Hoch zu Ross

Das nördliche Königreich steht unter den Fittichen des Königs Hendrik dem Zweiten. Strenge Sitten herrschen hier und das Volk ist zweitrangig. Hier kann man nur ein schönes Leben führen, wenn man Reichtum und adeliges Blut besitzt.
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Der König ist mit den Dunkelelfen ein Bündnis eingegangen und lässt sie über seine Armee verfügen. Das gesamte Königreich hat sich den Wünschen der Dunkelelfen zu beugen!
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Hoch zu Ross

Beitrag von Erzähler » Sonntag 5. Februar 2012, 02:34

Caleb kommt von Haupstadt Grandea -> Innenring -> Das Schloss Grandeas -> Mit gesenktem Blick

Prinz Vincent und sein Diener Caleb brauchten die Haupstadt des Königreiches Grandessa nicht durch den Außenring zu verlassen. Jedenfalls nicht so, dass ihnen die Eindrücke und Zustände dieses Stadtteils bewusst hätten werden können. Man hatte vom Innenring ausgehend speziell eine Art Gang bis zur Stadtmauer legen lassen. Die Grandessarer sprachen allgemein vom Königspfad. Dieser gepflasterte Weg führte schnurstraks duch den Außenring bis an den Rand der Stadtmauer, so dass der König nur an der Kaserne vorbei und zum Tor durch den wirklichen Außenring Grandeas musste. Links und rechts des Königspfads säumten nämlich meterhohe Mauern den Weg, so dass man gerade einmal die Dächer der einfachen Häuser ausmachen konnte. Obwohl Caleb also in Grandea aufgewachsen war, bekam er auf diese Weise nur wenig vom Außenring mit.
Am Tor angelangt erwarteten postierte Wächter bereits Prinz und sein Ein-Mann-Gefolge. Man hatte ihn von den Aussichtstürmen neben dem gewaltigen Stadttor aus bereits kommen sehen. Die Wache wünschte ihnen einen angenehmen Ausritt. Prinz Vincent würdigte ihn eines Blickes. Dann zückte er einen Brief und befahl, diesen seinem Vater zukommen zu lassen - nicht jedoch vor Sonnenuntergang. Er wollte demnach auf alle Fälle sicherstellen, bereits weit von der Heimat fort zu sein. Offenbar stand nichts Angenehmes in dem Brief, aber Caleb hatte sich ja schon eigene Gedanken zu den Plänen seines Herrn gemacht.

Felix ließ sich gut reiten. Das Tier war sehr friedlich und schien genau zu wissen, wer da auf seinem breiten Rücken saß. Es machte beinahe den Anschein, dass es bewusst Unebenheiten des Bodens umging, um Caleb nicht unnötig zu strapazieren. Im leichten Trab wurde es zwar schon etwas holprig, aber wenigstens entschied sich der Prinz nicht zu einem noch schnelleren und weitaus wilderen Galopp.
So war jedoch das Schloss Grandeas, umgeben von der Linie aus Stadtmauer, noch immer hinter ihnen zu erkennen, als sie bereits einige Zeit geritten waren. Sie folgten einem von Karren ausgerollten Weg zwischen Feldern und an Höfen vorbei. Wo auch immer ein Bauer die Reiter entdeckte, erkannte man den Prinzen sofort und verneigte sich.
"Lang lebe Grandeas ganzer Stolz!"
"Gelobt sei das Königshaus!"
So grüßte man ihn, aber Vincent hatte nur verächtliches Schnauben dafür übrig. Er wusste, dass keine dieser loyalen Bekundungen allzu ernst gemeint sein konnte. Dem Königreich erging es unter der Herrschaft seines Vaters nicht allzu gut. Natürlich hätte er das niemals offen zugegeben. Den eigenen König machte man nicht schlecht, nicht einmal als Sohn. Er war da anders gestrickt. "Ich werde auf meine Weise dafür Sorge tragen, dass Grandessa neu erblüht." Die Worte waren nicht speziell an Caleb gerichtet. Der Prinz hatte ihn nicht einmal angesehen, aber das musste er auch nicht. Ihn begleitete schließlich nur ein Diener, ein Bursche.
Irgendwann richtete Vincent den Blick gen Himmel. Die Richtung stimmte. "Wir kommen zu langsam voran. Du wirst noch einen Zahn zulegen müssen." Wieder benutzte er eine vertrautere Anrede, vermutlich weil außer Caleb und den Pferden niemand das Gespräch mitbekommen konnte. Plötzlich bremste der Prinz sein eigenes Tier ab. "Wir sollten dennoch eine Rast einlegen. Mir steht der Sinn danach zu prüfen, wie du mit dem Dolch umzugehen weißt. Du musst dich verteidigen können, je näher wir Troman kommen."
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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Caleb » Sonntag 5. Februar 2012, 14:13

Vom Ritt aus der Stadt hinaus bekam Caleb nicht allzu viel mit. Er war viel mehr damit beschäftigt sich auf Felix zu konzentrieren, dessen Bewegungen er sich anzugleichen versuchte. Das Klacken der Hufeisen knallte einen Tick zu laut in seinen Ohren und der Sattel kam ihm mit jedem Schritt, den der Schimmel tat unbequemer vor. Sein Glück war, dass der Königspfad im Außenring im Innenring mit der Prachtstraße bis zum Palast weiter geführt wurde und er somit um keine Ecke reiten musste. Damit gestaltete es sich wirklich so, dass er lediglich gerade aus zu reiten hatte, und da Felix ein erfahrenes Reittier war, brach er nicht aus und folgte ruhig dem Ross des Thronerben. Selbst auf freier Strecke folgte Feli selbst den natürlichen Kurven und Caleb brauchte nicht zu tun, außer die Schenken anzuspannen, den Rücken gerade zu halten und ruhig zu bleiben.
Was ihm letzten Endes ermöglichte sich auch einmal umzusehen.
Das Land rund um Grandessa hatte Caleb bisher nur von den Türmen oder höher gelegenen Wällen gesehen und sich schon immer gefragt, wie es wohl in einem Wald aussah, oder wie sich Gras unter nackten Füßen anfühlte. Sicher, in den Gärter gab es auch Gräser und Bäume, aber weder lief man dort barfuß, noch gab es ganze Hektar an Gehölz. Das Land wurde dennoch von Feldern der Bauern beherrscht, nur durch mittelgroße Wäldchen geteilt; Wiesen für das Vieh und Bauerhöfe, mehr schien es dann doch nicht zu geben. Caleb fragte sich ernsthaft, ob er das Leben eines Landknechts hätte ertragen können, oder ob er es jetzt noch aushalten würde. Wäre nicht nach wenigen Wochen alles entdeckt? Wo lag die Faszination wenn nicht in einer Bibliothek voller für ihn unentdeckten Wissens. Das Leben als Diener am Hof des Königs - würde er es eintauschen wollen gegen das Leben das er gehabt hätte, wenn sein Vater den Zehnten hätte bezahlen können?
Ja, Caleb wusste um seine Herkunft von Ibella.
"Wir kommen zu langsam voran. Du wirst noch einen Zahn zulegen müssen.", rief der König von vorn, ohne sich umzudrehen. Caleb fühlte sich merkwürdig unwohl, wenn der König ihn so vertraut ansprach. Sicher, er war der Diener des Thronerben seit vier Jahren, und Caleb meinte, dass er so gut wie alles über den Prinzen wusste, aber dennoch- Warum dachte er darüber überhaupt nach? Der Königssohn hatte jedes Recht, ihn anzureden wie er wollte.
Caleb wollte gerade Felix die Fersen in die Seiten drücken, da stoppte der Prinz abrupt und sein Diener zog erschrocken an den Zügel. Ein wenig zu fest vielleicht, Felix' Kopf wurde nach hinten geworfen und er kam nicht ganz so sicher zum stehen. Verärgert warf er den Kopf nach links und rechts und kaute mürrisch auf dem Zaumzeug herum. Caleb konnte nicht mehr tun, als ihm entschuldigend über den Hals zu streichen. Felix schnaubte, beruhigte sicher aber wieder.
Die Worte des Prinzen dagegen ließen nun Calebs Gefühle aufwallen. Ließ der Prinz sich den immer etwas Neues einfallen, um ihn auf die Probe zu stellen? War er in einen Test geraten ohne es zu merken? Hoffentlich nicht, sonst wären seine Chancen reichlich schlecht. An Widerspruch war allerdings nicht zu denken.
"Verzeiht, Majestät.", entschuldigte er sich erneut. Der Prinz schien seiner immer mehr überdrüssig zu werden, aber das hätte Caleb auch vorraus sehen können. Die Pläne des Thronerben bedurften wohl einiger Eile, vor allem wenn er an den Brief dachte, den Prinz Vincent der Wache übergeben hatte. Er selbst war dabei nur ein Hindernis. Aber wieso wollte er ihm dann Unterricht mit dem Dolch geben? War das nicht unnötige Zeitverschwunden, wenn sie sich auf dem Weg zu einem Militärstützpunkt mit Hundert und Tausenden fähiger Soldaten befanden? Außerdem war Caleb noch nie untergekommen, dass ein Adliger seinem Diener Tricks mit dem Dolch zeigte.
Aber zum Glück hatte Caleb bereits eine innere Stimme, die ihn stets an eines erinnerte: Der Prinz hat Recht.
Also stieg Caleb ab, war mehr an ein vorsichtiges hinunter gleiten erinnerte. Den letzten halben Meter musste er jedoch abspringen, was dazu führte, dass ihn der Aufprall beinahe von den Füßen riss. Wieder auf fester Erde zu stehen war ein so merkwürdiges Gefühl und Caleb meinte ein fast taubes Gefühl an den Innenseiten der Schenkel zu spüren. Schwer musste er sich gegen Felix lehnen, bis er sich und seinen Körper wieder unter Kontrolle hatte und aufrecht zu stehen vermochte.
Von hier sah der Rücken des Schimmels wirklich hoch aus, und erst jetzt viel ihm aus, dass er keinen Schemel mehr hatte, um nachher aufzusteigen.
Unsicher blickte Caleb hinüber zum Prinzen.
"Euer Hoheit, Eure Diener werden nicht im Umgang mit irgend einer Waffe trainiert, wie ihr sicher wisst. Die Fähigkeit mit dem Dolch umzugehen durfte sich also auf das saubere schneiden gleich dicker Schickenscheiben und symetrischer Käseecken beschränken, mein Prinz."
Caleb war nervös. Wie schon den ganzen Nachmittag eigentlich. Fast jede Situation, in die er heute geschmissen wurde, war vollkommen ungewohnt für ihn. Schnell versuchte er alles zusammen zu kratzen, was er über das Kämpfen wusste. Was dabei rauskam, waren die Erinnerungen an die Trainingsstunden des Prinzen, wo er selbst mit einem Tablett Tafelwasser daneben gestanden und zugeschaut hatte. Doch der Prinz war zu dieser Zeit bereits 18 Jahre alt gewesen, weshalb diese Vorführungen keine Anfängertechniken mehr beinhaltet hatten und auch nicht mit dem Dolch ausgeführt wurden, sondern mit scharfen Schwertern im echten Kampftraining.
Eingeschüchtert senkte Caleb den Blick wieder.
"Bin lediglich ein Küchenjunge."

