Margas Steckbrief |
Name
Ihr Name ist Marga.
Rasse
Sie ist ein Halbork. Ihre Mutter war eine Menschenfrau und ihr Vater ein Ork.
Alter
Sie ist 20 Jahre alt.
Geschlecht
Sie ist eine Frau.
Beruf
Bisher hat sie keinen wirklichen Beruf gehabt, sie hat nur in dem Haus ihres Ziehvaters alle anstehenden Arbeiten erledigt. Sie strebt danach, eines Tages eine Magierin zu werden, auch wenn ihre Rasse sie nicht gerade dafür qualifiziert.
Heimat
Seit ihrer Geburt lebte sie im Königreich Jorsan, in dem Dorf Jersa. Noch nie war sie außerhalb des Dorfes oder der umliegenden Äcker und Wälder gekommen, was sich aber bald ändern würde.
Gesinnung
Marga sind die Probleme anderer Leute egal. Die vielen Jahre ohne Liebe und gesellschaftlicher Ausgrenzung wegen ihrer Rasse haben sie lieblos und kaltherzig gemacht, weswegen sie nur an ihre eigene Person denkt – neutral mit Hang zum Bösen.
Magie
Magie ist eine heikle Sache. In ihren Adern fließt auch das Blut eines Orkes, welches das Zaubern erschwert und zusätzlich ist Marga alles andere als schlau, sodass sie es mit all ihrer Willenskraft und Ausdauer nur geschafft hat, rudimentäre Kenntnisse in der Eismagie zu sammeln. Ihre bisherige Höchstleistung besteht darin einen Becher voller Wasser in Eis zu verwandeln.
Sprache
Die Halborkin beherrscht Celcianisch und auch ein bisschen Garmisch, die beiden Sprachen, mit denen sie aufgewachsen ist. Sie hatte nie die Möglichkeit, eine andere zu lernen und selbst wenn, sie würde es nicht schaffen, weil sie nicht die nötigen geistigen Fähigkeiten dafür besitzt.
Glaube
Marga glaubt, dass die Götter existieren, aber ihrer Meinung nach mögen die Götter keine Halborke. Das ist darauf zurückzuführen, dass der Priester in Jersa es ihr wegen ihrer Rasse verboten hatte, die Dorfkapelle auch nur zu betreten. In ihrem einfach gestrickten Geist glaubt sie, dass die Götter reale Personen sind, die in den Tempeln wohnen und Besuche von Gläubigen entgegennehmen. So kommt es, dass sie nie betet und keinen Respekt vor den Göttern hat.
Aussehen
Margas Anblick verrät nur den wenigsten auf Anhieb ihre Rasse. Der menschliche Anteil ihres Aussehens überwiegt zwar, aber wer ein paar Minuten in ihrer Nähe verbracht hat, kann auch an einigen Merkmalen das Orkische entdecken. Zum einen ist Margas Hautfarbe leicht grünlich, wenn auch nur ziemlich latent. In Dunkelheit ist es fast unmöglich das zu erkennen, aber am Tag und bei genug Licht erkennt man eindeutig einen Grünstich. Viel mehr als an ihrer Haut kann man es an ihrer Statur erkennen, dass sie kein reiner Mensch ist. Sie ist breiter und kräftiger gebaut – man könnte sie sogar schon als stämmig im Vergleich zu Menschenfrauen bezeichnen. Nebenher gibt es noch ein paar weitere, weniger ersichtliche Merkmale. Zum Beispiel besitzt sie eine für Frauen eher untypisch starke Behaarung an Beinen, Armen und Handrücken und ihre Nase ist sehr kurz und flach. Würde man auf ihre Zähne sehen, so fände man keine Backenzähne vor, sondern nur eine Reihe scharfer Reißzähne; Die orkischen Hauer fehlen ihr zum Glück komplett.
Mit fünf und einem halben Fuß Größe ist sie etwas größer als der Durchschnitt der menschlichen Frauen. Viel untypischer dafür, dass sie zur Hälfte ein Ork ist, sind ihre langen braunen Haare: Das ist insofern seltsam, da selbst weibliche Orks kurze oder wenigstens gekräuselte Haare haben.
