Auf den Spuren des Vaters

Das nördliche Königreich steht unter den Fittichen des Königs Hendrik dem Zweiten. Strenge Sitten herrschen hier und das Volk ist zweitrangig. Hier kann man nur ein schönes Leben führen, wenn man Reichtum und adeliges Blut besitzt.
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Marga
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Dienstag 2. Oktober 2012, 18:27

Sie stürzte sich ins Studium des Buches, aber nicht begeistert, sondern ruhig. Sie las langsam und lernte noch langsamer. Und Gedankenarbeit war die schwerste von allen. Aber sie musste herausfinden, was Schamanen überhaupt waren – und was sie auf dem Kasten hatten - , bevor sie sich dem hiesigen widmete.
Margas Art der Suche brachte Erfolg, denn auch wenn sie nirgends das Bild eines Schamanen gefunden hatte, so fand sie einen Holzpflock. Sie dachte kurz nach und erinnerte sich an das Ding, das vor Morgs Zelt stand. Das sah doch so ähnlich aus. Und wenn es zu Morg gehörte und das Bild zu dem echten Holzstück gehörte und der Text zum Bild, dann war sie auf dieser Seite richtig.
Sie las das ganze erst einmal langsam und laut. Es war kompliziert geschrieben und allein von den Wörtern her verstand sie nicht alles: Affinität, Kommunikation... Und was war ein Totem?
Sie las es noch einmal und sie kapierte schließlich, dass Totem der Name des Holzdings war. Beim nächsten Mal hielt sie bei allen Stellen an, wo „Magie“ oder „magisch“ verwendet wurde. Es gab drei verschiedene Arten bei den Orks: Erde, Feuer und Schamanismus. Aber es wurde auch geschrieben, dass Erde und Feuer ganz, ganz selten war. Wenn ein Ork Magier war, dann war er fast immer ein Schamane. Das war nicht nur ein Titel, sondern auch eine eigene Art von Magie.
Aber was genau hatte es damit sich auf? Bei Elementarmagie war die Art der Zauber im Namen drinnen. Bei erneuter Lektüre drängten sich Wörter in den Vordergrund: Geister und Erscheinungen. Zusammen mit der Sache der Träume wurde das Bild langsam klarer. Schamanen beherrschten nicht die Elemente, sondern Dinge im Kopf, angstmachende Dinge und geheime Dinge. Damit waren Schamanen ganz anders als die groben Eisenmänner ihrer Rasse. Vielleicht auch gefährlicher.

In Bezug auf den Rest des Buches hatte die Halborkin eine weitere brillante Idee: Die Überschriften. Das Buch war in Kapitel gegliedert und diese Kapitel hatten eigene kleine Namen wie Personen. Und im Gegensatz zu normalen Namen waren Überschriften immer passend.
Sie las die Überschriften, aber nichts erschien ihr besonders wichtig. Sie warf einen Blick auf die Sitten der Orks, las sogar einen kleinen Abschnitt über Keulen und Paare oder so, aber sie hatte bei Oroks Andeutungen nicht hingehört und war auch zu abgelenkt von den Zauberdingen, als dass sie dessen Bedeutung für ihre eigenen Lage erkannte.
Stattdessen schloss sie den Folianten und lehnte sich zurück. Es war viel Zeit vergangen, seit sie das Lesen angefangen hatte. Jetzt war sie allein – sie hatte gar nicht gemerkt, ob in der Zwischenzeit jemand da gewesen sein konnte. Aber ihr Mund war völlig ausgetrocknet. Sie griff in ihre Tasche nach ihrem Wasserschlauch und spülte den Staubgeschmack mit viel Wasser runter. Der Schlauch war fast schon wieder leer. Sie stand auf, streckte sich, blinzelte zum Licht, das durch den Zelteingang reinkam.
Nach so viel Konzentration musste sie sich erst einmal bewegen. Ein Verdauungsspaziergang fürs Hirn. Sie würde ihren Wasserschlauch am Bach auffüllen und dann mal nach den Pferden sehen.

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Dienstag 2. Oktober 2012, 23:38

Margas Studien in dem Buch trugen unterschiedliche Früchte. Der Magie, der Schamanen war sie nun ein wenig näher gekommen, doch hatten sich dadurch einige neue Fragen gebildet. Besonders der Gedanke, dass Schamanen die eigentlichen Führer der Orks waren und sie durch diese geistige Magie vielleicht sogar gefährlich waren, ließ sie nicht mehr los. Eine Magie die sich mit so etwas schlecht greifbarem wie Träumen und Gedanken befasste, sie vielleicht sogar beeinflussen konnte, musste mächtig sein. Sie beschäftigte der Gedanke so sehr, dass sie die weiteren Informationen gar nicht richtig aufnahm, die sie unter der Überschrift „Sitten und Gebräuche“ fand. Es war einfach nicht wichtig genug für sie, zu diesem Zeitpunkt. Sie klappte das Buch zu, stellte das Grübeln ein und trank ihren Wasservorrat aus. Ihre Kehle fühlte sich ganz staubig an. Um den Schlauch und ihre Konzentrationsfähigkeit wieder aufzufüllen, verließ sie das Zelt. Es mussten einige Stunden vergangen sein, denn die Sonne stand schon einiges tiefer. Auch ihr Magen meldete sich leise, als sie an einem Lagerfeuer vorbei ging, über dem eine außergewöhnlich große Keule gebraten wurde. Das Fleisch roch köstlich. Der Koch, bzw. der Ork der den Spieß routiniert drehte, kam ihr irgendwie bekannt vor, doch erst einmal ging sie zum Bach um ihren Wasservorrat aufzufüllen. Sie hockte gerade am Wasser, als sie in einiger Entfernung, von sich aus gerade gegenüber, Laiya mit dem Schamanen spazieren gehen sah. Auch Belenus folgte den beiden, hielt sich jedoch in einigem Abstand zurück. An sich war die Szenerie nicht außergewöhnlich, aber der Gesichtsausdruck mit dem Belenus Mork bedachte, fiel Marga sofort ins Auge. Belenus war wütend! Schaute sie nach links den Bach hinunter, in Richtung der lauteren Geräuschquelle, so sah sie, dass gerade die Warg's gefüttert wurden und der Klang ihrer malenden Kiefer und das Brechen von Knochen war bis hier her zu hören. Sah sie nach rechts den kleinen Bach hinunter, zum Lager der beiden Elfen die ein Zelt in der Nähe von Orok's bekommen hatten, so fiel ihr als erstes auf, dass irgendetwas fehlte. Und wie das so war, mit Dingen die plötzlich nicht mehr da waren, so brauchte Marga einen Moment um die einzelnen Puzzlestücke in ihrem vom vielen Lesen überreiztem Kopf zusammen zu setzen. Dann fiel es ihr jedoch wie Schuppen von den Augen!
Die Pferde waren weg!
Die Mahlzeit der Warg's, der Braten über dem Feuer, bei dem Ork der sie heute Morgen noch so hungrig betrachtete hatte, Belenus böser Blick, plötzlich passte alles zusammen und formte ein Bild in ihrer Vorstellung.
Marga zuckte unwillkürlich zusammen, als Orok von hinten an sie heran trat und sich geräuschvoll räusperte. Als er in Margas Sichtfeld geriet, konnte sie eine kleine hölzerne Keule in seiner linken Pranke und eine halb aufgegessene, fleischige in seiner Rechten erkennen. Er wirkte verlegen, aber sagte dann:
„Haben Geschenk für Marga!“
Er hielt ihr das halb abgenagte Bein entgegen, sah selbst seinen Fehler und tauschte es gegen die Waffe.
„Äh, nein. Meinen eigentlich die hier!“
So kommentierte er sein Handeln und fügte dann noch hinzu:
„Kannst aber beide haben, wenn Hunger. Gerne teilen mit dir. Ganz frisch und lecker!“
Wo waren die Pferde? Warum schaute Belenus so böse und warum war Laiya das anscheinend egal? Hatte Orok Marga gerade ein Teil ihres Pferdes ihr entgegen gehalten? War dass ein Hinterbein, welches dort hinten über dem Feuer briet? Warum grinste Orok so breit? Noch bevor sie reagieren konnte, macht Orok schon wieder den Mund auf.
„Ich haben nachher noch Aufgabe für dich. Schamane sagen, dass Marga Warg reiten lernen muss und meiner haben Freundin die brav folgen tut. Kleinere Warg, genau richtig für Marga. Doch jetzt essen.“
Damit ließ er sich wo er stand auf seinen Hintern fallen und sah zu Marga auf.
„Du in Buch gefunden, was du suchen? Was Buch erzählen über Drachenmalklan?“
Sein neugieriger Blick ruhte auf ihr, aber über seine Familie hatte sie bisher nun wirklich nichts heraus gefunden.
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Freitag 5. Oktober 2012, 23:19

Ihr taten die Augen weh und der Schädel brummte leicht. Aber das zusätzlichen Wissen war die Tortur wert. Und die kurze Zeit an der frischen Luft half ihr und beim Bächlein benetzte sie ihre Schläfen mit Wasser, was Milderung brachte.
Aber was sahen ihre Augen denn da? Die feine Meisterin gab sich doch mit einem Ork ab. Dem Schamanen, um genau zu sein. Das war nicht gut. Vielleicht verstärkte er seine Kontrolle über sie – falls die Befürchtungen von Belenus überhaupt zutrafen. Der Ärmste musste auch hinter ihnen herlaufen. Dabei war es doch seine Frau!