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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Erzähler » Montag 6. Februar 2012, 08:38

Erstmals konnte sich Caleb junge Blumen außerhalb einer Vase oder eines künstlich angelegten Beetes betrachten. Zwischen Ähren aus Raps, die man nach ihrer vollendeten Reifung zu Öl verarbeiten würde, lugten einige Mohnblumen hervor. Sie gaben dem goldgelben Feld winzige, rote Flecken und musterten es so auf ihre eigene natürliche Weise.
Am Rand der Felder streckten Krokusse ihre Köpfe aus der Erde, zusammen mit ersten Gräsern der Zeit des Erwachens. Lila farbene und weiße Blumenkelche öffneten sich, als das erste Licht des Tages auf sie fiel. Das Wetter meinte es leider immer noch nicht allzu gut mit dem Prinzen und seinem Diener. Wenigstens regnete es nicht, aber die Wolken bildeten eine mattgraue Decke über ihren Häuptern. Trotzdem entschied sich Prinz Vincent für eine kurze Rast. Trotz den natürlichen Bedingungen und der Tatsache, dass er offenbar viel Distanz zwischen sich und den Hof bringen wollte. Für die Sichtung der Kampfkünste seines Dieners schien allerdings genug Zeit zu sein. Leider musste Caleb seinen Herrn in dieser Hinsicht enttäuschen. Bedacht wählte er daher die Worte, um Vincent nicht allzu sehr zu verärgern. Dieser schnaubte dennoch.
"Kochst du denn nur, da unten in den Gesindekammern?" Er nahm es gelassen, grinste sogar anschließend. "Hat denn niemand von euch auch nur mal ansatzweise versucht, einen anderen Diener mit einem Messerchen abzustechen? Ha, bei Lysanthor! Wir haben weitaus mehr Diener im Schloss als Soldaten und Gardisten! Würde Grandea überfallen, könnten wir euch nur unserer statt ausliefern oder als lebende Schilde nutzen." Er kratzte sich am Kinn. Erstmals fragte er sich ernsthaft, ob er nicht eine Leibwache des Königs hätte mitnehmen sollen. Unglücklicherweise lag genau dort das Problem: es wäre ein Wächter seines Vaters und somit dem König gegenüber loyaler als dessen Sohn. Nicht, dass man Vincent nicht auch schützen würde - das war ihre Pflicht! Aber genau dies war der Knackpunkt. Sie wussten, dass man ihn auch vor sich selbst schützen musste. Keine der Wachen hätte ihn so demütig und brav begleitet wie Caleb bisher und sobald sie Genaueres über die Pläne Vincents erführen, hätten sie ihn nach Grandea zurückgebracht. Notfalls mit Gewalt sogar. Nein, es war gut, dass der Junge an seiner Seite war. "Das Kämpfen werde ich dir wohl noch beibringen lassen müssen. Jedenfalls so weit, dass du dich selbst verteidigen kannst."
Er musterte den Küchenjungen nun aufmerksam. "Vielleicht gäbest du einen guten Kriegsboten oder Kundschafter ab, wenn du ein paar Kniffe beherrschst." Was immer im Kopf des Prinzen aktuell vorging, diese Worte mochten Calebs Stimmung kaum heben. Kriegsbote ... das waren leichtfüßige, schnelle Kuriere, die Nachrichten zwischen den Offizieren überbrachten, während um sie herum eine Schlacht tobte. Griff man sie an und tötete sie, wurde eine Kommunikationsmöglichkeit des Feindes abrupt gekappt. Sie waren mindestens so wichtig auf dem Feld wie Bannerträger.
Der Königssohn winkte plötzlich ab. "Lass den Dolch vorerst stecken. Wir befinden uns schließlich noch am Anfang der Reise. Hier!" Er warf ihm den Tornister zu, den er hinter den Sattel seines Pferdes geklemmt hatte. "Darin findest du einige Nahrungsmittel. Bereite uns eine Mahlzeit zu, Küchenjunge." Er selbst wandte sich einer Reihe knorrig gewachsener Bäume zu, um sich hinter ihnen zu erleichtern. Dass er auf den Luxus eines Baderaumes verzichten musste, schien ihn nicht im geringsten zu stören. Nun, er hatte eine militärische Laufbahn hinter sich. Prinz Vincent konnte man demnach mit Fug und Recht als zäh einstufen. Er würde noch munter grinsen, wo gepuderte Adelige lange vor dem Verlust ihrer frisierten Perrücken bereits in Ohnmacht gefallen wären.


