Die große Bibliothek

Hier lernen schon die Kinder wie man mit Magie und besonderen Gegenständen umgeht. Jeder Bewohner hat diese Universität schon besucht, einige wurden weiter gefördert und sind nun mächtige Magier
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Erzähler » Donnerstag 28. Dezember 2023, 11:47

Kyano kommt von Die Sache mit dem Erinnern


Der Weg zurück war irgendwie leicht. Kira wirkte regelrecht ausgelassen. Woran das wohl lag? Sicher nicht daran, dass sie Kyano nun für sich hatte. Viel mehr war sie beschwingt, weil er einen Plan hatte. Weil er herausfinden wollte, wer sie war ohne sie an einer wahnwitzigen Prozedur teilnehmen zu lassen. Sie war dankbar, dass er sie davor bewahrt hatte und zeigte es ihm mit einem unbeschwerten Gemüt und dem einen oder anderen glockenhellen Lachen. Dabei war sie neugierig auf die Welt, in der er lebte. Sie fragte ihn, was es mit all den Schmucksteinchen im Schaufester auf sich hatte. Und warum diese Stadt voller Magie war. Sie wollte wissen, welche Magiearten es hier gab, und fragte ihn danach, wie lange er bereits in Zyranus lebte. Sie wollte wissen, wie sein Haus aussah und Kyano stellte bald fest, dass Kira vor Neugierde strotzte. Dabei war sie jedoch auf ihre Art geschickt genug, nicht kindlich zu wirken. Es waren einfach viele Fragen und ein ehrliches Interesse an seiner Lebensweise. Als hätte Kyano ihr einen Stein von der Seele geschoben, indem er sich ihrer annahm. So führte der Weg recht schnell zurück zu seinem alten Leben. Für einen Moment standen die beiden vor dem imposanten Gebäude der Magieruniversität. Kira starrte mit offenem Mund auf das Bauwerk und ließ es auf sich wirken. „Es ist… erstaunlich…“, murmelte sie ehrfürchtig, ehe ihr grüner Blick auf die vielen Studenten fiel. Kyano wusste, dass es gerade Pause gab für alle, bevor sie zum Mittagessen marschierten. Nicht gerade die perfekte Zeit, um ungesehen durch die Mengen zu gelangen und dann auch noch innerhalb der Bibliothek zu recherchieren. Zudem war er bekannt, gerade unter der Damenwelt und der eine oder andere deutliche Blick, herzliches Lächeln und gar öffentliche Avancen begleiteten ihn und die Weißhaarige, bis sie in den Trakt der Bibliothek kamen. Dabei konnte zumindest Kyano auffallen, dass auch seine Begleitung den einen oder anderen Blick erhielt.

Welch schönes Paar sie doch abgeben mussten! Begafft von allen, beneidet von vielen! Sobald sie die Tür erreichten, die in einem hohen Bogen auf ihre Art gewaltig war, brauchten sie nur hindurchzutreten. Noch war die Bibliothek weit geöffnet und jeder besaß das Recht hier ein und auszugehen. So hielt sie auch niemand auf. Wo es draußen noch helllichter Tag war, wurde das Innere hier mit magischem Licht gefüllt. Das schwere, dunkle Mobiliar zeugte von Altertum und alles hatte seinen absolut akkuraten Platz. Schon immer war die Bibliothekarin hier – eine verstaube, alte Erdmagierin mit grauem Haar – eine ernstzunehmende Gegnerin wenn es darum ging, Chaos zu verbreiten und daran gehindert zu werden. Schon beim kleinsten Laut, zischte es von wo auch immer aus der Bibliothek. Selbst Husten war schwierig. Kyano kannte die Regeln hier, hatte er doch ab und an mal Zeit hier verbracht. Nicht so viel, wie er sollte, aber er sah die Bibliothek auch nicht zum ersten Mal. Tatsächlich erkannte er hier und dort einige Gesichter wieder. Die Damen hier waren nicht selten auch mal mehr gewesen und zwinkerten ihm zu, sobald sie ihn erkannte. Andere sahen missmutig drein, weil er ihnen etwas versprach, was er dann nicht hielt. Und manche Kerle brummten nur, weil sie ihm das Wasser nicht reichen konnten. Und es ihm nicht gönnten, dass er in jener schönen Begleitung war. Kira aber folgte Kyano brav und betrachtete die furchtbar hohen Regale, die sich hier über zwei Etagen und ellenlange Gänge erstreckten. Hier fand man alles. Und wenn man es nicht fand, dann gab es das auch nicht. Nun musste Kyano seine Erinnerungen bemühen… Wo wollte er anfangen? Das Sortiersystem der Bibliothekarin war bekannt, da sie ihre Werke thematisch sortierte. Oder er fragte sie nach Hilfe… Wenn er denn wollte.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Kyano » Samstag 30. Dezember 2023, 20:28

Er wollte Rubina nicht wegschicken, er wollte sie nicht gehen lassen und dennoch... er spürte mit einem ungewöhnlichen Ernst, dass es sein musste. Dass er nicht egoistisch sein durfte, weil er ahnte, dass sie beide damit nicht glücklich werden würde. Nein, seine Freundin durfte nicht für ihn wegschmeißen, wofür sie dermaßen hart gekämpft hatte. Das würden sie beide ihm niemals verzeihen und das würde am Ende zu einer wirklichen Trennung, einem Zerreißen ihrer Freundschaft führen. Also musste er da durch und darauf hoffen, dass sie sich irgendwann wieder finden würden. Wohin auch immer sein Weg ihn führen mochte.
Erst einmal würde das die Bibliothek sein, einer der Orte, der einfach nur langweilig war, und danach... er würde es schon zu sehen bekommen. Vollkommen abgeschrieben hatte er sein Techtelmechtel mit der Schönen ja auch noch nicht. Trotzdem war er ehrlich traurig darüber, wie sich alles entwickelt hatte an diesem Tag und machte, was er für gewöhnlich in solchen Situationen tat.
Er versuchte, seine Gefühle zu überspielen und sich abzulenken. Was dazu führte, dass er lieber daran dachte, wie es weiter gehen sollte mit ihnen, auch, weil die Fremde danach gefragt hatte. "Ah, siehst du, alles ist nicht weg. Es besteht also noch Hoffnung! Natürlich abgesehen davon, dass ich sowieso der Einzige bin, an den du jemals denken wirst.", meinte er flapsig, wollte ihr das Positive aufzeigen und sie gleichzeitig zum Schmunzeln bringen.
Schon zeigte sie, dass sie erkannt hatte, wohin er sie führen wollte, und entlockte ihm damit wiederum ein leises Lachen. Er tippte sich gegen die Schläfe. "Siehst du, schon denken wir gleich und verstehen uns absolut! Wer weiß, wohin diese fruchtbare Begegnung noch führen wird.", scherzte er weiter und zwinkerte ihr frech zu.
Sie indes fuhr fort und hätte damit beinahe erreicht, dass er wieder ernst wurde. Dass es nicht dazu kommen konnte, lag nicht in ihrer beider Hände. Denn er kam noch zu einem Schulterzucken, als es von draußen klopfte und endlich Ersatzkleidung gebracht wurde. Nun hielt er sich zurück, beobachtete und war schlicht da, um zu helfen, sollte sie es brauchen. Tat sie aber nicht. Sie kam ganz gut auch ohne ihn zurecht.
Mehr noch, sie begegnete diesem Goblin mit einer wertschätzenden Freundlichkeit, die dafür sorgte, dass sich seine Augenbraue leicht anhob. So hätte er sich dem kleinen Kerl gegenüber nicht verhalten, schließlich war er nur ein Nicht-Zyraner. Obwohl... die Schöne schien auch nicht aus Zyranus zu kommen und dennoch war er... nett zu ihr und interessierte sich ernsthaft für ihre Belange, weil sie ihn neugierig machte.
Ob das gut für ihn war? Bislang war Kyano immer absolut stolz auf seine Herkunft und Heimat gewesen, davon überzeugt, dass Zyranus mit seinen reinrassigen Bewohnern der Gipfel der celcianischen Schöpfung war. Das war noch immer seine Meinung, allerdings bekam diese seit kurzem allmählich feine Risse. Was... wenn die Welt doch mehr zu bieten hatte als das, was er kannte?
Solche und ähnliche Gedanken wirbelten hinter seiner Stirn umher, sodass er den Moment verpasste, in dem sie wieder ungestört zu zweit waren. Erst ihre Stimme holte ihn zurück und ließ ihn aufsehen. Seine Braue hob sich noch weiter an, aber in seinen Mundwinkel schlich sich ein freches Grinsen und in seinen Augen blitzte der Schalk auf. "Und ich bin der Netteste von allen! Nur, fürs Protokoll und so!", warf er sich die Brust und blies die Backen dabei auf, um die Komik nicht zu kurz kommen zu lassen.
Bis sie hinter dem Sichtschutz verschwunden war, da ließ er die Luft wieder raus und kratzte sich am Hinterkopf. Um kein unangenehmes Schweigen oder gar unpassende Gedanken bei ihm entstehen zu lassen, griff er ihre Frage von vorhin auf. "Keine Ahnung, was ich in dem staubigen Loch finden will, aber... ich kenn' das Symbol in deinem Nacken irgendwoher. Und dort ist so gut wie alles festgehalten." Er zuckte mit den Schultern erneut, obwohl sie es nicht sehen konnte, und lachte leise. "Bestimmt auch Sachen wie die richtige Beschaffenheit von Nasenrotz oder die Konsistenz von gesunder Spucke oder sonst was, was kein Schwein interessiert. Nehmen wir uns also ein paar Jahre und wälzen Bücher, yeah!", erklärte er betont trocken.
Wenig später trat sie, angezogen, wieder hervor. Der junge Mann konnte nicht anders, als sie zu mustern, wobei er sich bemühte, es nicht zu übergriffig zu tun. Aber... ja... was sollte er sonst machen? Er hätte sie generell am liebsten gleich wieder ausgezogen, gestreichelt, geküsst und... Nein, lieber nicht zu viel davon vorstellen, schon spannte seine Hose ein wenig. Es kam einem wahren Kraftakt gleich, seine Augen von ihren perfekt geformten Brüsten zurück in ihr Gesicht zu heben.
Grinsend zwinkerte er ihr dennoch zu und versuchte, sein Interesse zu überspielen, indem er erneut neckte und zugleich nach etwas Praktischem fragte. Dabei erhielt er einen leichten Schlag. Hastig griff er sich auf die getroffene Stelle und machte eine Leidensmiene sondergleichen. "Au, aua, ich bin getroffen! Ach, was sag ich? Tödlich verletzt! Ich brauche sofort eine Ärztin, eine mit roten, vollen Lippen, die zärtlich meine Wunde wegküsst!", jammerte er betont übertrieben.
Um dann harmloser zu grinsen und sich noch einmal, unbewusst, die Stelle leicht zu reiben. "Hm... na gut, also Schnäutzel... ach, nein, falsch, Kira. Ja, klingt gut. Obwohl ich nicht verstehe, was du gegen Schnäutzelchen hast." Er wich ihr hastig aus, falls sie noch einmal ausholen wollte, und lachte.
Kurz darauf blies sie zum Aufbruch und ergriff dafür sogar wieder seine Hand. Sein Blick fiel auf die schmalen, langen Finger, die zwischen seinen verschwanden, und ein feines, seliges Lächeln huschte über seine Lippen. Dann aber nickte er. "Oh ja, lass uns mal ein wenig... wirbeln!", scherzte er und gemeinsam verließen sie das Hospital.

Den Weg zurück konnte er leicht finden, immerhin hatte er ihn oft genug aus verschiedenen Richtungen kommend genommen. Und eigentlich wollte er ihn nicht mehr beschreiten. Aber dieses eine Mal, ein letztes Mal, musste es sein. Außerdem tat er es in einer angenehmen Begleitung, das entschädigte ihn ein wenig für das Ziel. Die Zeit verging wie im Flug, weil sie nun, nachdem sie Zutrauen zu ihm gefasst hatte, locker mit ihm plaudern konnte.
Sie stellte jede Menge Fragen, dass er mehr als einmal lachen musste, und hörte dennoch neugierig zu, um... mit der nächsten Ladung Worten daher zu kommen. Er gab ihr Antworten, die meisten locker und flapsig und wenn es ihm einmal zu ernst zu werden drohte, lenkte er ihren Blick zu einem Schaufenster oder einem lustigen Hut oder ähnlichem und schon war die Sache vergessen.
Als sie die Universität erreicht hatten und sie das Gebäude bewunderte, schnaubte er leise. "Oh ja, erstaunlich langweilig und verbohrt.", brummelte er in sich hinein und deutete in die Richtung der Bibliothek. "Dorthin. Komm, gleich haben wir's. Und dann... heißt es, Staub atmen.", lud er sie ein und grinste schief, doch es erreichte seine Augen nicht.
Darin flackerte etwas anderes, Unruhe und ein leises Unbehagen. Zwar konnte ihm niemand den Zutritt verwehren oder ihn rauswerfen. Trotzdem fühlte er sich nicht wohl bei dem Gedanken, wieder auf dem Gelände zu sein. Wie weit sich sein Rauswurf wohl schon rumgesprochen hatte? Wem er über den Weg laufen und blöde Bemerkungen zu hören bekommen würde? Allerdings... er selbst hatte ihr den Vorschlag gemacht und kaum jemand würde vermutlich auf die Idee kommen, dass er, Kyano, freiwillig die Bibliothek danach aufsuchen würde. Was sollte er schließlich dort auch zu suchen haben? Nichts und genau das war es! Er sollte sich halbwegs sicher fühlen können. Und dennoch... Ein Umdrehen aber war keine Option. Er war kein Feigling, obwohl er gerne den einfachen, bequemen Weg wählte, und sein Interesse, Kira zu helfen, war ehrlich. Also hieß es wohl oder übel Augen zu und durch!
Der junge Mann setzte sein joviales Grinsen auf und bemühte sich so zu wirken wie immer, während er sie über das Gelände führte. Hie und da wurde ihm gewinkt, manchmal auch ein Kuss zugeschickt und er schenkte manches Zwinkern, das wiederum gewohntes Kichern auslöste. Na, immerhin, alle schienen es noch nicht zu wissen! Das gab ihm soweit Zuversicht, dass es nicht gar so schlimm werden würde. Und wer konnte es ihm sagen, eventuell würden sie rasch fündig und wären umso rascher wieder weg!
"Ach ja, bevor ichs vergesse. In der Bibliothek, da gibt's so einen alten Drachen. Furchtbar staubig, sag ich dir! Na ja, jedenfalls achtet die drauf, dass alle mucksmäuschenstill sind. Ich fürchte also, wir dürfen nicht zu viel kichern da drin.", warnte er seine Begleitung vor, ehe sie die Türen der großen Bücherhalle erreicht hatten. "Bereit?", fragte er sie schließlich und nickte ihr zu, um diese angeblich so geheiligte Halle zu betreten.
Als er den Empfang und all die vollgestopften Regale dahinter sah, schnaubte er leise und grinste sofort entschuldigend in Richtung des Drachen, weil er ihren bösen Blick schon vorhersehen konnte. Bevor sie ihn also aufhalten könnte, griff er fester Kiras Hand und zog sie mit sich in den ersten Stock und dort immer tiefer hinein in den Raum. Dabei heftete er seinen Blick auf die Breitseite der Regale, auf der für gewöhnlich die Themen vermerkt waren.
Es kam einem Wunder gleich, dass er den richtigen Stock erwischt hatte und noch dazu nach nur zweimaligem Umkehren den richtigen Gang. Magische Symbole, das war es, was er gesucht hatte. Und darin gab es, wie könnte es anders sein, auch Unterthemen.
Sie mussten tief eintauchen zwischen den Geschosshohen Regalen, bis hin zu der schmalen, hohen Fensterfront. "Da, da ist es!", wisperte er und deutete triumphierend auf die verstaubte Lektüre vor ihnen. "Windmagische Symbole. Du wirbelst ja auch gern rum, also tipp' ich mal drauf, dass wir hier was finden könnten."
Er sah sich nach der rollbaren Regalleiter um, denn bei seinem Glück wäre das passende Exemplar nicht in Griffweite. Aber wenn nicht... nun ja, dann würde er Kira hochschicken und zumindest einen schönen Anblick genießen können. Das Fummeln müsste er sich verkneifen, um sie nicht zu verscheuchen, obwohl er schon gerne würde, doch ja... er würde es später einmal nachholen, wie er hoffte.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Erzähler » Dienstag 2. Januar 2024, 12:07

