Das Anwesen der Arboris

Viele kleine und große Häuser reihen sich hier aneinander. Bunte Farben zieren die kahlen Wände und vor allem die Dächer. Mit diesen Farben symbolisieren die Magier ihren Rang und ihr Können in einer oder mehr Magiearten.
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Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Erzähler » Montag 9. Januar 2012, 10:28

[Dormian kommt von hier: Das Grasland ‹ Die magische Stadt Zyranus ‹ Universitätsho ‹ Ein unangenehmes Erwachen]
[sry hab falsch rum gepostet, es gibt noch eine Kleinigkeit im alten Thema]

Das hohe, gusseiserne Gartentor zum Anwesen der Familie Arboris war nicht verschlossen und erlaubte es dem Burschen ungehindert in den Garten einzutreten. Das verhältnismäßig große Haus lag so friedlich da, wie sonst auch. Es war alt, schließlich beherbergte es seit vielen, vielen Generationen die Familie der Arboris, doch es war gepflegt und in einem perfekten Zustand. Der große Blumen der Grünanlage blühten grade in all ihrer Pracht und Schmetterlinge tanzten um die Blüten herum. Es war ein belebender und gleichzeitig beruhigender Anblick, der an bessere Zeiten erinnerte. Aber es war leider nicht der Zeitpunkt um hier zu verweilen und über das Bild zu träumen. Nein, jetzt musste er sich seiner Familie stellen.
Auch die Vordertür des Hauses war nicht verschlossen. Dormian musste nur die Klinke runter drücken, um einzutreten. Drinnen war es totenstill. Weder von seinen Eltern, noch von seiner Schwester oder Großmutter war irgendwo eine Spur. Es dauerte nicht lange, bis er sie gefunden hatte. Sie alle befanden sich um Salon und saßen um den antiken, dunklen Esstisch herum. Auch ein junger Mann war dabei, den Dormian noch nie gesehen hatte, aber der seine Schwester eine Hand auf die Schulter gelegt hatte. Keiner sagte ein Wort, als das jüngste Familienmitglied eintrat. Es herrschte Schweigen, Totenstille. Das war einer dieser Momente, die so unglaublich kurz waren und einem trotzdem wie eine Ewigkeit vorkamen. Keiner wirkte besonders glücklich, am wenigsten sein Vater. Sein Gesicht war bleich und ein Schatten schien über seinen Augen zu liegen. Schließlich atmete er tief ein und wieder aus, dann erhob er sich und ging langsam auf seinen Sohn zu. Eine halbe Armlänge entfernt blieb er stehen, starrte seinen Jungen an und verpasste ihm schließlich eine gellende, kräftige Ohrfeige, auf dass Dormians Wange zu brennen anfing. Damit war das Eis gebrochen und der Vater fiel seinem Sohn in einer herzhaften Umarmung um den Hals. Bei seiner Mutter brachen indes die Tränen durch und sie fing an zu Schluchzen.
”Du dummer Junge,” schluchzte Mesophes und gab seinen Sohn frei, damit auch seine Mutter ihn in die Arme schließen konnte. ”Du dummer Junge,” wiederholte er Vorwurfsvoll, aber sein Gesicht hellte sich wieder auf. ”Hast du denn nichts aus deiner ersten Begegnung mit diesem Mann gelernt? Wie konntest du nur eine solche Gefahr eingehen? Hast du gar nicht daran gedacht, was dir passieren könnte? Hast du überhaupt daran gedacht, wie wir uns dabei fühlen? Du hättest tot sein können. Wie konntest du nur ein solches Risiko eingehen. Es war ja schon keinem geheuer, dass du zu den Trollen wolltest, aber als Aio gestern zu uns kam und uns erzählte was passiert ist ... ich konnte nicht glauben dass du dich darauf eingelassen hast.”
Seine Mutter löste sich von Dormian und stellte sich neben ihren Gatten, der einen Arm um ihre Schulter legte. Ihre Augen waren gerötet. Bis Gestern Abend hatte keiner der Heiler sagen können, ob und wann Dormian wieder erwachen würde. Die Anstrengungen waren einfach zu viel für seinen Körper und seinen Geist gewesen. Grade wollte seine Mutter den Mund aufmachen, wahrscheinlich um eine ähnliche, tadelnde Anrede zu halten wie ihr Mann, da fiel ihr Dormians Großmutter ins Wort. ”Jetzt lasst den Jungen endlich in ruhe! Schließlich hat er sein Abenteuer überlebt, es geht ihm wieder gut und, was das wichtigste ist, er hat Charakter bewiesen!” Von den Anwesenden war sie die einzige gewesen, die sich nicht solche Sorgen gemacht hatte wie die anderen. Sie hatte sehr viel vertrauen in ihren Enkel. ”Jetzt lass den guten Kerl endlich zur Ruhe kommen. Er hat sicher einiges durchgemacht. Und sei doch ehrlich Mesophes, wenn er nicht so gehandelt hätte, wie er es getan hat, dann hättest du deinem Sohn doch gar nicht mehr richtig in die Augen sehen können!”
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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Dormian Arboris » Sonntag 15. Januar 2012, 14:56

Trotz der schallenden Ohrfeige musste Dormian anfangen, zu lächeln. Ehe er in die Arme seiner Familie fiel, liefen nun doch Tränen seine geröteten Wangen hinunter. Er war wieder zuhause. All die Stunden außerhalb der Mauern von Zyranus, die Kämpfe mit Faust und seinen Dienern, all das schien nun für einen Augenblick fern und unwichtig. Was es an sich auch war, wenn man an die Worte des Großen Avatars dachte. War Dormians Rolle wirklich vorbei? Hatte er nun nichts mehr mit dieser Geschichte zu schaffen, die ausgerechnet er in Gang gesetzt hatte? Doch diese Gedanken sollten ihn zumindest in den nächsten Tagen nicht mehr quälen, denn nun war er wieder dort, wo sein Platz war. Unter den schützenden Zweigen der Arboris.
"Vater, es tut mir Leid.... euch allen, es tut mir so Leid, dass ich uns Schande gebracht habe... Ich musste einfach gehen, um unsere Ehre...", er verstummte, als er Mesophes´ Gesicht sah. Es gab nichts mehr zu verzeihen. Die Ohrfeige war Strafe genug gewesen, der junge Magier hatte alles getan, um seinen Fehler zu bereinigen. Wieder musste sich Dormian einen neuerlichen Tränenschwall verkneifen. Sicher eine Minute lang umarmte er seine Eltern, ohne etwas an dieser Position zu ändern. Erst kurz darauf löste er sich langsam wieder von ihnen und setzte sich ächzend an den Tisch. Der Handabdruck seines Vaters brennte wie Feuer, doch es rief den Adepten wieder in die Realität zurück. Die Arboris waren wieder vollzählig. Sein Blick wanderte kurz durch den Salon, zu jedem der Anwesenden, die sich nun langsam wieder beruhigten und ebenfalls am Tisch Platz nahmen. Seine Großmutter lächelte stolz, sein Vater wirkte nun schlicht erleichtert und seine Mutter wischte sich die Tränen ab und auch Lukretia schien sich beruhigt zu haben. Es war alles, wie es sein sollte. Von dem jungen Mann, der bei seiner Schwester stand, vermutete Dormian, dass es sich um ihren Freund oder einen nahestehenden Kollegen handelte, daher verlor er darüber kein weiteres Wort und nickte dem Fremden lediglich aufmerksam zu. Bevor wieder alltägliche und familiäre Dinge besprochen werden konnten, musste er etwas anderes loswerden.
"Vater... ich weiß nicht, wie viel man dir und den anderen erzählt hat, aber ich war anfangs, vor meiner Verbannung ja in den Katakomben...", hob der Erdmagier an und erklärte im Schnelldurchlauf, was ihm widerfahren war. Niemand unterbrach ihn, es schien entweder nichts Neues für die Familie zu sein, dies zu hören, oder sie waren in diesem Moment einfach zu froh, ihren Sprössling wieder bei sich zu wissen. Schließlich zog Dormian den Siegelring hervor.
"Das ist der Ring unseres Urahnen Lucrecious Dinivan... Dank ihm habe ich den Kampf mit Fausts Golem überlebt und als mich der Große Avatar auf ihn und meine anderen... Besitztümer ansprach, sagte er, dass es deine Entscheidung wäre, was mit dem Ring geschehen soll. In ihm ist das Wissen unseres Vorfahren gespeichert und ich kann kaum in Worte fassen, was er mir zu zeigen vermochte. Ich möchte nicht damit prahlen, das ist nicht der Anlass dazu... Aber dieser Ring ist keine Waffe, er ist ein Buch voller Dingen, die unsere Familie groß werden ließen. Dinivans Weisheit durchflutete mich und ermöglichte es mir erst, lebend aus den Katakomben zu entkommen..."