Ihre Gesichtszüge sind hart, straff und markant und ihre Augen eisblau und kalt, was ihr zusammen mit ihrer leicht grünlichen Haut kein schönes Aussehen gibt. Mit Schminke hat sie herumexperimentiert, aber die meisten Ergebnisse waren miserabel. Deswegen greift sie nur sehr selten zu solchen Mitteln. Ihre Kleidung ist schlicht, sie besitzt nur zwei Kleider. Wenn sie putzt oder andere Arbeiten verrichtet, trägt sie nur ein weißes Unterkleid und bei Mahlzeiten oder wenn sie außer Haus geht, zieht sie ein einfaches, blaues Kleid aus Leinen an. Sie trägt dicke Wollsocken und große, alte, lederne Schuhe, denn sie hat breite Plattfüße, was einige Leute im ersten Moment abschreckt. Vor kurzem hat sie ihre Garderobe aber um einen blauen Reisemantel und Schweinslederhandschuhe erweitert.
Insgesamt gesehen ist sie keine wirkliche Schönheit, aber sie ist nicht unbedingt grottenhässlich.
Persönlichkeit
Marga ist die meiste Zeit über still, sodass viele Leute meinen, sie sei geistig abwesend, das stimmt aber nicht, sie spricht nur sehr wenig. Im Laufe der Zeit hat sie sich eine eigenbrötlerische Verhaltensweise angewöhnt und ist relativ zufrieden damit. Sie ist froh, nicht mit den Problemen anderer Leute belästigt zu werden. Soziale Bindungen sieht sie als mögliche Einschränkung ihrer Freiheit an. Die einzigen Beziehungen, die sie eingeht, sind aus persönlichem Nutzen und aus keinem anderen Grund.
Sie ist gefühlskalt und auch ohne Moral. Sie hat zwar noch kein einziges Mal ein Verbrechen begangen, doch sie hat die Tendenz, Straftaten, die nicht gegen sie gerichtet sind, nicht zu verurteilen, wenn auch in Jersa nur recht wenig Unrechtes geschieht. Sie ist so gefühlskalt, dass sie einen Mord begehen könnte, ohne mit der Wimper zu zucken, aber nur wenn es keinen saubereren Weg gibt, der mit weniger Gefahren und Mühen verbunden ist. Angst verspürt sie nur selten.
Wenn sie Arbeiten verrichtet, ist sie gewissenhaft und ausdauernd. Es macht ihr nichts aus, stundenlang hart zu arbeiten. Alle Angelegenheiten, mit denen sie sich befasst, versucht sie bestmöglich zu erledigen. Was sie zustande bringt, ist häufig tadellos. Sollte ihr etwas nicht gut gelingen und wenn sie deswegen kritisiert wird, verschwendet sie keine Zeit damit, sich zu rechtfertigen oder die Schuld abzuweisen, sondern macht sich erneut an die Aufgabe und versucht es ein weiteres Mal, nur noch besser.
Wenn es denn etwas zu bereden gibt, beschränkt sie sich auf das Wesentliche, denn Marga ist keine Frau vieler Worte. Dabei bleibt sie immer ruhig und zeigt nur ein Minimum an Gefühlen, was für ihre Rasse sehr untypisch ist. Es gibt nur sehr wenige Augenblicke in ihrem Leben, in denen sie wütend ist. Und wenn sie wütend ist, dann hebt sie ihre Stimme, die sich in eine Mischung aus Kreischen, Brüllen und lautem, wütendem Grunzen verwandelt, bei der man überhaupt nicht mehr die Worte verstehen kann. Der orkische Anteil ihres Blutes wird dabei vollkommen frei und man hat das Gefühl, eine echte, wütende Orkberserkerin vor sich zu haben.
Auch wenn sie häufig eine unterwürfige Haltung vor reinen Menschen einnimmt, so tut sie das als Mittel zum Zweck; Insgeheim glaubt sie, dass sie allen Menschen und auch allen restlichen Rassen überlegen ist.
Stärken
Von Kindesbeinen an hat sie beinahe allein einen Haushalt geführt. Sie kann deswegen alle Arten von Hausarbeiten gut. Von Putzen, Staubwischen und Fegen bis zu Kochen kann sie alles im Haus. Zusätzlich kann sie Gartenarbeit ausführen, Holz hacken, Einkaufen und sogar kleinere Reparaturarbeiten durchführen. Sie kann stundenlang durcharbeiten, ohne Pause und ohne ins Schwitzen zu geraten. Der Grund liegt darin, dass ihr orkisches Blut sie mit einer Menge Ausdauer und Körperkraft versorgt. Doch nicht nur das bringt ihre orkische Abstammung mit sich: In extremen Gefahrensituationen setzt ihr Verstand aus und ihre Orkinstinkte erwachen. Sie könnte in diesem Zustand sogar mit einem Wolf ringen und gewinnen. Nebenher ist sie bei manchen Dingen sehr entschlossen, ja sogar stur. Nur dadurch hat sie es überhaupt geschafft, auch nur rudimentäre Kenntnisse in Eismagie zu erlangen, obwohl sie genau das Gegenteil eines Naturtalentes ist. Außerdem hat es sich herausgestellt, dass ihr Krankheiten, Vergiftungen und Verletzungen viel weniger ausmachen.