Und auch einige Kleinigkeiten bemerkte sie. Die Wargs fraßen ganz begeistert, die Orks brutzelten frisches Fleisch und zwar keine faustgroßen Brocken wie gestern abend, sondern große Keulen. Hatten sie etwa Wild gefangen?
Sie erreichte die Stelle, wo die Pferde gestanden hatten. Nur jetzt waren sie fort.
„Aber, aber...“, murmelte sie und blickte sicherheitshalber noch einmal zu den Elfen. Nein, da waren sie nicht. Und Marga traute ihnen nicht zu, von selbst Reißaus zu nehmen, die Pferde waren doch gut ausgebildet und treu...
Und dann bekam sie eine Befürchtung. Das Fleisch und die verschwundenen Pferde. Das konnte doch nicht stimmen. Die Orks würden niemals... Den Gedanken konnte sie nicht weiterführen, ohne sich selbst zu blamieren. Die Orks konnten so einiges tun und wie Kindern fehlte es ihnen an Maßregelung.
War es die Anspannung und die Furcht, die ihre Nase fehl leitete, oder roch sie da nicht den Geruch von Blut? Auf dem Land waren Hausschlachtungen üblich und daher hatte sie als Zögling eines Bauern Erfahrung.

Da tauchte Orok auf. Auch er genoss das Frischfleisch, bei dessen Anblick Margas Magen sich verdrehte, weil sie befürchtete, die Quelle zu kennen. Er wollte ihr eine Keule geben, aber sie reagierte nicht darauf. Drohte ein Angriff? Wohl kaum und selbst wenn, so würde eine einzelne bewaffnete Frau zwischen einer Horde Orks wohl keinen Unterschied machen.
„Orok, wo sind Pferde?“, fragte sie stattdessen.
Er erzählte von den Plänen des Schamanen, dass sie das Wargreiten lernen würde. War das Zufall, dass genau dieses Thema kam oder steckte dahinter eine tröstende Absicht? Sie konnte sich jetzt nicht setzen und erst rechts nichts essen, denn die wichtigste aller Fragen war immer noch nicht geklärt worden. Über alte Geschichten konnten sie ja später reden, wenn sie mehr vom Buch gelesen hatte als jetzt.
„Sagen, wo unsere Pferde!“, forderte Marga ihn eindringlich und ernst auf.

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Samstag 6. Oktober 2012, 12:49

Noch während Marga mit wachsendem Unwohlsein ihre Umgebung beobachtete, kam ein Ork hinter einem der Zelte hervor. Er trug in jeder Hand einen hölzernen Eimer in dem eine dunkelrote Flüssigkeit schwappte. Marga wusste sofort, dass dort hinten eine Schlachtung vorgenommen worden war. Von dort kam auch der metallische Geruch. Sie kannte die Handlungsabläufe aus ihrer Jugend. Das Blut wurde in Gefäßen aufgefangen und nach dem Gerinnen häufig in Schafdärme gepresst. Gekocht ergab es eine leckere Wurst die mit saurem Kraut und Kartoffeln gereicht wurde. Dieser Ork brachte die Eimer jedoch ins Zelt des Schamanen, an dem eben Morg und Laiya vorbei geschritten waren. Als Marga nun Orok auf die Pferde ansprach, tauschte dieser wieder die Keulen und hielt ihr wieder den halb abgenagten Knochen hin. Dann zögerte er. Er sah zu ihr hinauf, ihr ins Gesicht und fragte dann besorgt:
„Dir nicht gut gehen? Du ganz blass! Nicht doch lieber setzen?“
Er wartete, kurz auf ihre Reaktion und passte seine Haltung an. Dann sah er abwechselnd auf die beiden Keulen und begann mit seiner Antwort.
„Weibliches Spitzohr und Schamane lange reden. Da wir bald mit Waffen und Dunkelelfen auf Reise, und ihr nicht mehr helfen Tote begraben, haben beschlossen, dass Pferde Preis für Hilfe und Schutz. Pferde nicht reisen mit Wargs! Pferde Futter für Wargs und Orks. Gutes Fleisch! Lecker, lecker, geben Kraft für Arbeit und Kampf. Du auch essen, damit stark werden.“
Spielerisch ließ er seine Muskelberge zucken und betastete dabei vorsichtig Margas im Vergleich dazu zarte Ärmchen. Sein Grinsen war fast kindlich, als wollte er sie necken oder aufmuntern. Noch einmal tauschte er die Keulen aus, in dem er den Knochen in den Mund steckte und befestigte die Waffe an einer Schlaufe an einem seiner Gürtel, den er abgemacht hatte, um sie dann Marga quer über zu hängen. Er grinste dabei und murmelte:
„Für wenn du so weit bist. Jetzt gehen zu Ranathor und kleine Warg.“
Orok schnappte sich Margas Hand und zog sie hinter sich her in Richtung der Wargs. Sollte sie sich wehren, würde er sofort stehen bleiben, doch er hatte schließlich ein Aufgabe zu erfüllen, die der Schamane angeordnet hatte. Marga sollte Wargreiten lernen.
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Mittwoch 10. Oktober 2012, 20:45

Die Befürchtung stellte sich als wahr heraus. Man hatte die Pferde geschlachtet. Marga wurde übel. Ohne diese Tiere hätten sie damals nicht überlebt, als sie dem Kampf zwischen Eiselfen und Jorsanern entflohen und auch in der darauf folgenden Zeit hätten sie unberitten die Verfolgungsjagd nicht überstanden. Es waren gute, hilfreiche Tiere gewesen (vor nicht allzu langer Zeit hätte Marga sie dumm genannt, aber die Zeit hatte sie verändert).
Und wofür? Um aus ihnen Futter für Wargs und Orks zu machen, was gelinde gesagt eine Verschwendung für solche nützlichen Geschöpfe war. Und weshalb war das passiert? Als Bezahlung für Dienste, mit denen sie gar nichts zu tun hatten. Und auch in anderer Hinsicht war daran etwas falsch:

„Das doch nicht geht! Nie das war Teil der Abmachung. Wenn mir vorher gesagt, wir hätten bezahlt, was sein wert Tage von unsere Arbeit mit Münzen.“ Was war bloß alles passiert, während sie gelesen hatte? Hatte Laiya das abgesegnet? In ihrem jetzigen Zustand konnte man es ihr durchaus zutrauen.
Aus den Augenwinkeln stellte sie fest, wohin das Blut gebracht wurde. Der Schamane war bestimmt kein Metzger, der Blutwurst presste. Und ihr kam ein unangenehmer Gedanke: Ohne die Pferde konnten sie nicht mehr weiterreiten. Damit war die Alternative, nicht mit dem Konvoi zu gehen, kaum mehr zu rechtfertigen. Und wenn sie jetzt fortgingen, konnte man sie mit schnellen Wargs einholen.

Sie verzichtete auf das Pferdefleisch. Am Verbrechen wollte sie keinen Anteil haben. Sie folgte Orok aber zu den Wargs. Was blieb ihr anders übrig, denn mit dem Krieger an ihrer Seite konnte sie keine weiteren Nachforschungen anstellen. Und selbst wenn sie frei herumgehen könnte, hatte sie sowieso keinen Anhaltspunkt.