Dormian legte den Ring auf den Tisch und platzierte ihn vor dem Platz seines Vaters, der ihm gegenüber saß.
"Entscheide du, was damit geschehen soll. Und... wo wir schon dabei sind...", fügte der junge Arboris hinzu und zog das Buch von Faust hervor. Er legte es neben den Ring und strich einmal über den ledernen Einband.
"Eine Art Geschenk von Faust, das ich ihm abnehmen konnte. Soweit ich den Inhalt entziffern konnte, bietet dieses Buch die Möglichkeit, alle möglichen Sprachen zu übersetzen, ich habe mich noch nicht wirklich damit befasst. Es sollte hier in Sicherheit sein, es ist immer noch ein Artefakt, das einem mächtigen Magier gehörte. Wir sollten es hier im Familienbesitz belassen und unserer Bibliothek hinzufügen, anstatt dass ich es herumschleppe... Die restlichen Artefakte werde ich Aio übergeben. Der Hut und diese..Geistpulverkugeln, oder wie sie der Avatar nannte, gehörten Van Zan. Es wäre das Beste, wenn diese Sachen zurück an die Hexenjäger gehen..."
Untermalend legte Dormian die Gegenstände nacheinander auf den Tisch. Auch die Dublone kam hinzu und Dormian erklärte rasch, worum es sich handelte. Abwartend sah er daraufhin zu seiner Familie, die Gegenstände von seiner kurzen, aber unglaublichen Reise auf dem Tisch.
"Nun... hier bin ich wieder...", schloss der Erdadept etwas knapp, aber leicht grinsend. Die Erleichterung, wieder sicher und bei seinen Liebsten zu sein, erfüllte ihn zu sehr, als dass er noch eine ernste oder verschlossene Miene hätte machen können.

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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Erzähler » Samstag 21. Januar 2012, 15:09

Ganz langsam und deutlich schüttelte Agnes das Haupt und sah ihren Sohn mit immer noch geröteten Augen an. Sie zitterte leicht und es sah ein wenig so aus, als müsste Mesophes seine Frau halten, damit sie nicht zusammen brach. "Verstehst du das denn nicht? Keine Schande kann groß genug sein, dass du dein Leben riskierst um sie wieder gut zu machen ..." Ihre stimme versagte und ihr Gatte geleitete Dormians Mutter an den Esstisch, wo sie sich auf ihren Stammplatz niederließ. Auch die anderen Familienmitglieder nahmen wieder Platz. Dann war es an Dormian, seiner Familie seine Seite der Ereignisse zu erzählen. Zwar hatten Mesophes und Agnes bereits große Teile davon gekannt, unter anderem von Aio, deren Gewissen sie gezwungen hatte, einmal bei ihrem alten Freund vorzusprechen. Immerhin hatte sie dessen Sohn in große Gefahr gebracht. Keiner unterbrach den jüngsten Familienspross in seinem Bericht, auch wenn einige Erzählungen den Schüttelfrost seiner Mutter kurzzeitig verstärkten. Es war jedoch Dormians Großmutter, die als erste wieder das Wort ergriff, kaum dass der Adept seine Geschichte beendet hatte.
"Reich mir diesen Ring herüber, mein Junge," forderte die alte Frau ihren Enkel auf und drehte das Kleinod mit fachkundigem Blick in den knorrigen Fingern. Wenn man es genau nahm, war sie ja die älteste Arboris und hatte damit sicherlich auch ein Recht darauf. Schließlich steckte sie ihn ich auf den Ringfinger und schloss erwartungsvoll die Augen. Nach etwa einer halben Minute nahm sie ihn jedoch wieder ab und legte den Siegelring vor sich auf den Tisch. "Wirklich Schade, doch dieser Schatz scheint nicht mit mir reden zu wollen." Leise und rauchig begann die alte Zyranerin zu lachen, während nun Mespohes seinerseits nach dem Ring langte. Im Gegensatz zu seiner Mutter wagte er es jedoch nicht, dass Schmuckstück anzulegen, teils aus Ehrfurcht, teils aus Respekt und teils aus Angst, dass der Effekt, von dem sein Sohn berichtet hatte, wirklich eintreten würde. Schließlich verstaute er den Goldring in der Brusttasche seines Gewands. "Ich werde darüber nachdenken müssen, was mit diesem Artefakt geschieht," meinte er schließlich trocken und ernst. In Gedanken ging er bereits die vielen Möglichkeiten durch, die er nun hatte, aber er wusste bereits, dass er noch lange brauchen würde, ehe er zu einem Entschluss kam.
Stattdessen wandte sich nun die Aufmerksamkeit aller auf das Buch zu, dass Dormian auf den Tisch gelegt hatte. Sicher zur Überraschung einiger, löste der junge Mann an Lukretias Seite das Geheimnis dieses Schriftstückes fast auf der Stelle. "Oh das ist eine Erstausgabe des Via Veritem,” erklärte er, als wäre es nichts besonderes. Als er jedoch die Fragenden Blicke aller auf sich spürte, setzte er noch einmal nach. "Ich arbeite mit einem ganz ähnlichen Werk in der Universität. Das Via Veritem ist einfach zu teuer, für die blanke Masse, aber im Grunde ist es nichts besonders. Trollsprachen und andere primitive Dialekte." Lukretia lehnte sich zu dem jungen Mann herüber und küsste ihn auf die Wange. "Es wird sicherlich unsere Bibliothek bereichern," kommentierte die junge Frau die Erläuterung ihres Freundes, wobei nicht ganz klar wurde, ob sie es ernst oder sarkastisch gemeint hatte. Auf jeden fall löste ihre Bemerkung ein wenig die Spannung.
"Aio geht es übrigens wieder gut. Sie hat uns ein wenig in ihre Pläne eingeweiht und wird die Stadt morgen früh bei Sonnenaufgang verlassen. Ich kann dir aber nicht sagen, wo oder was sie heute noch macht. Vielleicht ist es deine letzte Chance, um dich von ihr zu verabschieden." Mesophes klang jedoch nicht so, als wäre er besonders bekümmert darüber, dass sein Jüngster nicht mehr mit der Elfe in Kontakt kam, die ihm überhaupt erst in sein letztes Abenteuer mit rein gezogen hatte. Das war eben der väterliche Instinkt, der das eigene Kind vor Schaden beschützen wollte. "Aber jetzt bist du ja wieder hier. Und du kannst deine Ausbildung zuende bringen. Von Abenteuern außerhalb der Mauern unserer sicheren Stadt, hast du hoffentlich inzwischen genug. Es ist nie falsch, wenn man die Welt erkunden will, aber du bist in so wenigen Tagen so vielen Gefahren begegnet ..."
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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Dormian Arboris » Montag 30. Januar 2012, 09:23

Dormian nickte und lehnte sich in dem gepolsterten Stuhl zurück, ein entspanntes Ausatmen entwich seinen Lippen. Nach all den grauenvollen Ereignissen und Gefahren fühlte er sich erstmals wieder wirklich in Sicherheit. Nicht einmal der Große Avatar persönlich konnte ihm dieses Gefühl geben, nur sein Zuhause und seine Familie, die um ihn herum war. Aio würde also morgen bei Sonnenaufgang abreisen; damit wusste der junge Erdmagier auch, was er morgen als Erstes tun würde. Noch vor Sonnenaufgang aufstehen, dem gemütlichen Bett entsteigen und am Tor auf sie warten, wenn möglich in den Stallungen. Dort würde sie höchstwahrscheinlich zuerst hingehen, irgendwo musste Schneehuf ja die Nacht verbringen. Von der Elfenstute wollte sich der Adept sowieso verabschieden, denn sie hatte ihm in der wenn auch kurzen Zeit sehr gute und treue Dienste geleistet. An sich schade, sie gehen zu lassen, doch hier in der Stadt war kein Platz für sie, sie brauchte die Weite und den Auslauf.

