippen und sie sah erneut hinauf zu Cassian an ihrer Seite. "Du wirst nicht glauben, wo sich der Schatz befindet! Dreimal darfst du raten!" Sie wirkte fast ein bisschen zu euphorisch in Anbetracht der derzeitigen Umstände. Dass sich der Schatz aber ausgerechnet in Morgeria befand und eine Brücke zu seinem neuen Wohnort schlug, war dann doch ein verdammt merkwürdiger Zufall, der schon mal zu Erstaunen führen konnte. "Zeig' ihm die Karte und die Schriftrolle, Tami!", bat sie ihre Freundin dann, die beides mit sich genommen hatte, und schaute die Rothaarige an. Aufgeregt beobachtete Ysara Cassian dabei, wie er die neuesten Informationen erhielt und diese Aufregung drängte alle Ängste und ungeklärten Fragen dazu in den Hintergrund.

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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Erzähler » Dienstag 19. Dezember 2023, 09:22

Die alte Mühle war schon immer mal ein reizvolles Versteck gewesen. Hier konnten sie noch ungestörter sprechen als in ihrem Nest. Oder, falls es zu heikel gewesen war zurückzukehren, dann waren sie früher oder später alle hierhergekommen und hatten gemeinsam über die kleinen und größeren Aktionen gescherzt. Sie hatten sich auf die Schultern geklopft, sich beglückwünscht zu den gelungenen Einbrüchen oder Taschenspielertricks. Nie war etwas derart aus dem Ruder gelaufen, wie heute. Die Mühle war ihr Zufluchtspunkt, wenn das Nest in Gefahr war. Und jetzt, jetzt war es der Anfang vom Ende. Es war das letzte Mal, dass sie diese Stadt für eine lange Zeit sehen würden, das wussten sie. Gleichermaßen fielen auch die Umarmungen aus, die Ysara an ihre Freunde verteilte. Jeder drückte sie besonders fest, besonders lang. Sie brauchten keine Worte zu machen, sie konnten einander auch blind ansehen, was sie dachten. So fehlten im ersten Moment auch passende Worte, in denen Sadia, Elian, Tami und Ysara sich lediglich ansahen. Dann aber konnte Ysi ihrer Erleichterung nicht mehr Einhalt gebieten und erntete leichte Zustimmung oder ein schiefes Grinsen. "Habt ihr Lianth unentdeckt abgesetzt?" Nicken. Sie haben getan, was sie tun sollten, und Sadia erhob das Wort, während Tami im Hintergrund ein Gesicht zog. „Er hat von uns noch ein wenig Starhilfe bekommen. Jetzt muss er allein klarkommen.“, zuckte die andere Anführerin die Schultern. Was mit Lianth geschah, lag nun nicht mehr in ihren Händen. Der naive Elf würde sich schon irgendwie durchkämpfen… vielleicht, also hoffentlich. "Bei mir zuhause ist der Harax los. Überall sind die Dunkelelfen und warten auf mich. Überall! Es gab kein Herankommen. Vashnar persönlich ist gerade dort und.." Bevor noch jemand reagieren konnte, wurde die Mühlentür abermals aufgedrückt und ließ alle zusammenfahren. Tami war so erschrocken, dass sie doch tatsächlich einen kleinen Feuerstrahl losließ und Cassian beinahe flambiert hätte. Es rauchte noch neben seinem Ohr, während er ihnen entgegenlächelte. "Cassian!" Sein Blick traf Ysara und das Lächeln wurde eine Spur breiter. „Leibhaftig!“, antwortete er salopp und konnte trotzdem nicht überspielen, dass die Lage ernst war. Ysi aber ließ sich nicht davon abhalten, ihren Freund zu umarmen. Denn in aller erster Linie waren sie genau das: Freunde.

Also empfand niemand es als komisch, dass sie ihn umarmte, und Cassian neigte sich ihr etwas entgegen, um seine Arme ebenfalls um sie zu legen. "Was machst du hier? Geht es dir gut? Wie konntest du vom General verschwinden?" Er ließ Ysi los, schloss hinter sich die Tür und trat ein wenig näher. Auch die anderen Krähen umarmten ihn oder klopften freundschaftlich auf die Schulter. Bevor er allerdings antworten konnte, warnte Ysara ihn, dass die anderen noch gar nichts wussten. "Ich habe ihnen noch gar nichts davon erzählt." Die Bedeutungsschwere dieser Aussage wurde irgendwie jedem klar. Denn auch die anderen drei Krähen kamen näher und schauten neugierig zwischen Cassian und Ysara hin und her. „Wie meinst du das?“, fragte Sadia und schaute Cassian an. „Was verheimlicht ihr uns hier?“, forschte sie argwöhnisch nach und verschränkte die Arme. Cassian seufzte und nickte gleichzeitig. „Verstehe“, murmelte er und sah alle nacheinander an. "Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu: Cassian wird nach seiner Hochzeit nach Morgeria ziehen.", rückte Ysara mit der Sprache heraus und erntete ein vollkommen entsetztes ‚WAS?‘ seitens Tami, ein ‚oh man‘ von Elian und einen geschockten Blick von Sadia. Letztere fand auch ihre Sprache schneller wieder. „Das… ist das üblich?!“, wollte sie wissen und sah Cassian an, der erneut seufzte.
Dann lächelte er tapfer. „Es soll die Verbindung stärken. Ta’nurie wird in Morgeria die Geschäfte ihrer Familie leiten, während ihr Vater hier in Grandea den Posten des Generals innehat. Diese Verbindung ist ein Arrangement, das zur Stärkung der Beziehungen“ „Beziehungen! Ich kotze gleich!“, haute Tami wortgewaltig dazwischen und Cassian nickte leicht. Er verstand sie. „dienen soll. Es ist Politik und da haben Ta’nurie oder ich gar nichts zu melden.“, räumte er ein. Ysara kannte seine Haltung dazu und sie hatte auch bereits bemerken dürfen, dass Cassian nicht glücklich damit war, aber pflichtschuldig wirkte. Er sah zu Ysi an seiner Seite. „Ich bin im Übrigen kein Gefangener. Ich kann mich durchaus frei bewegen und nutzte die Chance für einen… Spaziergang.“, erläuterte er noch mal, wie es dazu kam, dass er herkommen konnte. „Ihr habt ordentlich viel Staub aufgewirbelt.“, seufzte Cassian und entledigte sich nun endlich seines Mantels.
Er legte ihn auf den alten Mühlstein in der Mitte des Raumes und schob die Ärmel seines Hemdes nach oben. Als er seine Arme vor seinem Bauch verschränkte, spannten sich die Muskeln dezent an. Er lehnte mit seinem Hintern gegen den Mühlstein und neigte den Kopf etwas vor, sodass ihm einige schwarze Strähnen ins Gesicht fielen. „Grandea wurde so gut wie abgeriegelt. Deine Eltern, Ysara, wurden ausführlich befragt, konnten aber beteuern, dass sie nichts wissen.“ Er hob den Blick zu Ysi und kurz funkelte darin ein Glanz, der ihr verdeutlichte, dass auch er an ihre vorletzte Begegnung dachte. "Es geht ihnen gut, sie haben vorerst nichts zu befürchten." Doch dann war jener Glanz fort. „Ich hatte doch gesagt, ihr dürft euch nicht erwischen lassen… Was war denn nur los?“, fragte er dann in die Runde. Tami sah sich bemüßigt, alles zu erzählen und erwähnte Lianth, den unfreundlichen Dunklen und die Briefe. „Oh man und wo ist der Elf jetzt?“, wollte er wissen, was Elian beantwortete. Cassian nickte. „Hoffen wir, dass er zurechtkommt.“

Die Krähen hatten nicht wirklich eine Flucht aus dieser Stadt geplant. Sie hatten nie ernsthaft mit dem Gedanken gespielt. Kleinere Luftschlösser, dass sie in Bernar oder Albernar leben wollten, waren Gedankenspiele und längst keine ausgegorenen Pläne. Doch jetzt mussten sie besprechen, wie es weiterging und Ysara informierte Cassian über ihren Fund. Jener ließ sie sogar etwas euphorisch werden. "Du wirst nicht glauben, wo sich der Schatz befindet! Dreimal darfst du raten!" Cassian hob die Augenbrauen und alle anderen grinsten ebenfalls wissend. „Keine Ahnung? Hm… In Nogrot?“, er lachte und es klang ausgelassen. Das war er nur bei den Krähen – und bei Ysara. „Quatsch! In Morgeria!“, offenbarte Elian das Geheimnis. Elian und Cassian waren Freunde und auch den Tüftler der Gruppe traf es, dass er nun in die Stadt zog, die auf Gefahren aufgebaut worden war! Cassian wirkte überrascht. „Was?“, fragte er und sah jeden einmal an. Dann blieb sein Blick bei Ysara hängen. „Ihr wollt jetzt nach Morgeria gehen?“, fragte er zweifelnd und runzelte die Stirn, als Tami die Kerze geholt hatte und sie auf den Mühlstein abstellte, um das Pergament und die Karte zu präsentieren. „Naja sicher. Wenn dort der Schatz ist, wegen dem wir quasi Vogelfreie sind, müssen wir das auch durchziehen. Welchen Sinn hätte denn das ganze sonst?“, sagte Sadia und trat ebenso wie Elian an die Karte heran. Fehlte nur noch Ysara. Tami zog sich ein wenig zurück und setzte sich auf alte Mehlsäcke. Sie winkelte ein Bein locker an und betrachtete die Gruppe, die sich um die Karte scharte. Elian studierte die Karte nun ebenfalls und seufzte. „Es ist so wahnsinnig groß. Viel größer als Grandea.“ „Und hundertmal gefährlicher. Grandea ist einfach nur ein Drecksloch aber Morgeria…“, pflichtete Sadia bei und strich sich über das Gesicht. Cassian aber blickte auf die vielen Linien und den gezeichneten Punkt. „Ich verstehe nicht, wieso sich alles nach Morgeria ausrichtet.“, murmelte er gedankenverloren und schien mit dieser Information mehr anfangen zu wollen. „Was hat denn Vashnar, die Hochzeit und Morgeria miteinander zu tun – abgesehen von seiner Tochter, natürlich“ „Die ist übrigens verdammt heiß!“, warf Elian plötzlich ein und alle starrten ihn an. Er wurde rot. „Naja … ich meine… also … ach kommt schon! Das kann man ja wohl nicht bestreiten.“, verteidigte er sich und bekam von Sadia einen Klaps und ein Grinsen. Recht hatte er. Cassian aber räusperte sich verhalten. Dann studierte er wieder die Karte. „Sie ist aber so kalt, wie toter Fisch.“, murmelte er seltsam offen. „Irgendetwas ist da, was wir nicht sehen…“, glaubte er und richtete sich wieder auf. „Aber wenn ich nach Morgeria gehe und ihr… Dann lasst es mich wissen, wann ihr dort ankommt. Vielleicht kann ich dann schon etwas ausrichten.“, meinte er und auch er klang ein wenig hoffnungsvoller. Sein Blick glitt zu Ysara. „Wenn ihr dort seid, würde ich euch gern helfen. Euch wiedersehen.“, sagte er und meinte gewiss alle anderen auch, doch er blickte dabei nur Ysara an. Dann brach sein Blick ab und er wandte sich zur Tür. „Ich habe euch noch etwas mitgebracht.“, sagte er plötzlich und ging nach draußen. Daraufhin zog er zwei Rucksäcke heran, die offenbar schwer beladen waren. Er legte sie vor die Krähen auf den Boden und deutete darauf. „Ich habe warme Sachen, Proviant, Wasser. Ein Kompass, Messer… etwas Geld. Naja alles, was man eben eventuell brauchen könnte. Schlafsäcke und Feuersteine.“, sagte er und hob einen Mundwinkel, das ihm ein smartes Aussehen bescherte. „Und… das hier:“, er zog aus einem der Rucksäcke eine grünliche Flasche. Dann grinste er breit. „Jemand Honigwein?“, fragte er und schaute in die Runde. Es war inzwischen zu einem Ritual geworden, dass sie gemeinsam als Abschluss von etwas Honigwein tranken. Es würde auch hier einen Abschluss bilden und danach… nun, danach würde alles anders werden.
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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Ysara » Dienstag 19. Dezember 2023, 13:42