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 11. Oktober 2012, 09:42

„Das doch nicht geht! Nie das war Teil der Abmachung. Wenn mir vorher gesagt, wir hätten bezahlt, was sein wert Tage von unsere Arbeit mit Münzen.“
Orok sah die Halborkin etwas überrascht an.
„Du Versprechen gegeben, dass du für Schamane arbeiten. Schamane haben Spitzohrfrau aufgeweckt, dafür Dank und Arbeit gut. Weiße Spitzohrfrau haben Schamane Pferde gegeben für Wachmachen, also wir jetzt quitt und gemeinsam Andunie gehen. Ich auf dich aufpassen! Münzen außerdem nicht gut. Nehmen Dunkelelfen sowieso weg.“
Orok schlenderte neben Marga langsam in Richtung der Gehege.
„Münzen für Orkse nicht gut. Schamane passen auf Münzen auf. Wenn Orkkrieger gehen in Dorf, dann nicht für Handel, Hahahaha. Wenn Ork gehen in Dorf, dann um zu holen was Orkse brauchen. Dazu keine Münzen brauchen. Alle Münzen die wir finden, Schamane geben. Schamane Münzen Dunkelelfen geben, dann sie uns in Ruhe lassen. Wenn ihr noch Münzen haben, dann ihr Schamane geben müssen.“
Unwissentlich hatte Orok gerade ein paar sehr delikate Details ausgeplaudert. Der Schamane hatte also doch etwas mehr als vermutet mit den Dunkelelfen zu tun. Doch Marga wurde je von ihren Grübeleien abgelenkt. Sie erreichten das Gatter und mit Schaudern konnte Marga noch zwei der fressenden Wargs sehen, die die letzten Knochen der einst stattlichen Pferde zwischen ihren gewaltigen Kiefern zermalmten. Ein angenagter Schädel, dem der Unterkiefer fehlte, lag noch da, genauso wie ein Teil der Wirbelsäule an dem ein kleinerer Warg noch knabberte. Der ganze Platz war überseht von Fellfetzen und anderen Kleinteilen. Der Großteil der Pferde war vollkommen verspeist worden. Die Wargmeute war schon gesättigt und lag in einiger Entfernung, zum verdauen faul herum. Der blutverschmierte Kopf des kleineren Wargs ruckte mitsamt der Wirbelsäule hoch als sie sich dem Gatter näherten. Funkelnde Augen verhießen Futterneid und ein leises Knurren war zu hören. Orok knurrte zurück und stellte einen Fuß auf die unterste Sprosse des Zauns.
„Müssen warten bis fertig, dann alle ruhig. Niemals Wargs beim Fressen stören, wenn zusammen in Gruppe! Merken! Sonst dich fressen!“
Es vergingen noch ein paar grausige Minuten, in den Margas Gedanken genügend Zeit hatten über ihre immer ausweglosere Lage nach zu grübeln. Laiya hatte zugelassen, dass sie ihre Pferde verspeisten. Sie hatte sie, laut Oroks Aussage, sie gegen ihr Versprechen, beim Begraben der Gefallenen zu helfen, ausgetauscht. Ohne die Pferde waren sie langsam und selbst wenn sie sich jetzt noch entschließen sollten, lieber nicht bei den Orks zu bleiben, waren diese mit ihren Reittieren in der Lage sie schnell einzufangen. Sie wurden nicht wie Gefangene behandelt, aber trotzdem ging Marga der Gedanke durch den Kopf, dass sie unter Bewachung standen, dass sie sich kaum frei bewegen konnte um weitere Untersuchungen anzustellen. Orok wich nicht von ihrer Seite, aber er war auch verliebt. Hatte der Schamane ihn deshalb für sie ab beordert? Steckte hinter allem irgend ein perfider Plan? Und wenn ja, welcher? Wenn der Schamane etwas gegen sie hatte, warum nutzte er dann nicht die gewaltige Übermacht an Stärke um sie einfach gefangen zu nehmen? Warum gab er sich solche Mühe sie los zu werden, beziehungsweise gab sogar vor ihnen helfen zu wollen? Was fürchtete er? Was fürchteten Orks? Die Antwort fiel ihr wie Schuppen von den Augen. MAGIE! Geister, Zauberer, jede Art von nicht greifbarer Macht war für die Orkkrieger etwas was sie nicht verstanden und ihnen Angst machte. Morg Wolfsong war der einzigste der etwas von diesen Dingen verstand. Und er war in Laiyas Kopf gewesen! Marga setzte sich Stück für Stück ein immer paranoider werdendes Puzzle im Kopf zusammen. Das Denken fiel schwer und wäre sie nicht zur Hälfte ein Mensch gewesen, so hätte sie vermutlich einfach alles akzeptiert und wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, die Beweggründe des Schamanen zu hinterfragen ...
Das letzte Tier hatte sich vom Futterplatz entfernt und Orok stieg über den Zaun.
„Komm.“
Er wartete bis Marga ebenfalls hinüber geklettert war und sie ließen den blutigen Schauplatz hinter sich. Sie liefen zwischen den satten Tieren herum, die wie eine Kreuzung zwischen Hyänen und viel zu groß geratenen Wölfen aussahen. Ihre Gebisse waren furchterregend und so groß, dass bei den ausgewachsenen Tieren ihr halber Oberkörper hinein passen würde. Jetzt da sie auch noch blutverschmierte Köpfe und Klauen hatten sahen sie noch ein wenig unappetitlicher aus. Orok ging auf eine kleine Gruppe zu die alle etwas näher beieinander lagen und pfiff einmal hoch und hell. Sofort bäumte sich eines der Tiere unter einem anderen auf, so das ein unwilliges Knurren entstand. Der Kopf von Ranathor ruckte in ihre Richtung. Das massige Tier befreite sich und trabte dann auf Orok zu. Es war ein seltsames Schauspiel wie liebevoll der Ork und sein Warg miteinander umgingen. Ranathor rieb seinen Kopf an Oroks Brust und Orok zupfte ihm ein paar Knochensplitter aus dem zotteligen Fell. Marga konnte sehen, dass sie aufmerksam beobachtet wurden, denn ein kleinerer Wargkopf lugte aus dem Getümmel und die Nase zuckte neugierig in ihre Richtung.
„Ah du haben sie entdeckt. Das Ranathors Freundin. Die beiden viel zusammen, machen kleine Wargs. Sie deshalb weicher ...“
Er suchte nach einem besseren Wort der celcianischen Sprache.
„Sie sanftes Wargweibchen. Sein gute Mutter. Wir sie „Ragna“ nennen, aber du ihr auch anderen Namen geben, ihr sicher egal. Sie immer folgen Ranathor, deshalb du sie reiten.“
Auf jeden Fall schien „Ragna“ ein sehr neugieriges Wargweibchen zu sein, denn sie hatte sich erhoben und war ein Stück näher gekommen. Der neue „kleine“ Ork schien sie zu interessieren. Ihr große Nase schnupperte und ihr Maul war leicht geöffnet, denn sie flehmte. Dabei hing ihre Zungenspitze heraus, als kostete sie die Luft in ihrer Nähe.
„Lass riechen an dir. Ich behalten Auge auf dich.“,
sagte Orok, auch wenn es nicht den Eindruck machte und ließ sich von Ranathor durch die Gegend schieben. Kopf an Brust spielten sie mit ihren Kräften und rangelten miteinander. Ragna trottete indessen noch etwas näher und blieb dann ungefähr zwei Meter vor Marga stehen. Sie war deutlich kleiner als Ranathor und hatte dunkleres fast einfarbig rotbraunes Fell. Ranathor hatte eine leicht streifenförmige Maserung an Brust und Beinen, die man bei ihr nur sah, wenn man ganz nah war. Wo das große Wargmännchen einen Kragen um den Hals hatte, der aus zotteligen bunten Fellfetzen zu bestehen schien, hatte Ragna nur ein leicht verlängertes Haarkleid. Die dunklen großen Augen musterten Marga neugierig und sie machte noch einen Schritt auf sie zu.
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Donnerstag 18. Oktober 2012, 21:36

Marga zeigte keine Reaktion, als sie ein paar wichtige Dinge über die Gemeinschaft der Orks erfuhr. Sie war die meiste Zeit eine stille Person, aber sie hörte zu und sie dachte mit. Ihr Verstand war weder schnell, noch scharf, aber die Gedankenschnipsel, die sie sammelte, ergaben langsam ein besseres Bild über die Orks:
Sie hatte bereits vorher den Gedanken gehabt, dass die Orks eigentlich nur große Jungen waren. Ohne Selbstbeherrschung und mit wenig Verantwortungsbewusstsein, abergläubisch, kindisch und weil sie es nicht besser wussten auch brutal. Und genausowenig wie Kindern vertraute man ihnen Geld an. Über all diesen Dingen schwebte der Schamane als Vaterfigur einer ganzen Generation:
Er kümmerte sich um alle komplizierten Dinge, er versorgte Verletzungen, indem er diese Paste herstellte, die auch Margas Fingern geholfen hatte, und befreite sie von ihrer Furcht vor Geistern.
Und leider handelte der Schamane im Sinne der Dunkelelfen, obwohl er es nicht zugab. Nur war die nächste Lieferung an jene Schurken kein Münzgeld.

Aber vorerst musste sie sich anderen Dingen kümmern, denn weder wollte sie gefressen werden, noch entzwei gehen, falls sie beim Ritt in einen Graben geschleudert wurde. Ihre Lippen bebten leicht, als sie die Knochenreste sah. Das waren die Gebeine der Pferde. „Euch nicht vergessen.“, sagte Marga mit so leiser Stimme, dass sie es selbst fast nicht hörte.

Bald hatten die Viecher ihre Mahlzeit beendet. Ranathor kannte sie ja bereits, aber dessen Weibchen hatte sie nicht in Erinnerung. Ragna hieß es und wirkte sanfter und kleiner als die männlichen Warge. Und als Orok ihr von der Beziehung der Wargs erzählte, war das eine versteckte Anspielung?
Während der ersten Annäherung ihres neuen Reittieres versuchte sie sich einzureden, dass es doch eigentlich nur eine große Hündin war. Das war vielleicht doch um viele Ecken gedacht, denn das was Schoßhündchen zu Wölfen waren, waren Wölfe zu Wargen. Aber das Verhalten entsprach dem eines Hundes, wie damals bei Belle. Also gestand Marga Ragna das Tempo zu und näherte sie sich selbst nicht. Nur die Hand hielt sie vor, weil Vierbeiner daran erst einmal riechen wollten, bevor sie mit einem Zweibeiner verkehrten.
Ihr blieb zu hoffen, dass sie ihre Finger behielt.