Sein Vater unterdessen hatte zwei für ihn wichtige Punkte angesprochen und sein Sohn teilte diese Meinungen nur zur Hälfte, sagte jedoch nichts, er hatte seiner Familie genug Kummer und Sorgen für die nächste Zeit bereitet. Er musste seine Ausbildung weiterführen und die Künste der Erdmagie weiter studieren, dem stimmte er vollends zu und konnte es bereits jetzt kaum erwarten, wieder durch die Bibliothek und Studienräume zu streifen. Dabei ertappte sich der Jüngling bei dem leicht angeberischen Gedanken, dass er tatsächlich einigen seiner Mitschüler überlegen war und seine Macht im Umgang mit der Erde durch seine kurze Reise rapide zugenommen hatte. Praxis und der Drang, durch Not zu handeln, das beflügelte die Fortschritte beim Erlernen neuer Dinge. Aber gleichzeitig wurde ihm lächelnd bewusst, dass alles, was er vor Rufus Faust erlebt und gelebt hatte, etwas Besonderes war. Nicht jeder durfte an der Universität studieren, die gemütlichen Nachmittage am Fenster mit einem dicken Buch auf dem Schoß, das war nichts Selbstverständliches. Nicht in diesen Zeiten; und genau dies lernte Dormian nun zu schätzen und er freute sich bereits jetzt auf seinen nächsten Universitäts-Besuch.

Doch Mesophes hatte auch etwas ausgesprochen, wofür der junge Mann nicht einstimmte. Die Zeit der Abenteuer und das Verlassen der Stadt sollten vorbei sein. Nein, das durfte nicht sein. Auch wenn sich nun andere, mächtigere Magier und Hexenjäger daran machen würden, Faust zu verfolgen und zu bekämpfen, so durfte sich Dormian nicht einfach zwischen den Büchern und Dächern seiner Stadt verkriechen und so tun, als hätte Lucrecious Dinivan ihn niemals angesprochen. Nein, das hatte seinen Sinn, dessen war sich der Arboris bewusst und sicher. Seine Rolle war doch nicht vorbei, und die musste er weiter spielen, bis unter die Augen eines gewissen Schamanen vom Trollvolk. Er wagte allerdings nicht, dies laut auszusprechen, zu groß wäre der folgende Schwall an Zurechtweisungen aus Sorge und Tadel gewesen.

"Dann werde ich mich morgen früh von ihr verabschieden. Auch wenn sie mit dafür verantwortlich ist, dass ich überhaupt erst in diese Sache geriet, so hat sie doch ihr Bestes getan, um mich zu beschützen und mir zu helfen. Das kann ich nicht einfach beiseite legen, das ist etwas Besonderes. Danach werde ich in die Bibliothek gehen und ein bisschen Stoff nachholen, bevor ich in die nächsten Lesungen gehe. Ich vermute, es wird noch ein paar Tage dauern, bis ich wieder im Unterricht eingegliedert werde. So als Ex-Verbannter", fügte Dormian mit einem ironischen Grinsen seinen Worten hinzu. Ja, er würde wieder in den Hallen des Wissens wandeln, diesmal jedoch nicht auf der Suche nach Aufzeichnungen über alte Gewölbe. Er wollte mehr über die Trolle in Erfahrung bringen.

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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Erzähler » Samstag 11. Februar 2012, 16:49

Auch Mesophes musste bei den Worten seines Sohnes ein wenig Lächeln, wieder war es jedoch seine Großmutter, die laut lachte und ihren Senf dazu geben musste. ”Sprach der Bursche, der schon seit Wochen eine Freistellung vom unterricht hat.” Die alte Frau wischte sich eine Lachträne aus dem linken Auge und fügte dann zwinkernd hinzu: “Aber inzwischen ist die magische Schriftrolle der Erdmagie wohl nicht mehr so gefragt was?“ Wie genau sie dass meinte, lies die Zyranerin offen, stattdessen erhob sie sich von ihrem Stuhl und verabschiedete sich mit einem Klopfen auf die Holzplatte von den andern. Dann machte sie sich auf den Weg in ihre Gemächer, denn sie sehnte sich nach ein wenig Ruhe und Abgeschiedenheit, jetzt wo sie wusste, dass es ihrem Enkel wieder gut ging. Auch Lukretia und ihr Freund verabschiedeten sich, wobei die Magierin ihrem kleinen Bruder zum Abschied einen Kuss auf die Stirn drückte. Damit war Dormian mit seinen Eltern alleine. Die beiden hielten sich an der Hand und betrachteten ihren Sohn mit einem liebevollen Blick. Es gab auf dieser Welt einfach nichts größeres, als die Sorge von Eltern um ihre Kinder. ”Das Essen hast du verpasst, aber wir haben dir etwas auf dein Zimmer gebracht,” erklärte Agnes und gab ihm damit die Erlaubnis, auch aufzustehen. ”Wir verstehen dass, wenn du ein wenig alleine sein und nachdenken willst.” Auch Mesophes nickte seinem Spross zu, um zu zeigen dass er mit seiner Frau übereinstimmte.