Schwächen
Es gibt zwei große Schwächen, die Marga in ihrem Leben immer wieder behindern und Widerstände herstellen. Diese beide hängen, genau wie ihre Stärken, mit ihrer Rasse zusammen. Alle Bewohner Celcias, bis auf die Orks selbst, mögen keine Orks. Selbst die weltoffensten, tolerantesten Leute wollen es nicht zugeben, aber selbst sie verachten diese Rasse. Und Marga wird ständig mit Vorurteilen und Rassismus behandelt. Das äußert sich in verschiedenen Arten und Weisen. Meistens schauen die Leute weg und meiden sie, gehen auf die andere Straßenseite, wenn sie ihnen entgegenkommt und zeigen offen ihr Misstrauen. Andere sind viel direkter, sie schimpfen und beleidigen sie, manchmal wird sie sogar bedroht, obwohl jene sich nicht mit ihr anlegen wollen. In manchen Läden oder Gasthäusern wird ihr unwirsch die Tür gezeigt oder sie muss übertrieben hohe Preise bezahlen. Zu Tempeln und Klöstern wird ihr der Zutritt verweigert; in Schulen und Akademien schaut man sie schräg an. Vor den Augen des Gesetzes ist sie immer eine potentielle Verbrecherin.
Die zweite Schwäche ist ihr geringer Verstand. Marga ist dumm und langsam. Einfache Probleme kann sie gut und schnell lösen, aber komplizierte Angelegenheiten verwirren sie nur. Ebenso kann sie abstrakte und philosophische Gedankengänge nicht verstehen. Häufig zieht sie Trugschlüsse, weil sie die Sachen nicht besser weiß und da sich niemals jemand die Mühe macht, sie zu berichtigen.
Lebensgeschichte
Bevor man mit Margas Geschichte anfangen kann, muss man kurz auf einen Sachverhalt eingehen: Der grandessaner Adel mochte Jagd, erst recht auf exotische Tiere. Je ungewöhnlicher, desto besser. Eine Zeit lang war es Mode, Orks zu jagen. Es war ein kostspieliges Unterfangen, wilde Orks in der toten Ebene zu fangen, mit Schiffen nach Grandessa zu bringen und sie in Käfige gesperrt zu Interessenten zu transportieren, aber die Adeligen hatten genug Geld dafür. Man ließ die gekauften Orks in einem Wald frei und eröffnete nach ein paar Stunden die Jagd. Auch wenn das grausam war, erfreuten sich solche Sachen großer Beliebtheit. Orks haben rechtlich gesehen nämlich den Status von Tieren inne.
Das alles war natürlich abgesichert. Um den entsprechenden Wald herum gab es noch andere Jäger mit dem Auftrag, fliehende Orks wieder zurückzujagen oder gefangen zu nehmen, sodass sie beim nächsten Jagdausflug wieder als Wild freigelassen werden konnten.
Eines Tages jedoch entkam ein Ork auf ungeklärte Weise und schlug sich durch die Wildnis durch. Noch viel erstaunlicher wurde es, als der Ork jenseits der Grenze zu Jorsan gesichtet wurde; Irgendwie hatte das Wesen es geschafft, über die Grenze zu kommen. Schnell wurde eine Warnung in Jersa bekannt gemacht, da sich der Ork in der Umgebung aufhielt. Und dort wurde ein Bauer namens Orlo sehr nervös, denn am Morgen war seine Frau Arda weg gegangen. Sie studierte Lichtmagie mit Büchern und lief gerne auf einen nahen Hügel, um dort in der Sonne sitzend zu meditieren. Mit einem unguten Gefühl im Bauch und für den Notfall eine Axt, mit der er normalerweise Holz hackte, in der Hand machte er sich zum Hügel auf, um Arda zurückzuholen.