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Freitag 19. Oktober 2012, 13:45

Die geflüsterten Worte zu Ehren der Pferde verklangen ungehört von Orok, da dieser schon zu sehr auf seinen Warg fixiert war. Noch eines dieser Dinge die Menschen von Orks unterschieden war die Fähigkeit sich auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren zu können. Zwei Sachen zur selben Zeit zu machen, stellte für einen Ork häufig schon eine wahre Glanzleistung dar.
Marga konzentrierte sich aber nun auch ganz und gar auf das Tier vor sich, denn einen Warg, sei er noch so zahm, zu unterschätzen, wäre sicher sehr dumm. Ragna war schon erstaunlich nah, als die Halborkin ihre Hand langsam hob und ihr zum Beschnuppern hin hielt. Das Wargweibchen machte noch zwei Schritte und schon konnte sie den warmen feuchten Atem an ihren Fingern spüren. Neugierig wurde sie olfaktorisch in Augenschein genommen und für gut befunden. Ragna machte noch einen Schritt und drückte ihre feucht-warme Nase gegen die Finger und kurz darauf verschwanden diese in ihrem Maul. Eine große nasse Zunge leckte über die Unterseite und Marga behielt ihre Finger, wenn gleich sie einiges an Speichel, vermengt mit leicht blutigen Muskelfasern dazu bekam. Ragna befand die gustatorische Bewertung anscheinend auch für gut und lutschte noch kurz an Margas gesamten Unterarm herum. Dann ließ sie von der jungen Frau ab und rammte ihr wie Ranathor es schon kurz zuvor bei Orok getan hatte, kräftig den Kopf, mit der Stirn voran, in den Bauch. Luft entwich Margas Lungen, die diese schnelle Attacke sicher nicht erwartet hatte und sie stolperte ein paar Schritte nach hinten. Was einen reinen Menschen sofort zu Fall gebracht hätte, ließ sie zum Glück nur straucheln. Wenn sie es vorhin bei Orok und Ranathor richtig beobachtet hatte, dann wollte Ragna wohl spielen. Ein Spiel in dem der vierbeinige kräftige Warg haushoch überlegen war, wenn es rein um die Kraft ging. Marga musste sich etwas einfallen lassen, damit das spielerische Ringen zu ihren Gunsten ausfallen würde und das Wargweibchen sie in der Rangfolge über sich akzeptierte. Jetzt hieß es Köpfchen beweisen und vor Muskelberge zu stellen. Gern hätte Marga noch eine Weile dem Spiel zwischen Orok und seinem Wargmännchen zugesehen, doch Ragna ließ ihr keine Zeit zum Verschnaufen. Sie kam schon wieder an. Die einzigste Hilfe die Orok über den Platz hinweg ihr gerade noch zu rufen konnte, war:
„Du müssen Ragna zu Fall bringen, Kehle beißen, dann Freundin für Leben!“
Leichter gesagt als getan!
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Dienstag 23. Oktober 2012, 08:10

Alles lief eigentlich ganz in Ordnung. Wie ein normales Tier schnupperte die Warg-Dame an Margas Fingern. Und auch als das Raubtier eben diese Finger ins Maul nahm, war es noch annehmbar, denn sie bekam nicht nur Stummel zurück, sondern ganze Finger bis zu den Nägeln. Und das Blut und den Geifer konnte man bestimmt mit etwas Wasser wegkriegen.

Bis dann das halbzahme Raubtier ihren Kopf in Margas Magengegend rammte. Das war nicht mehr in Ordnung. Der Halborkin wurde über das Zwerchfell die Luft aus der Lunge gepresst, ihr ganzer Leib machte einen Satz nach hinten und sie ruderte mit den Armen, bis sie wieder Halt gewann.
„Was sein los!?“, jammerte sie erschrocken und mit etwas Ärger. Und Orok erklärte wie beiläufig, dass sie jetzt mit dem Warg ringen musste, um Dominanz zu zeigen. „Und du sagst erst jetzt...“, schmollte sie. Ihre Augen richtete sie schnell auf Ragna, bevor erneut ein Angriff kam.
Eine Freundin fürs Leben, meinte Orok? Das traf sich ausgezeichnet, denn Marga konnte gerade neue Freunde gebrauchen, wenn sie die alten retten wollte. Und ein neues Reittier klang auch nicht schlecht. Marga fühlte sich nicht schlecht beim Gedanken, das Tier für ihre Zwecke einzuspannen.

Aber erst einmal musste sie ein Ragna zu Fall bringen, ein Monster mit rasiermesserscharfen Zähnen und dickem Pelz, das schwerer als Marga war. Und sie danach noch beißen. „Wenn sie mich umwirft, dann mich auch beißt?“, erkundigte sich Marga mit unterdrückter Nervosität.

Weil ihr Mantel sie beim Rangeln behindern würde, zog sie ihn aus, immer bereit, auf eine weitere Attacke zu reagieren. Als sie das Kleidungsstück in ihren Händen hatte, hielt sie inne. Hätte sie auf ihrer bisherigen Reise ein einziges Mal ehrenhaft gekämpft, wäre sie jetzt vermutlich tot. Sie musste also ihre Tradition aufrecht erhalten!
Sie machte einen Ausfallschritt nach rechts, schleuderte dann aber den Mantel auf den Kopf der Wargin, als wäre sie ein Möbelstück. Weil der Gegnerin die Sicht genommen war, lief Marga einen flinken Bogen nach links.

Der Überraschungsangriff war nicht gerade überwältigend, denn Marga wusste nicht, wie sie Ragna zu Fall bekommen konnte. Zu groß, zu schwer, zu standhaft. Sie tat, was ihr als erstes in den Sinn kam: Sie versenkte ihre Hände ins Rückenfell der Wargin und griff fest. Auf diese Weise konnte sie immer Druck auf die Ragna ausüben und wann immer Ragna sie zu Boden bringen wollte, würde sie sich damit selbst hinterher ziehen. Indem sie sich außerdem auf das Tier abstützte, konnte sie bedenkenlos ihre Füße benutzen, um die Beine des Tieres auseinander zu drücken, was dessen Halt verschlechterte.

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Dienstag 23. Oktober 2012, 09:36

Kaum war Marga wieder zu Atem gekommen, fragte sie vorwurfsvoll:
„Was sein los!?“
Orok sah zu ihr und erklärte beiläufig, was sie nun zu tun hatte.
„Und du sagst erst jetzt...“
An ihrer Kommunikation mussten sie dringend noch arbeiten! Andererseits hatte sie ihn ja nicht gefragt.
„Wenn sie mich umwirft, dann mich auch beißt?“
Ein leiser nervöser Unterton schwang in ihrer Stimme mit, aber nicht genug um jemals als Furcht gelten zu können. Doch die Frage ließ Orok aufhorchen. Da Ranathor gerade wieder spielen wollte und mit heraushängender Zunge die breite Stirn gegen seinen Herrn drückte, schlug dieser ihm einmal kurz und kräftig auf die weiche Nase. Der Kiefer klappte zu und das Wargmännchen biss sich auf den roten Lappen, der aus seinem Rachen hing. Ranathor wich sofort zurück und legte sich ein paar Meter entfernt, in das aufgerissene Gras der Wargweide. Seine rechte Vorderpranke legte er über die Nase und knurrte leise. Orok grummelte, da der Gedanke, dass Ragna das Spiel gewinnen könnte, ihn beunruhigte.
„Orok aufpassen!“
Ragna bekamen dies alles nur am Rande mit, denn sie war in Spiellaune und durch ihren ersten Erfolg ordentlich angestachelt. Marga hatte die Szenerie jedoch gut beobachten können. Das Wargweibchen hüpfte erstaunlich behände immerzu seitlich hin und her, wartete auf eine Möglichkeit für ihren nächsten Angriff, warf den Kopf in die Luft und ließ die Zunge albern weit heraus hängen. Jetzt sah sie gerade wirklich aus wie ein Hund der spielen wollte! Der lange rosa Lappen klatsche durch die wilden Bewegungen, mal auf ihre Schnauze, mal darunter an den Hals. Marga wollte sich wappnen und vor allem auf ihre Beweglichkeit setzen, da kam ihr der Gedanke den Mantel zu benutzen. Wie ein überdimensionales Tischtuch schwang Marga das Kleidungsstück über den Kopf der Wargin. Sogleich rannte sie einen schnellen, kurzen Bogen um in die Seite des großen Tiers zu kommen. Sie wusste, sie hatte nicht genügend Kraft um sie von den Füßen zu heben, aber sie fand einen perfekten Zeitpunkt für ihren Angriff. Gerade als Ragna den Kopf mitsamt des Mantels in die Höhe warf, sodass eine Vorderpranke sich eben schon vom Boden gehoben hatte, da rammte Marga ihr ganzes Gewicht in ihre Seite. Ihre Hände gruben sich tief in das Fell des Wargweibchens und mit aller Kraft schob sie das zweite Vorderbein so weit sie es schaffte auseinander. Da Ragna durch die vorherige Aufwärtsbewegung ohnehin schon keinen guten Stand hatte, gelang es der Halborkin recht gut sie auszuhebeln. Als dann das Gewicht wieder der Erdanziehung folgend nach unten sackte, knickte das Vorderbein ein und Ragna fiel mit dem Kiefer auf die Schnauze. Ein leises Winseln entrann der Kehle. Vermutlich hatte sie sich ebenso wie zuvor Ranathor kräftig auf die Zunge gebissen. Marga musste jetzt schnell handeln und das Tier auf den Rücken rollen und ihre Dominanz beweisen! Und das bevor Ragna wieder auf die Beine kam.
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Sonntag 28. Oktober 2012, 15:05

Ihr Mantel fiel zwar am Ende auf den dreckigen Boden, aber das war zu verkraften, denn sie hatte einen Teilsieg errungen. Dieser Teilsieg bestand im ersten darin, entgegen Erwartung noch nicht verloren zu haben, und zum anderen darin, dass Ragna zu Boden ging. Die vordere Hälfte ihres Rumpfes plumpste auf den Boden, sodass Brust und Unterkiefer aufschlugen.
Dabei hatte sich Ragna wahrscheinlich auf die Zunge gebissen. Das war bei Wargen anscheinend ein Fehler bei ihrem Körperbau, aber welches Beutetier konnte sich bitteschön mit Kinnhaken verteidigen? Keines, denn Tiere hatten keine Fäuste.