Kyano kannte sich trotz aller Narretei hervorragend aus in der Universität. Immerhin verbrachte er sein halbes Leben hier. So fand er mühelos den Weg zur Bibliothek, auch wenn so mancher ihm das wohl nicht zugetraut hätte. Auch erinnerte er sich an ‚den Drachen‘, der sich im Innern der Hallen voller geschriebener Worte befand. Eine Warnung war wohl das Mindeste, das er Kira angedeihenlassen konnte und die Weißhaarige runzelte kurz unsicher die Stirn. "Ach ja, bevor ichs vergesse. In der Bibliothek, da gibt's so einen alten Drachen. Furchtbar staubig, sag ich dir! Na ja, jedenfalls achtet die drauf, dass alle mucksmäuschenstill sind. Ich fürchte also, wir dürfen nicht zu viel kichern da drin." Kyano konnte sehen, dass sie aufatmete. Hatte sie geglaubt, dass er von einem echten Drachen sprach?? Dann lächelte sie leicht. „Wir passen schon auf!“, zwinkerte sie und wirkte generell ein wenig aufgeregt, weil es endlich einen Weg gäbe, der ihr vielleicht einen Ansatzpunkt versprach. Kyano hatte selbst bereits darüber nachgedacht, wie schwer es sein musste, wenn jemand so gar keine Erinnerungen an etwas hatte. Kira aber war noch anderweitig betroffen: Sie wusste, dass etwas vorhanden war, konnte es aber nicht greifen. Es entzog sich ihr, sobald sie versuchte, näher darauf einzugehen und auch er kannte dieses Gefühl mitunter. Jetzt aber wappneten sie sich für das Innere der Bibliothek. Kyano konnte ein Gefühl des Bekannten spüren, als er ins Innere trat. Wie oft hatte man ihn hierhergeschickt? Wie oft hatte er Rubina versucht hinter den verstaubten Themen dieser Hallen wegzulocken, um irgendwo ein wenig Schabernack anzustellen? Erinnerungen gab es auch hier, die es ihm gewiss nicht leichter machten, nicht an seine Feuerhexe zu denken. Andererseits zeigten diese Hallen auch, dass Zyranus reichlich Zeit verschleuderte. Gewiss war es wichtig, sich mit Wissen zu beschäftigen, es zusammenzutragen und an zentralen Orten festzuhalten. ‚Der Drachen‘ blickte ihm mürrisch hinterher, als er Kira fester griff und sie mit sich zog. Der Blick ruhte auf dem Hinterkopf des einstigen Studenten, bis er die Treppe erklommen hatte. Sie würde ein Auge auf ihn haben! Darauf konnte sich Kyano einstellen. Schon immer hatte er ihren Unmut auf sich gezogen, denn er konnte nicht so still bleiben, wie sie es gerne hätte und manchmal hatte sie ihn auch dabei erwischt, wie er gewisse Frauenzimmer aus ganz anderen Gründen in den ersten Stock zog, als in Büchern nach Antworten zu suchen. Kyano war und blieb eben ein Freigeist. Und auch deshalb weckten die Gänge im Obergeschoss so einige Regungen in ihm. Sein Körper erinnerte sich ebenfalls an das eine oder andere Stelldichein. Es war wohl sein Glück, dass er nicht ständig irgendwelchen Verflossenen begegnete.

Offenbar hatte die Ansprache vom Morgen dafür gesorgt, dass sich einige Studenten den Anweisungen fügten und nun ihre magischen Kräfte zur Verfügung stellten, um den Geflüchteten zu helfen. So traf er am Anfang des richtigen Ganges noch den einen oder anderen ehemaligen Kommilitonen, doch niemand, den er näher kannte. Und als sie weiter und weiter die ewig langen Gänge betraten, waren sie schließlich allein. Hier hinten wuselte derzeit niemand herum und das hohe Fensterglas ließ ein wenig Licht herein. Ansonsten wären sie vollkommen blind. Draußen konnte man ein wenig verschwommen durch die Glasmaserung einige Studenten die Sonne genießen sehen. Auch Kyano hatte hier oft Zeit verbracht, um nicht in den Wänden eingesperrt zu sein. Jetzt aber suchte er noch die Buchrücken ab und fand schließlich, was er brauchte: "Da, da ist es! Windmagische Symbole. Du wirbelst ja auch gern rum, also tipp' ich mal drauf, dass wir hier was finden könnten." Kira folgte seinem Fingerzeig und erkannte den Schinken, den er gesucht hatte. Allerdings war er viel zu hoch und ohne Leiter würden sie ihn nicht erreichen können. Kira biss sich kurz auf die Unterlippe. „Ich könnte ihn mittels Magie herholen..“, überlegte sie, doch die Warnung vor ‚dem Drachen‘ war ihr noch bewusst. „Aber das könnte nach hinten losgehen. Warte, ich glaube, ich habe da eben eine Leiter gesehen!“, sagte sie und ging einige Gänge zurück. Sie war noch zu sehen und bog dann kurzerhand ab. Die Sekunden verstrichen, ohne, dass Kyano etwas hörte oder von ihr sah. Hatte sie ihn reingelegt? Nein, wozu auch. Kira tauchte aus einer anderen Richtung wieder auf und hatte eine kleinere, rollbare Treppe dabei. Sie war nicht so lang, wie es die an den Regalen festmontierten waren, aber vielleicht reichte es schon. Die Weißhaarige stellte die Treppe in dem Gang auf und stieg kurzerhand hoch. Tatsächlich wackelte die Leiter auf Rollen ordentlich, sodass sie das Gleichgewicht halten und Kyano besser die Leiter stützen musste. Kira musste auf die aller letzte Sprosse steigen und dann auch noch balancieren. Sie reckte sich ordentlich lang und Kyano konnte alles hervorragend erkennen. Der knackige Hintern reckte sich ihm entgegen, während sie langen Beine vor Anstrengung zitterten. Die weißen Haare kitzelten den schmalen Rücken, den sie beim Strecken etwas entblößte und es war schwer, nicht wieder an Dinge zu denken, die er lieber mit ihr anstellen wollte.
Ob seine Konzentration kurz litt, oder Kira zu viel wagte war egal, als plötzlich die Leiter zur Seite rutschte und die Fremde ordentlich ins Wanken geriet. „Vorsicht!“, rief sie erschrocken aber melodisch und geriet ins Trudeln. Kira zog den Schinken aus dem Regal, was ihr jedoch das Gleichgewicht nach hinten verlagerte. Sie ruderte mit dem freien Arm, presste das Buch dann an ihre Brust ehe sie nach hinten tatsächlich fiel. Kurz bevor Kyano sie fangen konnte oder von ihr zu Boden gerissen wurde, schwebte sie eine Sekunde in der Luft, was den Sturz abmilderte, ehe sie weiterfiel. Wie war es um die Künste des Luftmagiers bestellt? War er der Galan, der die Fallende sanft in seine Arme rettete? Oder war er so abgelenkt oder überrumpelt gewesen, dass er es nicht mehr schaffte und somit mit ihr gemeinsam zu Boden fiel? Wie auch immer, das Buch hatten sie trotzdem!
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Kyano » Donnerstag 4. Januar 2024, 21:13

Obwohl viele es ihm vermutlich nicht zutrauten, weil er oftmals so abwesend und desinteressiert wirkte... und meist auch war, er hatte einen recht guten Orientierungssinn. Musste er ja auch, schließlich war er ständig auf der Suche nach einem guten Plätzchen zum Träumen und dem Wind lauschen. Hatte er solch einen einmal gefunden, wollte er ihn immer wieder aufsuchen, also musste er sich so etwas auch merken können. Hinzu kamen all die Jahre, die er nun schon herumstreunerte, so oft er konnte.
Da war es wohl nicht mehr ganz so verwunderlich, wie leicht er den direkten Weg zur Bibliothek finden konnte, ein Gebäude, das er nur zu gerne gemieden hatte und von dem er so einige heimliche Fluchtwege kannte. Nun hingegen würde er freiwillig diese verstaubten Räume betreten und sich mit langweiligen Büchern beschäftigen.
Davor allerdings wollte und musste er Kira noch warnen, damit sie sich nicht erschrecken würde. Oder damit sie ihn vor dem Übel des Drachen bewahrte, weil er im Rücken keine Augen hätte und es immer Probleme gab, wenn er etwas partout nicht tun durfte. In der Bibliothek auf Dauer leise zu bleiben... Nun ja, bislang hatte er das noch nie geschafft und früher oder später immer flüchten müssen! Warum sollte sich daran jetzt, wo er sowieso rausgeworfen worden war, etwas ändern? Auch wenn er es versuchen würde, eben um ihr wirklich helfen zu können.
Sofern sein Gedanke richtig war. Und wenn nicht... na ja, dann könnte er noch seinen ehemaligen Professor Federleicht suchen, der würde ihm da sicher eine Antwort geben können. Sofern er wollte... Egal, nicht dran denken, sondern erst einmal machen!
Indes erhielt er eine Zusicherung seiner Begleitung, die ihn leise lachen ließ. "Besser, du passt auf. Mich will sie schon fressen, wenn sie mich nur sieht.", scherzte er und biss sich kurz darauf schon auf die Unterlippe, um wirklich leise zu sein. Wenigstens beim Betreten der Bibliothek sollte er seinen guten Willen zeigen. Wenn das nur nicht so schwer wäre!
Doch auch aus anderen Gründen wollte ihm ein deutlich vernehmbarer Seufzer über die Lippen kommen. Erinnerungen an lustigere Zeiten mit seiner Feuerhexe wollten in ihm aufsteigen und ihn wieder traurig werden lassen. Nein, damit wollte er sich jetzt nicht befassen! Wie gut, dass die Schöne noch seine Hand hielt und ihn spüren ließ, dass er mit jemand anderes hier war.
So nahm er sich die Freiheit, frech zu grinsen und dem Drachen zu winken, ehe er ihre Finger fester umfassten und seinen Schritt beschleunigte, um aus deren direkten Dunstkreis hinaus zu kommen. Gezielt führte er seine Begleitung in den ersten Stock und zu einem der hintersten Regalen, was ihm unter anderen Umständen mehr als gelegen gekommen wäre. Doch nach der Sache mit dem Arzt würde er sich ihr sicher nicht aufdrängen oder zu ungestüm vorgehen. Auch wenn er nichts dagegen hätte, ihr hier etwas näher zu kommen, weil sich dann der Ausflug in den ewigen Staub sich auf jeden Fall gelohnt hätte.
Er versuchte, sich zu konzentrieren und sich zu orientieren. Schließlich hatte er den richtigen Gang erwischt und fand ganz an dessen Ende, weswegen sie hierher gekommen waren. Das zeigte er ihr auch.
Als sie sich auf die Unterlippe biss, heftete sich sein Blick unwillkürlich darauf und seine Hose fühlte sich ein wenig enger an. Er räusperte sich leise, wie als Antwort auf ihren ersten Vorschlag, den er im Prinzip nicht schlecht fand. Sofern sie genug Kontrolle über ihre Magie hätte. Aber sie verstand das falsch und hatte eine andere Idee, die sie auch gleich in die Tat umsetzte, ehe er ihr zuvorkommen und helfen konnte.
Nun ja, so nutzte er die Gelegenheit, um seine Hose zu richten und seinem besten Freund wieder genug Raum zu geben. Leise seufzte er und bemühte sich, auf andere Gedanken zu kommen, damit sie nichts entdeckte und keine falschen Schlüsse daraus ziehen würde.
Auf diese Weise bemerkte er kaum, wie die Sekunden verstrichen, bis sie zu ihm zurück kehrte. Mit einer Leiter, deren Anblick ihn die Augenbraue anheben ließ. "Die schaut nicht sehr stabil aus.", murmelte er und wollte schon einwenden, dass er lieber eine der befestigten Teile nehmen würde, als sie bereits mit dem Aufstieg begann.
"So warte doch!", entfuhr es ihm und er griff hastig mit beiden Händen zu, um eine Katastrophe zu verhindern bei dem Gewackel. Dabei machte er allerdings den Fehler, hochzusehen. Über ihm schwebte der Traum von einem knackigen Hintern und schon spannte es in seinem Schritt erneut. Oh, wie gerne würde er da reinkneifen, die Hose runterziehen und das herrliche Fleisch direkt kneten, während sein Mini-Kyano tief in sie eintauchte, um...
Er blinzelte und merkte, dass er dämlich grinste, sodass er das rasch wieder sein ließ. Was er hingegen nicht ignorieren konnte, war das unangenehme Gefühl um sein bestes Stück. Da er sich zutraute, die Leiter auch nur mit einer Hand festhalten zu können, solange sie nicht zu viel herum tänzelte, löste er die andere und wollte seine Hose erneut zurecht zupfen.
Jedoch genau in diesem falschen Moment ruckelte Kira oben auf der höchsten Sprosse und prompt geschah das Unglück. Er hörte ihre melodiöse Stimme, ohne zu verstehen, und plötzlich schien alles wie in Zeitlupe abzulaufen. Der junge Mann erkannte, wie sie wankte und sich nicht länger würde halten können, selbst, wenn er wieder zugriff. Ohne nachzudenken, gab er der Leiter einen Stoß nach vorn, verbreiterte seinen Stand und streckte die Arme aus, um sie aufzufangen.
Schon wähnte er sich sicher im Einschätzen des Schwungs, als ihr Fall sich unterbrach, um dann doch noch bis zum Ende stattzufinden. Er keuchte, als ihr Körper ihn traf und ebenfalls zu Boden beförderte. Wenngleich er weitaus unsanfter landete und sich auf leicht den Hinterkopf am anderen Regal stieß, was ihm einen Schmerzenslaut entlockte.
Schon rieb er sich die getroffene Stelle und kniff kurz die Augen zu, als ein anderes Gefühl seine volle Aufmerksamkeit forderte. Auch wenn er eine andere Landung bevorzugt hätte, eine weichere, so hatte er zumindest einen Vorteil dadurch, Kira aufgefangen zu haben. Denn unverhofft saß sie mit ihren perfekten Backen genau auf seinem Speer, der sich nun unmissverständlich gegen sie drücken konnte. Hätte er eine Stimme besessen und einen Mund zum Reden, hätte er gewimmert ob all des Stoffs, der ihn von diesem Glück trennte. So blieb ihm jedoch nur, auf sein Maximum anzuschwellen und voller Erwartung von Aufmerksamkeit zu zucken.
Kyano begann zu grinsen und legte die Hände auf ihre Hüfte, ohne genauer darüber nachzudenken. "Mach's dir ruhig bequem.", raunte er ihr mit einem unterdrückten Lachen ins Ohr und blies dabei sanft seinen warmen Atem gegen ihre weiche Haut. Dabei senkte sich sein Blick wie von allein auf ihre Brüste und versuchte zu erkennen, welche Reaktion seine Nähe bei ihr auslöste.
Er war ja schließlich nicht schuld daran, dass sie sich jetzt derart nahe waren. Und wenn es nach ihm ginge, würden sie das Buch nicht allzu bald durchblättern. Allerdings war er niemand, der eine Frau dazu zwingen würde, weswegen sie natürlich jederzeit aufstehen könnte. Auch wenn er es sehr bedauern würde.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Erzähler » Sonntag 7. Januar 2024, 09:07