Ein letztes Mal kamen die Krähen zusammen. Für einen Moment versuchte Ysara, sich Lianth hier zwischen ihnen vorzustellen, was ihr jedoch sehr schwer fiel. Ein Heiler in ihrer Gruppe hätte sicher Vorteile gehabt, obwohl die Blonde hoffte, dass sie nie einen benötigen würden. Aber sie wollte nicht noch jemanden in Gefahr bringen und hoffte, dass Lianth endlich Schutz vor den Dunkelelfen in seiner Heimat suchen würde. Der Elf gehört nicht in eine Gruppe voller Diebe, wie sie es waren. Aber Cassian, der tat es! Ysara genoss seine warme Umarmung und machte dann den anderen Platz. Jetzt waren wirklich alle Krähen hier und die Grandessanerin fühlte sich direkt ein ganzes Stück geborgener - ungeachtet der Umstände und des Ortes ihres Wiedersehens. Ysara warnte Cassian vor, dass die anderen noch nicht alles wussten - und wissen sollten. „Wie meinst du das? Was verheimlicht ihr uns hier?“ Sadia sprang sofort auf ihre Worte an und Ysara begegnete ihrem Blick mit einem kleinen Grinsen, ohne den Eindruck zu vermitteln, dass sie eigentlich noch etwas ganz anderes verheimlichte. Sie klärte die anderen kurz und knapp darüber auf, dass Cassian nach Morgeria ziehen würde, und erntete den zu erwartenden Tumult. Gleichzeitig wirkte sie traurig und unzufrieden, als sie davon erzählte, und konnte die aufwühlenden Gefühle der anderen mehr als gut nachempfinden. „Das… ist das üblich?!“ Ysara schnaubte und sah erst Sadia und dann Cassian mit einem bedeutungsvollen Blick an. "Meine Worte!", stieß sie aus und war scheinbar froh, endlich auf Verständis zu stoßen, hatte sie Cassian doch in ähnlicher Weise beim Frühstück mit ihren Eltern angefahren, als er ihr von den Plänen seines Vaters erzählt hatte. "Es ist nicht üblich", antwortete sie zuerst und es war herauszuhören, dass sie die Letzte war, die das Ganze befürwortete. Gefühle hin oder her, Morgeria war kein Ort für einen Menschen. Es war kein Ort für Cassian. Als der sich in einer Erklärung versuchte, verfinsterte sich Ysis Miene von ganz alleine. Wenn sie schon dieses Gerede von Politik hörte! Die Blonde hatte einen gewissen Vorsprung und die Nachricht noch lange nicht akzeptiert, aber halbwegs verdaut. Tami jedoch donnerte lauthals dazwischen und Ysara zeigte in einer lässigen Geste mit einem Daumen gen Tami, dass sie ihre Worte nur unterstreichen konnte. Einen Moment fragte sie sich, ob Cassian wohl etwas zu sagen hätte, wenn er nicht immer nur stumpf den Ansinnen seiner Eltern gefolgt wäre. Er war stets so angepasst und nahm alles mit einer Selbstverständlichkeit hin, dass seine Eltern inzwischen wohl überhaupt keinen Widerstand von ihm erwarteten. Aber sie behielt die Gedanken für sich. Sie hatte schon mit Cassian darüber geredet und auch wenn sie ihn am liebsten schütteln wollte, damit er zur Vernunft kam, wussten sie doch beide, dass es nichts an dieser Vereinbarung zu rütteln gab. Ysara seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich bin im Übrigen kein Gefangener. Ich kann mich durchaus frei bewegen und nutzte die Chance für einen… Spaziergang.“ Noch, dachte Ysara, biss sich jedoch auf die Unterlippe. Hier konnte er sich vielleicht noch frei bewegen, in Morgeria jedoch.. Sie war froh, dass Cassian weiter redete und nicht zuließ, dass sie sich in dunklen Vorstellungen ihn betreffend verlor. Sie beobachtete ihn dabei, wie er sich den Mantel entledigte und egal, wie sehr sie sich bemühte, ihr Blick fand immer wieder zurück zu ihm. „Ihr habt ordentlich viel Staub aufgewirbelt. Grandea wurde so gut wie abgeriegelt. Deine Eltern, Ysara, wurden ausführlich befragt, konnten aber beteuern, dass sie nichts wissen. Es geht ihnen gut, sie haben vorerst nichts zu befürchten.“
"Ein Glück. Das sind gute Neuigkeiten." Sie nickte ihm zu, während sie seinen Blick mit einem wissenden Lächeln erwiderte. Sie war erleichtert zu hören, dass man ihren Eltern Glauben schenkte. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass der General ihnen nicht noch irgendetwas anhängen würde, um sich an ihnen zu rächen, wenn er schon nicht ihre Tochter in die Finger bekam. „Ich hatte doch gesagt, ihr dürft euch nicht erwischen lassen… Was war denn nur los?“ Ysara schnaubte kurz und setzte sich dann auf eine Kiste, die hinter ihr stand. "Das war auch nicht der Plan", murmelte sie gut hörbar, bevor Tami erklärte, was genau schief gelaufen war - so einiges nämlich. Es erfüllte die blonde Anführerin nicht gerade mit Stolz, als Tami detailliert von ihrem Auffliegen und der folgenden Flucht erzählte.

Die Krähen waren zwar aufgeflogen, aber trotzdem waren sie erfolgreich gewesen! Ysara wollte sich nicht weiter mit den finsteren Problemen auseinandersetzen. Jetzt, wo ihr klar war, dass sie hier in Grandea vorerst keine ruhige Zukunft finden würde, konnte sie die Abenteuerlust zulassen, die durch ihren Erfolg beflügelt wurde. Sie wollte, dass Cassian erriet, wo sich der Schatz befand, aber er lag daneben. Die grinsende Ysara machte einen Laut, der seine falsche Antwort unterstrich. Elian beendete das Ratespiel aber vorzeitig und verriet Cassian, welches Ziel die Karte zeigte. „Was? Ihr wollt jetzt nach Morgeria gehen?“ Ysara fing seinen Blick auf und zuckte dann mit den Schultern, als wäre das alles ganz einfach. War es aber nicht und die Geste rührte eher von einer Hilflosigkeit her. Auch das Grinsen auf ihren Lippen war inzwischen erloschen. "Hier können wir nicht bleiben. Sie werden uns keine Zeit für eine Erklärung einräumen. Wenn die Dunklen uns erwischen, werden sie nicht lange fackeln und der Stadt zeigen, was mit jenen passiert, die sich gegen sie stellen." So hatte es Nandos formuliert und das glaubte sie ihm uneingeschränkt. Lieber ging sie, als wenn sie in diesem Loch auch noch ihr Leben an einem Dunkelelfen verlor. „Naja sicher. Wenn dort der Schatz ist, wegen dem wir quasi Vogelfreie sind, müssen wir das auch durchziehen. Welchen Sinn hätte denn das ganze sonst?“ Alle sammelten sich um die Karte herum und auch Ysara erhob sich nun und überwand den geringen Abstand zum Mühlstein, um den herum die anderen standen. "Morgeria ist der letzte Ort, an dem ich sein will." Sie sah kurz zu Cassian. "Nichts für ungut. Aber wenn wir hier bleiben und aufgeknüpft werden, ist auch keinem geholfen. Dann werf ich lieber noch einen Blick auf den Schatz, bevor ich abdanken muss." Auch die anderen begannen nun über Morgeria zu philosophieren. "Kannst du etwas mit den Worten anfangen?" Ysara tippte auf die Schriftrolle und suchte erneut Cassians Blick. "Was soll dieser Schatz sein? Und dieses Puzzle-Teil..?" Vielleicht hatte er auch darüber schon einmal Kan'egh und Tanurie reden hören? „Ich verstehe nicht, wieso sich alles nach Morgeria ausrichtet. Was hat denn Vashnar, die Hochzeit und Morgeria miteinander zu tun – abgesehen von seiner Tochter, natürlich.“ Als Elian ihm plötzlich ins Wort fiel, um zu betonen, wie heiß seine Verlobte war, stöhne Ysara auf und sah mit einem Augenrollen zu Elian. "Wirklich..?", fragte sie, ob das jetzt wirklich sein Ernst war. Dann sah sie Sadia beinahe auffordernd an und hoffte, dass sie ihrem Freund eine Lektion erteilte, die nicht lange auf sich warten ließ. Natürlich hatte Elian Recht. Sie alle hatten Augen im Kopf und auch Ysara konnte nicht bestreiten, dass Ta'nurie eine faszinierende Schönheit war. "Wenn es schon eine Dunkelelfe sein muss, dann wenigstens eine gut Aussehende, hm?", versuchte sie sich in einem scherzhaften Spruch, den sie sicher nicht unter vier Augen gemacht hätte. Das zeigte auch das Lächeln, das nicht ihre Augen erreichte. Auch Cassian schien es weniger belustigend zu finden, über die ihm Auserwählte zu sprechen und er wandte sich räuspernd wieder der Karte zu. „Sie ist aber so kalt, wie toter Fisch.“ Da erstarb Ysara Lächeln vollends. Sie wurde augenblicklich ernst und starrte für einige Momente Cassian an, der die Schatzkarte fokussierte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, und ihr fiel nicht mal ein dummer Spruch ein, da sie wusste, dass auch kein Witz der Welt seine zukünftige Ehe in Morgeria erträglicher machen würde. „Irgendetwas ist da, was wir nicht sehen…“ Auch sie dachte dann viel lieber über die Informationen nach, die sie in den Händen hielten, aber noch nicht ganz zusammen passten. "Das glaube ich auch. Vielleicht bekommst du noch etwas mit, wenn der General über uns flucht. Vielleicht lässt er mal ein unbedachtes Wort fallen, das uns hilft", überlegte die Krähe laut und schaute nachdenklich drein. „Aber wenn ich nach Morgeria gehe und ihr… Dann lasst es mich wissen, wann ihr dort ankommt. Vielleicht kann ich dann schon etwas ausrichten. Wenn ihr dort seid, würde ich euch gern helfen. Euch wiedersehen.“ Ysara erwiderte seinen Blick und seine Worte ließen sie warm lächeln. "Dann hat das alles ja doch noch etwas Gutes. Die Krähen können zusammen bleiben." Cassian und sie könnten zusammen bleiben. Irgendwie. Sie mussten sich nicht für immer und ewig trennen. Ihre Wege würden wieder aufeinander treffen und die Aussicht darauf ließ Ysara mit ehrlicher Freude lächeln und das Ganze aufgrund ihrer Gefühle vielleicht auch mit etwas zu viel Romantik betrachten.
Plötzlich wandte sich Cassian ab und schleppte überraschend Gepäck in die Mühle hinein. Als er erzählte, was er alles für sie gepackt hatte, sah Ysara den Erben anerkennend an. "Nicht schlecht. Zu was unsere Kontakte im Innenviertel so alles gut sind", antwortete sie grinsend, war aber wirklich froh und ehrlich erleichtert darüber, dass Cassian an alle gedacht hatte und sie mit dem Nötigsten versorgte. Als er den Honigwein zu Tage förderte, seufzte Ysara jedoch. Es war nur eine Flasche Honigwein, aber es implizierte den Abschied, der ihnen bevorstand. Der Abschied von ihrer Heimat Grandea und vorerst auch von Cassian. Ysara nahm ihm die Flasche ab, aber anstatt sofort zu trinken, senkte sie die Hand. "Ich möchte etwas sagen." Lächelnd sah sie ihre Krähen nacheinander an. "Nicht als Anführerin. Als eure Freundin. Ihr seid wie eine Familie für mich und ich werde die Tage und Nächte, die wir hier in Grandea zusammen verbracht haben, vermissen. Ich bin froh, dass wir uns alle gefunden haben." Die grünen Augen huschten unentwegt von einer Person zu anderen, blieben dann aber wie zufällig bei genau diesem Satz auf Cassian liegen, der ihr gegenüber stand. Dann ließ sie den Blick wieder über die Runde schweifen. "Unsere Wege mögen sich jetzt hier trennen, aber das Band, das uns verbindet, wird niemand kappen können. Uns verbindet mehr als Raubzüge und Schätze. Die Dunkelelfen werden uns noch lange verfluchen und auch, wenn wir erstmal fliehen müssen, ist der Tag auch ein Sieg für die Krähen." Jedes Wort kam tief aus ihrem Herzen und sie spürte, wie die Wehmut sie zu erfassen drohte. Schnell hob sie daher die Flasche. "Auf die Krähen!" Dann nahm sie einen großen Schluck und versuchte den faden Beigeschmack in Anbetracht der ungewissen Zukunft, die ihnen auf dem Weg nach Morgeria und in der Stadt selbst, blühen mochte, hinunterzuspülen, bevor sie die Flasche weiter reichte.

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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 20. Dezember 2023, 23:39

Natürlich verstanden sie es nicht. Niemand der Krähen konnte verstehen, welches Leben Cassian Jafor wirklich führte. Ysara wollte es nicht verstehen, wusste aber um das Leben, das man für ihren Freund ausgesucht hatte. Cassian war ein Erbe. Er war kein Kind der Liebe, kein langersehnter Herzenswunsch. Er war notwendig. In ihren Kreisen waren Erben das höchste Gut. Sie wurden geboren, um sich dem Regime ihrer Eltern zu fügen. Cassian war ein treuer, integer Freund und er war ebenso zuverlässig als Erbe. Er sog dieses Leben mit dem ersten Schrei nach der Geburt in sich auf und verkörperte nun genau das, was alle von ihm erwarteten. Nun… was fast alle von ihm erwarteten. Ysara erwartete das komplette Gegenteil von ihrem Freund und begehrte dennoch nicht auf. Weil sie wusste, in welche Lage sie ihn damit bringen würde. Dass er nicht auf beiden Festen sein konnte und sich zerreißen würde. Cassian aber handelte auf seine Weise. Er war hier, obwohl alles dagegensprach. Er überging Ysara’s Bitte, dass er sich fernhalten möge. Er tat es, weil er auch hier treu und verlässlich sein wollte. Weil er sich ihnen verpflichtet fühlte und wertschätzte, was sie gemeinsam erschaffen hatten. Und er würde alsbald seine Freiheiten einbüßen und dann ein Leben führen, das sich keiner von ihnen wirklich ausmalen konnte. Sie wussten nicht, was ihn erwartete und wie er in Morgeria zurechtkommen würde. Ysara erhielt eine kleine Ahnung davon, als er Ta’nurie’s Gemüt beschrieb. Ihr verging das Lachen und sie musste sich ablenken, damit sie nicht ob dieser Aussichten doch noch die falsche Worte an den falschen Menschen richtete.
So konzentrierten sich die Krähen ein letztes Mal gemeinsam und vollzählig auf die Rätsel, die die Schatzkarte ihnen darlegte. Auch Cassian wusste nichts näheres, konnte nur versprechen, dass er am Ball blieb und im günstigen Moment vielleicht das Zünglein an der Waage sein könnte. Die Worte waren eindeutig und bewiesen, dass es einen Schatz gab. Worum es sich allerdings genau handelte, das wussten sie nicht und mussten es wohl vor Ort dann herausfinden. Was hingegen mit dem Puzzleteil gemeint wäre, auch das war ihnen nicht bekannt. Aber hier herumsitzen und Däumchen drehen, während man nach ihnen suchte? Das kam weder für Sadia noch für Ysara in Frage. Die beiden Frauen hatten ihre Krähen gegründet und sie würden sie auch zum Erfolg führen. Und wenn sie dabei Risiken eingehen mussten, dann taten sie es auch. Dass die Nummer deutlich zu groß für sie werden konnte, das wussten sie alle, aber niemand lehnte sich gegen die Entscheidung auf. Niemand wollte in Grandea bleiben, denn ihr Zuhause würde längst nicht mehr so sein, wie es einmal war. Die Krähen waren ihren Kinderschuhen entwachsen und es wurde Zeit nach über fünf Jahren ein neues Level zu erreichen.