Aber sie hatte damit nicht gewonnen, sondern nur etwas Zeit und Spielraum ergattert. Die Wargin lag mit dem Hals am Boden und so konnte Marga da nicht hin. Und in ein paar Sekunden würde sie sich wieder aufrichten. Oder wenn sie die Beine zusammenzog und den Kopf an den Leib presste, war sie sogar vom Boden aus unangreifbar. Aber das Tier war verspielt, also glaubte Marga, dass es eher aufstehen würde, als in die Defensive zu gehen.

Noch immer war sie an Kraft und Gewicht unterlegen. Sie bezweifelte, dass sie einfach Hand anlegen und sie wie ein Fass rollen konnte. Da würden die Beine des Wargweibchens gegen arbeiten. Aber Marga hatte in ihrem Leben oft schwere Dinge transportieren müssen: Mehlsäcke, Holz, Tiermist. Und sie hatte alles geschafft, weil Orlo ihr etwas nützliches beigebracht hatte: Nimm eine Schubkarre dafür. Sie hatte die Schubkarre richtig gemocht.
Hier gab es keine Schubkarre. Und sie musste Ragna nicht wegtragen, sondern nur umdrehen. Aber in ihrem Kopf machte es ein Klick. Schlaue Leute denken, wenn sie etwas neues tun müssen an etwas altes und übertragen das Wissen dann. Und als Marga auf die Wargin schaute, blitzten ihre Augen.

Sie bückte sich und mit starken Fingern umklammerte sie die Beine der Wargin direkt über den Pfoten – das rechte Vorder- und das rechte Hinterbein. Sie zog sie zur Seite und fing dann an, sie wie die Griffe einer Schubkarre hochzuheben. Eine harte Arbeit, denn das Tier war schwer, aber auf diese Weise lastete wenigstens der Großteil ihres Leibes auf dem Boden. Außerdem konnte die Wargin jetzt nichts ohne weiteres Aufstehen.
Die Halborkin ächzte und stemmte sich mit vollen Körpereinsatz in die Arbeit.

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Montag 29. Oktober 2012, 10:17

Marga nutzte ihre Erfahrung. Im richtigen Moment griff sie auf alt bewerte Handlungsweisen zurück und spreizte, wie beim Schieben einer Schubkarre, das rechte Vorder- und Hinterbein der Wargin so weit ab, dass diese nicht auf die Beine kam. Ganz im Gegenteil, das zottelige Fell bot guten Griff und mit vollem Körpereinsatz stemmte sich die Halborkin unter die beiden Beine um sie anzuheben. Ein gutes Stück funktionierte der Plan ganz ausgezeichnet, doch als sie das massige Tier fast auf die Seite gedreht hatte, bemerkte dieses, dass es ausgehebelt werden sollte und versuchte nun auf die verbleibenden zwei Pfoten zu kommen. Das massige Tier begann zu zappeln und zu schwanken, doch Marga drückte die Beine fest durch und brüllte ihre Anstrengung hinaus. Das Wargweibchen versuchte sich auf das linke Hinterbein zu stellen und von Marga weg zu kommen, aber verlor dabei plötzlich das Gleichgewicht und riss die Halborkin mit sich. Vierbeinige Tiere warnen es halt nicht gewöhnt sich auf nur zwei halten zu müssen. Ragna fiel und rollte über ihre Hüfte auf den Rücken, eine Position die ihr überhaupt nicht zu gefallen schien, denn sie gab seltsam heiser, quietschende Laute von sich. Marga brauchte nicht nachzudenken, um zu erkennen, dass jetzt ihre Chance gekommen war, um ihre Dominanz zu beweisen. Sie ließ sich einfach mitreißen und griff schnell um um sich an die Kehle des Tierschädels zu gelangen. Das längere Krangenfell bot dabei guten Halt und Ragna schaffte es mit den Pfoten in der Luft tretend, gerade mal Marga noch mal in den Bauch zu treten. Marga war willens und widerstandsfähig genug um den Schlag einzustecken und mit der Kraft ihres Kiefers in die weiche Unterseite des Halses zu beißen. Sie hatte bei der Hündin, die sie eine Zeit lang begleitet hatte, gesehen, wie diese im Spiel ihre Beute schüttelte und ahmte die Bewegung einer Eingebung folgen nach. Ragna hielt sofort ganz still und die Pfoten knickten ohne weiteren Widerstand ein. Ein paar Sekunden lagen beide vollkommen still da. Der Körper unter Marga, der nur aus Knochen, Fell und Muskelbergen bestand, erschlaffte langsam immer mehr, bis sie ganz entspannt atmete. Ein leises, gurrendes Geräusch zeigte ihre Unterwürfigkeit an. Marga hatte Ragna mit Wissen und Intelligenz besiegt, Fähigkeiten die die Wargin einfach überrascht hatten, die sonst nur das grobe Tollen der Orks kannte. Der Geschmack von Dreck, altem Blut und wer weiß noch was sonst in ihrem Mund, ließ Marga bald ihren Biss lösen und sie sah wie sich der Kopf des Wargweibchens ihr zu drehte. Ihre Zunge hing „lächelnd“ aus den Lefzen und sie hechelte aufmerksam. Als Marga sich langsam erhob und aufstand, rollte auch Ragna sich wieder auf die Füße, stand dann vor ihr, machte einen Schritt nach vorne und drückt ihre Stirn deutlich sanfter als zuvor an Margas Brust. Ihr warme Zunge leckte dabei ihre herabhängende Hand. Das Fell lud zum Kraulen ein.
Von der Seite näherten sich Schritte und Orok, gefolgt von Ranathor kamen näher. Der Ork grinste so breit, dass seine Hauer Gesellschaft von einer ganzen Reihe von gelblichen, teils sehr spitzen, Zähnen bekamen.
„Jetzt aufsteigen und reiten! Ihr euch kennenlernen müssen. Du ihr zeigen müssen, was du wollen. Reiten von Warg nicht wie Pferd. Wargreiten …. besser! Wenn ihr gut, dann sie für dich kämpfen können!“
Orok sah stolz aus. Ein paar weitere Orks beobachteten die Szenerie aus einiger Entfernung und vielleicht war er sogar froh, dass Marga sich so gut angestellt hatte.
Ragna und Marga waren bereit es mit einander zu versuchen, also warum es nicht gleich versuchen. Auf Ranathor war sie ja schon geritten. Sie schwang sich auf Ragnas Rücken und die Wargin drehte sich ein paar Mal um die eigene Achse um an Margas Bein zu schnuppern. Bevor Marga jedoch schwindlig werden konnte, bleibe sie stehen und schaute zu Ranathor, da Orok sich ebenfalls gerade auf seinen Rücken geschwungen hatte und die Bewegung sie abgelenkt hatte. Orok grinste Marga noch mal an und grub seine Pranken tief in das Nackenhaar des Wargmännchens. Die beiden Männer setzten sich langsam in Bewegung und Ragna lief einfach hinterher. Das sie etwas zusätzliches Gewicht auf ihrem Rücken trug, schien sie nicht wirklich zu stören. Das Einreiten sollte sich einige Stunden hinziehen und Marga spürte bald jeden Knochen in ihrem Leib. Die Wirbelsäule der Wargs war bei weitem nicht so flach und gemütlich zum Sitzen, wie die eines Pferderückens. An die veränderte Sitzposition musste sie sich erst einmal gewöhnen. Das Reiten an sich, war ohne Sattel auf dem schmaleren, spitzeren Rücken etwas schmerzhaft, aber die wölfische Gangart hatte auch seine Vorteile. Wenn Marga sich nach vorne lehnte, wurde Ragna schneller, verlagerte sie ihr Gewicht nach hinten, drosselte sie das Tempo damit und konnte sie sogar damit leicht zum rückwärts laufen bewegen. Zog sie dann noch an dem Nackenfell, richtete sich das Wargweibchen schnell auf die Hinterbeine um spielerisch gegen Ranathor die Krallen zu erheben. Es war ein intuitives Training und Tier und Reiterin verschmolzen schnell zu einer Einheit. Ragna machte das neue „Spiel“ sichtlich Freude und tänzelte gern mal um den größeren Ranathor herum, der zwar stärker war, aber durch seine Masse ihr in Geschwindigkeit unterlegen war. Da Marga auch deutlich weniger wog als ein normaler Orkkrieger, konnte das Wargweibchen auch noch ganz andere Wendungen vollführen, sofern Marga sich ordentlich fest hielt. Spielerisch wurden die Möglichkeiten erprobt und beide hatten ihre Freude daran, auch wenn Margas Muskeln bald um Erlösung schrieben. Ragna hingegen schien keinerlei Ausdauer zu verlieren und rieb wieder ihren breiten Schädel gegen Margas Rücken, als diese dann entkräftet und zitternd abgestiegen war. Orok sprach nicht viel, aber war sichtlich stolz auf „sein Mädchen“. Gemeinsam, vielleicht sogar auf seinen Arm gestützt gingen sie zurück zum Lager, wo Belenus auf sie wartete. Orok sah irgendwie enttäuscht aus, als er den Elfen sah. Er zögerte, meinte aber dann:
„Ich euch alleine lassen. Marga aber schnell schlafen müssen. Morgen wichtig Tag!“
„Ich weiß.“
Belenus Antwort war kurz und er begleitete Marga ins Zelt der Elfen hinein. Drinnen wartete er, bis die Halborkin erschöpft sich gesetzt hatte. Laiya war nicht da und Belenus Laune hatte sich anscheinend nicht verbessert. Er sah ihren suchenden Blick und antwortete darauf flüsternd:
„Laiya ist noch immer bei Morg. Sie reden die ganze Zeit über Kräuter, wenn ich dabei bin und wenn sie glauben ich höre nicht zu, erzählt sie ihm meiner Meinung nach viel zu viel über ihre Heimat. Mir kommt da alles sehr komisch vor. Wenigstens konnte ich mich so mal eine Weile entschuldigen und mich um den wagen kümmern.“
Dabei zuckte er wenigstens etwas besser gelaunt mit einer Augenbraue.
„Ich habe den Boden im Gefängniswagen so präparieren können, dass eine Flucht für uns jederzeit möglich ist. In der hinteren linken Ecke, von der Tür aus gesehen, kann man jetzt mühelos drei Bretter abheben. Sie haben uns ein paar Felle rein geworfen, die die Stelle gut verbergen. … Ich vertrau diesen Orks nicht. Und diesem Schamanen erst recht nicht! Hast du irgendwas heraus gefunden?“
Der Waldelf sah Marga mit einer Mischung aus Wut über ihre Situation und Hoffnung auf eine positive Antwort von ihr an.
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Sonntag 4. November 2012, 16:55