Immer wieder hatte ‚der Drachen‘ Kyano beim Stören erwischt. Manchmal beim Rascheln mit irgendwelchen mitgebrachten Leckereien – was ebenfalls strengstens verboten war, um die alten Bücher nicht zu beschädigen – und dann wieder beim Erzählen von großartigen Geschichten. Jene waren nicht immer ganz so groß gewesen, wie er ausschmückte, aber das war egal. Wenn die anderen Studenten ihm staunend an den Lippen hingen, dann reichte ihm das. Manchmal hielt er die anderen regelrecht davon ab, ihre Studien fortzusetzen. Aber Kyano hatte dabei auch gelernt, dass jeder sich nach Ablenkung, Zerstreuung und Spaß im Leben sehnte. Einige konnten es gut unter dem Deckmantel des Fleißes verbergen aber im Grunde wollten sie alle auch mal essen, wonach ihnen war und tun, was sie wollten. Kyano hatte jenen Lebensstil perfektioniert und das schmeckte anderen wiederum eben nicht. Deshalb waren seine Kommilitonen auch zwiegespalten, wenn sie ihn sahen. Einige der Frauen schmolzen bei seinem Anblick, manchen sollte er besser nicht mehr zu nahekommen, hatten sie sich doch mehr als ein Stelldichein erhofft. Kyano war wie der Wind. Er kam, ging, wie er wollte. Er brauste auf, wenn er die Chance witterte, auf Spaß. Und er flaute ab, wenn es ihm zu langweilig wurde. Man konnte ihn nicht fassen, nicht festhalten und er machte sich einen Spaß daraus, wenn die Leute es versuchten. Aber der Wind war auch einsam und manchmal brauchte er etwas, das er wahrlich entzünden konnte. Rubina war es, die ihn lockte. Das hat sie schon immer getan und gleichwohl war er zu sorglos mit ihrer Freundschaft umgegangen. Hätte er sich früher bemüht, sich früher eingestanden, ernsthafte Gefühle zu haben, wer weiß wohin es gelaufen wäre. Aber Kyano verdrängte diese Gedanken. Sie belasteten nur sein Herz und seinen Schalk. Nun hatte er ja Kira, nicht wahr? Und sie war ein dankbares ‚Opfer‘ seiner Verdrängung.
Warum nicht einen Lückenbüßer aus ihr machen, wenn sie schon mal an seinen Fingern klebte, wie süßer Honig? Kira stellte eine ganz eigene Versuchung dar und die ließ er sich nicht einfach so entgehen. Dabei war sein Wunsch, ihr helfen zu wollen, tatsächlich nicht reine Taktik. Auch hier stellte er fest, dass es etwas anderes gab als Sex und vorgetäuschte Liebelei. Was Kira ihm da vor die Nase hielt, war mehr als Fleisch und ein bezauberndes Lächeln. Nachdem sie für Abhilfe gesorgt hatte und mit einer Mühelosigkeit die Stufen des Treppchens erklomm, hatte er jedoch wieder genau jenes Fleisch vor Augen, das ihn öfter in seinem Leben in Schwierigkeiten gebracht hatte. Er spürte, wie ihm die Hosen enger wurden und das ausnahmsweise mal nicht vollkommen unwillkommen. Normalerweise ertrug er zu eng geschneiderter Kleidung nicht, doch das… Nun, es gab schlimmeres. Kira aber angelte nach dem Buch, das er sich ausgesucht hatte und balancierte äußerst kunstfertig auf der obersten Kante der Leiter. Dabei bewies sie ein wirklich gutes Gleichgewicht und schien dahingehend sehr begabt zu sein. Doch als er sich etwas Platz untenrum verschaffen musste, da sein bester Kumpel tatsächlich ordentlich anschwoll, da verlagerte Kira ihr Gewicht etwas und löste somit eine unglückliche Kettenreaktion aus. Kyano konnte nicht mehr gut ausgleichen und die Leiter kippelte. Kira schnappte melodisch nach Luft und griff instinktiv nach dem Buch im Regal.

Das gab ihr allerdings zu viel Gegengewicht, sodass sie rücklings zu fallen begann und fiel. Noch bevor sie aber aufschlagen oder gefangen werden konnte, hielt sie in der Luft für einige Atemzüge inne und schwebte in der Luft, bis sie doch weiterfiel und Kyano umriss. Ein dumpfer Laut entkam seiner Kehle, als er sich den Hinterkopf stieß und dann zu Boden glitt. Das Poltern erschütterte die Stille der Bibliothek, als wäre ein ganzes Blasinstrument Orchester umgefallen. Aber das war es nicht, was seine Aufmerksamkeit erregte. Vielmehr war es ihr Gewicht auf seinem besten Stück, als sie ihren Hintern dagegen drückte. Kira saß und lag halb auf dem Luftmagier, während das Buch neben ihnen unbeachtet zu Boden gefallen war. Kira hatte sich etwas vorgelehnt, um sich mit der Rechten auf dem Boden neben seinem Kopf abzustützen und ihre Linke ruhte auf seiner Brust. Dabei hatte er vollen Zugriff auf ihre Hüften, die sich spannten, da sie rittlings auf ihm hockte. Kira’s Gesicht schwebte über seinem und ihr Grün tastete mit sorgenvoller Miene seines ab. „Hast du dir wehgetan?“, fragte sie leise und Kyano hatte längst nicht mehr genug Blut im Hirn. Es versackte mit jeder feinen Bewegung, die sie unwillkürlich auf ihm machte. Er spürte, dass sie längst nicht mehr so schwer war, wie noch zu ihrer Bewusstlosigkeit. Sie über sich zu spüren hatte eine andere Art der Sanftheit. Er konnte es nicht sonderlich erklären, aber irgendwie fühlte sich das bei ihr anders an, als wenn er eine der vielen, hübschen Zyranerinnen verführte. "Mach's dir ruhig bequem.", ließ er sich hinreißen zu raunen und Kira hob die Augenbrauen an. Erst sah es so aus, als würde sie ihm gleich eine scheuern, doch da irrte Kyano sich. Die Weißhaarige … lächelte leicht. Ihr rechter Mundwinkel zog sich hoch und gab ihr einen schelmischen Ausdruck. „Sehr zuvorkommend“, murmelte sie zurück und öffnete ihre Mimik zu einem breiten Lächeln. Kira wurde weich in seinem Griff. Dann senkte sie tatsächlich ihr Becken auf seinen Schoß und erhöhte dort den Druck. Jetzt saß sie regelrecht und sein ‚zweites Ich‘ bekam erst recht etwas zum Wimmern. Denn Kira positionierte sich noch mal etwas, schob ihre Mitte über seine und tat so, als wüsste sie nicht darum, wie viel Fantasie das wecken könnte. Doch danach verankerte sie ihren Blick in seinem, tauchte tief dort ein und fixierte ihn. Sie lehnte sich leicht vor, bis ihre Nasenspitze fast die seine berühren konnte.
Das weiße Haar kitzelte seine linke Seite, als er ihr über die rechte Schulter fiel. „Willst du das denn wirklich?“, flüsterte sie mit einer gewissen Sinnlichkeit. Sie sank noch tiefer, wodurch sich ihre Kehrseite etwas anhob und seinen Händen mehr versprach als er zu hoffen gewagt hatte. Kira’s Lippen waren seiner Haut an den Wangen so nahe, dass es wie ein flüchtiger Kuss wirkte. „Ich schätze…“, hauchte sie und leckte sich scheinbar zufällig die Lippen, dass sie glänzten. „du brauchst etwas Zuwendung… Ablenkung“, säuselte sie dem Wind nicht unähnlich. Ihr Blick glitt über seine Züge, bis sie auf seinen Lippen hängenblieben. „Für deine Hilfe hast du das verdient… nicht wahr?“, fragte sie und kurz runzelte sich ihre Stirn etwas. „Für deinen Verlust, brauchst du ein Gegengewicht…“, spielte sie auf Rubina an. Kira war nicht doof – sie hatte erkannt, was er für die Feuermagierin empfand. Und sie verstand, was er von ihr, der Fremden, wollte: Ablenkung. Sie war die nächste Ablenkung auf seiner Liste. Doch noch während er sich vielleicht fragte, ob sie ihn gleich stehenließ, kam er in den Genuss eines Augenaufschlages und während sie seinen Blick auffing, senkten ihre Lippen sich tiefer und streichelten hauchzart seine. Die Weichheit ihrer Lippen war verboten und sie streichelte seine mit einer zarten Intensität, dass er glaubte zu schweben. Kira war drauf und dran Kyano tatsächlich intensiv zu küssen und lud die Atmosphäre auf, als würden sie sich zu einem fulminanten Gewitter verbinden. Die Bibliothek um sie herum verschwamm, da gab es keine staubigen Bücher oder dunkles Holz mehr. Sie wirbelten gemeinsam Richtung Himmel und gaben sich dem Wind hin. „Was bei all den schlechten Göttern dieser Welt, glaubt ihr treibt ihr da?!“ Die Ladung war hart. Kira beendete diese Verbindung und kam zügig und erschrocken auf die Füße.
Das Gewicht fehlte und hinterließ bei Kyano deutliche Zeichen zurück. Im Gang stand ‚der Drachen‘ und hatte die Hände in die Hüfte gestemmt. Ihr Blick loderte auf eine Weise, dass man glauben mochte, sie wäre Feuermagierin. „Duuu….!“, zog sie das Wort in die Länge und deutete mit einem krummen Finger auf den am Boden liegenden. „Immer du! Raus hier! RAUS!“, forderte sie und missachtete dabei tatsächlich ihre eigenen Regeln der Ruhe für einen Moment. Kira hob beschwichtigend die Hände, doch die Alte schnitt ihr direkt das Wort ab: „Halt den Rand! Ich kenne dich nicht und will nichts hören, Flittchen!“, Kira wirkte tatsächlich für einen Moment wie vom Donner gerührt. Dann aber verfinsterte sich ihr Gesicht merklich und eine gewisse Dunkelheit überkam sie. „Flittchen?“, fragte sie und in ihrem Grün tobte beinahe ein Gewittersturm. „ICH bin ehrenwertes Mitglied der…“, sie stockte und das Gewitter verrauchte, „der…“ Hilflosigkeit machte sich wieder breit. Offenbar wollten die Erinnerungen an die Oberfläche, aber sie entglitten ihr wieder. "Der was? Der Huren von Sonstwo?!" Dann füllten sich Kira's Augen mit Wasser, das jedoch nicht überschwappte. Gekränkt, ertappt und durcheinander sah sie zur Alten, zu Kyano und dann ging sie an ihnen vorbei, um diesen Winkel der Bibliothek zu verlassen. Sie floh. Die Alte aber lächelte triumphierend. „Ihr seid nichts! Ihr seid Störenfriede, die unsere alten Traditionen und Gesetze mit Füßen treten. Ihr seid es nicht wert, hier zu lernen!“, richtete sie noch das scharfe Wort an Kyano.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Kyano » Sonntag 7. Januar 2024, 11:10