Und Ysara fühlte sich ein wenig euphorischer, weil sie wusste, dass Cassian die Krähen nicht völlig vergessen wollte. Er wollte sie in Morgeria wiedersehen und wäre gewiss eine gute Möglichkeit, wenn sie bereits jemanden hätten, der innerhalb der Stadt ein Anlaufpunkt wären. Wie und vor allem mit welchem Grund sie Cassian und Ta’nurie aufsuchen wollten, das bliebe abzuwarten. Eines nach dem anderen. Jetzt mussten sie erstmal den Abschied verdauen und vor allem einleiten. Bevor sie aber einfach losmarschierten und nicht mal so recht wussten, wo ihre erste Etappe liegen sollte, da war es einmal mehr Cassian, der sich als hilfreich und vorausschauend entpuppte. Er holte allerlei Zeug aus zwei Rucksäcken und präsentierte seine Ausbeute. Sadia und Elian grinsten, während sie die Dinge betrachteten und klopften dem Adelsspross dankbar auf die Schultern. Das würde ihre Reise erheblich vereinfachen, denn die Krähen hatten nie damit gerechnet die Stadt für eine lange Zeit verlassen zu müssen. Kleinere Vorräte hatten sie angelegt und auch hier, in der alten Mühle, hatten sie unter einer Diele etwas versteckt, aber gewiss nicht für eine lange Reise mit ungewissem Ausgang. Cassian war da vorausschauender und er kannte die Krähen eben doch gut. Wo sich manchmal Vorbehalte einschlichen, gegenüber dem Adeligen, da bewies er, dass er zurecht Teil der Gruppe war. Und auch Ysi musste sich eingestehen, dass es gut war, dass er nicht ferngeblieben war. Gerade sie und ihr Herz waren doch froh, dass sie einander noch mal sehen und zumindest etwas nahe sein konnten. "Nicht schlecht. Zu was unsere Kontakte im Innenviertel so alles gut sind" Cassian’s Blick traf sie und die blauen Augen zwinkerten kurz. „Jetzt, da ich weiß, was euer Ziel ist, werde ich alles daransetzen, dass ich euch mit kleinen Hilfsmitteln versorgen kann, sobald ihr eintrefft. Morgeria ist… es wird hart werden. Da bin ich mir sicher.“, glaubte er und sein Blick wurde besorgter. Er galt Ysara, aber schloss auch die anderen mit ein. „Ich wünschte, ihr könntet einfach hierbleiben…“, murmelte er noch, bevor er eine Flasche Honigwein aus dem Rucksack zauberte. Er hatte an alles gedacht. Sadia und Elian traten näher, während Tami noch immer auf einer der Holzkisten saß und sich herausgehalten hatte. Sie wirkte irgendwie nicht sehr zufrieden mit allem und teilte nicht unbedingt die herrschende Euphorie, ihren Plan auch wirklich in die Tat umzusetzen. Als die Krähen sich jedoch versammelten, um die Flasche gemeinschaftlich zu trinken, kam auch sie in den Kreis zurück. Cassian überreichte Ysara die Flasche als erste und sie nutzte die Chance, etwas zu sagen:
"Ich möchte etwas sagen. Nicht als Anführerin. Als eure Freundin. Ihr seid wie eine Familie für mich und ich werde die Tage und Nächte, die wir hier in Grandea zusammen verbracht haben, vermissen. Ich bin froh, dass wir uns alle gefunden haben. Unsere Wege mögen sich jetzt hier trennen, aber das Band, das uns verbindet, wird niemand kappen können. Uns verbindet mehr als Raubzüge und Schätze. Die Dunkelelfen werden uns noch lange verfluchen und auch, wenn wir erstmal fliehen müssen, ist der Tag auch ein Sieg für die Krähen." Cassian erwiderte ihren Blick lange und lächelte dann leicht, während er den Blick sinken ließ. Sadia trat an die Seite ihrer Freundin und legte einen Arm um sie. Sie schmatzte ihr einen Kuss auf die Schläfe, ehe sie nickend einstimmte „Auf die Krähen!“ Es folgten Elian, Tami und auch Cassian. Dann ging die Flasche rum und Sadia übernahm: „ICH will euch etwas als Anführerin sagen“, grinste sie und knuffte Ysi in die Seite, ehe sie etwas ernster wurde. „Wir haben soetwas noch nie gemacht und jeder muss seinen Platz kennen. Wir machen das gemeinsam und niemand, absolut niemand fährt hier irgendeine Egonummer, klar? Ich mein‘s ernst Leute, das kann nur klappen, wenn wir zusammenhalten und uns aufeinander verlassen können. Wer weiß, was uns da erwartet und bevor wir ans Ziel denken, ist der Weg dran, klaro?“, sie mahnte jeden noch mal mit einem Blick, ehe auch sie ‚auf die Krähen‘ trank und die Flasche an Elian weiterreichte. Der Tüftler mit den roten Haaren sinnierte einen Moment, bevor er das Wort erhob. Typisch.

„Nun, nach meinen Überlegungen, werden wir ungefähr zwölf Tage unterwegs sein und das auch nur, wenn wir stramm durchmarschieren würden. Rast, Pause, unvorhergesehene Dinge nicht einberechnet. Also stellt euch auf eine lange Reisezeit ein! Wir müssen klug haushalten und uns sicher sein, dass wir das schaffen. Wer weiß, was uns blüht. Wir waren alle noch nie außerhalb von Grandea und… nun… wir sollten uns als erstes wohl eine Karte besorgen, sobald wir Bernar oder Alberna erreichen. Je nach dem, wo wir lang wollen… Wir sollten zusehen, dass wir uns immer gut eindecken mit Proviant. Wir haben aus dem Nest unser Erspartes mitgenommen, aber… naja, viel ists nicht. Vielleicht können wir unterwegs auch ein wenig tagelöhnern… wer weiß.“, mahnte er und er würde definitiv dafür sorgen, dass ihnen weder das Geld noch das Proviant ausging. Keiner von ihnen konnte jagen oder überhaupt in der Wildnis bestehen. Es würde die Reise ihres Lebens werden, soviel stand fest. „Auf uns!“, fügte Elian an und legte einen Arm um Sadia. Er lächelte, auch wenn er ernst wirkte dabei. Seinem analytischen Verstand entgingen die geringen Chancen nicht, aber er versuchte es strukturiert anzugehen. Auch Elian war gerne eine Krähe. Auch er wollte, dass das klappte. Nun ging die Flasche an Tami und sie wirkte ein wenig unschlüssig. Dann aber hob die den Blick trotzig und musterte jeden von ihnen. „Ich liebe euch, Leute. Doch ehrlich… selbst dich, Sadia.“, grinste sie frech und erntete ein Lachen seitens der Angesprochenen. Dann wurde Tami wieder ernst. „Ich würde nichts lieber tun als mit euch nach Morgeria zu ziehen und mir diesen verdammten Schatz unter den Nagel zu reißen…“, Elian runzelte die Stirn und ließ Sadia los. Sie schaute fragend, doch hatte der Tüftler nur Augen für Tami. „Tu das nicht…“, flüsterte er und Tami's Mundwinkel zuckten traurig. Sie räusperte sich. „Aber… mir geht nicht aus dem Kopf, dass wir uns alle haben und… und Lianth hat niemanden.“, meinte sie und ihre Stimme klang erstickt. „Er… wir haben sein Leben versaut, Leute. Und … und jetzt sitzt er alleine in dem Lagerhaus und… Bei den Göttern, ihr wisst doch wie er ist!“, rief sie zur Verteidigung, obwohl niemand bisher etwas anderes gesagt hatte.
Elian machte einen Schritt auf seine kleine Schwester zu und jene lehnte mit einem Kopfschütteln ab. „Nein, Elian. Ich… ich habe mich längst entschieden. Wir können ihn nicht einfach zurücklassen und vor allem sich selbst überlassen. Der bringt es fertig und lässt sich töten, weil er… weil er es nicht besser weiß…“, seufzte sie und hob nun endlich den Blick. Sie schaute Ysi in die Augen. „Verstehst du mich, Ysi? Wir… wir haben ein Gelöbnis der Ehre und Integrität abgelegt. Wir haben geschworen, keine Außenstehenden ins Nest zu bringen aber Lianth war dort. Macht ihn das nicht zu… einem von uns? Jedenfalls ein Bisschen?“, verteidigte sie sich wieder, weil sie wohl ahnte, was ihre Entscheidung auslösen könnte. „Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass er … stirbt, weil wir nicht da waren, um es zu verhindern. Ich…“, sie blickte Elian an, „ich will ihn zu seinem Bruder bringen und… und dann ich weiß nicht.“, zuckte sie die Schultern und blickte auf ihre Hände. „Vielleicht lernen?“, flüsterte sie mehr zu sich selbst, auch wenn es derzeit bedeutend ruhig in der Mühle war und sie alle die Worte gut hören konnten. „Er sagte, ich könnte in Shyáná lernen, wie ich meine Magie anwende.“, Tami holte tief Luft. „Wie auch immer, ich möchte einfach nicht mich mein Leben lang fragen, ob er es geschafft hat. Wir sind verantwortlich, scheiße noch mal… Wir dürfen ihn nicht hängenlassen.“ Elian blieben die Worte im Hals stecken. Er starrte seine Schwester an und wusste nicht mehr ein oder aus. Er verstand sie. Aber er konnte den Gedanken nur sehr schwer zulassen, dass sich ihre Wege trennen würden. Einen Moment geschah nichts, dann hob Tami langsam die Flasche und hatte Tränen in den Augen. „Auf die Krähen.“, murmelte sie und fand sich nur Sekunden später in den Armen ihres Bruders wieder. Ihr Körper bebte, während Cassian ihr die Flasche abnahm und sie Elian umarmen konnte.
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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Ysara » Donnerstag 21. Dezember 2023, 19:25

Die Anführerin der Krähen versuchte stets, für alles und jeden Verständnis zu zeigen, allen voran für ihre Krähen. Es war ihr immer wichtig gewesen, dass es allen gut ging, dass sich jeder gesehen fühlte und dass jeder Gehör fand. Ysara wollte ein ganz anderes Leben führen, als Cassian jemals durfte, aber auch für ihn hatte sie Verständnis. Statt ihn anzufahren und ihn Vorhaltungen zu machen, stand sie ihm stumm zur Seite und versuchte, sein Leben irgendwie erträglicher zu machen und alles dafür zu tun, was in ihrer Macht stand. Obwohl er diesem Leben nie ganz entkommen würde, war Cassian nun hier bei ihnen, und zeigte klar, dass er immer noch für sie einstand und dass auch zukünftig in Morgeria tun würde. Vielleicht war es auch dieser Umstand, der dafür sorgte, dass Ysara mit einem Mal euphorischer wurde bei der Aussicht, Zuflucht vor den Dunkelelfen ausgerechnet in Morgeria zu suchen. Es gab eine Aussicht auf ein Wiedersehen mit ihm - wie auch immer dieses genau aussehen mochte. Cassians wissende Blicke und sein Lächeln reichten jedenfalls aus, um Ysara die Sorgen der Zukunft in ihren Überlegungen außen vor zu lassen. „Jetzt, da ich weiß, was euer Ziel ist, werde ich alles daransetzen, dass ich euch mit kleinen Hilfsmitteln versorgen kann, sobald ihr eintrefft. Morgeria ist… es wird hart werden. Da bin ich mir sicher.“, holte Cassian sie dann ein wenig aus ihren Träumereien zurück. „Ich wünschte, ihr könntet einfach hierbleiben… Sie sah die Sorge in den blauen Augen und glaubte zu wissen, was er fühlte. Es war ihr doch nicht anders ergangen, als er ihr erzählt hatte, dass er nach Morgeria gehen musste. Die Stadt war kein Ort für irgendjemanden von ihnen. "Das wünschen wir doch alle", erwiderte sie leise und auch ein Stück weit resigniert. Sie wünschte es sich für ihn, genauso wie er es sich für sie wünschte - wie für die anderen Krähen natürlich auch, aber in ihrem Blick war gerade kein Platz für diese. Aber sie hatten keine Wahl. Sie kannten gute Verstecke in Grandea und außerhalb der Stadt. Aber sie könnten nicht ewig dort ausharren. Sie brauchten die Freiheit und es wäre nur eine Frage der Zeit, bis sie einen von ihnen erwischen würden. Sie mussten verschwinden und als Belohnung winkte ihnen immerhin ein Schatz - in welcher Art auch immer, aber sein Dasein war nicht mehr zu leugnen. Sie würden also gewissermaßen zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Ysara verdrängte vorerst die Gedanken über etwaige Hürden und Schwierigkeiten und schnappte sich den Honigwein, ehe sie ein paar Worte an ihre Krähen sprach. Sie spürte Sadias Arm um sich und lehnte sich wie selbstverständlich an ihre Freundin, die ihr kurzerhand einen Kuss auf die Stirn drückte. Ysara lachte überrascht auf, legte einen Arm um die Taille ihrer Freundin und drückte sie eng an sich. Die Flasche wanderte und Ysara beobachtete ihre Freunde mit einem gewissen Stolz. Sie ließen sich nicht unterkriegen und bald würden die Krähen ihren ersten richtigen Schatz von hoffentlich enormen Ausmaß in den Händen halten. Dass Tami seit geraumer Zeit ungewohnt zurückhaltend war, entging der Blonden, die gedanklich schon dabei war, sich ihren Aufbruch zu viert auszumalen. Doch zuerst wollte auch Sadia etwas loswerden und mahnte sie vor dem Weg, der vor ihnen lag. Ysara stimmte ihren Worten mit einem Nicken zu, bevor sie ein fröhliches "Klaro, Chefin." erwiderte. Sie grinste Sadia von der Seite an und spürte aufgrund der Aufbruchstimmung pure Abenteuerlust durch ihre Adern fließen. Als sich Elian an Sadias Seite stellte, löste sie die Nähe zu ihrer Freundin auf und überließ sie mit einem Zwinkern dem Tüftler der Runde. Elians Rede begann recht nüchtern und Ysara konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, als er wie gewohnt zuerst mit den klaren Fakten daher kam. Dann wurde sie aber schnell wieder ernst, denn er hatte absolut recht und sprach von den Dingen, die sie dringend zum Überleben benötigen würden. Das war kein Spaziergang von einem halben Nachmittag, den sie vor sich hatten. Sie würden mindestens zwei Wochen unterwegs sein und mussten gut mit den Dingen haushalten, die Cassian ihnen mitgebracht hatte. Ysara nickte ihm als Zeichen seiner guten und berechtigten Denkarbeit zu.