Der Weg war schwer - erst recht wegen der schweren Axt - doch er beieilte sich. Oben angekommen sah er ein schreckliches Bild: Seine Frau lag genau an der Stelle, wo sie dutzende Male im Sitzen meditiert hatte, mit einer Platzwunde am Kopf am Boden und über ihr kniete der Ork, vor dem gewarnt wurde, und befriedigte laut grunzend an ihr seine ekelhaften Bedürfnisse. Der Bauer zögerte nicht lange und holte im Anlauf aus und spaltete mit der Axt den Schädel des Ungeheuers. Danach zerrte er den mächtigen Leib des Orks von seiner Frau runter und nahm diese, welche von ihrem Blut und von dem des Orks besudelt war, und trug sie runter nach Jersa. Am Tor stellten die Wächter keine Fragen, sondern halfen ihm sogar, seine verletzte Frau zum Heiler zu bringen. Jener bandagierte ihre Kopfverletzung, die der Ork allein mit seiner Faust verursacht hatte, und flößte ihr heilenden Kräutersud ein.
Sehr kompetent konnte der Heiler ihren körperlichen Schaden heilen, er vermochte dennoch nichts gegen den seelischen Schaden, den Arda davongetragen hatte, tun zu können. Sie wurde überängstlich und still, weinte häufig und schaffte es kein einziges Mal mehr, ihre Fähigkeiten in der Lichtmagie einzusetzen. Später litt sie unter schlimmer Übelkeit und so suchten sie wieder denselben Heiler auf. Dieser untersuchte sie und meinte schließlich nach einiger Zeit und mit einem Ton, der nichts Gutes verhieß: „Arda, Sie sind schwanger.“
Orlos Bestürzung war groß, während seine Frau still blieb. Der Bauer schüttelte den Medikus. „Bist du dir auch ganz sicher? Das kann doch nicht sein, das geht doch nicht!“, rief er, nicht wütend, aber verzweifelt. Schon seit vielen Jahren wollte er mit Arda ein Kind bekommen und jetzt kam einfach eine wilde Bestie, deren Brut in seiner Frau gedeihen würde!
Der Arzt beruhigte den Bauer und gab dann zu, dass er gewisse Methoden kannte, um das Problem zu lösen oder besser ausgedrückt zu entfernen. Orlo schaute erwartungsvoll zu Arda, die die ganze Zeit über vollkommen ruhig und still geblieben war. Mit leerem Blick schüttelte sie den Kopf, was ihrem Mann, der das nicht verstehen konnte, Verständnislosigkeit bescherte.
Ein paar Tage später reisten ihre Eltern, die von dem Vorfall erfahren hatten, extra aus Serna her. Als jene von der Schwangerschaft erfuhren, redeten sie genauso wie Orlo schon tagelang auf sie ein, die Problemlösung des Arztes zu wählen. Doch jene schüttelte immer wieder mit dem gleichen leeren Gesichtsausdruck ihren Kopf. Irgendwann war es notwendig, dass ihre Eltern wieder zurück nach Serna kehrten, da der Vater wieder Geld verdienen musste.
Die nächsten Wochen und Monate waren ereignislos: Orlo hatte akzeptiert, dass er seine Frau nicht umstimmen konnte. Arda blieb so ruhig, sie mied körperliche Nähe zu Orlo und zeigte außer Angst und Trauer keine Gefühle mehr. Ihr viel versprechendes Studium der Lichtmagie ließ sie bleiben, sie war unfähig zu jeglichem Lichtzauber und ließ ihre Bücher auf ihrem Schreibtisch verstauben. Den Hügel, auf dem sie sonst meditierte, mied sie wie die Hölle selbst.
Schließlich war es soweit, neun Monde nach der Vergewaltigung holte Orlo eine Hebamme zur kugelrunden Arda, die auch schon wenig später ein laut schreiendes Mädchen zur Welt brachte. Die Geburt war unglaublich schmerzhaft und Kräfte zehrend. Den Grund fand die Hebamme heraus: Mit großen Augen erklärte sie Orlo, dass das Halborkkind viel größer und viel schwerer als ein normales Neugeborenes war. Jener bezahlte schließlich die Hebamme und lies sie fort gehen. Doch nicht nur die Geburt war problematisch – es traten Spätfolgen auf und Arda wurde schwer krank und sie wehrte sich nicht einmal dagegen. Es war, als wäre ihr alles egal geworden und als hätte sie den Lebenswillen verloren. Ein paar Tage später schon starb sie. In dem Moment starb Orlo auch, er lebte zwar weiter, aber innerlich war er tot. Vor dem Tod seiner Frau hatte er eigentlich vor, das Kind im Wald den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen, doch danach ließ er den Gedanken fallen. Er liebte das Kind zwar nicht, aber er hasste es auch nicht. Er hatte jegliche Gefühle solcher Art verloren.