Hinweis: Was sich im Tornister befindet und was du daraus zubereitest, bleibt dir überlassen.
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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Caleb » Montag 6. Februar 2012, 13:36

Erleichtert seufzte Caleb und ließ die angespannten Schultern locker hängen. Erlöst war er zwar nur für den Moment, aber das reichte ihm. Prinzipiell wäre es nicht schlecht einige Fertigkeiten zur Selbstverteidigung beigebracht zu bekommen. Über das hinaus würde Caleb dennoch nie gehen, geschweige denn freiwillig ins Kriegsgeschäft einsteigen. Wenn der Prinz es ihm ausdrücklich befehlen würde, dann schon, immerhin war es seine Aufgabe Befehle zu befolgen womit er sich im Grundprinzip nicht von einem Soldaten unterschied. Genauso wie für diese Gesellen gab es auch für ihn keine Alternative. Deserteure wurden genauso wenig geduldet wie ungehorsame Diener.
Wenigstens durfte er jetzt etwas tun, was er wirklich konnte, kochen.
Der Tornister war unerwartet schwer und Caleb musste ihn schnell auch mit der anderen Hand packen, damit er ihm nicht entgleiten konnte. Egal was er darin fand, eine warme Mahlzeit würde er wohl kaum zubereiten können. Zeit um ein Feuer zu entfachen hatten sie nicht, wie Caleb die Sache einschätzte. Auf ein ausgedehnteres Mittagsmahl, wie es der Prinz gewohnt war, würde er also verzichten müssen. Neugierig öffnete Caleb die Verschlüsse und lugte hinein. Offensichtlich war dies hier kein Proviant wie ihn ein gewöhnlicher Soldat zu gesteckt bekam. Schinken, verschiedenes Gemüse, gemischtes Brot, gekochte Eier, Käse, zwei kleinere Behälter mit noch unbekanntem Inhalt, und extra angenähte Falten an der Innenwand, in der sieben Fiolen steckten, die offensichtlich Gewürze enthielten. Beim Untersuchen eines der Büchsen stellte sich heraus, dass es Joghurt enthielt, eine Kost, die man nur bei den reichsten Adligen vorfand, da sie schwer zu bewinnen war. Das Andere beinhaltete sehr würzig riechenden Senf.
Caleb Augen begannen zu leuchten. Ihm vielen einige Rezepte ein, bevor er sich gewahr wurde, dass es keinen Boran gab, der ihm vorscheiben würde, was er zu tun hatte. Er konnte frei wählen und alles selbst machen!
In einer seiner Satteltaschen fand er eine quadratische Decke, die er einige Meter vom Weg entfernt auf den Boden legte, dazu zwei Schalen, zwei Löffel mit Spitzen enden um etwas aufzuspießen und ein Holzbrettchen. Auch gab es einen Topf in einer der Taschen, aber der wurde großzügig ignoriert. Caleb hatte nicht wirklich aufgepasst, als Felix und das Pferd des Prinzen ausgerüstet worden waren, aber dass so viel dabei war hätte er nicht gedacht. Eigentlich logisch, wie sollte man sonst Essen zubereiten und dann zu sich nehmen?
Nun fast selbstverständlich zog Caleb den Dolch aus der Scheide. Zwar viel ihm das Gewicht auf, aber in der Küche gab es auch Beile für gröbere Arbeiten, die er schon in der Hand gehabt hatte, also viel es ihm nur nebenbei auf. Was jetzt kam würde ein schneller, recht einfacher kalter Salat werden. Es gab Gurken und Möhren im Vorrat, die Caleb nun säuberlich würfelte, natürich nicht alle, nur so viel, wie er als Portion für den Prinzen und sich abgeschätzt hatte. Danach wurde vom Schinken genommen und die abgetrennten Stücke in gleiche Streifen geschnitten. Das war so ziemlich das Einfachste. Für das nächste inspizierte Caleb die Gewürzfläschchen und war überrascht auch Zucker darunter zu finden, sowieso Salz und Pfeffer, Öl und zerkleinerte Petersilie, die auch noch frisch war. Adlige Zustände, könnte man sagen.
Zucker und Salz wurden zusammen mit Öl und Petersilie mit etwas von dem Joghurt vermischt, den Caleb mit einem der Löffel in eines der Schälchen gegeben hatte. Erstmal die normale Dosierung, dann etwas Senf dazu, umrühren und Caleb begann abzuschmecken. Etwas mehr Zucker, dann ein winziger Schuss Öl, nochmal, ein kleines bisschen Senf noch und er war zufrieden. Dann wurde das Dressing zwischen den beiden Schälchen aufgeteilt, wobei der Prinz etwas mehr erhielt und mit dem Gemüse vermischt. Caleb pellte zwei der vorgekochten Eier, ließ die Schalen in das Gras fallen - war doch alles biologisch - und viertelte den Inhalt. Eier und Schinkenstreifen wurden auf dem Salat hübsch angerichtet. Noch zwei Scheiben Brot als beilage dazu und schon war das improvisierte, kalte Mittagessen fertig. Das ganze dürfte keine zehn Minuten gedauert haben.
"Eure Majestät, es ist serviert. Eine bescheidene Mahlzeit, aber man hat versucht so schnell und effizient vorzugehen."
Den 'schmutzigen' Löffel mit dem Caleb den Joghurt umgebettet hatte, steckte er sich selbst in die Schale, der Dolch wurde fast nebenbei im Gras vom dem Säften des Gemüses bereinigt und verschwand wieder in der Scheide, das ebenfalls etwas feuchte Brett wurde notdürftig an der Unterseite der 'Tischdecke' getrocknet und verschwand wieder in der Satteltasche. Erst als Caleb auch den Tornister wieder befüllt und verstaut hatte, wandte er wieder dem Essen zu und setzte sich. Er als Diener würde keinen Bissen tun, bevor der Prinz nicht gebilligt hatte, was vor ihm stand.

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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Erzähler » Freitag 10. Februar 2012, 07:34

Prinz Vincent der IV. von Grandessa stand halb hinter einem Baum verborgen und erleichterte sich. Ungeniert lugte er zweimal über die Schulter hinweg zurück zu Caleb. Was für ein Junge! Hatte er in der Küche nicht oft genug mit Messern zu tun und dann konnte er nicht einmal mit einem Dolch umgehen?!
Er seufzte. Das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Ein paar Grundkenntnisse sollten doch da sein, aber leider wurde er da enttäuscht. "Sei's drum", murmelte der Prinz vor sich her. Er hatte ohnehin keine andere Wahl mehr. Zurück reiten konnte er nicht. Sein Vater erhielt sicherlich bald den Brief und würde eingreifen, wenn er den Sohn noch einmal im Schloss anträfe. Vincent musste nun mit dem auskommen, den er sich als Begleiter herausgepickt hatte.
In Troman würde Caleb schon dazulernen. Er durfte nur alles nicht so schwarz sehen. Auf diesen Moment hatte er schließlich schon eine ganze Weile hingearbeitet. Niemand wusste davon und wenn sie es erführen, wäre es zu spät. Man würde sich seinem Willen beugen müssen.
Diesen Gedanken im Kopf kehrte der Thronfolger zu den Pferden zurück. Für ein Lagerfeuer und somit eine warme Mahlzeit blieb nun wirklich keine Zeit, aber der Prinz staunte, als er sah, was Caleb auch so auf die Beine gestellt hatte. Obwohl der Geruch von Natur und Weite sie umgab, nahm Vincent sofort das Aroma der Speise auf. Er schnupperte unbewusst. "Das riecht aber gut."
Der Prinz ließ sich auf die Decke nieder. Darunter drückte der holprige Boden gegen sein Gesäß, aber er beschwerte sich nicht. Er brauchte im Gegensatz zu seiner Verlobten kein Samtkissen, um "die Backen entspannt zu halten". Sofort griff er nach dem frisch zubereiteten Salat. Er verlangte nicht nach Besteck. Hier draußen sah ihn niemand essen, abgesehen von Caleb und als Diener sollte er wissen, dass man mangelnde Manieren seiner Herrschaften gekonnt vergaß. Vincent zog ein Stück Schinken mit den Fingern vom Salat herunter, um es sich zwischen die Zähne zu schieben. Er aß nicht hastig, ließ sich allerdings bedeutend weniger Zeit als an der langen Tafel im Schloss, an der er mit Verlobter oder Familie zu speisen pflegte. Er entpuppte sich gerade mehr als Soldat denn als Mann seines eigentlichen Standes. So gab er dem Jungen auch keinen konkreten Befehl, sich zu setzen und mit zu essen. Er brummte nur etwas, während er seine eigene Mahlzeit vertilgte.
"Kämpfen kannst du nicht, etwas zubereiten schon. Vielleicht ..." Der Prinz schüttelte den Kopf. "Nein, Köche haben sie genug." Er verspeiste auch noch den letzten Happen seiner Portion. Dann lehnte er sich zurück, stieß einen gesättigten Rülpser aus und rieb sich über den nun vollen Bauch. Selbst ein Salat vermochte diesen zu füllen, wenn er so gut angerichtet worden war wie von Caleb. Den Jungen schaute er nun auch abschätzend an. Schließlich hakte er nach: "Was meinst du, Diener? Und sei ehrlich! Ich möchte keine ausflüchtende Antwort hören. Warum reiten wir nach Troman? Hast du irgendeine Idee?" Das schiefe Grinsen auf seinen Lippen verriet, dass er etwas ausheckte und Caleb ebenfalls mittendrin steckte. Noch ehe er antworten konnte, erhob sich der Prinz, um sich wieder in den Sattel zu schwingen. Sein Diener konnte auch während des Reitens reden. Allem vorausgesetzt, er kam wieder in den Sattel.
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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Caleb » Freitag 10. Februar 2012, 13:37