Dann übernahm jedoch Tami die Flasche und das Wort und Ysara lächelte gutmütig die Jüngste der Runde an, die ihnen frei heraus ihre Liebe gestand. Selbst nach all den Jahren überraschte Tami sie manchmal noch. So auch jetzt, als sie hinter ihre Mauer aus derben Worten und hormongesteuerten Taten blicken ließ. "Wir lieben dich auch", erwiderte Ysara so ehrlich, wie auch Tami gesprochen hatte. Nicht mal ihrer Mutter würde sie dies mit solch einer Überzeugung sagen können. Aber die Krähen waren ihre Familie, die nichts und niemand trennen konnte. Oder..? „Ich würde nichts lieber tun als mit euch nach Morgeria zu ziehen und mir diesen verdammten Schatz unter den Nagel zu reißen…“ Ysara entglitten mit jedem Wort, das Tami sprach, mehr und mehr die Gesichtszüge, denn diese einleitenden Worte machten klar, dass sie nicht.. Irritiert schaute Ysara zu Elian hinauf. Sie will doch nicht? Was hat sie vor? Weiß er davon? Schnell erkannte sie aber, dass auch ihr Bruder offenbar nichts von den Plänen wusste, die Tami offenbar klammheimlich gefasst hatte. Ysaras Euphorie erlosch mit einem Mal und sie bekam eine dunkle Vorahnung. „Aber… mir geht nicht aus dem Kopf, dass wir uns alle haben und… und Lianth hat niemanden. Er… wir haben sein Leben versaut, Leute. Und … und jetzt sitzt er alleine in dem Lagerhaus und… Bei den Göttern, ihr wisst doch wie er ist!“ Ysara fehlten die Worte. Sie will wegen Lianth hier bleiben? Was passiert hier gerade? Die Blonde fühlte sich mit einem Mal, als hätte die Rothaarige sie in ein falsches Buch katapultiert. Elian fand zuerst zu seiner Sprache zurück, er wollte intervenieren, aber Tami blockte ab. „Nein, Elian. Ich… ich habe mich längst entschieden. Wir können ihn nicht einfach zurücklassen und vor allem sich selbst überlassen. Der bringt es fertig und lässt sich töten, weil er… weil er es nicht besser weiß…“ "Tami.." Sie brachte nur ein Flüstern heraus, das mit nichts weiter als Unverständnis gefüllt war. Ihre Stimme klang belegt und sie sah Tami immer noch entgeistert an. Das konnte doch nicht wahr sein?! Als Tami zu ihr sah, zog sich Ysaras Herz schmerzlich zusammen. „Verstehst du mich, Ysi?“ Ysara schüttelte den Kopf. Nein, sie verstand es nicht. Tami wollte ihnen den Rücken zukehren! Gerade jetzt, wo sie zusammenhalten mussten. Und sie wollte gehen für einen naiven Elfen, der seinem Henker vermutlich schon in diesem Augenblick in die Arme lief. „Wir… wir haben ein Gelöbnis der Ehre und Integrität abgelegt. Wir haben geschworen, keine Außenstehenden ins Nest zu bringen aber Lianth war dort. Macht ihn das nicht zu… einem von uns? Jedenfalls ein Bisschen?“
"Tami.. ich.. das kann nicht dein Ernst sein", stammelte sie betroffen. Die Eröffnung ihrer Pläne kam so plötzlich und vollkommen unerwartet, dass Ysara es nicht schaffte, ihre Gedanken darüber so schnell zu sortieren. Sie spürte einen Stich in ihrem Herzen. "Wir wissen, wie er ist. Genau. Du hast gehört, wie er über Vashnar geredet hat. Er wollte uns all die Fakten über die Dunkelelfen nicht glauben. Wir können froh sein, wenn er nicht schon in diesem Augenblick auf dem Weg zum General ist, um sich auch noch persönlich für das Chaos zu entschuldigen, das wir angerichtet haben, und ihm zur Wiedergutmachung alle Infos über uns serviert, die er ihm geben kann. Wir haben ihn aus Grandea gebracht, das ist Hilfe genug." Ysara versuchte, ruhig zu bleiben, aber was Tami vorhatte, schockierte und verletzte sie. "Er ist keiner von uns", stellte sie klar und jetzt färbte tatsächlich Ärger ihre Stimme. "Er wird einknicken vor den Dunkelelfen. Er wird uns verraten und vielleicht rettet ihm das sogar sein Leben. Tami! Du hast ihn erlebt! Er hat nicht niemanden. Er hat seinen Bruder, aber stattdessen leckt er diesem Dunklen die Stiefel und kriecht ihm in den Hintern wie.." Sie brach ab und funkelte Tami an. Sie war nicht wütend auf sie, vielmehr war sie wütend auf Lianth und darauf, dass er eine ihrer Krähen auf seine Seite gezogen hatte - ob beabsichtigt oder nicht. Ysara war stets darum bemüht, dass es jedem gut ging, aber wenn Lianth der Grund dafür war, wieso Tami sie verlassen wollte, dann konnte sie kein Verständnis aufbringen. "Er war im Nest, das hätte nicht passieren dürfen. Genauso wenig wie all das andere. Der ganze Tag war ein einziges Desaster. Das Nest ist passé und wenn du jetzt hier bleibst, um lieber ihm zu helfen, als uns.. Tami, versteh doch! Er wird dich verraten und dann hat er kein Anrecht mehr auf irgendetwas." Ysara hatte sich in Rage geredet und wurde zunehmend aufbrausender. Aber sie schrie Tami nicht an, sondern schnaufte ihrer Freundin die Wut und Enttäuschung entgegen, die sie wegen ihrer Absicht empfand. „Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass er … stirbt, weil wir nicht da waren, um es zu verhindern.“ Die grünen Augen blickten Tami fassungslos an, die nicht von ihrem Standpunkt abzubringen war. Dann sah sie Elian und Sadia an. "Sagt doch auch mal was!", entfuhr es ihr mit einer Hilflosigkeit, die ihr Tränen in die Augen trieb. Sie ballte die Hände zu Fäuste, während sich die dreckigen Nägel in die Handflächen bohrten. „Ich… ich will ihn zu seinem Bruder bringen und… und dann ich weiß nicht. Vielleicht lernen? Er sagte, ich könnte in Shyáná lernen, wie ich meine Magie anwende. Wie auch immer, ich möchte einfach nicht mich mein Leben lang fragen, ob er es geschafft hat. Wir sind verantwortlich, scheiße noch mal… Wir dürfen ihn nicht hängenlassen.“ Sie sah von Tami zu ihrem Bruder, weiter zu Sadia und zu Cassian, während ihr vereinzelt Tränen die Wangen hinunter liefen. "Du darfst uns nicht hängen lassen, Tami!", versuchte sie es noch einmal eindringlich. "Wir gehören zusammen! Erst Cassian, der diesen toten Fisch heiraten muss und jetzt bleibst du auch noch hier! Und ihr? Elian? Sadia?" Ysara befürchtete schon das Schlimmste. Verzweifelt sah sie die beiden letzteren an. Konnte sie denn wenigstens noch auf die beiden zählen oder würden sie ihr auch in den Rücken fallen? Denn genau so fühlten sich Tamis Worte für Ysara an.

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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Erzähler » Freitag 22. Dezember 2023, 17:32

Nicht immer konnten die Dinge bleiben, wie sie waren. Das Leben war veränderlich. Manchmal auf die schlimmste Weise, wenn jemand der Tod ereilte, manchmal einfach nur unnötig, wenn jemand sich entschloss Verrat zu begehen. Und manchmal lagen ganz andere Gründe dafür vor, dass jemand Chaos stiftete, Unruhe bewirkte, obwohl doch bereits alles um einen herum zusammenstürzte. Als Tami zu sprechen begann, stürzte noch mehr ein. Ysara beschlich sofort eine Ahnung, die gleiche, die auch Elian fühlte. Sie wussten instinktiv, dass die Jüngste gerade ihren Abschied einleitete. Was bei all den Göttern und ihren Bastarden war hier los?! Tami versuchte zu erklären, was nicht erklärbar war. Nicht für Ysi. Sie wurde um Verständnis gebeten und konnte nur ablehnen. Tami seufzte leise und schlug den Blick nieder als Ysara ihrem Ärger Luft machte. Betretenes Schweigen begleitete ihre Worte umso lauter und machten sie schärfer, als sie vielleicht hätten sein sollen. Tami nickte. „Ich verstehe…“, murmelte sie, doch verstand sie wirklich? Verstand sie, dass Ysara sich verraten fühlte? Dass alles auseinanderbrach, was die Grandessanerin vor wenigen Stunden noch glaubte zu haben? Binnen eines Tages war alles in sich zusammengefallen. Alles. Und nun das? Für was? Jemanden wie Lianth, der alle Vorsicht in den naiven Wind eines treudoofen Mitläufers schoss?

"Er ist keiner von uns“, stellte sie klar und Tami sah auf, wie ein getroffenes Reh. Ihre Augen schwammen. "Er wird einknicken vor den Dunkelelfen. Er wird uns verraten und vielleicht rettet ihm das sogar sein Leben. Tami! Du hast ihn erlebt! Er hat nicht niemanden. Er hat seinen Bruder, aber stattdessen leckt er diesem Dunklen die Stiefel und kriecht ihm in den Hintern wie.. Er war im Nest, das hätte nicht passieren dürfen. Genauso wenig wie all das andere. Der ganze Tag war ein einziges Desaster. Das Nest ist passé und wenn du jetzt hier bleibst, um lieber ihm zu helfen, als uns.. Tami, versteh doch! Er wird dich verraten und dann hat er kein Anrecht mehr auf irgendetwas.“ Sie sprach, wie eine Anführerin. Und wie jemand, der nicht verlieren wollte, was ihm lieb und teuer war. Aber sie beteuerte auch einen gewissen Trotz in der Siebzehnjährigen. Tami’s Blick flammte auf. "Achja?“, echauffierte sich die Jüngste.„Es ist herrlich leicht das zu sagen, nicht wahr?! Du hast immer alles gehabt!“, warf sie ihr vor und es war bereits im der Vergangenheit dazu gekommen, dass Tami nicht hinter dem Berg hielt, dass sie Ysara zwar sehr schätzte, ihr aber auch das Leben neidete. Tami wuchs ohne Vater oder Mutter auf. Es gab immer nur Elian und sie. „Jetzt geht dir mal ein Stück vom großen Kuchen flöten und du fährst die Krallen aus!!“, „Tami!“, mahnte Elian und ging einen Schritt auf seine Schwester zu.„Was? Ist doch so! Sie hat einfach nur Angst, dass man ihr etwas wegnehmen könnte!! Aber was ist denn mit uns? Diese ganze Aktion nimmt uns auch noch unser Zuhause!! Und wofür?! Weil sie hinter Cassian herläuft, wie eine läufige Hündin!“, „Stopp! Das reicht jetzt! Alle beide!“, meldete sich Sadia und stellte sich zwischen Ysara und Tami. Cassian hustete verhalten. "Du darfst uns nicht hängen lassen, Tami! Wir gehören zusammen! Erst Cassian, der diesen toten Fisch heiraten muss und jetzt bleibst du auch noch hier! Und ihr? Elian? Sadia?" „Uns?! Oder dich?!“, fauchte Tami und Elian packte sie an den Schultern. „Ist gut jetzt! Schluss damit! Wir reden. JETZT!“, fuhr er seine Schwester an und brachte sie mit energischen Schritten vor die Tür.
Sadia sah ihnen nach und seufzte betroffen. Sie schaute zu Ysi und umarmte ihre Freundin dann fest.„Mach es ihr nicht so schwer, Ysi. Sie… sie ist in einer Phase, da sie ihren eigenen Weg finden will. Ihre eigenen Entscheidungen treffen will. Es… war eine Frage der Zeit oder nicht?“, murmelte sie, drückte sie und lächelte ihr aufmunternd zu. „ICH bleibe. Ganz egal, wie sich das hier alles entwickelt.“, machte sie ihr Mut und folgte dann Elian und Tami nach draußen. Nun waren Cassian und Ysara allein, während dumpf die Stimmen von Elian und Tami zu ihnen hereindrangen. Cassian musterte Ysi und seufzte dann auch.„Alles nicht so einfach, hm?“ , leitete er das Gespräch ein und näherte sich langsam. Er griff nach der Flasche Honigwein und gleichzeitig angelte er mit der anderen Hand nach ihrer. Cassian ruckte mit dem Kopf, dass sie ihm folgen sollte.
Er führte Ysara eine schmale Stiege hoch. Die Mühe besaß früher mal einen kleinen Wohnraum, allerdings schloss die Tür nicht mehr richtig und war auch mehr ein Kämmerlein, denn eine schicke Behausung. Von früheren Treffen waren aber noch Kerzenstummel übrig, die er dann entzündete und so ein flackerndes, schummriges Licht erzeugte. Das Kämmerlein hatte keine Möbel, aber sie hatten hier mal eine alte Strohmatratze und einige Kissen hergeschafft falls der Aufenthalt mal länger dauern musste. Cassian legte seinen Mantel über die Matratze und setzte sich dann darauf. Er sah zu Ysara auf und klopfte neben sich. „Gib ihnen einen Moment… und gönn dir selbst einen“, bat er sie und reichte ihr die Flasche, sobald sie neben ihm Platz nehmen würde. „Es wird alles wieder…“, er stockte und schloss die Augen. "Wem will ich etwas vormachen, hm?“, ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, ehe er sie wieder ansah. Kurz senkte sich sein Blick auf ihren Mund, eine süße Erinnerung. Dann hob er die blauen Augen in ihr Gesicht.„Wir schaffen das, Ysara. Ich… mache dir nichts vor, ich weiß nicht wie, hab keinen Plan aber… ich glaube an uns…“, sagte er und lächelte sacht. Cassian wollte optimistisch bleiben. Irgendwie.
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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Ysara » Freitag 22. Dezember 2023, 22:01