Marga – diesen Namen bekam das Kind – wuchs ohne eigene Mutter auf, sodass Orlo eine Amme bezahlen musste, die Marga stillen sollte. Doch schon nach zwei Wochen beklagte diese sich, dass Marga sie leer saugte. Unbarmherzig zog sie an deren Brüsten, bis nichts mehr kam. So konnte sie keine anderen Kinder stillen und konnte nicht genug Geld für sich verdienen. Nach und nach bekam Marga andere Ammen, die das intensive Saugen nie länger als ein paar Wochen aushielten. Als sie dann noch kleine, aber unheimlich spitze Zähnchen bekam, verweigerten alle Ammen das Stillen, da sich Marga schmerzhaft in die Brust hinein biss. Doch zu der Zeit brauchte sie auch keine Muttermilch mehr, sondern wurde von Orlo schon mit weich gekochtem Gemüse und Fleisch gefüttert, solange es seine Arbeit auf dem Acker erlaubte.
Marga durchlief die Entwicklung viel schneller als andere Mädchen. Sie bekam früher ihre Zähne, wuchs schneller und lernte früher das Laufen. Nur das Reden, das lernte sie viel später. Und selbst dann hatte sie immer noch Sprachprobleme damit, die sie sogar ins Erwachsenenalter begleiteten.
Sobald Marga laufen konnte, musste sie im Haushalt helfen. Natürlich bekam sie keine schweren Aufgaben, immerhin war sie noch ein kleines Mädchen, aber im Laufe der Jahre wurden es immer mehr. Neben Putzen und Fegen musste sie später auch noch Kochen und irgendwann sogar noch Holzhacken. Orlo arbeitete auf dem Feld, während Marga alles zu Hause erledigte, so war die natürliche Ordnung. Mehr als diese zweckmäßige Beziehung verband die beiden nicht, keine Liebe, keine biologische Verwandtschaft. Das Leben war gefühllos und kalt. Ebenso fehlte jegliche Vermittlung von Werten: Marga wurde keine Moral beigebracht, sodass sie kein Verständnis von Gut und Böse bekam.
Damit die Halborkin auch die grundlegendsten Kenntnisse in Lesen und Schreiben erhielt, schickte Orlo sie im Alter von zehn zur Dorfschule. Tatsächlich lernte sie dort das Lesen, wenn sie auch viermal so lange wie die anderen Schüler brauchte, um die selben Texte zu lesen. Beim Schreiben war sie aber noch viel ungeschickter – sie zerquetschte Federkiele, patschte große Tintenkleckse auf das Papier und ihre Rechtschreibung war katastrophal. Man könnte erwarten, dass Marga in der Schule soziale Verbindungen knüpfen würde, doch dem war nicht so. Die anderen Eltern verboten es ihren Kindern, mit dem Halborkbastard zu spielen oder mit ihr zu reden, und außerdem war Marga auch viel zufriedener damit, in Ruhe gelassen zu werden.
Die körperlichen Unterschiede zu Artgenossinnen aufgrund ihrer Rasse hielt sie für ein Zeichen, dass sie etwas Besseres war. Die Tatsache, dass sie zur Hälfte ein Ork war, war ihr unbekannt bis zu ihrem zwölften Lebensjahr sowie auch die Umstände ihrer Zeugung. Eines Tages, als sie gerade den Hof kehrte, kam eine alte Frau um die Straßenecke gelaufen. Es verwunderte sie sehr, als die Fremde ein großes Geschrei erhob. Dann rannte auch noch Orlo auf die Straße, versuchte die Frau zu beruhigen und schob sie ins Haus.
Während Marga sich wieder uninteressiert auf den Dreck am Boden des Hofes konzentrierte, fand im Inneren des Hauses eine heftige Diskussion statt, obwohl bei einer Diskussion meist zwei Leute stritten, doch hier redete nur die alte Frau auf den Bauer ein. Sie war Margas Großmutter mütterlicherseits. Sie regte sich darüber auf, was ihren Schwiegersohn nur dazu bewegt hatte, diese „dreckige Brut“ aufzuziehen, die am Tod ihrer Tochter schuld war. Doch Orlo schwieg nur apathisch.