Er hatte sich hier noch nie sonderlich wohlgefühlt, sah man von der Tatsache ab, dass es hier so viele Regeln zu brechen gab, dass es schon langweilig einfach war. Doch ansonsten, wenn er wirklich hatte lernen und lesen und im Staub ersticken müssen, war er froh über den Moment gewesen, wenn er es hinter sich gebracht hatte. Auch jetzt betrat er die Bibliothek nur bedingt aus freiwilligen Stücken.
Dieses Mal wollte er helfen, ehrlich und fast ohne Hintergedanken helfen, und danach könnten sie endlich abhauen! Weggehen von diesem Ort mit all seinen Erinnerungen und Gefühlen und anderen belastenden Dingen. Nein, ihn hielt an der Universität nichts mehr, selbst, wenn er hätte zurückkehren können.
Und wie sah es mit Zyranus selbst aus? Bislang hatte er außer seinen kurzen Ausritten die Stadt nie verlassen und schon gar nicht mit einem weit entfernten Ziel... oder einfach dem Wunsch auf Reisen zu gehen. Jetzt allerdings... Er hatte im Prinzip nichts, außer seinem Hengst und der Kleidung auf seinem Leib, der Rest... gehörte genau genommen seinen Eltern. Jedoch hatten sie ihn ja eigentlich erst in diese Lage gebracht und wenn ers genau nahm, gehörte da so einiges zu seinem Erbe und von daher...
Ein Plan begann sich in seinem Hinterkopf zu formen, noch nicht wirklich greifbar, weil es zu weit weg und davor noch anderes zu tun war, beizeiten aber könnte er sicher darauf zurück greifen. Und dann würde er endlich jene Freiheit sich nehmen, nach der er sich sehnte.
Doch im Moment widmete er sich anderem und ließ seine Gedanken lieber sich an diesen wohlgeformten Hintern heften, während es in seiner Hose ziemlich eng wurde. Auf seinen Lippen erschien ein verwegenes Grinsen und er merkte, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Daraufhin allerdings ging eine Menge schief und das führte dazu, dass sie das Gleichgewicht verlor und fiel. Er versuchte, sie aufzufangen und war dennoch nicht auf den Schwung vorbereitet, mit dem sie gegen ihn prallte.
Gemeinsam stürzten sie zu Boden und er stieß sich den Hinterkopf an. Das würde eine nette Beule geben, jedoch würde er das erst später merken. All seine Sinne konzentrierten sich nach der Landung vielmehr auf den Körper, der da auf ihm lag und ihm allein durch die Nähe und den Geruch ein tiefes Stöhnen entlockte. Wie von selbst fanden seine Hände ihre Hüfte und er konnte gar nicht anders, als ein wenig zu zupacken und dieses feste, wohl geformte Fleisch zu halten.
Oh, was würde er dafür geben, wenn sie beide untenrum keinen Stoff trügen! Er wäre bei dieser Gelegenheit schneller in ihr versunken, als sie nach Luft hätte schnappen können. Bei dieser Vorstellung zuckte es unter ihrem Gewicht willig und seine Finger gruben sich noch eine Spur tiefer.
Ihre Frage drang wie durch einen Nebel zu ihm durch und ließen ihn grinsen. "Vergeben und vergessen.", nuschelte er mit etwas schwerer Zunge, als hätte er zu tief ins Glas geschaut. Was bei ihm fast nie vorkam, denn er war ein standhafter Trinker, der auch mal einen Becher mehr vertragen konnte.
Jetzt erst hob er seine Lider mit den für einen Mann ungewöhnlich dichten Wimpern an und blickte direkt in ein absolut wunderschönes Gesicht. In seinen Augen blitzte es auf und sein Grinsen wurde breiter. "So möchte ich öfter aufwachen.", scherzte er und konnte sich daraufhin seine Einladung nicht verkneifen. Dass er hingegen noch zu mehr als einem geraden Satz fähig war trotz seiner deutlichen Erregung zeugte von der Erfahrung, die er besaß. Auch wenn sie schon ein ausgesprochen scharfes Exemplar war und es ihm bei weitem nicht so einfach machte wie andere.
Trotzdem machte sie anfangs eine finstere Miene und er legte all seinen Charme in sein Lächeln, um sie zu besänftigen. Das schien zu wirken, denn ihr Gesicht hellte sich auf, anstatt, dass sie ihm eine Ohrfeige verpasste, die er nicht verdient hätte. Schließlich hatte er sie nur auffangen wollen! Was konnte er denn dafür, dass sie sich wie ein williges Frauchen an ihn schmiegte und das perfekte Gegenstück zu ihm darstellte?
Schließlich aber lächelte sie und dieser Ausdruck ließ sein Herz anderweitig schneller schlagen. Ihr Gemurmel entlockte ihm ein Lachen, das leise und in seiner Brust gut fühlbar war. "Immer wieder gerne." Er bewegte sich leicht hinter ihr und berührte dabei unabsichtlich mit dem Hinterkopf noch einmal das Regal.
Schmerz durchzuckte ihn und huschte auch über seine Mimik, während er scharf die Luft einsog. "Nächstes Mal nur bitte mit mehr Platz um uns herum.", nuschelte er und fühlte das dumpfe Pochen noch leiser werdend, während es unten rum wieder fordernder wurde. Hinzu kam der Blick, dem sie ihm nun schenkte, so intensiv und fesselnd, dass er sowieso alles um sich herum vergaß, was er noch bedacht haben könnte.
Indes kam sie ihm näher und erhöhte damit das Knistern zwischen ihnen. Kyano konnte das restliche Blut, das nicht in seinem besten Freund steckte, in den Ohren rauschen hören. Ihre Frage entlockte ihm ein weiteres, noch brummigeres, tiefes Lachen und seine Hände strichen mit unerwarteter Sanftheit ihr Rückgrat hinauf, bis zwischen ihre Schulterblätter. Zwischen ihren Beinen zuckte Mini-Kyano und wollte auf diese Weise Aufmerksamkeit erregen.
"Du denn nicht?", wisperte er zurück und streckte sich ihr entgegen, um einen sanften Kuss auf ihren Hals zu hauchen, genau in die Beuge, die er am leichtesten erreichen konnte. Schon wähnte er sich am Ziel seiner Träume, doch sie war offenbar eine Frau, die gerne redete, auch im Bett... oder wo auch immer es sich eben ergab. Zuerst noch säuselte sie und er konnte in all seiner aufsteigenden Lust kaum noch klar genug denken, um ihren Worten einen Sinn zu geben.
Dann allerdings erwähnte sie etwas, machte eine Anspielung, die ihm regelrecht das Hirn durchpustete. Er erstarrte mitten in der Bewegung und sank daraufhin mit dem Kopf zurück, um sie anzusehen. Schon öffnete sich sein Mund, wollte er etwas klarstellen, weil es sein musste, als sie mit ihrem Blick allein dafür sorgte, dass er diesen Einwand wieder vergaß. So waren seine Lippen noch nicht geschlossen, als sie ihn mit den ihren berührte und ihm ein Stöhnen entlockte allein mit diesem sinnlichen Kontakt.
Wenn sie so weiter machte, würde er seine Hose einsauen ohne dem eigentlichen Vergnügen. Was für eine Versuchung auf zwei Beinen!
Und dennoch, da war etwas gewesen, etwas Wichtiges, etwas... War es nicht egal? Konnte das nicht warten? Er war so knapp vor dem Ziel, er müsste nur noch...
In diesem Moment fuhr ihm eine allzu bekannte Stimme in die Parade und sorgte dafür, dass die gesamte Spannung verpuffte, als wäre sie zu stark gewesen und hätte nur noch implodieren können. Mit einem Mal verschwand das Gewicht von seinem Körper und obwohl auch er auf die Füße kommen sollte, brauchte er ein wenig länger. In der Zeit starrte er ungläubig gegen die Decke weit über sich, während sein bester Freund gejault hätte, wenn er eine Stimme besessen hätte.
Erst mit Verspätung wurde ihm bewusst, dass die Zweisamkeit zu Ende war, und er setzte sich auf. Sofort beschwerte sich sein Kopf nicht minder stark wie sein Speer und ihm schwindelte. Mit einem leisen Stöhnen griff er sich an die Stirn, obwohl die Beule auf seinem Hinterhaupt immer mehr anschwoll. Aber er musste in die Senkrechte kommen, somit stützte er sich an dem Regal neben sich ab und kam so auf die Beine.
Als er endlich stand, schüttelte er leicht den Kopf und blinzelte, in der Hoffnung, auf diese Weise zu mehr Klarheit zu gelangen. Es half, doch war er zu langsam, denn schon widmete sich der Drache dem nächsten Angriff. Leise schnaubte er abfällig und verdrehte die Augen. "Jetzt kommt mal wieder runter.", murrte er mehr zu sich und würde damit wohl kaum helfend beitragen.
Als ob er nicht hier rauswollen würde! Er konnte sich viel schönere Orte mit Kira als Gesellschaft vorstellen, wenn sie wieder auf ihm läge oder unter ihm und diese köstlichen Lippen... Doch anstatt, dass sich erneut bei ihm etwas regte, fiel ihm wieder ein, was sie zuvor zu ihm gesagt hatte und das sorgte dafür, dass sein Freund sich frustriert lieber wieder entspannte. Der Anblick der Alten war da eine gewaltige Unterstützung, jegliche Erregung vergehen zu lassen.
In der Zwischenzeit hatte seine Begleitung leichter die Fassung zurück gewonnen und wollte offensichtlich für Beschwichtung sorgen. Der Drache allerdings fuhr ihr ziemlich schnell in die Parade und das auf eine Art, die auch den jungen Mann endlich wieder zur Besinnung kommen ließ. Diesmal reichte es nicht, dass er sich lediglich vor sie stellte, denn die Attacke war andersartig.
Dennoch ballten sich seine Hände zu Fäusten und endlich, ehe sie davon stürzen konnte, war er soweit, in den Kampf einzuschreiten. "Jetzt haltet mal den Rand, Ihr vergreift Euch im Ton!", fuhr er die Alte an.
Jedoch kam er zu spät, denn plötzlich stürzte seine Begleitung davon. "Kira!", rief er und der Anblick ihrer feuchten Augen fachte seine Wut an. Er lief ihr nicht sofort hinterher, würde das aber gleich nachholen.
Stattdessen verlangte er Vergeltung. Der Zorn aktivierte seine Magie und knisterte durch seinen gesamten Körper. Die Fäuste hatte er inzwischen so fest geballt, dass seine Arme zitterten vor Anspannung. Mit einem mächtigen Brüller machte er eine schwungvolle Bewegung mit dem rechten Arm, als wolle er einige Bücher aus den Regalen fegen. Tatsächlich geschah das auch, aber ohne, dass er sie direkt berührt hätte. Sie kamen von viel weiter oben und polterten zu Boden.
"Und Ihr seid eine Zumutung!", fuhr er sie wütend an. Er trat dicht an den Drachen heran, seine Haare wirbelten wie von allein herum, als gäbe es hier viel Wind, und er funkelte sie dermaßen zornig an, wie er nur selten dreingesehen hatte. "Ihr und all Eure arroganten, aufgeblasenen, verstaubten Kollegen! Was könnt Ihr schon, außer andere zu malträtieren? Was wisst Ihr schon? Was seid Ihr schon, ohne Eure verstaubten, vergilbten, alten Schinken? Nichts! Absolut gar nichts! Also blast Euch nicht so auf und sorgt lieber für Ordnung hier!"
Er drehte sich um und griff sich das dicke Buch, das die Schöne hatte liegen lassen. Das hielt er ihr unter die Nase. "Ich bin so frei, ja?", fauchte er und trat an dem Drachen mit erhobenem Kopf vorbei.
"Ach ja...", begann er dann noch und fegte auch einen Teil des linken Regals mit seiner Magie leer. "Falls Ihr meint, Ihr hättet zu wenig zu tun!", schoss er noch spitz zurück, ehe er sich abwandte und Kira endlich hinterher laufen wollte. Wobei er hoffen musste, sie noch nicht verloren zu haben, weil er zu viel Zeit mit der Alten vergeudet hatte.
"Kira? Kira, wo bist du?!", rief er so laut, wie er wollte und scherte sich nicht mehr darum, was der Drache davon halten sollte. Nein, stattdessen schlich sich ein gemeines Grinsen auf seine Lippen und er fegte, einfach, weil er es konnte, noch einige Regale mehr leer. Dann aber riss er sich zusammen und suchte seine Begleitung. Das war schließlich wichtiger! Wie weit mochte sie schon weggelaufen sein?
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Erzähler » Montag 8. Januar 2024, 00:13

Bisher hatte Kyano sich nicht groß um etwas bemühen müssen. Es war ihm in den Schoß gefallen – oder darauf – und wenn nicht, dann war es auch nicht wert gewesen, sich damit zu beschäftigen. Seine Eltern hatten für ihn den Weg des Magiers gewählt und ihn auf die Akademie gebracht. Noch hatte er sich mit ihnen nicht auseinandergesetzt, doch ob er das noch würde, müsste sich zeigen. Vielleicht wollte er die Gründe, dass sie sein Studentendarlehen nicht mehr zahlten, auch nicht hören, weil es schlichtweg egal geworden war. Noch vor Stunden war er vollkommen durcheinander, hatte Professor Federleicht angestarrt und sich vehement dafür eingesetzt, dass er das nicht tat. Dass er ihm diese Nachricht nicht überbrachte. Ein Bisschen mehr Zusatzaufgabe aufbrummte, damit er seine Versäumnisse abarbeiten konnte. Doch jetzt hatte sich so vieles… verändert. Plötzlich war da dieser leise Wunsch im ihm, wie das Säuseln des Windes, wenn er in den Baumkronen seine Ruhe suchte. Er wollte… Neues. Er erkannte, dass sich sein Herz scheinbar nach etwas Neuem sehnte. Da war nicht der immense Wunsch, alles zu bereinigen. Da war nichts zu spüren, von dem Elan im ersten Moment seines Rauswurfs. Sein Ritt auf Erion hatte seine Gedanken nicht so klären können, wie es die Begegnung mit Kira getan hatte. Die Unbekannte hatte ihm einen kleinen Floh ins Ohr gesetzt, dass es noch anderes gab. Unbekanntes, das er noch entdecken könnte. Aber wollte er das wirklich? Das Ungewisse konnte durchaus seinen Reiz haben, wenn es auch Risiken barg. Kyano musste sich überlegen, ob er bereit war, dieses Wagnis einzugehen. Und vor allem wie! Einfach los und gucken, was käme? Nun, dafür würde er noch Zeit haben. Vielleicht unternahm er doch noch mal einen Versuch, sich dieser Universität zu verschreiben doch… unwahrscheinlich. Und es wurde noch unwahrscheinlicher als ein Missgeschick dazu führte, ihm vor Augen zu halten, was er stattdessen haben könnte.

Inmitten der Bücher, die er schon immer als verstaubt und trocken angesehen hatte, faszinierte ihn das sanfte Grün der Augen der Fremden. Das schlohweiße Haar, samtig weich und sündhaft, wie es ihn kitzelte. Die Nähe, die Wärme ihres Körpers. Kira lockte ihn, weil sie etwas an sich hatte, das er unbedingt kosten wollte. Eine verbotene Frucht, irgendwie, denn hatte er sie nicht eben noch vor genau solchen Dingen bewahren wollen? Doch was konnte er dafür, dass sie so… auf ihm landete? Und Kira strafte seinen Vorstoß nicht mit Flucht, sie blieb. Einzig ihr Worten wollten etwas in ihm anregen, das sich nicht so bequem anfühlte. Aber er vergaß es, ob ihres warmen Atems, der sich sanft über seine Haut zog. Sie roch nach einer salzigen Briese, nach der gereinigten Luft nach einem Gewitter. Sie regte Fantasien an, mit jeder Faser ihres Seins. Und dann war es endlich so weit und er hatte sie so weit bekommen, dass sie sich auf seine Nähe einließ. Sein Sinnen vom Beginn, als er sie fand, hatte endlich Erfolg! Manchmal musste man nur etwas Geduld haben, dann ergab sich vieles wie von selbst. Und wie sehr er sie wollte! Wären sie beide nackt, dann wäre jetzt kein halten mehr, als sie seine Lippen zart wie eine Briese streifte. Und es versprach so vieles mehr, als er sich leicht erhöhte und ihre Haut an ihrer Halsbeuge küsste, dass er spürte, wie sie darunter erschauderte. Eine Gänsehaut zog sich über die weiche Haut und gab seinem Tun recht. Er wirkte auch auf sie. Leider aber kamen sie nicht sonderlich weit und wurden so rüde unterbrochen, dass sich alles in Wohlgefallen auflöste. Ja, mehr noch, denn der alte Drachen in Form der Bibliothekarin war unerbittlich. Sie beschimpfte Kira, die sich verteidigen wollte und im entscheidenden Moment nicht auf die Erinnerungen zugreifen konnte. Die Bibliothekarin aber setzte nach und auch Kyano’s Worte trugen nicht unbedingt zu einer Schlichtung bei. „Ich solle den Rand halten?“, zischte sie als würde gleich Feuer aus ihrer Kehle kommen. „Was erlaubst du dir?“ Doch Kyano war schon weiter.
Der Zorn, den die Alte in ihm auslöste hatte er bereits bei dem Doktor gespürt. Und wieder wirbelte seine Magie auf, als Kira aus der Situation floh. Mit nur einer Handbewegung aber inbrünstigen Aufbrüllen, brachte er die sorgsam gehegte Ordnung der Bücher durcheinander und die Frau japste entrüstet nach Luft, während sie erschrocken zur Seite sprang, als ihr beinahe einer ihrer heißgeliebten Schinken auf den Fuß fiel. Kyano war noch nicht fertig. "Und Ihr seid eine Zumutung! Ihr und all Eure arroganten, aufgeblasenen, verstaubten Kollegen! Was könnt Ihr schon, außer andere zu malträtieren? Was wisst Ihr schon? Was seid Ihr schon, ohne Eure verstaubten, vergilbten, alten Schinken? Nichts! Absolut gar nichts! Also blast Euch nicht so auf und sorgt lieber für Ordnung hier!" Es war wie eine Reinigung. Stellvertretend für alles, was er an diesem Ort nicht leiden konnte. Es war die Kränkung, die er hatte erleiden müssen, die Verletzung durch seine Eltern, weil sie mit ihm nicht redeten. Weil er Rubina gehenlassen musste. Alles sammelte sich in jedem Ausbruch, der ihm auf jene Weise gelang, ohne, dass er es je gelernt hätte. Kyano spürte die Macht, die er hätte bändigen können, wenn er fleißiger gelernt hätte. Es war eine Ahnung von dem, was Kira ihm gezeigt hatte, als sie seine Hand ergriff. Potenzial war vorhanden…