Es fühlte sich wie Verrat für Ysara an, sie spürte ihn ganz deutlich als Stich in ihrem Herzen. Statt bei ihnen zu bleiben und sie zu unterstützen, hatte sich Tami die Idee in den Kopf gesetzt, diesem Elf hinterherrennen, der sie in noch größere Schwierigkeiten bringen würde. Ysara war überzeugt davon und sie wollte Tami davon abhalten, ihr Leben für Lianth zu opfern. Sie hatte ehrbare Absichten, aber offenbar wählte sie die falschen Worte. Tami war genauso verletzt von ihrem Unverständnis, das Ysara nicht zurückhielt, wie sie es von ihrer Idee war. "Achja? Es ist herrlich leicht das zu sagen, nicht wahr?! Du hast immer alles gehabt!“ Die Blonde stutzte. Sie brauchte einen Moment, um zu verdauen, dass es jetzt persönlich wurde. Tami warf ihr ihren Neid an den Kopf und stach noch einmal in die Wunde in ihrem Herzen. „Jetzt geht dir mal ein Stück vom großen Kuchen flöten und du fährst die Krallen aus!!“ "Was redest du da?!", fauchte Ysara augenblicklich zurück. Sie fühlte sich ganz offensichtlich angegriffen und wurde nun doch ein Stück lauter. Elian versuchte noch, die Situation zu retten, doch die beiden Frauen funkelten sich zornig an. „Was? Ist doch so! Sie hat einfach nur Angst, dass man ihr etwas wegnehmen könnte!! Aber was ist denn mit uns? Diese ganze Aktion nimmt uns auch noch unser Zuhause!! Und wofür?! Weil sie hinter Cassian herläuft, wie eine läufige Hündin!“ Ysara spürte, wie sich die Wut in ihrem Inneren änderte. Zuerst war sie nur auf Lianth wütend gewesen, der ihre missliche Lage noch verstärkt hatte und ihrer Meinung nach mehr auf der Seite des Generals als auf der Seite der Krähen stand. Doch jetzt bekam sie Tamis Wut zu spüren und ihre Worte entfachten bei Ysara einen zweiten Brand. Ihr klappte der Mund auf und sie konnte nicht glauben, was die Jüngste ihr da gerade an den Kopf warf. Als sie dann auch noch Cassian erwähnte, zuckte Ysara kurz zusammen, und für einige Sekunden wusste sie nicht, was sie sagen sollte. "Wow." Sie starrte Tami an, als würde sie sie mit einem Mal aus anderen Augen sehen. "Das denkst du also von mir.." Ihre letzten Worte sorgten dafür, dass ihr heiße Röte ins Gesicht schoss, aber das konnte man vermutlich auch der Wut zuschreiben, die Tami da gerade weiter entfachte. Sie hatte gewusst, dass Tami ihr manchmal neidete. Aber sie hatte nicht erwartet, dass sie es ihr einmal so vorwerfen würde. "Das Einzige, das man mir jetzt noch wegnehmen könnte, seid ihr, Tami! Ich kann nichts dafür, dass ich die besseren Karten im Leben bekommen habe. Du kannst gerne meine Kleider haben und mein Zimmer, in dem ständig die Dienstmädchen umher schwirren. Wenn es dich glücklich macht, kannst du all den Protz haben, über den die Leute vergessen, wer sie wirklich sind. Und obendrauf gibt's noch den Hausdiener, der dir jedes Gebet seines Zweihundertseiten-Wälzers im Schlaf runterbeten kann. Und was heißt das, 'euer Zuhause'? Es ist auch mein Zufluchtsort gewesen! Vor welchem Haus stehen denn die Dunklen gerade? Sie verhören meine Familie und bestimmt nicht auf die nette Tour. Wir werden aus der Stadt gejagt - ihr genauso wie ich -, und ich muss meine Familie hier lassen." Elian wollte sie stoppen, aber auch Ysara hörte nicht. Sie warf ihm nicht mal einen Blick zu. "Ich weiß nicht, was dein Problem ist. Du warst Feuer und Flamme für diesen Schatz und jetzt?! Jetzt willst du dich von dem Elfen zum Galgen führen lassen und ich muss mir deine Vorwürfe anhören." Ysara war wütend. Sie hatte nicht erwartet, dass Tami so zum Schlag ausholen würde und war so verletzt davon, dass sie nicht groß über ihre Worte nachdachte, sondern der Jüngeren ein ums andere an den Kopf war. Nur auf ihren Vorwurf, Cassian betreffend, ging sie nicht ein. Sie hätte Tami vorwerfen können, dass sie es doch war, die ihm ständig diese Blicke zuwarf, wenn sie sich unbeobachtet fühlte. Aber das behielt Ysara für sich. Im Gegensatz zu Tami wollte sie ihr keinen Strick daraus drehen. Sie wollte, dass sie bei ihr blieb. Sie wollte es noch immer, aber die Absicht ging wohl völlig verloren in ihrem Wortgefecht. Sie wollte nicht, dass Tami sie hängen ließ. „Uns?! Oder dich?!“ Elian packte seine Schwester bei den Schultern und verfrachtete sie vor die Tür. Ysara starrte das Türblatt an und konnte noch immer nicht glauben, dass das gerade passiert war. „Mach es ihr nicht so schwer, Ysi. Sie… sie ist in einer Phase, da sie ihren eigenen Weg finden will. Ihre eigenen Entscheidungen treffen will. Es… war eine Frage der Zeit oder nicht?“ Ysara schwieg. Sie sollte es ihr nicht so schwer machen? Sollte sie ihr einfach nur auf Wiedersehen sagen und das war es? Ysara sah sich nicht im Unrecht. Aber sie wollte ihre Wut nicht noch an Sadia auslassen, denn das wäre wirklich nicht fair. Deshalb schwieg sie, erwiderte die Umarmung ihrer Freundin aber fest. Für sie war es überhaupt nicht absehbar gewesen, dass Tami ihren eigenen Weg gehen wollte. Ebenso wenig wie diese Diskussion und die Dinge, die Tami über sie dachte. „ICH bleibe. Ganz egal, wie sich das hier alles entwickelt.“ Ysara löste sich von ihrer Freundin und lächelte sie schwach an. Es war zumindest ein schwacher Trost, obwohl sie nicht gänzlich die Zweifel fortwischen konnte. Was war, wenn Elian bei Tami blieb? Für wen würde sich Sadia entscheiden? Ysara konnte nur hoffen, dass sie am Ende des Tages nicht alleine dastehen würde.

Sadia folgte Elian und Tami und als die Tür ins Schloss fiel, seufzte Ysara. Sie sah angestrengt aus und fuhr sich, noch immer wütend, durch die Haare. Was Tami gesagt hatte, hing ihr sichtlich nach. Allen voran das mit Cassian. Ysara war sich ziemlich sicher, dass sie Cassian die letzten Stunden nicht hinter her gelechzt hatte. Hatte Tami nur ins Blaue hinein geraten? Oder hatte sie einfach nur ihren schwachen Punkt ausgenutzt und überspitzt dargestellt? Dass Cassian und sie sehr gut befreundet waren, war kein Geheimnis. Gepaart mit Tamis Eifersucht konnte das ja vielleicht schon ein Grund sein. Ysara versuchte, sich das so zu erklären, aber es blieb ein fader Beigeschmack, nun da sie alleine mit Cassian war. „Alles nicht so einfach, hm?“ Ysara schwieg. Als sie aber aus dem Augenwinkel sah, dass Cassian zu ihr hinüber kam, entspannte sich ihre Haltung endlich. Seine Hand schob sich in ihr Blickfeld und sie drückte sie erleichtert, kam sich aufgrund von Tamis Worten aber dennoch komisch dabei vor. Sie war sich eigentlich sicher, dass sie Cassian nicht kopflos hinter her lief. Eigentlich. Jetzt folgte sie ihm zunächst bereitwillig die schmale Stiege hinauf. Sie war für jede Ablenkung dankbar, denn der Streit war heftig für ihre Verhältnisse gewesen. Ysara trat in die ehemalige Wohnstube, blieb jedoch noch stehen, während es sich Cassian gemütlich machte, soweit es auf der kratzigen Matratze ging. Ysara stand im Raum, starrte Löcher in die Luft und ließ den Streit gedanklich Revue passieren. „Gib ihnen einen Moment… und gönn dir selbst einen.“ Jetzt schaute sie zu ihm hinüber und musste unweigerlich lächeln, als er ihr einen Platz neben sich anbot. Erneut seufzte sie. "Ich wusste gar nicht, dass ich so eine egoistische, reiche Thusnelda bin." Sie grinste fein und er konnte sehen, dass Tamis Worte sie traurig machten. "Schon gut", fügte sie dann noch schnell hinzu. Sie wollte nicht nach Komplimenten haschen, aber es machte deutlich, dass Tamis Worte sie getroffen hatten. Cassian klopfte auf die Matratze neben sich und Ysara ließ sich nicht zweimal bitten. Sie setzte sich direkt neben ihn, als wäre alles so wie immer, dabei war es das seit heute Morgen schon ganz und gar nicht mehr. „Es wird alles wieder… Wem will ich etwas vormachen, hm?“ Sie nahm ihm die Flasche ab und erwiderte seinen Blick, bevor er die Augen schloss. Daraufhin tasteten die grünen Augen sein Gesicht ab, das mit geschlossenen Augen irgendwie.. friedlich wirkte. Als er die Augen wieder aufschlug, wurde ihr Lächeln unweigerlich weicher. Sie bemerkte durchaus, dass er für einen Moment ihre Lippen ansah, und ihr Herz begann in Erinnerung an den Kuss und unter seinem jetzigen Blick schneller zu schlagen. „Wir schaffen das, Ysara. Ich… mache dir nichts vor, ich weiß nicht wie, hab keinen Plan aber… ich glaube an uns…“ Sie hätte gerne etwas erwidert, seine Worte unterstrichen, aber auch ihr fehlte gerade die Zuversicht. Einen Moment betrachtete sie nachdenklich die Flasche, die sie noch immer in ihren Händen hielt, ehe sie sich einen Ruck gab, und noch einen Schluck trank. Dann hielt sie ihm die Flasche entgegen oder würde sie neben der Matratze abstellen, wenn er ablehnte. Im nächsten Augenblick rückte sie doch noch etwas von ihm ab, aus dem einzigen Grund, um sich ihm mit leicht gedrehten Oberkörper besser zuwenden zu können. So konnte sie ihn anschauen, ohne in eine unbequeme Haltung zu verfallen. "Was Tami da gesagt hat.. Ich wollte dieses Risiko eigentlich gar nicht eingehen. Ich wollte hier in Grandea bleiben. Ich hatte gehofft, dass mich bei der Feier niemand erkannt hat und dass sich die Lage wieder beruhigen wird. Ja, ich weiß, das war naiv. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt", gab sie zu und dann blitzte es kurz schelmisch in ihren Augen. "Dann sah ich aber all die Dunkelelfen vor meinem Haus. Ich war vorhin kurz dort, wollte eigentlich nach meiner Familie sehen, aber es gab kein Herankommen", informierte sie ihn, sparte jedoch weitere Details, etwa über andere anwesende Personen, aus. "Was ich eigentlich sagen wollte.." Sie stockte und suchte nach den richtigen Worten. Was wollte sie sagen? Eigentlich wollte sie nur klarstellen, dass sie ihm nicht nach Morgeria hinter her lief. Er war nicht der ausschlaggebende Grund, aber sie konnte es auch nicht konkret formulieren, weil sie doch am Ende froh darüber war, dass sie sich in Morgeria wiedersehen würden. Doch was würde es bringen? Zu was wäre es gut? Vielleicht steigerte sie sich ja doch in etwas hinein? Ysara räusperte sich und senkte den Blick, der auf seine Hand fiel, während sie unsicher auf ihrer Unterlippe kaute. Sie spürte, wie die Unsicherheit in ihr aufwallte und griff nach seiner Hand, die diese Unsicherheit zurück drängen konnte. Dann fasste sie sich ein Herz, der Kopf hob sich und ihre grünen Augen suchten seinen blauen Blick. Sie hielt sich selten mit Worten zurück, war oft direkter, als es gut war. Aber das hier fiel ihr schwer. "Ich weiß, dass das mit uns.. ich meine, du wirst Ta'nurie… und dann.. ich.. ich hab da nichts zu suchen." Sie schüttelte den Kopf und schnaubte kurz, auf der Suche nach den richtigen Worten - oder vielmehr dem Mut, diese prekären Dinge anzusprechen. Doch sie konnte es auch nicht unangesprochen lassen, denn es beschäftigte sie seit dem vergangenen Morgen. "Sie ist dir versprochen und ich.. Heute Morgen, das war.. ich wollte.. deine Integrität nicht in Frage stellen und auch nicht.. deine Treue." Sie räusperte sich und ihre Lippen formten sich zu einem unsicheren Lächeln. "Wann ist das eigentlich alles so kompliziert geworden?", fragte sie ihn leise und bekam endlich einen Satz an einem Stück zwischen den Lippen hervor. Während sie Tami eben noch selbstsicher wie eh und je ihre Meinung an den Kopf geworfen hatte, weckte Cassian eine Nervosität und Unsicherheit in ihr, die im vollen Gegensatz dazu standen und gar nicht so recht zu ihr passen wollten. Ihr Herz spielte in seiner Nähe verrückt. Für einen Moment huschten ihre Augen zu seinen Lippen, zu denen sie sich nur vorbeugen brauchte - wenn sie sich getraut hätte. Sie war von all dem, was sie ihm gerade versucht hatte, zu sagen, überzeugt. Aber gleichzeitig brachte er sie sichtlich durcheinander und sie verfluchte all die Tatsachen, die sie ihm gerade geschildert hatte und wünschte, nichts davon würde zwischen ihnen stehen.

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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Erzähler » Samstag 23. Dezember 2023, 22:06

Es war eine Katastrophe. Die Nerven lagen blank und beförderten Dinge zu Tage, die unter anderen Umständen niemals so gesagt worden wären. Ysara konnte nicht glauben, was Tami ihr da entgegenschleuderte. Die Jüngere vergriff sich zusehends im Tonfall und warf ihr Dinge vor, die Ysara wirklich trafen. Auch den anderen Krähen wurde klar, dass das so nicht weitergehen durfte, denn ansonsten wäre ein Bruch nachträglich nicht mehr zu kitten. Die gewählten Worte waren für Ysara so unverständlich, dass sie in die Verlegenheit kam, sich verteidigen zu wollen. Heiß brannte ihr Gesicht unter der Wut, die sich einen Weg durch ihren Körper bahnte. Wie konnte Tami nur solche Dinge sagen oder auch nur denken?! "Das Einzige, das man mir jetzt noch wegnehmen könnte, seid ihr, Tami! Ich kann nichts dafür, dass ich die besseren Karten im Leben bekommen habe. Du kannst gerne meine Kleider haben und mein Zimmer, in dem ständig die Dienstmädchen umherschwirren. Wenn es dich glücklich macht, kannst du all den Protz haben, über den die Leute vergessen, wer sie wirklich sind. Und obendrauf gibt's noch den Hausdiener, der dir jedes Gebet seines Zweihundertseiten-Wälzers im Schlaf runterbeten kann. Und was heißt das, 'euer Zuhause'? Es ist auch mein Zufluchtsort gewesen! Vor welchem Haus stehen denn die Dunklen gerade? Sie verhören meine Familie und bestimmt nicht auf die nette Tour. Wir werden aus der Stadt gejagt - ihr genauso wie ich -, und ich muss meine Familie hier lassen. Ich weiß nicht, was dein Problem ist. Du warst Feuer und Flamme für diesen Schatz und jetzt?! Jetzt willst du dich von dem Elfen zum Galgen führen lassen und ich muss mir deine Vorwürfe anhören." Flammend war der Blick der Jüngeren und tatsächlich loderte es in ihr. Sie war mindestens genau so wütend und doch lag dabei auch ein gewisser Schmerz, den sie nicht verleugnen konnte. Der Streit gefiel Tami nicht, er verselbstständigte sich mit einem Mal. Worte wurden gesagt, die nicht mehr ungeschehen zurückgenommen werden konnten und mit neuer Wirkung zurückgeschossen wurden. „Mir kommen gleich die Tränen, Ysi!“, fauchte Tami, weil sie mit dem Rücken zur Wand stand. Das Mädchen hatte sie nach ihrem Verständnis gefragt und erhielt es nicht. Sie war ebenso verletzt, wie es Ysara war. „Hast du ein wenig zu viel Aufmerksamkeit erhalten und ein Bisschen zu viele Alltagsentscheidungen treffen müssen?!“, befeuerte Tami diesen Streit nur noch weiter. Bis Elian einschritt und es für beendet erklärte. Er kannte seine Schwester und wenn sie nicht noch ein Fiasko erleben wollten, musste Tami sich dringend abreagieren. Und Ysara auch. Sonst sagten sie beide noch mehr Dinge, die sie später vielleicht bereuten.