Schließlich klärte sie ihn auf, warum sie gekommen war; Ihr Mann war gestorben und sie hatte kein Geld, also hatte sie sich nach Jersa aufgemacht zu ihrem ehemaligem Schwiegersohn, um nicht verhungern zu müssen, da sie sonst keine Verwandten mehr hatte. Orlo nahm sie schließlich im Bauernhaus auf. Sie übernahm Aufgaben im Haus und entlastete somit Marga, auch wenn sie ihr noch mehr Arbeit machte, indem sie an allem rummeckerte und sie vieles noch mal machen ließ.
Während die Großmutter im Haus war, gab es etwas, was vollkommen neu war: Marga wurde krank. Sie fing an zu husten und zu fiebern und das immer stärker. Sie war bisher, im Gegensatz zu ihren Altersgenossen, noch nie erkrankt. Doch tapfer machte sie jeden Tag weiter mit der Hausarbeit. Eines Tages jedoch machte sie eine Entdeckung: Seit die alte Frau da war, übernahm sie das Kochen und eines Tages wurde Marga Zeugin eines Schauspiels: Sie war gerade mit dem Putzen fertig und wollte zur Küche gehen, deren Tür einen Spalt breit offen stand. Sie starrte hindurch und sah, dass die Großmutter etwas unter Margas Essen mischte. Obwohl das Mädchen nicht wusste was das war, tauschte sie zur Vorsicht heimlich ihre Teller aus.
Nach dem Essen sagte Marga knapp: „Haben Teller vertauscht.“, so als wäre es das Alltäglichste.
„Wie wagst du es, mich zu vergift…“, antwortete die alte Frau, bevor sie die Hände vor den Mund presste, wie ein kleines Mädchen, das beim Lügen erwischt wurde. Doch als sie von Orlo und Marga angestarrt wurde, sprach sie weiter. „Ja, ich habe dir Gift in dein Essen getan. Und dazu hatte ich jeden Grund: Du hast meine Tochter umgebracht, mein ein und alles. Jeden Tag habe ich ein bisschen Rattengift zugegeben, damit du krank wirst und eines Tages stirbst. Rattengift ist genau das richtige für dich kleine Ratte, du Halborkbastard. Du hast kein Leben verdient, wenn meine Tochter dafür sterben musste.“
Dann erhob sie sich und ging aus dem Raum. Sie war viel älter als die junge, kräftige Marga und war ein normaler Mensch, also vertrug sie es viel schlechter. Ihr alter Körper verkraftete das schlussendlich nicht und sie starb. Auf ihrer Beerdigung, bei der sie dem Grab ihrer Tochter beigesetzt wurde, vergossen weder Marga noch Orlo eine einzige Träne und nachdem Marga wieder gesund war, lief alles genauso ab wie vor der Ankunft der Großmutter. Nur etwas änderte sich: Margas Charakter. Sie informierte sich darüber, was damals geschehen war. Seitdem glaubt sie an die Überlegenheit der orkischen Rasse. Wer konnte es ihr verdenken bei dem, was sie erlebt hatte? Ein Mensch hat eine Portion Rattengift nicht vertragen und ist gestorben, während sie als Halbork viele Tage lang so etwas bekam und nur krank wurde. Das war der Beweis für Marga.
Zwei Jahre lang geschah nichts besonderes. Marga wuchs auf und wirkte in diesem Alter schon wie eine Erwachsene. Alle Handgriffe im Haushalt kannte sie und die Arbeit wurde zu reiner Routine. Sie wurde immer schnell fertig, sodass sie viel freie Zeit hatte. Doch sie besaß nichts, womit sie diese erfüllen konnte. Jungen interessierten sich nicht für sie und sie interessierte sich auch nicht für jene. An Freundinnen hatte sie kein Interesse und so verbrachte sie viel Zeit untätig zu Hause. Eines Tages jedoch geschah etwas Besonderes. Marga fand ein Buch. Wegen der großen Langeweile beschloss sie nämlich, hinter und unter allen Möbeln den Staub zu wischen. Als sie schließlich Ardas altes Arbeitszimmer erreichte und das alte Schreibpult weg schob, kam ein Buch zum Vorschein, das zwischen dem Pult und der Wand eingeklemmt war. Ein Buch war eine Seltenheit in Orlos Haus. Alle Bücher von früher waren über Magie, doch nachdem Arda verstorben war, hatte Orlo sie alle verkauft. Das Buch, das hinter das Pult gerutscht war, hatte er dabei übersehen.