Für Caleb war die ganze Szenerie irgendwie der Realität entfleucht. Den Löffel mit seinem eigenen Gericht zum Mund zu führen war so ein eigenartiges Gefühl. Nie hatte er etwas, das eigentlich für einen Adligen gemacht war, selbst verzehrt, nie so etwas wie Joghurt gegessen - das Abschmecken zählt da nicht - , und selbst an den Geschmack von Schinken konnte er sich nicht erinnern. Zudem saß er hier mit dem Prinzen, der sich völlig ungeniert über seine Mahlzeit hermachte. Alles war so anders. Im Schloss herrschte diese althergebrachte Distanz zwischen ihnen, zwischen arm und reich, und hier saßen sie zusammen und aßen von gleichen Teller; sozusagen.
Mit einem kurzen, fragenden Blick zum Prinzen begann Caleb dann doch zu Essen. Salat war, wie er feststellte, nicht seine Lieblingsspeise, besonders über die Gurken musste er die Nase rümpfen, aber der Schinken machte einiges wieder wett. Seine Vorliebe für Fleisch kam wohl aus dem Katzenanteil, aber so etwas bekam man im Schloss quasi nie zwischen die Zähne, obwohl es unter der Dienerschaft zur Angewohnheit geworden war, die unsauber abgenagten Knochenabfälle der Adligen zu entwenden und heimlich selbst zu verspeisen, was noch daran hing. Caleb würde soetwas nie tun, aber Boran hatte ihm einmal nebenbei einen dieser 'Schätze' gegeben, ein Putenbein, das nicht einmal halb verzehrt worden war. Das war mit das Köstlichste, was er je gegessen hatte.
Wenn er so darüber nachdachte, hätte er nichts dagegen in einem Soldatenlager als Koch zu arbeiten, so viel würde es sich dort nicht vom Palast unterscheiden, aber Prinz Vincent verwarf diese Idee so schnell wieder, dass Caleb aufgestellte Ohren und der erwartungsvolle Blick schnell wieder hinab segelten. Sein Schale war noch halb voll, als der Prinz sich rülpsend zurück lehnte, sicher wollte er bald aufbrechen. Schnell schaufelte sich Caleb den Rest hinab, war mitten im Kauen als ihm der Prinz die Frage stellte, bei der sich seine Nackenhaare aufstellten. Der volle Mund verwehrte es ihm glücklicherweise zu Antworten und so Bestieg der Prinz schon wieder sein Pferd, auf Caleb wartend.
Der wiederum nutzte die Tatsache, dass Decke, Besteck und Schälchen erst wieder verstaut werden mussten, um sich Zeit zu verschaffen.
Der Prinz unterschied sich so grundlegend von den meisten Adligen, konnte es dann nicht auch sein, dass er in Troman etwas ganz anderes zu versuchen tat? Vielleicht eine Rebellion der Soldaten gegen seinen Vater anzetteln und die Herrschaft in Grandessa an sich reißen, um die Land zum besseren zu wenden? Aber dafür war viel zu sehr Soldat und viel zu sehr in den Krieg gegen Jorsan vernarrt. War da nicht Calebs erste Befürchtung viel wahrscheinlicher? Er selbst hatte nie einen Jorsaner getroffen und spürte deshalb keinen besonderen Groll gegen das verfeindete Volk, dessen Unmut er wegen der dreisten Seeblockade schon verstehen konnte.
Den Kopf voller Überlegungen, welche andere Möglichkeit es noch geben könnte, vermasselte er den ersten Versuch, auf Felix aufzusteigen. Gelenkig genug war er, um den Fuß in den recht hoch liegenden Steigbügel zu stellen, aber das hochziehen hatte sich etwas lieblos gestaltet, so unkonzentriert wie er gewesen war. Felix schnaubte, aber es kam Caleb mehr besorgt als wütend vor. Der Schimmel drehte den Kopf und sein Reiter warf ihm einen entschuldigenden Blick zu, um sich dann etwas mehr anzustrengend. Es war schwer, seine Arme zitterten leicht von der Anstrengung, seinen ganzen Körper auf den Rücken von Felix zu ziehen, doch der Hengst war schlicht zu groß für ihn und ihm fehlte die Kraft. Wieder hatte Caleb diese Vorstellung von der Tür, die zu schwer war sie zu öffnen, gegen die er anrannte, aber dieses mal schaffte er es nicht. Er würde dem Prinzen ohne zu Lügen sagen müssen, was er dachte.
Wenn er dem Prinzen aber beleidigte, indem er ihm zu unrecht etwas vorwarf? Oder ihn gar auf dumme Ideen brachte mit seinen Befürchtungen?
Caleb war ein zu intelligenter, denkender Mensch um vollkommen blind Befehlen zu folgen, aber eins war doch sicher: Sein Leben gehörte dem Prinzen.
Tief durchatmend lehnte sich Caleb gegen Felix und grub die Rechte in die Mähne des Tiers, um Mut zu gewinnen. Er musste Augen schließen und sich vorstellen, ganz allein zu sein, nur mit dem Ross in irgendeinem Wald, wo niemand seine laut ausgesprochenen Gedanken hören konnte.
"Ich habe ehrlich gesagt viel darüber nachgedacht. Auch warum gerade ich mitkommen sollte. Es muss etwas sein, dass gegen den Willen Eures Vater geschehen soll, das ist klar, wenn man an den Brief denkt, und an die Tatsache, dass niemand der Königsfamilie genaueres weiß, oder gar nichts. Noch nicht einmal die Soldaten und Wachen wissen davon, dem Stallwart hab ihr auch nichts gesagt, niemand sollte Euch verraten. Das bedeutet auch, dass es kein einfacher Routine Besuch an der Grenze oder schlicht ein Wiederseher mit alten Freunden ist, wie ihr gesagt habt. Ihr-"
Caleb schluckte, kniff die Augen zusammen und versuchte den Prinzen auszublenden.
"Es würde Sinn machen, wenn ihr im Außenposten, den wir gerade ansteuern, eure Kriegsfreunde treffen, weil ihr sie an eurer Seite haben wollt, Männer denen ihr vertraut, die mit und für euch Kämpfen. Offiziere für eine Armee. Vom Außenposten Troman gibt es oft Berichte von Scharmützeln, überfällen von übereifrigen Jorsanern. Es wäre nicht undenkbar, dass ihr die Soldaten des Außenposten sammeln wollte, und mit ihnen Troman zu verstärken gedenkt. Wenn nicht sogar weiter, über die jorsanische Grenze..."
Caleb brach ab, die Vorstellung machte ihm zu schaffen. Mit Furcht und Sorge erfüllte Augen wanderten zum Prinzen hinüber. Er würde doch nicht den Krieg anzetteln, der schon lange ausbrechen droht?
"Es würde Krieg geben."