Für einen Moment stand Ysara wie vom Donner gerührt da. Sie wusste nicht, was das gerade gewesen war, und wirkte etwas hilflos in ihrer Art. Nachdem auch Sadia gegangen war, war es Cassian, der sich ihrer annahm. Seinen lockeren Versuch, dem Geschehen die Schärfe zu nehmen, misslang. Er akzeptierte das und kannte Ysara lange genug, um zu verstehen, dass ihr das sehr wehgetan hatte. Tami’s Vorwurf, sie wäre nur eine gelangweilte Innenring-Bewohnerin, die sich ein wenig den langen Alltag vertrieb war absolut nicht das, wofür Ysara stand und das wusste auch die jüngste Krähe eigentlich. Es war ein Streit. Ein Streit mit Emotionen, die niemand so hatte, kommen sehen. Nun brauchten sie Abstand und Cassian entpuppte sich als eben jener, der das bewerkstelligen konnte. In seiner Nähe war es allerdings auch nicht mehr so leicht, wie früher. Ysara spürte die Nachwehen ihres Fast-Kusses und wusste jetzt nicht mehr recht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten wollte. Und konnte. Alles war anders, alles war… scheiße. "Ich wusste gar nicht, dass ich so eine egoistische, reiche Thusnelda bin.", sagte sie getroffen und Cassian schürzte die Lippen. „Doch, doch, jetzt, wo ich so darüber nachdenke…“, witzelte er und klopfte dann neben sich. Er neckte sie, um sie lächeln zu sehen. Alles andere hatten sie in letzter Zeit bereits zu Genüge. Ysara suchte die Nähe ihres Freundes und setzte sich direkt neben ihn. Doch dann brannten ihr Dinge auf der Seele, die sie unbedingt loswerden musste. Sie sah ihn an und er übernahm die Flasche, um sie festzuhalten. "Was Tami da gesagt hat.. Ich wollte dieses Risiko eigentlich gar nicht eingehen. Ich wollte hier in Grandea bleiben. Ich hatte gehofft, dass mich bei der Feier niemand erkannt hat und dass sich die Lage wieder beruhigen wird. Ja, ich weiß, das war naiv. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Dann sah ich aber all die Dunkelelfen vor meinem Haus. Ich war vorhin kurz dort, wollte eigentlich nach meiner Familie sehen, aber es gab kein Herankommen." Cassian nickte und trank einen Schluck, um die Flasche dann an Ysara zurückzureichen. Was ich eigentlich sagen wollte.." Er hob den Blick und schaute sie mit dieser Unerschütterlichkeit an. Manchmal konnte das nerven, aber jetzt war es vielleicht hilfreich, weil er sie nicht durch etwaiges Mienenspiel ablenkte. "Ich weiß, dass das mit uns.. ich meine, du wirst Ta'nurie… und dann.. ich.. ich hab da nichts zu suchen."
Cassian war es nun, der den Blickkontakt doch abbrach, ihr die Flasche ungeachtet dessen, ob sie getrunken hatte oder nicht, aus der Hand nahm und selbst noch einen großen Schluck nahm. Solch ein Gespräch war niemals leicht, doch in ihrem Fall war es quasi unmöglich. Man konnte nur verlieren. "Sie ist dir versprochen und ich.. Heute Morgen, das war.. ich wollte.. deine Integrität nicht in Frage stellen und auch nicht.. deine Treue. Wann ist das eigentlich alles so kompliziert geworden?" Nun reagierte Cassian nicht und starrte gegen die schiefe Tür, die kaum im Schloss hielt. Hatte er ihr gar nicht zugehört? Er drehte die Flasche in seinen Fingern, dann stellte er sie auf den Boden vor sich, wandte sich um und war ihr mit einem Mal unsagbar nah. Er griff mit seinen Händen um ihre Wangen, zog leicht daran und … küsste sie. Dieses Mal war es nicht flüchtig, nicht hauchzart. Er küsste sie und zwar so richtig. Cassian harrte einen Moment aus, doch dann bewegte er seine Lippen, liebkoste Ysi’s und hörte kaum auf damit. Egal, ob sie erwiderte oder nicht, er zeigte ihr, was er tief in seinem Innern empfand.

Erst nach einer Weile löste er sich schließlich von ihr und lehnte seine Stirn gegen ihre. Er hatte die Augen geschlossen und seine Lippen glänzten von dem Kuss. „Wir sind erwachsen geworden, Ysi…“, raunte er dann auf ihre Frage, wann alles kompliziert wurde und klang so schmerzerfüllt dabei, dass es keinen Zweifel daran gab, dass Cassian nicht dem folgte, was er wollte. „Und wir tragen eine Verantwortung. Du musst gehen, damit deine Eltern nicht ihre hängende Tochter sehen. Ich muss gehen, damit der General nicht meine Eltern aufknüpfen lässt für den Bruch des Paktes.“, sagte er klar und seine Stimme war ein dunkles Brummen. Er ließ Ysara los und betrachtete sie. „Das heißt aber…“, er stockte, blickte auf ihre Hände und griff dann nach ihrer, um mit seinem Daumen darüber zu streichen, „Das heißt aber nicht, dass ich nicht wüsste, was ich will…“, er hob seinen Blick wieder und lächelte leicht und traurig. „Warte nicht auf mich, Ysara. Ich… in einem anderen Leben würde ich dir den Hof machen, und zwar so richtig. Ich würde dich auf Händen tragen, dich abgöttisch lieben und dir die Welt zu Füßen legen – egal, wie groß oder klein sie wäre. Ich würde dich anbeten!“, offenbarte er und lachte leise, weil es guttat, das zu sagen. Die Vorstellung lag als Glitzern in seinem Blick. Er konnte es sehen… Dann verdunkelten sich seine Züge wieder. „Aber dieses Leben gehört nicht mir. Und ich kann nicht sehenden Auges meine Familie in den Tod schicken, wenn alles von dieser Verbindung abhängt. Ich kann nicht…“, wiederholte er eindringlich. Auch Ysara würde für ihre Familie alles tun. Trotz der Missverständnisse, trotz der Meinungsverschiedenheiten. Deshalb war sie bereit Grandea zu verlassen. Cassian ließ ihre Hand los und strich ihr über den Kopf. „Lass dir von Tami nichts einreden, Ysi. Sie … sie ist impulsiv und jung. Und auch sie hat Angst, euch alle zu verlieren. Auch sie zweifelt an ihrer Entscheidung und braucht jetzt Unterstützung. Du bist nicht ansatzweise das, was sie sagte. Und so sieht sie dich auch nicht, du warst jetzt ihr Ventil. Das ist nicht fair aber…“, er lächelte abermals und erhob sich, „wir sind jetzt erwachsen, Ysi. Nichts ist mehr fair und nichts ist mehr einfach. Sieh zu, dass du am Leben bleibst, hörst du? Ich… erwarte dich in Morgeria – in einem Stück!“, lächelte er charmant und deutete eine Verbeugung an. Nun war es soweit. Er würde gehen. Endgültig.
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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Ysara » Montag 25. Dezember 2023, 13:34

Es würde dauern, bis Ysara Tamis Worte verdaut hätte. Die Jüngste hatte ordentlich ausgeteilt und ihre Anführerin mit ihren Vorhaltungen verletzt. Gerade jetzt sollten sie doch alle zusammenhalten und gerade jetzt zerfiel ihre Bande und geliebte Menschen entglitten ihren Fingern. Ysara war froh, dass Cassian sie die alte Mühle hinauf führte und sie so auch körperlich Abstand zum Ort des heftigen Streits bekam. Murmelnd hing sie dem Streit noch nach und Cassian neckte sie, woraufhin sie dann doch lächeln musste, weil Ysara selbstbewusst und selbstreflektiert war, wodurch auch ihr im Grunde klar war, dass Tami nicht Recht mit ihrer Beschreibung von ihr hatte. Sie setzte sich neben ihren Freund und erzählte ihm zuerst davon, wie es überhaupt dazu gekommen war, dass sie Grandea verlassen musste und dass es nicht vordergründig um ihn dabei ging. Konnte es nicht und dürfte es auch gar nicht. Schließlich war er Ta'nurie versprochen, und sich das nun laut einzugestehen, fiel Ysara sichtlich schwer. Cassian brach den Blickkontakt ab und sie überließ ihm die Flasche, aus der er noch einen Schluck trank. Ihre Augen hefteten sich erneut an seine Lippen, während sie weitersprach. Sie drückte zaghaft seine Hand und fühlte sich hin und her gerissen. Sie kannte Cassian gut, sie wusste, er würde dieser Ehe folgen und da wollte sie es ihm nicht noch schwerer machen. Sie würde nicht im Weg stehen. Andererseits war er ihr gerade so nah, sie waren allein in diesem kleinen Raum, und immer wieder fiel ihr Blick auf seine Lippen, die sie einfach nur küssen wollte. Cassian regte sich jedoch nicht mehr, er starrte zur Tür hinüber und Ysara wartete angespannt auf eine Reaktion. Sie zog sich nicht zurück, aber sie beobachtete sein Mimikspiel mit klopfendem Herzen. Küss mich einfach, dachte sie, hielt sich jedoch zurück. Dann wandte er sich endlich zu ihr um und ihr Herzschlag beschleunigte sich unweigerlich, als sie seinen Blick auffing. Ihr Herz begann zu rasen, als sie sah, dass er seine Hände hob und sie senkte für einen Moment die Lider, als sie seine Finger an ihren Wangen spürte. Es brauchte nur einen kleinen Impuls seiner Berührung, dem sie bereitwillig folgte und seinem Gesicht entgegenkam. Als seine Lippen auf ihre trafen, entwich ihr seufzend der Atem und auch sie verharrte zunächst und kostete den Moment aus. Sie genoss das warme Gefühl seiner Lippen und schloss die Augen, als er begann, sie zu liebkosen. Das war völlig neu für Ysara und fühlte sich umso intensiver an. Sie spürte ein Kribbeln auf den Lippen, das sich auch in ihrem Bauch wiederfand. Es dauerte einen Moment, dann bewegte auch sie ihre Lippen und erwiderte erst zaghaft seinen Kuss, und dann etwas stärker, als sie merkte, dass es ihm offenbar genauso gefiel wie ihr selbst. Ysara wurde mutiger, veränderte etwas ihre Position, um ihre Hände an Cassians Hals zu legen, sodass ihre eigenen Fingerspitzen sich in seinem Nacken berühren könnten. Sie küsste ihn sanft, während ihre rechte Hand sein Haar im Nacken berührte. Ysara hätte ihm noch minutenlang an den Lippen hängen können, aber Cassian kam als Erster zur Vernunft. Sie spürte, wie der Druck seiner Lippen langsam nachließ und entließ ihn schweren Herzens aus dem Kuss. Sie löste jedoch nur die Lippen, ihre Stirn verharrte an seiner, während sie wehmütig durch sein dunkles Haar im Nacken strich. „Wir sind erwachsen geworden, Ysi… Und wir tragen eine Verantwortung. Du musst gehen, damit deine Eltern nicht ihre hängende Tochter sehen. Ich muss gehen, damit der General nicht meine Eltern aufknüpfen lässt für den Bruch des Paktes“, machte er klar. Wir könnten zusammen gehen, schoss es ihr im ersten Impuls durch den Kopf, aber das hatten sie bereits durchgespielt. Sehr oft sogar und Cassian war nie mit ihr mitgekommen. Er musste Verantwortung übernehmen. Natürlich. Was wäre Cassian Andeus Jafor nur ohne diese. Ysi hörte den Schmerz in seiner Stimme und glaubte, ihn auf eine ähnliche Weise nachempfinden zu können. Während er sprach, öffnete sie die Augen und seufzte im Inneren, als er sie losließ. Ihre Hände lösten sich von ihm und ihr Körper lehnte sich wieder zurück. Sie hätte noch Stunden hier sitzen können, ohne über all das nachzudenken. „Das heißt aber… Das heißt aber nicht, dass ich nicht wüsste, was ich will…“ Sie sah mit einem traurigen Lächeln auf ihre Hand hinab, über die sein Daumen nun strich. Er wusste, was er wollte - und dennoch folgte er dem nicht. Ysara wappnete sich innerlich und hoffte, mit ihrem Lächeln ihre Enttäuschung überspielen zu können. Als Freundin verstand sie ihn, ohne Einschränkungen. Als verliebte junge Frau, die in den letzten Jahren offenbar so einiges verpasst und deren Gefühle Cassian nun geweckt hatte, verstand sie nichts davon. „Warte nicht auf mich, Ysara. Ich… in einem anderen Leben würde ich dir den Hof machen, und zwar so richtig. Ich würde dich auf Händen tragen, dich abgöttisch lieben und dir die Welt zu Füßen legen – egal, wie groß oder klein sie wäre. Ich würde dich anbeten!“
Ysaras Blick fand zurück in seine Augen und jetzt spiegelte sich ehrliches Erstaunen in den grünen Iriden. "Cassian.." Ihre Stimme klang erstickt. Was er da sagte, ließ noch viel tiefer blicken als sein Kuss. Solche Gefühle entwickelten sich nicht über ein paar Stunden. Wie lange dachte er schon so über sie? "Wieso hast du nie etwas gesagt?", flüsterte sie und war auch ein wenig.. überfordert von seinem Geständnis. Seine Worte berührten sie und ihre Wangen wurden gleich noch eine Nuance dunkler. War sie so verbissen gewesen, dass sie nichts von seinen Avancen bemerkt hatte? Oder hatte er sich so zurückgehalten, weil sie die Krähen immer in den Vordergrund gestellt hatte? "Aber dieses Leben gehört nicht mir. Und ich kann nicht sehenden Auges meine Familie in den Tod schicken, wenn alles von dieser Verbindung abhängt. Ich kann nicht…“
Ysara sah ihn aus großen Augen an, die voller Schmerz gefüllt waren. Wieso hatte sie erst jetzt gemerkt, dass die Gefühle, die sie Cassian gegenüber empfand, so viel mehr waren als Freundschaft? Allein schon durch ihre romantischen Romane hatte sie natürlich ab und an mal über einen Mann an ihrer Seite nachgedacht. Vielleicht ein verruchter Dieb, der ihr in einer aussichtslosen Situation zur Seite stand. Oder ein zuvorkommender Galant, der alles für sie tun würde. Ysara bereute, dass ihr dabei nie Cassian in den Sinn gekommen war. Allerdings war er weder das eine noch das andere. Er wollte nicht der Mann an ihrer Seite sein, das machte er mit seinen Worten mehr als deutlich. Ysi senkte kurz die Lieder und spürte einen riesigen Kloß in ihrem Hals. Sie wünschte, er würde um sie kämpfen - oder aber, dass er heute Morgen nicht aufgetaucht wäre. Dann wären da vielleicht jetzt nicht all diese Gefühle und die Richtung des Gesprächs wäre leichter zu ertragen.
"Ich weiß", antwortete sie schließlich nur und schaute zurück in seine Augen. Tief im Inneren wusste sie schon seit etlichen Jahre, dass er seinen Platz für nichts und niemanden aufgeben würde. Und jetzt wusste sie, dass er es auch für sie nicht tun würde. Sie versuchte, ihm als seine Freundin Verständnis zu zeigen, aber ganz konnte sie nicht über ihre Enttäuschung hinweg täuschen. Sie hätte gerne etwas anderes gehört, aber sie musste das akzeptieren. Sie hatte versucht zu kämpfen, als sie sich klar geworden war, dass ihr Wunsch, mit ihm abzuhauen, mehr war als nur bloße Rebellion. Sie hatte ihm angeboten, im Nest unterzutauchen und dann hätte sie einen Plan gesponnen, wo sie ein neues Leben beginnen könnten. Er jedoch.. Wie viel waren seine Worte wert? Wieso sagte er ihr all das noch? Ysara bemerkte, dass sich in ihrem Kopf Vorwürfe zu bilden begannen, weshalb sie sich auf die Unterlippe biss. Nein, sie wollte und würde ihm keine Vorwürfe machen. Es war wie es war. Sie hatten viele Chancen gehabt und keine genutzt. Jetzt aber waren sie an einem Punkt, an dem es keine Chance mehr gab für ihre Gefühle. Sie hatte es ihm heute Morgen schon gesagt. Sie wünschte sich, dass er tat, was er wirklich wollte. Sie wusste, dass er mehr wollte als diesen Kuss. Sie wäre bereit, mehr zu geben. Aber er war es nicht. Ysara fühlte sich zurückgewiesen und versuchte, den Schmerz zurückzudrängen, um es Cassian nicht schwerer als nötig zu machen. Lieber nahm sie den Schmerz still hin, als ihn damit zusätzlich zu belasten. Sie war still geworden, denn sie wusste auch, nichts, was sie sagte, würde Cassian umstimmen.
„Lass dir von Tami nichts einreden, Ysi. Sie … sie ist impulsiv und jung. Und auch sie hat Angst, euch alle zu verlieren. Auch sie zweifelt an ihrer Entscheidung und braucht jetzt Unterstützung. Du bist nicht ansatzweise das, was sie sagte. Und so sieht sie dich auch nicht, du warst jetzt ihr Ventil. Das ist nicht fair aber wir sind jetzt erwachsen, Ysi. Nichts ist mehr fair und nichts ist mehr einfach. Sieh zu, dass du am Leben bleibst, hörst du? Ich… erwarte dich in Morgeria – in einem Stück!“
Ysara erhob sich einige Augenblicke nach ihm und bewunderte die Leichtigkeit, mit der Cassian auf einmal handelte. Ihr Blick blieb einige Sekunden und schweren Herzens an seinem charmanten Lächeln hängen. "Ich weiß. Das wird schon wieder, wenn ihre Wut verraucht ist", antwortete sie Tami betreffend. Ihre Worte hatten sie gekränkt und sie würde sie so schnell nicht vergessen können. Aber Ysara wusste auch, dass sie die Erwachsene von ihnen beiden war. Außerdem wollte sie kein böses Blut und steckte, nicht nur Cassian, sondern auch Tami betreffend, lieber selbst zurück, als dass sich die anderen noch schlechter fühlten. "Lass dich nicht unterkriegen Cassian, ja?", bat sie dann und ihr Lächeln wurde eine Spur trauriger. "Nur weil du diesen Weg gehen musst, musst du ihn nicht mit eingezogenem Kopf gehen. Vielleicht ist es ja sogar vorteilhaft, ein paar Dunkelelfen auf deiner Seite zu haben", versuchte sie ihm sogar noch Mut zu machen. Er wäre dann verheiratet mit einer Dunklen, hätte einen einflussreichen General als Schwiegervater. Vielleicht würde ihm das irgendwelche Vorteile verschaffen. Ysara sah zu der Tür in Cassians Rücken und seufzte. "Dann schau ich wohl mal, ob Tami zur Besinnung gekommen ist", murmelte sie, bewegte sich jedoch nicht vom Fleck, sondern starrte Cassian an, um den Augenblick ihres Abschieds hinauszuzögern, obwohl ihr klar war, dass er unausweichlich war.