Kyano ging an der Alten vorbei und scherte sich nicht um das kalkweiße Gesicht, die aufgerissenen Augen und die Hand, die auf ihrer Brust lag. Entgeistert starrte sie ihm inmitten all ihrer Bücher nach und hielt ihn nicht mehr auf. Nicht mal, als er das Buch entwendete. Da zuckte nur kurz ihre Hand, als wolle sie ihn aufhalten, doch dann hielt sie sich zurück. Als noch mehr Bücher flogen, quiekte sie auf und schlug die Hände über den Kopf zusammen. Dieser Denkzettel war ihm ordentlich gelungen. Tatsächlich waren inzwischen andere Studenten auf den Tumult aufmerksam geworden und starrten ihm dann entgegen, als er Kira suchte. Sie machten ihm Platz, während er die Gänge entlang lief, um sie zu suchen. Einige der Studenten grinsten ihn an, nickten ihm zu und hoben die Hand, um ihn abzuklatschen. Der olle Drachen hatte die Abreibung verdient und war nicht wirklich beliebt unter den Studenten. Kyano hatte ihnen einen Dienst erwiesen. Nachdem er keine Ahnung hatte, wohin er laufen sollte, deute ein Mädchen mit schwarzen Haaren in eine Richtung. Sie führte im ersten Stock der Bibliothek durch eine Tür und dahinter befanden sich private Studienzimmer für Nachhilfe mit Professoren oder aber Intensivbetreuung für Überflieger. Beides kam für Kyano nie in Frage, sodass er die Räumlichkeiten nicht kannte. „Sie ist dort. Mit Professor Federleicht.“, ließ das Mädchen ihn wissen. Offenbar waren nicht nur die Studenten aufmerksam geworden. Gut nur, dass es Professor Federleicht war, der sich einzumischen versuchte. Sobald Kyano also durch die dunkle Eichenholztür schritt, fand er sich in einem kleinen Studierzimmer wieder. Es gab einen großen, ovalen Tisch in der Mitte des Raumes mit sechs Stühlen und grünem Lederbezug darum herum. Rechter Hand vom Eingang fanden sich ebenfalls Regale, doch hier gab es nur Massen an Notizbüchern, allesamt feinsäuberlich sortiert und gleich beschriftet. Kyano könnte Namen von Studenten, das Semester, die Magierichtung und den jeweiligen Dozenten darauf erkennen, wenn er einen Blick dafür hatte. Ansonsten gab es hier keine Kerzen, keinen Kamin oder ähnliches, denn das würde ein zu hohes Risiko bergen.
Es gab tatsächlich kleine, magische Lichtkugeln, die in einer Glasglocke schwebten und so den Raum ausreichend erhellten. Zudem gab es einen Krug mit Wasser und Becher dazu. Und tatsächlich eine Schale mit Früchten. Am Tisch stand Professor Federleicht und schenkte gerade etwas Wasser ein, das er dann Kira rüberschob. Jene saß auf einem der Stühle und wirkte noch immer reichlich angesäuert. Ihre Augen funkelten noch immer, während auf ihren Wangen eine feine Röte sichtbar war. Die Weichheit war verschwunden. In ihr arbeitete es. „Nun? Gibt es eine Erklärung für all das?“, fragte der Professor genügsam und wandte dann mit stoischer Ruhe den blauen Blick auf Kyano.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Kyano » Montag 8. Januar 2024, 10:12

Sein angenehmes, bislang vorgezeichnetes Leben war mit diesem Tag vorbei und das wurde dem jungen Mann auch immer mehr bewusst. Und es würde ihm viele Schwierigkeiten bringen, das hatte längst begonnen seit seinem ungewöhnlichen Fund vor den Mauern der Stadt. Aber er wäre frei und er würde selbst entscheiden, wo er hingehen und was er tun wollte. Etwas, das anderen vermutlich Angst machen würde.
Doch nicht so ihm, denn ihn reizte dieses Unbekannte, dieses Abenteuer, das da mit weißblonder Mähne und einer atemberaubenden Schönheit schon jetzt lockte! Mit ihr wollte er sich erst einmal treiben lassen, dorthin gehen, wohin der Wind ihn trug. Warum auch nicht? Was sprach denn dagegen? Was sollte ihn noch länger davon abhalten, ihn an diesen Ort der Schmach fesseln? Selbst Rubina hatte er gehen lassen müssen, um sie und sich nicht unglücklich zu machen.
Das schmerzte und würde noch lange nachhallen. Allerdings wollte und würde er sich nicht davon runterziehen lassen, das war nicht seine Art. Er litt darunter... und überdeckte es mit seiner üblichen Leichtigkeit, um sich eben nicht damit beschäftigen zu müssen. Und bis eben hatte er auch gedacht, dass es hervorragend funktionierte.
Solange, bis Kira genau diesen Umstand ansprach und ihm damit einen Eindruck vermittelte, der ihm mehr als sauer aufstieß. Er wollte es auch ansprechen, am besten sofort, nur... Was sollte er tun? Er war eben ein Mann und sie war eine wahre Schönheit und ihm so nah und... Wer konnte ihm verdenken, dass sein Hirn gerade mehr als unterversorgt war und kaum arbeiten konnte?
Er nahm nur noch ihren Körper, ihre Nähe, ihren Duft wahr und der letzte Rest seines Denkens setzte aus, endgültig und unwiderruflich für diesen Moment, als sie mit ihren Lippen die seinen streifte. Oh, es fühlte sich herrlich an und wenn sie so weiter machte, würde ihm jenes Missgeschick passieren, das jeden Mann sich in Grund und Boden schämen lassen würde. Dem musste er Abhilfe schaffen!
Also reckte er sich ihr entgegen und kostete die weiche Haut an ihrem Hals, der ihm so verführerisch entgegen leuchtete in all dem Dämmerlicht hier. Dass sie erschauerte, ließ ihn in sich hinein grinsen, während seine Fingerspitzen die empfindliche Haut zwischen ihren Schulterblättern kreisend entlang strich. Er hätte noch so einiges mit ihr anzustellen gewusst, um sie genauso verrückt zu machen, wie sie es mit ihm tat.
Leider jedoch hatte das Schicksal etwas dagegen, schickte ihm die schlimmste aller Unterbrechungen in Form des Drachen ausgerechnet jetzt. Warum? Warum musste sie ihn ständig so quälen?! Nun gut, noch schlimmer wäre es gewesen, wenn er schon richtig zugange gewesen wäre, aber er bezweifelte, dass er sich dann noch von ihr von seinem endgültigen Ziel hätte abhalten lassen. So hingegen...
Der Sturz aus luftigen Höhen der Lust war auch so schon tief, mehr als tief und verlangte ihm so einiges ab. Dieses Mal war er nicht so schnell als Retter in der Not zur Stelle, denn sein Hirn musste erst einmal wieder mit Blut und Sauerstoff versorgt werden, um erneut funktionsfähig zu sein. Doch dann legte er los und kannte auch kein Halten mehr.
Seine Augen wurden schmal bei ihrer Gegenfrage und er fauchte, einem Luftstoß, der sich heulend durch einen Gang wand, nicht unähnlich unheimlich:"Und was erlaubt Ihr Euch?!" Um von seiner eigenen Magie überwältigt zu werden, die sich unkoordiniert und dennoch gezielt ihren Weg bahnte. Bücher wurden von ihren Plätzen gerissen und fielen zu Boden, ungeachtet dessen, ob sie dabei Schaden nahmen oder welchen verursachten.
Damit nicht genug sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus, die er sich all die Jahre über hatte verkneifen müssen. Einiges von seinem Frust als Schüler und Student an einem für ihn ungeeigneten Ort entlud sich über der Alten, die es gewagt hatte, seine Kira dermaßen zu beleidigen und zu verstören.
Allerdings hielt ihn danach auch nichts mehr an seinem Fleck und er ließ die Frau stehen, die wohl noch nie auf diese Weise zurecht gewiesen worden war, schon gar nicht von einem Studenten, dem sie viele Jahre und Erfahrung voraus hatte. Es war ihm gleich, genauso wie der Umstand, dass sie für seinen absoluten Rauswurf vom Gelände sorgen könnte, wenn sie sich an den richtigen Stellen beschwerte. Na und? Er hatte das Buch und er wollte seine Begleitung finden, um mit ihr das Weite zu suchen.
Trotzdem war er noch immer voller Zorn und erhielt dadurch einen Tunnelblick, sodass er nur noch Augen für jenen hellen Schopf hatte, nach dem er Ausschau hielt. Die anderen Studenten, auch die vereinzelt hochgehaltenen Hände zum Einschlagen, übesah er kurzerhand. Was untypisch für ihn war, der sonst mit jedem ins Gespräch zu kommen wusste. Aber er war einfach zu sauer und je mehr Sekunden verstrichen, desto wütender wurde er... auf sich selbst. Sobald er Kira gefunden hatte, musste er etwas klarstellen und das definitiv bevor sie sich wieder nahekommen würden. Sofern das noch geschehen würde...
Seufzend hielt er inne und fuhr sich mit der freien Hand durchs Haar, weil der Gang ein Ende hatte und er sich entscheiden müsste, wo er weiter nach ihr suchen sollte. Da fiel sein Blick auf ein Mädchen, das ihm den Weg zu weisen schien. Kurz zögerte er, dann deutete er ein Nicken an und wollte der Spur folgen. Sie war schließlich so gut wie jede andere, nachdem er nirgends etwas von Kira ausmachen konnte.
Als er auf Höhe der Dunkelhaarigen an ihr vorbei wollte, gab sie ihm noch eine Information, die ihn flüchtig innehalten ließ. Eine Augenbraue hob sich leicht an und sein heißer Zorn kühlte etwas ab, brachte ein wenig mehr Ruhe in ihn. Erneut nickte er ihr zum Dank zu, ehe er sich beeilte, endlich zu ihr zu gelangen.
Sie war also auf den Professor gestoßen? Und mit ihm gegangen? Gut, dann ersparte er sich zumindest einen weiteren Weg. Trotzdem gefiel es ihm nicht wirklich, dass die Schöne so vertrauensselig mit jedem mitging, der ihr begegnete. Wobei... mit ihm hatte sie es ja auch so gehalten und das war sein Vorteil. Was aber, wenn sie an jemanden wie den Doktor geraten würde, einen, der sich nicht mit hungrigen Blicken begnügen würde? Nicht, dass er das dem Elfen zutraute, der versucht hatte, ihm Dinge beizubringen, jedoch in Hinblick auf ihre wahrscheinliche Reise musste er noch einmal in Ruhe mit ihr darüber reden.
Jetzt allerdings galt es, das Zimmer zu erreichen und er atmete auf, als er sie tatsächlich darin vorfand. "Hier steckst du!", entfuhr es ihm erleichtert und er kam schwungvoll auf sie, wollte schon nach ihr greifen und sie in seine Arme ziehen, als Zeichen, dass er da war und sie hielt. Doch nachdem er sich dermaßen blamabel aufgeführt und viel zu spät zu ihrer Rettung eingegriffen hatte... verharrte er auf Armlänge Abstand und ließ seine Hand wieder sinken, weil er es dann trotz allem nicht wagte.
Betreten sah er auf seine Schuhspitzen und seufzte leise. "Geht es halbwegs?", murmelte er ungewöhnlich kleinlaut und zeigte damit, dass in ihm weitaus mehr steckte, als er für gewöhnlich zeigte und sich selbst bewusst war. Aber ja, er war scheinbar trotz allem kein ausschließlich oberflächlicher Luftikuss, dem alles außer seinem eigenen Vergnügen egal war! Nun jedoch fiel es ihm schwer, ihr in die Augen zu sehen, obwohl sie so anziehend grün waren und er darin nur zu gerne wieder darin versunken wäre.
Ob es ihm da zupass kam, dass sich der ebenfalls anwesende Professor in sein Gedächtnis rief? Ja... und nein. Kyano war da zwiegespalten, am Ende allerdings bot er ihm dadurch einen Blickpunkt, den er ohne Scham ansehen konnte. So sah er zu ihm hin und nickte ihm knapp grüßend zu.
Doch im nächsten Moment verfiel er wieder in gewohnte Muster und fuhr sich zum x-ten Mal durch seine ohnehin zerwuschelte Haarpracht. "Tja, das wüsste ich auch gerne.", gestand er etwas ratlos und legte das Buch auf den Tisch, das er mitgenommen hatte. Es war dick und schwer und obwohl er sich vermutlich damit die nächste Standpauke einhandelte, weil er es besaß, wollte er es nicht stundenlang halten müssen.
Danach straffte er seine Haltung und zuckte mit den Schultern, wagte einen Seitenblick zu Kira, um abschätzen zu können, ob er sich ihr noch nähern durfte oder nicht. Wenn, dann würde er sich neben sie stellen und versuchen, ihr mit seiner Nähe Sicherheit zu geben. Darauf, sie auch berühren zu können, wagte er derzeit hingegen nicht mal zu hoffen. "Wir haben ein Problem und ich dachte, wir können hier Antworten finden.", fasste er zusammen, warum er sich nach seinem Rauswurf trotzdem ausgerechnet in die Bibliothek verirrt hatte.
Nun war der Moment gekommen, in dem er sie doch wieder ansehen konnte, denn er wollte nicht über ihren Kopf hinweg etwas entscheiden, so, wie mit der Idee zum Hospital zu gehen. "Willst du es ihm sagen oder soll ich?", fragte er sie deswegen und würde sich zurück halten, wenn sie ihm das als Wunsch signalisieren sollte.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Erzähler » Montag 8. Januar 2024, 21:47