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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Erzähler » Freitag 17. Februar 2012, 00:35

Obwohl Caleb zur Dienerschaft zählte, hatte er den Prinzen niemals so wirklich kennen lernen können. Er brachte ihm schließlich auch stets nur die Mahlzeiten, Kleidung oder räumte hinter ihm auf. Gelegentlich durfte er während einer Audienz anwesend sein, um den geladenen Gesprächspartnern Getränke und kleine Häppchen zu reichen. Manchmal hielt er eine Wasserkaraffe für seinen Prinzen zusammen mit Handtuch und erfrischendem Obst bereit, wenn dieser sich in seiner Freizeit dem Kampftraining widmete. Aber all diese Momente genügten bei weitem nicht, um hinter das Wesen dieses jungen Mannes zu blicken.
Jetzt, fernab von Grandea, inmitten einer frisch sprießenden Wiese, die noch zur Gänze erwachen musste, erfuhr er mehr von Vincent von Grandessa als er vermutlich je für möglich gehalten hätte. Der Prinz gab sich ungeniert. Er wirkte dabei jedoch sehr zufrieden, fast so, als fühlte er sich wohl, einmal aus dieser Thronfolerrolle heraus zu kommen. Niemals hätte er beispielsweise an der königlichen Tafel aufgestoßen - seine Königin Mutter wäre ansonsten in Ohnmacht gefallen und seine Verlobte hätte die Bindung vielleicht sofort gelöst. Nein, ein Prinz durfte sich nicht so geben. Nicht, wenn andere ihn beobachteten und er mit seinem Leben in der Öffentlichkeit stand. Zwischen all den Bauernfeldern jedoch, umgeben von Wiesen und Wäldchen, bemerkte niemand sein königliches Fehlverhalten. Offensichtlich genoss auch er einmal die selbst angeeignete Freiheit.
"Du bist talentiert, was das Zubereiten von Mahlzeiten betrifft. Ich erwäge, mir diese Information zu merken. Vielleicht erwartet dich ein besserer Küchenposten, sobald wir nach Grandea zurückkehren." Prinz Vincent warf einen Blick in die Ferne, wo irgendwo Grandea liegen musste. Für Minuten wirkte er etwas abwesend, dann besann er sich jedoch wieder. Immerhin war er an Calebs Antwort interessiert und hoffte, sie fiele ehrlich aus. Heuchelei war nämlich eine Eigenschaft, die den Prinzen insgeheim zur Weißglut treiben konnte. Wahrscheinlich, weil sie ihm im Alltag zu häufig begegnete.
Leider musste der Prinz sich auch stark in Geduld üben, denn es brauchte seine Zeit, bis Caleb überhaupt wieder sein Pferd bestiegen hatte. Als er endlich obenauf saß, räusperte sich Prinz Vincent. Dann schlug er seinem Tier die Hacken leicht in die Flanken, so dass es sich in Bewegung setzte. Bei Felix war das nicht nötig. Der brave Schimmel mit den apfelrunden Flecken folgte seinem Vorgänger artig. Er schien zu wissen, welche Art Person auf seinem Rücken hockte und nahm gewissermaßen die Zügel selbst in die Hand. Somit wurde Caleb zu getragenem Ballast. Das Pferd beschwerte sich jedoch nicht einmal mit einem Schnauben. Es akzeptierte seine Rolle und fügte sich in sein Schicksal. Ein ruhiges und gutes Tier hatte man da für den Hybriden herausgesucht.
Und kurz darauf wurde auch der bislang ebenso ruhig gebliebene Prinz belohnt - nämlich durch eine Antwort Seitens seines Dieners. Er lauschte aufmerksam. Vincent warf jedoch bereits nach den ersten Sätzen ein: "Du bist ein kluger Bursche." Dann schwieg er wieder, um Caleb ausreden zu lassen.
Nachdem sein Diener geendet hatte, nickte er. Offenbar herrschte nun genug Vertrauen zwischen ihnen beiden. Wahrscheinlich war es nicht nur die Meinung Calebs, die der Prinz hören wollte, sondern auch wie er wirklich zu ihm stand. Seine Loyalität sollte ihn belohnen, denn endlich rückte er seinerseits mit Antworten heraus. "Es war richtig, dich mitzunehmen. Man sagte mir, du bist ein helles Köpfchen. Nun konnte ich mich selbst überzeugen. Caleb - richtig? - der Brief wird meinen Herrn Vater mehr als erzürnen. In den letzten Tagen hatten wir bereits private Dispute, weil ich ihm gegenüber einen Wunsch äußerte, den er mehr als beleidigend empfand. Wenn er nun erfährt, dass ich mir diesen Wunsch auf eigene Faust erfülle, wird er faldorsteufelswild werden, da bin ich sicher." Plötzlich grinste der Prinz und schaute nach hinten. "Wahrscheinlich würde er mich enterben, wenn das nicht der springende Punkt wäre. Meinen Bruder Darius kann er nämlich nicht auf den Thron setzen - dieser ist Priester. Kein geweihter Diener der Götter lässt sich zum König ausrufen, niemals! Ihm bleibt also keine andere Wahl, als mir meinen Willen zu lassen und mein Wille ist das Ende eines Krieges. Ja, du hast Recht: Es würde zum Krieg kommen - wenn dieser nicht bereits bestünde! Wir sind im Krieg, Caleb, auch wenn man es in Grandea nicht einmal ahnt. Aber an Grenzbereichen wie Troman spürst du es. Deshalb reiten wir dorthin. In dem Dorf sind gute Männer, mit denen ich zusammen gedient habe. Sie werden mich und meine Pläne unterstützen."
Er bremste sein Pferd ab, wartete, bis Caleb mit Felix zu ihm aufgeschlossen hatte. Erst dann wandte er den Kopf seinem jungen Diener zu. Die Augen loderten vor Entschlossenheit, der Blick war bitterernst. "Ich werde Tromans Truppen verstärken - um einen Mann und seinen loyalen Diener. Und dann werden wir gen Jorsan ziehen, um dieser Fehde ein für alle mal ein Ende zu setzen." Seine klaren Augen blitzten auf. "König Richard der II. von Jorsan wird durch mein Schwert fallen." Ein breites Grinsen auf den Lippen und einen kampfbereiten Ruf ausstoßend gab Prinz Vincent seinem Pferd erneut die Sporen. Das Tier trabte los, dem Grenzdorf entgegen.
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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Caleb » Samstag 18. Februar 2012, 01:08