Erfolg! Das Wargmädchen war gestürzt und sie selbst stand noch auf den Beinen. Der letzte Stoß in den Bauch brachte sie auch nicht zu Fall. Ein Sieg errungen durch Tricksereien, aber immer noch ein Sieg. Und jetzt musste sie dem Vierbeiner in die Kehle beißen, wenn sie es richtig verstanden hatte?
Auch wenn ihr das tierische Gehabe nicht gefiel, so beeilte sie sich, dem nachzukommen. Sie bückte sich, legte eine Hand bestimmt auf die Schnauze und mit der anderen hielt sie die Vorderbeine. Sie entblößte ihre Reißzähne und widerwillig legte sie diese an.

Marga konnte den Puls des Tieres über die angelegten Zähne spüren. Das heiße Blut strömte darunter. Und in der Halborkin erwachte ein Urimpuls. Sie hatte gewonnen, die Beute gehörte ihr. Einmal stark zubeißen und das Leben des Tieres war beendet. Man hatte ihr die Pferde genommen und nur Fleisch konnte für Fleisch, Blut für Blut bezahlen. Es wäre ihr gutes Recht.
Aber nicht ihr ganzer Geist war diesem Trieb untergeordnet. Die Kälte in ihrem Blut hielt sie zurück, mit dem Einwand, dass das ganze dumm und fruchtlos wäre. Und Eis und Feuer kämpften in ihrem Herzen, Wut gegen Berechnung. Der Konflikt währte nur eine Sekunde, dann hatte Marga ihre Ruhe zurück erlangt.
Leben bezahlt für Leben. Sie zog eine Hautfalte der Kehle hervor und zwickte mit ihren Eckzähnen hinein, damit die Wargin wusste, dass sie sich hätte anders entscheiden können. Dann stand sie auf und spukte erst einmal aus. Fellhaare und Schmutz, widerlich!

Ragna – Marga beschloss, dass sie diesen Namen behalten durfte – stand ebenfalls auf. Die Halborkin griff ihr ins Nackenfell und kraulte sie dort. Dann kam der Bereich hinter den Ohren dran, während sie ihr mit den Daumen die Schläfen massierte.
Es war zu erwarten, dass sie jetzt einen Schnellkurs im Reiten machten. Sie hatte ja schon einmal auf Ranathor gesessen und ein Gefühl dafür bekommen. Diesmal ging es aber nicht nur darum, sich festzuklammern, sondern das Tier zu lenken.

Während dieser Stunden konnte Marga bereits einiges über das Wargreiten lernen. Die Tiere waren weniger brav als Pferde – was aber nicht an fehlender Treue lag. Tier und Reiter mussten sich bei den Bewegungen einig sein. Auf diese Weise ging alles intuitiver ab und beide profitierten von der Erfahrung des jeweils anderen. Sie saß niedriger und unbequemer als auf einem Pferd und bekam die Strecke indirekt bei jedem sprunghaften Schritt zu spüren. Das laugte einen ungeübten Reiter schnell aus und Marga gehörte zu diesen. Aber ihre Mentalität trieb sie dazu, die Zähne zusammenzubeißen und es durchzustehen.
Der Ritt kam einem schnell vor, weil die Zickzack-Bewegung nach oben und unten die zurückgelegte Strecke verlängerten. Aber sie stellte fest, dass auf ebener, freier Strecke ein Warg einem Pferd an Ausdauer und Schnelligkeit weit unterlegen war. Aber im unebenen Gelände, Hügel und im Wald war der Warg gegenüber dem Huftier eindeutig im Vorteil.
Am Ende versuchte sich Marga noch an einem kleinen Kunststück. Sie ließ Ragna eine enge Kurve laufen, lehnte sich dabei tief in die Krümmung und schnappte sich ihren Mantel vom Boden.

Als sie am Ende abstieg, tat ihr alles weh. Sie stand breitbeinig da, Lippen zusammengepresst, die Augen zu Schlitzen verengt. Als ihre Wargin weiterspielen wollte, meinte sie bloß: „Nein Ragna, nicht mehr heute.“
Sie stützte sich auf ihren Freund und lief ächzend zum Lager zurück. Wargs waren keine Schoßtiere, die man überall dabei hatte. Sie blieben hinter ihrem Gatter, wo sie Freiraum und die restlichen Pferdeknochen als Futter hatten.
Belenus wartete bereits. Marga folgte ihm bereitwillig ins Zelt und hörte sich an, was er zu sagen hatte. Sie selbst sammelte einige Felle und legte sich auf den Bauch, anstatt sich hinzusetzen, wobei sie das wunde Gesäß undamenhaft in die Höhe streckte.
„Wargreiten anstrengend.“, erklärte sie matt. Dann legte sie ihre Hände auf das Körperteil und kühlte es mit ihrem letzten Rest Kraft. Das sollte auch ihre magische Übung für heute sein.
„Sprechen leise, näher kommen.“, erklärte sie. Sie glaubte zwar nicht, dass Lauscher um das Zelt herum lauerten, aber man konnte nicht vorsichtig genug sein.

„Mich glauben, ihr zwei werden verratet. Pferde weg, Laiya nicht sie selbst. Mich haben erfahren, dass Morg geben Geld an Dunkelelfen.“ Nicht nur wegen der Erschöpfung, sondern auch aus düsterer Vorahnung verzog sie das Gesicht. „Mich wissen, wieso das alles. Orks hier haben keine Heimat, keine Frauen, keine Kinder, aber viel Geschichte. Wenn nicht bald Gunst von Dunkelelfen, dann werden Armee alter Männer. Würden du wollen sein Anführer von untergehend Clan?“
Ihre Behandlung hatte etwas Milderung geschafft und Marga genoss diese paar Augenblicke.
„Selbst wenn mich falsch, was Unterschied? Wir nicht können bis Ende mit Konvoi. Die da Fragen stellen, die nicht können antworten. Aber jetzt auch nicht abhauen können. Also müssen mitmachen bis gut Zeitpunkt.“

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Montag 5. November 2012, 19:42