Manchmal bedurfte es einfach einem harten Einschnitt, um die Augen für das eigentliche Potenzial zu öffnen. Noch war Kyano nicht so weit, das auch erkennen zu können, aber der Wind drehte sich und er wollte in eine andere Richtung gehen. Das Leben hier an der Universität war geradlinig, vorbeschrieben, langweilig. Wofür studierten diese ganzen Studenten eigentlich? Sie beherrschten am Ende passabel ihre Magie und… dann? Dann wurden sie Hofmagier irgendwo an irgendwelchen Orten. Oder sie zogen aus für irgendwelche Studien. Hatte sich Kyano jemals damit beschäftigt, wohin ihn sein Weg bringen sollte? Nein… Nein, er hatte es genommen, wie es kam und sich dem gefügt, was am einfachsten gewesen war. Er hatte immer Zeit genug gehabt, sich damit ‚irgendwann‘ zu befassen aber jetzt kam dieses ‚irgendwann‘ bedeutend schneller und Kyano musste sich alsbald Gedanken machen, wie seine nächsten Schritte aussahen. Er könnte gewiss noch etwas hierbleiben und sich in einer Taverne volllaufen lassen, ein wenig Spaß haben, in den Tag hineinleben und das Leben genießen, so wie er es bisher getan hatte. Aber… dann? Irgendwann würden seine Mitstudenten ihre Abschlüsse machen und… in die Welt ziehen. Rubina würde in die Welt ziehen und er würde hier zurückbleiben mit… nichts. Vielleicht wäre es daher besser, wenn er es war, dem man nachtrauerte. Aber das war vorerst nicht von höchster Priorität. Kyano hatte einen Moment zu sehr gezögert, hatte einen Moment zu lange gebraucht, die sündhafte Verheißung von Kira’s Körper auf seinem aus dem Kopf zu bekommen, sodass die Alte ungeniert über seine neuste Errungenschaft herziehen konnte und jene damit traf. Dabei war der Drachen ungewöhnlich scharf und vermutlich war ihr den ganzen Tag schon Studenten über die Laune gelaufen, doch das durfte und konnte Kyano nicht akzeptieren. Niemand sprach so und schon gar nicht mit seinem Fang! Und niemand ging so mit ihm um. Kyano nutzte diesen Moment, da sein Hirn wieder ausreichend Sauerstoff bekam, um gleich mal mit diesem ganzen, verstaubten System abzurechnen und entlud seinen eigenen Frust unter dem Deckmantel der Zurechtweisung. Nun, beides hatte seine Berechtigung und die Alte wusste wohl darum. Denn mit einem Mal war sie völlig überrumpelt und verlor das Oberwasser, das sie eben noch glaubte, gehabt zu haben. Kyano wirbelte nicht nur die Bibliothekarin durcheinander, sondern auch das Interior, damit sie noch bis in den späten Feierabend hinein an ihn und seine Worte denken mochte!

Triumphierend ließ er sie stehen und war viel zu wütend auf alles und auch auf sich, um die Anerkennung in einigen Augen wiederzuerkennen. Was hatte er sich nur dabei gedacht, Kira auf jene Weise anzumachen? Sie hatte sehr wohl miterlebt, wie er mit Rubina umging und auch wenn die beiden dann Melongiar gesprochen hatten, war allein das doch schon ein Zugeständnis, dass sie etwas miteinander geteilt hatten, das die Schöne nicht hören sollte. Wie es für sie wohl ausgesehen haben mochte? Das spürte er nun, denn sie hatte es ihm vor Augen geführt. Und es war einerseits schmeichelhaft, dass sie glaubte, Rubina und er wären… so weit gekommen, doch andererseits war es auch falsch, denn nun glaubte sie tatsächlich, er suche in ihr die Ablenkung von den tiefen Gefühlen. Aber war es denn nicht so? War es nicht das, was er wollte? Ablenkung und Zerstreuung von allem, was ihn wirklich berührte? Es wurde nicht weniger kompliziert als er erfuhr, dass Professor Federleicht offenbar auf seine Schöne gestoßen war. Vor ihm aber zuckten Bilder, wie Kira erneut von jemanden bedrängt werden könnte. In ihm wuchs der Wunsch, ihr noch mal ins Gewissen zu reden. Sie musste verstehen, dass sie nicht mit jedem X-beliebigen mitgehen konnte. Er wollte… sie schützen. Doch wovor eigentlich? Vor jenen, wie ihm? Hatte er sie nicht noch als erstes unsittlich berührt und gleich mal vorgefühlt, was er da eigentlich bewusstlos im Grasland gefunden hatte? Die Lage war irgendwie vertrakt und widersprüchlich und allein das war schon ein Grund, wieso Kyano Kira lieber in seiner Nähe wissen wollte. Sie regte in ihm eine gute Seite an, die man ihm so nicht unbedingt zuschreiben wollte. Und keines der vielen Mädchen, die er mit herausragenden Künsten zum Jauchzen hatte bringen können, weckten in ihm eben jenen Beschützerinstinkt.
Als er dem Fingerzeig der Dunkelhaarigen folgte, fand er Kira und Professor Federleicht in absoluten, neutralen Positionen vor. Auch waren die Augen des Professors auf die Karaffe vor sich gerichtet und nicht auf die Weißhaarige. "Hier steckst du!" Jene aber drehte den Kopf und betrachtete Kyano einen Moment, indem er einen Blick auf jenen Zorn werfen konnte, den sie auch eben noch gezeigt hatte. Dann griff sie nach dem Wasser und der Professor verlangte eine Erklärung von ihm. "Geht es halbwegs?", wollte er zuvor wissen und Kira wandte nach einem Schluck aus dem Glas den Kopf. Sie betrachtete Kyano einen Moment und nickte schließlich.

Der Ärger verrauchte mit Blick auf den Luftmagier und er konnte spüren, dass nicht ihm ihr Ärger galt. Auch war er es nicht, der sie so durcheinandergebracht hatte. „Mir geht es gut…“, murmelte Kira in seine Richtung und wandte sich wieder dem Professor zu. Kyano nutzte die Ablenkung und legte das Buch auf den Tisch, woraufhin der Blick des Professors darauf fiel. „Windmagische Symbole?“, las er den Titel und wandte sich dann abwartend an die beiden jungen Leute. Kyano aber stellte sich neben Kira und sie seufzte leise. "Wir haben ein Problem und ich dachte, wir können hier Antworten finden. Willst du es ihm sagen oder soll ich?" Kira trank abermals einen Schluck und strich sich mit einer gekonnten Bewegung die langen Haare über die Schulter. Kurz fuhr sie mit den Fingern durch die Weichheit ihrer Mähne, bevor sie sich räusperte und nickte. Mit einem knappen Blick vergewisserte sie sich bei Kyano tatsächlich, ob sie dem Professor vertrauen könnte und dann begann sie: „Ich… habe mein Gedächtnis verloren. Es ist, als könnte sich es nicht richtig erkennen, da… ich weiß auch nicht, da sind die Informationen, direkt vor mir aber ich kann sie nicht greifen. Wir wollten Hilfe im Hospital finden.“, erläuterte sie und zuckte mit den schmalen Schultern. „Kyano hatte die Idee, dass man dort helfen könnte, aber der Arzt stellte sich als… nicht sonderlich hilfreich heraus. Man wollte mir mittels Energiemagie helfen, wollte in meinen Verstand eindringen und …“ sie schüttelte sich, „naja jedenfalls war mir das nicht geheuer. Ich habe zwischen meinen Schulterblättern ein Tattoo.“, sprach sie weiter und deutete auf das Buch. „Und Kyano glaubt, wir würden dessen Bedeutung in diesem Buch da finden, was Rückschlüsse auf meine Herkunft geben könnte.“, schloss sie und musterte den Elfen. Jener betrachtete Kira, bevor er dann Kyano musterte. „So? Und? Habt ihr das Symbol gefunden?“, wollte er wissen und Kira trank erneut einen Schluck. „Wir… kamen noch nicht dazu hineinzuschauen.“, räusperte sie sich verspätet und erhob sich von dem Stuhl.
Kira umrundete den Tisch und schlug das Buch auf. Dann blickte sie auf Kyano und wartete darauf, dass er danach suchen würde. Er hatte es zumindest zu einem Teil sehen können und musste nun die Linien zusammenfügen, um ein vollständiges Symbol daraus zu machen. Doch bevor sie suchen konnten, hielt Professor Federleicht noch mal auf: „Warum dieser Tumult?“, wollte er wissen und sah beide nacheinander an. "Du bist keine Studentin hier und ich bezweifle, dass du Zyranerin bist. Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sogar sagen, dass du...Nein.. nein, aber das kann nicht sein.", revidierte er seine Gedanken, ohne sie direkt ausgesprochen zu haben. Kira biss sich auf die Unterlippe. Sie sollte das lassen. Das raubte einem die letzte Konzentration! „Eine Meinungsverschiedenheit mit dem Dra…der Bibliothekarin“, antwortete Kira dann sachlich und verschränkte die Arme vor der Brust. Auch das sollte sie lassen! „Verstehe.“, sein Blick galt Kyano. „Dann versuchst du hier nicht, dich anhand dieses Falls wieder immatrikulieren zu lassen?“, fragte er sogar etwas streng, als wüsste er mehr oder hatte zumindest eine Vermutung, die Kira betraf und sah ihn durchdringend an. „Hast du mit deinen Eltern gesprochen?“, knüpfte er an das Gespräch vom Vormittag an und Kira musterte Kyano ernst. Sie hatte nicht gewusst, dass er von der Universität geflogen war. Wenn er darüber sprach, dann mit Rubina und dann auch nur in Melongiar. „Kyano, ich bin mir sicher, dass du das Symbol hier finden wirst aber… Ob das einer Wiederaufnahme beikommen wird, weiß ich nicht…“, glaubte er, dass er das rein für sich tat. "Allerdings...", sein Blick glitt über Kira mit einer gewissen Neugierde, der aber das Anrüchige fehlte. "Wenn es doch wahr wäre...", murmelte er nun sichtlich in Gedanken.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Kyano » Mittwoch 10. Januar 2024, 13:46