Das Mädchen hob es auf, klopfte den Staub ab, schob das Schreibpult zurück und sah auf den Bucheinband. Etwas schwerfällig entzifferte sie: „Über die Magie der Kälte“. Arda war eine Sammlerin von magischen Lehrbüchern gewesen. Selbst wenn sie nur die Lichtmagie lernte, so war sie früher auch im Besitz von anderen Büchern über elementare Zauberei gewesen.
Nun fing Marga an, zu lesen. Schleppend und langsam las sie und entzifferte jedes Wort. Doch sie war ausdauernd. Stunden später hatte sie schon die erste Seite geschafft, doch schnell versteckte sie das Buch hinter dem Pult, als Orlo nach Hause kam. So verlief es ganze drei Jahre. Am Vormittag erledigte sie die Hausarbeit und am Nachmittag las sie heimlich weiter. Bald hatte sie das Buch durch gearbeitet und sie fing von vorne an. Sie kannte die Worte und die Sätze und so verlief es viel schneller. Den Inhalt verarbeitete sie jedoch nicht. Sie las es nicht mit der Intention, Eismagie zu lernen, sondern einfach nur, weil es für sie nichts Besseres zu tun gab. Viele Male las sie das Schriftstück, doch sie blieb ständig konzentriert.
Eines Tages nach drei Jahren – als Marga 17 Jahre alt war – kam Orlo früher als sonst nach Hause. Er fand Marga nicht, doch Ardas altes Arbeitszimmer stand offen. Er trat ein und erschrak. Die Halborkin sah nicht wie seine verstorbene Ehefrau aus, doch die Art, wie sie ein Buch las, wie sie sich darüber beugte, wie ernst und konzentriert ihre Augen auf die Worte fixiert waren… Im ersten Moment hätte er schwören können, dass es Arda war. Aber die Realität holte ihn ein und das versetzte ihn in Trauer und Wut auf seine Tochter. Er riss ihr das Buch weg und eilte nach unten. Marga blieb noch einige Minuten sitzen, sie stellte fest, dass sie das Buch gar nicht brauchte. So oft hatte sie die Seiten durchgelesen und sie kannte alles auswendig…
Nachdem der Mann das Buch gut im Geräteschuppen versteckt hatte, was er allein aus Rache für diese Illusion getan hatte, glaubte er, dass damit die Sache beendet war. Tatsächlich konnte Marga nicht mehr das Buch lesen, doch das brauchte sie auch nicht mehr. Sie konnte einfach die Augen schließen und sich die Seiten vorstellen, auf die sie jahrelang gestarrt hatte. Sie fing an, darüber nachzudenken, wenn es auch lange dauerte, denn Margas Geist war langsam. Sie realisierte allmählich, dass sie nun die Möglichkeit hatte, mit dem Inhalt des Buches Eismagie lernen zu können. Sie konnte etwas Besonderes werden, sich über die mickrigen Menschen stellen, Macht haben...
Von diesem Ziel beseelt fing sie an. Sie kannte die komplette Theorie in- und auswendig, aber nun musste sie es in die Praxis umsetzen. Sie erinnerte sich an die beste und einfachste Übung für Einsteiger aus dem Buch. Sie nahm einen Becher, füllte ihn mit Wasser und steckte einen Finger hinein. Marga lies ihn in der Flüssigkeit kreisen und versuchte, ihre Kälte im Herzen zu kanalisieren und in den Finger zu leiten, wenn auch sie selbst es als „Herzkalt in Fingerkalt“ bezeichnete. Natürlich gelang ihr das nicht. Die nächsten drei Jahre lang war ihr Tagesablauf geregelt: Vormittags erledigte sie die Hausarbeiten, am frühen Nachmittag übte sie und am späten Nachmittag ruhte sie sich von der Anstrengung aus. Ihre Finger waren ständig verschrumpelt und aufgequollen.
Im ersten Jahr kam sie zu keinem Ergebnis, bis zum Ende des zweiten Jahres schaffte sie es, auf den Fingerkuppen eine kleine Eisschicht entstehen zu lassen. Im dritten Jahr erkrankte Orlo schwer. Seitdem war er an das Bett gefesselt und konnte nicht einmal mehr aufstehen. Deswegen brauchte er Margas Pflege, die sich auch gut um ihn kümmerte. Doch wenn sie nicht gerade eine Suppe kochen, Orlo umziehen oder etwas in der Richtung erledigen musste, so übte sie wieder die Eismagie. Sie konnte nun schon kleine Eisbrocken im Wasser entstehen lassen.
