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von Sarin Kasani » Freitag 4. September 2020, 09:31
Sie witzelten und sie tranken Tee und sie redeten. Es tat so gut, sich trotz der gleich bleibenden Thematik ein wenig von ihrem Schicksal lösen zu können, indem Sarin es einfach mit ihrer besten Freundin teilte. Und diese hörte nicht nur zu, sondern versuchte auch, all ihre Fragen zu beantworten. Zwischenzeitlich drifteten ihre Gedanken in eine andere Richtung:
Warum hab ich eigentlich Angst vor dem alten Fürsten? Weil er nicht mein „Ehemann“ ist? Weil er mich seinem Sohn gibt, aber mich für sich will? Weil er einen dicken Bauch hat? Bin ich wirklich so oberflächlich? Er könnte doch auch nett... Nein... könnte er nicht! Ich suche nur wieder das Gute in allem. Habe ich Angst, weil Manthala in meinen Träumen meinen Ängsten seine Stimme gegeben hat? Warum habe ich keine Angst vor Dhansair? Weil er mein Ehemann wird und somit ein „Recht“ auf mich hätte?... oder dem geheimnisvollen Iryan? Oder … … … dem so freundlichen Lariel? Sind sie denn keine Männer mit ...einer „Schlange“, die mir weh tun würden? Bei allen Schatten!! Ich... ich hab noch garnicht drüber nachgedacht, dass ich bei einem Mann liegen werde! Die ganze Zeit hab ich nur Angst vergewaltigt zu werden. Aber es ist doch viel mehr! Da ist auch die Angst vor dem „wie“ ...weniger vor dem „mit wem“. Ich hab keine Ahnung wie das ablaufen wird, was ich tun muss! Ich werde jämmerlich versagen und …
Sarin steigerte sich immer mehr in diese Gedankenspirale und begann kurzatmig zu hecheln. Zum Glück bemerkte sie schnell, dass sie keine Luft mehr bekam und verpasste sich ein paar kleine schnelle Ohrfeigen, wie jemand der müde war. Ihre Hände auf ihrer Wangen holten sie in die Realität zurück, die leider dadurch auch nicht besser wurde.
Versagen? Ähm...hab ich das jetzt grade wirklich gedacht? Hab ich Angst schlecht „im Bett“ zu sein? Echt? Na toll! Lucil hat Recht. Ich bin ein Streber! Selbst wenn ich dem Fürsten entgehe... da ist ja dann noch mein Verlobter... oder... irgendwann vielleicht doch mal ein Mann der mich liebt. Aber wie soll ich mich darauf vorbereiten? Auf einmal geht alles so schnell! Was soll ich machen? Soll ich in ein Bordell gegen und fragen: Darf ich mal zugucken? Entweder schmeißen sie mich raus, oder behalten mich gleich zum „arbeiten“ da! Zu gefährlich. Aber es muss doch einen Weg geben... Ich muss meine Schicksalsfäden verstärken!
Sarin grübelte darüber, wen sie in dieser Sache um Hilfe bitten konnte. Doch außer ihrer alten Spinnenfreundin fiel ihr niemand ein, den sie unverfänglich fragen konnte.
Vielleicht eher noch die Köchin. Sie war immer nett und freundlich zu mir. Sie und die Mägde tuscheln eh bestimmt unentwegt darüber, dass ich nie Herrenbesuch hatte. Da würde es sie auch nicht wundern, wenn ich sie um „Anschauungsmaterial“ bitte. Hm... vielleicht gibt es so was wie ein Buch...mit Bildern... So etwas kann man ja nicht in Worte fassen!
Das man das durchaus konnte, manch ein Liebhaber es genoss seiner Liebsten kleine schmutzige Worte ins Ohr zu flüstern, das kam Sarin natürlich nicht in den Sinn.
Irgendjemand muss ich fragen. Ist ja nicht so, als könnt ich irgendwo ein Guckloch öffnen um mich fortzubilden... oder vielleicht doch?
Wieder huschten ihre Gedanken zu Lariel. Er war ein geschickter Bote und kannte vielleicht den ein oder anderen Geheimgang im Palast. Sarin stellte es sich wie in ihren Romanen vor, wo ein Wandteppich zur Seite schwang oder ein Paneel in der Wand sich öffnete und man durch staubige Gänge huschte. Vielleicht könnte sie mit ihm im Dunkeln sitzen und durch einen Spalt ein sich liebendes Pärchen beobachten? Sarins Ohren glühten auf und ihre Wangen nahmen einen äußerst lebendigen Farbton an. Beides, das Beobachten und das auch noch mit Lariel zusammen, das war zu viel!