Sein Zimmer erwartete Dormian genau fast so, wie er es verlassen hatte. Das Bett war gemacht und die Schränke aufgeräumter als zuvor. Zweifelsohne hatte Agnes die Chance genutzt, in der ihr Sohn einmal nicht zu Hause war, um das halbe Chaos zu beseitigen. Die hohen Fenster standen offen und ein warmer Wind erfüllte den Raum. Es roch erfrischend und dennoch vertraut. In der Ecke neben dem Kleiderschrank stapelten sich der Größe nach geordnet die Bücher, die sich Dormian aus der Bibliothek ausgeliehen hatte, als er noch auf der Suche nach der Erdschriftrolle war. Jetzt hatten sie wohl erst mal keinen nutzen mehr und er sollte sie vor seiner nächsten Reise vielleicht zurück bringen, damit sie einem anderen Studenten oder Forscher nutzen konnten. Oder er machte es sich einfacher und bat seinen Vater darum, der seinem jüngsten Kind den Gefallen sicher nicht abschlagen würde. Dormian schloss die Tür hinter sich, warf die Schätze seines Abenteuers auf den Schreibtisch und setzte sich auf die Bettkante. Obwohl er längere Zeit nicht bei Bewusstsein gewesen war, bemächtigte sich eine leichte Müdigkeit seiner. “Das ist also dein Zuhause? Na immerhin besser als der Krankenflügel. Trotzdem, ich hätte mir etwas ... Luxuriöseres vorgestellt. Das hier wirkt alles so alt ...“ Die Mädchenstimme kam direkt aus Dormians Rücken. Ein leichter Ruck ging durch das Federbett, als würde jemand darauf herumspringen. Und als er sich verwirrt umdrehte, sah er für einen kurzen Moment die in weiß gekleidete Gestalt von Aurora, die mit hämischen Blick auf und ab hüpfte.
Ohne sich daran zu erinnern, sich vom Bett weggestoßen oder erhoben zu haben, öffnete Dormian die Augen und fand sich selbst auf dem Boden liegend wieder. Als er wieder hoch sah, war dort niemand mehr. Anscheinend hatte er es sich nur eingebildet. Vielleicht war er auch kurz eingedöst und hatte einen schlechten Traum gehabt...
Dann sprang ihn das Monster an! Ein Ungetüm, mit scharfen Krallen und einem langen Schwanz, dass sich an seinem Kopf fest klammerte und dann begann auf seinem Schädel rumzuspringen. Die Attacke endete so schnell, wie sie angefangen hatte und das Wesen hüpfte auf das Bett, wo es wie ein Flummi auf und ab hopste. Eine wirklich, gefährliche Bestie war das! Kaum größer als Dormians Faust, ein kugelrunder, hellbraun getigerter Körper, zwei schwarze Katzenohren und zwei Paar kleine Tatzen, die fast ohne Beine aus dem Rumpf ragten. Der lange, gestreifte Schwanz war im vergleich zum Körper riesig. Es schnurrte leise und gab maunzende Laute von sich wie eine Katze. Das was dort auf seinem Bett saß, war kein wirklich gefährliches Tier, aber ein wirklich verdammt seltenes; ein Eon! Normalerweise zeigten sie sich Menschen nicht offen, doch dieses putzige Exemplar hatte sich wohl durchs offene Fenster Zugang verschafft und war von dem bett sehr angetan.
Nach einer weile beruhigte sich das kleine Waldtier wieder und rollte sich auf seinem puscheligen Schwanz, direkt auf dem Kopfkissen zusammen. Die großen Waschbäraugen richtete es auf Dormian und wieder Maunzte es leise. Dabei klang es fast schon entschuldigend, als wäre der Angriff nur ein Versehen gewesen. Die katzenähnliche Schnauze schien wohlwollend zu lächeln. Dann schloss das Eon die Augen. Sein Platz war wohl sehr gemütlich denn nur wenige Sekunden später gab das Tierchen ein regelmäßiges Schnurren von sich, die zeigten dass es eingeschlafen war. Wirklich seltsam, dass dieses kleine Biest einfach so einschlief, obwohl ein Mensch, ein potentieller Feind in der nähe war. Das hier musste entweder ein ziemlich mutiges, oder ein ziemlich faules Exemplar sein.
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[Herzlichen Glückwunsch. Das kleine Eon scheint einen Narren an dir gefressen zu haben und wird Dormian ab sofort begleiten, ob er nun will oder nicht! Als tierischen Begleiter darfst du es frei steuern. Genauere informationen über ein Eon erfährst du auf der Website, den letzten Feinschliff beim Aussehen überlasse ich dir, damit es auch wirklich zu Dormian passt. Dann überleg dir mal einen Namen und Tauf den kleinen. Ob es ein junge oder Mädchen ist, bleibt auch dir überlassen :)]
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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Dormian Arboris » Sonntag 12. Februar 2012, 23:41

Dormian hatte nicht wirklich Zeit, über diese Erscheinung von Aurora nachzudenken, was einen allzu vertrauten, eisigen Schauer über den Rücken des Burschen trieb, denn keinen Herzschlag nach dem Ende dieser Einbildung sprang ihn etwas Pelziges an. Ehe der Adept einen Schrei von sich geben konnte, hatte die Fellkugel schon von ihm abgelassen und sich auf seinem Bett zusammengerollt, den Blick auf den Besitzer der Laken geheftet. Dormian konnte von sich behaupten, ein gebildeter und wohl erzogener junger Mann zu sein, dessen Sprache von seiner Intelligenz zeugte. Doch in diesem einen Moment verließen ihn die Lehren und er gab einen einzigen Laut von sich: "Hää?!"
Fassungslos starrte der Magier auf das Wesen, welches er bis jetzt nur von Büchern und Bildern kannte. Sie lebten für gewöhnlich im Arus und zeigten sich Fremden - ganz besonders den lauten Menschen - nur sehr selten. Das machte sie zu einer Art Scheinlegende, denn jeder wusste von ihrer Existenz, doch so gut wie niemand konnte sich rühmen, diese scheuen Plüschmurmeln selbst zu Gesicht bekommen zu haben. Und eines der sogenannten Eons schlief sich nun die Anstrengungen des Kratzbürsten-Angriffes vom Leib.

Vorsichtig erhob sich Dormian und rieb sich die Augen. Sein Blick klärte sich nach ein paar Sekunden wieder, doch das Eon war immer noch da, was ihn folgern ließ, dass er sich das nicht auch noch einbildete. Ein paar Momente blieb der Arboris noch an Ort und Stelle, dann überkam ihn die Neugier. Er wusste nicht jedes Detail über diese Tierart, doch genügend, um zu wissen, wie seltsam dieses Aufeinandertreffen hier war. Dieses Eon war ein wenig größer als die Exemplare, von denen die Bücher erzählten, dies jedoch nicht wirklich viel. Eine Fingerdicke, wenn man so wollte und wenn ein Tierexperte sich die Maße angesehen hätte. Die Haupfarbe des schnurrenden Pelzknäuels war ein tiefes, kräftiges Orange, die Streifen in ein gesundes Kastanienbraun gehalten. Die Augen hatten geglitzert wie zwei kleine Smaragde und die spitzen Ohren zuckten selbst im Schlaf zu jedem noch so kleinen Geräusch. Auch als Dormian sich vor das Bett kniete, um das Viech genauer zu betrachten, richteten sich die Lauschorgane wie kleine Trichter nach vorne und das Eon hob träge ein Augenlid. Es schien nicht den kleinsten Hauch Furcht vor dem Erdmagier zu haben, denn schon fiel das Äuglein zu und das regelmäßige Schnurren ging weiter. Immer noch ein wenig perplex streckte er nun die Hand aus und das Eon öffnete erneut die Augen, ob warnend oder entnervt, jedenfalls fixierte es die Hand seines Gegenübers, der mit einem Schlucken diese auf dem Haupt des Pelzknödels niederließ.

Das Eon tauschte einen langen Blick mit Dormian aus, ehe es die Augen schloss und ein stolzes und fast schon gütiges Schnurren von sich gab, als würde es Dormian gnädig erlauben, es zu streicheln.
"Feylin, welchen Streich spielst du mir da?", raunte Dormian fasziniert und streichelte das Fell des Eon, das sich auf den Rücken rollte, als es erkannte, dass die Streicheleinheiten seinen Anforderungen entsprachen. Tausend Fragen überkamen den jungen Magier. Was für eine Persönlichkeit hatte das Eon? War es mutig oder einfach nur zu faul, wegzulaufen? Spürte es, dass Dormian ihm nichts Böses wollte und blieb daher so ruhig und entspannt? Ein Maunzen riss ihn aus seinen Gedanken, denn das Eon hatte sich nun aufgesetzt, wobei das bei der Kugel ebenso aussah, als läge es auf dem Bauch. Es gähnte herzhaft, wodurch der Arboris einen Blick auf die kleinen, aber nadelspitzen Reißzähnchen werfen konnte.
"Also....ähm...hallo, Kleiner...Kleine?", begann Dormian etwas verunsichert und setzte sich neben das Eon auf sein Bett zurück. Ob Einbildung oder nicht, das Tierchen gab ein Miauen gleich einer Antwort von sich, dabei stets den Blickkontakt halten. Auch wenn es dem Menschen zu vertrauen schien, so waren die Instinkte und Reflexe auf Bereitschaft und Flucht eingestellt. Oder nicht?
"Wo kommst du her? Was hast du in meinem Zimmer verloren?"
Diese Frage beantwortete sich von selbst, als Dormian in diesem Moment den geleerten Teller auf seinem Schreibtisch entdeckte. Nicht einmal die kleinste Maus wäre von den Krümeln satt geworden, die das Eon zurückgelassen hatte. Dieses hockte unterdessen an Ort und Stelle und legte den Kopf, bzw. den Körper schief, der Schweif pendelte wie eine schlaftrunkene Schlange hinter dem Wesen hin und her. Skeptisch beäugte Dormian den uneingeladenen Besucher und suchte nach einem Anzeichen, ob es sich um eine Einbrecherin oder einen Einbrecher handelte. Das Miauen war für die geringe Körpergröße recht tief, weshalb er in der Plüschmurmel ein Männchen vermutete. Zaghaft streckte er eine Hand aus und nach einem kleinen Schwungsprung in die Höhe hopste das Tier in die Hand, krabbelte wieselflink den Arm entlang und rollte sich auf Dormians Kopf zusammen, dabei wohlig schnurrend. Dafür, dass das katzenartige Biest aussah, als hätte es Großmutters Kristallkugel verschluckt, war es schnell und wendig.
"Und was mach ich jetzt mit dir?"
Dormian nahm es vorsichtig in beide Hände und hob es an, den Blick dabei zur Schwanzgegend gerichtet. Nichts, aber was hatte der Bursche schon vermutet? Zwei kleine Pelzbälle oder einen flauschigen Schlitz, der an eine pelzige Geldbörse erinnerte? Im Nachhinein schalt sich der Magier einen Narren, das Eon jedoch maunzte amüsiert und wand sich aus dem Griff seines Gastgebers, nur um sich auf seiner Schulter niederzulassen und das Gesicht an dessen Wange zu reiben.