Sie machte vor ihrem Ziehvater keinen Hehl daraus, dass sie diese Magie lernte, sie tat es sogar vor diesem selbst. Diese ausdauernde und geduldige Art des Trainings erinnerte den Witwer wieder an seine Frau und dem durch Krankheit geschwächtem Herz versetzte die Trauer neue Nadelstiche. Nach einem halben Jahr hörte jenes schließlich mit dem Schlagen auf.
Hätte Marga nicht aufgepasst, was Orlo getan hatte, als ihre Großmutter gestorben war, so würde sie nicht wissen, was zu tun war. Bei einem Schreiner kaufte sie einen Sarg oder besser gesagt eine Holzkiste, in welche der Leichnam passte und dann kontaktierte sie einen Totengräber, der sich um die Bestattung kümmerte. Die Familie hatte keine Freunde und keine Verwandten mehr, also war Marga die einzige Besucherin der Beerdigung. Orlo wurde direkt neben Arda bestattet, damit die beiden wenigsten im Tode vereint waren. Die Prozedur verlief schnell und Marga trauerte nicht. Als die letzte Schaufel Erde festgeklopft wurde, durchströmte sogar ein Hochgefühl ihren Körper. Es gab niemanden mehr, um den sie sich kümmern musste, niemand der sie aufhielt, sie war frei! Mit diesem Gefühl lief sie nach Hause, holte schnellstens einen Becher Wasser und steckte den rechten Zeigefinger hinein. Nach wenigen Sekunden war der komplette Inhalt zu Eis erstarrt. Zum Glück hatte sie noch rechzeitig den Finger herausgezogen, sonst wäre er mit gefroren.
Doch ihr wurde bewusst, dass sie mit den Kenntnissen aus dem Buch allein nicht besser werden könnte. Sie brauchte einen Lehrer oder noch mehr Bücher. Und beides konnte sie in Jersa nicht finden. Nach ein paar Tagen kam sie auf eine Idee: „Ich Jorsa gehen!“ Es dauerte einige weitere Tage, bis sie wusste, was alles getan werden musste. Zuerst reinigte sie das Haus von oben bis unten, putzte den Boden, wischte den Staub hinter und unter allen Möbeln und noch so einiges mehr. Auch den Garten und den Schuppen brachte sie in Ordnung, wobei sie im Schuppen auch ihr Buch wieder fand. Nachdem sie das Haus in Bestform gebracht hatte, suchte sie einen Vermittler für den Verkauf, damit sie selbst nicht ihre Zeit für die Suche nach einem Käufer verschwendete. Noch ein paar andere Sachen erledigte sie. Sie holte Orlos Ersparnisse und bezahlte damit die noch ausstehende Pacht für die Felder.
Die Verhandlungen gingen schnell über die Bühne. Marga wusste zwar, wie viel Gemüse, Brot und Fleisch kostete, aber den Preis eines Hauses konnte sie nicht abschätzen. Sowieso konnte sie nicht mit großen Zahlen rechnen. Also akzeptierte sie das erstbeste Angebot, auch wenn es ein spottbilliger Preis war. So schnell wie möglich nach Jorsa aufzubrechen, war ihr viel wichtiger als das Geld.
Sie besorgte sich noch die Sachen, die sie für die Reise brauchte: Aus der Küche holte sie sich Wegproviant, ein großes Fleischermesser und aus dem Schuppen etwas Rattengift, man konnte ja nie wissen… Mit einem Teil des Geldes kaufte sie sich auch noch einen schönen blauen Reisemantel und ein paar lederne Handschuhe und so machte sie sich auf den Weg.
Voraussichtlicher Startpunkt: Königreich Jorsa – Grenzdorf Jersa – „Ein letztes Mal durchs Dorf“
Inventar:
Kleidung (weißes Unterkleid, rotes Kleid, blauer Reisemantel, Lederhandschuhe, Schuhe, Wollsocken); Reiseproviant (Schinken 5 Scheiben, kleines Töpfchen Honig; Wasserschlauch); Fleischermesser; Beutel mit 100 Fuchsmünzen; Buch über Eismagie; Tütchen mit Rattengift 4/5 Unze; Tasche; blaues Kleid voller Blut