Wargs waren schon erstaunliche Tiere. Wenn sie auch auf gerader Strecke einem Pferd sicher unterlegen waren, so liebten sie das Hakenschlagen, steiles Gelände und schnelle Wendungen. Das Reiten Ragnas war so ganz anderes als das auf einem Pferd, aber machte auch unglaublich viel Spaß. Sie war kein Fluchttier sondern ein Jäger, was man auch in den Bewegungen bemerkte. Sie konnte Schleichen, im geduckten Gang laufen, unglaublich schnelle kurze Spurts einlegen und mit war mit ihren Krallen und dem kraftvollem Gebiss ein gefährlicher Verbündeter. Am beeindruckendsten war jedoch die Ausdauer die das Wargweibchen besaß. Als Marga sich von ihr verabschiedete stand sie noch lange am Gatter und sah der Halborkin leise winselnd hinterher, doch Marga konnte nicht mehr. Sie brauchte Ruhe und Kühlung für bestimmte Körperregionen, wäre auch nicht zu verachten. Als sie am Zelt ankamen verabschiedete sich Orok etwas unwillig und dann lauschte sie dem Bericht des Waldelfen. Marga rieb sich ihre Rückseite.
Angenehm kühl wirkte die Magie auf Margas geschundenen Hinterteil. Belenus schien ihr undamenhaftes Verhalten nicht zu stören.
„Wargreiten anstrengend.“
Belenus schmunzelte nur sehr kurz, fast verhalten. Die Situation war zu angespannt für Scherze.
„Sprechen leise, näher kommen.“
Der Waldelf rückt noch näher und lauschte.
„Mich glauben, ihr zwei werden verratet. Pferde weg, Laiya nicht sie selbst. Mich haben erfahren, dass Morg geben Geld an Dunkelelfen.“
Belenus Augen verloren ihren typisch freundlichen Glanz immer mehr und eine tiefe Stirnfalte bildete sich zwischen seinen Brauen.
„Mich wissen, wieso das alles. Orks hier haben keine Heimat, keine Frauen, keine Kinder, aber viel Geschichte. Wenn nicht bald Gunst von Dunkelelfen, dann werden Armee alter Männer. Würden du wollen sein Anführer von untergehend Clan?“
Seine Augen zuckten, als würde er intensiv über etwas nachdenken, aber er hörte weiter zu.
„Selbst wenn mich falsch, was Unterschied? Wir nicht können bis Ende mit Konvoi. Die da Fragen stellen, die nicht können antworten. Aber jetzt auch nicht abhauen können. Also müssen mitmachen bis gut Zeitpunkt.“
Belenus sah eine kleine Weile nur starr auf den Boden. Seine ganze Körperhaltung, sein Gesichtsausdruck, alles spiegelte die innere Anspannung wieder, die ihn erfüllte. Er flüsterte:
„Ich hatte die ganze Zeit kein gutes Gefühl, aber Laiya … ich … Ich komm nicht an sie heran. Sie ist ständig mit diesem Schamanen unterwegs und hat immer eine Erklärung parat, wenn ich sie auf eine Unstimmigkeit aufmerksam machen will. Ich glaube langsam wirklich, dass dieser Morg irgendetwas mit ihrem Geist angestellt hat. Eine andere Erklärung habe ich nicht. Aber du hast recht! Es bringt nichts, sich jetzt schon verrückt zu machen! Wir müssen einen guten Zeitpunkt für die Flucht abwarten. Mit roher Gewalt oder Kampf kommen wir hier nicht raus. Ich habe Laiya auch nicht in den Plan mit dem präparierten Boden im Wagen eingeweiht. Ich weiß nicht wie stark die Verbindung zu dem Schamanen ist. Ich … ich fühle mich so, als würde ich sie hintergehen, aber ich will doch … doch nur meine Frau zurück haben!“
Belenus sah für einen Moment richtig verzweifelt aus. Seine Köchel an den Händen schimmerten weiß und er konnte Marga nicht ins Gesicht sehen. Die Adern an seinen Schläfen traten hervor und Marga kannte die Zeichen nur zu gut. Sicher hätte er nur zu gern seine Klinge in den Hals des Schamanen getaucht, der den Geist seiner Frau vergiftete. Wie musste es sich wohl anfühlen, wenn man hilflos mit ansehen musste, wie die Liebe seines Lebens langsam sich in eine völlig fremde Person verwandelte. Für einen kurzen Moment konnte er sein Leid und seine Wut darüber nicht mehr verbergen. Doch die Folgen von einem solch unüberlegten Handeln, war es noch so wünschenswert, lagen offen auf der Hand. Sie würden keine zwei Minuten überleben! Marga sah sich allerdings nun auch selber immer mehr im Zwiespalt. Auf der einen Seite gab es ihre elfischen Freunde, mit denen sie schon viel erlebt hatte und auf der anderen Seite war da Orok, in den sie sich verliebt hatte und ihre orkischen Wurzeln, über die es noch so viel zu lernen gab. Vielleicht dachte sie in diesem stillen Moment darüber nach, vielleicht auch nicht.
Der Rest des Abends verlief in bedrücktem Schweigen und nur einmal brachte Orok noch eine kleine Mahlzeit vorbei, die auch nicht aus Pferdefleisch bestand. Nach dem Essen wurde Marga so müde, dass sie kaum noch die Augen offen halten konnte. Der Ritt auf Ragna hatte sie sehr erschöpft und Oroks vorsichtiger Kuss im Beisein des Elfen, war wie ein Signal zum Einschlafen. Es machte kurz den Eindruck, als wollte Orok noch etwas von Marga, aber er schwieg. Nachdem der Ork gegangen war flüsterte Belenus noch:
„Schlaf, Marga. Wir brauchen ab morgen deinen wachen Verstand, und deine Augen und Ohren außerhalb des Gefängniswagens … Möge Phaun uns gewogen sein auf dieser Reise.“
Marga war schon in einen Dämmerzustand über gegangen, als Laiya zu Belenus zurück kehrte und ausgesprochen knapp und kühl erklärte, dass sie jetzt ruhen würde. Ihr Gatte bestätigte, dass dies wohl eine gute Idee sei und stellte ihr keine weiteren Fragen.

Der nächste Morgen weckte Marga in dem sie von jede Menge Unruhe um ihre Schlafstätte hörte. Als sie sich bewegen wollte, merkte sie schnell den kräftigen Muskelkater, der sich auf der Innenseite ihrer Oberschenkel fest gesetzt hatte. Ihrem Hintern ging es im Gegensatz dazu, nach der Behandlung des Vorabends, recht gut. Angesteckt von dem stetigen Treiben um ihr Zelt herum beeilten sie sich, sich anzuziehen und ihre Sachen zusammen zu packen. Kaum steckten sie ihre Köpfe aus dem Zelt brüllte irgendjemand etwas in der grollenden Sprache der Orks dem Schamanenzelt entgegen und wenig später kam Morg aus dem Eingang auf sie zu. Er nickte allen zur Begrüßung zu, verweilte dann mit seinen Augen auf der Eiselfe, als er sprach:
„Ihr müsst heute noch einmal viel essen. Auf der Reise werdet ihr nicht viel bekommen. Ihr werdet wie Sklaven behandelt werden.“
Sein Blick wanderte über die Ausrüstung der beiden Elfen.
„Gebt mir eure Waffen.“
Laiya begann sofort ihren schmalen Gürtel mit dem Dolch an der Seite abzuschnallen, doch Marga sah deutlich den Widerstand in Belenus Augen aufflammen. Er hielt den Schaft seines Bogens, der so sehr zu ihm gehörte wie sein Atmen umklammert, dass Marga befürchten musste ihr Plan würde scheitern, noch bevor die Reise begonnen hatte. Belenus zögerte zu lange und Laiya sah ihn kalt an. Ihre Stimme klang fast ekelhaft amüsiert:
„Was soll das … Schatz? Glaubst du, die dunklen Horden werden uns unser Rolle als Sklaven abnehmen, wenn du deinen Bogen bei dir hast?!“
Belenus schluckte. Wahrscheinlich war es nicht nur Wut die da ganz tief in seinem Innern kochte. Der Schamane versuchte zu ermitteln.
„Ich werde sie Orok geben. Er kann sie als zusätzliches Geschenk für den Herrscher tarnen.“
Morg musterte den Bogen.
„Er sieht gut aus.“
„Er ist ein Meisterstück!“
presste Belenus hervor und streckte widerwillig den Arm aus um sich entwaffnen zu lassen. Der Schamane umschloss mit seinen Fingern den Langbogen des Elfen, der auf einmal in seiner Pranke wie ein Kurzbogen für Kinder wirkte. Aus einiger Entfernung rumpelte der Gefängniswagen heran und Orok saß oben auf dem Kutschbock. Ranathor und Ragna waren hinten mit Ketten an den Wagen gebunden und vorne zogen vier weitere Wargmännchen in Geschirren das schwere Gefährt. Dicke Holzplanken, dicht vernagelt, boten kaum eine Ritze und nur das vergitterte Fenster in der massiven Tür bot Licht und Luft zum Atmen. Orok grinste Marga an und klopfte neben sich auf den Kutschbock. Dort sollte also erst einmal ihr Platz sein. Der Schamane ging zu der Tür und sperrte sie mit einem Schlüssel auf, dessen Schloss eine dicke Kette hielt. Der zusätzliche Balken wurde angehoben und die Tür geöffnet. Im Innern waren wenigstens ein paar Felle ausgebreitet worden, wie Belenus es am Abend zuvor Marga beschrieben hatte. Morg drehte sich noch einmal zu den Elfen um und musterte sie gründlichst. Er ging auf Laiya zu riss an ihrem Ärmel. Belenus ließ nicht zu, dass er sich ihm näherte, sondern kam ihm zuvor, indem er selbst seine Kleidungsstücken den Anschein eines Kampfes gab. Der Schamane nickte nur zufrieden, da der Elf offensichtlich verstanden hatte, worum es ging.
„Macht euch noch Dreck auf die Kleidung.“
Als die Fassade vollständig, glaubhaft angepasst worden war, bedeutete er den beiden Elfen einzusteigen und schloss die Tür hinter ihnen.
„Redet nicht, wenn ihr nicht gefragt werdet. Am besten zeigt ihr große Furcht, dann wird euch nicht so viel passieren. Widerstand regt sie an und macht sie glücklich … Ich wünsche euch eine gute Reise.“
Mit den letzten Worten drehte er sich vom Wagen weg und reichte Orok eine schmale Lederrolle, mit den versprochenen Befehlen und den Schlüssel für den Wagen.
„Pass gut auf Marga auf.“
Er sah Marga an und lächelte. Seine Hauer glitzerten feucht.
„Ihr kreuzt vielleicht Lukra's Route. Grüße ihn von mir und er wird dich und Marga gut behandeln.“
Die orkischen Worte wurden an Orok gesprochen, doch er ließ sie wie einen „Gute Reise - Spruch“ klingen indem er sich dabei leicht verbeugte und immer noch lächelte. Orok hielt dem Schamanen die Hand hin um die Waffen der Elfen entgegen zu nehmen und verstaute sie dann unter der Sitzbank des Wagens. Dann reichte er auch Marga die Hand um ihr beim Hochklettern zu helfen.
Die Reise konnte beginnen.
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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Marga » Sonntag 11. November 2012, 19:04

Marga stellte fest, dass es Belenus unglaublich bedrückte, dass seine Frau ihm immer fremder wurde. Sie wollte ihn irgendwie trösten, aber ihr fiel nichts ein. Sie fühlte sich schuldig, denn es war ihr Bemühen gewesen, dass der Schamane sie heilte. Wären sie damals an diesem Wald vorbei geritten, dann wäre vielleicht alles anders gegangen. Aber Marga lebte nicht in der Welt der Dinge, die passiert sein können.