Dormian seufzte und zuckte mit den Schultern, der Katzenball darauf schnurrte ungestört weiter.
"Darum kümmere ich mich später... Ich glaube, meine Eltern haben nichts dagegen, wenn du eine Weile hierbleibst", urteilte er über die Situation und stand wieder auf. Er entledigte sich seiner Robe (in der Zwischenzeit hatte sich das Eon auf seinem Kopf ausgebreitet) und legte sich in seinen Untergewändern aufs Bett, die Stiefel landeten nach einem Schwung in der nächstbesten Ecke. Die Arme hinterm Kopf verschränkt betrachtete Dormian das Wesen, das sich soeben auf seine Brust legte und sich zusammenrollte, den Schwanz dabei wie einen Schal dicht um den Körper gewickelt, die wachsamen Augen nach vorne gerichtet, im gleichen Moment deutlich schwerer und schwerer werdend. Da entdeckte der Erdadept ein symmetrisches Muster auf der kleinen Stirn. Die dunklen Streifen bildeten ein an sich zufälliges achsengleiches Gewirr, doch die beiden hellen Flecken (bzw. kreisrunde, orange Fellkreise inmitten der braunen Streifenformation) oberhalb des Nasenbeins wiesen das Eon eindeutig als Männchen aus, denn die Weibchen, so erinnerte sich Dormian, besaßen diese Flecken nicht. Was einem lückenfüllende Stunden zwischen wichtigeren Unterrichtseinheiten bringen konnten.
"Na denn... jetzt brauche ich nur noch einen Namen für dich...", brummelte er müde und schloss ebenfalls die Augen. Die Erschöpfung und Erleichterung über seine Rückkehr nach Hause hatten ihn nachträglich schläfrig werden lassen. Dabei bemerkte er, dass das Schnurren des Eons auf seiner Brust eine wirklich beruhigende Wirkung hatte, die sämtliche Anspannung vertrieb.
"Da finden wir schon.... was...."
Und schon war Dormian in ein erholsames Nickerchen versunken, während das Eon die Worte seines neuen Herrchens mit einem leisen Miauen quitierte, bevor es ebenfalls ins Reich der Träume abdriftete.

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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Erzähler » Montag 20. Februar 2012, 21:35

Zum ersten mal, seit nunmehr fast zwei Wochen, konnte Dormian ins Bett gehen und in ruhe Schlafen, ohne dass er sich sorgen um den nächsten Morgen machen musste, ohne dass er vor Erschöpfung ohnmächtig wurde und ohne dass jemand ihn niederschlug. Nach all dem Chaos, den Gefahren, Aufregungen und Notsituationen, war ihm ein ruhiger, traumloser und entspannender Schlaf vergönnt, wie ihn nur die gerechten schlafen konnten. Es war eine Erholung, die sein Körper vielleicht weniger, sein Geist hingegen dringend gebrauchen konnte. Das pelzige, kleine Fellknäuel teilte bereitwillig „sein“ Bett mit dem seltsamen großen Wesen, dass zumindest eine warme und weiche Brust hatte. Anscheinend hatte das noch namenlose Eon den Menschen als neues Haustier akzeptiert, solange er sich benahm.
Als er am nächsten Morgen wieder aufwachte, war die Sonne noch nicht über Zyranus aufgegangen. Die magische Stadt schlief noch. Doch für Dormian war dies grade passend, plante er doch, noch eine gewisse Person zu verabschieden. Auch wenn es noch sehr früh am Morgen war, hatte der Schlaf doch für den Erdadepten mehr als gereicht. Im Prinzip hatte er im Hospital ja mehr als genug geschlafen. Doch bis zum Sonnenaufgang war es gewiss noch eine Stunde hin. Viel zu früh, um zu den Stallungen zu gehen und dort in der Kälte auf die blonde Elfe zu warten.
Im Anwesen der Arboris-Familie, war es noch sehr ruhig. Seine Eltern verweilten noch im Reich der Träume und nutzten die wenigen Stunden, ehe sie aufstehen und sich in den Alltag stürzen mussten, Ausgiebig. Das Bett seiner Schwester Lukretia hingegen war verwaist, denn sie hatte nicht zuhause geschlafen, sondern im Gelehrtenviertel der Stadt. Doch unten im Salon unterhielten sich bereits leise stimmen, die davon zeugten, dass nicht alle Arboris noch schlummerten. Tatsächlich saß seine Großmutter mit einem jungen, schwarzhaarigen Mann zusammen am Esstisch, auf dem ein kleiner Koffer und mehrere Phiolen, Fläschchen Karaffen. "Ich habe das Elixier ein wenig konzentriert," erklärte der Zyraner mit freundlicher Stimme, wobei er das R sehr stark rollte. "damit die Menge länger reicht. Ab sofort sollten drei, maximal vier Tropfen in ein normales Glas Wein genügen. Und von dem anderen Mittel habe ich wie immer genug für zwei Wochen hergestellt."
Minerva nahm die große Flasche vorsichtig in die altersfleckigen Hände und hob sie sich mit prüfenden Blick vor die Augen. Dabei bemerkte sie durch die glasige Flüssigkeit die Umrisse ihres Enkelsohns, der im Eingang zum Speisesaal stand. Sofort wurde ihr lächeln noch ein Stück breiter und sie stellte die Phiole wieder vor sich. "Ausgezeichnet, ganz Ausgezeichnet, Meister Morphias. Dormian, mein Lieber, komm doch mal her, ich möchte dir jemanden vorstellen." Bei den letzten Worten bedeutete sie ihm mit einem Winken der Hand, sich zu nähern, während der Mann, der bis dahin gar nicht gemerkt hatte, dass sie nicht mehr allein waren, aufstand und dem Adepten die Hand zur Begrüßung zu reichen. Er schien kaum älter als der Erdmagier selbst zu sein. "Ich glaube du kennst Meister Morphias noch nicht?" fragte die alte Hexe freundlich, während sich der Vorgestellte mit einem Lächeln abwinkte. "Sie wissen doch, dass sie mich nicht so nennen brauchen, Madame Minerva. Demitri reicht vollkommen."
Leise lachend schob Dormians Großmutter ein gutes Duzend kleiner Fläschchen zusammen neben die große Karaffe, während sich Demitri daran machte, den Rest wieder in seinen kleinen Lederkoffer zu räumen. "Weißt du Dormian," erklärte die alte Frau weiter, "Meister Morphias ist einer der besten Alchemisten, die man in Zyranus finden kann. Er beliefert mich seit zwei Jahren mit diesen Wundermittelchen, mit denen ich besser Schlafe und Träume. Wie nennst du dich selbst immer mein Junge? Spezialist für Träume und das Unterbewusstsein?" Der Alchemist, dem das ganze Lob wohl sichtlich peinlich war, nickte nur stumm und beschränkte sich darauf, weiter nur zu lächeln.
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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Dormian Arboris » Mittwoch 22. Februar 2012, 14:04