Bei allen Schatten, woher kommen nur diese ganzen Gedanken?! Ich hatte doch vorher nie diese... Zustände!
Früher hatte sie sich auch nie mit diesem Thema als „selbst davon betroffen“ beschäftigen müssen. Jetzt holte sie viel zu spät quasi ihre Pubertät ein. Und da Sarin schon immer ein enorm kreativer Nachtelf war, da sprudelten auch hier die Bilder bunt durch ihren Kopf. Mit ihrer alten Freundin über Verführungskünstler zu reden, half da auch nicht gerade, sondern stachelte ihre Phantasie noch weiter an.
"Zwischen der Vereinigung von Mann und Frau existiert mehr als sich bloß niederzulegen und sein Eindringen zu empfangen, meine Liebe. Oh, so viel mehr und wenn du einen guten Partner hast, wird dir das Vorspiel mehr Lust bereiten als der eigentliche Akt."
Vorspiel?
"Ein Verführungskünstler würde eine Schale Obst bereitstellen, ein Gläschen Honig oder Sahne. Ihr würdet euch gegenseitig füttern und natürlich ... rein zufällig ... etwas kleckern, um die Süße vom Körper des anderen zu lecken...“
Lecken? Mit der Zunge?
Sarins Kopf drohte noch eine Nuance mehr ins Rot zu gehen und stand kurz vor der Explosion. Zum Glück ging das Thema wieder etwas in die Magie-Richtung.
„... Oder um damit schlüpfrige Symbole auf die nackte Haut zu malen. Hier könntest du deine Runen zum Einsatz bringen. Sie würden nicht lange halten, könnten gerade bei Honig und Sahne schnell verwischen, aber sie würden wenigstens für einen Moment Wirkung zeigen. Manchmal reichen wenige Herzschläge, um eine Situation gänzlich zu verändern."
Sie tippte sich an das Kinn und warf Sarin einen verstohlenen Blick zu, dass ihre Augen dabei aufblitzten. Dann grinste sie überaus erfreut.
"Aber wenn du einen richtigen Meister der Verführung in deiner Gegenwart hast, wirst du nicht zum Zeichnen kommen. Dafür kommst du ... anders..."
Ich komme... anders? Was hat das nun wieder zu bedeuten?
Sarins Gesicht musste äußerst dämlich ausgesehen haben, denn ihre Freundin konnte nicht mehr an sich halten und prustete los. Nachdem sich die Elfe einige Lachtränen aus den Augenwinkeln gewischt hatte, winkte sie nach wie vor unter leisem Kichern ab.
"Ich hoffe inzwischen, dass der dunkelelfische Prinz diese Eigenschaften mitbringt. Dann wirst du ein gutes Leben führen, vertrau mir."
Sarin presse nachdenklich die Lippen zusammen. Sie vertraute ihrer Freundin und wusste, dass sie sie in solch wichtigen Dingen niemals anlügen würde.
Aber wie bekomme ich dann den Prinzen dazu, sich als „Verführer“ bei mir zu betätigen, wenn er mich doch garnicht will?
Das war wohl das Problem des Tages. Für wenige Augenblicke war die Freundin vollkommen still, lächelte warm in sich hinein und man konnte in ihren Augen die Erinnerung an schöne Zeiten erahnen. Dieser Übergang leitete dann auch langsam das Ende ihres geselligen Abends ein und Sarin wurde eingeladen auf ihrem Sofa zu schlafen.
"Ich bestehe darauf, dass du dich ausgeruht von mir verabschiedest!"
Entwaffnende Worte, sowie eine Einladung, die sie nicht ablehnen konnte. So bereiteten die Spinnen mit Eifer ein zweites Netzbett vor, in das Sarin sich hinein sinken lassen konnte. Es war einfach traumhaft und Manthala aber schenkte ihr erneut einen Traum, nur dieses Mal wusste sie, dass sie träumte.
Morgeria...
Es musste sich um das Anwesen derer von Blutsdorn handeln. Sie erkannte das eingestickte Wappen im Baldachin wieder, zu dem Sarin empor starrte. Kurz bevor sich das breite Grinsen im Gesicht Fürst Raikhyns in ihr Blickfeld schob.
"Keine Sorge"
, grunzte er ihr entgegen und Sarin konnte spüren, wie jemand gegen ihren Widerstand kämpfte, um ihre Beine zu einer Schere gleich zu öffnen.