Im ersten Moment hatte der junge Mann seinen Rauswurf, der für ihn von heiterem Himmel gekommen war, nicht wahrhaben und für dessen Rückgängigkeit kämpfen wollen. Doch je länger diese Situation her war, desto mehr wurde ihm klar, dass es so gar nicht mal so schlecht war. Es nahm ihm den Schritt ab, selbst den Abschied einleiten, sich für einen Richtungswechsel entscheiden zu müssen.
Das wiederum war natürlich recht bequem und sorgte dafür, dass er sich schneller als vermutet damit abzufinden begonnen hatte. Seine Begegnung mit Kira trug dann noch mal sein Schäuflein dazu bei. Und trotzdem befand er sich nun wieder hier, an einem jener Orte, an denen er so wenig Zeit wie möglich hatte verbringen wollen.
Warum? Weil es hier staubig und langweilig und die Gesellschaft äußerst unangenehm war, wie der Drachen ungefragt und wie aufs Stichwort wieder einmal bewies. Bisher hatte er solche Übergriffe geduldet, sich rausgeredet oder war kurzerhand weggelaufen, mit oder ohne seiner derzeitigen Eroberung. Jetzt allerdings war er in einer anderen Position. Einerseits musste er sich nicht mehr runterputzen lassen und ertragen, was ihm an den Kopf geworfen wurde, eben um den Ärger gering zu halten. Nein, endlich konnte er sich wehren, konnte einmal seinen ganzen Frust auf sie und das gesamte System hier rauslassen, und sobald er gehen würde, wäre hinter ihm die Sintflut und es würde ihn nicht länger kümmern.
Andererseits war die Weißhaarige mehr, viel mehr wert als seine bisherigen flüchtigen Liebchen und er fühlte sich für ihr Wohlergehen, für ihren Schutz verantwortlich. Auch wenn er im Moment versagte, weil seine Lust zu groß gewesen war, indem er zu spät handelte. Doch als er es nachholte, da brachen Dämme. Es war reinigend und tat verdammt gut, aber es war auch lediglich ein kurzes Vergnügen. Er hätte noch viel mehr machen und sagen können, aber in dieser Zeit entfernte sich auch Kira immer weiter von ihm und das konnte er nicht zulassen. Also musste er es nach dem ersten Sturm dabei bewenden lassen und sich auf die Suche nach ihr machen.
Dabei hatte er Zeit, seine Gedanken ein wenig zu sortieren, die sie gehörig durcheinander gewirbelt hatte. Wobei ihm am meisten zu schaffen machte, dass sie glaubte, das vorhin für ihn tun zu müssen. Als ob er es nötig hätte, irgendeine Frau dazu zu zwingen, mit ihm zu schlafen! Nein, bisher hatten es immer alle gewollt und waren voll auf ihre Kosten gekommen. Davon würde er auch nicht abrücken, ganz gleich, wie scharf er auf seine Begleitung war! Dieses Missverständnis musste er aus dem Weg räumen, definitiv.
Umso entschlossener war er, Kira wieder zu finden und dank der Hilfe einer anderen Studentin, die er nicht kannte und die er folglich noch nicht flach gelegt hatte, konnte er das auch in die Tat umsetzen. Als er den Raum betrat, hatte er für seine Umgebung weiterhin keinen Blick, sondern sah nur sie und kam auch direkt auf sie zu, musste sich vergewissern, dass sie diesen Zusammenstoß halbwegs unbeschadet überstanden hatte.
Gerne hätte er sie in seine Arme gezogen, sie noch einmal gespürt, oder zumindest ihre Hand genommen und gedrückt als Zeichen dafür, dass er da war. Dass er es nicht tat, lag an dem Zorn in ihrem Blick, den sie ihn mehr als deutlich erkennen ließ. Prompt fühlte er sich wie ein kleiner Junge, der etwas verbockt hatte und dabei auch noch erwischt worden war, sich nun einer ordentlichen Standpauke stellen musste. Und irgendwie stimmte es ja auch...
Lautlos seufzend blieb er mit kleinem Abstand zu ihr stehen und zerzauste weiter sein Haar, anstatt nach ihr zu greifen. Er beschränkte sich auf Worte und atmete auf, als sie ihm nicht gleich den Kopf abriss. Das war schon mal ein Fortschritt, wie er fand.
Also konnte er sich selbst ein wenig beruhigen und das Buch ablegen, das ihm allmählich zu schwer wurde. Dies und die Stimme seines Professors half ihm dabei, auch allmählich seine Umwelt wieder wahrzunehmen und aus dem Tunnel heraus zu kommen. Somit begann er auch mit einer Erklärung und überließ es zugleich der Schönen, wie viel davon peisgegeben werden sollte.
Er wollte nicht übergriffig sein, nach der Sache vorhin erst recht nicht. Aber er sah sie dabei an und das war ein Fehler, denn sie fuhr sich mit den filigranen Fingern durch ihr seidiges Haar und erinnerte ihn an das Gefühl, wie sie ihn berührt hatte und ihm nahe gewesen war.
Leise räusperte er sich und bemühte sich, auf andere Gedanken zu kommen, bei der Sache zu bleiben und sich nicht noch mehr vor seinem ehemaligen Professor zu blamieren, als er es ohnehin schon getan hatte. Dieser Mann war einer der wenigen, die er mochte und bei denen ihm die Meinung über sich etwas bedeutete. Gekonnt fasste sie die Situation in der Zwischenzeit zusammen und er schielte zu dem anderen, was er davon halten mochte, ob er ihnen glauben würde. Es war schließlich die Wahrheit, was sie sagte, wobei sie nichts ausschmückte oder beschönigte. Kira berichtete einfach nur, was seit ihrem Aufwachen geschehen war.
Als die Sprache auf das Buch fiel, zuckte er leicht mit den Schulten. "Ich hab so ein Symbol schon mal gesehen.", warf er, ungewöhnlich leise und entgegen zu seinem sonstigen Verhalten sehr zurückhaltend, ein.
Daraufhin sah der Professor zuerst die Fremde und dann ihn aufmerksam an, sodass er sich mit einem Seufzen mit der Hand den Nacken rieb. Diese Situation hier war ihm irgendwie... unangenehm. Vielleicht, weil er so unvorbereitet zu dieser Begegnung gekommen war. Vielleicht aber auch, weil es da noch immer etwas Unausgesprochenes zwischen ihm und Kira gab, was er jetzt jedoch in Beisein des anderen nicht klären konnte. Oder vielleicht, weil er sich unsicher war, ob wenigstens diese Idee etwas taugen und nicht so in die Hose gehen würde wie im Hospital. Er hatte sich schon einmal vor ihr blamiert und konnte auf eine Wiederholung verzichten.
Ruhig und auf den Kern fokussiert wie immer, hakte der Professor gleich nach. Während Kyano etwas schief grinste und das Pochen in seinem Hinterkopf wieder wahrnahm, gab seine Begleitung schon eine Antwort, die sie beide zugleich nicht bloßstellte.
Stattdessen ging sie daraufhin zu dem Buch hin, schlug es auf und sah ihn an. Seine Augenbraue zuckte fragend in die Höhe, weil er es nicht direkt verstand, was sie von ihm wollte, aber dann zuckte er mit den Schultern und wagte sich endlich direkt an ihre Seite, blickte auf das Inhaltsverzeichnis und unterdrückte ein leidvolles Stöhnen. Current-Schrift, natürlich! Was denn auch sonst?! Warum könnte es auch einfach und in einer Schrift verfasst sein, die schnell und leicht zu lesen war? Nein, stattdessen müsste er sich mit unzähligen, unnötigen Schnörkeln auseinandersetzen, die ihm schon immer ein Graus gewesen waren.
Kurz drehte er den Kopf und warf einen Blick zu Kira, die sich indes weiter mit dem Professor unterhielt, während sie die Arme vor der Brust verschränkte. Wie hätte er, der sich leicht vorgebeugt hatte und somit relativ auf Augenhöhe mit ihrer Pracht war, diesem Anblick widerstehen können? Einen Moment länger als nötig starrte er auf das feste, runde Fleisch, ehe ihm die Erinnerung an ihre vorhin gemachte Äußerung jegliche Freude daran vergällte.
Blinzelnd schnaubte er leise und zwang sich dazu, wieder auf die Zeilen zu starren und in den Titeln nach Hinweisen zu suchen, um nicht den gesamten Wälzer durchackern zu müssen. Wie viele Seiten mochten das sein? 600? 700? Gar 1.000?! Bei seinem Glück noch viel mehr! Seine Miene verdüsterte sich und allein dieser Umstand machte ihm noch klarer als zuvor, wie froh er darüber war, sich mit so etwas nicht mehr tagtäglich beschäftigen zu müssen.
Während er sich etwas weiter vor beugte, die Lippen beim Entziffern der Schlingen und Schnörkeln bewegte und mit der linken Hand neben dem Buch auf dem Tisch abstützte, wandte sich der Professor direkt an ihn und drang mit seiner ruhigen, bekannten Stimme durch seine Gedanken. Seine Fragen entlockten ihm ein weiteres, gut wahrnehmbares Schnauben. "Danke, kein Bedarf.", brummte er ehrlich und meinte damit auch beides.
Nein, er verspürte nicht das Bedürfnis, sich wieder als Student eintragen und von Neuem quälen zu lassen. Und noch weniger hatte er den Drang dazu, seinen Eltern gegenüber zu treten und sich irgendwie rechtfertigen zu müssen. Zwar würde er sich zu Hause blicken lassen müssen, um sich alles für seine Reise, die er antreten wollte, ohne noch genaueres darüber zu wissen, zusammen zu packen. Aber ansonsten wollte er von dort erst einmal Abstand gewinnen. Der Bedarf zu jener Auseinandersetzung, die ihm mit seiner Familie gewiss bevorstehen würde, sobald sie aufeinander trafen, hielt sich in Grenzen. Und auch diese Räumlichkeiten wollte er so schnell wie möglich verlassen.
Deswegen wollte er sich auf die Liste vor seinen Augen konzentrieren, wobei die Buchstaben zu verschwimmen begannen und seine Konzentration auf eine harte Probe stellten. Er kniff immer wieder die Augen zusammen und griff sich an die Nasenwurzel, aber all das half auf Dauer nicht, um ihm ein Lesen zu erleichtern. Zugleich pochte es in seinem Hinterkopf verstärkt und ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen breit, wobei er das nicht in Zusammenhang miteinander oder mit der Beule von seinem Sturz brachte.
Als er die Hälfte der Titel mit Müh' und Not durch hatte, brach sich sein stürmisches Gemüt freie Bahn, denn seine Geduld war nicht groß genug für solch einen Wälzer. "Bei Feylins vollgeschissenen Windeln!", fluchte er und machte eine wegwerfende Handbewegung, bei der seine Magie wie ein Verstärker wirkte und viele Seiten raschelnd umblätterte, ohne auf das alte Material und dessen Sensibilität zu achten. Dass es da vielleicht nur den ein oder anderen minimalen Einriss gab und sonst keine weiteren, große Schäden, war vermutlich ein kleines Wunder.
Indes drehte sich der junge Mann weg, fuhr sich mit allen zehn Fingern durchs Haar und musste ein paar Schritte machen, die ihn bis zur Tür führten, um sich wieder zu beruhigen. Er floh nicht, dieses Mal nicht, jedoch verzweifelte er gerade. Das war seiner leidenden Miene auch anzumerken, als er sich zurück drehte und anklagend auf das Buch deutete. "Dafür werden wir Stunden brauchen... oder sogar Tage!", jammerte er und schüttelte den Kopf, was die Welt ein wenig aus den Fugen geraten ließ. Leise aufstöhnend fasste er sich an die Stirn und als der Boden nicht mehr schwankte, fuhr er sich durchs Haar.
Daraufhin trat er erneut zu dem Tisch hin, sah Kira kurz an und widmete sich dann dem anderen. "Professor, helft uns, bitte! Ich hab' keine Lust drauf, in diesen Laden wieder aufgenommen zu werden und bin sicher nicht deswegen hier. Aber ich weiß, ich hab' ihr Tattoo schon mal gesehen und sie beherrscht Windmagie. Ich bin mir also ziemlich sicher, dass Ihr das einmal oder auch öfters..." Ein Hauch von einem schiefen, spitzbübischen Grinsen huschte über seine Lippen, weil er bestätigte, dass er so gut wie nie im Unterricht aufgepasst hatte, wenn es lediglich um die Theorie gegangen war. "... erwähnt habt. Ihr wisst was darüber!"
Er fuhr sich erneut durchs Haar und blickte wieder zu Kira. "Kannst du es ihm zeigen? Wenn ich dein Oberteil ein bisschen runterzieh', müsste man schon alles davon sehen können.", bat er sie, um den leichten, unkomplizierten Weg gehen zu können. Vor allem allerdings, um möglichst schnell endlich wegzukönnen.
Da fiel ihm noch etwas ein, etwas, das sie bei ihrem Disput mit dem Drachen erwähnt und das er trotz seines Zustands gehört hatte. "Und du hast vorhin was gesagt, etwas über ein ehrenwertes Mitglied irgendeiner Gruppe. Was soll das sein?"
Seine Augen wanderten zurück zum Professor. "Ergibt das zusammen mit dem Symbol vielleicht einen Sinn?" Er zuckte mit den Schultern und seufzte leise. "Oder wenn nicht, wisst Ihr, wo es mehr Sinn macht weiter zu suchen?", gab er schließlich zu, dass er mit seinem eigenen Latein allmählich an seine Grenzen stieß. Und das, obwohl er Kira wirklich helfen wollte, und das bedrückte ihn.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Erzähler » Freitag 12. Januar 2024, 09:37

Bevor Kyano sich dafür interessieren konnte, was er mit seinem Leben anzufangen gedachte, musste er noch eine nicht unerhebliche Kleinigkeit tun. Denn Kira war auf seine Hilfe in dieser verbohrten Stadt angewiesen. So schön anzusehen sie auch war und scheinbar hatte sie auch ein entzückendes Gemüt, so verstockt konnte seine Heimat aber auch sein. Kyano wusste das besser als jeder andere. Er mit seinem Freigeist, seiner Liebe zur Spontanität und der Sorglosigkeit eckte nicht selten hier an. Wie wäre es also mit jemanden wie Kira, die mit ihrem Liebreiz und dem Verlust ihrer Erinnerungen für erhebliche Überraschungen und Ablenkungen sorgen würde? Zudem glaubte Kyano nicht eine Sekunde daran, dass sie mit ihrem magischen Können, eine Schule nötig gehabt hätte. Oder? So recht wusste er nichts über Kira und genau dieser Umstand war es doch, der ihn weitermachen ließ. Sie interessierte ihn. Kitzelte seine Neugierde auf eine Weise, wie schon länger nicht mehr. Sicher, die Optik spielte eine Rolle, sie war schließlich der Grund für sein Handeln am Anfang gewesen, doch das war längst in den Hintergrund gerückt. Noch immer wollte er seinen Spaß mit ihr und war sich sicher, dass jener großartig werden würde, doch da war auch noch etwas anderes. Sie roch nach Freiheit. Eben jener, die er bisher noch nicht gekostet hatte. Es war das eine, sich vor Unterricht und Lehrstunden zu drücken und sich fadenscheinige Ausreden einfallen zu lassen. Es war aber etwas völlig anderes, plötzlich vor der geballten Eröffnung sämtlicher Möglichkeiten seines Lebens zu stehen. Und Kira reichte ihm die Hand, die ihn hier herausführen könnte. Er wusste, dass sie nicht aus Zyranus stammte. Jeder wusste das, der sie ansah. Also… wäre denn ihr Leben etwas, das ihm auch gefallen könnte? Um das herauszufinden, musste der Luftmagier sich ordentlich ins Zeug legen. Hatte er jemals, abgesehen von Rubina, schon mal so viel investiert? Meist verlor er doch das Interesse, wenn es zu kompliziert wurde. Jetzt aber hatte er die Chance, vielleicht auch dem Rätsel ein Stück näher auf die Spur zu kommen, während Professor Federleicht sich einzumischen begann. Kira war indes nicht sauer auf ihn, das konnte Kyano erkennen. Aber sie war trotzdem ein wenig abgekühlt und von dem Techtelmechtel, das sich anbahnen wollte, war nichts mehr übrig. "Ich hab so ein Symbol schon mal gesehen.", bestätigte er seine Ahnung und der Professor hakte seinerseits nach. Kira bat Kyano schließlich, sich dem Buch zu widmen und letzterer musste erkennen, dass diese Schriftart allgegenwärtig war. Derjenige, der hier die meisten Abschriften hatte machen müssen, war offenbar ein Verfechter dieser schnörkel-Schrift.
Es war gar nicht so leicht, die Lettern zu entziffern und Kyano musste sich konzentrieren dabei, was seinem angeschlagenen Kopf gar nicht so richtig gefiel. Die Seitenanzahl brachte ihn zum Taumeln, denn es mussten an die 800 Seiten sein, die da vor ihm lagen. Schlimmer als alle Jahre zusammen. Zumal seine Augen schnell ermüdeten, bei all den feinen und manchmal kaum zu sehenden Unterschieden innerhalb der Symbole. Da war es eine halb willkommene Pause, als der Professor ihn nach seinen Eltern fragte. Das hatte Kyano tatsächlich ausgespart bisher und trotzdem würde es früher oder später nötig werden. Kira warf Kyano einen kurzen Blick zu, als er so forsch ablehnte. Sie wusste ja nicht, um die Situation des Magiers und an welchem Punkt er derzeit in seinem Leben stand. Ihr Blick machte deutlich, dass sie gar nichts von ihm wusste, außer seinem Namen, dass er Zyraner war, stolz darauf und mit Rubina verbandelt. Die Weißhaarige wandte den Blick nachdenklich wieder ab.

Kyano suchte erneut Ablenkung und fand sie in den furchtbar öden Themen der rituellen, angewandten und theoretischen Windmagie und deren verschiedenen Symboliken. Es war zum Gähnen. Zudem machte sein Kopf ihm erneut Ärger, als er die Augen zusammenkneifen musste. "Bei Feylins vollgeschissenen Windeln!", stieß er aus, fegte einmal eine kleine Böe über den Tisch, die die Seiten des Schinkens zum Flattern brachten und Kira’s Haare durcheinanderwirbelten. „He!“, stieß sie aus, doch nachdem sie sich befreit hatte, konnte Kyano ein Lächeln entdecken. Professor Federleicht aber mahnte ihn mit dieser gewissen Ruhe, die irgendwie nervig und irgendwie nötig war. „Kyano! Beherrsche dich.“, meinte er und störte sich gewiss nicht an seiner Aussprache. "Dafür werden wir Stunden brauchen... oder sogar Tage!" „Und wäre es das nicht wert, wenn du damit deiner Freundin hilfst?“, fragte der Professor seelenruhig. Er kannte seinen ehemaligen Schüler gut und regte sich längst nicht mehr darüber auf, wenn er so reagierte. „Geht es dir gut?“, fragte Kira dann und kam Kyano etwas entgegen, weil er zu schwanken anfing. "Professor, helft uns, bitte! Ich hab' keine Lust drauf, in diesen Laden wieder aufgenommen zu werden und bin sicher nicht deswegen hier. Aber ich weiß, ich hab' ihr Tattoo schon mal gesehen und sie beherrscht Windmagie. Ich bin mir also ziemlich sicher, dass Ihr das einmal oder auch öfter... erwähnt habt. Ihr wisst was darüber!", bettelte er und war sich sehr bewusst, dass er nicht immer aufmerksam gewesen war und das einen Teil seiner jetzigen Frustration zur Folge hatte. Der Professor musterte Kyano einen Moment ungerührt. Dann holte er tief Luft und seufzte jene wieder auf.
„Nun, wenn du schon sicher bist, es gesehen zu haben, dann muss es ja vorgekommen sein!“, zwinkerte er ihm zu und bewies, dass er Kyano kannte und ihm dennoch nicht grollte. Auch der Rausschmiss war nicht seine Angelegenheit und er wurde lediglich dazu auserkoren, eben weil er so gut mit dem einstigen Studenten konnte. "Kannst du es ihm zeigen? Wenn ich dein Oberteil ein bisschen runterzieh', müsste man schon alles davon sehen können.", bat er und Kira hob die Augenbrauen. Ihr Blick glitt kurz zum Professor, der sich akkurat über den ollen Schinken beugte und so tat, als höre er gar nicht zu. Die Situation wurde… unangenehm. Kira zögerte und war es nun selbst, die sich durch die Haare rieb und sie leicht verwuschelte, so wie es Kyano immer tat. Dann seufzte sie und hob den Blick in sein Gesicht. „Das wird wohl schwierig werden, immerhin ist es zwischen den Schulterblättern.“, korrigierte sie seine Annahme, ein Runterziehen würde reichen. Aber Kira straffte die Schultern und wandte den beiden dann den Rücken zu. Sie umfasste ihr Hemd und zog es sich über den Kopf, sodass sie ihren schmalen Rücken entblößte. Dann zog sie ihre langen Haare über die linke Schulter, um die Sicht zu verbessern und gewährte einen Blick auf sich.