Fassungslos starrte Caleb dem Prinzen hinterher. Selbst Felix setzte sich nicht wie gewohnt in Bewegung um dem Ross den Prinzen zu folgen, gerade so, als würde er spüren, dass Caleb selbst zögerte. Ohne weiter darüber nachzudenken, gab er dem Schimmel ebenfalls die Sporen und folgte seinem Herr im Trab, wobei ihn das Auf und Ab kaum abzulenken vermochte. Der Dolch an seiner Seite schien mit einem Mal ein überdeutlich spürbares Gewicht zu haben, und der Wappenrock fühlte sich nun wie ein Kleidungsstück an, das nicht an diesen Platz gehörte. Zog er wirklich in den Krieg?
Doch auch wenn Caleb theoretisch die Möglichkeit hätte, auf Felix einfach umzukehren - was der Prinz sicher nicht zugelassen hätte - dachte er nicht daran. Viel mehr verfluchte er sich selbst dafür, so unsicher zu sein. Er wusste nicht, ob er das alles gut heißen sollte, oder vielleicht versuchen sollte, seinen Herrn umzustimmen. Würde dieser denn auf ihn hören? Wenn er erstmal bei seinem Soldatenkameraden war, die sicher alle Feuer und Flamme waren gegen Jorsan zu ziehen, würde man sicher kaum noch ein vernünftiges Wort mit ihm wechseln können. Jedesfalls war sicher, dass er dafür sorgen wollte, dass dem Prinzen nichts geschah.
Aber wollte er im Gegenzug den Tod des Königs von Jorsan? Ein Menschenleben für ein Anderes war kein fairer Tausch, wenn beide gerettet werden konnten, oder?
Caleb war überzeugt, dass es nicht so weit kommen musste, um diesen Krieg zu beenden. Warum führten sie diese Fehde überhaupt? Caleb hatte, aufgewachsen im Königspalast davon keine Ahnung. Der ausgeprägte Hass gegen die Jorsaner schien Grund genug zu sein, aber woher kam dieser denn überhaupt, wenn nicht nur aus Eifersucht. Wenn sie irgend etwas schlimmer getan hätten, um solche Abscheu zu verdienen, würde der König von Gradessa sicher dafür Sorge tragen, dass jeder davon wusste.
Lag die Lösung darin, dass Grandessa seine Fehler einsah, oder darin, dass Jorsan besiegt und übernommen wurde?
Fast schon verzweifelt sah Caleb zum Prinzen, auf sein recht breites Kreuz. Er mochte diese neue Seite des Prinzen, das Ungezwungene, was so gar nichts mit all diesen vornehmen Adligen zu tun hatte. Die Worte kamen ihm wieder in den Sinn, in denen der Prinz anklingen ließ, dass er Grandessa grundlegend verändern wollte, anders sein wollte als sein Vater. Verdiente er es vielleicht, über beide Reiche zu regieren und ihnen allen Wohlstand zu bringen?
Caleb Kopf fühlte sich urplötzlich an, als hätte ihm jemand einen gewaltigen Klaps auf den Hinterkopf gegeben.
Was erlaubte er sich hier eigentlich, über den Prinzen zu urteilen?! Zu glauben er könnte entscheiden, ob der Prinz würdig war, zu gewinnen. Natürlich war er es.
Oder?
Moralische Vorstellungen kämpften gegen antrainierten Gehorsam. Blind folgen oder sich selbst eine Meinung bilden.
Caleb bekam nicht mit, wie sich seine Augen schlossen, und er sich nach innen kehrte. Sein Innerstes war aufgewühlt worden, und es bedurfte all seiner Aufmerksamkeit, dieses Chaos wieder zu richten. Unter seinen Lidern konnte man die Pupillen hin und her schnellen sehen, als würde er schlecht träumen, aber zum Glück ritt der Prinz vor ihm und bemerkte es so nicht.
Als Caleb die Augen wieder öffnete, blickten sie wohl fast so entschlossen, wie die des Prinzen eine gefühlte Ewigkeit zuvor. Was er so eben entschieden hatte, würde Folgen haben, denen er sich jetzt noch nicht bewusst war, aber es war die richtige Entscheidung, wie er dachte. Caleb wollte dem Prinzen von nun an nicht mehr von der Seite weichen, ihn beobachten, beurteilen, bewerten. Erst wenn sich Caleb sicher sein konnte, dass sein Prinz ein guter König auch für Jorsan sein würde, wäre er wirklich bereit ihn blind zu unterstützen. Auch wenn er ihm schon vier Jahre diente, Caleb würde nicht helfen einen Tyrannen auf den Thron zweier Königreiche zu setzen.
Damit erhob er sich selbst aus der Rolle des Diener, der schlicht Befehle befolgte. Sicher, für den Prinzen machte dieser Sinneswandel auch keinen großen Unterschied, solange er nichts davon erfuhr, für Caleb aber bedeutete das, eine Aufgabe zu haben, dessen Wichtigkeit über ihn und den Prinzen hinaus reichte und er würde alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel, notfalls auch Runen, dazu gebrauchen, seinen selbstgestellten Ansprüchen gerecht zu werden.
Kurz sah man den Schalk in seinem Gesicht aufblitzten, als er Felix etwas anspornte, um den Prinzen einzuholen. Die Umgebung sah für ihn immer noch gleich aus, wahrscheinlich da nach wenigen Dutzend Schritten bereits alles zu verschwimmen begann, weshalb Caleb kaum ausmachen konnte, wie lange er in sich selbst versunken auf Felix verharrt hatte - Stunden vielleicht? - aber so wichtig war das auch gar nicht. Er hatte es nicht eilig, Troman zu erreichen.
Jetzt, wo er mit dem Prinzen auf einer Höhe war, wurde Caleb dann doch wieder etwas unsicherer. Waren sie sich jetzt nah genug, dass er selbst das Wort erheben durfte? Immer hin hatte sich sein Herr ihm eben anvertraut, ihm seine Pläne berichtet, bevor irgend jemand anderes davon erfahren hatte. Caleb atmete tief ein. Er musste den Prinzen besser kennen lernen, in Erfahrung bringen, ob er nicht nur ein kriegerischer Adliger war.
Mit einem tiefen Einatmen, um sich etwas Mut zu machen, zog sich Caleb die Kapuze vom Kopf. Der Wind kitzelte das Fell an seinen Katzenohren auf angenehme Weise und er spürte bereits ein Schnurren in seiner Kehle aufkommen, aber unterdrückte es. Der Ritt nach Troman würde gar zu langweilig werden, wenn sie sich nur anschwiegen.
"Mein Prinz, nun...ich habe mich gefragt, warum Ihr Euch dazu entschlossen habt, gegen den Willen Eures Vater vorzugehen. Der König hatte sicher Gründe, Jorsan nicht schon früher anzugreifen. Fürchtet er, dass ihr Wohlstand ihnen genug Geld eingebracht hat, um ein fähiges Heer aufzustellen? Und was hat Euch dazu bewegt, dass Gegenteil zu vertreten?"

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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 23. Februar 2012, 13:38

Würden Calebs schlimmste Befürchtungen tatsächlich wahr? Was sein Prinz ihm eben anvertraut hatte, ließ darauf schließen. Es würde Krieg geben, laut Vincents Aussage befanden sie sich ohnehin bereits mittendrin, auch wenn man in Grandea nur wenig davon mitbekam. Aber jetzt wollte der Prinz sich an die Front begeben, den jorsanischen König stürzen ... hoffentlich war sein Plan nicht zum Scheitern verurteilt und das ganze entpuppte sich als Himmelfahrtskommando. Die Hiobsbotschaft hierbei war für den Katzenhybriden wahrscheinlich jene, dass auch er in den Krieg ziehen würde, an der Seite des Thronfolgers. Warum hatte sich dieser keinen Leibwächter zugelegt oder wenigstens einen kampferfahrenen Grandessaner? Warum musste es Caleb - der Küchenjunge - sein?
Doch so groß die Angst des Jungen war, auf gleicher Ebene fand man auch den Wunsch, seinen Prinzen zu beschützen. Notfalls auch vor sich selbst. Der Plan besaß unvernünftige Züge. Nur weil er Prinz von Grandessa war, hieß es noch lange nicht, dass nicht auch er von einem Pfeil vom Pferd gerissen werden konnte. Auch in seinen Adern floss Blut und es würde gleichermaßen wie das Blut seiner loyalen Soldaten den Boden beflecken, wenn er nicht auf sich Acht gab. Er könnte bei diesem irrwitzigen Einsatz zu Tode kommen. Caleb war ein kluger Bursche, vielleicht kam ihm dieser Gedanke bereits und er konnte nachvollziehen, warum sein König es alles andere als gutheißen würde, wenn sein einziger potenzieller Erbe für den Thron Kriegsheld spielen wollte. Vincent war doch sonst nicht so unvernünftig. Wollte er etwas in die Wege leiten, etwas an der Situation in Grandea ändern? Einen Meuchelmörder auf den eigenen Vater anzusetzen, könnte zu einem ähnlichen Ergebnis führen, aber das war dem Prinzen nun wirklich nicht zuzutrauen. Er war zum Soldaten erzogen, ein Mann der Ehre und Disziplin geworden. Er würde nicht auf intrigante Weise den Thron besteigen wollen. Da gab es freilich genug andere Personen, denen dieser Weg zuzutrauen wäre. Aber Caleb hatte als einfacher Diener darüber zu schweigen. Dessen war er sich bestimmt bewusst. Doch wie stand es damit, den Prinzen nach seinen Plänen zu fragen? Konnte er sich dies erlauben, obwohl er von Standes Wegen nicht einmal aufschauen sollte, wenn es sein Prinz nicht gestattete?
Andererseits hatte dieser ihm etwas anvertraut, von dem weder seine Eltern - das Königspaar - noch seine Verlobte oder engsten Vertrauten unter den Gardisten etwas wussten. Dieses Wissen besaß neben Vincent selbst derzeit nur Caleb. Allein das stellte bereits eine große Ehre dar, aber vermutlich hatte der Thronfolger ihm die Einzelheiten nur deshalb verraten, weil er sie früher oder später ohnehin hätte erfahren müssen. Spätestens wenn sie in Troman einzogen. Das Grenzdorf war allerdings noch einige Stunden von hier entfernt. Sie würden an Unterständen, vereinzelten Gasthäusern, Wachtürmen und kleineren Grenzposten vorbei kommen. Länger als einen halben Tagesritt sollten sie aber selbst mit der Mittagspause nicht benötigen. Bedeutete das, dass der Prinz heute noch würde zurückreiten wollen? Vielleicht zog er doch nicht selbst in die Schlacht, sondern gab nur Befehle und suchte sich fähige Männer, die in seinem Namen Jorsans Hauptstadt eroberten, um dem Leben des dort ansässigen Königs ein Ende zu bereiten. Auch dieser Weg wäre möglich, obwohl sich Vincent bereits recht deutlich ausgedrückt hatte.