Nicht schon wieder!
Die nächsten Worte und Bilder brannten sich in ihre Seele.
"Wenn mein Sohn nicht will, wird es dennoch einen Erben für deine Stadtherrin geben. Und er bleibt in der Familie, bwahahaha!"
Ihr Brautkleid zerriss unter seinem Lachen, dann wurde sein Gesicht von einem gewaltigen Schatten verhüllt und es wäre ein Albtraum geworden, hätte nicht plötzlich jemand den breiten Dunkelelfenkörper von Sarin herunter gerissen.
Manthala sei Dank!
Sie sah Lariels Augen aufleuchten, als er sie aus den Fängen des Fürsten zog.
Lariel?
Lariel hob Sarin auf den Rücken einer riesigen weißen Eule, während der Nachtvogel aus des Fürsten Liebeskammer flog. Der Himmel präsentierte sich ihr als weite Fläche. Ein Zauber aus nächtlichem Schwarz und dem tiefsten Blau, das ihre Erinnerung hergab. Edelsteine funkelten zu Myriaden. Doch am schönsten war das liebliche Lächeln aus dem Gesicht einer milchig bleichen Frau, das rund und leuchtend am Himmel thronte.
Manthala sei Dank!
Sie flogen in ihren Tempel hinein. Die Eule setzte Sarin auf dem Altar ab. Noch immer war sie nackt, noch immer hockte sie breitbeinig da. Sie roch Honig. Er glitzerte golden auf den nackten Körpern der drei Männer, welche an sie heran traten. Der Blasseste von ihnen war Lariel, welcher mit williger Sehnsucht und ebenso willigem Zeichen seines Schoßes zu ihr herab sah.
Oh, ihr Götter!
Der zweite war ein schöner, dunkler Körper, trainiert und breit gebaut. Wieder musste Sarin zugeben, dass sie Iryan ohne seine Rüstung erst auf den zweiten Blick erkannte. Wie gut er gebaut war, es erinnerte sie fast an den riesigen Schatten in der Kammer des Fürsten. Sie biss sich auf die Unterlippe!
Sabber!
Und der letzte Mann? Auch er besaß dunkle Haut, war allerdings deutlich schlanker gebaut, wenngleich drahtiger als Lariel, eben ein Tänzer. Sarin konnte sein Gesicht erkennen. Prinz Dhansair von Blutsdorn! Doch alles unterhalb seiner Brust lag im Nebel, den sie gern mit der Hand fort gewedelt hätte. Der Tanz hatte nicht ausgereicht, sich ihn nackt vorzustellen, vielleicht weil sie zu dem Zeitpunkt noch nicht in diese Richtung gedacht hatte. Jetzt standen alle drei Männer vor ihr, eingeölt und glänzend mit goldenen Honighauben auf den Spitzen ihrer...
Muss ich jetzt...lecken...? Der Honig... Da war doch was...
"Sarin! Sarin, wach auf!"
Eine vertraute Stimme ließ das Bild verschwimmen. Dann spürte Sarin ein unliebsames Rütteln und schließlich fand sie sich in der Höhle ihrer spinnenliebenden Freundin wieder. Sie lag in dem gemachten Nest aus Spinnenseide, atmete schwer, aber nicht erschöpft. Sarin seufzte und sehnte sich in ihren Traum zurück. Doch dann blinzelte sie ob einer irritierenden Empfindung. Hatte sie in ihr gewebtes Bett gemacht? Ihr Schoß fühlte sich warm und feucht an. Ein wohliges Ziehen verriet Sarin, dass ihr Körper sich doch sehr nach Zuwendung sehnte. Der Traum hallte noch in ihr nach und süße Wellen rannen über ihre Haut wie Honig.
Oh... das hatte ich lange nicht mehr...!!!
Doch noch ehe sie länger darüber nachdenken konnte, forderte ihre Freundin wieder ihre Aufmerksamkeit.
"Sarin, Liebes, beeil dich und kehre zum Palast zurück! Achtbeinchen ist so schnell gelaufen, wie ihre Füßchen sie tragen konnten. Eine Kutsche wartet in der Einfahrt, geschmückt mit schwarzen Rosen und es sind riesige schwarze ... Wesen vorgespannt! Auf dem Kutschbock sitzt ein schwarzer Ritter und hinten in der offenen Kutsche wartet der Dunkelelfenprinz auf dein Erscheinen. Schnell, schnell, mach dich fertig. Du darfst keinen Skandal durch Abwesenheit riskieren, liebe Freundin."