Und trotz ihrer Erschöpfung und der Hoffnungslosigkeit bleckte sie ihre Zähne. Im verschwörerischen Ton flüsterte sie: „Das Spiel man kann zu zweit spielen. Magie sein wie heiße Kartoffeln.“ Ein schöner Vergleich, den sie sogleich erklärte. „So lange Kartoffeln auf Herd, bleiben heiß. Aber wenn nicht, dann langsam abkühlen.“ Sie meinte damit, dass sobald Laiya aus dem Einflussbereich des Schamanen war, sich alles richten würde.
Und auch wenn Marga keine gesellige Frau war, kam von ihr ein verrückter Vorschlag.
„Du sein viele Tage ganz allein mit Laiya in Wagen. Und egal ob sie will oder nicht, du mit ihr reden. Über die schöne Zeit, die ihr miteinander verbracht. Über euer erstes Treffen, über euer erstes Mal. Und wenn dann Zeit reif, du benutzt Lichtmagie, um ihren Geist befreien. Ich denken, das klappt.“

Sie redeten nur noch wenige Wort. Die Stimmung war bedrückt. Belenus ging seinen eigenen Gedanken nach und Marga kühlte ihr Gesäß. Als sie nach einer Weile endlich sitzen konnte, nahm sie die Keule hervor und drehte sie in ihren Fingern, schlug ein paar Mal prüfend in die Luft damit. Da kam ihr ein ungutes Gefühl, sie nahm das Buch der Orks hervor und blätterte sie Seiten durch, wobei sie sich an den Bildern orientierte, bis sie fand, was sie suchte.
Sie nahm es beunruhigt, aber kühl zur Kenntnis, dass sie heute ohne es zu wissen einen Heiratsantrag bekommen hatte. Das war zu früh und unüberlegt von Orok, zumindest für den Standard der Menschen. Und auch aus Margas Sicht war eine solch kurze Zeit kindisch.

Den weiteren Abend las sie in dem Kapitel des Buches, in der es um orkische Schwächen ging. Sie redete sich ein, dass sie nur ihre eigenen Schwächen auszumerzen trachtete, aber sie hatte auch einen listigen Hintergedanken. Jähzorn und handwerkliches Missgeschick waren Dinge, die sie nicht ausnutzen konnte. Aber der Aberglaube... Das war lesenswert.

Am nächsten Morgen wachte sie gestört vom Lärm auf. Offenbar waren draußen die letzten Vorbereitungen getroffen worden. Es gab also keine Schonfrist mehr. Als sie nach draußen trat, bekam sie das mit dem Bogen mit. Laiyas Spott über den Bogen verärgerte sie leicht, aber man musste ihr verzeihen, weil sie nicht sie selbst war.
Sie warf einen Blick ins Innere des Wagens. Es war niedrig, doch weil der Wagen für mehr Gefangene gemacht war, gab es mehr als genug Raum für zwei. Sie vermied jeden Blick auf den Boden des Wagens, um auch nicht den leisesten Verdacht aufkommen zu lassen. Das mit den Dreck hielt sie für eine unnötige Sauerei, aber sie durfte sich nicht beschweren. Sie musste sich als fiese Wächterin ausgeben.
Sie ging vor der Abfahrt noch einmal zu ihrer Wargin und kraulte Ragnas Nackenfell. Dann umrundete sie den Wagen und kletterte auf den Kutschbock. Hinter dem Kutschbock lagerte Futter für die Wargs, Proviant, Felldecken, Feuerstein und Stahl und Oroks Waffen.
Orok trieb die Wargs an und der Wagen rumpelte los. Marga tat so, als ob sie sich die Müdigkeit aus dem Gesicht rieb. Als Frühaufsteherin war sie eigentlich hellwach. „Mich haben tief geschlafen. Aber schlecht. Schlimm Traum.“ Sie blickte zur Orok und drehte sich weg. „Du vergessen. Das bestimmt unwichtig.“

Der Köder war gelegt.

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Re: Auf den Spuren des Vaters

Beitrag von Erzähler » Montag 12. November 2012, 21:09

Marga tat es richtig leid Belenus so zu sehen und sie versuchte ihn aufzumuntern und Hoffnung zuzusprechen.
„Das Spiel man kann zu zweit spielen. Magie sein wie heiße Kartoffeln.“
Ihr gefiel ihr schöner bildlicher Vergleich.
„So lange Kartoffeln auf Herd, bleiben heiß. Aber wenn nicht, dann langsam abkühlen.“
Die Idee war einfach und doch brillant. Ja, sie hatte sich Gedanken gemacht.
„Du sein viele Tage ganz allein mit Laiya in Wagen. Und egal ob sie will oder nicht, du mit ihr reden. Über die schöne Zeit, die ihr miteinander verbracht. Über euer erstes Treffen, über euer erstes Mal. Und wenn dann Zeit reif, du benutzt Lichtmagie, um ihren Geist befreien. Ich denken, das klappt.“
Belenus nickte und wägte schweigend das für und wieder einer solchen Konfrontation ab. Er musste einen guten Zeitpunkt abwarten und durfte nicht zu früh versuchen den Einfluss des Schamanen zu durchbrechen. Margas Argumente waren gut und richtig. Es galt Fingerspitzengefühl zu beweisen. Er musste seine Frau behutsam zurück zu jenen Momenten führen in denen sie ihre Liebe entdeckt hatten, denn wenn die Halborkin mit etwas Recht hatte, dann damit, dass Liebe der richtige Weg war. Er nickte ein paarmal hintereinander in Gedanken verloren, als sortierte er Bilder ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Bei dieser Aufgabe konnte Marga ihm nicht helfen, aber sie konnte sie beide von außen beschützen. Sie wechselten nur noch wenig Worte und Marga nahm sich ihr Buch noch einmal zu Gemüte. Eine Kapitelüberschrift hatte es ihr besonders angetan:

Schwächen:
Orks sind sehr jähzornig. Fühlen sie sich in ihrer Ehre verletzt oder spricht jemand schlecht über ihren Clan – sofern sie einen engen Bezug zu jenem haben –, so lassen sie schneller Fäuste und Waffen sprechen als sich eine konternde Antwort zu überlegen. Die besten Denker sind sie nämlich nicht. So wird ihnen eine Welt der Theorien, Etikette oder Rechtssysteme menschlicher Völker immer als zu kompliziert vorkommen.
Viele Orks mögen mutig bis gar furchtlos sein, doch eine Schwäche ist ihr großer Aberglaube. Sie lassen sich vor allem schnell von Geistern und Schemen beeindrucken. Feenwesen allerdings belächeln sie und trauen ihnen keine gefährlichen Taten zu. Doch Geisterwesen kann man mit keiner Axt bekämpfen. Ohne einen Magier auf ihrer Seite fliehen sie lieber, nennen dies aber einen „Rückzug, weil Feind in der Überzahl“.
Interessanterweise haben Orks wie Wildscheine eine Schwäche für Trüffel, die irgendwo in Höhlen des Drachengebirges oder im Boden der Toten Ebene zu finden sind.
Orks können schwer mit Handwerkszeug umgehen. Neben Schnitzen mit einem Messer verstehen sie sich so gut wie gar nicht auf solche Arbeiten. Ihnen fehlt hier das nötige Geschick.


Marga sah schnell ein, dass manche der Hinweise hilfreich sein konnten und andere wiederum vollkommen ohne Nutzen für ihre Situation. Ein Plan reifte über Nacht und am nächsten Morgen hatte sie ein gute Idee. Vor der Abfahrt ging sie noch einmal zu Ragna um ihr das Nackenfell zu kraulen und erhielt eine ausgiebige Handwäsche als Dank und Zeichen ihrer Zuneigung zurück. Dann kletterte sie zu Orok auf den Kutschbock und die Reise konnte beginnen. Der Wagen setzte sich rumpelnd in Bewegung und Marga rieb sich den Schlaf aus den Augen.
„Mich haben tief geschlafen. Aber schlecht. Schlimm Traum.“
Sie blickte zur Orok und drehte sich dann weg. Orok ließ die Zügel fallen und starrte Marga an. Man sah ihm förmlich an, dass seine zwei grauen Zellen miteinander stritten, beziehungsweise nichts von einander wussten. Am liebsten wäre er wohl sofort umgedreht um den Schamanen Marga untersuchen zu lassen, aber andererseits hatte er seine Befehle. Die Wargs wurden langsamer ohne die Führung ihres Kutschers und Marga sprach weiter, damit seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Tätigkeit gelenkt wurde.
„Du vergessen. Das bestimmt unwichtig.“
Er zuckte kurz und bemerkte dass ihm die Zügel entglitten waren, hob sie auf und grunzte etwas auf Krz'ner:
„Vorwärts!“
Orok war kein Ork, der gut verbergen konnte was er dachte, deshalb war es auch leicht in seinem Gesicht zu lesen, dass er die gestreute Information genauso ankam, wie Marga sich das erhofft hatte. Marga hatte den Köder gut platziert und Orok hatte angebissen. Ganz bewusst hatte sie sich also entschieden, ihrem „Verlobten“ Angst zu machen. Der stattliche Ork neben ihr starrte eine Weile nur noch nach vorne und murmelte leise in seiner Heimatsprache:
„Nicht gut, das gar nicht gut! Böses Omen! Muss aufpassen!“
Marga verstand vielleicht noch nicht die Worte, aber den Sinn und die Stimmung konnte sie gut herausfiltern.

(weiter bei: Der Urwald Kapayu – Die Küstenstraße)
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