Letztendlich lasteten die Fragen allerdings auf Calebs Seele. Sie mussten heraus, er konnte nicht anders. Daher holte er mit Felix das Pferd des Prinzen ein und sprach ihn einfach an. Etwas, das er sich im Schloss vermutlich niemals erlaubt hätte. Doch hier war alles anders. Prinz Vincent zeigte sich ungezwungener, redete auf vertrauliche Weise mit seinem Diener und gab sich nicht wie der distanzierte junge Prinz, als der er sich am Hof präsentieren musste. Nein, hier auf Wiese und Feld war er Soldat. Da konnte man ihn doch ansprechen, oder nicht?
Er wandte den Kopf um, nachdem Caleb geendet hatte. Eine ganze Weile schwieg er, musterte nur den Jungen an seiner Seite. Schließlich antwortete er: "Mein Vater, der König, hat bereits Krieg gegen Jorsan geführt. Die Angriffe führten nicht zum Erfolg, weshalb er sich nun die Dunkelelfen ins Boot geholt hat. Er lässt unsere Männer zusammen mit ihnen gegen Andunie ziehen." Man hörte deutlich heraus, wie sehr es dem Prinzen missfiel. Andunie lag nie in Streit mit dem Königreich, im Gegenteil. Es war eine allgemein beliebte Handelsstadt, die außer den Piraten der See- und den Plünderern der Landwege keine Feinde besaß. Aus Sicht des Prinzen war es nicht richtig, das gute andunische Volk so skrupellos zu hintergehen. Es war eine Entscheidung seines Vaters, die er nicht hatte gutheißen können. Aber sie bot nicht den Grund, nun gegen Jorsan zu ziehen. "Der König sichert sich somit vertraglich die Unterstützung des dunklen Volkes und dessen Streitmacht, sobald die Dunkelelfen ihre persönlichen Ziele erreicht haben. Sie werden sich als Gegenleistung quasi Grandessa anschließen und dann wird mein Vater eine Schlacht führen, bei der Jorsan nicht gewinnen kann." Vincent seufzte. "Ich sollte nicht schlecht über den Mann sprechen, der mich gezeugt hat. Ebenso wenig sollte ich seine Entscheidungen kritisieren. Er ist auch mein König. Trotzdem bezweifle ich, dass das Abkommen mit den Dunkelelfen der richtige Weg ist. Sie sind nicht umsonst als hinterhältiges Volk verschrien. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich an die Abmachungen halten werden. Caleb, ich fürchte um einen Verrat an meinem Vater, der Grandessa in eine dunkle Tyrannei stürzen könnte. Wenn ich Jorsan erobere, bevor er es tun kann, werden wir die Dunkelelfen nicht mehr brauchen und können uns wappnen, falls sie uns wirklich hintergehen wollten. Jorsanische Soldaten stünden dann auf unserer Seite - oder müssten ihre Hinrichtung befürchten." Er blickte Caleb noch immer an, fest entschlossen. Er hatte seine Entscheidung getroffen. "Es wird kein Scheitern geben. Mein Vorhaben wird funktionieren. Hab Vertrauen in deinen Prinzen."
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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Caleb » Samstag 25. Februar 2012, 02:02