Professor Federleicht hob den Blick nun seinerseits und betrachtete den Anblick. Für eine Sekunde rutschte auch sein Blick über ihre Haut, doch er hatte sich zügig im Griff und studierte tatsächlich nur die Linien, die unvollendet vor ihm lagen. „Es ist nicht fertiggestellt…“, murmelte er und man konnte ihm ansehen, dass es in ihm arbeitete. „Es… diese feinen Linien hier und… dort…“, er berührte Kira nicht, denn er hatte den Tisch zwischen ihr und ihm, was eine zusätzliche Distanz schuf. Und du hast vorhin was gesagt, etwas über ein ehrenwertes Mitglied irgendeiner Gruppe. Was soll das sein? Ergibt das zusammen mit dem Symbol vielleicht einen Sinn? Oder wenn nicht, wisst Ihr, wo es mehr Sinn macht, weiter zu suchen?" Der Professor antwortete nicht. „Eins… zwei… drei… es müssten acht sein…“, murmelte er nun in Gedanken versunken und sein Blick glitt zum Buch. „Du kannst dich anziehen, Kira.“, murmelte er noch und die Weißhaarige verbarg sich schnell wieder. Sie blickte Kyano kurz an und zuckte die Schultern. Sie wusste nichts weiter über irgendeine Gruppe. Der Professor ließ seine Finger kundig über das Inhaltsverzeichnis gleiten und tippte auf das, was er suchte. Dann blätterte er die Seite vor, bis etwas über die Hälfte und schlug eine Seite auf. Die Überschrift konnte Kyano entziffern und darunter fand sich ein Symbol, das tatsächlich dem von Kira sehr ähnlich sah. Bei ihr fehlten nur die geschwungenen Zacken an den Seiten und auch der Kopf in der Mitte war noch nicht vollständig:

Die Himmelsreiter von Hymlia
Bild
Schriftrolle Fuss
Der Text darunter war wieder voller Schnörkel und nicht auf die Schnelle zu entziffern. Ohnehin bemerkte Kyano, dass ihm erneut schwindelig wurde, als er sich nach vorn beugte und dann hämmerte es in seiner Stirn, als würde jemand mit einem Hammer darauf herumklopfen. Seine Beine wurden wackelig und ehe er noch ein weiteres Wort sagen oder entziffern konnte, zog es ihn gen Boden. In seiner drohenden Ohnmacht konnte er noch verschwommen das Gesicht der Weißhaarigen über sich schweben sehen, dann wurde alles dunkel.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Kyano » Freitag 12. Januar 2024, 13:07

Seine Begleitung war eine Versuchung auf zwei Beinen und das in mehrfacher Hinsicht. Ja, vielmehr sogar, als er anfangs, als er sie im bewusstlosen Zustand gefunden hatte, auch nur hatte erahnen können. Sie war noch immer mehr als heiß und wenn sich die Gelegenheit ergeben würde, würde er sich ein weiteres Mal an sie ranmachen, nachdem er diesen einen Punkt geklärt hätte. Oh, und er würde sie nach Strich und Faden verführen und verwöhnen, sollte sie ihm keinen Einhalt gebieten!
Doch im Moment brummte ihm der Kopf zu sehr dafür und sie waren obendrein nicht allein. Sein ehemaliger Professor war, auch wenn man es sich kaum vorstellen konnte, eine Respektsperson für ihn. Außerdem wollte und würde er Kira nicht bloßstellen. Somit hatte er drei triftige Gründe, um die Finger bei sich zu lassen.
Hinzu kam seine Neugier gepaart mit der Hoffnung, endlich etwas näher an des Rätsels Lösung um ihr Gedächtnis und ihre Herkunft gelangen zu können. Wenn er ehrlich war, ja, er wollte mehr über sie wissen. Sie übte einfach einen großen Reiz auf ihn aus, verströmte einen verlockenden Duft sowohl wahrnehm-, als auch lediglich fühlbar. Kira kam nicht von hier und versprach dadurch die Aussicht auf eine Reise, hoffentlich mit so einigen Abenteuern, aber auf jeden Fall mit viel Unbekanntem, das er entdecken wollte.
Den dicken Wälzer hatte Kyano indes auf dem Tisch platziert, um sich von dieser Last ein wenig zu befreien. Dass ihm dagegen die Aufgabe zukam, sich mit dem Schinken beschäftigen zu müssen, schmeckte ihm nicht sonderlich. Jedoch für seine Begleitung wollte er das zumindest probieren... und bereute es schon nach dem ersten Blick auf die Schrift des Inhaltsverzeichnisses.
Prompt verstärkte sich das dumpfe Pochen in seinem Kopf und die Buchstaben begannen, vor seinen Augen ineinander zu verschwimmen. Ja, er hasste diese veraltete, unnötig verschnörkelte, kaum entzifferbare Schriftart, mit denen er schon oft genug gequält worden war! Sie machte es unmöglich, schnell mal quer zu lesen und sich dadurch Zeit zu ersparen. Warum nur konnte es nicht einmal einfach sein?!
Der junge Mann kämpfte um jeden einzelnen Buchstaben, um diese zu Worten zusammen fügen zu können und ihnen auch noch einen Sinn zu geben. Dass er zwischendurch immer wieder Antworten geben musste, machte es nicht leichter. Einerseits, weil es seine Konzentration störte, um die es generell nicht sonderlich rosig bestellt war, und andererseits, weil es ihm eine willkommene Ablenkung von dem verstaubten Bild vor ihm bot. Aber er war nicht vollkommen ein Drückeberger, denn er versuchte weiterhin, etwas lesen zu können. Mit dem Ergebnis, dass die Seite vor seinen Augen immer mehr verschwamm und ihm schwindelig wurde, während ein flaues Gefühl in seinen Eingeweiden sich auszubreiten anfing.
Sein Geduldsfaden war generell nicht besonders lang und nun riss er, sodass er mit einem kleinen magischen Ausbruch zu seinen Worten eindrucksvoll demonstrierte, dass es ihm reichte. An seiner Seite beschwerte sich die Schöne und lockte mit ihrer Stimme den Blick auf sich, der sich allmählich wieder klärte. Er entdeckte ihr Lächeln und...
Das spitzbübische Aufblitzen in seinen Augen hätte eine Warnung sein können, wenn es nicht zeitgleich mit seiner Handlung stattgefunden hätte. Denn ganz Schelm, der er nun einmal war, konnte er es sich nicht verkneifen, noch einen zusätzlichen Windstoß auf ihr Haar loszuschicken, damit es noch mehr durcheinander wirbelte. Im nächsten Atemzug miemte er den Unschuldigen und wurde daraus erst von seinem Professor heraus geholt.
Tief seufzend starrte er mit Leidensmiene auf die Schrift, als wäre sie Schuld an all seinem Ungemach. War sie ja irgendwie auch... So quengelte er weiter.
Die Gegenfrage des anderen jedoch ließ ihn leicht zusammen zucken und aufsehen. Deutlich war ihm anzumerken, wie es in ihm arbeitete, wie der Drang nach Freiheit und Unbeschwertheit mit anderen Gefühlen rang. Mit einem noch tieferen Seufzen brummte er ein kleinlautes "Doch", während er schon wieder auf die Schrift blickte. Allein deren Schnörkel konnte einem schon Kopfschmerzen bereiten. Nur irgendwie... waren die dieses Mal ungewöhnlich stark und präsent.
Plötzlich schwankte der Boden unter seinen Füßen etwas und er hielt sich instinktiv an der Tischkante fest. Vorbei war es mit seiner frechen Lockerheit von gerade eben erst und er wurde etwas blass um die Nase. Als der Moment vorbei war, ließ er die Schultern kreisen und bewegte seinen Kopf, um den Nacken zu lockern, der bedenklich dabei knackte. Oh je, wenn das so weiter ging, wäre er der jüngste Zyraner mit Altersverkalkung! Wäre fast schon wieder komisch, wenn es ihn nicht so beunruhigen und in seinem Stolz treffen würde.
Eine melodiöse Stimme von der Seite holte ihn in die Wirklichkeit zurück und ließ ihn zu ihr sehen. Seine Lippen zuckten zu einem schiefen Grinsen. "Bei deinem Anblick...", konnte er sich ein Raunen in ihre Richtung nicht verkneifen und vergaß dabei den Umstand, dass sein Professor im wahrsten Sinne des Wortes die Ohren ständig gespitzt hatte.
Allerdings war ihm im Gegensatz dazu definitiv klar, dass er erst einmal den leichteren Weg zu gehen versuchen wollte. Also wandte er sich direkt an sein Gegenüber und war sich nicht zu fein, um um seine Hilfe direkt zu bitten. Sein Blick war flehend und er hielt ihn auch weiterhin auf den anderen gerichtet, bis dieser seufzte und nachgab.
Erleichtert atmete Kyano auf und grinste verschmitzt. "Und ich habe Euch zugehört, so... mehr oder weniger.", musste er einfach noch sein Schärflein drauflegen. Schließlich ging es hier ja auch um seinen Ruf, den es zu verteidigen galt. Nicht, dass Kira noch meinte, er wäre ein fleißiger Student gewesen und keiner, der abseits von all dem Staub zu leben verstand.
Dann aber wandte er sich an seine Begleitung mit einer Bitte, die auch ihm nicht so ganz behagte. Er wollte nicht übergriffig sein, obwohl er sie nur zu gerne nackt gesehen hätte. Jedoch wäre es eben einfacher, wenn der Professor das Tattoo zu sehen bekäme. Somit zuckte er mit den Schultern. "Ich kann es ihm auch beschreiben, aber wer sagt uns, dass es eindeutig wäre? Ich meine, was, wenn es verschiedene Zeichen gibt, die im Prinzip alle dazu passen würden?", wurde er konkreter über den Hintergrund seiner Absicht.
Dabei hob er die Hand und wollte sich verlegen den Hinterkopf kratzen. Mit den Fingerspitzen berührte er die anschwellende Beule und fuhr mit einem scharfen Zischen zusammen. Rasch ließ er es lieber sein, sich dort anzufassen. Blödes Regal!
Indes machte ihn die Schöne auf etwas anderes aufmerksam, das seine Konzentration sowieso gleich wieder erfolgreich ablenkte. "Hm...", machte er nachdenklich, weil er sich bemühen wollte, eine andere Lösung zu finden, wenn es nicht so einfach wäre, das Tattoo herzuzeigen. Sie allerdings nahm ihm diese Aufgabe ab, als sie sich dennoch fürs Herzeigen entschied.
Ein weiteres Mal konnte er dadurch einen Blick auf ihren bezaubernden Rücken mit dieser samtweichen, hellen Haut werfen und sie mit Blicken abtasten. In seiner Hose regte sich sein bester Freund ein wenig, das ließ sich nicht verhindern. Vor allem bei der Erinnerung daran, wie herrlich sie sich auf ihm angefühlt hatte.
Die Stimme des Professor holte ihn bedauerlicherweise in die Realität zurück, sodass der junge Mann verhalten sich räusperte und sich noch ein wenig weiter wegdrehte, um unbemerkt seine Hose zu richten und wieder ausreichend Platz zu haben. Dabei fiel ihm noch etwas ein, das sie gesagt hatte, und gab auch das zum Besten, für den Fall, dass es helfen könnte.
"Acht? Wie acht?", entkam es ihm wenig später fragend und blinzelnd sah er zu dem anderen hin. Doch er war schon mit dem Buch beschäftigt und ließ ihn innerlich aufatmen. Wenn sein Professor eine Idee hatte, würde ihm das hoffentlich die unselige Sucherei in dem Wälzer ersparen.
Kira indes zog ihr Oberteil wieder runter und er blickte zu ihr, schenkte ihr ein kleines Lächeln. Wäre es zwischen ihnen einfacher gewesen, hätte er ihr sogar angeboten, seine Hand zu nehmen und sich daran festhalten zu können. Oder galt das eher umgekehrt? Denn schon wieder wankte der Boden leicht unter seinen Füßen. Womöglich wegen der Aufregung, endlich einen guten Schritt weiterkommen zu können? Ja, bestimmt, und die war sicherlich auch dafür verantwortlich, dass ihm ganz flau im Magen war. Wobei, da fiel ihm ein... bei nächster Gelegenheit wäre mal was zu essen nicht verkehrt, es war schließlich schon Mittag!
Ein kratzendes Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit zurück zu dem Tisch, wo sein Professor jenes Symbol gefunden hatte. Das Ergebnis wurde ihnen beiden nun präsentiert. Kyano bekam große Augen, als er den Titel über dem Bild, das eindeutig das vollständige Zeichen darstellte, entziffern konnte.
"Hy... Hymlia...?", entkam es ihm keuchend und er hob abrupt den Kopf, um Kira anzusehen. Das war ein Fehler, denn der Schwindel traf ihn mit Wucht, sodass er sich hastig an dem Möbelstück festhielt und die Hand gegen die Stirn legte. Er beugte sich vor und blinzelte, versuchte, sich auf das Bild vor sich zu konzentrieren, um zur Ruhe kommen zu können. Was war nur los mit ihm?
Leider half ihm das nicht wirklich, denn in seinem Kopf explodierte plötzlich der Schmerz, raubte ihm die Kraft zu stehen und knipste ihm kurzerhand sämtliche Lichter aus. Sein Körper wurde schlaff, sein Griff löste sich und wenn ihm niemand zu Hilfe kommen würde, würde er vermutlich mit noch mindestens einer Beule mehr irgendwann wieder aufwachen.
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Re: Die große Bibliothek

Beitrag von Erzähler » Freitag 12. Januar 2024, 22:32

Endlich zahlte sich seine Hartnäckigkeit mal aus und wurde gar belohnt, als der Professor das vollständige Symbol enthüllte und Kyano anhand der Überschrift eine Ahnung davon bekam, wer Kira war und woher sie stammte. Die Erkenntnis war so umwerfend und überraschend, dass er eine unbedachte Bewegung machte und sofort die Quittung dafür erhielt. Er spürte den pochenden Schmerz in seinem Hinterkopf und versuchte sich noch auf den Beinen zu halten, ehe er dann doch zu Boden sank und lediglich die feine Kühle von sanften Fingern an seinem Handgelenk spürte, die versuchten zuzupacken. Sein Sturz wurde nicht verhindert, aber vermutlich etwas abgefedert durch das Eingreifen der Weißhaarigen. Alles folgende war für ihn nicht mehr greifbar, denn nachdem er noch die grünen Augen über sich erkannte, wurde alles dunkel.

Kyano weiter bei Bei Mutter schmeckt's am besten (Das Haus Idthen)
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