Dormian lächelte ebenfalls und erwiderte den Händedruck des Besuchers seiner Großmutter. Dabei bemerkte der junge Magier nicht, dass sein neuer Freund, das Eon, mitgekommen war und entschied, weiter auf der Schulter seines Herren zu schlafen. Dank seines geringen Gewichts und der kleinen, aber nützlichen Krallen blieb das Tierchen, wo es bleiben wollte.
"Es freut mich, eure Bekanntschaft zu machen, Meister Morphias. Demitri. Euer Können muss wahrlich nicht gering sein, wenn meine Großmutter in so hohen Tönen von euch spricht", sprach Dormian und grinste dabei müde. Sein Eon gab einen kleinen Schnarchlaut von sich, der im Rascheln des Gewands, auf dem es saß, unterging. Als der Erdmagier die Hand des Alchemisten losließ, horcht er auf, als Minverva von Träumen und Unterbewusstsein sprach. Tatsächlich geisterte kurz das Bild eines uralten und weisen Zauberers durch sein geistiges Auge, der ihn anlächelte und die Hände vor der Brust faltete, ehe er wieder im Nebel verschwand. Er überlegte. Sollte es angesprochen werden? Nein, er konnte unmöglich sagen, dass einer seiner Ahnen durch sein Unterbewusstsein geisterte und etwas mit dem Ring zu tun hatte. Aber mit ein wenig raffinierter Ausdrucksweise würde sich der Rest ergeben.

Dormian setzte sich neben seine Großmutter und betrachtete die Glasfläschen beiläufig. Dickbauchige Gläser, Phiolen, seltsam geformte Behältnisse und alle möglichen Formen, die vermutlich alle irgendeinen Sinn hatten. Dieser Mann musste etwas von seinem Handwerk verstehen, das stand außer Frage.
"Könnt ihr mir ein wenig über euer Handwerk erzählen? Träume und Unterbewusstsein beeinflussen zu können, das ist keine selbstverständliche Kunst, wie ich glaube. Was macht die Alchemie aus, wie ihr sie seht? Ich bin leider nicht wirklich im Brauen von Tränken und Erfassen der Tabellen und Elementswerte, oder wie das nicht alles bezeichnet wird, begabt. Aber interessieren tut es mich sehr, also wenn es euch nichts ausmacht...?", fragte er höflich und faltete die Hände im Schoß. Er grinste in sich hinein, als ihm der Ursprung dieser Geste gewahr wurde. Vielleicht würde auch er einmal so ein alter und weiser Mann werden, der die Mächtigsten beriet, sein Wissen als seinen größten Schatz sah und seine Weisheit ein Vorbild für Gerechtigkeit darstellte. Traumdenken... doch vielleicht saß vor ihm die Person, die einige seiner wichtigsten und brennendsten Fragen beantworten konnte.
"Bitte erzählt, ich werde jedem Wort mit Hingabe lauschen", ermunterte Dormian lächelnd sein Gegenüber dazu, anzufangen, sofern dieser über seine Arbeit sprechen wollte. Das Eon bekam von allem nicht wirklich viel mit. Es schnurrte und dehnte sich beim Atmen kaum merklich aus, ehe es wieder zu seiner ursprünglichen Größe zusammenschrumpfte; dabei pendelte der Schweif über Dormians Rücken sanft hin und her. Ein Blick des Magiers, der seiner Großmutter galt, besagte, dass er ihr nach dem Gespräch mit dem Alchemisten mehr über das Eon erzählen würde.

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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Erzähler » Montag 27. Februar 2012, 10:47

Mit einem deutlich vernehmbaren Klicken schloss Demitri die metallenen Verschlüsse seines Transportkoffers, nachdem er alle Utensilien und Flaschen wieder eingeräumt hatte, die er nicht bei Minerva lies. Dabei vermied er es mit aller Macht, einem der beiden Arboris am Tisch direkt in die Augen zu sehen. Auf seinen blassen Wangen war ein leichter, rosafarbener Schimmer zu erkennen. Er bekam nur selten soviel Lob von seiner Umwelt und das war ihm in diesem Fall wohl sichtlich unangenehm. Immerhin tat er nichts, was nicht jeder andere, gute Alchemist auch tat. Nun gut, vielleicht war er in Sachen Schlaf und Traum doch versierter als seine Kollegen, aber in den meisten anderen Richtungen war er nichts besonderes und wurde teilweise noch immer Stümper genannt. Aber schließlich hatte Demitri Morphias erst vor drei Jahren die Universität abgeschlossen und niemand konnte von einem Mann von grade mal 23 Jahren erwarten, dass er sofort ein Meister der Tränke und Elixiere war. Oder? Verlegen kratzte sich der junge Mann mit den kurzen, schwarzen Haaren und den langen, ordentlich rasierten Koteletten, am Hinterkopf und sah dann von Minerva zu Dormian und wieder zurück. Schließlich seufzte er leise, als er sich seinem Schicksal zu ergeben schien. “In meiner Familie wird seit Generationen nur Schattenmagie vererbt. Für diesen Zweig der Magie findet man in Zyranus jedoch nur schwerlich Förderung, zumal ich mich auch nicht weiter für diese düstere Schule begeistern konnte. Alchemie hingegen lag mir wesentlich mehr und immerhin ist es die Schule, die alle Magiearten miteinander verbindet.“ setzte er mit seiner Erklärung an, als er plötzlich stutzte.
Neugierig kramte aus seiner Brusttasche eine Scherenbrille hervor, die er mit einem ruck entfaltete und sich vor die Augen hielt. Objekt des Interesses war das kleine Plüschwesen, dass auf Dormians Schulter saß und nun breit gähnte, wobei es seine messerscharfen Nadelzähnchen entblößte. ”Ist das … ein Eon?” fragte der Alchemist langsam und streckte die freie Hand aus, um das Fellkneul zu berühren. Argwöhnisch beobachtete die noch Namenlose Kugel das ganze, blieb aber still sitzen. Auch Dormians Großmutter bemerkte das seltene Tier nun und musterte es genauer. So was sah man selbst in Zyranus nicht alle Tage. Zaghaft hatte Demitri nun den langen Schwanz erreicht und umschloss mit Zeigefinger und Daumen zwei der längeren Haare. Eon-Schwanzhaare waren ein Vermögen wert, aber der Alchemist wollte sie lieber selber für das eine oder andere Gebräu verwenden. Doch aus diesem Traum wurde nichts. Denn kaum zog er an den Haaren, als das große Maul sich blitzschnell umdrehte und die Beißer in den dürren Arm des Zyraners versenkte. Der zog seine Hand sofort zurück, lachte aber ein wenig gelöster, aber den missglückten Versuch. ”Schon Verstanden, freiwillig wird nichts abgegeben, mhh?” Amüsiert schüttelte er den Kopf und steckte seine Sehhilfe wieder weg.
”Du musst wissen, dass es theoretisch durchaus möglich ist, dass eigene Unterbewusstsein zu trainieren. Das Träumen kann man lernen, genau wie das Erinnern. Aber die meisten Menschen haben dafür einfach keine Geduld. Es ist wie eine Tür, man weiß zwar, was dahinter ist, findet aber nicht den richtigen Schlüssel um sie zu öffnen und einzutreten. Meine Mixturen stellen eine Art Hintertür dar, die es erlaubt, mit dem eigenen Bewusstsein ins Unterbewusstsein einzutauchen. Richtig dosiert, sorgt das dafür, dass man seine nächtlichen Träume steuern kann, wie sie einem gefallen und ermöglicht dazu, sich an das Geträumte zu erinnern. Leider wird meine Kunst nicht sehr geachtet. Viele Zyraner sind nicht bereit, die hohen preise für die Reagenzien zu zahlen, wenn sie auch wesentlich billiger Koma-Tränke erstehen können, die das Träumen komplett unterdrücken, obgleich dies sehr ungesund ist. Dadurch ist es mir kaum möglich, weiter zu experimentieren. Es gibt noch so vieles, dass ich erforschen möchte, vor allem die im Blut vererbten Erinnerungen, die Meister Abaal Stergo entdeckte. Wusstest du überhaupt, dass deine Ahnen dir ihre Erinnerungen vererbt haben und dass diese durch bestimmte Katalysatoren ans Licht kommen können? Einfach faszinierend. Stell dir nur die Möglichkeiten vor ...”
Demitri hatte sich beinahe in Euphorie geredet und gar nicht gemerkt, wie viel er plapperte und wie die Zeit vergangen war. Jetzt erst sah er durch das Fenster hinaus und bemerkte, dass die Sonne allmählich höher wanderte und das dunkle Blau des Nachthimmels Rot färbte. Erschrocken fiel der Alchemist fast von seinem Stuhl und sprang sofort auf. ”Herrje, herrje! Ich muss doch noch unbedingt auf den Frühmarkt, ehe die Nachtgewächse ihre Wirkung verlieren. Es tut mir wirklich leid, aber wir müssen uns ein andern mal über Alchemie weiter unterhalten, mein Freund.” Zum Abschied reichte er beiden Arboris die Hand, dann schnappte er sich seinen Koffer und verließ nach einem letzten Kopfnicken das Haus. Minerva schüttelte nur leicht grinsend ihr Haupt über den plötzlichen Aufbruch des jungen Mannes. ”Immer in Eile der gute Demitri. Und was ist mit dir mein Junge? Hast du nicht eine Verabredung an den Stallungen?” Schelmisch zwinkerte die alte Frau und überprüfte gemächlich die Verschlüsse der vielen Fläschchen.
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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Dormian Arboris » Dienstag 6. März 2012, 12:34