Dem durchdringenden und zu alles entschlossenen Blick des Prinzen konnte Caleb nicht lange standhalten. Vincent der IV war so selbstsicher und unerschütterlich in seinen Vorhaben, dass Caleb sich nun sehr dumm vorkam, ihn das gefragt zu haben. Aber warum fühlte er sich eingeschüchtert vom Blick den Prinzen, obwohl das doch gar nicht dessen Absicht war? Vielleicht weil der Prinz so viele Eigenschaften hatte, die man bei Caleb vergeblich suchte. Eifersüchtig war er deshalb nicht, eher erleichterte ihn die Antwort des Prinzen auf eine gewisse Weise. Sowohl der König als auch der Prinz wollten Jorsan besiegen, aber Prinz Vincent war noch nicht so verblendet von diesem Kriegwunsch um sich auf ein Bündnis mit den Dunkelelfen einzulassen, die wohl doch gefährlich sein konnten. Er tat all das hier, um sein Königreich und seinen Vater zu beschützen.
Caleb konnte sich vorstellen, wie viele Gespräche und Streitereien er mit seinem Vater gehabt haben musste, wie oft sie diskutiert hatten, ob den Dunkelelfen zu vertrauen war, und ob sie es snicht auch ohne sie schaffen konnten - und den Ausgang von all dessen erlebte Caleb nun hautnah mit. Ehrlich gesagt hatte er die Entscheidung des Prinzen Jorsan anzugreifen für beinahe spontan gehalten, als wäre der Prinz aufgewacht und hätte beschlossen, dass Jorsan heute fallen würde - was immerhin bei Prinz Vincent nicht ganz im Bereich des Unwahrscheinlichen liegen mag - doch steckte wirklich mehr dahinter. Außer vielleicht lange Planung.
Ob der Prinz Schlachtpläne ausgearbeitet hatte? Oder würde er sich erst mit seinem Freunden beraten müssen? Wusste der Prinz überhaupt, dass Albinos so gut wie blind waren? Die Vorstellung in den Krieg zu ziehen gefiel Caleb trotz allem nicht. Er war dafür nicht geschaffen, so extrem kurzsichtig wie er war. Caleb konnte höchstens den Gegner vor sich erkennen, würde durch jede Reflektion auf der Rüstung abgelenkt und geblendet werden und besaß weder die Kraft noch das Training um überhaupt irgendetwas tun zu können.
Der Prinz erwartete hoffentlich nicht von ihm, dass er selbst kämpfte, aber wenn sich Caleb vorstellte, wie der Prinz an der Spitze eines Heerkeils in die jorsanische Front rannte-
"Ihr müsste aber versprechen, dass-", setzte Caleb an, brach aber schleunigst ab. So konnte er mit dem Prinzen nicht reden, so als wäre er Boran oder Irella. Die vertrauliche Stimmung hatte ihn dazu verleitet, frei heraus zu reden, was ihm nun vollkommen unverschämt vorkam. Und erst recht nicht konnte er sich anmaßen Prinz Vincent ein Versprechen abzuringen. Rot anlaufend vor Scham drehte Caleb dem Kopf zur Seite, während sich die Katzenohren nervös hin und her drehten. Die nächsten Worte nuschelte er nur halb verständlich:
"In einer Schlacht kann es doch jeden treffen, mein Prinz, auch Euch! Und Ihr halb selbst gesagt das Grandessa ohne Nachfolger dastehen würde. Eure Majestät, würde es Euch etwas ausmachen, dies im Hinterkopf zu behalten, wenn Euch Gegnerscharen in der Schlacht gegenüberstehen, denen Ihr allein nicht gewachsen seid...?"
Die Vorstellung, der Prinz würde von einer Lanze aus dem Sattel gerissen werden, ließ Caleb nicht los, als er wieder zur Seite blickte, um den Prinzen anzusehen, der aufrecht im Sattel saß und mit dem Kettenhemd und dem Kronenring, zusammen mit dem grandessanischen Wappenrock einen sehr majestätischen Eindruck machte, während er selbst, nun ja, eher bescheiden dagegen wirkte. Genauso wie es wohl auch sein sollte. Caleb konnte den Prinzen für seine Ausstrahlung nur bewundern. Königlichen Blut trat nicht immer so auffällig hervor. Und noch hatte Caleb die gar so verhassten Eigenschaften dieses Blutes in Prinz Vincent noch nicht entdeckt.
Unruhig rutschte er nun auf dem Sattel zurecht. Es wurde bereits wieder unangenehm auf dem Leder zu sitzen und eine etwas neue Sitzposition schien das nur für Sekunden zu verbessern, bevor es auch da wieder schmerzte, aber der Diener würde sich nicht beschweren bevor er Prinz nicht von selbst aus eine Rast vorschlug. Felix allerdings bemerkte es sofort und richtete die Ohren nach hinten aus, als wollte er sich erkundigen, was mit ihm los war. Zwar konnte Caleb immer noch nicht einschätzen, wie lange sie schon geritten waren nach der letzten Pause, da er zeitweise vollkommen abwesen gewesen war, aber sicher waren sie kaum ausreichend voran gekommen. Caleb konnte sich so oft Vorwürfe machen wie er wollte, dass er dem Prinzen ein Klotz am Bein war, was nichts daran ändern würde, dass er ihn trotzdem begleiten musste, also war es besser damit aufzuhören und anzufangen sich darauf zu konzentrieren besser zu reiten.
Eine nicht sonderlich von Erfolg gekrönte Sache, Caleb besaß zwar eine gewisse Ausdauer, die durch stundenlanges Gänge schrubben und Geschirr umhertragen gestärkt wurde, aber sein kaum vorhandenes Sitzfleisch war nicht Teil dieser Ausbildung gewesen. Fast automatisch viel er wieder hinter den Prinzen zurück, vielleicht auch weil Felix gemerkt hatte, dass er zu Schwächeln begann, aber Caleb wollte nicht bei jedem Wehwehchen, dass er hatte gleich eine Rast machen und spornte den Schimmel wieder etwas an, obwohl er sich nicht ganz auf die Höhe den Prinzen vortraute. Es gehörte sich irgendwie nicht. Mit jemanden, den du dich niemals mit Vornamen anzureden trauen würdest, konnte man wohl kaum auf einer Höhe reiten.
Trotzdem musste sich Caleb eingestehen, dass er es schön fand mit dem Prinzen zu reden, mehr von seinem Denken zu erfahren, aber andererseits hatte er auch keine Lust weiter über den Krieg zu sprechen, dem sie unweigerlich entgegen ritten. Auch das höfische Geplänkel konnte er nicht leiden, wo sich für gewöhnlich nur über die neusten Gerüchte ausgetauscht wurde und Caleb meinte einschätzen zu können, dass der Prinz dafür sowieso nicht zu haben war.
Stattdessen überwog am Ende die Neugier auf das kommende:
"Eine Frage vielleicht noch, Eure Hoheit, wie sind Eure Kameraden so? Habt ihr ihnen schon mal das Leben geretten?"
Caleb hatte oft Soldaten im Schloss mit Anderen über ihre Heldentaten prahle hören, oder Geschichten von blutigen Scharmützeln gehört, aber wenn ihn etwas interessiert hatte, hatte er nie Fragen dürfen. Wer würde einem einfachen Diener auch auf so etwas antworten. Außerdem würden diese Kameraden wohl den Offiziersstab des Prinzen für den Krieg bilden und Caleb sie daher bedienen müssen, wenn sie berieten und da war es doch interessant zu wissen, ob man auf etwas achten musste, einer vielleicht sehr aufbrausend war, ein anderer immer linke Kommentare abgab oder ähnliches und er selbst mit seinen fünfzehn wollte zwischen diesen Soldaten nicht wie der unwissende Bursche rumstehen, der nicht mit der Situation zurecht kam.

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Re: Hoch zu Ross

Beitrag von Erzähler » Montag 27. Februar 2012, 23:30

Sie kamen gut voran. Das Wetter meinte es ebenfalls nicht schlecht mit ihnen, denn bei einem Ritt über offenes Gelände könnten selbst ein strahlend blauer Himmel und Sonnenschein anstrengend werden. Wie schnell brannte der Tag dann aufs Haupt und man musste sich vor einem Hitzschlag hüten. Aber auch Regen war keine angenehme Sache. Die Kleidung wog dann schwer, so dass es müde Reiter schon einmal von ihrem Pferd riss, weil sie sich selbst nicht mehr tragen konnten. Aber der heutige Tag wollte die Wolken nicht vertreiben. Es war auch nicht zu kalt, so dass man es ohne Mantel gut auf dem Rücken eines Pferdes aushalten konnte. Trotzdem sorgte etwas bei Caleb für Unbehagen und das waren die unbeantworteten Fragen, die er sich bezüglich der Pläne seines Prinzen stellte. Auch fragte er sich, ob Vincent der IV. ihn an seiner Seite auf dem Schlachtfeld haben wollte. Vielleicht genügte es ihm, einen Diener in der Kaserne Tromans oder einem der Feldzelte zu wissen. Caleb würde sich dann um das Nötige kümmern, mögliche Wunden oder das Blut der Feinde vom Körper seines Prinzen wischen und dafür sorgen, dass er wenigstens in den Ruhepausen der Schlacht genug zu essen und Schlaf abbekam. Ja, vielleicht sollte der Bursche nicht mehr als das tun. Trotzdem schien er beunruhigt, das fiel sogar seinem Prinzen auf.
Vincent drehte den Kopf, als Caleb schließlich nach geraumer Zeit die Stimme erhob. Der Diener entpuppte sich als gesprächiger als es der Prinz erwartet hatte. Er legte ein schiefes Grinsen auf. "Was versprechen?", hakte er, von Neugier gepackt, nach. Und dann wurden seine Züge weicher, als er sichtlich gerührt die Worte des Jungen ausmachte. Welch loyaler Diener und offenbar aufrichtig um sein Wohl besorgt. Es erwärmte sein Herz. "Auf dem Feld sind alle gleich. Ich werde auf meine Kameraden Acht geben wie sie auf mich. Mehr kann keiner von uns tun." Das war alles, was der Prinz dazu zu sagen hatte. Aber er wollte Calebs Sorgen nicht weiter schüren. Für den Katzenburschen würde es ohnehin noch aufregend genug. Er ahnte ja nicht, welche Details Vincents Pläne noch beinhalteten. Dieser streckte nun die Hand aus, um Caleb freundschaftlich einen Schulterklopfer zu verpassen. Dann trabte er weiter, so dass sich die Distanz zwischen ihm und Caleb etwas vergrößerte. Erst als der Diener wiederholt eine Frage stellte, bremste Vincent sein Ross, damit er sich auch ohne zu Brüllen unterhalten konnte. Nun ritten sie erneut auf einer Höhe. Da lachte Vincent plötzlich laut auf. Es war ein heiteres Lachen, als hätte sein neugieriger Diener einen überaus amüsanten Witz gerissen. Fröhlich grinsend blickte der Thronfolger gen Süden. Schließlich erzählte er: "Ich habe niemals bisher jemandes Leben gerettet, nicht auf dem Schlachtfeld. Nein, stattdessen war ich es, der mit dem Kopf voran in den Schlamm gestürzt und durch Blut und Scheiße gerobbt ist. Ha, man könnte sagen, dass mir einfache, aber gute Männer häufiger den Hintern gerettet haben als ich es jemals tun werde. Wirklich gute Männer. Du wirst sie kennen lernen."
Er gab seinem Pferd die Hacken zu spüren. Schon sauste der Prinz in wilden Galopp voran. Die Euphorie, eben jene Kameraden wiederzusehen, hatte von ihm Besitz ergriffen.


weiter bei das Grenzdorf Troman -> Unter Soldaten
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