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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Erzähler » Montag 25. Dezember 2023, 21:53

Wenn Ysara geahnt hätte, dass ihre Gedanken überhaupt nichts einfacher machten, dann hätte sie sie wohl nicht gedacht. Denn sobald Cassian seine Lippen gegen ihre presste, war es um sie endgültig geschehen. Auf einmal konnte sie sich eine Zukunft vorstellen. Wie es sein könnte, wenn sie sich öffentlich bekannten. Sie konnte sehen, wie glücklich sie gemeinsam wären. Wie einfach es geworden wäre, wenn sie es nur schon viel früher erkannt hätten. Leider aber war nichts mehr einfach in ihrer Welt. Cassian küsste sie, gestand ihr seine Gefühle und trotzdem… trotzdem wählte er nicht sie. Es war ein drückender, belastender Schmerz, der sich in ihrem Herzen einnisten wollte. Ysara wollte Verständnis zeigen und sich als gute Freundin erweisen. Aber was war mit ihr? Bisher hatte sie noch nie so empfunden und sollte das nicht eigentlich ganz anders erwachen? Sollte nicht der Himmel voller Geigen sein, am Ende alles gut werden und die Hochzeitsglocken läuten? War es nicht so in den unzähligen Romanen, die sie gelesen hatte? Wenn sie sich vorgestellt hatte, wie es für sie wäre? Ysara verstand die Welt nicht mehr. Wie auch? Diese war vollkommen neu für sie und überforderte sie. Cassian verdrehte ihr den Kopf, weckte Begehrlichkeiten und zertrampelte anschließend ihr gerade erwachtes Herz. Endlich verstand sie, dass es nicht nur die Krähen und Grandea gab. Dass es anderes gab, was sie seit einigen Jahren verpasst hatte. Und jetzt sollte es das gewesen sein? "Cassian.. Wieso hast du nie etwas gesagt?“, wollte sie berechtigterweise wissen. Er hob den Blick und wich ihr trotzdem gleich wieder aus. „Wir sind Freunde. Ich wollte es nicht zerstören. Ich wusste, wie sehr dir die Krähen wichtig sind und ich … wollte nichts verkomplizieren.“, er lächelte schwach, denn das war ihm wohl ordentlich misslungen. Der Spross der reichen Familie erhob sich und switchte so schnell um, das Ysi kaum Luftholen konnte. Ihr blieb nur die Karte der ‚guten Freundin‘, denn ihre Gelegenheiten waren vorbei. Sie waren ausgeschöpft und ungenutzt. Jetzt gab es für Cassian kein Zurück mehr. Er hatte schon immer die Pflicht gewählt und es überraschte sie nicht mal groß, dass er auch jetzt wieder diesen Pfad einschlug. Aber es tat weh und sie fühlte, wie sie ihm Vorwürfe machen wollte. Und sie hätte Recht damit. Er ließ sie allein, mit all den widerstreitenden Gefühlen und kam offenbar so viel besser damit zurecht. Aber Ysara war die leidenschaftliche. Sie war es, die viel mit dem Herzen lebte und weniger mit dem Kopf, so wie er. Cassian wägte ab und dabei konnte Ysi nur verlieren. Zudem wähnte er sich absolut sicher mit ihrer Freundschaft und am Ende… wären sie kein Liebespaar, aber Freunde würden sie auf ewig bleiben. Er verlor im Grunde nicht wirklich etwas. Er bekam nur nicht etwas hinzu. Und Cassian war trotz allem Reichtums bescheiden. Er schätzte das, was er an Ysi hatte und würde nicht mehr verlangen. Auch wenn er es noch so sehr wollen würde.

Ysara aber würde sich nun nicht auflehnen. Lieber akzeptierte sie diese Zurückweisung, um es ihm leichter zu machen, anstatt dafür einzustehen, was sie wollte. Sie stellte ihre Freunde schon immer an höhere Positionen, als sich selbst und auch das machte, dabei keinen Unterschied. So rückte der Zeitpunkt des Abschiedes mit einem Mal schnell heran, während Cassian bereits an der Tür stand. Er würde jetzt gehen und sie würden einander für eine sehr, sehr lange Zeit nicht wiedersehen. Was sagte man, wenn man irgendwie nichts geklärt hatte? Was waren die richtigen Worte hierfür? "Lass dich nicht unterkriegen Cassian, ja?" Der Blick aus blauen Augen traf sie und er zog einen Mundwinkel hoch. „Du auch nicht, hörst du?“ "Nur weil du diesen Weg gehen musst, musst du ihn nicht mit eingezogenem Kopf gehen. Vielleicht ist es ja sogar vorteilhaft, ein paar Dunkelelfen auf deiner Seite zu haben" „Du hast Recht. Ich beiße mich schon durch.“, nickte er und wandte sich dann um. Er hatte die Tür schon geöffnet, war im Begriff hindurchzutreten, hielt aber noch mal inne. Ein Blick zurück, ein schiefes Lächeln, dann aber fasste er sich ein Herz und… ging. Das waren also die letzten Worte, die sie einander sagten. Sie kamen nicht banal daher und doch war dieser Moment irgendwie… nicht so tiefgründig, wie man sich das vielleicht erhoffte. Cassian ging und sie hörte, dass er es tat. Die Schritte verließen die Mühle, bis sie die Tür klappen hörte. Dann hörte sie draußen noch einige Stimmen. Auch hier wurde der Spross Jafor verabschiedet, dann war es vorbei.
Ysi war allein in dem kleinen Kämmerlein. Die Flasche stand noch dort, wo Cassian sie vor seinem Kuss abgestellt hatte. Ysi hörte, wie unten sich Schritte näherten. Sie kamen hinauf und kurz keimte die Hoffnung, dass es doch anders wurde. Dass er sich besann, doch da steckte schon der rothaarige Schopf die Nase durch den Türspalt. Tami stand im Rahmen und musterte Ysi. Die funkelnde Wut schien verraucht. Sie wirkte ein wenig nervös und irgendwie reumütig. „Ysi?“, fragte sie kleinlaut und trat ein. Sie nestelte an ihren Fingern und blickte zum Boden. „Es… es tut mir schrecklich leid.“, brach sie dann heraus und sofort flossen Tränen. Die Jüngste schniefte los und bereute das, was sie gesagt hatte. "Oh Ysi, ich weiß nicht, welcher Dämon mich da geritten hat, ich… ich habs nicht mal so gemeint, ich war einfach nur… ich schäme mich, weil ich euch nicht begleiten will und ich verstehe deine Wut auf mich, aber ich ertrage sie nicht, weißt du? Ich würde so gerne beides machen, aber ich musste mich entscheiden. Aber das ist keine Entscheidung gegen dich oder die Krähen… ich… ich habe nur das Gefühl, dass ich das tun muss… Ich… muss einfach…“, schluchzte sie aufgelöst und wischte sich mit dem Ärmel über die tränennassen Wangen. „Ich will euch nicht verraten… aber wenn ich gehe, kann ich verhindern, dass er es tut. Oder nicht? Vielleicht wäre es hilfreich, wenn ich ein Auge auf ihn habe, solange er hier ist… damit… damit er nicht auf dumme Ideen kommt.“, schloss sie und holte tief Luft. Es war aus ihr herausgesprudelt und nun stand sie da und sah die Anführerin der Krähen mit großen Augen an. Warum waren sie bloß erwachsen geworden… Wann war alles auf einmal kompliziert geworden?
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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Ysara » Dienstag 26. Dezember 2023, 20:04