Scheiße!
, dachte Sarin wenig elegant und befreite sich von den weichen seidigen Traumresten dieses wunderbaren Bettes. Ihr Schoß bebte noch nach und nur zu gern wäre sie in einen kalten Zuber gestiegen um wieder klar denken zu können.
So ...rollig wie eine Katze... so kann ich doch nicht bei meinem Prinzen erscheinen?!
Nervös huschte sie hin und her, ließ sich helfen und hätte sich wenigstens gern untenrum gewaschen.
Hoffentlich merkt er nichts! Oh wie peinlich! Ich geh erregt zu meinem Verlobten! ...Na ja, wenn das hier ein Roman wäre, dann wäre das ja sogar passend! HA!
Sarin hatte keine Zeit um sich Gedanken über den Traum zu machen. Sie musste los. Sie küsste ihre alte Freundin auf beide Wangen und drückte noch einmal ihre Stirn an die ihre.
„Danke für alles!“
Habe ich dich nun das letzte Mal gesehen?
Dann rannte Sarin los. Sie musste schließlich noch einen Weg oder eine Ausrede finden, warum sie nicht im Palast war...
Brötchen holen? Erledigungen? Nein, dann müsste ich auch etwas dabei haben. Ein Spaziergang um den Kopf frei zu kriegen? Morgendliche Ertüchtigung?
Vielleicht schaffte sie es ja noch irgendwo hinein zu schlüpfen uns es wenigstens so aussehen zu lassen, als ob sie aus dem Palast kam. Wege gab es genügend. Jede Abkürzung nutzend huschte Sarin durch die morgendlichen Straßen der unterirdischen Stadt, die ihre Heimat war. Der Lauf brachte ihr Blut in Wallung und rötete ihre Wangen und sie kam hoffentlich noch rechtzeitig am Tor an, wo besagte Kutsche warten sollte.
…
„Mein Prinz, verzeiht meine Verspätung und meinen Aufzug. Ich laufe gern ein wenig am Morgen. Das hält das Herz jung und den Geist wach.“
,entschuldigte sie sich beim Einsteigen in die Kutsche. Hoffentlich war es auch ihr Prinz, der auf sie wartete, denn es gab wirklich viel zu besprechen und viele Fragen polterten durch Sarins aufgewühlte Seele.
Hat er den Vertrag dabei? Warum will er eigentlich nicht heiraten? Wurde er das je von seinem Vater gefragt? Kann ich ihn als Verbündeten gewinnen, wenn er mich schon nicht als Frau will? Manthala will mich auf ihrem Altar und der Fluch geht nur mit Liebe zu brechen... ich glaube, ich hab eine Idee, wie wir alles erreichen und sogar den Fürsten zufrieden stellen könnten. Der Göttin sei dank für diesen Taum... nur brauche ich jetzt GANZ VIEL MUT!
Die Fragen die sie ihrem Verlobten nun stellen wollte, die würden ihr einiges an Überwindung abverlangen und vielleicht würde er sie sogar für ihre Ideen auslachen, oder ihre Unschuld wegen. Aber Sarin sah sich auf Manthalas Seite und als Tochter ihre Mutter. Sie hatte sich und sie heute Nacht auch im Traum gesehen und vielleicht ihr einen Weg so aufgezeigt, wie sie alle vielleicht nicht „glücklich“ aber doch zusammen leben konnten. Das hier könnte der Handel ihres Lebens werden und wenigstens war sie ausgeschlafen. Sicherlich war sie erregt, aber das konnte man auf den Lauf schieben. Sicherlich war sie etwas derangiert, aber vielleicht machte die Röte ihrer Wangen das wieder wett. Sie hatte in ihrer Kleidung geschlafen und ihr Schoß erinnerte sie immernoch mit leichtem Ziehen an den Traum. Ein feines Näschen wie der Tiere hätte ihre Lust vielleicht sogar gerochen, so aber sollten alle verräterischen Indizien ein bisschen kaschiert sein. Jetzt musste Sarin aber erst einmal ihrem zukünftigen Gatten das Wort überlassen und sie brannte neugierig darauf, was er zu allem zu sagen hatte. Eine Kutschfahrt war dafür perfekt und sie waren ungestört.
Eine intelligente Wahl. Schlau ist er schon mal... mein Prinz.
, dachte sie sich und färbte damit ihr sanftes Lächeln ehrlich.