Noch während Dormian das Abschiedsnicken des Alchemisten erwiderte und dieser die Tür hinter sich schloss, drifteten seine Gedanken längst in den eigenen Fantasien. Dieser Mann hatte wirklich erzählt, dass es möglich war, sein Unterbewusstsein zu schulen und Träume zu lenken. Es bedurfte nur der Kunst, der sich seine Familie seit ihrem Bestehen rühmte: Geduld. Konnte es dadurch nicht sogar denkbar sein, dass er wieder mit Lucrecious sprechen konnte? Dies wäre jede Anstrengung und jedes Wagnis der Welt wert gewesen, denn es gab so vieles, was er seinen Vorfahren fragen wollte, um vielleicht von dessen Weisheit auch nur einen winzigen Bruchteil zu verstehen und sich zu eigen zu machen.
"Erinnerungen und Träume im Blut der Nachfahren", murmelte der Erdmagier nachdenklich und begann unbewusst, das Eon auf seiner Schulter zu streicheln. Dieser bedankte sich mit einem gütigen Schnurren, wobei die Bemerkung seiner Großmutter zunächst übergangen worden war. Ein Hüsteln der Alten brachte ihn jedoch wieder zurück ins Diesseits.
"J-ja, ich muss mit Aio sprechen. Ich kann sie nicht einfach gehen lassen, ohne mich bei ihr zu verabschieden, geschweige denn mich zu bedanken."
Dormian lächelte und umarmte seine Großmutter kurz, gab ihr einen altgewohnten Kuss auf die Wange und löste sich dann von ihr. Er verabschiedete sich und kurz nachdem der Bursche noch seinen Stab und Van Zans Hut aus dem Zimmer geholt hatte, war er schon durch die Tür nach draußen verschwunden.

Dormian verlässt das Haus und begibt sich zu den Stallungen.

Die Sonne hatte sich noch nicht über die Mauern von Zyranus erhoben, doch das blasse, rosafarbene Leuchten kündigte ihre noch kalten Strahlen bereits im Vorfeld an. Zügig schritt Dormian durch die Straßen seiner Kindheit, seines gesamten Lebens und seines Vertrauens, während er geistig gänzlich weg war. In seinem Blut schlief ein wahres Erbe, und damit war nicht nur die Begabung zur Erdmagie gemeint. Das Wissen, die Träume und Erinnerung seiner Vorfahren pulsierte in seinen Adern und es konnte geweckt werden, wenn Abaal Stergos Wissenschaften Recht behielten. Demetri hatte den letzten kleinen Funken aufleben lassen, der das altbekannte Feuer der Neugier in ihm entfachte. Der Arboris würde schon bald wieder mit dem Alchemisten sprechen und mehr über diese Schulung des Träumens in Erfahrung bringen, dies konnte ihm mehr als nur enorm nützlich sein! Seine Füße trugen ihn in der Zwischenzeit zielstrebig auf das Haupttor zu, welches wie gewohnt zu dieser Zeit noch verschlossen war. Als Zyraner kannte er natürlich das Wort, welches die Torflügel gehorsam zur Seite schwingen lassen würde. Also öffnete Dormian die Lippen und sprach es aus, dabei hielt er sachte den Hut des verstorbenen Hexenjägers in seiner freien Hand, während das Eon ein Auge hob, um die Reaktion dieses großen Bauwerks auf den Befehl seines Herren hin zu verfolgen.

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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Erzähler » Dienstag 13. März 2012, 13:59

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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Dormian Arboris » Samstag 9. Juni 2012, 12:58

Dormian kommt von -> Die Universität der Magie -> Die große Bibliothek Seite 2

Dormians Schritte führten ihn wie stets in die Richtung seines Anwesens. Immer noch die schweißnassen Hände um das Dokument des Rates gelegt, schossen ihm mit einem Mal zwei Gedanken durch den Kopf, die alle anderen Überlegungen und Grübeleienverdrängten. Er musste sich innerlich damit anfreunden, BALD loszuziehen. Und das bedeutete, er musste seine Familie erneut verlassen, auch wenn es unumgänglich war, wollte der junge Magier doch endlich seinen Ahnen nacheifern. Gleichzeitig bedeutete seine Abreise, längere Zeit Leliana nicht zu sehen, die dem Tod nur sehr knapp von der Schippe gesprungen war. Bedeutete der Kuss von ihr im Anwesen mehr als nur Dankbarkeit? So lange hatte er diese Gedanken über Gefühle und Zuneigung verdrängt, als sie ihm unmissverständlich - wenn auch freundlich - klargemacht hatte, dass die Beiden nur Freunde bleiben würden. Hatte sie ihre Meinung geändert? Wenn ja, sollte Dormian bleiben und sich ein Leben mit ihr ausmalen, dass er sich in seiner früheren Jugend so sehr ersehnt hatte? Dormian blieb stehen und schloss die Augen. Elias warf einen besorgten Blick auf seinen Meister und miaute leise, doch der Erdakolyth bemerkte das gar nicht.
"Egal, was ich mich entscheide zu tun... ich verletze damit jemanden", raunte er und seufzte. Würde er sich entschließen, zu gehen, würde er seine Familie und vielleicht auch Leliana nicht wirklich Grund zum Feiern geben. Auch wenn sie ihn sicher verstehen würden, vor allem sein Vater. Mesophes hatte es im Alter seines Sohnes ebenso gehalten. Er hatte Zyranus verlassen, um sich einen Namen als erfahrener und weiser Magier zu machen, und diese Bezeichnungen kamen nicht von Ungefähr. Wenn Dormian blieb, winkte ihm vermutlich die Chance auf eine glückliche und friedliche Zukunft mit einer hübschen Feuermagierin. Aber würde er selbst mit dem Gedanken leben können, an Ort und Stelle zu verweilen, und im ewigen Trott ohne Fortschritt festzustecken?
"Nein... das kann ich nicht", antwortete Dormian selbst auf seine Frage und hob den Blick. Sein Entschluss stand fest und er würde seinen Plan ab diesem Augenblick in die Tat umsetzen. Und dies begann, indem er von dem Weg zu seinem Anwesen abwich und den Pfad zum Universitätshospital einschlug.