Freunde. Das waren sie und das würden sie immer bleiben. Nicht mehr. Ein schiefes Lächeln und dann ging ihr Freund und ließ Ysara mit klopfendem Herzen in der alten Mühle zurück. Vorhin hätte sie sich den endgültigen Abschied anders vorgestellt. Vielleicht ein letzter Kuss, eine Umarmung oder nur ein romantisches Versprechen. Das war aber vor ihrem Kuss. Seit Cassians anschließenden Worten fühlte sich plötzlich alles falsch an und nichts von ihrer Vorstellung passte jetzt noch zur aktuellen Situation. Heute Morgen, als sie sich in der Bibliothek verabschiedet hatten, hatte es sich noch wie der aufregende Beginn eines Abenteuers angefühlt. Jetzt aber war klar, dass es dieses Abenteuer nicht geben würde. Cassian hatte seinen Kuss bekommen, sein Bedürfnis erfüllt, das er bei Ysara gerade erst geweckt hatte. Sie hingegen fühlte sich, als stünde sie nun mit leeren Händen da. Ein guter Freund hätte ihr nicht diese Liebeserklärung gemacht, um dann zu seiner Verlobten zurückzukehren. Pakt hin oder her. Ysara war enttäuscht von Cassian, auch wenn sie sich auf einer Seite dafür schämte, weil sie wusste, dass er keine Wahl hatte. Aber jetzt war sie persönlich einfach viel zu sehr involviert. Cassian hatte sie verletzt und es tat ihr im Herzen weh, als er tatsächlich ging. Ysara starrte noch einige Momente auf die angelehnte Tür, dann verschwamm ihre Sicht hinter einem Tränenschleier. Sie schlang die Arme um sich und spürte, wie sich die Gefühle, die sie in Cassians Gegenwart noch unterdrückt hatte, nun Bahn brachen. Der Kuss hatte sich wundervoll angefühlt und noch im Hormonrausch kam sie nur schwer mit der Zurückweisung zurecht. Ysara schluchzte, wandte sich von der Tür ab und versuchte gleichzeitig, sich zu beruhigen, denn es stand noch ein Gespräch mit Tami an. Sie gab sich ein paar Momente, dann wischte sie mit dem einen Ärmel über ihre Wangen und atmete tief ein und aus. "Ysi?" Die Angesprochene zuckte überrascht zusammen, als Tami plötzlich in ihrem Rücken in der Tür stand. Als sie sich zu ihr herum drehte, schimmerten ihre Augen und sie war froh, dass Tami sie gerade nicht ansah. „Es… es tut mir schrecklich leid.“ Da war es Tami, die in Tränen ausbrach, und Ysara merkte, wie sich auch ihre Augen erneut mit Tränen füllten. Sie war gerade selbst viel zu nah am Wasser gebaut. Außerdem konnte sie die Jüngere nicht weinen sehen, schon gar nicht, wenn es wegen ihr war oder weil sie Angst vor ihrer Reaktion hatte. Ysara wartete gar nicht weiter ab, sondern war mit wenigen Schritten bei Tami und umarmte sie fest. "Komm' her", murmelte sie und spürte, wie ihr erneut Tränen die Wangen hinab rollten. Die Rothaarige mochte denken, dass sie wegen ihrem Streit so aufgewühlt war, aber das war nur die halbe Wahrheit. Ysara brauchte selbst Trost. "Oh Ysi, ich weiß nicht, welcher Dämon mich da geritten hat, ich… ich habs nicht mal so gemeint, ich war einfach nur…" Ysi drückte sie für einen Moment fest. "Schon gut"", murmelte sie an ihrem Ohr und schniefte selbst. "Ich schäme mich, weil ich euch nicht begleiten will und ich verstehe deine Wut auf mich, aber ich ertrage sie nicht, weißt du?" Ysara atmete noch einmal tief ein und aus, dann löste sie sich ein Stück von Tami. Ihre Hände aber verharrten an den Schultern der Rothaarigen. Spätestens jetzt konnte diese wohl erkennen, dass auch Ysara weinte. "Ich bin nicht wütend auf dich, Tami", versicherte sie ihr noch, da redete diese schon weiter. "Ich würde so gerne beides machen, aber ich musste mich entscheiden. Aber das ist keine Entscheidung gegen dich oder die Krähen… ich… ich habe nur das Gefühl, dass ich das tun muss… Ich… muss einfach…“ Mitleid spiegelte sich in Ysaras Augen, als Tamis Schluchzen lauter wurde. Erneut umarmte sie ihre Freundin fest und hörte ihr schweigend zu. „Ich will euch nicht verraten… aber wenn ich gehe, kann ich verhindern, dass er es tut. Oder nicht? Vielleicht wäre es hilfreich, wenn ich ein Auge auf ihn habe, solange er hier ist… damit… damit er nicht auf dumme Ideen kommt.“ Tamis gefühlsstarke Reaktion sorgte dafür, dass sich Ysara schneller wieder beruhigte, als es vielleicht für ihr eigenes Seelenheil gut war. Tami brauchte sie jetzt. Sie war die Anführerin und ihre eigenen Probleme mussten nun warten. "Ach Tami", sagte Ysi schweren Herzens und löste sich wieder von ihr. Sie wischte die letzten Tränen mit dem Ärmel von ihrer Wange. Dann lächelte sie für einen Moment gutmütig und strich Tami eine ihrer schönen roten Strähnen aus dem Gesicht. Auch Ysaras Augen waren gerötet, aber sie hatte zurück zu einer Aufgabe gefunden. Sie wurde gebraucht und das lenkte sie von ihren Gefühlen ab. "Mir tut es auch leid. Ich hätte dich nicht so anschreien dürfen. Der Tag war beschissen und ich war wütend, weil.. weil gerade alles auseinanderbricht. Es war für alle aufregend heute und es ist viel passiert, womit ich nicht gerechnet habe", sprach sie ganz offen und drückte Tamis Schultern tröstend. Sie glaubte Tami, dass es ihr leid tat, und sie verzieh ihr. Das hieß aber nicht, dass alles vergessen war. Innerhalb der letzten Stunde hatte sie viel darüber erfahren, wie zwei ihrer engsten Freunde wirklich über sie dachten. Ysara würde Zeit brauchen, um das mit sich auszumachen. "Wir haben Glück, dass wir dem General entkommen sind und dass wir es noch aus der Stadt geschafft haben. Ich hab' uns schon zu viert auf dem Weg nach Morgeria gesehen und dann.. dein Vorschlag hat mich überrumpelt." Sie dachte an Sadias und Cassians Worte zurück, die von ihr Verständnis und Unterstützung für Tami gebeten hatten. Ysara seufzte. "Ich möchte nur das Beste für euch. Du bist natürlich frei zu tun, was du möchtest, Tami. Ich war auch mal so jung wie du. Schwer vorstellbar, hm?", versuchte sie, die Stimmung etwas aufzulockern und bediente sich einem Spruch, den doch eher die Älteren verwendeten, um klar zu machen, dass sie Tamis Freiheits- und Tatendrang nur allzu gut nachvollziehen konnte. "Und natürlich brauchst du meine Einwilligung nicht. Vielleicht hast du Recht, vielleicht ist es gut, wenn jemand ein Auge auf Lianth wirft. Ich hoffe nur, dass er dich nicht in Schwierigkeiten bringt." Tami konnte ehrliche Sorge in ihren Augen erkennen, die sie nun weitaus gefasster und ruhiger äußerte als vorhin. "Es tut mir leid, dass ich dir nicht so viel bieten konnte, wie du es verdient hättest", sagte sie dann plötzlich und spürte erneut einen Stich im Herzen. Tami hatte ihr vorgeworfen, dass sie im Gegensatz zu ihr immer alles gehabt hatte. "Ich wünschte, wir hätten hier mehr und Größeres erreicht. Ich hatte noch viel vor..", sinnierte sie für einen Moment. "Ich hoffe, dass wir mit einem Haufen Kohle zurück nach Grandea kommen. Dann bekommt ihr alle das Leben, das euch zusteht. Und du bist natürlich keine Verräterin - und immer willkommen bei uns. Ich werde dich vermissen, Tami. Du bist ein festes Mitglied unserer Truppe und ohne dich wird etwas fehlen. Wie sagt man so schön: Fliegende soll man nicht aufhalten." Es zeigte sich ein kurzes, ganz feines Grinsen, weil sie die Weisheit wissentlich abwandelte in Anbetracht dessen, dass diese junge Krähe ausfliegen wollte. Sie würde gehen, so wie Cassian gegangen war. "Was ist mit Elian und Sadia?", fragte sie dann eine Spur ernster und wappnete sich im Inneren für die nächste Hiobsbotschaft. Sadia hatte ihr zwar versichert, dass sie bei ihr bleiben wollte. Aber was war mit Elian? Würde er seine Schwester alleine hier lassen? Und wenn nicht, wie würde sich dann Sadia entscheiden?

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Re: Die verlassene Mühle

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 27. Dezember 2023, 22:48

Es war manchmal nicht fair und schon gar nicht leicht, die Anführerin der Krähen zu sein. Am Ende musste Ysara – oder auch Sadia – immer versuchen, das richtige zu tun. Die Krähen verließen sich auf die beiden Frauen, denn sie waren es, die den Leim bildeten. Nun aber schien die Haftung verloren zu gehen, denn Ysara sah ihre Mitglieder durch die Finger rinnen. Cassian wurde von seinem Leben in die Knie gezwungen. Er wurde ihnen entrissen, weil er nicht über seine Pflichten hinwegsehen konnte und Tami… die Jüngste der Krähen wollte plötzlich ihren eigenen Weg gehen. Wie würde es weitergehen? Elian war Tami’s Bruder. Er war stets ihr Beschützer, Vater und Mutterersatz gewesen. Elian und Tami bildeten eine Einheit und das war etwas, das Ysi nun Angst machte. Würde er mitgehen? Und wenn Elian sich entschloss, seiner wahren Familie zu folgen… was würde Sadia dann tun? Sadia liebte Elian und er sie. Er würde sie mit Sicherheit bitten, mitzugehen. Würde denn dann ihr Vorhaben plötzlich ins Wasser fallen? Sollte sie allein gehen? Was würde aus Cassian werden, wenn die Krähen ihm nicht nach Morgeria folgten? Fragen über Fragen wollten sich auf Ysi’s Herz legen und es erschweren. Doch die Krähe hatte in ihrem jungen Leben bereits so einige Entscheidungen getroffen, die man nicht immer einer Mittzwanzigerin zutrauen würde. Schon gar nicht aus ihren Kreisen. Die meisten Mädchen in ihrem Alter waren doch reichlich unbedarft und Ysi fiel dabei aus dem Rahmen. Ein Umstand, der ihr bisweilen Naserümpfen bei Galanen einbrachte und ein Zwinkern seitens Cassian. Cassian… Er war es, der es geschafft hatte, dass sie weinte, als Tami die Nase durch den Türspalt steckte.
Die Rothaarige fiel sofort mit ihrer Entschuldigung ins Haus und Ysi musste sich zusammennehmen, dass sie nicht bemerkte, dass sie wegen ganz anderer Sorgen aufgelöst war. Da kam es ihr gerade Recht, dass auch Tami emotional wurde. So konnte Ysi ihren wahren Gefühlen freien Lauf lassen und in einer Umarmung der Jüngeren Halt finden. Bevor es jedoch unangenehm werden würde, zog sich Ysi zurück und ließ tatsächlich Vernunft walten. Tami hörte, was sie hören musste. Und Ysi sagte, was sie sagen musste. Zwar verstand sie die Jüngere immer noch nicht und würde es auch nicht können. Viel zu sehr lagen ihr die Krähen am Herzen und das nicht nur als Konstrukt ihrer ambitionierten Ziele, sondern vor allem wegen der einzelnen Charaktere. Tami gehörte dazu. Mit all ihrer Flapsigkeit, ihrer schroffen Art, den kokelnden Zwischenfällen. Die war der Wildfang, aber eben ein wertvolles Mitglied. Es war schwer sie nun gehenzulassen, aber irgendwann wäre es vielleicht sowieso gekommen. Dass es nun Lianth war… nun… vielleicht war ihre Entscheidung auch aus anderen Dingen geboren. Immerhin würde Cassian diese Reise nicht mitantreten und Ysara wusste, dass die Rothaarige für ihn schwärmte. Vielleicht war es gut, dass sie alle etwas Abstand gewannen, denn wie wäre es, wenn herauskäme, dass Cassian und Ysi….

"Ich hoffe, dass wir mit einem Haufen Kohle zurück nach Grandea kommen. Dann bekommt ihr alle das Leben, das euch zusteht. Und du bist natürlich keine Verräterin - und immer willkommen bei uns. Ich werde dich vermissen, Tami. Du bist ein festes Mitglied unserer Truppe und ohne dich wird etwas fehlen. Wie sagt man so schön: Fliegende soll man nicht aufhalten." Tami schloss Ysi abermals in die Arme und lachte leise. Sie kannte den Ausspruch und drückte die Anführerin fest. „Danke…“, flüsterte sie ihr ins Ohr. Es war das, was Tami hören musste. Dabei waren ihr Ysara’s Gefühle nicht mal egal, aber es war eben etwas, was die Jüngere nun brauchte, um ihre Entscheidung auch durchzuziehen. Ohne am Ende missmutig Ysara für alles verantwortlich zu machen. Sie respektierte sie und das wurde in diesem Moment klar. Ysara war nicht irgendwer für Tami, sie war jemand, zu dem sie aufschauen und an dem sie sich orientieren konnte. Es war wichtig, dass Ysi hier Herz bewies und sie ziehen ließ… "Was ist mit Elian und Sadia?", fragte sie dann und wie auf’s Stichwort ging die Tür weiter auf und beide standen im Rahmen. „Bist du verrückt?! Wir lassen dich nicht im Stich!“, lachte Sadia und kam ebenfalls in den Raum.
Elian wirkte ein wenig verheult, gab sich aber größte Mühe, sich das nicht anmerken zu lassen. Er nickte mit einem schiefen Lächeln, dass auch er dabei wäre. Er würde seine kleine Schwester gehen lassen und schweren Herzens akzeptieren, dass sie das Nest verließ. Sadia und Elian schlossen Tami in der Mitte ein und umarmten dann Ysara mit einem Lachen. Sie knuddelten einander noch mal scherzhaft und Tami fand auch ihr Kichern wieder. Die Rothaarige richtete sich dann ihre zotteligen Haare und blickte jeden von ihnen an: „Leute? Macht bitte keine Dummheiten und wenn es zu gefährlich wird, dann…. Oh scheiße, wehe ihr riskiert euer Leben für irgendso eine Scheiße, die es am Ende nicht wert ist! Nein! Wartet. Nichts ist es wert, dass ihr dafür euer Leben riskiert, hört ihr?!“, sie sah Elian an. „Ich meine es ernst, Elian… NICHTS!“ Erneut kamen ihr die Tränen und sie drückte ihren Bruder, der sichtlich damit zu kämpfen hatte, nicht auch gleich wieder loszuweinen. Dann aber drückte Tami Elian weg, zog den Kopf ein und eilte aus der Tür. Sie musste jetzt weg. Sonst würde sie es vermutlich nicht mehr übers Herz bringen und auf ewig ihre Entscheidung bereuen. Da standen sie nun… aus fünf mach drei. Elian presste die Lippen aufeinander, sah Ysara an, dann Sadia und nickte leicht. „Packen wir es an!“

Ysara weiter bei: Unterwegs
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