Einige Stunden später im Anwesen der Arboris...

Die vergangenen Stunden kamen Dormian wie nachschwingende Töne vor, die mal lauter, mal leiser über seinen Geist hinwegrollten, während er in seinem Zimmer stand und seine Habseligkeiten zusammensuchte, die er für seine Reise brauchen würde. Seine Füße hatten ihn zum Hospital getragen, bis hin vor das Fußende von Lelianas Bett, in dem die junge Feuermagierin erholsam schlief. Keine Schmerzen, keine Folter, weder physisch noch psychisch. Sie erholte sich von den Grauen, die sie erlebt hatte. Seinetwegen. Und doch war sie ihm so dankbar gewesen, dass er seine Fehler mit eigenen Händen wieder gutmachen wollte. Dankbar genug, um ihm einen Kuss zu schenken.
"Hey... wie geht´s dir?", hatte er mit erstickter Stimme gesagt, die freie Hand auf einen Bettpfosten gelegt.
"Weißt du... ich habe es schon so oft vor mich hingesagt und überlegt, wie ich es dir am besten deutlich zeigen kann aber... mir ist nichts eingefallen, außer mich bei dir zu entschuldigen... für alles... Ich... ich werde fortgehen, Leliana. Ich habe vom Rat die Erlaubnis bekommen, eine Studienreise anzutreten und... naja, ich werde noch heute aufbrechen. Ich würde so gerne mit dir über alles reden aber... ich brauche Zeit, um mich selbst zu finden und zu verstehen, was ich wirklich in diesem Leben brauche und erreichen will. Ich hoffe, nein... ich weiß, du verstehst das, da bin ich mir sicher..."


Dormian machte sorgfältig einen Knoten in das Tuch, in das ein von Mutter gebackener Laib Brot eingebettet lag. Mit Tränen in den Augen hatte sie ihm einige Sachen überreicht, die er außerhalb der Stadt gebrauchen konnte. Etwas zu essen, ein von Vater stammender Wasserschlauch und einige Leckereien, die dafür sorgen würden, dass er nicht aufhören konnte, an die Wärme seines Heims zu denken. Dies und andere nützliche Dinge wanderten in den Rucksack, ebenso wie das Buch seines Vaters und die Schwarzpulverkugel, die ihm der Avatar überlassen hatte. Er wusste im Nachhinein nicht, wie lange er mit der schlafenden Leliana gesprochen hatte und auch wenn sie es nicht zeigte, er war sich sicher, dass sie jedes einzelne Wort gehört hatte. Jedes Einzelne. Er zurrte die Riemen nach, als er sich den Rucksack über die Schulter geworfen hatte und seine Linke wanderte in vertrauter Gestik zum Stab seines Urgroßvaters. Über seine Robe hatte er den ledernen Mantel mit seinem Familienwappen gelegt, sodass jeder sehen sollte, welchem Magier er gegenüber stand. Mit Stolz wollte Dormian zeigen, dass er ein Arboris war, der nun endlich die Reise antrat, die ihm seinen Platz im Stammbaum seiner Ahnen sichern sollte. Und ihm zeigen würde, wo sein Platz in diesem Leben hier auf Celcia war.
"Na komm, Elias. Wir müssen los", murmelte der Akolyth und gehorsam hoppste das Eon auf seinen angestammten Platz auf der Schulter seines Meisters. Der Mantel war nicht nur warm und trug sich angenehm, die lederne Beschaffenheit bot einigen Schutz vor Kratzern oder den Krallen des Eons, das sich zudem nun viel besser festhalten konnte. Ohne Dormian die halbe Schulter zu durchbohren.

Die folgenden Momente kamen Dormian so vor, als habe er sie im Zeitraffer erlebt. Vor versammelter Familie vor dem Eingangstor auf das Grundstück hatten sie auf ihn gewartet, sogar der Freund seiner Schwester, mit dem er noch nicht viel gesprochen hatte, legte ihm aufmunternd die Hand auf die Schulter und lächelte ihm zu. Seine Mutter kämpfte gegen den Tränenausbruch an und lächelte tapfer, schloss ihren Sohn in die Arme und versuchte offenkundig den Gedanken zu verdrängen, dass es durchaus passieren konnte, dass ihm etwas zustoßen konnte.
"Ich werde jeden Tag für dich beten, Dormian... komm bitte bald zurück", schluchzte sie in seine Haare und gab ihm einen langen Kuss auf die Stirn.
"Ich verspreche es", erwiderte der Bursche mit erstickter Stimme und drückte sie fest an sich, ehe er sie nur zögerlich losließ. Als letztes stand er vor seinem Vater, der zwar nicht weinte oder anderweitig bedrückt schien, nein. Er sprühte förmlich vor Stolz, aber auch vor Sorge, wie es jeder Vater fühlen sollte, wenn er seinen einzigen Sohn entließ. Die dunklen Augen glitzerten feucht, doch es waren keine Trauertränen. Es waren Tränen des Stolzes.
"Zeig Celcia, wer du bist und wer wir sind", brummte Mesophes und legte seinem Sohn die Hand auf die freie Schulter. Der dazugehörige Arm Dormians wanderte zur gegenüberliegenden Schulter seines Vaters.
"Wie die Wurzeln unseres Ahnenbaums werde ich allem standhalten, was da kommt. Für euch alle und besonders für dich, Vater. Der Urgeist steckt in meinen Füßen", lächelte Dormian und Mesophes grinste. Dieses Bild würde Dormian für lange Zeit das Letzte sein, was er von seiner Familie sah.
"Dann sorg dafür, dass er da auch bleibt. Pass auf dich auf, Junge. Und lies dir in nächster Zeit mehr mein Buch durch", fügte er noch raunend hinzu, als er ihn umarmte, sodass nur Dormian es hören konnte.
"Deine Mutter bringt mich um, wenn sie erfährt, was da noch alles drinsteht. Also hüte es gut und bleib standhaft."

Dormian grinste, als sich das Tor von Zyranus hinter ihm schloss und er das Buch aufschlug. Eines der Lesezeichen war auf einem Bild festgeklebt, das eine von einem offenbar Freund seines Vaters gezeichnet worden war. Es zeigte einen jungen Mesophes, der mit einer Bande Wegelagerer ein Fest in irgendeiner Höhle veranstaltete und auf seinem Schoß hockte eine offenbar ebenso sturzbetrunkene Elfendame mit äußerst leichter Bekleidung, die ihm mit geröteten Wangen einen leidenschaftlichen Kuss aufdrückte. Ein schneller Blick auf das Datum versicherte ihm, dass diese Liebschaft vor der Bekanntschaft mit seiner Mutter stattgefunden hatte. Und Dormian blickte nach vorne, den Pfad entlang, der von seiner Heimat davonführte.
"Tja, Elias. Jetzt gibts nur noch uns zwei... Trolle, wir kommen", sprach der Arboris und das rythmische Pochen seines Stabs auf dem staubigen Boden erklang dumpf, aber unverwechselbar. Dormians Reise hatte soeben begonnen...

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Re: Das Anwesen der Arboris

Beitrag von Erzähler » Freitag 30. August 2013, 00:29

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